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Beschreibung

Wie passen sozialpädagogische Methoden in den schulischen Alltag? Und wie kann die Soziale Arbeit der Herausforderung "Ganztagsschule" begegnen? Schule findet zukünftig immer häufiger auch am Nachmittag statt - darauf müssen Sozialarbeit und Jugendhilfe reagieren. Es steht also an, die eigenen Ansätze zu hinterfragen und neue, passende Angebote zu entwickeln. Zugleich will die Soziale Arbeit ihren eigenen Auftrag erfüllen und sich in der Schule positionieren. Wie das geht, zeigt dieses Lehr- und Praxisbuch konkret und fachlich fundiert. So klappt die Zusammenarbeit von Sozialer Arbeit und Schule! Die Neuauflage wurde v. a. in Bezug auf wichtige aktuelle Themen umfassend überarbeitet und ergänzt.

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Rainer Kilb • Marion Baldus (Hrsg.)

Soziale Arbeit in Schulen

Grundlagen, Konzepte und Methoden

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Mit 8 Abbildungen, 4 Tabellen und 9 Übersichten

Mit Beiträgen von Marion Baldus, Ariane Bößneck, Roland Büchner, Kathrin Demmler, Sabine Feierabend, Torsten Fischer, Pascale Friedrich, Petra Grimm, Benno Hafeneger, Astrid Hedtke-Becker, Angela Heinrich, Birgit Hoffmann, Wilfried Hosemann, Hediye Kheredmand, Rainer Kilb, Uta Meier-Gräwe, Katharina Müller, Heidrun Munker, Alexander Noyon, Günther Opp, Sara Pauli, Jochen Peter, Thomas Rathgeb, Chirly dos Santos-Stubbe, Claire Schelker, Claudia Seefeldt, Edmund Sichau, Karsten Speck, Barbara Stanger, Ulla Törnig, Richard Utz, Ralf Vandamme, Thomas Wagner, Ulrike Wagner, Joachim Weber, Winfried W. Weber, Stefan Werner und Jörg Ziegenspeck

Ernst Reinhardt Verlag München

Prof. (em.) Dr. phil. Rainer Kilb, Dipl.-Päd., lehrt Theorie und Praxis Sozialer Arbeit, Gemeinwesenarbeit und Konfliktmanagement an der Fakultät für Sozialwesen der Hochschule Mannheim.

Prof. Dr. phil. Marion Baldus, Dipl.-Päd., Kunstpädagogin und Integrative Therapeutin (FPI), lehrt Allgemeine Pädagogik, Heilpädagogik / Inclusive Education und Integrative Therapie an der Fakultät für Sozialwesen der Hochschule Mannheim.

Die 1. und 2. Auflage erschien u. d. T. „Methoden der Sozialen Arbeit in der Schule“, hg. v. R. Kilb und J. Peter.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03222-8 (Print)

ISBN 978-3-497-61819-4 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61820-0 (EPUB)

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

 

© 2023 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i. S. v. § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Printed in EU

Cover unter Verwendung eines Fotos von iStock.com / FatCamera (Agenturfoto. Mit Models gestellt)

Satz: ew print & medien service GmbH, Würzburg

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Einleitung

Von Rainer Kilb und Marion Baldus

Erster Teil: Grundlagen

1Bildung und Soziale Arbeit als gemeinsame Zukunftsaufgabe im schulischen Bereich?

Von Rainer Kilb

2Methoden der Sozialen Arbeit für die Schule?

Von Rainer Kilb und Jochen Peter

2.1Methodisches Arbeiten in der Sozialen Arbeit

Von Rainer Kilb

2.1.1Zur Systematik des Methodenbegriffs

2.1.2Methode als prozesshaft reflektierendes Systematisierungsvorhaben

2.2Situation der Verzahnung zweier „Systeme“ – Integration, Kooperation oder Konkurrenz?

Von Rainer Kilb und Jochen Peter

2.2.1Zum Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe

2.2.2Zum schulischen Auftrag

2.2.3Lokale und regionale Bildungslandschaften

Von Jochen Peter

2.3Rechtliche Aspekte einer Kooperation

Von Birgit Hoffmann

2.3.1Rechtliche Grundlagen fachlichen Handelns in Jugendhilfe und Schule – Unterschiede und Gemeinsamkeiten

2.3.2Rechtliche Grundlagen einer Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schule

2.3.3Vorrangige, nachrangige und komplementäre Zuständigkeiten bei Aufgaben und Leistungen

2.3.4Datenschutzrechtliche Vorgaben für eine Kooperation

2.4Erster Einwurf: Ethos und Kritik methodischen Handelns

Von Joachim Weber

2.5Zweiter Einwurf: Die innovative Schule – Komplexität durch Öffnung

Von Winfried W. Weber

3Schule als Lebenswelt und sozialer Erfahrungsort

Von Jochen Peter

3.1Schulalterbezogene Lebenslagen

Von Chirly dos Santos-Stubbe

3.2Lebensweltmittelpunkt Schule

Von Richard Utz

3.3Außerschulische Lebensweltkontexte

3.3.1Familie als primärer außerschulischer Lebensweltkontext

Von Uta Meier-Gräwe

3.3.2Mediensozialisation

Von Kathrin Demmler und Ulrike Wagner

3.3.3Medienkommunikation und mediales Nutzungsverhalten

Von Sabine Feierabend, Hediye Kheredmand und Thomas Rathgeb

3.3.4Die Peers

Von Jochen Peter

3.3.5„Öffentlicher Raum“

Von Rainer Kilb

3.4Schule als Sozialraum

Von Pascale Friedrich

4Schulsozialarbeit: Rahmenbedingungen, Arbeitsschwerpunkte und Methoden

Von Karsten Speck

4.1Rahmenbedingungen

4.2Leistungen und Methoden in Fachempfehlungen und Richtlinien zur Schulsozialarbeit

4.3Methoden im Fachdiskurs zur Schulsozialarbeit

5Schulnahe Felder der Kinder- und Jugendhilfe und der Sozialen Arbeit

5.1Einrichtungen der außerfamiliären Kindertagesbetreuung im Vor- und Grundschulalter

Von Jochen Peter

5.1.1Rechtlicher Rahmen

5.1.2Entstehungsgeschichte

5.1.3Bezug zur Schule

5.2(Offene) Kinder- und Jugendarbeit / Außerschulische Kinder- und Jugendbildung

5.2.1(Offene) Kinder- und Jugendarbeit

Von Rainer Kilb

5.2.2Kinder- und Jugendbildung – ein eigenständiger Lernort

Von Benno Hafeneger

5.3Schulnahe erzieherische Hilfen

Von Rainer Kilb

5.3.1Entstehungsgeschichte

5.3.2Aufgaben und rechtlicher Rahmen

5.3.3Schulbezüge aus der Perspektive der Hilfen zur Erziehung

5.3.4Nutzungsmöglichkeiten aus schulischer Sicht

5.3.5Lebensweltliche und sozialräumliche Integration

5.4Die Arbeit mit geflüchteten Minderjährigen

Von Sara Pauli und Claire Schelker

5.4.1Ausgangssituation

5.4.2Rechtliche Grundlagen

5.4.3Unterstützungssysteme

5.4.4Pädagogische Alltagsprozesse

5.4.5Fazit

5.5Jugendberufshilfe

Von Barbara Stanger

5.5.1Entstehungsgeschichte

5.5.2Rechtlicher Rahmen

5.5.3Schulbezüge aus der Perspektive der Jugendberufshilfe

5.5.4Nutzungsmöglichkeiten aus schulischer Sicht

5.5.5Lebensweltbezogene und sozialräumliche Integration dieser beiden Perspektiven

5.5.6Passgenaue Förderung und Begleitung der Jugendlichen

5.5.7Neue Herausforderungen

5.6Soziale Arbeit mit psychisch kranken Kindern und Eltern

Von Marion Baldus und Alexander Noyon

5.6.1Rechtliche Grundlage

5.6.2Praxisbeispiel: Schulbegleitung

5.7Arbeit mit sogenannten „Systemsprengern“/ „Schülern mit herausforderndem, schulabsentem Verhalten“

Von Rainer Kilb

5.7.1Verständnisse und Erkenntnisse im Bereich der Erziehungshilfen

5.7.2Verständnisse und Erkenntnisse im Bereich der Schulverweigerung

5.7.3Ansätze und Methoden im Spektrum der Arbeit mit „Systemsprengern“

5.7.4Ansätze und Methoden im Umgang mit Schulabsentismus

Zweiter Teil:Handlungspraktische Rahmenbedingungen und Strategien

6Konzeptionelle Ausrichtung einer lebensweltadäquaten Sozialen Arbeit in der Schule

Von Rainer Kilb

6.1Personenbezogene Konzeptaspekte

Von Jochen Peter

6.1.1Persönlichkeitsentwicklung

6.1.2Soziale Kompetenzen

6.1.3Alltagsbewältigung

6.1.4Selbstlernkompetenz

6.1.5Gesundheit

6.1.6Zukunftsorientierung

6.2Struktur- und systembezogene Konzeptmuster

Von Rainer Kilb

6.2.1Alltagsorientierung

6.2.2Integrations- und Inklusionsorientierung

6.2.3Regionalisierung / Sozialraumorientierung

6.2.4Partizipationsorientierung

6.2.5Diversity-Orientierung / geschlechtsspezifische Orientierung

6.2.6Präventionsorientierung

6.2.7Ressourcen- und Netzwerkorientierung

6.2.8Kooperationsorientierung

6.2.9Qualitäts- und Evaluationsorientierung

6.3Inklusive Schule

Von Marion Baldus und Katharina Müller

6.3.1Qualitätsmerkmale inklusiver Lernsettings

6.3.2Anspruch und Wirklichkeit

6.3.3Inklusion als Aufgabe der Organisationsentwicklung

6.3.4Hierarchien, Netzwerke und Kooperationsstrukturen

6.3.5Schulische Inklusion und Soziale Arbeit

6.4Schule und Bürgerschaftliches Engagement

Von Ralf Vandamme

6.4.1Schule braucht Bürgerschaftliches Engagement

6.4.2Bürgerschaftliches Engagement braucht Schule

6.4.3Perspektiven

7Handlungsprinzipien

Von Rainer Kilb

7.1Empowerment

Von Astrid Hedtke-Becker

7.2Systemisches Arbeiten

Von Wilfried Hosemann

7.2.1Wovon geht systemisches Arbeiten aus?

7.2.2Was kennzeichnet die systemischen Arbeitsgrundsätze?

7.2.3Worauf legen systemische Arbeitsstrategien ihre besondere Aufmerksamkeit?

7.2.4Zusammenfassung

7.3Diversität

Von Thomas Wagner

7.3.1Begriffsperspektive I: Diversität als anzuerkennende Vielfalt

7.3.2Begriffsperspektive II: Diversität als Machtkritik

7.3.3Begriffsperspektive III: Diversität als Verwobenheit

7.3.4Soziale Arbeit im Kontext Schule – Zwischen Diversität und sozialer Ausschließung

8Handlungsansätze, Methoden und Programme

Von Rainer Kilb

8.1Methoden der Gesprächsführung

Von Chirly dos Santos-Stubbe und Alexander Noyon

8.1.1Methoden der Gesprächsführung im Umgang mit Erwachsenen

8.1.2Methoden der Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen

8.2Arbeit mit einzelnen Personen

Von Rainer Kilb

8.2.1Entstehungszusammenhänge

8.2.2Rahmenbedingungen und Begriffsverständnisse

8.2.3Methodenaufbau und Durchführung

8.3Gruppenarbeit und Gruppenpädagogik

Von Astrid Hedtke-Becker und Jochen Peter

8.3.1Themenzentrierte Interaktion nach Ruth C. Cohn

Von Astrid Hedtke-Becker

8.3.2Positive Peerkultur – Kooperieren, partizipieren und inkludieren?

Von Günther Opp und Ariane Bößneck

8.3.3Positive Peer Counseling in der praktischen Umsetzung

Von Jochen Peter

8.4Erlebnispädagogik – Experiential Learning

Von Torsten Fischer und Jörg Ziegenspeck

8.4.1Wirklichkeitsaspekte erlebnispädagogischer Praxis

8.4.2Theorieaspekte erlebnispädagogischer Systembildung

8.4.3Erlebnispädagogik und Schule

8.4.4Zur Zukunft einer modernen Erlebnispädagogik

8.5Ansätze im Umgang mit Konflikten, Aggressivität und Gewalt

Von Rainer Kilb

8.5.1Verhaltenstherapeutisch orientierte Arbeit mit aggressiven Kindern und Jugendlichen

Von Alexander Noyon

8.5.2Streitschlichtung und Mediation als Verfahren zur Konfliktlösung

Von Birgit Hoffmann

8.5.3Täter-Opfer-Ausgleich

Von Ulla Törnig

8.5.4Konfrontierende Methoden und Ansätze mit nicht motivierten Schülern

Von Rainer Kilb

Von Roland Büchner

8.5.5Mobbinginterventionen im Schulalltag

Von Stefan Werner

8.5.6Der Ansatz der „Neuen Autorität“ im Kontext Schule

Von Claudia Seefeldt

8.6Vorgehensweisen bei (einem Verdacht auf) Kindeswohlgefährdung

Von Birgit Hoffmann

8.6.1Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung

8.6.2Vorgehensweisen

8.6.3Datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen

8.6.4Hilfen bei festgestellter Kindeswohlgefährdung

8.6.5Beratungsgespräch bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

Von Edmund Sichau

8.7Gemeinwesenarbeit und Quartiermanagement

Von Rainer Kilb

8.7.1Ziele und Anwendungsbereiche

8.7.2Entstehungszusammenhänge und Entwicklung des Ansatzes

8.7.3Entwicklung in Deutschland

8.7.4Theoretische Grundlagen

8.7.5Methodenaufbau und Durchführung

8.7.6Anwendungspraxis im schulnahen Kontext, Grenzen und Ausschlusskriterien

8.7.7Verbindungen zu anderen Ansätzen / Methoden

8.8Arbeit mit kreativen Medien

Von Marion Baldus

8.8.1Ziele und Anwendungsbereiche

8.8.2Entstehungszusammenhänge und Entwicklung des Ansatzes

8.8.3Theoretische Grundlagen

8.8.4Präsentative und diskursive Symbolik

8.8.5Digitale und analoge Kommunikation

8.8.6Methodenaufbau und Durchführung

8.8.7Anwendungspraxis im schulnahen Kontext, Grenzen und Ausschlusskriterien

8.8.8Fazit

8.9Methode der Narratologie – Werte, Geschichten und Ethik

Von Petra Grimm

8.9.1Was ist die Narratologie?

8.9.2Geschichten und Haltung

8.9.3Digitalkompetenz

8.9.4Wertebildung durch Geschichten

8.10Sexualpädagogik

Von Marion Baldus

8.10.1Ziele und Anwendungsbereiche

8.10.2Entstehungszusammenhänge und Entwicklung des Ansatzes

8.10.3Theoretische Grundlagen und Diskurse im 21. Jahrhundert

8.10.4Methodenaufbau und Durchführung

8.10.5Anwendungspraxis im schulnahen Kontext, Grenzen und Ausschlusskriterien

8.11Psychosoziale Diagnostik und Fallanalyse

Von Jochen Peter

8.11.1Zielsetzung

8.11.2Geschichte

8.11.3Grundorientierungen psychosozialer Diagnostik

8.11.4Methodenaufbau und Durchführung

8.11.5Sozialpädagogische und schulpädagogische Diagnostik

8.12Traumapädagogische Ansätze

Von Marion Baldus

8.12.1Traumata erkennen und verstehen

8.12.2Ressourcen mobilisieren

8.12.3Entstehungszusammenhänge und Entwicklung des Ansatzes

8.12.4Die Gestaltung traumasensibler Lernorte

8.12.5Fazit und Ausblick

8.13Suchtprävention und Gesundheitsförderung

Von Angela Heinrich

8.13.1Kurzer historischer Abriss

8.13.2Risiko- und Schutzfaktoren in Hochrisiko- und Bevölkerungsstrategien

8.13.3Praktische Umsetzung in der Sozialen Arbeit

8.13.4Ausblick

9Methoden zur Verbesserung von Arbeitsfähigkeit und Arbeitsstruktur

9.1Teamarbeit und Supervision

Von Heidrun Munker

9.1.1Wo liegen die zentralen Probleme von Teamarbeit?

9.1.2Kraftfeld zwischen Teamarbeit und Supervision

9.2Organisationsentwicklung und Management

Von Winfried W. Weber

9.3Bedarfsorientierte und verzahnte Schulentwicklungs- und Sozialplanung

Von Rainer Kilb

10Ausblick

Von Marion Baldus und Rainer Kilb

10.1Schule als transformative und vernetzte Organisation

10.2Schule als dominierender Sozialisationsraum

10.3Schule als „Soziale Schule“

10.4Demokratie als Lebensform im schulischen Kontext

10.5Methodenvielfalt am Bildungsort Schule

10.6Schule und Raumkonzepte

10.7Schule als individueller Entwicklungsraum zwischen Kindheit und Erwachsenwerden

Literatur

Die Autorinnen und Autoren

Sachregister

Einleitung

Von Rainer Kilb und Marion Baldus

Dass sich Schule und Soziale Arbeit aufeinander beziehen müssen, wird nur noch von wenigen infrage gestellt; denn Sozialer Arbeit – insbesondere wenn sie es mit Kindern, Jugendlichen und deren Eltern bzw. Sorgeberechtigten zu tun hat – kommt traditionell die Aufgabe zu, Prozesse der Inte-gration einzuleiten und Exklusion zu verhindern. Die Schule als ein Sozialisationsfeld mit bildenden und erziehenden Funktionen, das zumindest zeitlich mit Einführung ganztägiger Bildungsangebote eine zunehmende Dominanz entwickelt, ist die – biografisch betrachtet – erste Institution, in der über Leistungsbewertungen und die entsprechende Zuordnung zu den verschiedenen Schullaufbahnen zumindest Vorsortierungen mit exkludierenden Folgeprozessen ausgelöst werden. Soziale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist von daher in zahlreichen ihrer Angebote zunehmend innerhalb bzw. auch im zeitlichen Korridor des schulischen Geschehens zu platzieren. Durch den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung (Ganztagsförderungsgesetz - GaFöG) erhält diese Entwicklung neue Schubkraft. Verbunden mit einer engeren Verzahnung der Systeme Schule und Soziale Arbeit ist die Chance und Hoffnung, Bildungsbiographien von Kindern und Jugendlichen frühzeitig in den Blick zu nehmen und mit präventiven statt reaktiven Maßnahmen zu begleiten.

Welche Folgen ein solches „Sich-aufeinander-Beziehen“ zweier großer institutioneller Apparate oder gar eine Teilfusion zweier unterschiedlicher Systeme auslösen kann, wird in der Fachöffentlichkeit seit Anfang der 2000er Jahre breit diskutiert. Die hierzu teilweise kontroversen Debatten sind in verschiedenen Standardwerken (Hartnuß / Maykus 2004; Otto / Coelen 2008; Braun / Wetzel 2006; Speck 2022; Drilling 2009; Spies / Pötter 2011; Baier / Deinet 2011; Braches-Chyrek et al. 2019; Gastinger / Lachat 2012; Stüwe et al. 2017) prägnant zusammengefasst. Wir verzichten deshalb in diesem Werk bewusst auf eine intensivere diesbezügliche Expertise. Weitgehend unbestritten ist aber die Tatsache, dass sich mit dem sozialpädagogischen Handlungsfeld der Schulsozialarbeit eine zusätzliche Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe im schulischen Feld platziert hat. In dieser neuen, transformativ angelegten „Zwischeninstitution“ der Schulsozialarbeit treffen bisherige schulische Problemlagen in direkter Form auf bisherige Problem- und Handlungsbereiche der Kinder- und Jugendförderung und der Erzieherischen Hilfen aus dem Spektrum der Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII. Dabei stoßen schulische mit jugendhilfebezogenen Methoden, Haltungen und sonstigen Professionalisierungsgewohnheiten zusammen, lösen dadurch auch Konflikte aus oder verzahnen sich bestenfalls miteinander.

Konstitutiv für das Handeln der Sozialen Arbeit in der Schule ist ein „Handeln im sinnbildlichen Zwischen“ (Reinecke-Terner 2017, 11): zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung, zwischen Dienstleistung und Partnerschaft, zwischen Bildung und Erziehung. Schulsozialarbeit als ein intermediärer Bereich kann in dieser Lesart als „Zwischenbühne“ (Reinecke-Terner 2017, 13) gerahmt werden, auf der sich zwei unterschiedliche Systeme mit ihren jeweils eigenen Logiken und Verstehenszugängen begegnen. Dass sich die beiden Systeme Schule und Soziale Arbeit nicht zufällig oder freiwillig verzahnen, sondern dies erstmalig aufgrund der seit Juni 2022 im Sozialgesetzbuch VIII, § 13, verankerten Rechtsgrundlage passiert, signalisiert zweierlei: Zum einen wird die Position der Sozialen Arbeit am Ort Schule durch den § 13 des SGB VIII gestärkt, zum anderen wächst der Handlungsdruck, Kooperationsbeziehungen zu professionalisieren und qualitativ fortzuschreiben.

Gegenstand des vorliegenden Buches in seiner dritten Auflage ist das „Wie“ und das „Was“ dieser Kooperation. Hierbei legen wir ein Schwergewicht auf die Darstellung und Diskussion des methodischen Angebotes, welches die Soziale Arbeit vorhalten kann, um schulische und schulortbezogene Prozesse zu unterstützen und weiter zu qualifizieren. Viele dieser Methoden sind in ihrem Charakter lebensweltnah und damit manchmal auch relativ schulfern! Das sollte zukünftig so nicht bleiben, da gerade eine verzahnte Arbeit der beiden Felder die Chance für eine sich doch stärker an den Lebenswelten von Schülern und Eltern orientierten sozial(pädagogisch)en Schule bieten kann. Schule sollte sich u. E. dabei als ein inklusiver und integrierender Bildungs- und sozialer Erfahrungsort verstehen und sich sukzessive zu einer „sozialeren“ Schule hin entwickeln, die stärker an individuellen und spezifischen Bedürfnissen ihrer Schülerinnen ansetzt und diese zum Ausgangspunkt einer umfassenden Persönlichkeitsbildung macht.

Die von uns dargestellten sozialpädagogischen Methoden werden in ihren Wirkmöglichkeiten speziell auf das schulische Feld hin beleuchtet. Sie orientieren sich dabei nicht am klassischen schulbezogenen Lernzielkanon, sondern primär an sozialen Lernzielen, die über die schulischen Settings oftmals eher erreichbar erscheinen als über vergleichsweise abgetrennte institutionelle Bearbeitung im Rahmen etwa der Kinder- und Jugendhilfe außerhalb der Schule. Schule wird hier als Einheit eines spezifischen sozialisatorischen Ortes, unterschiedlicher Personenbezüge (Lehrende, Klassengemeinschaft, Eltern, Peers und Freundschaften) und als bedeutsamer alltäglicher Zeitfaktor betrachtet, der neben der Familie zentrale sozialisierende wie biografische Funktionen zukommen.

Das Buch besteht aus einem Grundlagenteil und einem handlungspraktischen Methodenteil. Im Grundlagenteil finden Sie im zweiten Kapitel die verschiedenen Aspekte des methodischen Arbeitens beleuchtet: Rahmenbedingungen wie etwa Aufträge und rechtliche Aspekte; weiterhin geht es u. a. auch darum, wie wichtig methodisches Arbeiten im Verhältnis etwa zum Gewicht von Persönlichkeitsfaktoren in Beziehungskontexten ist, aber auch um ethische Fragestellungen des methodischen und pädagogischen Arbeitens. In Anlehnung an Aghamiri halten wir es dabei für zentral, dass sozialpädagogische Arbeit an Schulen sich auf das besinnt, „was ihr innewohnt: die Unterstützung der gezeigten Subjektwerdungsprozesse mit Bezug auf die Themen der Gemeinschaft“ (Aghamiri 2018, 218).

Beim Lesen werden Sie feststellen, dass es in den Beiträgen der verschiedenen Autorinnen zuweilen unterschiedliche Positionen zur Methodenfrage gibt. Dies ist im Interesse der Herausgeberinnen, da Studierenden und praktisch tätigen Fachkräften ein Diskurs hierzu eröffnet werden soll und nicht eine Einfügung in ein vermeintlich „stimmiges“ methodisches Gesamtgebilde beabsichtigt ist.

Die Autorinnen rahmen im dritten Kapitel den „Sozialen Ort Schule“ unter lebensweltlicher Akzentuierung ein, also Schule als Sozialisationsagentur im Verhältnis zu Familie, zur Selbstsozialisation durch Medien und mit Peers, ergänzt durch einen Exkurs zum Thema Mobbing. Zudem wurden die Ausführungen zur Familie in einem neuen Text aktualisiert und differenzierter betrachtet.

Das sich anschließende vierte Kapitelsteht solitär. Es ist alleinig dem Thema Schulsozialarbeit gewidmet. Damit bilden wir den Bedeutungszuwachs dieses Handlungsfeldes auch in der Struktur des Buches ab. Platzieren konnten wir hier einen originär neuen Beitrag, verfasst von Karsten Speck. In einem Überblickstext zeigt er Rahmenbedingungen, Arbeitsschwerpunkte und Methoden der Schulsozialarbeit auf.

Das fünfte Kapitel schließt den Grundlagenteil des Buches ab. Es befasst sich mit schulnahen und stark auf die Schule hin orientierten Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe. Ergänzt wurde dieses Kapitel um einen Beitrag zu dem Themenkomplex der sogenannten „Systemsprenger“.

Im zweiten, handlungspraktischen Teil finden Sie zunächst grundlegende konzeptionelle Eckpunkte für methodisches Arbeiten im schulischen Feld (sechstes Kapitel) und schließlich im siebten Kapiteleinen Überblick zu den häufig angewandten Handlungsprinzipien von Empowerment, Systemischem Arbeiten und Diversität. Im letzten Teil des Buches (Kapitel 8) wenden wir uns schließlich den praktischen Handlungsansätzen, Methoden und Programmen der Sozialen Arbeit zu, insbesondere denjenigen aus der Kinder- und Jugendhilfe. Bereits in der 2. Auflage kamen aus aktuellem Anlass spezifische Ansätze im Umgang mit vermuteter Kindeswohlverletzung, in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UmAs) und der Traumapädagogik sowie im Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements und der „Inklusiven Schule“ hinzu. Im neunten Kapitel finden Sie einen Überblick zu Ansätzen der Reflexion, Organisation und Planung, allesamt Handlungsfelder, die dazu dienen, die Qualität der Dienstleistungserbringung zu verbessern. Im finalen zehnten Kapitel versuchen wir, ein perspektivisches Szenario, einen Ausblick auf eine mögliche Zukunft Sozialer Arbeit in der Schule zu zeichnen.

In der 3. Auflage kommt – nicht zuletzt wegen des Digitalpakts für Schulen und der Erfahrungen während des Fernunterrichts im Corona-bedingten Lockdown – der Mediensozialisation, Medienkommunikation und dem medialen Nutzungsverhalten größere Aufmerksamkeit zu. Aus aktuellem Anlass spielt auch der Umgang mit Mobbing in Schulen eine größere Rolle. Neu aufgenommen haben wir zudem den Ansatz der Neuen Autorität im Kontext Schule sowie die Methode der Narratologie. Dem Ansatz des Systemischen Arbeitens sowie der Teamarbeit und Supervision messen wir ebenfalls in dieser Auflage größere Bedeutung zu.

Aus Gründen der Lesbarkeit benutzen wir im gesamten Text die weibliche oder männliche Schreibweise im Wechselmodell. Gemeint sind stets alle Personen, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität.

Das Buch ist einerseits für im schulischen Feld oder schulnah tätige Fachkräfte sowie andererseits als Lehrbuch konzipiert. Es wurde deshalb bei der Auswahl der Autorinnen und Autoren sowohl auf praktizierende Personen als auch in der Lehre und Praxisforschung tätige Fachkräfte zurückgegriffen. Insbesondere sind es auch Kolleginnen aus der Fakultät für Sozialwesen der Hochschule Mannheim, die mit dem Buch eine Lerngrundlage für die Studiengänge „Soziale Arbeit“ und „Soziale Arbeit Plus “ zu schaffen gedachten. Externe Autoren haben wir gezielt in Themenbereiche eingebunden, für die sie eine ganz besondere Expertise mitbringen. Für die Neuauflage gewinnen konnten wir: Kathrin Demmler, Sabine Feierabend, Uta Meier-Gräwe, Petra Grimm, Benno Hafeneger, Angela Heinrich, Hediye Kheredmand, Wilfried Hosemann, Heidrun Munker, Thomas Rathgeb, Claudia Seefeldt, Karsten Speck, Thomas Wagner, Ulrike Wagner und Stefan Werner. Ihnen gilt unser ganz besonderer Dank; durch ihre Expertise haben sie wesentlich zu der erweiterten Profilgebung des Buches beigetragen. Unser besonderer Dank gilt in unserer Fakultät Judith Brotz für die redaktionelle Mithilfe und der Fakultät selbst für die materielle Unterstützung des Projektes. Zudem danken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Ernst Reinhardt Verlag für die kritische und hilfreiche Begleitung.

Mannheim, im September 2023

Rainer Kilb und Marion Baldus

Erster Teil

Grundlagen

1Bildung und Soziale Arbeit als gemeinsame Zukunftsaufgabe im schulischen Bereich?

Von Rainer Kilb

Soll plötzlich zusammengehören, was seit über einem Jahrhundert teilweise bewusst voneinander getrennt worden war und was sich dementsprechend in ganz unterschiedlichen Institutionen von Schule, Kindertagesstätten, Kinder- und Jugendarbeit, Erzieherischen Kinder-, Jugend- und Familienhilfen und vielleicht sogar Jugendstraffälligenhilfen jeweils relativ autonom entwickeln konnte? Formelle und formalisierte Bildungsprozesse findet man sowohl im schulischen Feld, als auch in der außerschulischen politischen Bildung als Aufgabe etwa der Jugendbildungsarbeit. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Und es gab Zeiten, in denen sich gerade die außerschulische Bildungsarbeit über ihre Träger und Organisationen sehr stark von schulischen Bildungsformen abgrenzte und deren lebensweltliche Ferne beklagte, die sie mit ihren Angeboten überbrücken zu können glaubte.

Umgekehrt rümpfte man auf schulischer Seite die Nase beim Gedanken an die oftmals extrem anmutenden Inhalte politischer Jugendbildung oder die weitgehend durch Kinder und Jugendliche selbst bestimmten und organisierten Formen einschließlich der damit einhergehenden Grenzüberschreitungsmöglichkeiten, und dies häufig unter professioneller Anleitung wie z. B. in der (offenen) Kinder- und Jugendarbeit. Deren Protagonistinnen wiederum distanzierten sich vom Leistungsdenken und dem Formalisierungs- und Zertifizierungscharakter des Lernens im schulischen Bereich, ganz zu schweigen von den erzieherischen Hilfen: Allein der Gedanke an diese auf schulischer Seite ließen im Schulterschluss mit elterlichen Zuschreibungen Assoziationen an Kindesherausnahme und Fürsorgeheime gedeihen.

Antipodisch hierzu wiederum tauchen die Deutungen vermeintlich des-truktiver schulischer Einwirkungen auf das Kindeswohl aus der Perspektive der Sozialen Arbeit auf. Man könnte dieses Schwarze-Peter-Spiel endlos weiterführen, insbesondere wenn man mit der Jugendhilfe im Strafverfahren, der früheren Jugendstraffälligenhilfe einen weiteren „Spieler“ in den Kreis der Akteurinnen einbinden würde. Weshalb sollen jetzt aus zuvor teilweise verbittert geführten Gegnerschaften miteinander kommunizierende, in Netzwerken kooperativ handelnde Partner werden können?

Die Antwort ist so klar und plausibel, wie deren Folgen für die betroffenen professionellen Akteure und deren Institutionen schwierig zu bewältigen sein dürften: Je mehr sich einerseits die Lebenswelten der Schülerinnen pluralisieren und andererseits sich die möglichen Lebenswege individualisieren, umso wichtiger wird es, dass gerade die professionellen Organisationen als lebensweltbezogene Netzwerke miteinander in Verbindung kommen. Die Anforderungen an eine solche Kooperation sind hoch und nicht ganz einfach in ihrer Umsetzung. Es gilt die spezifischen Aufgabenstellungen zu thematisieren und den jeweils kooperierenden anderen professionellen Akteuren nachvollziehbar zu machen. Erst dann kann man sich sinnvoll zueinander orientieren und aufeinander beziehen, ohne von den Adressatinnen gegeneinander ausgespielt zu werden, was im Schwarze-Peter-Spiel in der Regel immer gut gelang.

In den öffentlichen Diskussionen, die sich im Anschluss an die Publikationen der Ergebnisse der international ausgerichteten PISA-Vergleichsuntersuchungen und OECD-Berichte entwickelt haben, ist die Dringlichkeit einer solchen Kooperation von Schule und Jugendhilfe immer stärker deutlich geworden. Obwohl sich die neue Reformeuphorie zunächst charakteristischerweise an den im internationalen Vergleich mangelhaften Leistungen des deutschen Schulsystems in seinem „Kerngeschäft“ – einer traditionell verstandenen „Allgemeinbildung“ – entzündet hat, kam es in der Folge zu einer markanten Erweiterung des Blickwinkels: Mittlerweile ist ein umfassender Prozess der „Modernisierung des gesellschaftlichen Systems der Betreuung, Erziehung und Bildung“ in Gang gekommen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ 2005), der sämtliche Institutionen und Teilsysteme umfasst. Dabei gewinnt ein neues, erweitertes Bildungsverständnis (Rauschenbach 2005) zunehmend an Einfluss, das sich stichwortartig durch die folgenden Teilaspekte kennzeichnen lässt:

■Bildung wird im Zusammenhang von Individualisierungs- und Singularisierungsprozessen (Reckwitz 2018) zunehmend auch als ein Prozess der Selbstbildung verstanden. Damit verbunden findet ein Perspektivwechsel statt: Wurde Bildung bisher primär aus der Sicht der beteiligten Institutionen betrachtet, so müssen diese sich nun umgekehrt die Frage gefallen lassen, welchen Beitrag sie zu dem eigenständigen und lebensweltlich verfassten Bildungsprozess des Subjektes leisten können und leisten wollen.

■Hinzu kommt ein erweitertes inhaltliches Verständnis von Bildung: Es zielt auf die Vermittlung von Kompetenzen, welche sich nicht nur als Wissenszuwachs im schulischen Kontext oder in der Vorbereitung einer späteren Berufstätigkeit niederschlagen, sondern auch im breiteren Horizont aktueller Lebensführung jenseits der unmittelbaren Schülerinnenrolle von Bedeutung sind (BMFSFJ 2005).

■Zugleich wird erkannt, dass neben der vorschulischen, schulischen und betrieblichen Bildung auch andere Lern- und Bildungsorte wesentliche Beiträge zum Bildungsgeschehen leisten. Hierzu gehören die Familie, Vereine, Jugendzentren, informelle Gleichaltrigengruppen sowie die mediale Kommunikation u. a. m. (BMFSFJ 2005).

■Schließlich wird dem schon weit vorangeschrittenen Prozess einer „Entgrenzung“ zwischen den traditionell eher getrennt wahrgenommenen Funktionen der Betreuung, der Erziehung und der Bildung von Kindern und Jugendlichen Rechnung getragen. Er lässt die Abgrenzung und Verteidigung separater Zuständigkeitsbereiche der unterschiedlichen Institutionensysteme zunehmend als obsolet erscheinen.

■Bildungsprozesse sind zuletzt nicht mehr als abgeschlossene bzw. abzuschließende Phasen zu definieren; sie müssen so angelegt sein, dass sie jederzeit aufnahmefähig und offen für neue Anforderungen sind.

„Alles bildet“! (Hentig 1996, 9) Bildungsarbeit in diesem Sinne kann sich also nicht länger auf den engeren schulischen Rahmen beschränken. Sie ist auf die spezifischen Leistungen der unterschiedlichen gesellschaftlichen Teilsysteme (also neben der Schule insbesondere diejenigen der Familie und der Kinder- und Jugendhilfe) angewiesen, verlangt dabei aber nach einer neuen Funktionsbestimmung und einer integrierten, systematischen Kooperation mit diesen Institutionen. Ein solches Bildungsverständnis orientiert sich wieder stärker an Humboldt, der Bildung als Resultat zahlloser Erfahrungen definiert, die zur „Erhöhung (menschlicher) Kräfte“ und zur „Veredlung seiner Persönlichkeit“ führen (Humboldt 1980, 238). In Humboldts Bildungsideal versteckt sich ein auf individuelle Selbstentfaltung, Selbstverwirklichung, Selbstreflexion gestützter Prozess der inneren, lebenslangen Bildung.

„Das klassische Bildungsverständnis beschreibt Bildung somit nicht als autonomen pädagogischen Prozess, sondern als sozial integriertes Geschehen, dem […] ein umfassender Sozialisationsprozess zugrunde liegt“ (Sturzenhecker / Sting 2005, 232).

Voraussetzung für eine gelingende Kooperation in diesem neu entstehenden komplexen Gesamtsystem von Erziehung und Bildung – bisher fachsprachlich als „ganztägige Bildung“ ausgewiesen – ist u. a. die Identifizierung und Klärung gemeinsamer Ziele für die jeweiligen, häufig unterschiedlichen Aufgabenbereiche und Angebote von bildenden und erziehenden Institutionen sowie bildungsbezogener Selbsttätigkeit. Hierzu scheint es notwendig, einen kurzen Blick auf die Begriffe, die Geschichte und die Theorie von Bildung und Erziehung in den betroffenen institutionsspezifischen Wissenschaftsdisziplinen zu werfen, um unter den auch heute noch unterschiedlichen Verständnissen überhaupt moderieren zu können.

So hat sich das moderne Bildungsverständnis seit Kant (1800, 685; 1803, 707) über die Phasen der Disziplinierung, Kultivierung, der Zivilisierung und Moralisierung hin entwickelt. Casale (2004) verortet in diesem Zusammenhang eine ethische Erziehung im Sinne einer Re-Aristokratisierung in der oberitalienischen höfischen Erziehung des 16. Jahrhunderts, bringt die Höflichkeitserziehung vor allem mit dem absolutistischen Frankreich des 17. Jahrhunderts in Verbindung und sieht in Deutschland nicht den Hof, sondern in Anlehnung an Elias (1977) Universität und Klerus als Träger einer eher moralisierenden Höflichkeitserziehung. Bildung ist dabei immer das Ergebnis gelungener Erziehung und Selbstsozialisation im jeweiligen historischen Kontext in Kombination mit Wissensschulung. Der Erwerb von Bildung unterscheidet die Angehörigen der Aristokratie, des Klerus und zu Beginn der Industrialisierung im 19. und 20. Jahrhundert des Citoyen von den Ungebildeten.

Im Merkantilismus entstanden auf der Seite der Sozialen Arbeit (der damaligen Armenfürsorge) für Kinder in Arbeits- und Waisenhäusern erstmals arbeitserzieherische Angebote, da diese Anstalten häufig als Arbeitsstätten für das beginnende Manufakturwesen dienten. Die Anstalten für Kinder wurden aus erzieherischen Gründen von den Zucht- und Arbeitshäusern der Erwachsenen separiert.

In der Phase der Industrialisierung entsteht sukzessive das klassenspezifische schulische Bildungssystem mit politisch konnotierten „Gegenmodellen“ insbesondere in der Weimarer Epoche. Dieser „Volksbildung“ kam dabei die jeweils klassenspezifische Aufgabe der Reproduktion der Arbeitskraftvoraussetzungen, also vor allem der damals erwarteten Sekundärtugenden Disziplin, Durchhaltevermögen und Unterordnungsbereitschaft, zu.

Auf der Ebene der Sozialen Arbeit bzw. der damaligen Kinder- und Jugendfürsorge fungierten meist große lagerähnliche Heime als Zuchtanstalten mit religiösen und disziplinierenden erzieherischen Inhalten für auffällige Kinder und Jugendliche. Der Bildungsbegriff hatte in diesem Kontext keinerlei Bedeutung. Dies änderte sich mit der Wandervogel- bzw. der Jugendbewegung während des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, in der Jugendliche zunächst aus der Oberklasse den Bildungsvorgang nach dem Motto „Jugend erzieht Jugend“ zu ihrem eigenen machen. In dieser Phase geht es erstmals um die Dimension der Selbsttätigkeit im Bildungsprozess; ein Prinzip, das sehr stark in die damals neu entstehende Institution der Jugendpflege Einzug hält, aus der sich sukzessiv nach 1945 bis zur heutigen Zeit die politische Jugendbildung, die Jugendverbandsarbeit und die offene Kinder- und Jugendarbeit bzw. die Kinder- und Jugendförderung entwickelt haben. Die Entwicklungen in der Zeit des NS-Faschismus bleiben hier ausgespart, da diese einen totalen Rückschritt in autoritäre und totalitäre Strukturen abbilden und somit weder inhaltlich, noch programmatisch von Bedeutung für aktuelle Selbstverständnisse sind.

Mit dem langsamen Übergang in die immer häufiger auch dienstleistungsgeprägte Wirtschaftsstruktur kommt es zum dreigliedrigen Schulsystem, dessen Ziel die Sortierung und Vorqualifizierung nach eher körperlich-instrumentellen, verwaltungsbezogenen oder wissenschaftlich-akademischen Berufsprofilen ist; schulpolitische Alternative hierzu wird zunächst die Einheitsschule, Schulformen der Reformpädagogik, später die (Integrierte) Gesamtschule mit (beabsichtigter) hoher Durchlässigkeit zwischen den „Zweigen“. Parallel zu dieser stark leistungs- und konkurrenzbezogenen schulischen Bildungskultur entwickeln sich Angebote der Volksbildung (Volkshochschulen), der außerschulischen (u. a. politischen und internationalen) Jugendbildung, museumspädagogische Bildungsangebote bis hin zu zahlreichen, häufig schulisch orientierten privatwirtschaftlichen Angeboten (Wulf 2001; Hering / Münchmeier 2014; Tenorth 2000; Müller 1982).

Auf der Seite der Sozialen Arbeit kommt es mit dem SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) ab 1991 einerseits zu einer fachlichen Differenzierung der ehemaligen Fürsorgeerziehung (FE) und der Freiwilligen Erziehungshilfen (FEH) in Form eines differenzierten Hilfekanons (§§ 27ff. SGB VIII). Die hier angebotenen Hilfeformen haben reintegrativen (bezogen auf Schule und Familie) und stützenden Charakter bei der Familienhilfe (Erziehungsberatung, Erziehungsbeistand, sozialpädagogische Familienhilfe). Die Bereiche der außerschulischen und schulnahen Kinder- und Jugendbildung werden in den gesetzlichen Kanon integriert, sodass zumindest formal der vorschulischen Kindertagesversorgung in Form „Früher Bildung“, der außerschulischen Jugendarbeit und der Familienbildungsarbeit offizielle Bildungsaufgaben nach dem Freiwilligkeitsprinzip zukommen.

Auch im Bereich der Jugendhilfe im Strafverfahren entwickeln sich mit dem Täter-Opfer-Ausgleich und dem Sozialtraining neue erzieherische Ausformungen für die Resozialisierungspädagogik.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts, in der Phase einer gleichzeitig neben der industriellen und dienstleistungsbezogenen Produktion entstandenen globalen Wissens- und Informationsökonomie (Castells 2002) prägen sich ganz neue zusätzliche bildungsbezogene und berufliche Anforderungen in Form persönlichkeitsorientierter Kompetenzen und von Soft Skills heraus, die andere Vermittlungs- und Lernarrangements sowohl im schulischen wie im außerschulischen Bereich erfordern. Castells spricht in diesem Zusammenhang von einer Feminisierung der Arbeit und meint damit Fertigkeiten wie kommunikative und soziale Kompetenzen, Flexibilität als Arbeitsvoraussetzungen und die Fähigkeit zum Wissensmanagement beim Wissenserwerb. Ein besonderer Qualifikationsbedarf gerade bei solchen Soft Skills entsteht insbesondere auch durch die Veränderungen in den primären Sozialisationsbereichen wie der Familie oder anderen erziehenden Lebensgemeinschaften, in denen Kinder immer häufiger ohne soziale Erfahrungen mit Geschwistern aufwachsen.

Der schulischen Erziehung kommen im Kontext gesellschaftlicher wie individueller Singularisierungsprozesse der sogenannten Spätmoderne (Reckwitz 2018) seit den 2010er Jahren je nach klassen- bzw. Milieuzugehörigkeiten der Schülerinnen unterschiedliche Sozialisierungs- und Unterstützungsaufgaben zu. So identifiziert Andreas Reckwitz in seiner als Singularisierung identifizierten Gesellschaftsanalyse die Funktion der Schule für die neue akademische Mittelklasse als Plattform einer „Kultur von Potenzialentfaltung der einzelnen Schülerin und ihrer Begabungen“ (Reckwitz 2018, 334). Bestandteile der Erziehungspraxis der in Reckwitz` Expertise gesellschaftsprägenden neuen Mittelklasse seien optimale Selbstverwirklichungsmöglichkeiten der Kinder. Die „besondere Schule“ werde damit zum statusgemäßen Investment in das eigene Kind, um dessen singulären Talenten und kreativen Potenzialen optimale Entfaltungsbedingungen zu bieten. Im Gegensatz hierzu gehe es in den gesellschaftlichen Unterklassen eher um das „Herstellen von Normalität“ und damit um eine eher „präventive Erziehung“. Die Funktion der Schulen für Kinder aus „bildungsfernen Schichten“ bestehe somit in der Vermittlung von Grundfertigkeiten und Disziplin. Mit dieser schulbezogenen gesellschaftlichen Spaltung bei gleichzeitiger „Zunahme höherer Bildungsabschlüsse werden die ‚niedrigeren‘, die einmal der Normalfall waren, entwertet“ (Reckwitz 2018, 357).

Die schulische Differenzierung erklimmt durch diese gesellschaftlichen Veränderungen noch einmal eine höhere Intensitätsstufe. Neben spezifischen länderorientierten Differenzierungen der drei klassischen Schultypen erfolgt darüber hinaus noch die „Ausbreitung einer schulischen Logik des Besonderen“ (Reckwitz 2018, 333). Der mit dieser einhergehende Singularisierungsdruck wiederum beschäftigt die Schulsozialarbeit in den entsprechenden Schultypen ebenso wie die Hilfs- und Unterstützungsaufgaben in den Schulen der statusniedrigeren Klassen und Milieus. Hierbei gilt es, in jeweils adäquaten Unterstützungs- und Begleitformen dafür zu sorgen, dass systemische Benachteiligungen schulischer wie allgemein gesellschaftlicher Art aufgefangen und möglichst maßgerecht kompensiert werden können. Nach Reckwitz ginge es darum, in den mit der Spätmoderne einhergehenden zwei zentralen Krisen der Anerkennung und der Selbstverwirklichung umzugehen (Reckwitz 2018, 432). Soziale Arbeit in einer ‚Gesellschaft der Singularitäten‘ müsste sich, jeweils milieuspezifisch, mit diesen beiden Krisenszenarien befassen. In der Schulsozialarbeit würde das bedeuten, je nach Schulform spezifische konzeptionelle Herangehensweisen zu entwickeln und problemadäquate sozialpädagogische Haltungen in der Kommunikation anzubieten. Insbesondere in der Arbeit mit eher bildungsbenachteiligten Schülern ginge es einerseits um individuelle Talentidentifikation und entsprechende Förderung. Andererseits sollte achtsam und mental kompensierend mit den Begleiterscheinungen meist negativ konnotierter Leistungsbeurteilungserfahrungen dieser Schülerinnen umgegangen werden. Sie verdienen Achtung und Respekt, gerade auch als Impulse für ihre subjektive Lernmotivation.

Soziale Arbeit fungiert in dieser „zersplitterten“ Bildungs- und Erziehungslandschaft im Sinne einer Silikonmasse oder als „gesellschaftlicher Kitt“. Das Prinzip der Hilfeplanung (§ 36 SGB VIII) wurde in den Hilfen zur Erziehung (§§ 27ff. SGB VIII) als Verfahren eingesetzt, um je nach Fallsituation individuelle Hilfestrategien in Absprache zwischen Betroffenen und an der Hilfe zu beteiligenden Akteurinnen zu entwickeln. Auch im schulischen Bereich wurden mit Einführung von Förder- bzw. Entwicklungsplänen solche individuellen Contracting-Verfahren übernommen, insbesondere in Fällen von drohender sozialer Desintegration.

Bildungs- wie auch Erziehungsaufgaben vermischen sich mittlerweile intra- und interinstitutionell so stark, dass es zu immer undeutlicheren Profilen der Institutionen selbst kommt. Parallel hierzu gleichen sich intrainstitutionelle Verhaltens- und Umgangsformen immer mehr an. Aus der Perspektive des Kindes oder des Schülers wachsen die früher deutlich voneinander trennbaren Bezugsfelder und Bezugsgemeinschaften von Zuhause / Familie / virtuellen Welten, Schule, Kindertagesstätte und Peers sukzessive zu einem einzigen biografischen, aber oftmals in sich konfligierenden Lebensweltkontext zusammen. Die Schule tritt hierbei zunehmend als zentraler und koordinierender Ort in Erscheinung. Sie wird für viele Schülerinnen zum nicht nur örtlichen Lebensmittelpunkt und damit auch zum Ausgangspunkt benötigter Hilfeleistungen.

Insbesondere mit der Ausdehnung schulischer Angebote bis in die Nachmittags- und Vorabendzeit hinein kommt es zu einer noch größeren räumlichen, zeitlichen und personellen Dominanz des schulischen Feldes in den kindes- und jugendbezogenen Lebenswelten. Legt man das klassische Bildungsverständnis zugrunde, so kommt mit dieser Entwicklung auf das schulische Feld eine neue Aufgabensortierung im allgemeinen Bildungsprozess für junge Menschen zu. In diesem Kontext verzahnen sich am Ort der Schule formelle und nicht-formelle Bildung. Schule wird dadurch nicht nur zu einem erweiterten Bildungsort, sondern umfasst auch sonstige lebensweltliche Akzente wie Regeneration, adoleszente Grenz-austestungen, Beziehungsanbahnungen mit der „ersten Liebe“, Freizeitbeschäftigung und Kontemplation. Genau an dieser Schnittstelle zwischen Bildungsauftrag und dem Eindringen allgemeiner lebensweltlicher Aspekte in den Schulort entsteht mit der Schulsozialarbeit eine neue Begleitinstanz als „Zwischeninstitution“, als interinstitutionelles, intermediäres neues Handlungsfeld.

Damit geraten zunehmend sozialpädagogische Methoden, Professionalitätsmerkmale und habituelle Akzente Sozialer Arbeit in das schulische Feld hinein, verzahnen und vermischen sich teilweise mit denjenigen der Schule und tragen im besten Fall zu einem offeneren Bildungs-, Lebenswelt- und Schulverständnis bei. Die Schule wird somit zu einem noch zentraleren sozialen Lern-, Experimentier- und Erfahrungsort. Soziale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verschiebt sich dabei räumlich stark in Richtung der Institution und des Ortes der Schule.

2Methoden der Sozialen Arbeit für die Schule?

Von Rainer Kilb und Jochen Peter

In einer ganztägigen Schule müssen sich die Aufgaben von Schule und Jugendhilfe neu positionieren, da die schulischen Angebote zukünftig auch den nachmittäglichen Zeitsektor umfassen werden, in dem bisher zahlreiche Angebote der Jugendhilfe stattfinden. Diese Veränderung tangiert also zahlreiche Schulen, an denen sich dadurch sowohl im organisatorischen als auch im didaktisch-methodischen Bereich erheblicher Weiterentwicklungsbedarf abzeichnet. Ebenso müssen u. U. auch die Jugendhilfeangebote nach Bedarf und nach Rhythmisierungsnotwendigkeiten flexibler über den ganztägigen Zeitrahmen platziert werden können. Es liegt deshalb nahe, insbesondere gerade neuere Methoden und Ansätze der Sozialen Arbeit daraufhin zu betrachten, wie diese sich für eine auch zur „Pädagogik des Sozialen“ hin verändernde Schule eignen könnten.

Schule ist bereits heute in ihrem „Kerngeschäft“ – der als Unterricht organisierten Vermittlung von Kenntnissen und der darin integrierten Selektion – auf die Kooperation mit anderen Teilsystemen, insbesondere der Kinder- und Jugendhilfe, angewiesen. Bönsch (2004, 129f.) sieht die Notwendigkeit zur Kooperation aus der Sicht der Schule insbesondere durch die folgenden grundsätzlichen Erfordernisse gegeben:

■Die Aufgabe einer positiven Beeinflussung der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen verlangt nach einem Eingehen „auf die tatsächlichen Lebensgegebenheiten und Lebensprobleme“ der Schüler, die Schule allein nicht ausreichend gewährleisten kann.

■Schule sieht sich aufgrund veränderter Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen mit neuartigen Erziehungsaufgaben konfrontiert, die sie aus eigener Kraft nicht zu leisten vermag.

■Schule „produziert“ selbst „binnenstrukturell“ Probleme, die „etwa Beziehungsarbeit in Form von sozialer Gruppenarbeit, Einzelfallbetreuung und anders als unterrichtlich gestalteter Situationen bedarf“.

■Schule benötigt eine „Öffnung nach außen“, für die sie die „Assistenz der Jugendhilfe“ nutzen könnte.

Gerade eine in die Nachmittagsstunden erweiterte schulische Betreuung benötigt weitaus mehr sozialpädagogische Kompetenz als bisherige Schulformen. Ohne diese könnte die Schule ihrem erzieherischen Auftrag nicht mehr adäquat entsprechen. Insofern braucht zunächst die Schule dieses im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vorhandene sozialpädagogische Wissen und die entsprechenden personellen Ressourcen. Zu Recht macht der 12. Kinder- und Jugendbericht darauf aufmerksam, dass hierbei die Chance besteht, eine grundlegende Neuorientierung des öffentlichen Systems der Bildung, Betreuung und der Erziehung auf den Weg zu bringen, angesichts dessen der Begriff der Ganztagsschule zu eng gefasst ist und zunächst – bis sich eine allseits geteilte, inhaltlich treffende Bezeichnung eingefunden hat – durch den neutralen, aber auch offenen Begriff der „Ganztagsangebote“ ersetzt werden sollte.

Umgekehrt stellt eine noch präzise zu generierende Kooperation im schulischen Umfeld für die Soziale Arbeit die historisch nahezu einmalige Chance der Entstigmatisierung dar. Dies gilt insbesondere für die Hilfen zur Erziehung, die Jugendsozialarbeit und in den großstädtischen Regionen auch für die Offene Kinder- und Jugendarbeit, die sich dort längst zu Feldern benachteiligter und oft bereits marginalisierter Adressatengruppen entwickelt haben. Genau diese Entwicklung steht aber integrativen Zielsetzungen, die mit beratenden, erzieherischen und bildungsbezogenen Angeboten eigentlich angestrebt werden, fast diametral entgegen.

Die Dringlichkeit einer Kooperation von Schule und Jugendhilfe – so deutlich sie auch im Raume steht – ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Merchel (2005) und Olk (2005) machen in ihren Expertisen zum 12. Kinder- und Jugendbericht auch deutlich, dass die Realität dieser Kooperation durch vielfältige Schwierigkeiten geprägt ist. Dabei stellt sich bei näherem Hinsehen heraus, dass eine Intensivierung der Zusammenarbeit Veränderungen und Aushandlungsprozesse auf unterschiedlichen Ebenen nötig macht:

■auf der politisch-administrativen Ebene,

■auf der Ebene einzelner Schulen bzw. Trägerorganisationen,

■auf der Ebene der jeweiligen Akteure (Merchel 2005; Olk 2005; Speck 2007).

Das Beispiel der Schulsozialarbeit zeigt allerdings auch, dass es bereits Erfahrungen einer zwar nicht von vornherein einfachen und bruchlosen, aber letztendlich erfolgreichen Kooperation zwischen den beiden Bereichen gibt (Olk 2005; Speck 2007), die eine wichtige Grundlage für das weitere Vorgehen darstellen.

In dieser Situation verfolgt die vorliegende Publikation das Anliegen, die Leistungskraft sozialpädagogischer Methoden und Ansätze in einem veränderten Handlungsfeld Schule darzustellen. Ihr gemeinsamer Nenner ist die Zielsetzung der Integration.

2.1Methodisches Arbeiten in der Sozialen Arbeit

Von Rainer Kilb

Beginnen wir mit einem nicht ganz einfachen Unterfangen, der Klärung und dem Verständnis dessen, was genau unter dem Methodenbegriff zu verstehen ist, und dies in einer differenzierten Form zwischen Sozialer Arbeit und schulorientierter Erziehungswissenschaft (Kap. 4).

Wir gehen dabei zunächst von der alltagssprachlichen Verwendung aus, die häufig das methodische Vorgehen im Sinne einer Verbindung persönlichkeitsbezogener Eigenschaften und dazugehörenden Handelns in individueller Form artikuliert: „Das ist seine Methode“.

Durch einen zweiten eher etymologischen Zugang lässt sich der Begriff über den Einfluss des französischen methode, das spätlateinische methodus zum griechischen methodos zurückverfolgen. Das griechische methodos wiederum setzt sich aus einer Kombination der Wörter meta (hinterher, nach) und hodos (Weg, Gang) zusammen und bedeutet wörtlich etwa „das Nachgehen, der Weg zu etwas hin“. Das seit dem 17. Jahrhundert bezeugte Fremdwort bezeichnete den „Weg oder Gang einer Untersuchung“ bzw. „ein nach festen Regeln oder Grundsätzen geordnetes Verfahren“ (Kap. 2.4).

Es ist Comenius, der in diesem Sinne erstmals ein Unterrichtsverfahren (Comenius 1628/1637/1960) vorschlägt, bei dem „die Lehrer weniger lehren, die Schüler dennoch mehr lernen sollen“ (Wulf 2001, 19), ein Verfahren, das sich dadurch auszeichnete, dass es eine genaue Reihenfolge der Lernschritte in Lernprozessen festlegt, einen (zeitlichen) Lehrplan entwickelt, der die Lernstufen vom Leichten zum Schweren und vom Allgemeinen zum Speziellen hin differenziert und den Schülern den Weg weist, „auf dem sich alles leicht und sicher erreichen lässt“ (Wulf 2001, 23f.).

Im Verständnis von Comenius richtet sich Erziehung nicht allein auf den Erwerb formalen Wissens. Sie zielte auf „gute Sitte“ und auf „Frömmigkeit“, d. h., das Lernen erfolgte vor allem auch durch Anschauung. Dem Pädagogen kam die Aufgabe zu, die „Ordnung der Dinge“ zu vermitteln, d. h. die Welt in einer zielorientierten und pädagogisch akzentuierten Form zu repräsentieren. Didaktik und Methodik fanden bezogen auf die pädagogische Handlungspraxis hier ihren Ursprung. Didaktische Implikationen bezeichnen dabei das „Was und Weshalb“, die methodischen das „Wie“ der pädagogischen Prozesse (Klafki u. a. 1970, 129).

Alice Salomon, als Vertreterin der Methodik Sozialer Arbeit in ihren Anfängen, schließt 300 Jahre nach Comenius an diese auf die damalige Schule zielende Kritik für den Bereich der Sozialen Arbeit an und bemängelt vergleichbar mit Comenius die Form der Ausbildung von Sozialbeamten: „Sie ist noch viel zu sehr auf die Erwerbung von Wissen und zu wenig auf die Erarbeitung von brauchbaren Arbeitsmethoden eingestellt“ (Salomon 1926, 6f.).

Im Rahmen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, die sich auf unterschiedliche Wurzeln der Armenpflege einerseits und auf die sogenannte „Soziale Erziehung“ oder auch die „Nacherziehung“ in der Sozialpädagogik andererseits gründen, spielen in der historischen Betrachtung zunächst das „Was“ und das „Weshalb“ die zentrale Rolle. Es sind vor allem gesetzliche Bestimmungen, inhaltliche Angebote sowie administrative Zuständigkeiten, mit denen die Soziale Arbeit auf die individuellen und gesellschaftlichen Probleme reagiert. Zu Beginn der Armenversorgung stehen zuständige Liegenschaften (Hospitäler / Spitäler, Armen-, Waisen-, Zucht- und Arbeitshäuser) mit entsprechenden Maßnahmen der Absonderung, Versorgung, Züchtigung, des Arbeitszwanges und Ordnungsprinzipien sowie deren Überwachungspraktiken zur Problemlösung bereit. „Die Methoden der Arbeit lagen in der Architektur“ (Müller, C. W. 2001, 1205) und wurden später allein auf die Autorität und das Ansehen von Personen übertragen. Es folgte als erstes quasimethodisches Vorgehen das Überprüfen der Selbstverschuldung von Armut und Arbeitslosigkeit durch historisch sich verändernde Instanzen (Armenvögte, Armenpfleger), später die Begutachtungen der familiären Erziehungskompetenzen durch Hausbesuche. In diesem Zusammenhang ging es um eine geschickte Gesprächsführung, das „gekonnte Gespräch“ (Thole 2002, 494). Diese Art eines strukturierten Vorgehens erfolgte zunächst im administrativen Fürsorgebereich. Im eher pädagogisch orientierten Teil der Sozialen Wohlfahrtspflege entwickelte sich erst im Zusammenhang einer zunehmenden Professionalisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Verständnis zum methodischen Arbeiten im heutigen Sinne, beginnend mit den klassischen drei Methoden der Einzelhilfe, der Gruppenarbeit und später der Gemeinwesenarbeit. Die Bildungsangebote Pestalozzis und die religiöse Unterweisung in familienähnlichen Elterngruppen bei Wichern bilden erstmals eine Form von sozialpädagogisch akzentuierter Ersatzerziehung für Kinder aus verwahrlosten Familienverhältnissen an. In diesen Fällen stellten ‚pädagogischer Eros’ bei Pestalozzi bzw. die sittlichen Vorbilder in der Person des Pädagogen bei Wichern die Folie pädagogischen Wirkens dar. In den 1920er-Jahren kamen zahllose reformpädagogische Ansätze hinzu, die in diversen Settings, spezifischen Klient-Erzieher-Beziehungen oder spezifischen Erziehungsstilen und Erziehungsmethoden ihren Ausdruck fanden.

An diese Phase des Experimentierens schloss sich in der NS-Zeit das völkisch orientierte totalitär-autoritäre Führer-Gefolgschafts-Prinzip an, durch das sozialpädagogisches Verständnis einerseits generell randständigen Charakter erhielt bzw. andererseits sozialpädagogische Einrichtungen teilweise die Definitionsmacht hinsichtlich der in dieser Zeit üblichen Aussortierungs- und Zuordnungspraxis erhielten (z. B. die Erziehungsberatung als sogenannte „Jugendsichtungsstelle“) (vgl. Kilb 1971). Mit dem Führerkult gerade auch in der erziehenden Praxis dieser Zeit tritt eine irreale und fast virtuelle Personendominante in den pädagogischen Prozess hinein, auf die sämtliche Orientierungen übertragen wurden. Den damaligen erziehenden Kräften kamen lediglich die Aufgaben der Inszenierung dieses Kults, der Präsentation und Überwachung von Regeln sowie das Einordnen jeglicher Verhaltens- und Kommunikationsbezüge in das hierarchisch-autoritäre Gesamtsystem zu. Methodisches Arbeiten bedeutete in dieser Zeit einerseits, Gruppen- und Massenrituale zu organisieren, völkische Kultrituale zu inszenieren, und andererseits repressiv über Disziplinierung, Überwachung, Maßregelung und Meldung tätig zu werden und die eigene Person als Zwischenautorität (zwischen Führer und Zöglingen) zu etablieren.

Je nach gesellschaftlichen Verhältnissen, nach gesellschaftspolitischen Erklärungsformen psychosozialer Probleme und nach gesellschaftlicher Funktionszuschreibung der Sozialen Arbeit kommt es nach 1945 zur Favorisierung ganz verschiedener Methoden: So waren zunächst die Gruppenpädagogik und Gruppenarbeit im Prozess der Reeducation-Maßnahmen der German-Youth-Activities (GYA) der amerikanischen Besatzungskräfte angesagt, um demokratische Lernprozesse insbesondere bei Kindern und Jugendlichen anzustoßen. Es folgte schließlich eine Reorientierung auf die Methodentrias, später ab den 1970er-Jahren die Favorisierung der Gemeinwesenarbeit in ihrer politisch-gesellschaftskritischen Akzentuierung im Kontext grundlegender Gesellschaftskritik, bevor sich das Methodenspektrum schließlich immer deutlicher differenzierte (Müller 1971).

Insgesamt lässt sich eine Entwicklung des Verständnisses methodischen Arbeitens vom vormethodischen Prinzip der „Architekturwirkung und Regeleinhaltungspädagogik“, der „professionellen Mütterlichkeit“, des pädagogischen Handelns nach den „Regeln der Kunst“ über die „Kunst des Fallverstehens“ hin zum eher technologischen Methodenverständnis nachzeichnen. Seit Mitte der 1990er Jahre favorisieren wir eher ein an Subjektorientierung orientiertes integriertes Methodenverständnis mit reflexiver und ethischer Akzentuierung.

Im Laufe der Professionalisierungsgeschichte kommt es aber immer wieder zu kontroversen Diskursen darüber, wie wichtig Methoden im Verhältnis zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen oder aber zur Persönlichkeit der erziehenden Akteure für das Gelingen pädagogischer Prozesse sind.

Der alltagssprachliche Gebrauch des Methodenbegriffs deutet auf einen nicht zu unterschätzenden Bezug zwischen Persönlichkeit und individueller Methodenanwendung hin, der hier diskutiert werden soll und der den bisherigen Stand der Methodendiskussion (Meinhold 1988; Müller 1992; Schilling 1993; Thiersch 1992; Heiner u. a. 1995; Geißler / Hege 2001; Galuske 2011; Stimmer 2000; Müller, C. W. 2001; v. Spiegel 2013; Ehrhardt 2007, Kreft / Müller 2010, Wendt 2015) ergänzen soll. In diesen Abhandlungen ab Ende der 1980er Jahre unterscheiden sich eigentlich nur die jeweiligen Systematiken voneinander. Ansonsten existiert ein übergreifendes Verständnis dessen, was unter dem Begriff subsumierbar ist. Galuske fasst dieses Verständnis in folgender Definition zusammen:

„Methoden der Sozialen Arbeit thematisieren jene Aspekte im Rahmen sozialpädagogischer / sozialarbeiterischer Konzepte, die auf eine planvolle, nachvollziehbare und damit kontrollierbare Gestaltung von Hilfeprozessen abzielen und die dahingehend zu reflektieren und zu überprüfen sind, inwieweit sie dem Gegenstand, den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, den Erfordernissen des Arbeitsfeldes, der Institutionen, der Situation sowie der beteiligten Personen gerecht werden.“ (Galuske 2001, 28)

Methoden erfahren durch die Persönlichkeit des jeweils handelnden Akteurs auch eine sehr individuelle Ausprägung. Gerade der von Galuske benannte Aspekt der Personenbezogenheit impliziert die jeweils individuelle Adaption, die sich so auch im alltagssprachlichen Verwendungszusammenhang („seine Methode“) offenbart. „Pädagogisches Handeln darf gerade nicht als die zweckrationale Ableitung von Verhaltensweisen aus Zielen und damit nicht allein als technisches Verhalten verstanden werden“ (Wulf 2001, 37f.), sondern es ist als „kontingenter Prozess“ zu verstehen, in dem der Mensch Handlungsspielräume besitzt mit der Konsequenz einer gewissen Nichtvorhersehbarkeit von individuellem Verhalten (Wulf 2001, 62).

Der Prozess des Gelingens methodischen Arbeitens ist deshalb gerade nicht nur von der Passung zwischen Fallsituation, Fallverstehen und Methodenwahl abhängig. Ganz entscheidend kommt es auch darauf an, inwieweit erstens überhaupt die Kommunikation, also das Arbeitsbündnis zwischen Adressaten(gruppe) und demjenigen, der eine Methode anwendet, funktioniert und zweitens, inwieweit die Persönlichkeiten von Adressaten und Anwendern mit der jeweils angewandten Methode in Einklang gebracht werden können. Betrachtet man diese diversen Variablen im Kontext einer Methodenanwendung, so reduziert sich die Gewichtigkeit der Methodenwahl (Abb. 1).

Abb. 1: Zusammenspiel von Beziehungsdimensionen, Fallsituation und Methodenanwendung

Auffallend ist bei einem größeren Teil der „Methodenklassiker“ ein sogenanntes „integriertes Methodenverständnis“, welches sich über eine konzeptionelle Einbindung definiert und den Fokus auf Dimensionen von Planbarkeit, Vergleichbarkeit und Persönlichkeitsbezügen legt, wie etwa v. Spiegels Muster des methodischen Arbeitens als „eklektisches und collagenhaftes Handeln“ (v. Spiegel 2004, 117). V. Spiegel geht im Kontext eines solchen auf persönlichkeitsorientierte Anteile hin erweiterten Methodenverständnisses zunächst von einem überkomplexen Gebilde aus, das sich durch eine Gesamtschau von gesellschaftlichen, politischen, institutionellen und kontextuellen Einflussfaktoren einerseits und persönlichkeitsbedingten Anteilen beruflichen Handelns andererseits ergibt. Mithilfe des Bildes der Collage relativiert v. Spiegel die Formen des Handelns zwischen den beteiligten Akteuren durch Zeitabhängigkeit und biografiebedingte Wirkungsfaktoren ebenso wie die Methodenauswahl bzw. die Zusammensetzung von Bausteinen des methodischen Vorgehens, deren man sich dann nach Bedarf und nach Zielsetzungen jeweils werkzeugkastenähnlich bedient. V. Spiegel dürfte sich an dieser Stelle an Gildemeister (1983, 121f.) orientiert haben, die mit dem Begriff der „beruflichen Identität“ ein Konstrukt entwirft, welches die Person der professionell handelnden Akteurin als „Werkzeug“ professioneller Sozialer Arbeit begreift. V. Spiegels „Werkzeugkasten“ bietet schließlich Strukturierungshilfen und Haltepunkte dafür an, dass professionell handelnde Akteure ihre eigene Persönlichkeit in einem Set aus Analyse-, Planungs- und Reflexionsstrategien, die helfen können, ‚Lesarten‘ jeweiliger Fallkonstellationen zu entwickeln (vgl. Müller, B. 2002, 725ff) und den Informationsverarbeitungs- und Deutungsprozess zu strukturieren.

Insgesamt gilt der Satz: Je besser die in der Methodenanwendung relevanten Rahmenbedingungen selbst in einem kohärenten Eigenkontext stehen, umso wichtiger werden und umso gezielter lassen sich Methoden im Spektrum einer Ursachenanalyse-Zielanwendung einsetzen.

Im Sinne Schleiermachers Definition von „Erziehung als Kunst“ (Schleiermacher 2000) müsste sich methodisches Arbeiten zunächst in einem primären oder inneren Kontext unter fünf Bezugsvariablen als jeweils ausbalancierter Einheit verstehen:

1 Methodisches Handeln, d. h. eine ausgewählte Methode selbst, wäre erstens daraufhin zu testen, inwieweit diese authentisch zur Anwenderpersönlichkeit ist. Es wäre tendenziell unvorteilhaft, wenn z. B. ein eher introvertierter oder ängstlicher Persönlichkeitstyp eine Methode anwendet, die starke provokative oder auch konfrontierende Elemente einschließt. Die Adressatin würde ein solcherart anerlerntes Verhalten als „unecht“ oder als „aufgesetzt“ empfinden und bei der anwendenden Fachkraft vermutlich nicht akzeptieren. Des Weiteren kommen eine passende pädagogische Haltung und ein situationsadäquater persönlicher Stil der Kommunikation hinzu, wie z. B. Humor oder die Fähigkeit zur Rollendistanz (Schwabe 2007, 20).

2 Im kasuistischen Sinne wäre zu verifizieren, dass ein genaues Verstehen des Falles bzw. der Situation vorliegt; die eigene Deutung müsste zumindest der betroffenen Person, vielleicht aber auch Personen aus deren Umfeld präsentiert worden sein. In der Regel würde man eine zusätzliche Deutung einer weiteren Fachkraft hinzuziehen. Die Erprobungserfahrungen der ins Auge gefassten Methode müssten hierbei mit den Deutungsergebnissen korrespondieren. Darüber hinaus sollte die Methodenanwendung situationsadäquat stattfinden. In einer „angeheizten“ Konfliktsituation wäre ein mediatives Verfahren von der Konfliktstruktur her vielleicht angezeigt, von der Konfliktverlaufsphase her aber zunächst wirkungslos. Geißler und Hege (2001, 28) bezeichnen dieses Verhältnis als gegenstands- und als situationsadäquate Anwendung.

3 Die methodischen Techniken und Verfahren müssten bei ihrer Anwendung mit den persönlichen Eigenschaften und den biografischen Erfahrungen des Adressaten korrespondieren, um die anvisierten Ziele zu erreichen. So dürfte z. B. bei einer selbst aktuell durch Gewalttätigkeiten Dritter traumatisierten Klientin keine Konfrontationstechniken zur Anwendung kommen, die dann eher re-traumatisierende Wirkungen entfalten würden.

4 Außerdem existieren sogenannte „auferlegte Relevanzen […]; d. h., es ist auch abhängig vom Handeln anderer Instanzen, die ihrerseits über Handlungschancen jener Adressaten mit entscheiden und die in der Regel mehr Macht über deren Lebenszusammenhänge haben“ (Müller, C. W. 2001, 1195), wenn man an Schulen, Behörden, Arbeitgeber, Jugendgerichte etc. denkt.

5 Methodisches Handeln ist immer „bi-subjektives Handeln, das sich, sei es de facto und ungewollt oder aus eigener Programmatik, vom Handeln anderer abhängig machen muss“ (Müller, C. W. 2001, 1194). Es muss entweder eine Vertrauensbasis zwischen adressierter Person und Fachkraft aufgebaut sein oder das Verhältnis stützt sich auf Impulse bzw. sogar auf Druck und Zwänge, um dadurch Wirkungsmöglichkeiten methodischen Arbeitens überhaupt zu eröffnen. Im letzteren Fall sollte sich im Verlauf des Handlungsprozesses sukzessiv eine intrinsische Motivation des Adressaten einstellen, um Nachhaltigkeit zu bewirken.

Darüber hinaus sind es weitere Bedingungen, die bei der Methodenanwendung eine Rolle spielen, wie etwa die Aufgabenstellung, die Kultur, die räumliche Situation und Struktur der involvierten Institution, die Überprüfbarkeit oder auch die Historizität (Geißler / Hege 2001, 28, 34; Galuske 2001, 28).

Zum Methodenverständnis gibt es somit keine eindeutige Linie: Es changiert zwischen Planbarkeitsannahme – „Die Methode ist ein vorausgedachter Plan der Vorgehensweise“ (Geißler / Hege 1992, 24; eingeschränkt auch bei Galuske 2001) – und Planbarkeitseinschränkungen (v. Spiegel 2004; Wulf 2001). In einer Verbindung dieser beiden Linien ließe sich vielleicht eher mit einem Verständnis des methodischen Arbeitens im Sinne eines prozesshaften und reflektierenden Systematisierungsvorhabens operieren. Ein ähnliches Verständnis findet sich bei Hoffmann, der Methoden als einen

„theoretisch geklärten Handlungsplan, der in der Rückschau erkannte und berechtigte Weg der Praxis, der sich in gewisser Gesichertheit planend in die Zukunft richtet, wenn auch immer in Bereitschaft, sich von erneuter Besinnung weiterhin korrigieren und berichtigen zu lassen“ (Hoffmann 1963, 81).

Abb. 2: Einflussfaktoren und Kontexte methodischen Arbeitens

2.1.1 Zur Systematik des Methodenbegriffs

Findet man in den Methodendiskursen der späten 1980er-Jahre noch die Differenzierungspraxis zwischen Konzepten, Methoden sowie Verfahren und / oder Techniken (Geißler / Hege 2001) sowie parallel hierzu im schulischen Bereich nach wie vor die Unterscheidung zwischen Didaktik und Methodik durch Klafki (1970), so lösen in der Diskussion um die Jahrtausendwende Meinhold(1998), von Spiegel (2004) und Michel-Schwartze (2007) eine solche Differenzierung zu Gunsten einer Subsumtion sämtlicher „methodenorientierter Termini“ unter der Begrifflichkeit des „methodischen Arbeitens“ nahezu gänzlich auf bzw. sehen von einer präzisen Begriffsdifferenzierung ab.

In der synoptischen Betrachtung sämtlicher Ordnungs- und Systematisierungsversuche zu Methoden landet man meist wieder bei der Definition von Geißler / Hege, nach der Konzepte Handlungsmodelle sind, in denen die Ziele, die Inhalte, die Methoden und die Verfahren in einem sinnhaften Zusammenhang stehen (Geißler / Hege 2001). Methodik bleibt hier eher eine Sozialtechnik und damit Teil eines solchen konzeptionellen Wirkungszusammenhangs. Methoden gelten als (konstitutive) Teilaspekte von Konzepten. Methodisches Handeln ist ein auf Ziele gerichtetes Handeln. Es folgt bestimmten Prinzipien und vollzieht sich in bestimmten Arbeitsschritten, bei denen Verfahren und Techniken berücksichtigt werden, die am besten geeignet sind, das erstrebte Ziel zu erreichen (Heiner u. a. 1995, 35). Verfahren (und Techniken) sind danach Einzelelemente von Methoden.

Betrachtet man sämtliche im Spektrum des methodischen Arbeitens verwendeten Begriffe kontextuell, so ergibt sich das nachfolgende Systematisierungsmodell (Übersicht 1).

ÜBERSICHT 1

Methodisches Arbeiten – Ebenen, Verfahren und Prinzipien

■Konzeptionelle Ebene: Diese Ebene umfasst theoriegestützte und auf die spezifischen Handlungsfelder (Schultypen, Kinder- und Jugendförderung, Kindertagesbetreuung, Familienförderung, Hilfen zur Erziehung) bezogene übergeordnete Orientierungen wie z. B. die Lebenslagenorientierung, Lebensalter oder Sozialraumorientierung als grundlegende handlungsleitende Muster. Zur konzeptionellen Ebene zählen sämtliche den Erbringungsprozess des Angebotes beeinflussenden Variablen (Rahmenbedingungen) sowie dessen Strukturierung (Curriculum, Didaktik, Zielekanon, Planung, Evaluation, Umsetzungspraxis) und Systematisierung (Zielgruppenbeschreibung, Sozialraumorientierung). Sämtliche Komponenten werden im Rahmen einer Konzeption in einem sinnhaften Kontext platziert.

■Orientierungen und Ansätze: Konzeptionen unterscheiden sich in der Regel nach den ihnen zugrunde liegenden theoretischen (disziplinären) und handlungswissenschaftlichen (professionsgebundenen) Prinzipien und Ansätzen auf den diversen wissenschaftlichen Betrachtungsebenen von Subjekt, Interaktion, Organisation und Gesellschaft (z. B. subjektzentrierte Theorien, Interaktionstheorien, Systemtheorie, Gesellschaftstheorien) bzw. Schulen (z. B. Lerntheorie, Psychoanalyse, Tiefenpsychologie usw.). Diese können orientierenden, systematisierenden und zielleitenden Charakter besitzen. Teilweise beziehen sich Konzepte aber auch auf verschiedene solcher Orientierungen und haben dadurch eklektischen Charakter (May 2008, 28ff.).

■Handlungs- und Arbeitsprinzipien: Handlungsprinzipien sind fachlich relevante Kriterien, die als professionelle qualitative Handlungsstandards fungieren wie etwa Partizipation, dialogische und demokratische Steuerung, Integrations- bzw. Inklusionsorientierung, Gender- und Diversityorientierung, Gleichbehandlung, Regulation bei Schutzbedürftigkeit und Regelverletzungen, Empowerment oder Mehrperspektivität.

■Arbeitsformen: Sie differenzieren zwischen der Arbeit mit Einzelnen, mit Gruppen, mit gemeinwesenbezogenen oder organisatorischen Einheiten.

■Methodische Ebene: Die methodische Ebene bezeichnet die wissenschaftlich begründete genaue Form, die Abläufe und Ausgestaltung eines Handlungskonzeptes wie etwa das der Freizeitarbeit, der Förderung, der Bildung, der Versorgung, der Beratung, Begleitung, Hilfe oder Intervention im Kontext von Einzelfall (wie etwa die Intensive Sozialpädagogische Einzelfallhilfe), Familien- (z. B. Familienberatung, Sozialpädagogische Familienhilfe – SPFH, Familienrat), Gruppen- (Kindertagesgruppe, Tagesgruppe, Soziale Gruppenarbeit, die Heimerziehung bzw. Wohngruppenerziehung) oder Gemeinwesenarbeit im sozialen Bereich bzw. die Einzel-, Projekt- oder Partnerarbeit im schulischen Feld oder auch die „großen (handlungsorientierten) Methoden“ (Reich 2007).

■Handlungsmethoden: Diese Ebene bezeichnet ein differenziertes System geregelter Verfahren und Techniken, also ein strukturiertes operatives Handlungsvorgehen wie etwa biografieorientiertes oder systembezogenes Arbeiten, Tatkonfrontierende Arbeit wie Antiaggressivitätstrainings, Täter-Opfer-Ausgleich, Mediation, Deeskalation usw.

■Verfahren: Im Rahmen von Verfahren als allgemeinere, organisatorisch-planende Teilelemente von Handlungsmethoden werden - in einem sinnvollen Kontext (z. B. Hilfeplanung, Erziehungsplanung) angeordnet - Techniken und Instrumente eingesetzt.

■Ebene der Techniken: „Techniken bilden das methodenimmanente und spezifische ‚Handwerkszeug‘, das im Rahmen der gewählten Verfahren einer Methode Anwendung findet“ (Stimmer 2000, 25). Als Techniken gelten etwa Rollenspiele, Skulpturenarbeit, Konfrontations- oder Feedback-Technik bzw. die sogenannten „kleinen Methoden“ im schulischen Bereich (Reich 2007).

■Ebene der Instrumente: Instrumente sind technische Unterstützungshilfen (Fragebogen) oder Lernmittel, Lernmaterialien zur Unterstützung bzw. Qualifizierung eines Verfahrens.

Zusammenfassung

Da zu diesen technischen Aspekten methodischen Arbeitens noch atmosphärische, habituelle, interaktive, beziehungsrelevante, vertrauensbildende sowie reflektierende Aspekte gehören, lässt sich Methodisches Handeln wie folgt umschreiben:

Methodisches Arbeiten bedeutet ein jeweils spezifisch auf verschiedene Arbeitsfelder, Zielgruppen und Auftragssituationen ausgerichtetes systematisiertes, geplantes, zielorientiertes und meist prozessuales Vorgehen, welches sich auf handlungs- und grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse stützt. In dessen Verlauf werden die beabsichtigten und realen Wirkungen des Verfahrens sowie der eigenen Person im Verhältnis zu Klienten, Kollegen und Vorgesetzten reflektiert.

2.1.2 Methode als prozesshaft reflektierendes Systematisierungsvorhaben

Gegenstand der Sozialen Arbeit sind soziale Probleme sowie die Förderung sozialer und psychosozialer Kompetenzen zur Bewältigung riskanter Lebenssituationen.

Mit der Erklärung und der Bewältigung solcher i. d. R. komplexer Bearbeitungssituationen wäre eine einzelne Wissenschaftsdisziplin überfordert. Insofern sind sowohl die wissenschaftliche Basis zur Erklärung als auch die handlungswissenschaftlichen Konzepte in der Sozialen Arbeit wie auch im schulischen Bereich inter- bzw. transdisziplinär ausgerichtet. Einerseits ist laut Definition methodisches Handeln zielgeleitetes und strukturiertes, systematisiertes, begründet-überlegtes, also konzeptuelles Handeln. Andererseits lassen sich sozialpädagogische Prozesse nur eingeschränkt steuern, sodass sich methodisches Handeln als ein zunächst prozesshaft angelegtes Systematisierungsvorhaben eines Handlungskonzeptes beschreiben lässt, in dessen Verlauf Systematisierungen auf der Grundlage fortlaufenden Reflektierens immer wieder neu initiiert werden müssen. In einem ersten Systematisierungsschritt sollten dabei sämtliche bekannten ausgangs-, prozess- und zielorientierten Einflussgrößen des avisierten Handelns erfasst und analysiert werden, um Methoden als zunächst gedankliche Ablaufpläne überhaupt präzisieren zu können. So findet man im schulischen und dem Feld der Sozialen Arbeit zahlreiche wichtige, teilweise ähnliche, teilweise aber auch sehr unterschiedliche Ausgangsbedingungen:

■Gegenstand der Sozialen Arbeit sind soziale Probleme (Staub-Bernasconi 1995) sowie die Gestaltung sozialer Prozesse; in der Schule sind es der fachbezogen angelegte und der individuell-soziale Bildungsprozess durch eine individuelle Bildungsbegleitung und Einstufung. Betrachtet man beide Gegenstandsbereiche zusammen, ergibt sich eine hohe Komplexität des Gegenstandes. So gilt es z. B. bei den sozialen Problemen deren Historizität (Ungleichzeitigkeit von Entwicklungen), deren mögliche Ethnizität (anthropologisch-kulturanthropologische Dimensionen pädagogischen Handelns), die Lebensalterbezogenheit, Geschlechterbezogenheit, Institutionsbezogenheit (Schule, Familie, vorschulische und nachschulische Institutionen, schulbegleitende oder schulparallele Institutionen) zu differenzieren.

■In beiden Handlungsbereichen zeigt sich die Dignität der Praxis teilweise theorieunabhängig.

■Methodisches Handeln muss selbst als „künstliche oder inszenierte Kommunikation“ eines mimetisch-sprachlichen und settingbezogenen Kontextes betrachtet werden.

■Methodisches Handeln entpuppt sich als Element einer Interaktionstrias von Klient-Fachkraft-Fallsituation.

■Methodisches Handeln ist als „offenes, begrenzt wirksames und ungewisses Projekt“ zu definieren; es existiert in methodischen Handlungskontexten meist eine hohe Komponentenvielfalt, die selbst wieder, je näher man zu alltäglichen und nichtinstitutionellen Handlungsebenen kommt, nur bedingte Planbarkeiten sozialer Kommunikation zulässt.

Dabei ist methodisches Arbeiten immer als transitorische Aktion entweder individuell-biografischer oder gruppenbezogener Ausrichtung zu verstehen. Ziele relativieren sich somit immer nur als Zwischenziele nächstgrößerer Prozessdimensionen (Übersicht 2).

ÜBERSICHT 2

Grundmodell von Ablaufschritten methodischen Arbeitens

1 geschlechtsbewusste und kulturspezifische defizit- und potenzialorientierte Ausgangsanalyse des Gegenstands: Fallsituation, Problemlage, Situation

2 geschlechts- und kulturspezifische Analyse der partizipativen, umfeldbezogenen und institutionellen Rahmenbedingungen, der individuellen Potenziale und Defizite

3 Hypothesenbildung und Hypothesendiskurs

4 zielorientierte Konzeptentwicklung und Planung: Hilfeplanung, Betreuungs-, Erziehungsplanung, Angebots-, Maßnahmen- und Prozessplanung

5 Angebotsrealisierung, lebensweltbezogene und institutionsadäquate Implementierung im sozialpädagogisch-schulischen Setting

6 ggf. Transfer in außerschulische Kontexte

7 ziel- und maßnahmenorientierte Evaluierung und ggf. ergänzende / modifizierende Weiterplanung

8 ggf. Modifikation und grundlegende Neuausrichtung von Planungszielen und Umsetzungsvorhaben

2.2Situation der Verzahnung zweier „Systeme“ – Integration, Kooperation oder Konkurrenz?

Von Rainer Kilb und Jochen Peter

Wenn sich früher im Bereich der Schule oder auch der Jugendhilfe Reformen abzeichneten, so ließ ein solcher Vorgang das jeweils andere Handlungsfeld meist in dem Glauben, dass es davon relativ unberührt weiter seine eigenen Wege gehen könne. Der Schule kam der Bildungs- und Erziehungsauftrag zu, die Jugendhilfe orientierte sich an einem Konglomerat unterschiedlichster Aufträge, entstanden aus ihren diversen historischen Wurzeln und Traditionen: Erziehung und Hilfen zur Erziehung, Förderung, Bildung, Begleitung, Betreuung, Versorgung, Kindes- und Jugendschutz.

Es waren nicht die kindes- und jugendsoziologischen Erkenntnisse der 1980er- und 1990er-Jahre mit ihren Befunden, dass die Schulen und die schulbezogenen Zusammenhänge immer mehr zum Lebensmittelpunkt von Kindern und Jugendlichen im schulfähigen Alter werden und deren Gruppenverhalten maßgeblich bestimmen. Es waren auch nicht die folgerichtig z. T. gesetzlich verankerten Kooperationsaufforderungen für die Schule und die Jugendhilfe, die letztendlich zu einer fachlich längst überfälligen viel dichteren Zusammenarbeit, ja in Teilbereichen sogar zu einer Integration von Angeboten dieser beiden Handlungsfelder hätten führen müssen.

Erst die nahezu zeitgleiche Thematisierung zweier zentraler Veränderungen der Rahmenbedingungen (die finanziellen Engpässe der öffentlichen Haushalte und die zunehmende Umwandlung zahlreicher, zunächst meist großstädtischer Schulen hin zu einer Ganztagsversorgung und der Ergebnisse des PISA-Qualitätsvergleiches) gab den Anlass, die Förderpraxis und hierbei insbesondere parallel stattfindende, häufig sogar doppelt vorhandene Angebote im Zuge von Mitteleinsparungen zu überprüfen und über Kooperationen Synergien zu erreichen.

Durch diese „externen“ Impulse begann erstmals sowohl im schulischen als auch im Jugendhilfebereich eine Diskussion darüber, wie und ob sich die verschiedenen Angebote von Schule und Jugendhilfe neu aufeinander beziehen lassen. Dabei existieren auf der schulischen Ebene bei der Frage, wie man ohne zusätzliche finanzielle Belastungen eine ganztägige Versorgung sicherstellen und organisieren kann, schnell Vorstellungen, eine Rolle, Kapazitäten und Ressourcen anderer, also z. B. von Horten, aus dem Bereich der Kinder- und Jugendarbeit freier und öffentlicher Träger sowie von Vereinen, von Volkshochschulen und Museen für die Nachmittagsbetreuung zu rekrutieren. Ein solches Prozedere konnte schnell zu einer additiven Version zukünftiger ganztägiger Bildungsangebote führen. Alles würde so bleiben können wie bisher; das Kind bekäme einfach einen anderen Namen.

Ein Teil der Kinder- und Jugendhilfe hätte sich nach diesem Modell stärker auf die Schulen zu beziehen, es würden vielleicht Besucherkapazitäten, z. B. für Einrichtungen der Offenen Kinderarbeit ähnlich derer im Hort festgelegt und entsprechend den Bezugsschulen zugeteilt bzw. verrechnet. Die nachmittäglichen Betreuungsangebote könnten freiwillig sein und somit wäre es den Kindern und Jugendlichen (bzw. den Sorgeberechtigten) selbst überlassen, ob sie den zugeteilten Platz belegen. Es würde auch nicht ins Gewicht fallen, wenn bestimmte Kinder dann stattdessen in eine Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII) oder zur Sozialen Gruppenarbeit (§ 29 SGB VIII) gingen, vielleicht aber auch durch eine Maßnahme der Intensiven Pädagogischen Einzelfallhilfe (§ 35 SGB VIII