Soundtrack Deutschland - Oliver Georgi - E-Book

Soundtrack Deutschland E-Book

Oliver Georgi

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Beschreibung

Musik als Spiegel unserer Gesellschaft Musik aus Deutschland war noch nie so vielfältig wie heute: Das sind Legenden wie Peter Maffay, Marius Müller-Westernhagen, Fanta 4, Reinhard Mey, Klaus Meine oder Urgestein Heino, aber auch die junge Generation – etwa Judith Holofernes, Felix Jaehn, Fynn Kliemann, Adel Tawil oder Silbermond. Gemeinsam haben sie alle eines: Ihre Musik spiegelt unsere Gesellschaft wider, große Themen wie Heimat, Wiedervereinigung, Fremdenhass oder Emanzipation finden sich in ihren Liedern. Und genau darüber sprechen sie mit den beiden Autoren, den FAZ-Redakteuren Oliver Georgi und Martin Benninghoff. „Soundtrack Deutschland“ vereint 23 große Stars der hiesigen Musikszene, 23 sensibel wie klug geführte Interviews geben tiefe Einblicke in die Gedanken der Künstler zu unserem Land.

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Seitenzahl: 676

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Bei der Verwendung im Unterricht ist auf dieses Buch hinzuweisen.

echtEMF ist eine Marke der Edition Michael Fischer

1. Auflage

Originalausgabe

©2020 Edition Michael Fischer GmbH, Donnersbergstr. 7, 86859 Igling

©2020 Martin Benninghoff und Oliver Georgi

Covergestaltung: Michaela Zander, unter Verwendung eines Motivs von Daniel Pilar

Redaktion: Friedel Wahren

Bildnachweis: alle Fotografien von ©Daniel Pilar, außer S. 4 ©Christof Jakob

Layout/Satz: Michaela Zander

Herstellung: Laura Denke

ISBN 978-3-7459-0460-4

www.emf-verlag.de

Die Autoren

Martin Benninghoff und Oliver Georgi sind Redakteure der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und schreiben dort meist über politische Themen. Nebenbei machen sie als Gitarrist beziehungsweise Keyboarder selbst Musik – und sind bestens vernetzt in der Welt der Musiklegenden und Popstars. »Soundtrack Deutschland« ist ihr erstes gemeinsames Buch.

Für unsere Familien

In Erinnerung an

Karin Georgi (1942-2019)

Setlist

Die Autoren

Auftakt: Eine Reise durch Deutschland

Sind Sie ein deutscher Volkssänger, Peter Maffay?

Wie klingt der perfekte Song, Johannes Oerding?

Was ist so toxisch am Pop, Judith Holofernes?

Wie chillig ist Deutschland, Trettmann?

Sind wir Deutschen verklemmt, Marius Müller-Westernhagen?

Break I: The Punk of Today

Wer hat eigentlich den deutschen Hip-Hop erfunden, Smudo und Michi Beck?

Wie haben Punk und NDW unser Land verändert, Extrabreit?

Wie festgenagelt ist man auf sein Image, Yvonne Catterfeld?

Was hat die Provinz, was die Großstadt nicht hat, Hartmut Engler?

Wie produziert man einen Dancehit, Felix Jaehn?

Break II: Zwischen Schubladendenken und Kitschverdacht

Wie viel U verträgt E, David Garrett?

Hochdeutsch oder Dialekt, Wolfgang Niedecken?

Wie heavy ist Deutschland, Blind Guardian?

Wie empfindsam sind die Deutschen, Reinhard Mey?

Spielt Ost oder West noch eine Rolle für Euch, Silbermond?

Break III: Das deutsche Elend hinter sich lassen

Haben Sie das Volkslied gerettet, Heino?

Was ist der Prophet im eigenen Land wert, Klaus Meine?

Wie viel Mythos braucht ein Star, Ina Müller?

Ist Deutschland ein Einwanderungsland, Adel Tawil?

Break IV: Crossover Deutschland

Wer hat nun den Deutsch-Rap erfunden, Moses Pelham?

Ist Techno eine revolutionäre Bewegung, Sven Väth?

Wie lebt man zehn Leben in einem, Fynn Kliemann?

Verstehen Ostdeutsche Ironie besser als Westdeutsche, Sebastian Krumbiegel?

Zugabe: Die Reise geht weiter

Auftakt

Eine Reise durch Deutschland

23 Künstler, 23 Interviews – und ein Buch. Wir sprechen über Musik, über Musik aus Deutschland. Über die Musik, die uns in unserer Jugend geprägt hat und die, die heute wichtig ist. Wer sind die Künstler, die unserem Land ihren unverwechselbaren Stempel aufdrücken, durch ihre Lieder, ihre Texte, ihre Haltung? Wir wollen mehr erfahren und machen uns auf die Reise.

Unsere musikalische Expedition beginnt im Sommer 2019 in Hannover. Wir sprechen mit Klaus Meine, dem Sänger der Scorpions, der erfolgreichsten deutschen Band im Ausland, oft bewundert und oft geschmäht. Und sie endet im Sommer 2020 in Frankfurt, wo wir als Journalisten für die Frankfurter Allgemeine Zeitung arbeiten. Dazwischen liegen viele Fahrten in deutsche Städte, unzählige Mails und Anläufe, um mit den bekanntesten deutschen Populärmusikern lange und tiefgehende Interviews zu führen. Die Organisation braucht mindestens so viel Zeit wie die Interviews selbst und das Schreiben dieses Buchs. Auch unser Fotograf Daniel Pilar, der die Porträts anfertigt und uns auf vielen Terminen begleitet, hat viel Mühe, alle Künstler rechtzeitig vor die Linse zu bekommen, erst recht in Zeiten von Corona.

Musik ist unser »professionelles Hobby«, und mehr noch: unsere Leidenschaft. Wir sind nicht nur distanzierte Beobachter, wir sind Fans und Kritiker zugleich und immer mit Herzblut oder Abneigung dabei, aber selten mit Desinteresse. Wir haben selbst in Bands gespielt, der eine als Gitarrist, der andere als Keyboarder, und Musik war für uns in den seltensten Fällen »nur« Unterhaltung, sondern meist auch Identifikationsfläche, Provokationswerkzeug und Ausdruck der Zugehörigkeit oder Abgrenzung. Es ist auch unsere Musik, die uns zu denen gemacht hat, die wir heute sind. Wir können uns stundenlang streiten, welcher Künstler relevanter ist und ob in dieser Hinsicht deutsche Musiker ihren internationalen Kollegen das Wasser reichen können.

Für all das soll auch auf den langen Zugfahrten zu den Interviewterminen genügend Zeit bleiben. Unser Weg führt uns in zwölf Monaten immer wieder nach Berlin, das nach Jahrzehnten der Randlage (zumindest aus westdeutscher Sicht) wieder klares Zentrum auch der deutschen Popkultur geworden ist. Dort treffen wir auf die Altstars wie Reinhard Mey und Marius Müller-Westernhagen, und wir besuchen Judith Holofernes in ihrer Arbeitswohnung, Adel Tawil am Ku’damm und Silbermond in ihrem Studio.

Doch die Musik spielt natürlich auch woanders. In Tutzing am Starnberger See unterhalten wir uns lange mit Peter Maffay, der uns in sein unterirdisches Tonstudio führt, in Köln treffen wir Wolfgang Niedecken im BAP-Büro, im beschaulichen Kurstädtchen Bad Münstereifel trinken wir mit Heino und seiner Frau Hannelore ein Käffchen nach dem anderen und essen artig seine berühmte Heino-Torte. Wir diskutieren mit solchen Legenden, die gefühlt immer schon da waren und irgendwie zum Inventar unseres Landes gehören, aber auch mit Vertretern der mittleren Künstlergeneration wie Johannes Oerding, David Garrett, Yvonne Catterfeld und den Fantastischen Vier, aber auch mit den Jüngeren wie Felix Jaehn und Fynn Kliemann.

Natürlich wird sich mancher vielleicht fragen: Warum diese Künstler – und andere nicht? Angenommen, wir hätten andere interviewt, aber diese nicht, wie wäre wohl die Reaktion? Genau! Sicher, Deutschland hat viel mehr zu bieten als diese 23, und jedem fallen auf Anhieb mindestens fünf bis zehn Künstler ein, die er unbedingt vermisst. Und was ist mit den Stars aus Österreich und der Schweiz? Wir hätten sie gern dabeigehabt: Wanda, Bilderbuch oder Christina Stürmer. Aber schon wegen der Übersichtlichkeit und Machbarkeit wollen wir uns in diesem Buch auf jene beschränken, die aus Deutschland kommen.

Lieblinge oder Feindbilder?

Überhaupt ist der »Soundtrack Deutschland« eine persönliche Auswahl ohne Anspruch, vollständig und abschließend zu sein. Es kann nicht darum gehen, nur die persönlichen Lieblinge zum Interview zu bitten und die »Feindbilder« links liegen zu lassen. Mit dieser Auswahl bieten wir einen subjektiven Querschnitt durch die deutsche Populärmusik, von Rock bis Pop, von Volksmusik bis Metal, von Liedermacher bis Hip-Hop, von Techno bis Klassik. Einziges Kriterium: Die Künstler müssen bekannt und relevant sein. Die kleine Nische interessiert uns zwar persönlich sehr, aber nicht für dieses Buch.

Auch jeder Künstler versteht etwas anderes unter einem »Soundtrack Deutschland«. Einige, die wir sehr gern dabeigehabt hätten, weil sie für eine wichtige Epoche oder Musik­richtung stehen, lehnen ab, weil sie mit gewissen anderen Namen partout nicht in einem Atemzug genannt werden wollen. Vor allem die Jüngeren haben zudem häufig Sorge, sich in einem Interview, in dem es nicht nur um Musik, sondern auch um Politik und Gesellschaft gehen soll, kräftig in die Nesseln zu setzen. Die Angst vor dem Shitstorm ist mittlerweile eine mächtige Kraft, das lernen wir und bedauern es. Auch bedauern wir, dass es so schwierig ist, Künstlerinnen zu finden. Die Popbranche ist immer noch erstaunlich männlich, einige Namen ausgenommen, zumindest in der ersten Liga der Zunft. Glücklicherweise gibt es mittlerweile viele Nachwuchskünstlerinnen, die zwar noch nicht so bekannt sind, dafür aber für die Zukunft hoffen lassen.

Die meisten jedoch, bei denen wir anfragen, finden unseren Ansatz gut, in langen Interviews über ihre Musik, unser Land und das zu sprechen, was es bewegt, und sagen bereitwillig zu. Die Themen im Buch sind deshalb so vielfältig wie die Debatten, die Deutschland seit Jahrzehnten prägen: Rechtspopulismus. Emanzipation. Das Erbe der Achtundsechziger. Punk und Prüderie. Deutsch-deutsche Befindlichkeiten und Einwanderung. Hip-Hop und Schlager. Provokation und Harmoniesucht. Gemeinsam mit unseren Gesprächspartnern ordnen wir solche wichtigen Themen ein und geben Einblicke in die Gedankenwelt der einflussreichsten Musikerinnen und Musiker im Land. In vier Essays greifen wir ihre Punkte auf und stellen sie in den Zusammenhang mit anderen Künstlern, Entwicklungen und der Musikgeschichte.

Nach den ersten Monaten der Recherche wäre das Projekt fast noch gescheitert. Als die Corona-Pandemie im Februar und März 2020 auch Deutschland erreicht, müssen wir – wie alle – umdenken. Reisen sind plötzlich nicht mehr möglich, die Künstler und wir müssen einen Crashkurs in Sachen Video­konferenzen machen. Anfänglich ist das gewöhnungsbedürftig, und wir sind unzufrieden, weil die Atmosphäre und die Nähe zu den Künstlern darunter zu leiden scheinen. Aber mit der Zeit geht uns allen die neue Situation in Fleisch und Blut über. Und wir lernen, dass es nicht tragisch ist, wenn der Sohn plötzlich mitten ins Interview hereinplatzt, weil er die Badelatschen nicht findet. Im Frühsommer 2020 können wir dann endlich auch wieder ein Interview vor Ort führen.

Wir lernen in diesen zwölf Monaten viel. Und mit einigem Abstand können wir sagen: Deutsche Musik ist relevant für unser Land und ein Spiegelbild unserer Befindlichkeiten. In der Musik und in den Künstler-Karrieren verdichten sich Debatten, die Deutschland bewegt haben: von Rio Reiser, der mit Ton Steine Scherben die Begleitmusik im Kampf der linken Jugend gegen das Establishment wurde, über Techno als Ausdrucksmittel einer befreienden Entgrenzung und auch eines neuen Hedonismus bis hin zu Hip-Hop und Gangsta-Rap, dessen Protagonisten Provokation und den Kampf in einer Klassengesellschaft neu definieren. Gern hätten wir auch mit ihnen diskutiert, aber leider blieben alle Anfragen in dieser Richtung unbeantwortet.

Haribo in Heino-Form

Viele Gespräche sind uns besonders in Erinnerung geblieben, allein schon wegen der Begleitumstände. Als wir auf dem Weg zu einer Künstlerin in Bayern sind, die es letztlich nicht ins Buch schafft, verfolgt uns plötzlich eine Frau im dunklen BMW, weil sie uns offenbar für Einbrecher hält. Sollten Sie dies hier lesen: Grüß Gott, wir wollten nur jemanden besuchen! In Bad Münstereifel drückt uns Heinos Frau Hannelore Süßigkeiten in die Hand, Haribo-Gummibärchen, selbstverständlich in Heino-Form, und wir sind durchaus überrascht, wie unterhaltsam und offen dieses Gespräch verläuft. Und in Tutzing muss uns Daniel Pilar sozusagen mit der Brechstange von Peter Maffay lösen, damit er noch genügend Zeit für die Fotos hat.

Andere Interviews sind von leichten Spannungen geprägt, weil sich Künstler falsch verstanden fühlen oder Gesagtes im Nachhinein lieber doch nicht gedruckt wissen wollen. In einem Fall kommt es sogar zum Äußersten. Mit einem berühmten Sänger führen wir ein langes und – wie wir finden – interessantes Gespräch, von dem er nachher plötzlich nichts mehr wissen will. Das gehört aber zum Berufsrisiko, zumindest in Deutschland, wo es üblich ist, Interviews vor der Veröffentlichung von den Künstlern autorisieren, das heißt, in dieser schriftlichen Form genehmigen zu lassen. Aber gut finden müssen wir das natürlich nicht. Denn ein Gespräch ist ein Gespräch und keine PR-Veranstaltung.