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50 leuchtende Verse bekannter und weniger bekannter Dichterinnen und Dichter werden von Pfarrer und Autor Joachim Leberecht zu einem spirituellen Gedanken und einem Bild des jungen Künstlers Jannes Heidemann in Beziehung gesetzt. Es entsteht ein spannender Tetralog zwischen Betrachtenden, Lyrik, Bild und spirituellem Impuls. Auch die Impulse selbst stehen mitunter in Spannung zu den lyrischen Versen, da diese nicht religiös gedeutet werden müssen, aber können.
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Seitenzahl: 22
Veröffentlichungsjahr: 2021
In einer Briefnotiz hält Paul Celan 1959 fest: „Unsere Leuchtkäfer sind immer noch da“.1 Das im Original französische vers luisants kann neben Leuchtkäfer auch leuchtende Verse heißen.
Es gibt auch heute noch leuchtende Verse, die wie Glühwürmchen durch die Dunkelheit schwirren.
In der Corona-Pandemie haben sich viele Menschen – gerade zu Beginn des gesellschaftlichen Lockdowns – unzählige ermutigende Whats-App-Nachrichten geschickt. Unheimlich an der Krise war, dass wir nicht wussten, wie gefährlich das Virus ist. Neben dem Virus hat sich die Angst exponentiell verbreitet. In Krisen sucht der Mensch nach Worten, die ihm Halt und Orientierung geben. Menschen haben in dieser Zeit für sich wieder den Trost entdeckt, den die Lyrik zur Sprache bringt. Auch ich habe nach leuchtenden Versen gesucht und mit Zeilen bekannter und weniger bekannter Dichterinnen und Dichter gut 50 Tage lang unter dem Stichwort 60 Sekunden Ermutigung auf YouTube kurze Videos gestaltet.2
Die Sprache der Lyrik ist so alt wie die menschliche Kommunikation. Zuerst war die Lyrik im Kult als hymnische Sprache zu Hause, erst spät hat sie sich von der Religion emanzipiert. Es gibt bis heute eine Nähe lyrischer und religiöser Sprache. Das muss am Sprechakt liegen. Beide Sprachen weisen über das Faktische hinaus. Weltliche und religiöse Lyrik (beispielsweise die biblischen Psalmen) sind bildhaft. Sie bringen Emotionen allgemein gültig zur Sprache. Sie haben oft eine dialogische Struktur. Um mit Paul Celan zu sprechen: Lyrik leuchtet in der Nacht. Ihre Worte transzendieren menschliches Erleben.
Das wollen auch die spirituellen Impulse. Mit wenigen Worten möchten sie die Lesenden und Betrachtenden in ein bewusstes Wahrnehmen ihrer selbst und der eigenen Gottesbeziehung führen.
Es gibt nicht nur leuchtende Verse – Leuchtkäfer in der Nacht – es gibt auch leuchtende Bilder: Kunst, die in ihrer Schlichtheit und Schönheit aufleuchtet. Wie kommt es, dass wir ein Bild schön finden? Wie Worte uns ansprechen, können auch Bilder zu uns sprechen, etwas in uns auslösen: ein Staunen, eine Freude, natürlich auch Abwehr oder Überdruss in einer bildüberfluteten Welt. Die Kunst von Jannes Heidemann spricht mich an. Da klingt etwas an, da stellt sich ein Ton ein, da schwingt etwas in mir, das mich gern leben lässt – selbst in der Krise.
Ich danke dem Kölner Künstler Jannes Heidemann, dass er 50 seiner Werke für diesen Lyrik-Bild-Band zur Verfügung gestellt hat. Jedem Vers habe ich ein Bild gegenübergestellt, in der Hoffnung, dass ein spannender Tetralog zwischen Betrachtenden, Lyrik, Bild und spirituellem Impuls entsteht. Auch die spirituellen Impulse stehen mitunter in Spannung zu den Versen, da diese nicht religiös gedeutet werden müssen, aber können.
Dass 50 Tage Lyrik auch für Sie ihre Leuchtkraft entfalten, das wünsche ich mir.
Joachim Leberecht
ich errichte aus schweigen und worten
einen bewussten ausdruck.