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Das Lieblings-Nahrungsmittel der Vegetarier gefährdet Ihre Gesundheit!Es ist höchste Zeit, die ganze Wahrheit über Soja zu erfahren - all das, was die Wissenschaft längst weiß, was jeder von uns wissen sollte und was die Nahrungsmittelindustrie Ihnen verschweigt.In diesem bahnbrechenden Enthüllungsbuch lässt Dr. Kaayla Daniel sämtliche Sojamythen zerplatzen. Soja ist KEIN gesundes Nahrungsmittel! Soja wird das Welthungerproblem NICHT lösen! Soja ist KEIN Allheilmittel! Soja ist KEIN geprüftes und sicheres Nahrungsmittel! Hunderte epidemiologische, klinische und Laborstudien bringen Soja mit Mangelernährung, Verdauungsproblemen, Schilddrüsenfehlfunktionen, dem Abbau kognitiver Fähigkeiten, Erkrankungen des Fortpflanzungssystems, dem Versagen des Immunsystems und sogar Herzkrankheiten sowie Krebs in Verbindung. Das stärkste Risiko besteht bei Kindern, die mit Sojababynahrung gefüttert werden, bei Vegetariern, für die Soja der Haupteiweißlieferant ist, und bei Erwachsenen, die mithilfe von Sojalebensmitteln und -nahrungsergänzungen ein »gesünderes« Leben führen wollen.Entdecken Sie die dunkle Seite der beliebten Gesundheitskost! Dr. Kaayla Daniel deckt die Fakten zum Thema Soja und Krankheit auf.Soja: Die ganze Wahrheit basiert ausschließlich auf Fakten, sodass Sie selbst entscheiden können, welche Studien korrekt sind, welche Anlass zur Hoffnung geben und welche nicht mehr als Reklameschwindel sind - und warum das so ist.»Soja: Die ganze Wahrheit ist eine ebenso vernichtende wie inhaltlich verlässliche Anklage gegen die Behauptung, dass Sojaprodukte unbedenklich seien. Das Buch ist >Pflichtlektüre< für alle, die der irrigen Vorstellung anhängen, sie könnten mit Sojanahrungsmitteln ihre Gesundheit fördern. Die Autorin argumentiert überzeugend und stützt ihre Behauptungen auf umfangreiche medizinische und wissenschaftliche Studien. Damit entlarvt sie die irreführende Propaganda der Sojaindustrie, die mit den angeblichen Vorteilen dieses minderwertigen Nahrungsmittels wirbt.« Dr. med. Kilmer McCully»Jeder, der sich für sichere, gesunde Ernährung interessiert, kommt an Dr. Kaayla T. Daniels Buch Soja: Die ganze Wahrheit nicht vorbei. Dieses Werk wirft der Sojaindustrie, deren Ruf eher auf Eigenwerbung als auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht, den Fehdehandschuh hin. Es ist gut geschrieben, zuverlässig recherchiert und auch für Laien zugänglich - kurz: wissenschaftliche Literatur vom Feinsten.« Dr. med. Larry Dossey»Dies ist das wichtigste ernährungswissenschaftliche Buch des Jahrzehnts. Besorgte Bürger sollten diesen brillanten und unterhaltenden Enthüllungsbericht keinesfalls verpassen.« Dr. med. William Campbell Douglass
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Veröffentlichungsjahr: 2016
Meinen Kindern Sunny und Kyrie Rose gewidmet
Danksagungen
Dieses Buch war eine gemeinsame Leistung, die ohne die Weitsicht, den Einsatz und die Unterstützung vieler Menschen nicht möglich gewesen wäre.
Sally Fallon hat Soja: Die ganze Wahrheit angeregt und seit dem ersten Entwurf gehegt und gepflegt. Sie lektorierte mein Manuskript übersichtlich, sensibel, konzentriert und mit viel Energie und traute sich, meine brisanten Thesen zu veröffentlichen. Sally ist ein Katalysator für Licht, Wahrheit und Heilung. Sie war mir und meinem Buch stets eine gute Freundin.
Valerie und Richard James waren mutig genug, Konsumenten vor den Gefahren von Soja zu warnen. Und sie waren so großzügig, mir professionelle Übersetzungen japanischer und anderer fremdsprachiger Publikationen, Volltextstudien aus schwer erhältlichen medizinischen und wissenschaftlichen Fachzeitschriften, wichtige Auszüge aus dem Schriftverkehr mit Vertretern der Sojaindustrie und der Behörden sowie mit großem Aufwand nach dem Freedom of Information Act beschaffte Dokumente zur Verfügung zu stellen.
Dr. Mary G. Enig erkannte die Gefahren von Sojalebensmitteln als eine der Ersten und hat dieses Buch beharrlich unterstützt und sorgfältig gegengelesen. Als couragierte Vorkämpferin hat sie die Welt vor den Risiken der Transfette gewarnt und arbeitet heute daran, die beachtlichen gesundheitlichen Vorteile von Kokosöl nachzuweisen. Für mich war sie stets ein unglaubliches Vorbild.
Dr. Irvin E. Liener, Dr. Daniel Sheehan, Dr. Arpad Pusztai, Dr. Retha Newbold, der Tiermediziner Cliff Irvine und Dr. Mike Fitzpatrick haben enorm zu unserem Wissen über Sojabohnen beigetragen und sich sehr integer gegen die von der Industrie geförderten Fehlinformationen gewandt. Mein besonderer Dank gilt Dr. Liener, der den Text des vorliegenden Buchs sorgfältig und aufmerksam durchgelesen hat.
Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Forscher, die mir wichtige Informationen und wertvolles Feedback geliefert haben, aber anonym bleiben wollten, weil die Sojaindustrie ihre Gehälter, Fachbereichsbudgets und Labors finanziert.
Der Historiker William Shurtleff vom Soyfoods Center im kalifornischen Lafayette verdient meinen größten Respekt für seine enorm ausführliche und bisher unveröffentlichte Geschichte der Sojalebensmittel. Auch ich habe einmal seine Idealvorstellung geteilt, dass Soja die Lösung des Welthungerproblems sein könnte – und war traurig, dass ich so erdrückende Beweise für die Schädlichkeit von Soja für die menschliche Gesundheit und die Umwelt finden musste.
Viele meiner Klienten und Korrespondenzpartner haben mir über ihre durch Sojalebensmittel und Soja-Säuglingsnahrung bedingten Leiden und die ihrer Kinder berichtet. Ihre dringenden Bitten, jemand möge doch endlich die ganze Wahrheit über Soja erzählen, haben mich dazu bewegt, nicht aufzugeben – auch wenn mir das Projekt gelegentlich über den Kopf zu wachsen schien.
Peggy O’Mara, die Herausgeberin, und Ashisha, die Chefredakteurin der Zeitschrift Mothering, stellten die Interessen ihrer Leserschaft in den Mittelpunkt, beugten sich nicht dem Druck der Anzeigenabteilung und schafften es so als erste größere Publikation, die Wahrheit über Soja ans Tageslicht zu bringen.
Beth Salzman und Albert Robinson von der medizinischen Bibliothek des St. Vincent’s Hospital unterstützten mich sehr bei meinen Recherchen. Alice Davis von der Santa Fe Public Library sorgte dafür, dass ich via Fernleihe Zugang zu ansonsten unerschwinglicher Fachliteratur sowie Handbüchern zur Lebensmittelverarbeitung erhielt.
Meine Promotionskommission an der Union Institute and University in Cincinnati schulte, forderte und förderte mich. Ich würde allen Studenten wünschen, dass sie von der Genialität und Fürsorge von Dr. H. Ira Fritz, Dr. Mary G. Enig (beide Mitglieder des American College of Nutrition), Dr. Mitchell J. Ghen (diplomierter Osteopath), Dr. Barbara Dossey und Dr. Christina Jackson (beide Diplomkrankenschwestern) profitieren könnten.
Roslyn Wallace hat mich mit einem Stipendium der Aaron and Roslyn Wallace Scholarship des Jahres 2003 bedacht und geehrt. Die Dissertation, die ihr mittlerweile verstorbener Mann an der Union verfasste, warf einen bahnbrechenden neuen Blick auf die Themen Heilung, Stress und Homöostase, was mich sehr inspirierte, als ich die unterschiedlichen Arten untersuchte, mittels derer Sojalebensmittel und – isoflavone Körper und Geist in Stress versetzen.
Viele Ärzte, Ernährungswissenschaftler, Autoren und andere Kollegen standen mir mit Aufmunterung, Unterstützung und/oder guten Ratschlägen zur Seite; unter anderem waren das Dr. med. Naomi Baumslag, der Optometrist Sam Berne, Robert Crayhon (Fachkrankenpfleger und Master of Surgery), Dr. Francis Crinella, Debra Lynn Dadd, Nancy Deville, die Diplomkrankenschwester & Ernährungswissenschaftlerin Rebecca Ephraim, Dr. med. Larrian Gillespie; Dr. David Goodman, Winna Henry, Linda Lizotte (Diplomkrankenschwester), Joseph Mercola (diplomierter Osteopath), Amadea Morningstar, Dr. med. Leah Morton, Howard Peiper (Naturheilkundler), Dr. med. Doris Rapp, Jordan Rubin (Naturheilkundler), Jack Samuels, Dr. Michael Schmidt (Naturheilkundler), Andreas Schuld, Mary Shomon, Katie Singer, Marcia Starck, Carol Simontacchi (Ernährungswissenschaftlerin), T. S. Wiley, Dr. med. William Campbell Douglass II. und Dr. med. Jonathan Wright.
Marilyn McCray hat meine wunderschöne erste Website www.wholesoystory.com entworfen und verwaltet – und ist mir seit mehr als 20 Jahren eine treue Freundin.
Mark Victor Hansen, Robert G. Allen, Janet Attwood und Chris Attwood vom Enlightened Millionaire Program sowie »The« Harv Eker danke ich für ihre Beratung und ihr Know-how darüber, wie man Informationen am besten verkauft.
Meine Literaturagentin Ashala Gabriel aus New York glaubte von Anfang an an dieses Projekt, hielt ihm mehr als fünf Jahre lang unerschütterlich die Treue und arbeitete unermüdlich daran, das vorliegende Buch »massentauglich« zu machen.
Die preisgekrönte Grafikdesignerin Kathi Dunn erfüllte meinen Wunsch nach einem brisanten Cover, das rein optisch »ernährungswissenschaftliche Dogmen in die Luft sprengt« und lange verborgene Informationen zutage fördert.
Katherine Czapp sorgte durch ihre aufmerksame Lektüre und ihre redaktionelle Bearbeitung für zahlreiche wichtige Korrekturen und Verbesserungen auf den folgenden Seiten.
Joseph Dispenza, Kenneth Lipman, Rev. Patricia Phillips, Tom Whittier sowie Flora und Ben Berg haben mich und mein Buch auf jede nur erdenkliche Art und Weise gefördert und unterstützt.
Johann Sebastian Bachs Orgelmusik schafft es immer wieder, mich zu heilen und mir neue Energie zu geben. Ohne die stetige Ermutigung durch Mary Caskey, Michael Case, Gerald Near, Mark Childers, Gary und Connie Anderson, Dr. Stanford Lehmberg und Diakonin Phyllis Orbaugh wäre ich trotzdem an der dauernden Arbeit ohne Ablenkung und Vergnügen gescheitert.
Meine Hunde- und Katzengefährten und – gefährtinnen Atma, Moksha, Mohan, Kimchi, Amba und die leider bereits verstorbenen Isis und Koko schenkten mir ihre bedingungslose Liebe und beklagten sich nie über ihre sojafreie Nahrung aus rohem Fleisch und Knochen – oder über ein Haus, in dem überall Sojastudien herumlagen.
Meiner Mutter bin ich sehr dankbar dafür, dass sie mir nie Sojaburger vorsetzte.
Zu guter Letzt danke ich meinen Kindern Sunny (20) und Kyrie Rose (17) dafür, dass sie mir so viel Freude, Weisheit, Humor, Energie und bedingungslose Liebe sowie den perfekten Schluss für dieses Buch geschenkt haben: »Das war’s dann, Leute!«
Vorwort
Soja ist eines der bedeutendsten Phänomene unserer Zeit – die »gesunde Alternative« zu Fleisch, das »allergenfreie« Milchprodukt, das »kostengünstige« Protein für Millionen Hungernde, die Säuglingsnahrung, die »besser ist als Muttermilch«, das »Wundernahrungsmittel« für das Neue Zeitalter. Zumindest ist es das, was Professoren, Kommentatoren, Behördenvertreter, die Medien und vor allem die Werbung uns seit geraumer Zeit erzählen. Diese über alle Kanäle verbreitete Botschaft hat für das Wachstum einer Branche gesorgt, die heute zu den größten und erfolgreichsten der Welt gehört: der Sojabohnen erzeugenden und verarbeitenden Industrie.
Anfangs zielte die Werbung für Sojalebensmittel in den USA auf zwei bestimmte Konsumentengruppen ab: Vegetarier und Arme. Sojamilch und Sojafrühstücksflocken für die Siebenten-Tags-Adventisten, nach geräuchertem Speck schmeckende Knabbereien und Fleischstreckmittel für die Kostenbewussten. Doch für das viele Soja, das es da zu verkaufen galt, waren diese Segmente zu klein. Das Angebot war deshalb so groß, weil der Markt für industriell verarbeitete Lebensmittel seit den 1950er-Jahren so rasant gewachsen war – und die meisten verarbeiteten Lebensmittel enthalten Sojaöl. Da bei dessen Herstellung eine Menge Rückstände übrig blieben, stand die Branche vor einem Problem: wegwerfen oder bewerben? Logischerweise fiel den Konzernen nichts anderes ein, als sich für den Profit zu entscheiden. Das bedeutete, dass man den Markt vergrößern, neue Methoden zur Verarbeitung von Sojabestandteilen bei der Nahrungsmittelherstellung finden und mehr Menschen davon überzeugen musste, für Lebensmittelimitate auf Sojabasis Geld auszugeben.
»Von den ärmeren Bevölkerungsschichten wird ein Produkt am schnellsten akzeptiert, wenn sie sehen, dass es sich aus eigener Kraft auf dem Markt der Wohlhabenderen durchsetzt«, sagte ein Sprecher der Sojaindustrie 1975. Und damit begann die Kampagne, Sojaprodukte an eine gehobene Verbraucherschicht zu verkaufen; nicht als billige Nahrung für Arme, sondern ganz im Gegenteil als relativ kostspieliges Wundermittel, das Herzkrankheiten und Krebs verhindert, Hitzewallungen beseitigt, die Knochen festigt und jung hält. Die Forschungsfinanzierung der Sojaindustrie führte dazu, dass angesehene Universitätsprofessoren die Konkurrenz – Fleisch, Milch, Käse, Butter und Eier – gnadenlos verteufelten.
Ein bedeutender Teil der Strategie bestand darin, die Aufmerksamkeit gesundheitsbewusster Konsumenten zu wecken. Hochglanzzeitschriften wie die Vegetarian Times, Health und Self brachten die frohe Sojabotschaft aus Reformhäusern, wo es verdächtig stark nach Vitaminen roch, in eher hochpreisige Märkte für ein gehobenes Publikum. Gesundheitsexperten verfassten eine Fülle von Büchern, in denen sie dazu rieten, angesichts der durch Lebensmittelimitate stetig steigenden Krankheitsrate Fleisch und Milchprodukte zu meiden.
Die Werbung für Soja wird mit gigantischen Summen gefördert. Bauern bezahlen für jeden Scheffel verkaufte Sojabohnen eine Gebühr. Dazu kommt, dass ein Teil des Geldes, das für süße Snacks, Fertiggerichte und die Tausende anderen industriell verarbeiteten, sojahaltigen Lebensmittel ausgegeben wird, in Werbung für die am stärksten industriell verarbeiteten Lebensmittel von allen fließt: Fleisch-, Milch-, Sahne-, Käse-, Joghurt-, Eiscreme-, Schokoriegel- und Smoothie-Imitate aus Soja. Und sogar der Name des verstorbenen Ernährungswissenschaftlers Robert Atkins, der sich sehr für den Verzehr von Rindfleisch und Butter einsetzte, wird vor den Sojakarren gespannt. »Low-Carb«-Versionen von Brot, Gebäck und Nudeln – den Lebensmitteln, vor denen Atkins warnte – werden aus protein-, also eiweißreichem Soja hergestellt.
Die Verbreitung von Soja setzt sich unablässig und weltweit fort. Sojaprotein findet sich heute in den meisten Brotsorten, die im Supermarkt erhältlich sind. Es wird auch dazu verwendet, die ganz normale Tortilla, das aus Maismehl hergestellte mexikanische Grundnahrungsmittel, in eine eiweißreichere »Super-Tortilla« umzuwandeln, die »die Ernährung der beinahe 20 Millionen Mexikaner, die in extremer Armut leben, verbessern soll«. Indische Hindus können heute bereits Dal und Linsen aus extrudiertem Sojaprotein kaufen. In Ländern wie Kenia schießen Fabriken zur Produktion von Sojamilch aus dem Boden. Sogar in China, wo Soja als Essen für Arme gilt und die Menschen statt Tofu mehr Fleisch essen wollen, hat man sich dazu entschieden, Sojafabriken nach westlichem Vorbild zu errichten, anstatt dort, wo kein Ackerbau betrieben werden kann, lieber Weidetiere auf Grasland zu halten.
Fleischstreckmittel aus Soja tauchten erstmals in amerikanischem Schulessen auf; damals gab es allerdings noch ein Bundesgesetz, das den Sojaanteil begrenzte. Heute lässt das US-Landwirtschaftsministerium im Rahmen seines NuMenu-Programms bei der Schulspeisung unbegrenzt viel Soja zu. Durch Sojazusätze in Hamburgern, Tacos und Lasagne lässt sich der Fettgehalt auf unter 30 Prozent der Gesamtkalorienmenge senken und entspricht damit den behördlichen Vorschriften. »Dank der durch Soja aufgebesserten Lebensmittel werden die Schüler nun mit mehr Nährstoffen versorgt und nehmen weniger Fett und Cholesterin auf.«
Die Aufgabe, neue Märkte für Soja zu erschließen, stellte eine unwiderstehliche Herausforderung für die Werbebranche dar. Die ersten Sojainserate waren noch relativ primitiv: Ein grinsender Farmer, um den Musiknoten und der Text zu einem Liedchen über »wohlgenährt durch unsere knusprigen Produkte« schwebten – geworben wurde für Kellogg’s »Variety Pack«, das unter anderem Mais-Soja-Frühstücksflocken enthielt; der Kopf einer Kuh neben Sojaschoten in einer Zeitschrift der Siebenten-Tags-Adventisten; die kleinformatige Zeichnung eines Puddings, der mit »gekühlter reiner Sojasahne« garniert war, in einer Ausgabe des Blattes Family Circle aus dem Jahr 1947.
In den späten 1990er-Jahren konnte man dann schon Inserate für Sojalebensmittel der nächsten Generation bewundern. Da sah man etwa radfahrende Blumenkinder oder eine ernst dreinschauende Mutter, die laut Begleittext keinesfalls den Ratschlägen ihrer Vorfahren folgen, sondern ihr Kind lieber mit Sojaspeisen ernähren wollte.
Eine im März 2004 durchgeführte Erhebung über Gesundheitszeitschriften ergab, dass in Alternative Medicine auf fünfeinhalb Seiten für Sojaprodukte geworben wurde (auf zwei dieser Seiten wurde Soja als Mittel gegen Wechseljahresbeschwerden angepriesen); im Yoga Journal waren es immerhin noch fünf Seiten. Die Inserate, mit denen sich gesundheitsbezogene Publikationen finanziell über Wasser halten, zielen heute nicht mehr auf die Alternativ-, sondern auf die Mainstreamkultur ab: Lächelnde Kinder werben für Sojamilch; auf dem Kopf stehende Models zeigen verzückte Gesichter beim Genuss von Proteinriegeln; und eine Gastgeberin, die bei einer Party schokoladenüberzogene Sojanüsse serviert, wird so zum beliebten Mittelpunkt der Feier.
Man braucht nur eine Ausgabe der Zeitschrift Men’s Fitness aufzuschlagen, um sofort auf seitenweise Vierfarbinserate für Schokoriegel und Instantgetränke auf Sojabasis zu stoßen, die dem Macho-Mann garantiert seinen Waschbrettbauch verschaffen werden. Trauriger- und ironischerweise findet sich in den meisten Ausgaben des Blattes auch der übliche Artikel, in dem die gut gebauten Schürzenjäger erfahren, wie sie ihr Sexualleben verbessern können. Würde Men’s Fitness seine Leserschaft auf die Tatsache hinweisen, dass Soja den Testosteronspiegel bei Männern senkt, dann wäre das wohl das Ende der Anzeigenerlöse, und die Zeitschrift müsste ihr Erscheinen einstellen.
Aber vielleicht nimmt sich ja ein für seine aufsehenerregenden Enthüllungsberichte bekanntes Blatt einmal ein Herz und schreibt über die Nachteile von Soja. Man sollte die Hoffnung nie aufgeben … Doch leider finden sich auch in den einschlägigen US-Zeitschriften Utne Reader und Mother Jones oft ganzseitige Sojainserate. Nur Mothering hat sich an Artikel herangetraut, in denen Konsumenten vor Säuglingsnahrung auf Sojabasis gewarnt wurden – trotz auch hier vorhandener ganzseitiger Inserate für Soja.
Die Werbebranche ist der einzige moderne Wirtschaftszweig, der immer am Puls des öffentlichen Bewusstseins ist. Marktumfragen, demografische Analysen, Buchmarkttrends, Fokusgruppen, Konsumentenbefragungen und universitäre Studien unterstützen die Werber bei ihrem Bemühen, die Träume und Vorlieben des Konsumenten – den entscheidenden Faktor für Unternehmensgewinne – zu erfassen. Hat die Industrie bei Berufstätigen eine Zurückhaltung gegenüber Sojaprodukten festgestellt? Dann wird Sojamilch eben ab sofort mit dem Slogan »Seien Sie doch nicht so stur!« als wohlschmeckende, genussvoll zu trinkende Flüssigkeit beworben. Ist Soja bei Männern weniger beliebt? Dann verhökert man es mithilfe des ehemaligen Junk-Bond-Finanziers Michael Milken eben als Vorsorge gegen Prostatakrebs. Sehnen sich Einkaufssüchtige in ihrem tiefsten Innern nach einem inhaltsreicheren Leben, nach einem Bekenntnis zu etwas Ehrlichem und Wahrem? Dann platziert man am besten ein Inserat für Riegel und Mahlzeitenersatz auf Sojabasis, in dem sich zwei elegante Shopper interessiert über ein »Nährwert«-Etikett beugen: »Portionsgröße: 1 Riegel oder Shake; Erfolgserlebnis: 100 Prozent; Kompromisse: Null.« Und die einsamen Herzen? Die bekannte Ärztin und Autorin Dr. med. Christiane Northrup erzählt Frauen, wie sie ihr Leben mit Romantik bereichern können – und stimmt ausgerechnet Lobeshymnen auf die für Libidoverlust sorgenden Snacks, Smoothies und Chips an, die sie im Angebot hat.
Und wie lässt es sich bewerkstelligen, dass auch Bauern sich gut fühlen, wenn sie Soja anbauen? Kein Problem, die Zeitschrift The Furrow, in zwölf Sprachen vom Traktorhersteller John Deere herausgegeben, weiß Rat: »Stellen Sie sich vor, Sie könnten das perfekte Lebensmittel anbauen. Dieses Lebensmittel würde nicht nur für preiswerte Ernährung sorgen, sondern auch köstlich schmecken und sich auf unterschiedlichste Arten einfach zubereiten lassen. Es wäre gesund und würde keine gesättigten Fette enthalten. Damit würden Sie auf Ihren Ackerflächen einen wahren Jungbrunnen anbauen. Dieses ideale Lebensmittel würde einigen der gefürchtetsten Krankheiten der Welt vorbeugen und vielleicht sogar zu ihrer Heilung beitragen. Die Wunderpflanze würde auf den unterschiedlichsten Böden und in verschiedenen Klimazonen gedeihen. Und ihr Anbau würde den Ackerboden nicht auslaugen, sondern sogar verbessern. Dieses Wunderlebensmittel gibt es bereits jetzt – es heißt Soja.«
Natürlich müssten solche gesundheitsbezogenen Aussagen so wirken, als wären sie wissenschaftlich haltbar. Jene Wissenschaftler, die sich als Sprachrohre der Sojaindustrie verdingen, sind mittlerweile sehr gut darin, Behauptungen ohne jede Substanz zu formulieren. »Die Forschungsergebnisse über die gesundheitsfördernde Wirkung von Soja und den Inhaltsstoffen der Sojabohne nehmen Jahr für Jahr exponenziell zu«, schreibt Dr. Mark Messina, der bereits fünf Soja-Symposien organisiert hat. »Überdies wird nicht nur in den vorrangigen Untersuchungsgebieten wie Krebs, Herzerkrankungen und Osteoporose geforscht; neue Befunde lassen vermuten, dass die potenziellen Vorteile von Soja noch viel weitreichender sein dürften, als man bisher vermutet hat.« Und logischerweise werden diese Forschungen großzügig von genau jenen Konzernen gestützt, die von den positiven Ergebnissen am meisten profitieren können.
Besonders stark wurde der Sojaumsatz angekurbelt, als die amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) 1998 entschied, gesundheitsbezogene Aussagen bezüglich Soja zuzulassen. Diese Entscheidung beruhte auf Studienergebnissen, denen zufolge Soja unter bestimmten Umständen den Cholesterinspiegel senken könne. Auf Lebensmittelverpackungen darf Soja zwar nur im Zusammenhang mit einem verminderten Risiko für Herzerkrankungen erwähnt werden – doch in den Werbeschriften folgte sehr bald auch die Behauptung, dass es Krebs verhindern kann. In der Werbebroschüre eines Vitaminpräparatherstellers heißt es: »Soja schützt nicht nur das Herz, sondern hat auch nachweislich eine stark krebsvorbeugende Wirkung. […] Bei den Japanern, die 30-mal so viel Soja essen wie die Nordamerikaner, gibt es ein geringeres Auftreten für Brust-, Gebärmutter- und Prostatakrebs.« Derartige Werbetexte verschweigen allerdings immer, dass bei den Japanern – und Asiaten im Allgemeinen – andere Krebsarten häufiger vorkommen; vor allem Speiseröhren-, Magen-, Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs. Mit derselben Logik, die eine geringere Rate von Krebserkrankungen des reproduktiven Systems mit Sojakonsum in Verbindung bringt, müsste man aber auch Schilddrüsenkrebs und Krebserkrankungen des Verdauungssystems auf Soja zurückführen – zumal dies im Tierversuch eindeutig nachgewiesen wurde.
Marketing kostet Geld, vor allem, wenn man es durch »Forschung« unterstützen will. Aber Geld ist ja auch mehr als genug vorhanden. Sämtliche Sojaproduzenten müssen eine »Steuer« von einem halben bis einem Prozent des Nettomarktpreises für Sojabohnen entrichten. Diese Summe, die sich auf etwa 80 Millionen Dollar jährlich beläuft, fließt in das Programm von United Soybeans, »die Marktposition von Sojabohnen zu stärken sowie inländische und ausländische Märkte für die Nutzung von Sojabohnen und Sojabohnenprodukten zu stabilisieren und zu erweitern«. Bundesstaatliche Sojabohnen-Räte aus Maryland, Nebraska, Delaware, Arkansas, Virginia, North Dakota, Illinois und Michigan schießen weitere zweieinhalb Millionen Dollar jährlich für »Forschung« zu. Und auch Privatunternehmen wie Archer Daniels Midland leisten brav ihren Beitrag: ADM gab innerhalb eines einzigen Jahres 4,7 Millionen Dollar für Werbespots in der Sendung Meet the Press und 4,3 Millionen für Werbung in Face the Nation aus. PR-Firmen sind dabei behilflich, Forschungsprojekte in Zeitungsartikel und Werbetexte umzuwandeln; Anwaltskanzleien betreiben Lobbyarbeit, um vorteilhafte gesetzliche Vorschriften durchzubringen; Sojaverarbeitungsbetriebe im Ausland werden mit Geldern des Weltwährungsfonds finanziert; Missionare bringen indigenen Völkern bei, wie man Sojabohnen anbaut und Sojamilch herstellt; und Freihandelsabkommen sorgen dafür, dass überschüssige Sojabohnenmengen aus den USA nach Übersee exportiert werden können.
Kaayla Daniel bringt mit ihrer fundiert recherchierten Geschichte und gezielten Analyse der Sojaforschung alle bisher geblendeten Verbraucher zur Besinnung. Sie erzählt wirklich die ganze Wahrheit über Soja – die Wahrheit, die die Öffentlichkeit gebraucht hat und die die Sojablase zum Platzen bringen wird. Ihr Buch wird dazu beitragen, dass sich der moderne, gesundheitsorientierte Mensch wieder echter Nahrung zuwendet und Lebensmittel konsumiert, die durch Soja ersetzt werden sollten. Zudem hat sie uns eine wichtige Botschaft zu vermitteln: Die natürlichen Östrogenverbindungen in Soja wirken fruchtbarkeitshemmend. Somit ist Soja nicht nur eine Bedrohung für unsere Gesundheit, sondern auch für die künftiger Generationen.
Sally Fallon, Vorsitzende der Weston A. Price Foundation Oktober 2004
Teil 1
Soja – ein historischer Überblick
Kapitel 1
Soja im Osten
Bei den alten Chinesen galt Soja als nationales Kulturgut, das sie mit dem Namen »das gelbe Juwel« ehrten. 1› Hinweis
Ja, die Chinesen verehrten die Sojabohne – aber sie aßen sie nicht.
Die Sojabohne ist eine der »fünf heiligen Getreidepflanzen«, neben Reis, Hirse, Gerste und Weizen. 2› Hinweis Diese Einordnung ist in vielfältiger Hinsicht seltsam. Zum einen ist die Sojabohne nicht wirklich eine Getreidepflanze, sondern eine Hülsenfrucht, zum anderen wurde sie ursprünglich nicht besonders häufig als Nahrungsmittel verwendet. Doch die Sojabohnen zeichneten sich auf andere Art aus: Sojapflanzen wurden in der Landwirtschaft als »grüner Dünger« angebaut – also als Zwischenfrucht, die untergepflügt wurde, um zwischen den Anbauphasen von Nahrungspflanzen den Boden anzureichern. Sojapflanzen leben in Symbiose mit Rhizobien, einem Bakterienstamm, der Knöllchen an Pflanzenwurzeln bildet, um den aus der Luft gewonnenen Stickstoff im Boden zu binden. Die chinesischen Schriftzeichen für Reis, Gerste, Weizen und Hirse deuten darauf hin, dass diese Pflanzen zum Verzehr dienen. Das Schriftzeichen für Soja zeigt nur an, dass diese Pflanze kräftige, stickstoffbindende Wurzeln besitzt. 3› Hinweis4› Hinweis
Erst vor etwa 2500 Jahren wurde Soja vom Stickstoffbinder zum fermentierten Lebensmittel. 5› Hinweis6› Hinweis Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Chinesen Sojabohnen für ungenießbar gehalten. Wie sie darauf gekommen waren, dass Sojabohnen nach dem gewöhnlichen Kochen noch giftig sind, bleibt ein Rätsel. Anthropologen, die mehr als 50 Gesellschaften in Südostasien, Asien und im Pazifik untersuchten, fanden heraus, dass Sojabohnen erst dann als für Menschen geeignete Kost angesehen wurden, als man eine Verarbeitungsmethode entdeckt hatte, mit der ein antinutritiver Inhaltsstoff der Sojabohne – ein sogenannter Trypsininhibitor – großenteils deaktiviert werden konnte. 7› Hinweis Trypsininhibitoren wurden zwar erst Mitte des 20. Jahrhunderts eindeutig identifiziert, aber es ist wahrscheinlich, dass die Mitglieder der untersuchten Gesellschaften aus eigener Erfahrung zu dem Schluss gelangten, dass man ein Nahrungsmittel, das so viele Verdauungsstörungen und Blähungen hervorrief, lieber nicht essen sollte. Durch die Entdeckung der Fermentation konnten die Chinesen später jedoch die unerwünschten und unangenehmen Eigenschaften der Sojabohne »zähmen« und sie damit in ein »wohlerzogenes«, genießbares Nahrungsmittel verwandeln.
Ursprünglich entwickelten die alten Chinesen ein Verfahren zum Einmachen eiweißhaltiger tierischer Lebensmittel – jiang, eine suppenartigere Variante der Sojabohnenpaste, die am ehesten unter ihrem japanischen Namen Miso bekannt ist. Dabei wurden Fische, Meeresfrüchte, Wild und Fleisch – oft zusammen mit Blut, Knochen und Gedärmen – gesalzen und in eine Mixtur aus Salz und Reiswein gegeben, bis sie sich weitgehend auflösten und zu einer Paste wurden, die nur mehr Stückchen enthielt. Durch zusätzliche Fermentation wurden Geschmäcker und Aromen verstärkt. Bei Sojabohnen und Getreide wurde dieses Verfahren erstmals zwischen dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert und dem vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung angewandt. 8› Hinweis9› Hinweis Sojasoße war eigentlich nur die Flüssigkeit, die bei der Herstellung von jiang abgegossen wurde. Als eigenes Nahrungsmittel tauchte sie ebenfalls erst im genannten Zeitraum auf; es sollte aber noch mehrere Jahrhunderte dauern, bis sie in größeren Mengen produziert wurde. 10› Hinweis Nattō, Tempeh und weitere aus der ganzen Sojabohne hergestellte Erzeugnisse spielten erst viel später eine Rolle in der Lebensmittelversorgung – so tauchte Nattō erst etwa 1000 n. Chr. und Tempeh nicht vor dem 17. Jahrhundert auf. 11› Hinweis12› Hinweis
Sämtliche Behauptungen, denen zufolge Sojabohnen seit mehr als 3000 Jahren oder gar »seit alters her« ein bedeutender Teil der asiatischen Ernährung sein sollen, sind demnach falsch. Der Historiker William Shurtleff vom Soyfoods Center im kalifornischen Lafayette erklärt die diversen Legenden über die Erwähnung von Sojabohnen und Sojalebensmitteln in Texten, die angeblich bis ins Jahr 2838 v. Chr. zurückreichen, mit »heute weitgehend als Fälschungen anerkannten Schriften von Historikern, die zur Zeit der Han-Dynastie – also etwa 2600 Jahre später – tätig waren und der chinesischen Tradition folgten, alle anerkennungswürdigen Dinge mit einer erfundenen uralten Abstammung zu versehen«. 13› Hinweis
In der japanischen Mythologie heißt es, dass die Göttin Oketsuhime Mikoto fermentierte Sojabohnen zum Wohle künftiger Generationen aus ihrem eigenen Körper gebar. 14› Hinweis Aus historischen Aufzeichnungen wissen wir, dass buddhistische Mönche danach die Forschung und Entwicklung übernommen haben müssen. Wahrscheinlich brachten chinesische Missionare zwischen 540 und 552 n. Chr. 15› Hinweis das Miso nach Japan, wobei eingelegte Sojabohnen und fermentierte Soßen allerdings schon unabhängig davon in den nordöstlichen Landesteilen erfunden worden sein dürften. 16› Hinweis
Wie dem auch sei: Die frühesten Versionen des japanischen Miso ähnelten dem chinesischen jiang und enthielten im Allgemeinen Gewürze, Öl und oft auch Fleisch. Später entwickelten die Japaner dann ein einfacheres und feineres Produkt, dem sie den Namen »Miso« verliehen und das erstmals in Dokumenten aus den Jahren 806 und 938 n. Chr. erwähnt wird. 17› Hinweis Im 12. Jahrhundert übernahmen Samurai-Krieger die Führung des Landes und führten eine frugale nationale Küche ein. Herzstück jeder Mahlzeit waren nunmehr Körner, zu denen Misosuppe, gekochtes Gemüse und kleine Mengen Fisch, Schalentiere oder Tofu serviert wurden. Erst zu diesem relativ späten Zeitpunkt begann Miso auf Soja- und Körnerbasis eine maßgebliche Rolle in der japanischen Ernährungsweise zu spielen. 18› Hinweis19› Hinweis
Tofu – das kein fermentiertes Lebensmittel ist, sondern durch Ausflocken der Proteine in der Sojamilch hergestellt wird – wurde etwa zur selben Zeit erfunden wie Miso. Der Legende nach soll der damals sehr angesehene Alchemist, Meditationsmeister und Herrscher Prinz Liu An aus dem chinesischen Huainan um 164 n. Chr. herausgefunden haben, dass man einen Brei aus gekochten Sojabohnen mittels Nigari (einem aus Meerwasser gewonnenen Magnesiumchlorid) in feste und flüssige Bestandteile trennen kann. Ist dem Bohnenquark die Flüssigkeit entzogen, wird er zu festen Blöcken geformt. Liu An wollte die Sojabohnenschlacke eigentlich nur aus dem Grund in Tofugold verwandeln, um der vegetarischen Ernährung der Mönche billiges Protein hinzufügen zu können. 20› Hinweis21› Hinweis22› Hinweis Mit der Zeit haben die Mönche dann vielleicht bemerkt, dass die libidinöse Stimmung in ihren Klöstern im selben Maße abnahm, wie der Tofuverbrauch stieg. Das passenderweise »Fleisch ohne Knochen« genannte Nahrungsmittel stand bald regelmäßig auf klösterlichen Speiseplänen, wo es zur Unterstützung der spirituellen Entwicklung und der sexuellen Enthaltsamkeit eingesetzt wurde. Diese Ernährungsstrategie wird durch neuere Studien bestätigt, die nachweisen, dass die in Soja enthaltene pflanzliche Form der Östrogene – die Phytoöstrogene – den Testosteronspiegel senken kann. 23› Hinweis (Siehe auch Kapitel 28 und 29.)
Bald wurde Tofu zu einem der Grundnahrungsmittel in buddhistischen Klöstern, wo man ihm auch spirituelle Kräfte zuschrieb, die nur wahrhaft erleuchtete Menschen vollständig begreifen konnten. So beschloss beispielsweise Bodhidharma – ein Heiliger, der die chinesische Zen-Schule gründete – eines Tages, zu überprüfen, inwieweit Tofu mit den Lehren Buddhas im Einklang stand, indem er das Lebensmittel zu einem »Dharma-Kampf« herausforderte. (Dharma bedeutet »das Gesetz« oder »das rechte Verhalten«.) Was Bodhidarma damit genau gemeint hat oder wie dieser Kampf aussah, ist leider nicht überliefert – doch die Fähigkeit von Tofu, wie ein Schwamm praktisch alles aufzusaugen, brachte der Speise offenbar den Sieg ein. Tofu bestand nicht nur den Test, sondern wurde auch noch wegen seiner edlen Schlichtheit, seiner Lauterkeit und seines »schönen weißen Gewandes« gepriesen. 24› Hinweis
Ist Soja ein Grundnahrungsmittel?
Befürworter von Sojalebensmitteln stellen gern die Behauptung auf, dass Soja in asiatischen Ländern ein Grundnahrungsmittel sei. Das würde aber bedeuten, dass es ein wesentliches Element, ein wichtiger Bestandteil oder ein grundlegendes Charakteristikum wäre – also etwas, das einen großen Teil der in einer bestimmten Ernährungsweise enthaltenen Kalorien liefert.
Tatsächlich aber essen die Menschen in China, Korea, Vietnam, Thailand, Indonesien, der Mongolei und auch Japan gar nicht so viel Soja.
Im Buch Food in Chinese Culture, einer 1977 erschienenen Sammlung wissenschaftlicher Abhandlungen, heißt es etwa, dass Sojalebensmittel nur 1,5 Prozent der Kalorien der chinesischen Ernährung ausmachen – verglichen mit den 65 Prozent, die aus Schweinefleisch stammen.
Auch in der 1975 vom California Department of Health herausgegebenen Broschüre Nutrition During Pregnancy and Lactation wird erwähnt, dass sojahaltige Lebensmittel in Japan und China zu den eher unbedeutenden Eiweißquellen zählen; wesentlich bedeutender seien Innereien, Geflügel, Fisch und Eier.
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass die Speisen, die in Asien auf den Tisch kommen, sich sehr von den amerikanischen unterscheiden. So wurden beispielsweise altmodische Erzeugnisse wie Miso und Tempeh nur in kleinen Portionen serviert; es gibt dort keine Sojawürste, Sojaburger oder nach Huhn schmeckende Sojabratlinge, ebenso wenig wie Chili aus texturiertem Soja, Tofu-Käsekuchen, abgepackte Sojamilch – oder sonstige der raffinierten Sojaprodukte, die den US-Markt in großer Vielzahl unterwandert haben.
Bald breitete sich der Verzehr von Tofu über ganz China, Korea und Südostasien aus. Um 700 n. Chr. war es als Fleisch- oder Fischersatz allgemein anerkannt – zumindest dann, wenn Schweinefleisch, Meeresfrüchte oder andere bevorzugte Nahrungsquellen unerschwinglich oder einfach nicht erhältlich waren. Abgesehen von Gegenden, in denen eine Hungersnot herrschte, wurde Tofu jedoch immer nur als Zutat gereicht, üblicherweise als bescheidene Suppeneinlage in einer Fischbrühe, aber nicht als Hauptgericht. 25› Hinweis26› Hinweis
Über Korea, von wo es buddhistische Mönche und Missionare mitbrachten, gelangte Tofu wahrscheinlich um das achte nachchristliche Jahrhundert nach Japan. 27› Hinweis Unternehmerisch veranlagte Priester und Köche in den Städten Kamakura und Kioto taten sich zusammen und eröffneten Tofuläden oder – restaurants innerhalb der Mauern von Tempeln und Klöstern. Die schnell steigende Nachfrage führte dazu, dass es bald Tofugeschäfte in den größeren, dann aber auch in den kleineren Städten und sogar in abgelegenen ländlichen Gebieten gab. Im 14. Jahrhundert hatte Tofu sein Flair der »weiß gewandeten« Exklusivität endgültig eingebüßt und war zur normalen Nahrung für Arbeiter und Bauern geworden, die sich Fleisch kaum leisten konnten. 28› Hinweis
In Indonesien ist Tempeh das beliebteste Sojalebensmittel. Es gibt dort 41 000 Tempehläden, zum Teil auch auf dem Land, und Tempeh gilt allgemein als sehr alte und traditionsreiche Speise. Die weltweit erste Erwähnung der Tempehherstellung findet sich jedoch im Serat Centhini, einem 1815 auf Geheiß Sunan Sugihs, des Kronprinzen von Zentraljava, veröffentlichten Buch. Die Sojabohne gelangte wahrscheinlich um 1000 n. Chr. nach Indonesien, nachdem das Land regelmäßige Handelsbeziehungen zu Südchina aufgenommen hatte. Die Indonesier hatten zu diesem Zeitpunkt bereits jahrhundertelang Kokosmilch fermentiert, also entstand Tempeh vermutlich aus der Anwendung dieser Methode auf Sojabohnen. Nach 1595, als Indonesien zur holländischen Kolonie geworden war, galt Tempeh (so wie auch andere einheimische Speisen) als Essen für die Armen, obwohl es weiterhin von Menschen aller Einkommensschichten konsumiert wurde. Diese Sichtweise hielt sich bis in die Zeit nach der Unabhängigkeitserklärung des Landes. Sukarno, der von 1945 –1967 Präsident der Republik Indonesien war, ging sogar so weit, seine Mitbürger mit den Worten »Werdet keine Tempeh-Nation!« zu ermahnen. 29› Hinweis
In China, Japan, Korea, Indonesien und anderen ostasiatischen Ländern arbeiteten Köche unterschiedliche Sojaküchen aus; gemeinsam war ihnen allen nur, dass sie sich auf die Verfahren der Fermentation und des Ausflockens verließen. Doch nur in Klöstern, während Hungersnöten oder bei den Ärmsten der Armen wurden größere Mengen Soja verzehrt.
Ansonsten genossen die Asiaten das Produkt nur als Zutat oder Würze, aber nicht als Ersatz für tierische Lebensmittel wie Fisch oder Schweinefleisch. Ganz selten – wenn überhaupt – brieten oder kochten sie Sojabohnen, verarbeiteten sie zu Mehl oder rösteten sie, um nussartiges Knabberzeug daraus zu machen. 30› Hinweis31› Hinweis
Aller Wahrscheinlichkeit nach stellte man damals durch Ausprobieren fest, dass derartige Zubereitungsmethoden im Vergleich zu den altehrwürdigen traditionellen Verfahren eher jämmerliche Resultate hervorbrachten und bei den Speisenden zu Magenschmerzen oder Schlimmerem führten.
Da die meisten Asiaten keine größeren Mengen Sojabohnen pressten oder schroteten, mussten sie sich auch nicht mit dem Problem herumschlagen, wie man die riesigen Mengen übrig gebliebener Proteine möglichst kreativ verwenden kann. Mit dem bisschen Sojaöl, das sie extrahierten, konnte man ganz gut Öllampen befüllen, und das Protein war ein ausgezeichneter Dünger. 32› Hinweis Die einzige Ausnahme war die chinesische Region Mandschurei, in der das Sojaöl-Exportgeschäft von den 1850er-Jahren bis in die 1920er-Jahre florierte. 33› Hinweis
Nach dem Zweiten Weltkrieg marschierten die Amerikaner in Japan ein und hielten die Japaner dazu an, sich westliche Technologie, Verfahren zur Lebensmittelverarbeitung und Ernährungsgewohnheiten anzueignen. Der dadurch ausgelöste Wandel sollte die Art, wie Sojabohnen verarbeitet, vermarktet und konsumiert werden, entscheidend verändern.
Kapitel 2
Wie Soja in den Westen kam
Soja gelangte in den Westen, als Händler, Missionare, Botaniker und andere Reisende die ersten Sojabohnen aus China und Japan mitbrachten. Sojabohnen dienten damals als nützlicher Ballast auf Schiffen, ansonsten waren sie kulinarische oder gartenbauliche Kuriositäten. Im Frankreich des 17. Jahrhunderts war Sojasauce das »geheime Würzmittel« für Bankette bei Hof; andere Arten von Sojalebensmitteln behagten dem westlichen Gaumen jedoch eher nicht. 1770 schickte Benjamin Franklin Sojabohnen aus Europa in seine Heimat – mit der begeisterten Empfehlung, diese Pflanze doch auch in Amerika anzubauen. Seine Bohnen wurden zwar eingepflanzt, blieben jedoch in den Vereinigten Staaten mehr als ein Jahrhundert lang eine relativ unbekannte Ware. Bei einer Zusammenkunft der American Soybean Association im Jahr 1927 blickte William J. Morse vom US-Landwirtschaftsministerium auf das Jahr 1907 zurück, als »es allen außer ein paar Sojabohnen-Begeisterten oder ›Sojabohnen-Sonderlingen‹, wie man sie damals nannte, höchst unwahrscheinlich schien, dass es die Sojabohne hierzulande je zu etwas bringen würde«. Erst 1935 war die Fläche, auf der Sojabohnen für die Herstellung von Speiseöl angebaut wurden, genauso groß wie die, die für die Fruchtfolge verwendet wurde. 34› Hinweis35› Hinweis36› Hinweis37› Hinweis38› Hinweis
Kurz und gut: Es dauerte recht lange, bis Europäer und Amerikaner Soja in die westliche Küche eingeführt hatten. Um eine beliebte japanische Redensart zu bemühen – das Vorhaben, Bewohner der westlichen Welt von den Vorzügen der Sojalebensmittel zu überzeugen, erwies sich als so »sinnlos wie der Versuch, zwei Stücke Tofu zusammenzuklammern«.
Der erste Sojaprophet auf amerikanischem Boden war der Arzt John Harvey Kellogg (1852–1943) – der Cornflakes-König, der in Flugschriften, Büchern und vom Rednerpult aus die gesundheitlichen Vorteile des Sojakonsums pries, gegen die Übel des Fleischgenusses wetterte, ein paar notorisch ungenießbare Fleischersatzprodukte herstellte und das Thema Sojabohnen voll und ganz ausschlachtete. Ein Inserat aus dem Jahre 1944 forderte Zeitungsleser sogar auf, »die Gemüse-Kuh« kennenzulernen. Das von einem Kellogg-Schüler entworfene Inserat zeigte den aus Sojabohnen hergestellten Kopf einer Kuh, dessen Hörner, Stirnlocke und Teile von Augen, Nasenlöchern und Mund aus grünen Fruchthülsen gefertigt waren. 39› Hinweis40› Hinweis
Ein weiterer begeisterter Verfechter der Sojabohne war Dr. Artemy Alexis Horvath, der – effektiver, wenn auch weniger exzentrisch – sowohl an der wissenschaftlichen als auch an der populären Front aktiv war. Der geheimnisvolle, 1886 in Russland geborene Mann reiste durch die ganze Welt und war für das United States Bureau of Mines sowie andere Regierungsorganisationen tätig. In seinem Manifest »Soya Flour as a National Food« [dt.: »Sojamehl als Nationalspeise«] bestand Horvath darauf, dass Soja einen Ehrenplatz in der amerikanischen Küche verdiene, weil es die körperliche Leistungsfähigkeit und die »geistige Virilität« erhöhe. Seiner Ansicht nach hätten die Chinesen nur dank des Verzehrs von Soja den Aufstieg zur Hochkultur geschafft, als Amerikaner und Europäer noch Barbaren waren. 41› Hinweis42› Hinweis
Soja in Okinawa
Selbst der überzeugteste Sojabefürworter muss heute zugeben, dass der »durchschnittliche« Verbrauch von Sojalebensmitteln in Asien nicht sonderlich groß ist. Das veranlasste den Veganer John Robbins, Verfasser von Büchern wie Ernährung für ein neues Jahrtausend, Letzter Ausweg vegan und Food Revolution, zu der Behauptung, dass in Wahrheit nur der Sojaverbrauch »in jenen Teilen Asiens, in denen ein besonders hoher allgemeiner Gesundheitszustand herrscht«, von Bedeutung sei. Robbins erklärt, dass »kein Zweifel daran besteht, wo diese Gegend ist. Die ältere Bevölkerung Okinawas (einer japanischen Präfektur) weist die beste Gesundheit und größte Langlebigkeit auf dem ganzen Planeten auf«. 43› Hinweis
Robbins meint, dass die Einwohner Okinawas deswegen so alt werden, weil sie zwei Portionen Sojalebensmittel täglich verzehren und Soja ihnen zwölf Prozent ihrer Kalorien liefere. Diese Angaben beruhen auf der »Okinawa Centenarian Study«, einer Studie an Hundertjährigen, über die auch in den Büchern The Okinawa Program und The Okinawa Diet Plan von Bradley Willcox, D. Craig Willcox und Makoto Suzuki berichtet wird. 44› Hinweis45› Hinweis
Aus diesen Büchern geht allerdings nicht klar hervor, wie viel Soja die Einwohner Okinawas nun wirklich zu sich nehmen. Die Autoren schreiben, dass die Menschen dort »60–120 Gramm Sojaeiweiß täglich« essen, was im Textzusammenhang bedeutet, dass sie Sojalebensmittel als Vollwert-Eiweißquelle konsumieren. Die Buchautoren drucken aber auch eine Tabelle ab, die den Gesamtverbrauch an Hülsenfrüchten in den Jahren 1949 und 1993 mit etwa 75 Gramm täglich beziffert. Und wieder an einer anderen Stelle heißt es, dass in Okinawa durchschnittlich 85 Gramm Soja pro Tag und Person gegessen werden, meist in Form von Tofu und Miso. Später lesen wir wiederum, dass man in Okinawa zwei Portionen Soja täglich konsumiert, wobei aber jede Portion nur 28 Gramm hat. Dass Soja 12 Prozent der Ernährung der in Okinawa lebenden Menschen ausmacht, hat Robbins einem Tortendiagramm entnommen, in dem das 12-Prozent-Stück allerdings für stark flavinoidhaltige Lebensmittel und nicht nur für Soja steht. Könnten sich die korrekten Zahlen bitte kurz melden?
Die Hundertjährigen-Studie hat aber – zumindest so, wie sie von den Verfassern der genannten populärwissenschaftlichen Bücher interpretiert wurde – noch andere Glaubwürdigkeitsprobleme. 2001 berichtete Dr. Suzuki im Asia Pacific Journal of Clinical Nutrition, dass »ungesättigte« die hauptsächlich konsumierten Fettsäuren in Okinawa seien. 46› Hinweis In den Büchern wurde dies in eine Empfehlung für Canola-Öl – eine in Kanada entwickelte gentechnisch veränderte Rapsöl-Art – umgewandelt, obwohl dieses Öl vor den 1980er-Jahren garantiert nicht zu den Grundnahrungsmitteln irgendwelcher Bevölkerungsgruppen zählen konnte. Der Gerontologe Kazuhiko Taira schreibt jedoch, dass das in Okinawa hauptsächlich verwendete traditionelle Kochfett ein ganz anderes ungesättigtes Fett ist: Schmalz. Das wird zwar oft als gesättigtes Fett bezeichnet, besteht aber in Wahrheit zu 50 Prozent aus einfach ungesättigtem Fett (das auch geringe Anteile der gesundheitsfördernden, antimikrobiellen Palmitoleinsäure enthält), 40 Prozent gesättigten und 10 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Taira berichtet auch, dass gesunde und vitale Einwohner von Okinawa je 100 Gramm Schweinefleisch und Fisch täglich essen. 47› Hinweis Die Ernährungsweise der langlebigen Menschen aus Okinawa unterscheidet sich also sehr deutlich von der sojareichen, veganen Diät, die Robbins empfiehlt.
Schlussendlich wurde die Langlebigkeit der Bewohner von Okinawa auch noch auf einige andere Faktoren neben dem Sojakonsum zurückgeführt. Selbst die drei Verfasser der »Okinawa Centenarian Study« nannten Kalorienrestriktion »den Schlüssel zur Okinawa-Ernährungsweise«. Das alles deutet darauf hin, dass Langlebigkeit nicht durch die Gene, sondern durch die Ernährung bestimmt wird – und dass wir somit alle ein langes Leben führen können, wenn wir den genannten Diätvorschriften folgen. Allerdings hat Dr. Suzuki an anderer Stelle berichtet, dass die Gene der Menschen von Okinawa sich tatsächlich von denen anderer Menschen unterscheiden und eine Rolle bei ihrer besonderen Langlebigkeit spielen. 48› Hinweis
Auch Henry Ford hatte mit Soja viel vor. 1929 eröffnete er ein Labor in Dearborn, Michigan, in dem erforscht werden sollte, wie sich unterschiedliche Pflanzen der industriellen Nutzung zuführen ließen. 1931 beschloss er, sich in dieser Hinsicht nur noch auf Soja zu konzentrieren. Zwei Jahre später hatte er bereits 1,2 Millionen Dollar für das Projekt ausgegeben, was die Zeitschrift Fortune zu der Anmerkung inspirierte: »Für die Sojabohne interessiert er sich genauso sehr wie für den Achtzylinder.« Ford war fest davon überzeugt, man würde mit Kunststoffen aus Soja in naher Zukunft Autokarosserien, Fensterrahmen, Lenkräder, Gangschaltungen, Badewannen, Waschbecken und Kühlschränke herstellen können. Es gelang ihm zwar nie, sein »Soymobil« serienmäßig zu produzieren, aber er baute immerhin einen funktionierenden Prototypen. 1937 lud er Journalisten ein, ihm dabei zuzusehen, wie er auf einer gebogenen Kunststoffplatte aus Sojamehl auf und ab hüpfte. Dazu rief er aus: »Wenn das Stahl wäre, wäre er schon verbeult!« 1941 montierte Ford einen Kofferraumdeckel aus Plastik auf einem seiner Privatfahrzeuge und schlug mit einer Axt darauf ein, um die Widerstandsfähigkeit des Materials gegen Dellen zu demonstrieren. 49› Hinweis
Die US-Medien witzelten gern über diese Besessenheit. Die Cleveland Press fragte sich beispielsweise, warum Ford sein Plastik nicht mit Spinat verstärkte. Andere Zeitungen meinten, das neue Material eigne sich besser für Schlachtschiffpanzerungen oder die Sargherstellung. 50› Hinweis Der Ford-Manager Robert Boyer hatte das Sojaplastik-Auto nämlich ein paar Wochen gefahren, es aber dann wegen »eines starken Geruchs, der an eine Leichenhalle erinnert« wieder aufgegeben. 51› Hinweis
1938 zeigte sich Ford häufig mit einer Krawatte aus Sojafasern in der Öffentlichkeit; drei Jahre danach tauchte er einmal mit einem Anzug auf, den er sich aus Sojafasern hatte maßschneidern lassen. Die Detroit Times schrieb zwar: »Er freut sich darüber so sehr wie ein kleiner Junge, der das erste Mal lange Hosen anziehen darf« – doch die ganze Wahrheit war schon damals eine andere. Der Anzug war im trockenen Zustand kratzig, roch nach nassem Hund, wenn er feucht wurde, und war so reißanfällig, dass Ford sich damit nicht nach vorne beugen oder die Beine übereinander schlagen konnte. 52› Hinweis53› Hinweis54› Hinweis
Ford engagierte seinen Jugendfreund Edsel Ruddiman, der Dekan der pharmazeutischen Fakultät an der Vanderbilt University gewesen war, und gab ihm den Auftrag, Sojalebensmittel zu erfinden und populär zu machen. Ersteres gelang Ruddiman zwar, doch die zweite Forderung konnte er anscheinend nicht erfüllen. Eine von Fords Sekretärinnen bezeichnete einen Sojakeks als »das ekelhafteste Ding, das je ein Mensch in den Mund genommen hat«. Weiße Versuchsratten fanden den Keks allerdings essbar, und Ford selbst behauptete, dass er ihm schmeckte. 55› Hinweis Ob unmäßiger Sojakonsum für den geistigen Verfall, die Reizbarkeit, Ängstlichkeit und Unvernunft verantwortlich war, die Fords letzte Lebensjahre auszeichneten, 56› Hinweis lässt sich nur vermuten – doch es würde zu einigen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen passen (siehe auch Kapitel 26–29).
In Europa setzte sich zur selben Zeit Adolf Hitler vehement für Sojabohnen, Vegetarismus und Naturkost ein. 57› Hinweis 1929 gab Benito Mussolini den Befehl zur Gründung eines Komitees für die Erforschung der Sojabohne und kündigte unerschrocken an, dass er Sojamehl demnächst zur amtlich vorgeschriebenen Zutat für das italienische Grundnahrungsmittel Polenta machen würde. 58› Hinweis59› Hinweis 1940 machte ein vegetarischer Arzt im British Medical Journal dem britischen Ministerium für Ernährung heftige Vorwürfe, weil es den Beispielen Hitlers und Mussolinis – die er für »großartige Zeichen der Zeit« hielt – nicht gefolgt sei. 60› Hinweis John Harvey Kelloggs Anhänger in Battle Creek, Michigan, waren ebenfalls dieser Ansicht und merkten an, dass »die Sojabohne mittlerweile eine wichtige Rolle in der Militär-Diätetik Deutschlands spielt«. 61› Hinweis
In den 1950er- und 1960er-Jahren bewarb die Kommunistische Partei in der Sowjetunion Sojaeiweiß und – margarine als Lösung für das Problem, die breite Masse kostengünstig zu ernähren. Die Partei ging sogar so weit, die Sojabohne als »unseren jungen, revolutionären Verbündeten aus China« zu bezeichnen. 62› Hinweis In Kuba lud ein Siebenten-Tags-Adventist Fidel Castro dazu ein, in einer kirchlichen Schule beim Mittagessen die Produkte der Religionsgemeinschaft zu verkosten. »Die besten Schweinekoteletts, die ich je gegessen habe«, sagte der Regierungschef, als er sich nach dem Essen den Bart abwischte. Aber natürlich stammte das Kotelett nicht vom Schwein, sondern war aus Sojabohnen zubereitet worden. 63› Hinweis 1984 erwarb Castro eine »mechanische Kuh« aus Brasilien und nahm sie umgehend in Betrieb; das Gerät stellte Sojamilch und andere Produkte her. Die ersten Sojamilch-Lieferungen schmeckten zwar so »bohnig«, dass die Kubaner sie lieber an ihre Tiere verfütterten, doch die kubanische Regierung beharrte wegen des chronischen Mangels an Milchprodukten weiterhin auf ihrem Vorhaben. Seit 1995 gilt Kuba in Sachen Sojalebensmittel als »neuer Star unter den Entwicklungsländern«. Vor allem Sojajoghurt und – getränke, die kostenlos an Kinder zwischen 7 und 14 Jahren verteilt werden, sind weit verbreitet. 64› Hinweis
In den Vereinigten Staaten galt Soja weithin als »Essen für die Armen« oder »Hippiefraß«. Obwohl die Sojaindustrie unermüdlich versuchte, das Image ihres Produkts zu verbessern, wollten echte Männer immer noch keinen Tofu essen. Und Präsidenten wollten das ebenso wenig. 1973 kam Richard Nixon in die Schlagzeilen, als er bei einem Japanbesuch gestand, noch nie in seinem Leben eine Sojabohne gesehen zu haben. 65› Hinweis
Der Einfallsreichtum von Dr. Kellogg, Ford, Mussolini und anderen Persönlichkeiten macht deutlich, dass Amerikaner und Europäer mit Sojabohnen seit jeher ganz anders umgehen als die Asiaten. Im Westen ist Soja ein Produkt der industriellen Revolution – eine Chance für Technologen, billigen Fleischersatz zu erzeugen, mit immer neuen schlauen Methoden Soja in vertraute Lebensmittel hineinzuschmuggeln, Medikamente auf Sojabasis zu erfinden sowie einen pflanzlichen nachwachsenden Rohstoff zu entwickeln, der Kunst- und Treibstoffe aus Erdöl ersetzen kann.
Bis heute wird im Westen nur ein Bruchteil der gesamten angebauten Sojabohnen für die Lebensmittelproduktion verwendet. In den USA zog man Soja überhaupt erst ernsthaft als Nahrungsmittel in Betracht, als die Mangelversorgung im Zweiten Weltkrieg die Nachfrage nach einer billigen Eiweißquelle ansteigen ließ. Die »guten alten Sojalebensmittel« aus Asien – Miso, Tempeh und Nattō – sind nach wie vor ein Nischenprodukt. Der Tofu-Umsatz hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar eindeutig zugenommen, doch der zweifelhafte Status von Sojaprodukten zeigt sich auch jetzt noch in den permanenten Tofuwitzen von Karikaturisten und humoristischen Schriftstellern – von Gary Larson bis Dave Barry. Bis vor Kurzem legten die Sojabefürworter noch eine derart defensive Haltung an den Tag, dass ein Journalist des New Yorker einen von ihnen mit folgendem Eingeständnis zitieren konnte: »Die Sojabohne hat etwas an sich, das viele Leute abschreckt. Wenn irgendwo Sojabohnen neben Getreide gelagert werden, dann fressen die Ratten die Sojabohnen garantiert zuletzt. Daran sieht man, dass uns nicht einmal die Ratten mögen.« 66› Hinweis
Aber das macht im Endeffekt nichts aus. Die Sojaindustrie weiß genau, dass mit altmodischen, komisch schmeckenden ausländischen Lebensmitteln ohnehin kein großer Gewinn zu machen ist. Für den wirklichen Profit muss man das »gelbe Juwel« in zwei güldene Handelswaren aufspalten: Öl und Proteine.
Für Sojaöl – das erste und für viele Jahre gewinnbringendste aus der Bohne gewonnene Produkt – wurde in den USA seit der Gründung der National Soybean Growers Association (Dachverband der Sojaanbauer) im Jahr 1920 geworben; die Organisation wurde 1925 in American Soybean Association umbenannt. 67› Hinweis Viele Jahre lang wurde das als Nebenprodukt der Ölherstellung anfallende Sojaprotein ausschließlich zur Fütterung von Rindern, Schweinen, Geflügel und später auch in der Fischzucht verwendet. Heute vermarktet die Branche Sojaprotein äußerst offensiv auch als Futtermittel für Menschen.
Fleißige Lebensmittelingenieure haben jede Menge Methoden ersonnen, Farbe, Geschmack, Bissfestigkeit, »Mundgefühl« und Nachgeschmack von Produkten auf Sojaproteinbasis zu verbessern beziehungsweise zu tarnen, sodass Soja heutzutage in beinahe jedem Lebensmittel enthalten ist, das wir im Supermarkt oder im Bioladen kaufen können. (Siehe auch Kapitel 6 – 8 und 11.) Auch mit anderen Abfallprodukten macht die Branche Gewinn; insbesondere mit Sojalecithin (das in der Lebensmittelindustrie als Emulgator sehr verbreitet ist), Proteaseinhibitoren (die Verdauung behindernde Substanzen, die als Mittel zur Krebsvorsorge vermarktet werden) und Isoflavonen (pflanzlichen Östrogenen, die als »sichere« Arzneien zur Hormontherapie, Senkung des Cholesterinspiegels und zur Krebsheilung angepriesen werden). (Siehe auch Kapitel 10, 13, 16, 26, 29, 30.)
Fast jedes der Sojaprodukte, die sich Henry Ford erträumte, ist Realität geworden. Nur Sojamobile gibt es noch nicht auf unseren Straßen; Autofahrer füllen keinen Biodiesel aus Soja in ihre Tanks; und die industrielle Verwendung von Soja hat der Mineralölindustrie auch kaum geschadet. 1997 gingen beinahe 94 Prozent der Sojaöl-Gesamtproduktion in die Lebensmittelherstellung – hauptsächlich für Salat- und Speiseöle, Backfett und Margarine. Nur 6 Prozent wurden industriell verwendet.
Dieser Prozentsatz könnte sich aber bald erhöhen. 68› Hinweis Kunststoffe, Kunstharze, Polyurethane, Farben, Lacke, Tinten, Farbstifte, Kosmetik, Matratzen, Kissen, Schuhsohlen, Teppichunterlagen, Wärmedämmungen, Kunstmarmor, Baustoffe, Schmiermittel und Biodiesel auf Sojabasis sind nur einige der Produkte, die demnächst auf den Markt kommen sollen. Diese neuen Produkte werden angeblich kostengünstiger und umweltschonender sein als ihre Gegenstücke auf Erdölbasis. Dennoch sollte man einmal ermitteln, wie viel Erdöl eigentlich beim kommerziellen Sojabohnenanbau und der Verarbeitung verbraucht wird.
Fords Essen der Zukunft
Henry Ford verschaffte seinen Lebensmittelexperimenten mit Soja gern etwas Öffentlichkeit, indem er Journalisten zu Sojabohnen-Mittagessen einlud. Das bekannteste dieser Essen fand auf der Weltausstellung des Jahres 1934 statt. Das Menü bestand unter anderem aus den folgenden, teilweise oder ganz aus Sojabohnen zubereiteten Speisen:
Tomatensaft mit Sojasauce
Mit Sojakäse gefüllter Sellerie
Sojabohnenpüree
Sojabohnenkroketten mit grünen Sojabohnen
Sojabrot und – butter
Apfelkuchen mit Sojabohnenkruste
Sojakaffee
Sojamilch
Sojaeiscreme
Sojakekse und Sojakonfekt
Ein Gast schrieb: »Nichts von dem, was uns heute serviert wurde, verleitete uns zu der Annahme, dass Sojabohnen einmal ein Bestandteil vieler beliebter Lebensmittel sein werden. Aber immerhin hielten wir es für möglich, dass die Bohne in Zukunft vielfach als Viehfutter oder industrieller Werkstoff eingesetzt werden kann.«
QUELLE: David L. Lewis: The Public Image of Henry Ford (Wayne State University Press, Detroit, 1987), S. 285 – 286
Für wiederaufbereitetes Soja scheinen sich unendlich viele Möglichkeiten zu bieten. Biologisch abbaubare Sojakunststoffe könnten schon bald zu Tiernahrung recycelt werden. Und Dr. Nabil Said, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Verarbeitungstechnik-Unternehmens Insta-Pro, berichtet stolz, dass seine Firma ein »Mehrwertprodukt« aus Gülle und Sojaprotein als Tierfutter entwickelt habe. Hühner- und Schweinemist hätten bisher als Grundlage ganz gut funktioniert, nur mit den stark faserhaltigen Kuhfladen sei man noch nicht so gut zurechtgekommen. 69› Hinweis Bedenken wegen BSE und bundesstaatliche Gesetze haben den Massenansturm auf dieses »Mehrwert«-Sojaprodukt allerdings bisher verhindert. 70› Hinweis Daher wird »Bohnenkacke« bisher nur in kleinsten Mengen zur Produktion von Haustier-, Fisch- und Nutztierfutter eingesetzt.
Wer sich als Konsument die Frage stellt, was wohl als Nächstes auf ihn zukommt, der sollte an die Steaks aus Soja und zermahlenen Leichen im Science-Fiction-Film … Jahr 2022 … die überleben wollen (1973) mit Charlton Heston zurückdenken. Immerhin werden Nutztier-, Geflügel- und Fischkadaver schon seit Jahren routinemäßig in »nützliche Futtermittelzutaten« umgewandelt und zusammen mit Sojaprotein zu »vollwertigen« Futtermitteln verarbeitet. 71› Hinweis
Kapitel 3
Das Sojakomplott
Osten war Osten und Westen war Westen – wenigstens den Großteil der Geschichte lang war das so. Heute ist das anders. Die Sojaindustrie hat Soja um den ganzen Erdball amerikanisiert und ist erst dann auf Widerstand gestoßen, als Monsanto – der »Biotech-Rüpel« – überall auf die juristische Anerkennung seiner genmanipulierten (GM) »Frankenstein«-Sojabohnen drängte. 72› Hinweis73› Hinweis74› Hinweis75› Hinweis Soja bringt jedoch weit mehr Probleme mit sich als nur die Gefahren der Biotechnologie.
Für den Export angebaute Sojabohnen haben in vielen Ländern einheimische Feldfrüchte verdrängt, was schwerwiegende lokale Nahrungsmittelknappheiten und das Sterben kleiner Familienbauernhöfe – die der Agrar-Großindustrie weichen müssen – zur Folge hat. Hochtechnisierte Sojaverarbeitungsanlagen ersetzen immer mehr kleine Handwerksbetriebe und führen dazu, dass Nahrungsmittel- und kulturelle Vielfalt verloren gehen und es weniger Arbeitsplätze für Einheimische gibt. 76› Hinweis Und obwohl wir aus den Medien meist nur davon hören, dass der Amazonas-Regenwald Viehzüchtern zum Opfer fällt, deren Rinder dann verarbeitet in Fast-Food-Lokalen landen, ist es in Wahrheit der Anbau von Sojabohnen, der die schwersten Verwüstungen anrichtet und in nicht einmal einem Jahr zur Abholzung eines Gebiets führt, das größer ist als der US-Bundesstaat New Jersey. 77› Hinweis Trotzdem wird die Sojabohne als Erlösung vom Welthunger und eine »grüne«, umweltverträgliche Alternative zur Fleischerzeugung gepriesen.
Die Sojabranche versteigt sich sogar zu der Behauptung, dass ihre modernen, industriell verarbeiteten Lebensmittel in direkter Nachfolge einer uralten Tradition der asiatischen Völker stünden. Eigentlich hat aber die Branche selbst den Mythos erfunden, dass in Asien Soja in großen Mengen verzehrt wird – weil sie mit dieser Methode einen riesigen unerschlossenen Markt erobern konnte.
Bei getrockneten Sojabohnen liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in China, Indonesien, Korea, Japan und Taiwan jeweils bei 3,4/6,3/10,9/13 Kilogramm. 78› Hinweis Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Tagesverbrauch von nur 9,3 – 36 Gramm. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD schätzt den täglichen Sojabohnenverbrauch in Japan auf bloß 18 Gramm, also nur etwas mehr als einen Esslöffel. 79› Hinweis Das berühmte China-Cornell-Oxford Project, für das Forscher unter der Leitung von T. Colin Campbell von der Cornell University durch ganz China reisten, um die Ernährungsgewohnheiten von 6 500 Erwachsenen in 130 Dörfern zu studieren, zeigte auf, dass der tägliche Durchschnittsverbrauch von Hülsenfrüchten bei nur zwölf Gramm liegt – und nur ein Drittel davon ist Soja. 80› Hinweis
Die Soja-Zeittafel
Dass die Asiaten seit vielen tausend Jahren Soja konsumieren, ist nur ein Märchen. Soja ist in der asiatischen Küche eigentlich eher ein Neuzugang. (Angegeben sind ungefähre Jahreszahlen.)
▶ 200 v. Chr.: Sojabohnen-jiang – eine suppige, fermentierte Paste, die als Vorläufer von Miso gilt – taucht erstmals in China auf. Sojasauce ist ein Nebenprodukt der jiang – Herstellung.
▶ 164 v. Chr.: In China wird Tofu als vegetarische Proteinquelle für zölibatär lebende Mönche erfunden.
▶ 600 n. Chr.: Frühformen von Miso und Tofu gelangen mit buddhistischen Missionaren nach Japan.
▶ 1000: In Japan wird Nattō erfunden.
▶ 12. Jahrhundert: Japanische Samurai-Krieger führen eine frugale Landesküche ein. Herzstück der Mahlzeiten sind von nun an Körner, zu denen Misosuppe, gekochtes Gemüse und kleine Mengen Fisch, Meeresfrüchte oder Tofu serviert werden.
▶ 1279–1368: Sojaöl wird erstmals als essbare Substanz angesehen. Dennoch verwendet man weiterhin lieber Schmalz, Sesam- und Rapsöl.
▶ 17. Jahrhundert: Die ersten Tempeh-Varianten entstehen möglicherweise in Indonesien.
▶ 1866: In China wird Soja erstmals schriftlich erwähnt. Bis in die 1920er-Jahre ist Sojamilch vor allem bei Alten und Kranken beliebt. In Japan erlangt Sojamilch erst in den 1960er-Jahren eine breitere Beliebtheit.
▶ 1928: In China wird die erste Soja-Säuglingsnahrung entwickelt. Erfunden wurde sojahaltige Babykost allerdings bereits 1909 – von einem Kinderarzt in Baltimore.
▶ Nach dem Zweiten Weltkrieg: Amerikanische Technik und Marketing-Methoden führen dazu, dass industriell hochverarbeitete Lebensmittel, die Sojamehl, Sojaproteinisolat, Sojaproteinkonzentrat und texturiertes Soja enthalten, nach China, Japan und in andere Länder gelangen.
QUELLEN: Einzelheiten und genaue Quellenangaben finden Sie in den Kapiteln 1–12.
Die gemeldeten Werte über den Sojaverbrauch unterscheiden sich zwar in den einzelnen Studien etwas, machen aber mehr als deutlich, dass Asiaten keineswegs reichlich Sojalebensmittel zu sich nehmen. Selbst Dr. Mark Messina – ein Sprecher für die Sojaindustrie, der bereits fünf Symposien über die Rolle von Soja bei der Prävention und Behandlung chronischer Erkrankungen organisiert hat – musste zugeben, dass die Japaner (deren Sojaverbrauch zu den höchsten weltweit zählt) im Durchschnitt nicht mehr als 8,6 Gramm Sojaeiweiß täglich zu sich nehmen. 81› Hinweis Dieser Wert liegt weit unter der von der amerikanischen Regierung empfohlenen Dosis von 25 Gramm zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist nur ein Bruchteil dessen, was beliebte Autoren wie Dr. med. Christiane Northrup in ihren Büchern raten. Millionen Leserinnen haben dieser Autorin ihr Vertrauen geschenkt, die zudem eine höchst fragwürdige Rolle spielt, weil sie früher als Sprecherin für das Sojaprodukt Revival tätig war.
Dazu kommt noch, dass in Asien ganz andere Sojalebensmittel zum Verzehr gelangen als mittlerweile in immer mehr amerikanischen Esszimmern. Die Verwestlichung Chinas, Japans und anderer asiatischer Staaten hat einerseits einen leichten Rückgang beim Verbrauch altmodischer, vollwertiger Sojaprodukte wie Miso, Tofu und Tempeh bewirkt, andererseits aber einen gigantischen Markt für Nachahmerprodukte nach amerikanischem Vorbild eröffnet – Dinge wie Sojamilch, Veggieburger, Hühnerfleisch-Ersatzprodukte, Chili aus texturiertem Soja, Tofu-Käsekuchen, Sojaeiscreme, Proteinshakes und Energieriegel. Der Absatz von Sojamilch – einem Erzeugnis, das in Asien vor dem 20. Jahrhundert kaum konsumiert wurde (siehe auch Kapitel 6) – wächst in Japan stetig. 82› Hinweis
China exportierte früher Sojabohnen und wurde dann zum größten Importeur amerikanischer Sojabohnen; die Importzahlen steigen bis heute um 5 Prozent im Jahr. China kauft sowohl mehr und mehr industriell verarbeitete Sojaprodukte für den menschlichen Verzehr als auch Sojaschrot ein, das in seinen Geflügel-, Schweine- und Fischindustrien eingesetzt wird. Amerikanische Unternehmen wie DuPont haben fast eine Milliarde Dollar in Joint Ventures investiert und vermarkten moderne Sojalebensmittel in China massiv. Dennoch setzen die Asiaten nach wie vor eher auf traditionell hergestellte Sojalebensmittel statt auf solche nach westlicher Rezeptur, die mit Sojaprotein und anderen modernen Zutaten produziert werden. Die Europäer zeigen zwar – wie die Amerikaner – zunehmend Interesse an den gesundheitlichen Vorteilen von Soja, lehnen aber die Hinzufügung von GM-Sojaprotein ab. Daher importieren sie auch weniger Zutaten aus Sojaprotein aus Nordamerika. 83› Hinweis
In den USA wird Soja offensiv als gehobene »Reformkost« vermarktet, die vorbeugend gegen Herzerkrankungen und Krebs helfen, den Knochenaufbau fördern und Wechselbeschwerden verhindern soll. Für all diese Behauptungen gibt es zwar keinen einzigen echten Beweis, aber Sojalebensmittel sind dennoch einer der am schnellsten wachsenden Sektoren der Nahrungsmittelindustrie: Der Einzelhandelsumsatz stieg von 0,852 Milliarden Dollar im Jahr 1992 auf 4,5 Milliarden im Jahr 2013. Am deutlichsten wuchsen die Umsätze, nachdem die FDA 1999 die gesundheitsbezogene Behauptung zugelassen hatte, dass Soja vorbeugend gegen Herzkrankheiten wirke. Allein im Jahr 2000 stieg daraufhin der Einzelhandelsumsatz um 21,1 Prozent – die stärksten Zuwächse waren bei Sojamilch, Energieriegeln, Fleischersatz und kalt genossenen Getreideflocken zu verzeichnen. Die Reihenfolge der beliebtesten Sojaprodukte 2014: Sojamilch, Edamame, Energieriegel und Tofu. In einem Bericht über die Verbrauchereinstellung zum Thema Ernährung, der 2013 vom United Soybean Board erstellt wurde, heißt es, dass mittlerweile 75 Prozent aller Verbraucher Sojaprodukte als »gesund« empfinden. Diese Zahlen stammen aus Studien der 1995 gegründeten Firma SPINS, die Marketingdaten für die Gesundheits- und Wellnessbranche liefert. 84› Hinweis85› Hinweis86› Hinweis
Sojalebensmittel, die früher als Nahrung für die Armen oder für »Hippies« galten, sind mittlerweile fast so teuer wie Fleisch und kostspieliger als Milchprodukte. Wie ein Top-Marketingexperte, der im Auftrag der Sojaindustrie tätig war, schon 1975 anmerkte: »Von den ärmeren Bevölkerungsschichten wird ein Produkt am schnellsten akzeptiert, wenn sie sehen, dass es sich aus eigener Kraft auf dem Markt der Wohlhabenderen durchsetzt.« 87› Hinweis Also weckte man in den Menschen das Bewusstsein für die »gesundheitlichen Vorteile« von Soja und schaffte es so, aus der früheren »Nahrung für Randgruppen«, die nur in kleinen Naturkostläden verkauft wurde, ein Produkt für alle Supermarktregale zu erschaffen. Heute stellen einige der größten Nahrungsmittelproduzenten der USA – unter anderem Kraft, Kellogg, ConAgra, General Mills, Heinz, Unilever-BestFoods und Dean Foods – auch Sojalebensmittel her.
Wer konsumiert all diese Sojaprodukte? Ursprünglich waren es nur Vegetarier oder Menschen, die aus bestimmten Gründen weniger Fleisch und Milchprodukte zu sich nehmen wollten. Seit 2001 definiert die Sojaindustrie den »neuen Sojakonsumenten« jedoch als jemanden, der »die Qualität von Soja und seine positiven Auswirkungen auf die Ernährung zu schätzen weiß«. 88› Hinweis Heute entscheiden sich 45 Prozent aller amerikanischen Verbraucher beim Einkauf explizit für Lebensmittel, die Soja enthalten; etwa 26 Prozent treffen ihre Wahl wegen des angeblichen Gesundheitsnutzens von Sojaprodukten. Frauen neigen etwas häufiger als Männer dazu, Sojalebensmittel einzukaufen. Ebenso konsumieren Kunden mit höherer Bildung eher Sojaprodukte als Pflichtschulabgänger. 89› Hinweis90› Hinweis
Frankensoja: »Ich weine um dich, Argentinien«
Argentinien war 1997 eines der ersten Länder, in denen der Einsatz genmanipulierten (GM) Saatguts offiziell zugelassen wurde. Bald darauf begannen die Landwirte dort Roundup-Ready-Soja der Firma Monsanto anzubauen, das gentechnisch so verändert wurde, dass es eine Resistenz gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat aufweist. Die Bauern ließen sich von der Aussicht auf eine Produktionssteigerung und einen geringeren Herbizidverbrauch verführen, die ihnen Monsanto versprochen hatte.
Doch aus dem Traum vom wirtschaftlichen Aufschwung wurde bald ein Albtraum. Das Problem herbizidresistenter »Superunkräuter« veranlasste jene Landwirte, die GM-Soja anbauten, die Menge an ausgebrachten Unkrautvernichtungsmitteln – im Vergleich zu konventionell arbeitenden Bauern – zu verdoppeln. Dadurch starben Bakterien ab und ließen den Boden so leblos zurück, dass abgestorbenes Unkraut nicht mehr verrotten konnte. Landwirte und Nachbarn, die in der Nähe von GM-Sojafeldern wohnten, litten plötzlich unter gesundheitlichen Problemen wie Hautausschlägen und tränenden Augen; Nutztiere starben oder brachten missgebildete Junge zur Welt.
Dazu kommt, dass 26 000 Quadratkilometer Regenwald für den Sojaanbau abgeholzt und 150 000 Kleinbauern von ihrem Land vertrieben wurden, um Platz für landwirtschaftliche Großbetriebe zu schaffen, die noch mehr Soja anbauen wollten. Gleichzeitig ging die Produktion von Milch, Reis, Mais, Kartoffeln, Linsen und anderen Grundnahrungsmitteln zur Versorgung Argentiniens massiv zurück, weil die Anbauflächen für Sojabohnen benötigt wurden, die dann nach Europa und China exportiert wurden.
Trotz dieser eindeutigen ökologischen und ökonomischen Krisen bezeichnete Colin Merritt, seines Zeichens Biotechnologie-Manager bei Monsanto, den Anbau von GM-Soja in Südamerika als »beispiellosen Erfolg«. In den USA und anderen Ländern zeichnen sich solche »Erfolge« mittlerweile auch schon ab.
QUELLEN:
Tim Utton: »Nightmare of the GM Weeds« (Daily Mail, 15. April 2004); www.gmwatch.org
Larry Rohter: »Relentless foe of the Amazon jungle: soybeans« (NY Times, 17. September 2003)
Giftpflanzen-Datenbank
Die FDA erteilte zwar eine Zulassung für gesundheitsbezogene Aussagen zu Sojaprodukten (Förderung der Herzgesundheit); gleichzeitig ist Soja aber in der »Giftpflanzen-Datenbank« der Behörde verzeichnet. Eine Suche nach dem Begriff »Soja« in der Datenbank führt zu 256 Ergebnissen; darunter sind auch Studien, die vor Struma (Kropf), Wachstumsstörungen, Aminosäurenmangel, Mineralstoff-Malabsorption, endokrinen Störungen und Karzinogenese warnen.
QUELLE: FDA: »FDA Poisonous Plant Database« (überarbeitete Version, März 2006), Kopie unter www.westonaprice.org/wp-content/uploads/FDASoyReferences.pdf
Die Werbestrategie des United Soybean Board besteht darin, »Meinungsführer« wie Nahrungsmittelhersteller, Köche und Ernährungsberater zu erreichen. 91› Hinweis Da Wissenschaft sich in jeder Marketingstrategie gut macht, hat die Industrie Millionen Dollar in medizinische Forschung investiert – darunter auch eine von Protein Technologies International finanzierte Metaanalyse, mit der man die FDA-Zulassung der Aussage untermauerte, dass Soja den Cholesterinspiegel senke und somit die Herzgesundheit fördere. Das »Soy Health Research Program« (dt.: »Soja-Gesundheitsforschungs-Programm«) des United Soybean Board hilft Forschern dabei, Anträge an die US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) zu formulieren – eine Strategie, die bereits im zweiten Jahr des Programms die vom Steuerzahler finanzierten Subventionen der NIH von 30 000 Dollar auf vier Millionen Dollar anschwellen ließ. Das Programm wird bis heute fortgesetzt und bietet derzeit 120 000 Dollar jährlich an Anreizstipendien, mit denen Wissenschaftler die Kosten für die Vorbereitung bei den NIH eingereichten Forschungsvorhaben über Soja und menschliche Gesundheit decken sollen. 92› Hinweis93› Hinweis
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