Spielregeln im Job durchschauen - Isabel Nitzsche - E-Book

Spielregeln im Job durchschauen E-Book

Isabel Nitzsche

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2011
Beschreibung

Die Frauenquote ist nach wie vor ein Thema, noch immer sind Führungspositionen vorwiegend männlich besetzt. Wie kommt das, obwohl Frauen die besseren Schulabschlüsse und Hochschulexamen haben? Die erfahrene Managementtrainerin Isabel Nitzsche zeigt anhand authentischer Beispiele, dass viele Frauen die männlichen Spielregeln nicht durchschauen. Haben Frauen den Männercode verstanden, können sie selbstbewusst mitspielen und entscheiden, ob sie sich nach diesen Regeln richten, sie brechen oder ändern wollen.

  • Fit für den Karrieresprung
  • Knacken Sie den Geheim-Code!
  • Mit vielen Beispielen und Praxistipps

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Seitenzahl: 211

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Isabel Nitzsche

Spielregelnim Job

durchschauen

Frauen knacken den Männer-Code

Kösel

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Manche Namen der für dieses Buch interviewten Frauen wurden von der Autorin geändert.

Copyright © 2011 Kösel-Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: Ocean/Corbis

ISBN 978-3-641-07190-5V002

www.koesel.de

Vorwort

Sie ärgern sich, dass Ihr Kollege für die Idee gelobt wird, die Sie selbst zehn Minuten vorher präsentiert hatten – ohne dass das bei Ihrem Vorgesetzten auf Interesse stieß? Sie verstehen nicht, dass Männer bei Meetings zum fünften Mal das wiederholen, was schon vier Vorredner von sich gegeben haben? Oder Sie können sich nicht erklären, warum Ihre Arbeit fürs Team nicht angemessen gewürdigt wird?

Willkommen im Klub der vielen beruflich engagierten Frauen, die nicht nachvollziehen können, warum ihnen das Prinzip »Leistung« anders als in der Schule oder an der Universität in ihrem Job nicht längst zu mehr Ruhm, Ansehen und Ehre verholfen hat. Schließlich sind Männer und Frauen doch laut Grundgesetz gleichberechtigt, die Emanzipation der Frauen ist seit den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts weiter fortgeschritten und modern geführte Unternehmen verfügen über Diversity-Konzepte, die alle Mitarbeiter unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung gleichermaßen einbinden möchten.

Doch nicht nur bei Menschen, auch bei Unternehmen und Organisationen zeigen sich im Arbeitsalltag Widersprüche. Ein Managementansatz wird nicht komplett vom nächsten abgelöst, sondern bleibt in vielen Köpfen zunächst weiter aktiv, sodass im Unternehmen oft unterschiedliche Rollenerwartungen nebeneinander existieren. Und häufig wird dann doch nach den traditionellen Regeln der meist männlichen Mehrheit im Business gespielt – ohne dass das für alle Beteiligten immer offensichtlich wäre. Das kann man beklagen, aber es hilft nicht weiter. Neben Maßnahmen auf gesellschaftlicher und auf Organisationsebene ist Selbstcoaching gefragt.

Dieses Buch will Sie dabei unterstützen, die wichtigsten männlich geprägten informellen Macht-Spielregeln in Organisationen zu erkennen. Es geht darum, dass Sie ein besseres Verständnis dafür bekommen, wie Männer im Job »ticken«, um so cleverer voranzukommen. »Opferhaltung« ist passé, es ist wichtiger, sich über das System und seine Mitspieler klar zu werden und die eigenen Spielzüge schlau zu planen. Finden Sie spielerisch Ihre eigene Position und probieren Sie neue Handlungsoptionen aus, die zu Ihnen und Ihrem Verhalten passen. In diesem Sinne: Knacken Sie den Männer-Code. Aber wie Sie das Spiel spielen wollen, bestimmen Sie!

Viel Erfolg und viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Isabel Nitzsche

München, im August 2011

Frauen und Karriere: Die wichtigsten Fragen zum Thema »Spielregeln im Job«

In den letzten Jahren habe ich viele Vorträge und Workshops zum Thema »Spielregeln im Job« gehalten und dabei intensiv mit den Teilnehmerinnen diskutiert. Folgende Fragen waren dabei besonders wichtig:

»Männer handeln anders im Job als Frauen« – ist diese Sicht nicht überholt? Jeder ist doch schließlich ein Individuum!

Natürlich ist nicht alles schwarz-weiß. Männer haben auch weibliche Anteile und Frauen männliche. Und nicht nur die Frauen haben in den letzten Jahrzehnten versucht, ihr Rollenrepertoire zu erweitern, auch ein Teil der Männer ist weniger traditionell in seinen Ansichten und unterstützt Frauen privat und/oder beruflich. Doch zeigt der Austausch in den Workshops immer wieder, wie deutlich Frauen männliches Verhalten im Job anders als ihr eigenes empfinden. Und zwar interessanterweise über alle Branchen hinweg. Auch wenn die Spielregeln vor allem in größeren, traditionelleren Unternehmen gelten, sind sie in modernen Branchen oft genauso vorhanden. Sie fallen dort nur weniger ins Auge, da die Strukturen häufig nicht so sichtbar sind und das Arbeitsklima lockerer ist.

Die Wahrscheinlichkeit, im Job auf einem Spielfeld zu landen, auf dem nach männlichen Regeln gespielt wird, ist in Deutschland, aber auch international, immer noch hoch. Denn: Frauen müssen leider draußen bleiben – das gilt nach wie vor für die meisten Chefetagen.

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin von 2010 sind nur 2,5 Prozent aller Vorstandsmitglieder der 200 größten Unternehmen (ohne Finanzsektor) weiblich. Zu ähnlichen Werten kommt die Erhebung »Women Matter 4« der Unternehmensberatung McKinsey 2010. Sie führt für Deutschland zwei Prozent Frauen in Vorständen auf – ebenso viele wie für Indien. Brasilien, Frankreich, Spanien und China liegen deutlich unter zehn Prozent, Russland liegt bei elf Prozent, Norwegen bei zwölf, in den USA und Großbritannien sind es je 14 Prozent, Schweden ist mit 17 Prozent Spitzenreiter. Insgesamt besetzen Frauen hierzulande nur 26,5 Prozent der Führungspositionen. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit hinter Bulgarien und Litauen.

Das verwundert nicht: Die Psychologin Nathali Klingen hat in einer 2001 erschienenen Untersuchung festgestellt, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen postulierten »weichen« Werten und ihrer tatsächlichen Verbreitung in den Führungsebenen besteht. Untersuchungen belegen, dass erfolgreiche Manager nach wie vor durch das Vorhandensein sogenannter maskuliner Eigenschaften und das Fehlen femininer Eigenschaften charakterisiert werden. Klingen zieht daraus den Schluss, dass die Wahrnehmung und Bewertung von Führungsverhalten eng mit der Wahrnehmung des geschlechtlichen Verhaltens und den Erwartungen an die Geschlechterrollen verknüpft ist. Allerdings seien diese Erwartungen zum Großteil unbewusst. An diesen Befunden hat sich in Deutschland bis heute nicht sehr viel geändert.

Die Verhaltensweisen in der Wirtschaft haben sich über die Jahrhunderte hinweg unter Männern herausgebildet. Sollen sich die Frauen jetzt immer noch den Männern anpassen?

Jetzt könnten sich doch erst einmal die Männer ändern, warum sollen Frauen weiter nach ihrer Pfeife tanzen und nach ihren Regeln spielen? Berechtigte Frage! Nur leider werden sich die Männer im Job erst dann ändern und Frauen von sich aus das Mitspielen erleichtern, wenn sie eine starke Notwendigkeit dafür sehen. Das könnte bald der Fall sein, wenn zunehmend qualifizierte Frauen in der Wirtschaft fehlen. Schon jetzt raten diverse Personalberater, die Bundesagentur für Arbeit, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und das Weltwirtschaftsforum zusammen mit der Unternehmensberatung Boston Consulting Group den Unternehmen, sich verstärkt nach qualifizierten Frauen als Arbeitskräften umzusehen, um diesen Mangel zu beheben.

Die Telekom hat 2010 eine Quote eingeführt. Ein Drittel der oberen und mittleren Führungspositionen soll in Zukunft mit Frauen besetzt werden – um so den wirtschaftlichen Erfolg zu steigern. Der Aufschrei in der Wirtschaft war groß, Verbände, Institute und Unternehmen distanzierten sich. Das zeigt: Es gibt zwar einzelne Initiativen, um Breitenwirkung zu erreichen, ist der Leidensdruck allerdings noch nicht groß genug. Den haben (noch) die Frauen. Und anstatt zu versuchen, die anderen, nämlich die Männer, zu verändern, ist es erfolgversprechender, erst einmal die eigenen Strategien zu überprüfen. Denn so ärgerlich es auch ist: Man kann einen anderen nicht ändern, nur sich selbst.

Wie ändern sich die Spielregeln in Zukunft durch den Einfluss der Generation Y?

So wie die Unternehmen mittel- bis langfristig verstärkt Frauen als Arbeitskräfte ansprechen werden, werden sie sich auch zunehmend einen Wettbewerb um junge Mitarbeiter liefern. Und das wird nicht ohne Folgen auf die Arbeitskultur bleiben. Experten sagen den Vertretern der Generation Y (den nach 1980 Geborenen) im Verhältnis zu Älteren eine andere Vorstellung von Work-Life-Integration nach. Sie sind zwar bereit, hart zu arbeiten, möchten dann aber auch wieder Freizeit und ihr Leben nicht komplett den Anforderungen des Jobs und vermutlich auch nicht sämtlichen dort bisher oft noch nötigen Rangkämpfen unterordnen. Die heute noch vielfach gepflegte Präsenzkultur in den Unternehmen wird so weiter bröckeln. Denn die Youngster gelten auch als »Digital Natives«, als Experten der digitalen Medien, die nicht nur ein anderes Arbeiten im Büro erlauben, sondern auch die Möglichkeit bieten, fern vom Firmenschreibtisch seinem Job nachzugehen. Telearbeit gibt es zwar schon seit Jahren, doch Laptop, BlackBerry, iPhone und die Nutzung von Datenablage im Internet haben die Virtualisierung intensiviert und weiter stark vorangetrieben. Die Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz als Währung für Bedeutung wird dann weiter sinken. Beides kommt den in der Regel eher ganzheitlich orientierten Lebenskonzepten von Frauen sehr entgegen.

Zukunftsmusik ist das eine, aber wie können Frauen in der Zwischenzeit selbst die Regeln ändern?

Die Spielregeln sind zum großen Teil schlicht eine Sache der Mehrheiten, vor allem auch in verantwortlichen Positionen. Diese zu ändern ist, wie sich gezeigt hat, ein äußerst mühsamer gesellschaftlicher Prozess. Eigeninitiative als flankierende Maßnahme hilft Frauen, das sogenannte »Token«-Stadium zu verlassen. Rosabeth Moss Kanter, amerikanische Soziologin und Betriebswirtschaftlerin, hatte in den 1970er-Jahren diesen Begriff für die Tatsache geprägt, dass Frauen als Vertreter einer Minderheit als »typisch Frau« und nicht als Individuen angesehen werden. Heute geht man davon aus, dass Frauen in Führungspositionen mindestens einen Anteil von 30 Prozent überschreiten müssen, um nicht mehr als Minderheit, sondern als normal und alltäglich angesehen zu werden. Es lohnt sich, immer zu überlegen, wie Frauen selbst andere Frauen fördern und unterstützen können: indem sie als Personalverantwortliche gezielt Frauen vorschlagen, indem sie Kolleginnen für bestimmte Positionen empfehlen oder indem sie Kolleginnen in Besprechungen unterstützen, damit diese gut dastehen und weiter gefördert werden.

Sich mit den informellen Macht-Spielregeln zu beschäftigen, bedeutet das nicht, zu vermännlichen? Wo bleiben die weibliche Sicht und die weiblichen Fähigkeiten?

Dass es sich sehr wohl lohnen kann, den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern, zeigt eine amerikanische Untersuchung von 2011. Sie belegt, dass Frauen, die sich wie Männer verhalten können – aber nicht müssen –, erfolgreicher sind. Aggressive, selbstbewusste und zuversichtliche Frauen, die ihr Verhalten der Situation anpassen können, steigen im Business erfolgreicher auf als Männer oder andere Frauen. Olivia O’Neill und Charles O’Reilly von der amerikanischen Stanford Graduate School of Business wiesen dies in ihrer Studie mit 132 Teilnehmern eindrucksvoll nach. Die Forscher fanden heraus, dass manche Frauen mit stärkeren männlichen Verhaltensweisen sich selbst gut steuern konnten. »Chamäleonartig« würden sie sich in ihre soziale Umgebung einfügen und ihr Verhalten entsprechend anpassen. Eher männlich wirkende Frauen – also aggressive, selbstbewusste und zuversichtliche Frauen – mit hoher Selbstkontrollkompetenz wurden anderthalbmal mehr befördert als Männer und zweimal mehr als weiblich wirkende Männer – unabhängig von der jeweiligen Selbstkontrollkompetenz der Männer. Und sie wurden ebenfalls anderthalbmal mehr befördert als weiblich wirkende Frauen. Aber was noch viel auffallender ist: Sie wurden sogar dreimal öfter befördert als Frauen mit maskulinen Eigenschaften, aber niedriger Selbstkontrollkompetenz. Männliches Verhalten allein führt daher offenbar nicht unbedingt zum Erfolg.

Frauen, die an sich glauben, müssen sich also nicht grundsätzlich zwischen männlichem und weiblichem Verhalten entscheiden. Und es ist auch gar nicht nötig, dass sie auf weiblichen Qualitäten wie eine starke inhaltliche Orientierung oder gut ausgeprägte Beziehungsfähigkeit komplett verzichten. Wichtig ist nur, dass sie sich selbst kontrollieren, wann sie wie reagieren wollen. Dann haben Frauen die besten Chancen!

Zehn Spielregeln

1.Macht ist großartig!

2.Es gibt immer einen Platzhirsch

3.Am Ende zählt nur das Ergebnis

4.Mut zum Risiko hilft beim Vorankommen

5.Jungs spielen lieber mit Jungs und Old Boys helfen sich

6.Verbündete werden gepflegt

7.Fleiß allein gilt im Job nicht viel

8.Gesichtsverlust ist gefährlich

9.Wer fragt, hat schon verloren

10.Im internationalen Business punkten

1. Macht ist großartig!

Für Männer ist Macht etwas Positives, sie wollen etwas zu sagen haben. Macht bedeutet für sie die Möglichkeit, das erste Wort zu haben, Entscheidungen zu treffen und zu bestimmen, wo’s langgeht. Es ist für sie selbstverständlich, dass es im Job-Spiel darum geht, möglichst mächtig und materiell erfolgreich zu werden. Dies ist die wichtigste und elementarste Spielregel in einem beruflichen Umfeld, in dem männliche Führungskräfte in der Mehrheit sind. Das ist nicht ohne Risiko. Die Finanzkrise zeigt es deutlich: Überzogenes Macht- und Gewinnstreben kann ganze Volkswirtschaften ruinieren. Die Akteure, die dieses Desaster zu verantworten haben: meist männlich. Mit den Lehman Sisters wäre das nicht passiert, hieß es schon kurz nach den ersten Krisenmeldungen über den Niedergang der Finanzbranche. Kann schon sein, da Frauen meist stärker darauf achten, Ressourcen zu schonen, und auch langfristige Folgen im Blick haben. Trotzdem wehre ich mich dagegen, dass Frauen die »besseren« Menschen seien. Das versperrt den Blick darauf, dass sich zwar beide Geschlechter unterschiedlich verhalten und unterschiedlich kommunizieren, beides aber jeweils seine Vorteile hat. Zur Krise kommt es, wenn eine Verhaltensweise exzessiv betrieben wird und es kein Korrektiv mehr gibt.

Hierarchische Systeme – anziehend für Männer, befremdlich für Frauen

Nach der Definition des Soziologen Max Weber ist Macht jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen anderen gegenüber durchzusetzen, auch gegen Widerstreben – egal, worauf diese Chance beruht. Der Begriff von Macht ist im Job gekoppelt an das Konzept eines hierarchisch strukturierten Systems. Für die meisten Männer ist es wichtig, einen Platz möglichst weit oben in der Hierarchie einzunehmen, um etwas zu sagen zu haben. Für Frauen ist Macht dagegen oft noch anrüchig, und sie haben die Vorteile einflussreicher Jobs mit ihren Gestaltungsmöglichkeiten (noch) zu wenig im Blick.

Daniela Rastetter, Professorin für Personal, Organisation und Gender Studies an der Universität Hamburg, forscht in einem mehrjährigen Forschungsprojekt zum Thema »Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen«. Die weiblichen Nachwuchsführungskräfte, die sie mit ihren Mitarbeiterinnen befragte, waren auffällig häufig Macht gegenüber negativ eingestellt. Bei manchen Frauen führt das sogar dazu, dass sie konkrete Jobangebote ablehnen.

Daniela Tischner ist Schlussredakteurin. Ihren Job macht sie sehr strukturiert, verantwortungsvoll, umsichtig. Sie schaut über den Tellerrand und macht gute Lösungsvorschläge bei kniffligen Fragen. Kein Wunder, dass die Geschäftsführung ihr anbot, die Abteilungsleitung zu übernehmen. Doch sie lehnte ab: »Schließlich kenne ich doch meine Kolleginnen seit Jahren und das sind doch genauso gute Schlussredakteurinnen. Und denen sollte ich dann etwas sagen? Dazu bin ich zu sehr Teamplayer und zu harmoniebedürftig.« Sie wollte lieber gut mit allen zusammenarbeiten, als zu meinen, sie sollte das besser wissen. »Wenn ich sehe, wie sich Leute aufspielen, nur weil sie eine Position in der Hierarchie haben: So wollte ich nie sein. Kollegialität ist mir wichtig und dass ich mich mit allen gut verstehe. Das schien mir als Abteilungsleiterin einfach nicht möglich.«

Doch inzwischen gibt es auch Frauen wie Anna Böhme, Geschäftsführerin einer mittelständischen Medienberatung mit 25 Mitarbeitern, für die es selbstverständlich ist, sich Aufgaben mit Gestaltungsmöglichkeiten zu suchen. Anna Böhme ist als Mentorin für andere Frauen ein Vorbild und sie unterstützt sie auch ganz konkret bei beruflichen Problemen, wie etwa dem Hineinwachsen in eine Führungsrolle:

»Ja, ich habe Macht«, sagt Anna Böhme. »Ich habe Macht im Sinne von Gestaltungsraum. Ich kann meine Ideen, meine Gedanken, wie sich die Organisation entwickeln und auf dem Markt positionieren soll, vorantreiben. Macht ist für mich aber auch Vertrauen, das von den Gesellschaftern und Mitarbeitern in mich gesetzt wird und das ich ausfüllen muss. Die Menschen vertrauen darauf, dass ich die richtige Entscheidung treffe, sie geben die Kontrolle ab. Für mich ist das geliehene Macht, denn wenn ich das Vertrauen nicht rechtfertige, muss ich die Macht wieder abgeben.

Ob ich schon immer ein positives Verhältnis zur Macht hatte? Ja, allerdings. Ich bin in der ehemaligen DDR geboren, meine Mutter arbeitete Vollzeit als Sachbearbeiterin, das war sicher ein Vorbild für mich. Meine Eltern waren Mitläufer und durch mein Engagement bei den Pionieren eher überrumpelt. Dort war ich schon mit neun Jahren auf dem höchsten Posten in der Organisation. Ich musste schwerwiegende Entscheidungen treffen, etwa ob ein anderes Kind wegen seiner vielen Verweise als Pionier ausgeschlossen werden sollte. Das hätte seinen sozialen Tod bedeutet. Da war ich mir als Kind schon sicher, das möchte ich nicht. Mit 13 wurde ich kritischer gegenüber dem System, parallel kam die politische Wende, sonst wäre es sicher schwierig für mich geworden. Ich war immer schon gut darin, zu erkennen, wo mikropolitisches Handeln nötig ist. Und ich bin heute auch davon überzeugt, dass es wichtig ist, Machtmechanismen zu kennen, genau zu überlegen und dann den eigenen Weg zu gehen.

Für mich war es sehr wichtig, zu lernen, mir die Dinge langfristig anzuschauen. Es ist überhaupt nicht geraten, zu schnell zu handeln. Ich habe viele Menschen beobachtet und darauf geachtet, wie sie agieren. Beispiel Sitzordnung: Der Machthaber sitzt an der Stirnseite oder an einem prominenten Platz. Wenn ich die Sitzungsleitung habe, setze ich mich auch bewusst an die Stirnseite, ich wähle den Machtplatz. Ich bereite mich heute auch immer sehr gut auf Termine mit Machthabern vor: Zahlen, Argumentation und die drei wichtigsten Punkte. Früher dachte ich, das sei nicht nötig, weil doch jeder selbst die Informationen finden kann. Inzwischen informiere ich mich auch vorher per Internet und XING sehr genau, mit wem ich es zu tun habe. Ich versuche im Vorfeld ein Gespür für den Machthaber zu entwickeln und so zu erkennen, was ihn am ehesten überzeugen wird. Meine Sprache muss deutlich sein, ich vertrete meine Interessen klar, aber nicht kriegerisch. Ich trage im Job Röcke oder Hosenanzüge. Ich überlege vorher, ob Rock oder Hose angebracht wäre. Das wähle ich nach Gesprächspartner, Gesprächsthemen, aber auch nach eigener Tagesform. Auf Dinge, die meinen Status heben sollen, wie ein teurer Montblanc-Füller oder eine Breitling-Uhr, verzichte ich. Und um mein Ziel zu erreichen, kann ich auch einmal von einem tieferen Status aus agieren. Dabei muss ich anders sein und trotzdem müssen sich andere an mich anschließen können.

Ich gehe meinen eigenen Weg, denn ich definiere für mich selbst, was zu Führungskompetenz gehört: nämlich neben dem Mut, Entscheidungen zu treffen, auch achtsam zu sein und auf mich selbst zu schauen, ob es mir gut geht, und mich im sozialen Netz aus Freunden und Familie zu verankern.«

Für Frauen ist es historisch gesehen noch ein recht neues Feld, sich innerhalb beruflicher Hierarchien zu beweisen. Jahrhundertelang herrschte weitgehend klare Rollenteilung: Der Mann war für den materiellen Unterhalt der Familie zuständig, die Frau fürs Großziehen der Kinder. Die Strukturen der Arbeitswelt haben sich unter Männern herausgebildet, die untereinander konkurrierten und wenig Verantwortung für Privatleben und Familienalltag hatten. Wie tief verankert diese Aufteilung in unserer Gesellschaft ist, zeigt sich daran, dass nur ein ganz langsamer Wandel hin zu arbeitenden Müttern in verantwortungsvollen Positionen und zu miterziehenden und im Beruf zurücksteckenden Vätern zu sehen ist.

»Maskuline« Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit, Zielstrebigkeit und Entscheidungsfreude haben Männern bisher die Führungspositionen in der Wirtschaft gesichert. So gut wie alle von ihnen begreifen das Jobsystem als hierarchisches System, in dem es gilt, sich an die Spitze zu setzen. Und selbst den Männern, die nicht in erster Linie im Beruf Karriere machen wollen, ist immer noch stärker als vielen leistungsorientierten Frauen bewusst, wie das Job-Spiel läuft und welchen Mechanismen es gehorcht.

Frauen als Konkurrentinnen um Führungspositionen – das ist ein relativ neues und nicht immer einfaches berufliches Phänomen. Männer reagieren im Hinblick auf ihre Rangposition empfindlich, wenn eine Frau besser ist als sie. Viele Frauen können sich dagegen gar nicht vorstellen, dass sich ihre männlichen Vorgesetzten durch sie bedroht fühlen. Sie stellen hilflos fest: »Ich will doch seine Position gar nicht, ich säge doch gar nicht an seinem Stuhl.« Frauen verstehen nicht, wo das Problem liegt, da nur die wenigsten von ihnen einen männlich geprägten Begriff von Macht und Hierarchie haben. In der Regel können sie mit dieser Denkweise wenig anfangen, da es ihnen in erster Linie um die Inhalte ihrer Arbeit und die Beziehungen untereinander geht. Sie haben eine andere Perspektive. Ihre Kinder liebevoll aufzuziehen und die Familie zusammenzuhalten – das stand bisher meist im Vordergrund. Der Beruf spielt bei Frauen gesellschaftlich betrachtet erst seit wenigen Jahrzehnten eine Rolle. Interessanterweise übertragen viele Frauen – unabhängig davon, ob sie tatsächlich Mütter sind oder nicht – ihre Beziehungsorientierung auf den Beruf. Im Job wollen sie sich vor allem wohlfühlen – und allen anderen im Team soll es auch gut gehen.

Das zeigt auch die Forschungsarbeit der Psychologin Nathali Klingen zum Thema »Führungsstil bei Männern und Frauen«. Versuchspersonen aus verschiedenen Berufen mussten in kleinen Teams gemeinsam eine Reihe von Aufgaben lösen. Dabei wurden verschiedene Arten der Gruppenorganisation ausprobiert – etwa die Festsetzung oder Wahl eines Führers beziehungsweise das Arbeiten in Gruppen mit gleichberechtigten Teilnehmern. Das Ergebnis: Männer bevorzugen hierarchische Strukturen. Frauen hingegen zeigten sich motivierter und zufriedener, wenn die Führung in der Gruppe rotiert oder niemand eine herausragende Rolle spielt. Frauen fördern Gleichberechtigung und demokratische Strukturen in der Gruppe. Dementsprechend werden in reinen Frauengruppen Stärke und Kompetenz einzelner Mitglieder sowie Konkurrenz untereinander tabuisiert und offene Machtkämpfe vermieden. Weiterhin zeigte die Studie, dass Frauen stärker auf die Stimmung im Team achten. Männer hatten dagegen vor allem das Arbeitsergebnis im Blick. Beide Verhaltensweisen haben Vorteile: Nathali Klingen rät Frauen, die in der Berufswelt mit Führungsaufgaben konfrontiert sind, stärker auf die Aufgabenstellung zu schauen. Wenn schnelle Ergebnisse gewünscht werden, muss die Befindlichkeit der Mitarbeiter vorübergehend auch einmal ignoriert werden. Umgekehrt rät sie Männern, mehr auf die Stimmung unter ihren Mitarbeitern zu achten. Die Qualität des Teamergebnisses hängt auch von der Motivation der Mitarbeiter ab. Dadurch, dass Männer die Mehrheit in Führungspositionen stellen, hat allerdings das männliche Verständnis von Macht und Hierarchie einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Spielregeln im Job.

Der andere Blick

Frauen geht es stärker als Männern bei der Arbeit um die Beschäftigung mit bestimmten Inhalten – egal, auf welcher Hierarchiestufe. Inzwischen gibt es männliche Führungskräfte, die genau aus diesem Grund auf Frauen setzen. René Mägli zählt dazu, er stellt nur Frauen ein. Über 100 Mitarbeiterinnen arbeiten in seinem Betrieb, der Schweizer Niederlassung von MSC, der zweitgrößten Frachtreederei der Welt: als Controllerinnen, Buchhalterinnen, Finanzspezialistinnen, Verkäuferinnen, Managerinnen, IT-Fachfrauen. Mägli schätzt seine Mitarbeiterinnen: Eine Frau sei kommunikativer, zielstrebiger, kostenbewusster, besser in Fremdsprachen und besser im Team, zudem setze sie schneller Prioritäten als ein Mann, sagt Mägli im Interview mit Spiegel online. Vor allem aber sei entscheidend: »Eine Frau dient der Sache. Männer kämpfen um die eigene Position, um Geld und den Status. Frauen tun dies bei uns – meines Erachtens – nicht.« Er praktiziere das nicht aus Idealismus, sondern Frauen eigneten sich einfach besser für ein Dienstleistungsunternehmen: »Sie bringen mehr Profit.«

Frauen stellen die Aufgabe in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit und legen großen Wert auf die Qualität ihres Arbeitsumfeldes, das belegt inzwischen auch die wissenschaftliche Forschung. Selbst bei der Übernahme einer Führungsposition bleiben die Inhalte im Fokus ihres Engagements. Für Frauen bedeutet Führung, sich den Inhalten ihrer Arbeit in gestärkter Position zu widmen. Männer bewerten Inhalte weniger hoch, für sie besteht eine Führungsaufgabe hauptsächlich im Leiten von Mitarbeitern. Sie sehen Führung als Rolle, die relativ unabhängig von der konkreten Aufgabe ist. Eine Führungsrolle kann deshalb in unterschiedlichen Kontexten oder Abteilungen ausgeübt werden. Da eine »reine« Führungskraft im Unternehmen universal einsetzbar ist, ist dieser Umstand Karriere fördernd. Eine Aufgabe wird von vielen Männern häufig als Sprungbrett für die Karriere gesehen, sie definieren sich über die Wirkung ihrer Tätigkeit. Man(n) macht etwas gut, steigert die Effektivität der Abteilung und wird dafür befördert. Männer suchen nach Aufstiegschancen. Sie richten ihr Handeln danach aus, immer weiter nach oben zu steigen. Frauen gestalten ihre Laufbahn eher nach Aufgaben und halten an inhaltlich interessanten Positionen fest. So verzichten sie gegebenenfalls auf den Aufstieg, wenn sie sich von lieb gewonnenen Inhalten trennen müssten, während Männer ihre Stellen auch dann verlassen, wenn sie interessant sind.

Frauen sehen es außerdem als zentrale Aufgabe, Bedingungen für eine effiziente Kooperation zu schaffen, damit alle Mitarbeiter ihre Potenziale zugunsten der gestellten Aufgabe einbringen können. Sie geben ihren Mitarbeitern Freiraum und lassen sie das »Wie« ihrer Tätigkeit weitgehend selbst definieren, damit sie ihre Arbeit als ebenso sinnvoll wie sie selbst erleben. Ein moderner Führungsstil – ganz im Sinne des viel zitierten und gewünschten Konzepts des unternehmerisch denkenden Mitarbeiters. Frauen sollten sich zwar bewusst sein, dass sie innerhalb eines Machtsystems arbeiten, aber deshalb ihren ureigenen Arbeits- und Führungsstil nicht aufgeben, weil er viele Vorteile bietet, die auch für das Arbeiten im internationalen Kontext gesucht sind.

Der Wirtschaftspsychologe Felix Brodbeck, der im Rahmen der Globe-Studie Führungsverhalten im internationalen Vergleich unter die Lupe nahm, konstatiert, dass deutsche und internationale Managementforscher deutsche Führungskräfte als aufgabenorientiert und technisch versiert beschreiben, jedoch auch als wenig inspirierend und mangelhaft in ihrer sozialen Kompetenz. »In Deutschland wächst die Sehnsucht nach neuen Führungskräften«, sagt Brodbeck, der in der Globe-Studie auch gesellschaftskulturelle Wertetrends untersuchte und zu dem Ergebnis kam, dass Führungspersönlichkeiten mit hoher sozialer Kompetenz gefragt sind: Diese sollen motivieren, teamfähig, einfühlsam, tolerant, offen und fair sein. Der Fehlzeiten-Report 2011 bestätigt, dass sich Beschäftigte von ihrer Führungskraft mehr Einsatz für die Mitarbeiter, mehr Feedback und öfter mal ein Lob für gute Arbeit wünschen. Dieser Einsatz lohnt sich, denn Mitarbeiter, die von ihren Führungskräften gut informiert werden und Anerkennung erfahren, haben weniger gesundheitliche Beschwerden und identifizieren sich häufiger mit ihrem Unternehmen. Das erhöht den Unternehmenserfolg.

Es gilt also für Frauen, sich ihre Beziehungsorientierung zu bewahren und trotzdem strategisch zu denken und ihre Position auch von anderen nicht infrage stellen zu lassen.

Der Preis des »Sich-nicht-Aufspielens«

Männer halten die Fäden gerne in der Hand und organisieren die Zusammenarbeit im Hinblick auf eine effiziente Zuarbeit. Die Mitarbeiter liefern die einzelnen Teile, die sie ordnen und zu einem Gesamtergebnis zusammenfügen. Für Frauen ist diese Haltung männlicher Vorgesetzter oft schwer zu akzeptieren. So ärgern sich beispielsweise Wissenschaftlerinnen in der Medizin häufig, dass ihr Chef ihre Arbeitsergebnisse in seine Forschungen mit einarbeitet und bei internationalen Konferenzen quasi als seine präsentiert. Für hierarchieorientierte Männer zwar auch ärgerlich, aber nichts anderes als ein ganz normaler Vorgang. Durch ihren delegierenden Führungsstil stellen sich Männer an die Spitze. Für ihre Leistungen werden sie so schneller honoriert als teamorientiert arbeitende Frauen, die Individualität und Kreativität bei ihren Mitarbeitern fördern – und so selbst viel weniger auffallen. Kooperation statt Konkurrenz – logisch, dass Frauen nach anderen Regeln spielen.