Spagyrik - Christina Casagrande - E-Book

Spagyrik E-Book

Christina Casagrande

0,0
54,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Moderne Alchemie leicht und schnell anwenden. In diesem Handbuch finden Sie direkt umsetzbare Therapiekonzepte der Spagyrik nach Alexander von Bernus. Dazu eine konkrete Auswahl von Mitteln für ein breites Spektrum bewährter Indikationen. Außerdem werden die Wirkmechanismen verständlich erklärt – so können Sie auch Behandlungskonzepte individuell erstellen. Naturheilkundliche Empfehlungen ergänzen die vorgestellten Therapiekonzepte. Für eine kompetente Behandlung werden die wichtigsten philosophischen Grundlagen zeitgemäß erläutert. Begegnen Sie der Einzigartigkeit eines jeden Patienten – mit Spagyrik! Neu in der 4. Auflage: Kapitel Reise- und Hausapotheke

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 436

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Spagyrik

nach Alexander von Bernus

Christina Casagrande

4., überarbeitete und erweiterte Auflage

37 Abbildungen

Danksagung

Neben der Autorin wirken beim Schreiben eines Buches immer viele Helfer und Helferinnen mit. Allen danke ich ganz herzlich für ihre Arbeit.

Ganz besonders gilt mein Dank Frau Karin Proeller und Herrn Christoph Proeller vom Laboratorium Soluna für Informationen und Bilder. Für die tatkräftige Unterstützung bei der Realisierung des Buches danke ich meiner Freundin Britta Arnold sowie Herrn Christian Böser, Frau Ulrike Marquardt vom Karl F. Haug Verlag.

Und nicht zuletzt einen liebevollen Dank an meinen Mann Donato, der mich durch die spannende Zeit des Schreibens mit Geduld, Anregungen und technischer Unterstützung begleitet hat.

Christina Casagrande

Vorwort zur 4. Auflage

In den vergangenen Jahren fragten mich viele meiner Patienten, welche spagyrischen Mittel sie zuhause haben und/oder welche Solunate sie in die Reiseapotheke mit aufnehmen sollen. Diesen Fragen habe ich ein eigenes Kapitel am Ende des Buches gewidmet.

Ansonsten sind nur wenige zusätzliche Tipps hinzugekommen. Die traditionelle Behandlung mit Solunaten hat sich über die Jahre, auch nach Rückmeldungen meiner Kollegen, bewährt.

Allen Leserinnen und Lesern, die die Spagyrik mit Solunaten für sich neu entdecken, möchte ich folgende Empfehlung beim Erproben dieser Mittel mit auf den Weg geben: Beginnen Sie mit der niedrigsten angegebenen Tropfenzahl und beobachten Sie, wie das Mittel an Ihnen oder an Ihrem Patienten wirkt. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass viele Menschen immer schneller und intensiver, selbst auf kleinste Dosierungen, reagieren. Andere wiederum brauchen deutlich höhere Dosierungen. Wenn keine Testmöglichkeit zur Verfügung steht, hat es sich bewährt, schrittweise die ideale, persönliche Dosierung herauszufinden. Mit der Zeit kommt die Erfahrung, die Sie schnell das richtige Maß finden lässt.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und die Neugierde eines Kindes beim Erforschen neuer Wege.

Türkenfeld, im März 2019

Christina Casagrande

Vorwort zur 3. Auflage

Während meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin machte uns ein Lehrer auf ein Seminar in Norddeutschland aufmerksam. „Thema: Spagyrik, am Beispiel des Rosmarinmagisteriums; Seminarleitung: Professor Manfred Junius, Alchemist und Musiker“. Damals sagte mir das nicht viel, denn was bedeutete mir schon Spagyrik, und was bitte war ein Magisterium?

Besagter Lehrer hatte uns während seiner Unterrichtsstunden oft auf die Möglichkeit einer anderen Betrachtungsweise des Alltäglichen hingewiesen, die analoges Denken übt. Ganz egal, was gerade Thema war, er verstand es, unsere Aufmerksamkeit auf Dinge zu lenken, die logisch zusammenhangslos erschienen und doch in ihrem gleichzeitigen Auftreten dem Zufall Hohn sprachen.

So legte ich seine Information zum Spagyrik-Seminar nicht gleich zur Seite und fragte mich immer wieder: „Soll ich wirklich für eine Woche in den Norden fahren und mich mit Dingen auseinandersetzen, die für die anstehende Heilpraktikerprüfung völlig nutzlos sind?“

Dieses eindrückliche Erlebnis ließ mich nicht mehr los. Zwar führten mich meine therapeutischen Wege erst zu Homöopathie, Bachblüten- und Aromatherapie, ich lernte Fußreflexzonenmassage und Farbpunktur. Doch immer wieder begegnete ich Kollegen, die mir von spagyrischen Heilmitteln erzählten, die ich unbedingt kennenlernen müsse. Was sollte ich mit noch einer Ausbildung?

Susanne Fischer-Rizzi, meine Lehrerin in Aromatherapie, empfahl mir dringlich, das alte Schloss in Tapfheim bei Donauwörth zu besuchen. Ich sollte mir die Bibliothek des Alexander von Bernus anschauen und versuchen, dort einen Einstieg in die Spagyrik zu finden.

Auf dem Weg zu meinem ersten Seminar dort geriet ich in ein gewaltiges Gewitter mit sintflutartigem Regen, Sturm und Hagel, fast so, als wollte mich etwas hindern. Ich kam verspätet, aber dann doch in Tapfheim an. Im alten Bibliothekssaal hörte ich zum ersten Mal von den Solunaten, hielt seltene Bücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert in der Hand, sah einige Briefe der Korrespondenz zwischen Rudolf Steiner und Alexander von Bernus.

Marino Lazzeroni, der damals das Laboratorium Soluna leitete, öffnete mir durch seine Begeisterung für diese Arbeit eine weitere Tür zur Spagyrik. Er ließ uns Seminarteilnehmer im Labor an den Pflanzen riechen, die umso vieles intensiver rochen, als ich es von getrockneten Pflanzen gewohnt war. Er zeigte uns das Rhythmisieren der Tinkturen und vermittelte Zusammenhänge, die weit über die Herstellung von Heilmitteln hinausgehen. Er hatte seine Aufgabe gefunden, war in ihr aufgegangen und streckte seine helfende Hand aus für alle, die sich mit Spagyrik vertraut machen wollten.

Viele Male habe ich seine Hilfe in Anspruch genommen, als ich begann, meine Patienten mit den Solunaten zu behandeln. Wann immer ich ihn anrief, erhielt ich einen Hinweis, wie ich meinen Therapieansatz verbessern konnte. Mit der Zeit wurde mir dieser Weg vertraut und es gelang mir, vielen meiner Patienten zu helfen.

Dieses Buch ist aus dem Gefühl der Dankbarkeit entstanden gegenüber all den Lehrerinnen und Lehrern, denen ich begegnen durfte, die mir ihr Wissen so großzügig vermittelt haben. Und es entstand der Wunsch, meine Erfahrungen mit Ihnen zu teilen.

Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, wünsche ich Freude beim Lesen dieses Buches, Erfolg und gutes Gelingen zum Wohle Ihrer Patienten.

Türkenfeld, im Juni 2013

Christina Casagrande

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Danksagung

Vorwort zur 4. Auflage

Vorwort zur 3. Auflage

Teil I Einführung in die Spagyrik

1 Was ist Spagyrik?

2 Paracelsus

2.1 Philosophie

2.2 Astronomie/Astrologie

2.3 Alchemie

2.4 Tugend

3 Alexander von Bernus

4 Spagyrische Grundbegriffe

4.1 Die Grundprinzipien Merkur – Sulfur – Sal

4.2 Das Sinnbild des Ouroboros

4.3 Die planetaren Prinzipien

5 Spagyrik als Herstellungsverfahren

5.1 Traditionelles Herstellungsverfahren

5.1.1 Gewinnung des flüchtigen Sulfurs

5.1.2 Gewinnung des Merkurs

5.1.3 Fortsetzung zur Gewinnung des Merkurs

5.1.4 Gewinnung des Sals

5.1.5 Gewinnung des fixen Sulfurs

5.1.6 Zusammenfügen von Merkur, Sulfur und Sal

5.2 Verfahren nach Alexander von Bernus

5.3 Spagyrische Verfahren und das Homöopathische Arzneibuch (HAB)

5.3.1 Entwicklung der verschiedenen spagyrischen Verfahren

5.3.2 Spagyrische Verfahren und Hersteller mit Eintrag im HAB

Teil II Grundlagen der Therapie mit Solunaten

6 Theorie

6.1 Individualität des Patienten und spagyrische Behandlungen

6.2 Therapiespektrum

6.3 Die sieben Planetenprinzipien

6.3.1 Mond

6.3.2 Merkur

6.3.3 Venus

6.3.4 Sonne

6.3.5 Mars

6.3.6 Jupiter

6.3.7 Saturn

6.4 Die sieben Planetenprinzipien im Krankheitsverlauf

6.4.1 Beginn der Krankheit – Mondphase

6.4.2 Ausbreitung der Krankheit – Merkurphase

6.4.3 Die Erkrankung hat sich im Körper eingerichtet – Venusphase

6.4.4 Die Krankheit will vom Körper Besitz ergreifen – Marsphase

6.4.5 Die Krankheit wird zu einem Teil des Körpers – Jupiterphase

6.4.6 Zerstörerische Aspekte der Krankheit – Saturnphase

7 Praxis

7.1 Behandlungsstrategien

7.2 Verlaufskontrolle

7.3 Risikoabschätzung

7.4 Überblick über das Soluna-Heilmittelsystem

7.4.1 Solunate in Kombination mit anderen Heilmitteln

7.4.2 Die Beziehung der Solunate untereinander

7.4.3 Einnahmemodus

7.4.4 Nebenwirkungen der Solunate

8 Exkurs: Averara und der Soluna-Garten

Teil III Basistherapie

9 Aufbautherapien

9.1 Mittel der Wahl zum Kräfteaufbau

9.1.1 Aufbau nach Infektionserkrankungen und Operationen

9.1.2 Aufbau nach Magen-Darm-Erkrankungen

10 Ausleitungstherapien

10.1 Mittel der Wahl zur Ausleitung

10.2 Schwermetallausleitung

10.3 Ausleitung nach Antibiotikabehandlung

10.4 Ausleitung nach Narkose

11 Rhythmisierende Therapien

11.1 Ordnungstherapie

11.1.1 Schlaf-Wach-Rhythmus

11.1.2 Rhythmus der Mahlzeiten

11.1.3 Rhythmus der Jahreszeiten

11.2 Rhythmisierung mit spagyrischen Heilmitteln

11.2.1 Die wichtigsten Solunate zur Rhythmisierung

11.2.2 Ergänzende Mittel zur Rhythmisierung

Teil IV Bewährte Indikationen

12 Organübergreifende Therapieansätze

12.1 Behandlung des Immunsystems

12.1.1 Allgemeine Einführung

12.1.2 Abwehrschwäche

12.1.3 Regulationsstarre

12.1.4 Allergie

12.1.5 Autoaggression

12.2 Neurologische Erkrankungen

12.2.1 Mittel der Wahl bei neurologischen Erkrankungen

12.3 Neurovegetative Erkrankungen

12.3.1 Mittel der Wahl bei neurovegetativen Erkrankungen

12.4 Schlafstörungen

12.4.1 Behandlungsvorschläge

12.4.2 Zusatztherapie

12.5 Schmerzbehandlung

12.5.1 Was ist Schmerz?

12.5.2 Trigeminusneuralgie

12.5.3 Schmerzen im Mund- und Zahnbereich

12.5.4 Kopfschmerzen

12.5.5 Schmerzen im Bauchbereich – Verwachsungsbauch

12.5.6 Polyneuropathien

12.5.7 Psychogene Schmerzen

12.6 Stoffwechselstörungen

12.6.1 Mittel der Wahl bei Stoffwechselstörungen

12.7 Spagyrische Begleitbehandlung bei Krebserkrankungen

12.7.1 Mittel der Wahl bei Krebserkrankungen

12.7.2 Bei Bedarf zur äußerlichen Anwendung

13 Organspezifische Therapieansätze

13.1 Atemwege

13.1.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen der Atemwege

13.2 Augen

13.2.1 Mittel der Wahl bei Augenerkrankungen

13.2.2 Ergänzende Solunate

13.3 Bewegungsapparat

13.3.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen des Bewegungsapparats

13.4 Blut- und Lymphsystem

13.4.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen des Blut- und Lymphsystems

13.5 Geschlechtsorgane – Erkrankungen der Frau

13.5.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane

13.6 Geschlechtsorgane – Erkrankungen des Mannes

13.6.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane

13.7 Hals, Nase, Ohren

13.7.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen im HNO-Bereich

13.8 Haut

13.8.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen der Haut

13.9 Herz-Kreislauf

13.9.1 Angina pectoris

13.9.2 Apoplexie

13.9.3 Durchblutungsstörungen

13.9.4 Ulcus cruris

13.9.5 Herzinsuffizienz

13.9.6 Herzrhythmusstörungen

13.9.7 Hypertonie

13.9.8 Hypotonie

13.9.9 Myokarditis

13.10 Niere und Blase

13.10.1 Mittel der Wahl bei Nieren- und Blasenerkrankungen

13.11 Schilddrüse

13.11.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen der Schilddrüse

13.11.2 Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse

13.12 Verdauungstrakt

13.12.1 Mittel der Wahl bei Erkrankungen des Verdauungstrakts

14 Lebensabschnitte

14.1 Pubertät

14.2 Schwangerschaft und Stillzeit

14.2.1 Einführung

14.2.2 Analogie Planetenprinzipien

14.2.3 Mittel der Wahl in Schwangerschaft und Stillzeit

14.2.4 Dosierung der Mittel für Schwangere und Säuglinge

14.2.5 Die werdende Mutter

14.2.6 Die junge Mutter

14.3 Das Neugeborene

14.3.1 Neugeborenenikterus

14.3.2 Blähungen/Dreimonatskoliken

14.3.3 Die atopische Konstitution

14.3.4 Obstipation

14.3.5 Trinkschwäche

14.3.6 Fieber/Fieberkrampf

14.4 Klimakterium

14.5 Geriatrie

14.5.1 Einführung

14.5.2 Analogie der Planetenprinzipien

14.5.3 Mittel der Wahl für den geriatrischen Patienten

14.5.4 Häufige geriatrische Krankheitsbilder

15 Spagyrische Haus- und Reiseapotheke

15.1 Urlaubsvorbereitung

15.2 Schmerzen

15.2.1 Kopfschmerzen

15.2.2 Bauchschmerzen

15.2.3 Rückenschmerzen

15.3 Erkältung/Grippaler Infekt

15.3.1 Mit Fieber

15.3.2 Ohne Fieber

15.3.3 Halsweh

15.3.4 Schnupfen

15.3.5 Stirn- und/oder Nebenhöhlenentzündung

15.3.6 Husten

15.3.7 Ohrenschmerzen

15.4 Verdauungstrakt

15.4.1 Übelkeit/Erbrechen

15.4.2 Durchfall

15.4.3 Verstopfung

15.5 Herz- und Kreislaufbeschwerden

15.5.1 Herzrhythmusstörung/Herzstolpern

15.5.2 Hoher Blutdruck

15.5.3 Niedriger Blutdruck

15.5.4 Erschöpfung nach körperlicher Überanstrengung

15.6 Schlafstörungen

15.6.1 Einschlafstörung

15.6.2 Durchschlafstörung

15.7 Blasenentzündung

15.8 Menstruationsbeschwerden

15.8.1 Heftige Schmerzen

15.8.2 Sehr starke Blutung

15.9 Haut

15.9.1 Entzündung nach Insektenstich

15.9.2 Unspezifische Hautentzündungen

15.10 Nervensache

15.10.1 Erschöpfungstief

15.10.2 Reisefieber/Flugangst

15.10.3 Weitere mögliche Indikationen

16 Zusatztherapien und Hilfsmittel

16.1 Aromatherapie

16.1.1 Bronchienöl für Kinder

16.1.2 CIL-Öl

16.1.3 „Wadl-Öl“

16.1.4 „Schutzöl“

16.1.5 „Duftende Einschlafhilfe“

16.1.6 Fußbad „Gute Nacht“

16.1.7 Oliven-Lavendelöl-Mischung

16.2 Augenbad

16.3 Augenkompresse

16.4 Mittel aus der ayurvedischen Heilkunde

16.4.1 Lassi

16.4.2 Ghee

16.5 Bachblütentherapie

16.6 Obstessigbad

16.6.1 Anwendung

16.7 Reibesitzbad

16.7.1 Anwendung

16.8 Salzwasserspülung der Nase

16.9 Schüßler-Salze – Die „Heiße Sieben“

16.10 Wickel

16.10.1 Gallewickel

16.10.2 Gallewickel mit ätherischen Ölen

16.10.3 „Kalte Socke“

16.10.4 Leberwickel – einfache Variante

16.10.5 Leberwickel mit ätherischen Ölen

16.10.6 Quarkwickel

16.10.7 Unterschenkelguss

16.10.8 Wadenwickel bei Fieber

16.10.9 Wechseldusche nach Pfarrer Kneipp

Teil V Anhang

17 Empfehlungsbogen

18 Literatur

19 Bezugsquellen

20 Über die Autorin

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum

Teil I Einführung in die Spagyrik

1 Was ist Spagyrik?

2 Paracelsus

3 Alexander von Bernus

4 Spagyrische Grundbegriffe

5 Spagyrik als Herstellungsverfahren

1 Was ist Spagyrik?

Ich hatte schon viele Jahre Vorträge über Spagyrik gehalten, da wurde ich eines Tages gefragt: Was ist Spagyrik wirklich? Ein Handwerk, eine Kunst, eine Wissenschaft oder etwa Philosophie?

Das war keine neue Frage für mich, aber doch ein klarer Anlass, endlich eine befriedigende, möglichst einfache Antwort darauf zu finden. Schlage ich eines der üblichen Bücher zum Thema auf, finde ich meist eine längere Abhandlung über Philosophie. Manchmal werden auch merkwürdige Dinge geschildert oder der Leser findet hauptsächlich Spott über den vermeintlichen Aberglauben. Doch ich habe eine ganz andere Sicht der Verbundenheit der Dinge und die möchte ich hier mit Ihnen teilen.

Die Menschen wollten schon immer verstehen, wie die Natur ihre Wunder vollbringt. Diejenigen, die sich einst auf den Weg machten, diese Wunder zu begreifen, nennen wir heute Alchemisten. Sie suchten und sie fanden, sie irrten und sie glaubten zu wissen. Viele von ihnen schrieben Bücher in einer seltsamen Sprache, die sie erst erfinden mussten, weil es keine Begriffe und Wörter gab für die Dinge und Zusammenhänge, die sie erforschten.

Ihr Prüfstein war die Laborarbeit, hier wurden sie zu Handwerkern.

Sie brachten sich mit Leib und Seele in diese Arbeit ein, und das machte sie zu Künstlern.

Ihre Neugier und ihr Zweifel, der Wille zu überprüfen, da waren sie Wissenschaftler.

Und weil sie die Zusammenhänge des gesamten Kosmos begreifen wollten, weil sie an einen Gott glaubten, waren sie Philosophen.

Einige von ihnen haben sich verirrt. Sie wollten Gold machen, um reich zu werden, und verloren ihr Ziel, die Wunder des Lebens zu verstehen, aus den Augen. Andere wiederum, unter ihnen Paracelsus, hatten den Wunsch, mit ihrer Laborkunst dem leidenden Menschen zu helfen. Paracelsus nannte seine Kunst Spagyrik. Der Begriff leitet sich ab aus den griechischen Worten „spao“ für „ich trenne“ und „ageiro“ für „ich verbinde“.

In der Weltsicht des Paracelsus sind alle materiellen Dinge aus den vier Elementen Feuer, Erde, Wasser und Luft sowie nach den drei philosophischen Prinzipien aufgebaut. Die philosophischen Prinzipien Sal, Sulfur und Merkur sind an sich nicht stofflicher Art, sondern beschreiben Qualitäten und Eigenschaften von Substanzen. Darüber hinaus lassen sich mit den philosophischen Prinzipien auch dynamische Vorgänge charakterisieren.

Das Trennen und Verbinden, die spagyrische Aufarbeitung von Heilpflanzen, Mineralen und Metallen, beziehen sich – folgt man Paracelsus – auf die philosophischen Prinzipien Sal, Sulfur und Merkur. Andere Denkschulen definieren andere Prinzipien und Zuordnungen. In jedem Fall werden bei der Verarbeitung Substanzen, die den jeweiligen Prinzipien zugeordnet sind, herausgelöst, um sie dann, von „vergänglichen“ Teilen befreit, wieder zusammenzuführen (Kap. ▶ 4.1 und Kap.  ▶ 5.1). Durch Rhythmisierung werden die gereinigten Substanzen „erhöht“, d. h. durch Veränderung der Molekularstruktur in einen dynamischen Zustand gebracht (Kap.  ▶ 5.2).

Die Verarbeitung spagyrischer Mittel unterscheidet sich auf der rein materiellen Ebene nicht wesentlich von den modernen Verfahren der pharmazeutischen Arzneimittelherstellung. Der wesentliche Unterschied beruht auf Qualitätsanforderungen an Ausgangsmaterial und Verarbeitung, die jenseits von rein chemischen Faktoren liegen. Der Qualitätsunterschied lässt sich am einfachsten am Beispiel der Herstellung von Wein erklären: Rein chemisch gesehen sind Weine aus industrieller Massenproduktion nur schwer von Spitzenprodukten eines Kellermeisters zu unterscheiden. In dem Augenblick, in dem man den Wein kostet, muss man aber kein Kenner sein, um den Unterschied festzustellen.

2 Paracelsus

Bei Paracelsus finden wir erstmals die Verwendung des Begriffs „Spagyrik“ für das Herstellungsverfahren seiner Heilmittel. Ursprünglich wurden Heilmittel von den Ärzten selbst hergestellt – und Paracelsus forderte dieses Können auch als Kennzeichen eines wahren Arztes ein. Das Herstellungsverfahren seiner Heilmittel basierte auf alchemistischen Methoden. Um hier jedweder Verwirrung vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, dass Paracelsus die Begriffe „Alchemie“ und „Spagyrik“ synonym gebrauchte.

Paracelsus wurde als Theophrastus Bombastus von Hohenheim um 1493 im schweizerischen Einsiedeln geboren und starb 1541 in Salzburg. Über die Bedeutung des Namens Paracelsus gehen die Meinungen auseinander. Jedenfalls bedeutet „celsus“ hochragend und „para“ jenseits oder gegen. Nun fassen das die einen als Paraphrase von „Hohenheim“ auf, die anderen beziehen sich auf Aulus Cornelius, der Celsus genannt wurde. Dieser hatte zwischen 25 und 35 n.Chr. eine Enzyklopädie der griechischen Heilkunst verfasst. Auf diese Texte bezogen sich von Galen (128 bis ca. 216 n.Chr.) und Avicenna (980 bis 1037 n.Chr.), die „Säulenheiligen“ des Medizinverständnisses z.Z. des Paracelsus.

In der ihm eigenen theatralischen Art verbrannte Paracelsus 1527 als Stadtmedicus und Professor an der ehrwürdigen Universität Basel öffentlich, was er die „Die Summe der Bücher“ nannte – möglicherweise eben genau dieses sakrosankte medizinische Lehrwerk. Das war dann auch der Anfang vom Ende seiner akademischen Laufbahn. Paracelsus sollte zeit seines Lebens nicht mehr zur Ruhe kommen. Mit schöner Regelmäßigkeit musste er seine Wirkstätten immer wieder verlassen.

In seinen Schriften klagte Paracelsus über die Anfeindungen, die er seitens der Ärzte und Apotheker überall erfuhr. Aber er hatte unbestrittene Erfolge und war bei seinen Patienten beliebt. Paracelsus stellte an jeden, der als Arzt wirken wollte, höchste Ansprüche, denn in seinen Augen musste die ärztliche Kunst auf den vier Säulen der Philosophie, Astronomie/Astrologie, Alchemie und Tugend ruhen.

2.1 Philosophie

In Bezug auf die Philosophie forderte Paracelsus: „Zuallererst muss der Arzt Himmel und Erde kennen“ ( ▶ [23], S. 31). Er meint damit allerdings nicht das Lernen von Daten und Fakten aus Büchern, sondern verlangt, der Arzt müsse die Natur untersuchen, um zu lernen, alle Dinge, die ihm begegnen, in das alchemistische Schöpfungsschema einzuordnen. Er muss die kosmischen Wirkprinzipien sowohl in den Krankheiten als auch in den Heilpflanzen erkennen und um deren Gesetzmäßigkeiten wissen. Nur auf diesem Wege erwirbt er sich aus Paracelsus’ Sicht die Fähigkeit, einer Krankheit das passende Heilmittel zuzuordnen. Die so gefundenen Erkenntnisse muss ein Arzt schließlich in der Praxis überprüfen.

Genau dieses geforderte Grundprinzip führte dazu, dass Paracelsus später als einer der Begründer der wissenschaftlichen Medizin angesehen wurde.

In ▶ Abb. 2.1 ist das philosophische Prinzip von Paracelsus bildlich dargestellt. Die Natur ist eine schöne, kräftige, selbstbewusste Frau, der Alchemist folgt ihren Spuren. Er hält die Lampe hoch (Feuer der Erkenntnis), tastet mit dem Stock den Weg ab (schrittweises Erkennen). Zudem trägt er eine Brille (schärfere Sicht).

Abb. 2.1 Alchemist folgt den Spuren der Natur.

(aus: Maier M. Atalanta Fugiens, hoc est, Emblemata Nova De Secretis Naturae Chymica. Oppenheimii; 1618)

2.2 Astronomie/Astrologie

Den Himmel zu kennen bedeutet, den Lauf der Gestirne berechnen zu können. Aber im paracelsischen Weltbild sind die Gestirne die kosmische Uhr, die Hinweise auf den Lauf der Wirkkräfte der Natur gibt. Ohne dieses Wissen kann der Arzt weder eine umfassende Diagnose stellen noch die genaue Art der Krankheit erkennen und somit auch keine Aussage über die einzusetzende Arznei oder den Zeitpunkt und die Dauer der Behandlung machen.

2.3 Alchemie

Die Alchemie, oder genauer die Spagyrik, ist die Voraussetzung für die Herstellung der Arznei. Paracelsus verglich die Verwendung einer unbearbeiteten Substanz als Arznei mit dem Essen von rohem Fleisch und dem Tragen von ungegerbten Häuten: Grobschlächtig, unbeholfen, ja gesundheitsgefährdend nannte er das.

Für Paracelsus sind die Wirkkräfte zur Heilung von Krankheiten in der Natur so subtil, dass sie erst aufgeschlüsselt werden müssen. Der alchemistische Prozess dient dem Trennen aller grobstofflichen Teile von der innewohnenden Heilkraft. Nur nach einer solchen Aufbereitung kann die Arznei vom „Himmel“ zum Ort der Krankheit geführt werden.

2.4 Tugend

Die Tugend als vierte Säule ist im Arzt selbst angesiedelt. Sie führt die anderen drei Säulen zusammen. Paracelsus rückte den Arzt, der sein Wissen und Können von und durch Gott hat, in die Nähe der Propheten und Apostel. Die Macht des Arztes über Gesundheit, Leben und Tod, die ihm aus dem Vertrauen seiner Patienten zuwächst, ließ Paracelsus höchste Anforderungen an den Charakter stellen. Es gehört zu den Widersprüchlichkeiten des Paracelsus’, dass er trotz seines Lebenswandels letztendlich die Meinung vertrat, er sei der Einzige unter den Lebenden, der diesen Anforderungen genüge, sprich, der einzig wahre Arzt seiner Zeit.

Der Nachwelt fällt es offenbar entschieden leichter als seinen Zeitgenossen, über die menschlichen Unzulänglichkeiten von Paracelsus hinwegzusehen. Die von ihm angestoßene Revolution des ärztlichen und naturwissenschaftlichen Verständnisses wirkt bis in unsere Zeit hinein und wird als Fortschritt gewertet. Paracelsus ist vom verteufelten Feind der damals etablierten Medizin zum Namensgeber für die höchste Auszeichnung der heutigen deutschen Ärzteschaft geworden: die Paracelsus-Medaille.

Paracelsus scheint das vorhergesehen zu haben, denn er sagte:

„Ich werde grünen und ihr werdet dürre Feigenbäume werden. … Die Erde und das Wasser werden ihre Philosophen erneuern und das Licht der Natur wird seinen Alchemisten zum anderen Mal gebären.“

( ▶ [8], S. 9)

3 Alexander von Bernus

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Faszination der paracelsischen Medizin ungebrochen. Sie erhielt in dieser Zeit durch die Anthroposophie zusätzliche Impulse. Es wird als ein zentrales Anliegen von Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie, beschrieben, aus dem geistigen Bereich Wissen zur Verbesserung des menschlichen Lebens zu gewinnen. Dieses Wissen beruht auf alten Weltanschauungen, die aber in die Moderne hinein weitergedacht wurden.

Bei den Vorarbeiten zur Entwicklung seiner Heilmittel arbeitete Alexander von Bernus ( ▶ Abb. 3.1) intensiv mit Rudolf Steiner zusammen. Sein Ziel war es, ein einfacheres Heilsystem als das der Homöopathie zu finden – sein Weg dahin war die Alchemie.

Abb. 3.1 Alexander von Bernus.

(Laboratorium Soluna, Donauwörth)

Alexander von Bernus (1880–1965) wird von Klaus Mann in seiner Autobiografie als ein Mensch beschrieben, der seine Laufbahn als

„… literarischer Bohemien begonnen [hatte], um sich aber bald tieferen Studien und Abenteuern zuzuwenden. Aus dem verspielten Ästheten wurde ein Mystiker, aus dem Mystiker ein professioneller Adept und Künder der okkulten Sphäre. Nach kurzer Lehrzeit bei verschiedenen esoterischen Gruppen schloss er sich der Anthroposophischen Gesellschaft an, deren Gründer und Leiter, Dr. Rudolf Steiner, dem Hause Bernus auch persönlich nahestand.“ ( ▶ [22], S. 139). Alexander von Bernus selbst sagte in einem Rundfunkinterview am 6. Februar 1952, dass die Theosophie von Blavatsky der „… Anfang [war] meines Werkes zu diesem ganzen okkulten, theosophischen Gebiet, und von da kam ich dann zur Astrologie, zur Alchemie und zur esoterischen Medizin, der mittelalterlichen Medizin, und dann habe ich das meiste aus dem Paracelsus natürlich.“

( ▶ [29], S. 78)

In den Jahren 1912 bis 1914 studierte von Bernus Medizin, Chemie, Botanik sowie Physik und richtete auf Stift Neuburg, dem damaligen Familiensitz, ein alchemistisches Labor ein. Die ersten Heilmittel stellte er ab 1914 zusammen mit dem in praktischer Alchemie bewanderten Conrad Johann Glückselig her – nach Angaben von Paracelsus ▶ [29]. Nach sieben intensiven spagyrischen Arbeitsjahren gründete er 1921 ein pharmazeutisch-spagyrisches Labor, aus dem das Laboratorium Soluna hervorging. Die hier hergestellten Arzneimittel heißen entsprechend Solunate.

4 Spagyrische Grundbegriffe

4.1 Die Grundprinzipien Merkur – Sulfur – Sal

Merke

Die Grundprinzipien Merkur, Sulfur und Sal sind die Dreh- und Angelpunkte der Philosophie von Alchemie und Spagyrik.

Unglücklicherweise besteht in den Werken der verschiedenen Autoren keinerlei Einigkeit darüber, was unter diesen Prinzipien genau zu verstehen ist. Es herrscht noch nicht einmal Einigkeit darüber, ob sinnvollerweise von zwei, drei oder fünf Prinzipien ausgegangen werden soll ▶ [24].

Ebenfalls strittig ist die Zuordnung der Begriffe Merkur zu Geist, Sulfur zu Seele und Sal zu Körper. Einer der Diskussionspunkte, nur um ein Beispiel zu nennen, betrifft die Frage, ob der unsterbliche Anteil des Menschen die Seele oder sein Geist sei.

Eine für mich einleuchtende Erklärung der drei Prinzipien gibt Manfred Junius, Professor für Biologie, Musiker und Alchemist in der Tradition von Paracelsus, für die praktische Arbeit im Labor ( ▶ [15]). Er betont jedoch dabei, dass er damit kein Dogma aufstellen will. Im Folgenden eine Zusammenfassung seiner Ausführungen, wie ich sie während meiner Ausbildung bei ihm verstanden habe.

Merkur – das Geistprinzip. Das Geistprinzip wird als transpersonales Prinzip beschrieben, das in jeder Lebensform vorhanden ist. Es hat selbst keine individuellen Eigenschaften, sondern dient als vermittelndes Prinzip, wie Merkur, der Götterbote, der Nachrichten unverfälscht übermittelt. Seine materielle Repräsentation ist immer ein Lösungsmittel, in der Regel Ethanol. Alkohol löst organische Substanzen aus einer Pflanze und bindet sie an sich. Die frühen Alchemisten mögen beobachtet haben, dass bei spontanen Vergärungen die Pflanze zerfällt und Alkohol entsteht. Daraus wurde abgeleitet, dass der Geist aus der Pflanze tritt und das Wesen mitnimmt. Spagyriker unserer Zeit verstehen die Rolle des Alkohols mehr als Lösungsmittel, sind sich aber nicht einig, ob dieser als Vergärungsprodukt der Ausgangspflanze entstehen muss oder zugesetzt werden kann. In den verschiedenen spagyrischen Schulen scheiden sich die Geister eben am Geistprinzip. Die einen vertreten die Ansicht, dass der Alkohol, gewonnen durch die Vergärung verschiedener Pflanzen, sehr wohl feine Prägungen der einzelnen Pflanzenart aufweist. Vertreter anderer Schulen wiederum – und zu diesen gehört auch Alexander von Bernus – sind der Ansicht, dass die dazu nötige Beifügung von Zucker und Hefe die Tinktur an sich verunreinigt und zudem durch den Gärungsvorgang wichtige Bitterstoffe zerstört werden ▶ [2]. Sie haben es vorgezogen, rektifizierten Weingeist zuzufügen, um die organischen Substanzen aus der Pflanze zu lösen.

Sulfur – das Seelenprinzip. Die materielle Repräsentation des Seelenprinzips sind in der Pflanzenalchemie die ätherischen Öle (flüchtiger Sulfur) einer Pflanze und ihre wasserlöslichen Salze (fixer Sulfur). Der Duft macht eine Pflanze unverwechselbar, er ist sozusagen ihre individuelle, unverwechselbare Seele. In der Pflanzenalchemie nach Junius wird Sulfur zum einen durch Wasserdampfdestillation für das Abscheiden der ätherischen Öle gewonnen, die wasserlöslichen Salze werden zum anderen durch Eindampfen des Hydrolats, des wässrigen Rückstands bei der Wasserdampfdestillation, ausgefällt.

Sal – das Körperprinzip. In der Pflanzenalchemie wird dieses Prinzip materiell repräsentiert von dem dichten, materiellen Körper der Pflanze mit den wasserunlöslichen oder nur sehr schwer löslichen Salzen. Diese werden durch Veraschung des festen Rückstands der Pflanze nach der Wasserdampfdestillation gewonnen und zugleich gereinigt. Die Veraschung wird so oft wiederholt, bis die Salze je nach Pflanzenart zartrosa, silbergrau oder schneeweiß erscheinen (Kap. ▶ 5.1).

Merke

Nach Auffassung und Lehre der alten Spagyriker und Alchemisten ist die aufbereitete Tinktur von allen irdischen Verunreinigungen befreit und Träger reiner Heilkraft.

In der Spagyrik nach Alexander von Bernus liegt eine besondere Betonung auf dem dynamischen Aspekt der drei Prinzipien, sowohl bei der Herstellung als auch bei der Wirkungsweise der Solunate.

Merkur ist die dynamisierende, die Materie auflockernde, verfeinernde, flüchtig machende Kraft. Das Erwärmen und Verflüchtigen bei der Wasserdampfdestillation ist ein Beispiel für einen merkuriellen Vorgang. Alle Solunate, die eine anfachende und beschleunigende Wirkung auf Körperfunktionen haben, werden in ihrer Wirkung als merkuriell beschrieben, ebenso die Solunate, die auf seelisch-geistiger Ebene stimmungsaufhellend und dynamisierend wirken.

Sulfur ist hier das unverwechselbare, individuelle Prinzip. In den einzelnen Solunaten wird es durch den speziellen, also sulfurischen Organbezug zum Ausdruck gebracht. Der Organbezug resultiert aus der jeweiligen Zusammensetzung der Rezeptur.

Sal steht für die zusammenziehende, strukturierende, kühlende Wirkkraft. Sie kommt einerseits in der Herstellung zum Tragen, also beim wässrigen Auszug (Mazeration) und stillen Ruhen, andererseits entfalten bestimmte Solunate aufgrund ihrer Zusammensetzung eine entsprechende „salische“ Wirkung.

Die einzelnen Tinkturen enthalten, je nach Eigenart der Pflanzen und ihrer Zusammenstellung mit Mineralien und Metallen, überwiegend merkurielle oder salische Wirkkräfte. Einige Tinkturen bergen die Wirkkräfte in perfektem Ausgleich in sich.

4.2 Das Sinnbild des Ouroboros

Für Alexander von Bernus war die Herstellung der Solunate eng mit dem Sinnbild des Ouroboros verknüpft. Die alten Griechen bezeichneten mit „Ouroboros drakon“ eine Schlange, die sich vom Schwanz her selbst verzehrt, ein sich ständig erneuerndes Wesen ( ▶ Abb. 4.1). Das Motiv taucht bereits in Ägypten (Grab des Tutenchamun) und als Midgardschlange auf Runensteinen auf ▶ [11].

Abb. 4.1 Darstellung des Ouroboros.

(aus: Maier M. Atalanta Fugiens, hoc est, Emblemata Nova De Secretis Naturae Chymica. Oppenheimii; 1618)

Der Leitgedanke des Ouroboros ist das Nachvollziehen der Kreisläufe der Natur. In unzähligen Wiederholungen gleichartiger Vorgänge entsteht am Ende qualitativ Neues, eine höhere Stufe derselben Substanz. Die Laborarbeit in der Spagyrik und ihre Ergebnisse sind der von außen sichtbare Teil des Kreislaufs. Unsichtbar und individuell bleiben dagegen die Teile, die in der handelnden Person ablaufen.

4.3 Die planetaren Prinzipien

Die Planetenprinzipien sind eine Form des analogen Denkens, das dem hermetischen Wissen der Priester und Heiler des alten Ägyptens zugeschrieben wird. Es handelt sich hierbei um ein Ordnungssystem, das sich auf Qualitäten und nicht auf messbare Eigenschaften bezieht. Qualitäten werden sensorisch wahrgenommen und sind deshalb von dem Menschen abhängig, der sie empfängt. Hier ist die subjektive Wahrnehmung mit im Spiel und das ist auch der Zweck eines analogen Denkansatzes. Die äußere Wahrnehmung soll, über das rationale Wissen hinaus, auf eine persönliche Erfahrungsebene (innere Wahrnehmung) geordnet übertragen werden.

In der Spagyrik hat sich das Wissen um die Planetenprinzipien bei der Auswahl der Zutaten für spezielle Tinkturen bei bestimmten Krankheiten bewährt. Auf der Ebene des analogen Denkens finden wir für ein planetares Prinzip das dazugehörige Metall, meist mehrere Mineralien und viele Heilpflanzen. Ebenso werden einem planetaren Prinzip Organe und Funktionsabläufe des menschlichen Körpers zugeordnet.

Diese Vorgehensweise war durch die Jahrhunderte bei der Behandlung von Kranken hilfreich. Das Wissen ist aber nicht Voraussetzung für die Anwendung spagyrischer Heilmittel. Es ist ein Angebot an Sie und Sie finden dazu eine ausführliche Beschreibung und Zuordnung in Kap.  ▶ 6.3.

5 Spagyrik als Herstellungsverfahren

5.1 Traditionelles Herstellungsverfahren

Das fundamentale Anliegen in der Spagyrik ist der Aufschluss der Ausgangssubstanz in einer Art und Weise, dass die definierten philosophischen Prinzipien daraus gewonnen werden können. Beispielsweise gibt es für den Auszug von Sal, Sulfur und Merkur zwei Möglichkeiten:

Der eine Weg ordnet die Prinzipien jeweils einem Trägerstoff zu und trennt diese Trägerstoffe materiell, um sie dann gereinigt wieder zusammenzusetzen. Eine Besonderheit dabei stellt das Prinzip Sulfur dar, das in einen flüchtigen und einen fixen Anteil getrennt und durch zwei verschiedene Trägerstoffe dargestellt wird.

Die zweite Möglichkeit ist, die Prinzipien gemeinsam mithilfe eines Lösungsmittels aus der Ausgangssubstanz zu gewinnen. Dabei werden die Trägerstoffe nicht explizit getrennt, sondern liegen gemeinsam im Lösungsmittel vor.

Das erste Verfahren ist ein linearer Prozess, der in der Literatur als philosophische Trennung beschrieben wird. An diesem Verfahren ist die Trennung in die drei Prinzipien am einfachsten zu erklären, da die Träger der Prinzipien tatsächlich stofflich getrennt und gereinigt werden.

Das zweite Verfahren, das als Spagyrik nach von Bernus bezeichnet wird, ist ein dem Sinnbild des Ouroboros nachempfundener zirkulärer Prozess. Die Träger der drei Prinzipien werden hierbei nicht explizit getrennt, sondern rhythmisch aus der Ausgangssubstanz gelöst (Kap.  ▶ 5.2).

Wie das erste Verfahren in praktischer Hinsicht aussehen kann, möchte ich mit der folgenden Bildserie einer solchen Laborarbeit zeigen. Die gewählte Kamille eignet sich aufgrund der intensiven Färbung des ätherischen Öls gut für eine Visualisierung.

Wir beginnen mit der getrockneten Kamille in einem 6 Liter fassenden Kolben ( ▶ Abb. 5.1) und geben destilliertes Wasser hinzu, bis der Kolben zu etwa ⅔ gefüllt ist.

Abb. 5.1 Getrocknete Kamille.

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

5.1.1 Gewinnung des flüchtigen Sulfurs

Das ätherische Öl (flüchtiger Sulfur) wird mittels eines Ölabscheiders, in diesem Fall eines sogenannten Soxhlet-Aufsatzes, gewonnen ( ▶ Abb. 5.2). Aus dem beheizten Kolben steigt der Dampf über ein Rohr bis zum oberen Kühler auf, kondensiert dort und tropft in das dünne Rohr des Soxhlet-Aufsatzes. Das blaue ätherische Öl der Kamille sammelt sich oben ( ▶ Abb. 5.3), das Wasser tritt unten durch eine Glasfritte aus, sammelt sich im Mantelrohr und wird durch einen Siphon periodisch in den Kolben zurück entleert. Das ätherische Öl wird abpipettiert und aufbewahrt.

Abb. 5.2 Soxhlet-Extraktion des ätherischen Öls (flüchtiger Sulfur).

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

Abb. 5.3 Abgeschiedenes Öl (flüchtiger Sulfur).

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

5.1.2 Gewinnung des Merkurs

Zur Gewinnung des Alkohols wird der wässrige Rückstand der Extraktion ( ▶ Abb. 5.4) abfiltriert, der feste Rückstand dient später der Gewinnung des Sal ( ▶ Abb. 5.5). Die Flüssigkeit wird im Kolben mit Zucker und Reinzuchthefe versetzt, mit einem Gäraufsatz verschlossen und bei gleichmäßiger Temperatur der Gärung überlassen ( ▶ Abb. 5.6). Wir gehen davon aus, dass die Pflanze selbst keinen Zucker enthält, und berechnen die zugesetzte Menge entsprechend dem Filtrat. Als Faustregel können wir pro Liter Filtrat 100 Gramm Zucker hinzugeben, mehr würde die Gärung behindern. Die Art der Hefe bestimmt die Höhe der Ausbeute und auch, welcher Art die Nebenprodukte sind, die entstehen. Nebenprodukte sind Fuselalkohole und Aromastoffe, die spezifische Geschmackskomponenten ergeben. Nach der Gärung sollten wir etwa 10 bis 12 Volumenprozent Ethanol vorfinden.

Abb. 5.4 Kamillerückstand aus der Extraktion nach Abscheiden der ätherischen Öle.

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

Abb. 5.5 Rückstand der Kamille während der Filtration. Oben im Bild ist der feste Rückstand zu sehen (enthält Sal), unten im Bild der flüssige Rückstand (enthält fixen Sulfur).

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

Abb. 5.6 Rückstand der Kamille nach Filtration. Der flüssige Rückstand wird vergoren (Merkur „tritt hervor“, im Bild rechts mit Gäraufsatz), der feste wird verascht (im Bild links).

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

Im flüssigen Rückstand, der zunächst vergoren wird, befinden sich außerdem die wasserlöslichen Salze des fixen Sulfurs. Diese werden erst nach Abschluss der Gärung gewonnen.

5.1.3 Fortsetzung zur Gewinnung des Merkurs

Wenn über den Gäraufsatz kein Gas mehr austritt, wissen wir, dass die Gärung zum Stillstand gekommen ist, also der Zucker von der Hefe anaerob in Ethanol verstoffwechselt wurde.

Wurde auf eine Vergärung verzichtet, muss jetzt, statt Zucker und Hefe, rektifizierter Alkohol in den Kolben gegeben werden.

Wir setzen nun eine Destillation auf, in diesem Fall ohne Gegenstromkühlung über eine einfache Brücke ( ▶ Abb. 5.7). Bei dem ersten Durchgang werden wir ein Wasser-Ethanol-Gemisch von etwa 60 Volumenprozent erhalten. Je nachdem, wie sauber wir gearbeitet haben, finden wir noch daneben die oben erwähnten Fuselalkohole und Aromastoffe, die wir im philosophischen Merkur nicht haben wollen. Eine Rektifikation, eine nochmalige Destillation des Alkohols, ist deshalb angezeigt. Mit etwas Ehrgeiz lässt sich Ethanol mit etwa 96 Volumenprozent Reinheitsgrad herstellen, darüber hinaus wird es schwierig.

Abb. 5.7 Der Alkohol (Merkur) wird abdestilliert.

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

5.1.4 Gewinnung des Sals

Der feste Rückstand aus dem Filtrat der Kamille wird in einem speziellen Ofen (Muffelofen) bei etwa 750 °C verascht, wir erhalten weiße Asche ( ▶ Abb. 5.8).

Abb. 5.8 Weiße Asche.

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

5.1.5 Gewinnung des fixen Sulfurs

Nach dem Abdestillieren des Alkohols wird der restliche flüssige Rückstand zunächst verdampft, dann im Muffelofen zu Asche verbrannt. Hier können allerdings höhere Temperaturen als bei der Veraschung des festen Kamillerückstands erforderlich sein, bevor die „Weißung“ der Asche eintritt. Wir waschen die Asche aus, dampfen die Flüssigkeit erneut ein und erhalten ein kristallines Salz, philosophisch gesprochen den fixen Sulfur ( ▶ Abb. 5.9, links). Mit demselben Verfahren wurde philosophisches Sal aus dem festen Rückstand der Asche gewonnen ( ▶ Abb. 5.9, rechts).

Die Rückstände in den Filtern ( ▶ Abb. 5.9, jeweils oben) sind trocken, die unterschiedliche Färbung entsteht durch das Lösen der Salze.

Abb. 5.9 Rückstand der Kamille. Rückstand der Flüssigkeit (verascht, im Bild oben links) und das ausgewaschene und kristallisierte Salz daraus (fixer Sulfur, im Bild unten links). Fester Rückstand (verascht, im Bild oben rechts) und das ausgewaschene und kristallisierte Salz daraus (Sal, im Bild unten rechts).

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

5.1.6 Zusammenfügen von Merkur, Sulfur und Sal

Nun haben wir das ätherische Öl (flüchtiger Sulfur), Alkohol (Merkur) sowie zwei Salze, das fixe Sulfur und das Sal, aus der Ausgangssubstanz, dem Kamilleansatz, getrennt. Das Zusammenfügen der einzelnen Teile – im alchemistischen Sinne – ist eine Kunst für sich. Jeder Laborant muss darauf seine eigene Antwort finden. Das Öl wird sich zwar problemlos im Alkohol lösen, die Salze allerdings nicht so ohne Weiteres. Die Salze in Wasser zu lösen und beizufügen ist insofern schwierig, als ein basisches Milieu entsteht, das den ätherischen Ölen abträglich ist. Unter Umständen bilden sich dabei sogar gesundheitsschädliche Verbindungen. Es ist also wichtig, trotz der Salze eine pH-neutrale Lösung zu erhalten. In jedem Fall aber haben wir hier nun eine hochkonzentrierte Extraktion von Wirkstoffen der Pflanze ( ▶ Abb. 5.10), mit der sorgfältig umgegangen werden muss.

Abb. 5.10 Alkohol (Merkur), ätherisches Öl (flüchtiger Sulfur) und Salze (fixer Sulfur, Sal) in einer Tinktur vereinigt.

(Donato Casagrande, Türkenfeld)

Merke

Eine spagyrische Tinktur ist an sich noch kein Heilmittel. Die Wirkung einer solchen Tinktur kann, je nachdem, welche Pflanzen verwendet wurden und wie die Verarbeitung erfolgte, auch toxisch sein.

5.2 Verfahren nach Alexander von Bernus

Alexander von Bernus sah sich der Aufgabe gegenüber, einerseits die drei philosophischen Prinzipien in den Heilmitteln darzustellen, andererseits Nachteile der oben beschriebenen traditionellen Methoden zu vermeiden. Es sollen also keine Fremdstoffe bei der Vergärung eingeführt werden (Zucker, Hefe, Stoffwechselprodukte der Hefe und andere), und es sollen auch keine wichtigen Bitterstoffe verloren gehen können. Zudem ist dieses Verfahren für eine umfangreiche Herstellung von Heilmitteln wenig geeignet.

Er verzichtete auf eine explizite Trennung der Trägerstoffe der drei Prinzipien und extrahierte diese stattdessen gemeinsam mithilfe eines speziellen Lösungsmittels. Damit bildete er das alte alchemische Symbol des Ouroboros (Kap.  ▶ 4.2) nach, des geflügelten und des ungeflügelten Drachen, die sich gegenseitig verschlingen ( ▶ Abb. 5.11).

Der geflügelte Drache symbolisiert das Geistig-Seelische. Durch das erwärmende, lockernde, anregende merkuriale Prinzip der Destillation wird das Geistig-Seelische „flüchtig“. Im spagyrischen Sinne trennt es sich vom festen Körper.

Der ungeflügelte Drache symbolisiert das Körperliche. Durch das verdichtende, strukturierende, kühlende salische Prinzip der Mazeration wird das Geistig-Seelische „fest“ und mit dem Körper verbunden. Dieser wird dabei im spagyrischen Sinne vom Geistig-Seelischen „geprägt“.

Der Beginn einer jeden Charge (maximal 6 Liter) liegt bildlich gesprochen am Übergang zwischen dem Kopf des ungeflügelten Drachen, aus dem der geflügelte Drache emporsteigt. Auf den Mazerationsrückstand der vorhergehenden Charge wird Quellwasser gegeben. Dieser Ansatz wird in einem oktogonalen Raum aus Holz und Glas ( ▶ Abb. 5.12) eine Woche lang 2-mal täglich mit einem Glasstab bewegt.

Abb. 5.11 Ouroboros und Spagyrik.

(Donato Casagrande, Türkenfeld; bearbeiteter Ouroborus entnommen aus: Birkholz A. Des Hermes Trismegists wahrer alter Naturweg. Leipzig; 1782. Zeichnung: Christine Lackner, Ittlingen.)

Nach der Rhythmisierung folgt eine langsame Destillation (100 Milliliter pro Stunde). Das Destillat wird als Extraktionsmedium weiterverwandt, der abgepresste, feste Rückstand wird verworfen.

Wir befinden uns jetzt im Symbol des Ouroboros am Kopf des geflügelten Drachen, aus dem der ungeflügelte Drache herabsteigt. An dieser Stelle wird in das Destillat die Rezeptur, bestehend aus Pflanzengemisch, Mineralien, Metallen und Ethanol, neu eingewogen ( ▶ Abb. 5.13). Das wässrige Destillat und Ethanol sind das Extraktionsmedium für den nun folgenden Schritt der Mazeration. Eine Woche lang wird das Gemisch im Oktagon wiederum 2-mal täglich rhythmisiert. Nach erfolgter Mazeration wird die Tinktur – das fertige Solunat – abfiltriert und in die Einnahmeflaschen abgefüllt.

Abb. 5.12 Oktagonaler Raum im Laboratorium Soluna, Tapfheim.

(Laboratorium Soluna, Donauwörth)

Wir befinden uns im Symbol des Ouroboros wieder am Kopf des ungeflügelten Drachen, aus dem der geflügelte Drache emporsteigt. Eine neue Charge beginnt.

Abb. 5.13 Einwaage der Rezepturen im Glaskolben.

(Laboratorium Soluna, Donauwörth)

So ist der Begriff „Die Hand des Meisters“ zu verstehen. In jede neue Charge fließen stoffliche wie nicht stoffliche Informationen der vorhergegangenen Charge ein, seit Beginn des Laboratoriums Soluna.

Alexander von Bernus hatte für den Start der einzelnen Rezepturen ein eigenes Verfahren entwickelt, mit dem er den Einstieg in das Symbol des Ourobouros nachvollzog: Ansatz der Rezeptur, Rhythmisierung, Destillation. Jetzt wird das Destillat verworfen und dann mit dem Destillationsrückstand wie oben beschrieben weiterverfahren (Kap.  ▶ 5.3.2.).

5.3 Spagyrische Verfahren und das Homöopathische Arzneibuch (HAB)

Was wir heute unter spagyrischen Arzneimitteln verstehen dürfen, ist unter dem Blickwinkel des Arzneimittelgesetzes (AMG) leicht zu beantworten. Ein Teil des Deutschen Arzneibuches ist nach § 55 AMG das sogenannte Homöopathische Arzneibuch (HAB) – ich nehme im Folgenden Bezug auf die Fassung von 2008. Hier sind die anerkannten pharmazeutischen Regeln zu Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln und den bei ihrer Herstellung verwendeten Stoffen festgelegt. Im allgemeinen Teil des HAB gibt es ein Kapitel mit der Beschreibung von Herstellungsverfahren, die auf historischen Zubereitungsverfahren oder Konventionsmethoden beruhen – unter anderem jene der Homöopathie, der Anthroposophie, der Organtherapie und eben der Spagyrik.

5.3.1 Entwicklung der verschiedenen spagyrischen Verfahren

Da mir immer wieder die Frage gestellt wird, in welchem Zusammenhang Spagyrik und Homöopathie zu sehen sind, hier meine Sicht der Dinge: Der wesentliche Unterschied zwischen Homöopathie und Spagyrik ist die Zubereitung der Heilmittel. In der Homöopathie werden die Ausgangssubstanzen potenziert. Die Betonung liegt auf der feinstofflichen Informationsebene der Heilmittel. In der Spagyrik werden die Ausgangssubstanzen auf jeden Fall nach philosophischen Prinzipien verarbeitet. Es entsteht daraus eine spagyrische Tinktur, die sowohl substanzielle wie feinstoffliche Anteile enthält. Es ist durchaus möglich, und wird auch von manchen Herstellern so praktiziert, eine spagyrisch aufbereitete Tinktur nach homöopathischen Regeln zu potenzieren.

Cesare Mattei (1809–1896) steht in vielen Publikationen in der Reihe der Spagyriker, und zwar der Tatsache zum Trotz, dass er sich selbst nicht so sah. Carl-Friedrich Zimpel (1801–1879) vermutete in der Zubereitung der Mattei’schen Homöopathika einen alchemistischen Aufschluss der Ausgangssubstanz. Diesem Prozess wurde die spektakuläre Wirkung der Mattei’schen Mittel zugesprochen. Mattei hat nach eigener Aussage kein medizinisches System begründet, sondern eine „experimentelle Therapeutik“ betrieben, der er den Namen „Elektrohomöopathie“ gab ▶ [13].

Zimpel rekonstruierte aus Schriften des Paracelsus einen Herstellungsprozess der Pflanzenalchemie, den er „spagyrisch“ nannte und der die geheime Mattei-Methode zur Herstellung homöopathischer Urtinkturen ersetzen sollte. Allerdings entspricht die Herstellungsvorschrift des HAB, die seinen Namen trägt, nicht der Urvorschrift von Zimpel. Eine 1913 von Müller-Göppingen angegebene Darstellungsweise für die Präparate nach Zimpel unterscheidet sich ebenfalls von der Urvorschrift und entspricht Vorschriften von Johann Rudolf Glauber (1604–1670), die der in Kap.  ▶ 5.1 beschriebenen philosophischen Trennung ähnlich sind ▶ [13].

Theodor Krauß (1864–1924) und Konrad Johann Glückselig (1864–1934) standen ebenfalls mit dem System von Mattei in Verbindung und können deshalb mit Zimpel der Denkrichtung zugeordnet werden, der es um den Aufschluss der Ausgangssubstanzen ging. Nicht spagyrische Urtinkturen waren das eigentliche Ziel, sondern die spagyrische Aufbereitung der Ausgangssubstanz für ein homöopathisches Mittel. Dies findet sich auch konkret in einigen der Herstellungsvorschriften, wo durch die Mengenbemessung automatisch schon vom ersten Schritt an Verdünnungen beziehungsweise durch wiederholtes Destillieren Potenzierungen entstehen sollen.

5.3.2 Spagyrische Verfahren und Hersteller mit Eintrag im HAB

5.3.2.1 Spagyrische Urtinkturen nach Zimpel

Nach der Vorschrift 25 im HAB werden frische Pflanzen oder Teile davon fein zerkleinert. Im Verhältnis 1:1 wird Wasser zugefügt und mit Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae) bei einer Temperatur zwischen 20 und 25 °C bei täglichem Durchmischen vergoren. Sobald die Gärung zum Stillstand kommt, erfolgt die Destillation des Ansatzes. Dabei werden pro Teil Pflanzenmasse 0,4 Teile Ethanol vorgelegt und so lange destilliert, bis man pro Teil Pflanzenmasse 2 Teile der Mischung aus dem Destillat und der Vorlage erhält. Der Destillationsrückstand wird abgepresst, getrocknet und bei circa 400 °C verascht. Anschließend fügt man die Asche dem Destillat bei und filtriert das Ganze nach 48 Stunden. Das ist die Urtinktur nach Zimpel. Eine Potenzierung dieser Urtinktur erfolgt aus 2 Teilen Urtinktur und 8 Teilen Ethanol, um die 1. Dezimalverdünnung zu erhalten.

Die Vorschrift 26 im HAB regelt bei der Herstellung der Spagyrika nach Zimpel die Verwendung getrockneter Pflanzen oder Pflanzenteile oder von Propolis und definiert ein anderes Verhältnis zwischen den Anteilen und ein verändertes Potenzierungsverfahren.

5.3.2.2 Spagyrische Urtinkturen nach Krauß

Die Vorschriften 28 bis 30 im HAB unterscheiden sich nicht in der Vorgehensweise. Die Unterschiede sind durch das Verhältnis von eingesetzten Pflanzen, Wasser, Ethanol und Saccharose gegeben.

Generell wird das Ausgangsmaterial, frische, getrocknete beziehungsweise pulverisierte Pflanzen, unter Zusatz von Wasser, Saccharose und Bierhefe bei etwa 35 °C zur Gärung gebracht. Nach Abschluss der Gärung wird der Ansatz abgepresst und ergibt, nachdem der Ethanolgehalt auf 94 Prozent normalisiert wurde, den Presssaft A. Anschließend erfolgt das Trocknen des Rückstandes und das Perkolieren (Kaltauszug) mit einer definierten Menge Ethanol (86 Prozent) – dies ergibt das Perkolat B. Presssaft A und Perkolat B werden bis zur 2. Dezimalverdünnung getrennt potenziert und danach zur Urtinktur (D3) vereint.

5.3.2.3 Spagyrische Urtinkturen nach Pekana

Bei der Herstellung nach Vorschrift 47a im HAB wird 1 Teil Pflanze mit 6 Teilen Wasser, 1 Teil Saccharose und 0,005 Teilen Bierhefe vermengt und bei 25–28 °C vergoren. Nach Abschluss der Gärung dekantiert man den Ansatz, presst den Rückstand ab, trocknet ihn und verascht ihn bei 900 °C. Der dekantierte Ansatz und der Presssaft werden zusammengeführt und auf einen Ethanolgehalt von 15 Prozent eingestellt. Aus der Asche des Rückstands werden nun die wasserlöslichen Salze ausgewaschen, auskristallisiert und zu dem flüssigen Ansatz hinzugegeben. Nach 48 Stunden wird die Mischung filtriert – das Filtrat ist dann eine Urtinktur nach Pekana.

5.3.2.4 Spagyrische Urtinkturen nach Strathmeyer

Die Vorschrift 50a im HAB beschreibt ein 4-stufiges Verfahren. Im ersten Schritt wird aus 5 Teilen getrockneter Pflanze, 75 Teilen Wasser, 19 Teilen Saccharose und 1 Teil Bierhefe ein Drogenauszug erstellt. Im zweiten Schritt erfolgt die Kultivierung medizinischer Hefe (Candida utilis) unter Beigabe des Drogenauszugs. Im dritten Schritt wird aus dieser kultivierten Hefe mittels Mazeration ein alkoholischer Auszug erstellt. Im vierten Schritt stellt man letztendlich aus 85 Teilen des Drogenauszugs (vom ersten Schritt) und 15 Teilen des alkoholischen Hefeauszugs (vom dritten Schritt) die Urtinktur her. Zur Haltbarmachung werden pro Liter Urtinktur 0,5 Gramm Ascorbinsäure zugesetzt.

5.3.2.5 Spagyrische Urtinkturen nach Glückselig

Die Vorschrift 54a im HAB bezieht sich auf die Herstellung von Tinkturen aus Pflanzen, die Vorschrift 54b betrifft allgemein nicht näher bezeichnete Ausgangsstoffe – beide tragen jeweils die Bezeichnung „spag. Glückselig“. Die Vorschrift 54c beschreibt die Herstellung von homöopathischen Urtinkturen aus Pflanzen oder Drogen.

Bei der Herstellung spagyrischer Tinkturen wird ein Ansatz aus 1 Teil Pflanze mit 10 Teilen Ethanol-Wasser-Gemisch 6 Wochen lang mazeriert, abgepresst und nach 5 bis 7 Tagen filtriert. Es folgt ein ein- bis mehrmaliges Destillieren des Filtrats, wobei nach jeder Destillation das Destillat auf den Rückstand zurückgegeben wird. Die Destillation wird beendet, wenn aus 10 Teilen Ausgangsmenge 9 Teile Destillat erhalten wurden. Nach der letzten Destillation mischt man das Destillat mit dem Rückstand und filtriert es anschließend. Das Filtrat ist nun die Urtinktur nach Glückselig.

Bei der Vorschritt 54b löst man oder verteilt fein 1 Teil Ausgangsstoff in 99 Teilen Arzneiträger. Als Arzneiträger werden gereinigtes Wasser, Säuren und Ethanol-Wasser-Gemische genannt. Die Lösung oder Mischung wird gegebenenfalls vorbehandelt und danach einmal oder mehrmals destilliert, wobei das Destillat mit Ausnahme der letzten Destillation wieder mit dem Rückstand vereinigt wird. Die Destillation ist abgeschlossen, wenn aus der Ausgangsmenge 80 oder 90 Teile Destillat gewonnen sind. Das letzte Destillat ist ebenfalls eine Urtinktur nach Glückselig.

5.3.2.6 Spagyrische Urtinkturen nach von Bernus

Das Herstellungsverfahren nach von Bernus ist in den Vorschriften 56a–f im HAB festgelegt. Es ist ein 2-stufiges Verfahren mit einem über die einzelnen Chargen greifenden Zyklus. Die Vorschrift 56g bezieht sich auf die Herstellung von Antimon-Destillat-haltigen Mischungen, die in einigen Komplextinkturen enthalten sind.

Der einmalige Herstellungsschritt (a) dient der Gewinnung eines Mutterdestillats zur Initiierung eines fortlaufenden Herstellungskreislaufs. Er unterscheidet sich prinzipiell nicht vom zweiten Teilschritt der fortlaufenden Herstellung (b).

Es werden die vorgeschriebenen Mengen an Drogen oder Drogenmischung mit einem Wasser-Ethanol-Gemisch angesetzt und 7 Tage bei einer Temperatur von 37 °C mazeriert und dabei 2-mal täglich umgerührt. Den Ansatz lässt man einen weiteren Tag verschlossen stehen, um ihn anschließend zu kolieren (abseihen) und zu filtrieren. Die erhaltene Flüssigkeit wird in diesem Fall verworfen. Der Drogenrückstand wird dann mit gereinigtem Wasser einer Destillation zugeführt. Das Destillat aus diesem Ansatz geht jetzt in den fortlaufenden Herstellungskreislauf ein.

Dem so erhaltenen Destillat werden Ethanol und etwaige homöopathische Dilutionen beigefügt – es wird nun als Extraktionsmedium (Lösungsmittel oder Merkur) bezeichnet. Mit dem Extraktionsmedium bereitet man einen Ansatz mit getrockneten Heilpflanzen und entsprechend den Rezepturen mit mineralischen Substanzen und/oder homöopathischen Dilutionen. Der Ansatz wird, wie oben beschrieben, 7 Tage bei 37 °C mazeriert, 2-mal täglich umgerührt und nach einem weiteren Tag koliert und filtriert. Das Filtrat ist nun die Urtinktur nach von Bernus, das fertige Solunat.

Der verbliebene Drogenrückstand wird anschließend mit gereinigtem Wasser einer Destillation zugeführt und ein neuer Kreislauf beginnt.

Die Herstellungsvorschrift 56h ersetzt die Mazeration der zweiten Herstellungsstufe mit einer Destillation.

Teil II Grundlagen der Therapie mit Solunaten

6 Theorie

7 Praxis

8 Exkurs: Averara und der Soluna-Garten

6 Theorie

6.1 Individualität des Patienten und spagyrische Behandlungen

Die verschiedenen Solunate können wie ein Baukasten gesehen werden, der für fast jede Art von Krankheit – ausgenommen akute Notfallsituationen – und auf jeder Ebene des Krankheitsverlaufs das geeignete Mittel bereithält.

Die Therapievorschläge in diesem Buch sollen helfen, anhand häufiger Krankheitsbilder den Einsatz der Solunate beispielhaft kennenzulernen. Trotzdem werden Sie, wenn Sie die Therapievorschläge dieses Buches umsetzen, nicht aus Ihrer Verantwortung als Therapeut entlassen. Sie müssen den Patienten während der Therapie sehr sorgfältig beobachten.

Merke

Jeder Mensch und jeder Krankheitsverlauf sind einzigartig. Es ist für den Heilerfolg entscheidend, diesen Gedanken der Einzigartigkeit des Patienten nicht aus den Augen zu verlieren.

Ich erlebe immer wieder Patienten, die mit einer stark vereinfachten Auffassung von Gesundheit und Krankheit meine Praxis aufsuchen. Sie haben die Vorstellung, dass der Körper eine Maschine sei und es nur hier oder dort eines Quäntchens Schmieröl bedürfe, damit dieses lästige Quietschen, sprich die Krankheitssymptome, schnell verschwänden. Eine solche Einstellung der Patienten kommt nicht von ungefähr, sie ist durch die Werbung der Pharmaindustrie schwer erarbeitet worden. Wenn es Ihnen nicht gelingt, diesen Patienten ein anderes Modell des Krankheitsverlaufs und der Bedürfnisse eines Körpers zu vermitteln, wird eine spagyrische Umstimmungstherapie sie nur schwer zufriedenstellen können.

Es gibt aber auch Patienten, die die Erfahrung bereits lehrte, dass es nicht nur die einfachen Lösungen gibt – insbesondere dann, wenn die sogenannte einfache Lösung schon einmal Basis für das nächste, ernstere Problem (z. B. eine weitere Erkrankung) wurde. Diese Patienten sind meist bereit, Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen und dem Therapeuten Vertrauen zu schenken.

Merke

Eine stabile Vertrauensgrundlage ist meiner Überzeugung nach die wichtigste Voraussetzung für einen Heilerfolg. Eine solche Basis erlaubt auch einen tieferen Einblick in die wahren Bedürfnisse des einzelnen Patienten – eine Behandlung nach spagyrischen Prinzipien wird hier sehr erfolgreich sein.

6.2 Therapiespektrum

Bei näherer Betrachtung der in Teil 3 und Teil 4 aufgeführten Therapievorschläge werden Sie feststellen, dass für die unterschiedlichsten Krankheitsbilder sehr ähnliche Medikationen angegeben sind. Wie ist das zu verstehen?

Das hier vorgestellte Heilsystem baut in seiner „inneren“ Systematik nicht auf Krankheitsbildern auf. Diese Systematik lässt sich aber ohne Weiteres auf die gewohnten Krankheitsbilder übertragen, unterscheidet sich jedoch in den grundsätzlichen Annahmen, was Gesundheit und Krankheit ist.

Paracelsus war einer der ersten Ärzte, die begannen, die Regelkreisläufe von Krankheit und Gesundheit nach bestimmten Qualitäten zu strukturieren und ihre Heilmittel entsprechend diesen verschiedenen Qualitäten herzustellen (Kap.  ▶ 2).

Alchemie und Astrologie galten in der Zeit des Paracelsus als diejenigen Künste, heute sagen wir Methoden, die das Rüstzeug für eine Systematisierung von Krankheit und der notwendigen Heilmittel bereitstellten. Sie basieren auf sehr genauen Beobachtungen der natürlichen Abläufe und sind daher auch heute noch nützlich, selbst bei einem anderen Wissenschaftsverständnis.

6.3 Die sieben Planetenprinzipien

Wenn ich bei meinen Vorträgen über die sieben planetaren Prinzipien spreche, wird mir meist die Frage gestellt, warum die Planeten Uranus, Neptun und Pluto nicht mit einbezogen werden. Bei der Anwendung der Planetenprinzipien geht es in der Spagyrik nicht um astrologische Bezüge, sondern um die dynamischen Gestaltungskräfte des Lebens an sich. Es werden ganz bewusst „nur“ die sieben planetaren Kräfte angewandt. Saturn als siebtes und letztes Prinzip ist als Planet am Himmel derjenige, der gerade noch mit dem menschlichen Auge erfasst werden kann. Er wird auch Hüter der Schwelle genannt, die als Grenze des menschlichen Maßes gilt. Darüber hinaus verlassen wir den Bereich der individuellen Wirkkräfte, und die Planeten Uranus, Neptun und Pluto werden bei der Behandlung des einzelnen Menschen nicht berücksichtigt.

Im Folgenden werden die Analogien zu einem Planetenprinzip unter fünf spezifischen Aspekten betrachtet und ihre Anwendung in der medizinischen Astrologie gezeigt (Kap.  ▶ 4.3).

Der erste Aspekt ist der Bezug zur Lebensrhythmik (Lebensphase). Es wird angenommen, dass mit der Geburt eine Reihe von jeweils 7 Jahre dauernden Entwicklungsstufen beginnt, was natürlich nicht exakt kalendarisch gemeint ist. Wir gehen davon aus, dass jedes Lebensjahrsiebt durch ein Planetenprinzip geprägt ist, wenn auch alle anderen sechs Prinzipien immer mit vorhanden sind. Das entsprechende Bild ist das einer Bühne, auf der für jeweils sieben Jahre ein Prinzip die Hauptrolle spielt, die anderen Prinzipien übernehmen die Nebenrollen. Sind alle sieben Prinzipien nach 49 Jahren durchlaufen, beginnt ein neuer Zyklus auf einer anderen Ebene.

Der zweite Aspekt ist das zum jeweiligen Prinzip gehörende Metall