Star Trek - Deep Space Nine: Vorherrschaft - David R. George III. - E-Book

Star Trek - Deep Space Nine: Vorherrschaft E-Book

David R. George III.

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Beschreibung

Auf der ursprünglichen Deep Space 9 beobachtet Captain Kira Nerys, wie sich das bajoranische Wurmloch öffnet und ein einzelnes, klingenförmiges Schiff ausspuckt. Versuche, Verbindung zu seiner Besatzung aufzunehmen, bleiben unbeantwortet und kurz darauf folgt ein weiteres Schiff ähnlicher Bauart. Als danach eine ganze Armada durch das Wurmloch kommt, scheint es klar, dass DS9 angegriffen wird. Kira befielt ihrem Ersten Offizier, Commander Elias Vaughn, an Bord der Defiant zu gehen, und die Station zu verteidigen und fordert von der Sternenflotte Verstärkung an. Gleichzeitig bereitet ihre Besatzung die Schilde und Waffen der Station auf den bevorstehenden Ansturm vor. In der Zwischenzeit überlegt an Bord des Führungsschiffs Iliana Ghemor, DS9 anzugreifen, und dem Leben von Kira, dem Quell allen Übels in ihrer erbärmlichen Existenz, ein Ende zu setzen. Allerdings verlangt ihre Vergeltung mehr, als einfach nur den Tod – sie verlangt nach Qual. Ghemor überlegt es sich anders und beschließt, ihre Rache am Captain angemessen zu gestalten, indem sie zuerst die Bevölkerung Bajors auslöscht …

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STAR TREK

DEEP SPACE NINE™

VORHERRSCHAFT

DAVID R. GEORGE III

Based onStar Trek and Star Trek: The Next Generationcreated by Gene RoddenberryandStar Trek: Deep Space Ninecreated by Rick Berman & Michael Piller

Ins Deutsche übertragen vonRené Ulmer

Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – DEEP SPACE NINE: VORHERRSCHAFT wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: René Ulmer; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Andrea Bottlinger; Korrektorat: André Piotrowski; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Martin Frei; Print-Ausgabe gedruckt von CPI Moravia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the Czech Republic.

Titel der Originalausgabe: STAR TREK – DEEP SPACE NINE: ASCENDANCE

German translation copyright © 2018 by Amigo Grafik GbR.

Original English language edition copyright © 2015 by CBS Studios Inc. All rights reserved.

™ & © 2018 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All rights reserved.

This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.

Print ISBN 978-3-95981-525-3 (März 2018) · E-Book ISBN 978-3-95981-526-0 (März 2018)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE · WWW.STARTREK.COM

Für Michael David Sperber –ein Autogenie,ein erfolgreicher Rennfahrer.Und ein Mann, der einem KlingonenTribbles verkaufen könnte.Er ist eine echte Marke und ein großartiger Freund.Auf Murray!

Inhalt

Historische Anmerkung

Prolog

I Abstieg

Zwischenspiel

II Übergang

Zwischenspiel

III Aufstieg

Epilog

Danksagungen

Historische Anmerkung

Die Ereignisse dieses Romans spielen sich in zwei unterschiedlichen Zeitperioden ab, die beide einen direkten Anschluß an STAR TREK – DEEP SPACE NINE»Sakramente des Feuers« darstellen. Die chronologisch frühere Geschichte beginnt im Dezember 2377 und setzt sich bis Februar 2378 fort, während die zweite ihren Anfang im Dezember 2385 nimmt und sich bis Ende Januar 2386 fortsetzt.

Das Land und das Volk sind eins.

– bajoranisches Sprichwort

Prolog

Flug

Dezember 2385

Einen Sekundenbruchteil bevor die Sirene für den Roten Alarm durch das Sicherheitsbüro plärrte, erwachten die zugehörigen Warnlichter zum Leben. Die Konsolen wurden in blutrotes Licht getaucht, während die Sirene zu den Notfallstationen rief. Selten – der Sicherheitschef des Newton-Außenpostens – betrachtete die Anzeige auf der Hauptkonsole und erkannte sofort, was der Grund für den Alarm war: »Ein Vorfall innerhalb der Probenlagerung.« Um ihn herum traten die Offiziere seiner Alpha-Schicht in Aktion, die mit gezogener Waffe zu ihrem Zuständigkeitsbereich eilten. Selten sah, wie sie durch die Tür verschwanden und an dem rechteckigen Fenster vorbeirannten, das in den angrenzenden Korridor wies. Nur Ensign Connor Block blieb bei ihm, um die Zugriffskonsole zu bedienen.

»Alle Kontrollpunkte sind abgeriegelt«, meldete der Ensign. »Ich habe Bestätigung über die Verriegelung sämtlicher Sicherheitstüren. Alle Kraftfelder sind aktiv.«

»Verstanden«, bestätigte Selten, während er die Sirene im Büro abschaltete und die normale Beleuchtung wiederherstellte. Danach bediente er auf seiner Konsole ein paar Kontrollflächen für die Kommunikation und öffnete eine einrichtungsweite Verbindung, wodurch man ihn auf dem gesamten unter der Oberfläche liegenden Außenposten hören konnte. Das galt sowohl für die obere Ebene, von wo aus sein einundzwanzig Mann starkes Sicherheitsteam die Einrichtung schützte, wie auch für die untere, wo die fünfundvierzig Wissenschaftler und Techniker der Wissenschaftsabteilung der Föderation lebten und arbeiteten. »Hier spricht Lieutenant Commander Selten. In Korridor vier, Abteilung L hat es einen Vorfall gegeben«, verkündete er, während er die Daten über den Ursprung des Alarms von seiner Konsole ablas. »Das gesamte Sicherheitspersonal soll sich auf seine Notfallposten begeben. Alle anderen ziehen sich augenblicklich in die nächstgelegene Sicherheitszone zurück.« In der ganzen Einrichtung hatte man für die Wissenschaftler Rückzugsmöglichkeiten für Notfälle eingerichtet. »Das ist keine Übung.«

»Die Daten der Kontrollpunkte zeigen, dass sieben Wissenschaftler zusammen mit Doktor Norsa und zwei Technikern vor siebenunddreißig Minuten Korridor vier betreten haben«, berichtete Block. »Unser Formwandler-Besucher war auch bei ihnen.« Norsa, eine argelianische Biologin, fungierte als Stabschefin des Newton-Außenpostens. Der Formwandler, Odo, war vor einer Woche im Larrisint-System angekommen.

Selten betätigte ein paar Schaltflächen auf seiner Konsole und überprüfte die internen Sensoren des Außenpostens. Er betrachtete die Anzeigen von Korridor vier, dem Abschnitt der Einrichtung, wo alle Proben – organische wie auch leblose Objekte – untergebracht waren, an denen die Wissenschaftler arbeiteten. Die Scans zeigten schnelle Bewegungen in einem beachtlichen Areal im Inneren von Abteilung L und darüber hinaus, aber keine eindeutigen Kommunikatorsignale oder Lebenszeichen. Die Anzeigen ließen darauf schließen, dass die zehn Personen in dem Bereich ein gewaltsames Ende gefunden hatten. Aber Seltens präziser Verstand betrachtete diese Interpretation der Ereignisse lediglich als eine Möglichkeit und konzentrierte sich stattdessen darauf, mehr Informationen zu sammeln.

Der Sicherheitschef betätigte weitere Schaltflächen und rief Bilder der Umgebung der kompromittierten Abteilung auf. Auf dem Bildschirm floss an mehreren Punkten etwas vorbei, das wie ein Strom aus flüssigem Metall aussah. Die Sensoren verfolgten die Bewegung, empfingen jedoch nur undeutliche Lebenszeichen.

Selten berührte eine Schaltfläche, die ihn zu seiner ganzen Truppe durchstellte, aber zu niemandem von der Wissenschaftsabteilung. »In Korridor vier gibt es Aktivität«, erklärte er, »darunter auch Bewegung einer großen, fluiden Masse, die sich auf die Zugangstür zubewegt.« Es gab nur einen Kontrollpunkt, der den Probenlagerbereich mit dem restlichen Außenposten verband. Da sich Abteilung L am anderen Ende von Korridor vier befand, konnte man sich von dort nur in Richtung dieses Zugangs bewegen.

»Könnte das der Gestaltwandler sein?«, fragte Block, nachdem Selten die Verbindung unterbrochen hatte. Der Sicherheitschef verstand, dass der Ensign nicht von Odo sprach. Er bezog sich auf das Exemplar, deswegen der Formwandler zum Newton-Außenposten gekommen war. Dem Sicherheitstrupp gegenüber hatten die Wissenschaftler das Exemplar als potenziellen Gestaltwandler bezeichnet und Odo hatte bei der Untersuchung helfen wollen.

»Kann sein.« Auch wenn seine Scanner keine eindeutigen Lebenszeichen auffingen, die zu irgendeiner bekannten Art von Gestaltwandler passten, fiel Selten keine andere vernünftige Erklärung für das ein, was er da sah. Er rief eine sekundäre Konfiguration seine Konsole auf und griff auf die automatischen Aufzeichnungen der Ereignisse in und um Abteilung L zu. Er sah sich alles an, was kurz vor Beginn des Roten Alarms geschehen war. Zuerst sah er Norsa, die zusammen mit fünf anderen Wissenschaftlern an den Sichtluken stand und in den großen Raum darunter blickte. Man hatte ihn erst vor Kurzem auf die Maße zehn auf zwanzig auf fünfzig Meter vergrößert, um darin das von der Besatzung der U.S.S. Nova entdeckte Exemplar unterzubringen.

Eine andere Ansicht zeigt ihm das Innere des Raums. Die riesige, silbrige Masse, die man zur Untersuchung zum Newton-Außenposten gebracht hatte, bedeckte den Boden des Abteils. Die ansonsten inaktive Oberfläche hob und senkte sich geschmeidig, wodurch die Höhe zwischen einem und zwei Metern schwankte. Selten beobachtete, wie Odo die Dekontaminationskammer verließ, die in das Abteil führte. Ein Techniker und ein weiterer Wissenschaftler blieben in der Dekontaminationskammer zurück, während ein zweiter Techniker im Korridor wartete und alles durch eine Sichtluke beobachtete.

Odo warf einen Blick zurück, ging dann weiter, nachdem sich die innere Tür hinter ihm geschlossen hatte. Er trat zwei Schritte auf das Exemplar zu, ging dann vor der Masse auf die Knie, die für Selten wie ein See aus geschmolzenem Metall aussah. Odo beugte sich vor und legte die Hände auf die silbrige Oberfläche.

Der Sicherheitschef sah zu, wie Odos Hände zu schimmern begannen. Odos Haut verflüssigte sich, als würde sein Körper schmelzen. Seine verflüssigten Finger schienen in der großen Masse vor ihm zu verschwinden.

Selten wartete, was geschehen würde – was geschehen war –, aber einen Augenblick lang geschah gar nichts. Der Sicherheitschef hatte noch nie zugesehen, wie zwei Gestaltwandler miteinander verschmolzen – sie bezeichneten es als Verbinden –, aber er begriff das Konzept. Es war nach wie vor nur Mutmaßung, ob das Exemplar lebendig war oder nicht, also erwartete Selten nicht, dass Odo und der große Haufen eins wurden. Darum überraschte es den Sicherheitschef auch nicht, als die Hände des Formwandlers wieder feste Form annahmen, ohne dass von der silbrigen Masse eine Reaktion kam.

»Die Masse bewegt sich schnell Korridor vier entlang«, meldete Block. »Sie nähert sich der Zugangstür.«

Selten sah wieder zu der Statusanzeige, aber dann bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung in der Aufzeichnung. Odo hatte sich von der silbrigen Masse entfernt, als sich ihre Form veränderte und sich ein Teil von ihr in die Höhe schob. Die bis eben noch stumpfe Oberfläche glänzte. Am höchsten Punkt veränderte sich die amorphe, geschwungene Form, bildete harte Linien und flache Kanten, formte sich zu etwas, was sich am einfachsten als Hammerkopf beschreiben ließ. Das Gebilde raste herab, direkt auf Odo zu. Es traf ihn mit beängstigender Kraft, schleuderte ihn zurück. Odos Körper prallte hart gegen das Schott, wo er platt gedrückt wurde und platzte. Die Imitation eines Bajoraners explodierte in einem goldorangefarbenen Regen.

»Noch zehn Sekunden bis zur Tür«, berichtete Block.

Selten betätigte hastig ein paar Kontrollen, um die Übertragung der Überwachungssysteme in Korridor vier auf seinen Bildschirm zu legen. Wie bei allen Sicherheitskontrollpunkten des Außenpostens wurde auch dieser durch eine massive Metalltür gesichert. Zudem hatte der Rote Alarm zu einer automatischen Abriegelung der gesamten Einrichtung geführt und jeder Zugangspunkt wurde durch zusätzliche Kraftfelder verstärkt.

Die riesige silbrige Masse floss mit hoher Geschwindigkeit durch den Korridor. Wie eine Flutwelle brandete sie gegen das Kraftfeld vor der Tür. Wo sie aufeinandertrafen, tauchten flackernde elektrisch blaue Flecken auf dem Kraftfeld auf und gezackte Entladungen rasten über die Oberfläche des Exemplars. Die Wellen schlagende Masse zog sich nicht zurück, stattdessen sammelte sie sich wie ein gestauter Fluss an dem Hindernis und türmte sich gegen das Kraftfeld bis zur Decke auf. Innerhalb von Sekunden war nichts mehr zu erkennen. Einen Wimpernschlag später gab es einen blauen Blitz.

»Das Kraftfeld in Korridor vier ist zusammengebrochen«, meldete Block.

Der Sicherheitschef sah wieder zu der Aufzeichnung, wo sich die glänzend silbrige Masse gerade rapide ausdehnte. Schnell bedeckte sie nicht nur den Boden des Abteils, sondern füllte es bis zur Decke aus. Das Exemplar umschloss die Kameras im Inneren der Kammer, aber die im Beobachtungsbereich erfassten die Reaktionen der Wissenschaftler. Bis auf die Stabschefin zogen sich alle eilig von den Sichtluken zurück. Doktor Norsa hingegen stürzte sich auf die nächstgelegene Kontrollkonsole – ohne Zweifel wollte sie Alarm geben oder etwas anderes tun. Aber es war zu spät. Die noch immer anschwellende Masse brach durch die Sichtluken und wälzte sich daraufhin durch den Korridor. Sie riss die Wissenschaftler von den Füßen, und Norsa und ihre Kollegen verschwanden aus dem Erfassungsbereich.

»Commander, die Tür in Korridor vier zeigt an, dass sie stark belastet wird«, sagte Block. »Ich glaube nicht, dass sie halten wird.«

»Wie ist das möglich?«, verlangte Selten zu erfahren. Neben den Kraftfeldern auf beiden Seiten bestand jeder Sicherheitskontrollpunkt des Außenpostens aus mehreren Platten, die selbst Energiewaffen und Explosionen widerstehen sollten. Einfacher Druck, selbst von einem so großen Objekt wie dem Exemplar aus Abteilung L, sollte nicht in der Lage sein, die Türen auch nur im Geringsten zu beeinträchtigen.

Block machte an seiner Station einige Eingaben. »Die Tür wird nicht von außen belastet, sondern von innen heraus.«

Das ist unmöglich, dachte Selten, sprach es jedoch nicht aus, da ihm augenblicklich bewusst wurde, wie unlogisch diese Worte waren. Es war belanglos, dass die Türen undurchdringlich für Flüssigkeiten und sogar luftdicht waren. Es lag auf der Hand, dass sich die gestaltwandelnde Masse derart präzise bewegte, dass sie selbst die kleinsten Unregelmäßigkeiten und Öffnungen in der Struktur der Tür nutzen konnte. Das deutete mindestens auf Instinkt hin und höchstwahrscheinlich sogar auf Intelligenz. Dessen ungeachtet war für ihn offensichtlich, dass die Masse lebendig war, auch wenn ihre Scans das nicht gezeigt hatten.

Der Sicherheitschef mutmaßte zudem, sollte es dem Exemplar gelingen, diese Tür zu durchbrechen, würde ihm das auch bei der nächsten gelingen. Daraus ergab sich, dass die Sicherheitsabteile, in die sich die Wissenschaftler zurückgezogen hatten und die auf dieselbe Weise geschützt waren, nicht länger als sicher betrachtet werden konnten. Zum ersten Mal zog Selten in Erwägung, dass er möglicherweise die Evakuierung des Newton-Außenpostens befehlen musste.

Er schaltete seine Anzeige um, damit er einen Blick auf die andere Seite des Kontrollpunkts in Korridor vier werfen konnte. Gleich dahinter lag die Eingangshalle zur unteren Ebene des Komplexes. Dort führte ein halbes Dutzend herkömmliche Türen in die Unterkünfte des Personals, ihre Wohnbereiche, Büros und Labore. Gegenüber von Korridor vier lag ein weiterer abgeriegelter Kontrollpunkt, der den Hauptzugangspunkt in diesen Teil der Einrichtung darstellte. Selten sah dort zwei seiner Leute: Ensign Elise Ehrenreich und Crewman Dozier warteten mit feuerbereitem Phaser.

»Der Druck im Inneren der Tür steigt«, meldete Block. »Die Oberflächen weisen bereits deutliche Belastungsanzeichen auf. Viel länger wird sie nicht mehr halten.«

Der Sicherheitschef zögerte keinen Augenblick. Er aktivierte eine Kommunikationsverbindung. »Ehrenreich, Dozier, verlassen Sie sofort die Eingangshalle durch Korridor sieben!« Die beiden Offiziere bestätigten den Befehl und Selten sah zu, wie sie den Abschnitt in Richtung der Wohnbereiche der Wissenschaftler verließen.

Einen Sekundenbruchteil später zerfetzte es einen Teil der Sicherheitstür zu Korridor vier. Metallstücke rasten wie Bombensplitter durch die Eingangshalle. Das Kraftfeld auf der anderen Seite flackerte unter dem Einschlag der Metallfragmente. Silbrige Rinnsale sickerten durch das klaffende Loch in der linken Seite der Tür, ließen das Kraftfeld flackern, bis es endgültig kollabierte. Die beschädigte Tür zitterte in ihren Laufschienen, schob sich knapp einen Meter auf. Das Wesen floss durch die so entstandene Öffnung und ergoss sich in die Eingangshalle wie Wasser in eine Wanne. Das Kraftfeld auf der gegenüberliegenden Seite schimmerte bei jeder Berührung blau, bis Block letzten Endes sein Versagen meldete.

Selten griff erneut auf die Sensoren zu. Obwohl der Newton-Außenposten ständig gegen Beamen abgeschirmt war, verfügte er über interne Transporter. Der Sicherheitschef überlegte, das Wesen auf diese Weise vom Personal der Einrichtung wegzubringen. Langfristig würde das Exemplar aus jeder Sektion des Komplexes ausbrechen, aber so könnte er der Besatzung des Außenpostens genug Zeit verschaffen, mit den Fluchtkapseln zu entkommen.

Aber die Scanner konnten die Masse nicht als Lebewesen erfassen oder überhaupt als ein einzelnes Objekt. Selten versuchte es mit einer örtlichen Transportererfassung, damit die Dematerialisierung alles in einem bestimmten Umfeld mit einschloss, beginnend mit der Eingangshalle auf der zweiten Ebene. All seine Bemühungen blieben erfolglos.

Auf dem Bildschirm schwappte die silbrige Masse bis zur Decke. Bevor er den Gebrauch der Fluchtkapseln befehlen konnte, verlangten die Vorschriften des Außenpostens, dass er noch eines versuchte. »Initiiere Eindringlingsabwehrsystem«, sagte er. Selten hätte das lieber nicht getan – obwohl die Scans nichts dergleichen zeigten, war er überzeugt, dass es sich bei dem Exemplar um ein Lebewesen handelte –, aber er verstand auch, warum es nur der letzte Ausweg war, den Newton-Außenposten aufzugeben. Die geheime, gesicherte Anlage beherbergte wichtige – und in vielen Fällen einzigartige – Forschungsarbeiten und stellte häufig einen sicheren Hafen für prekäre Arbeiten dar.

Der Sicherheitschef deaktivierte die Sicherungen des Eindringlingsabwehrsystems, dann isolierte er die Eingangshalle und Korridor vier auf der unteren Ebene. »Setze Nervengas frei.« Auf dem Bildschirm war zu erkennen, wie aus Schlitzen hoch oben in den Schotten dichte Ströme aus Gas ausgestoßen wurden. Falls das Wesen etwas davon bemerkte, ließ es sich zumindest nichts anmerken. Es floss weiter in die Halle, stieg weiter an. Den Sensoren zufolge wurde es nicht langsamer.

»Setze sekundäres Nervengas frei.« Gleichzeitig gab Selten die entsprechenden Befehle ein. Er mochte die harmlos klingende Bezeichnung der Waffe nicht, aber er benutzte sie den Vorschriften entsprechend. Das erste Gas führte bei den meisten Lebensformen zu Bewusstlosigkeit, das zweite zum Tod.

»Die Zugangstür zeigt nun Anzeichen interner Belastung«, berichtete Block.

»Was ist mit den anderen Türen?« Die einfachen Türen, die zu den Wohn- und Arbeitseinrichtungen der Wissenschaftler führten, hatten dem Wesen weitaus weniger entgegenzusetzen als die schwere Sicherheitstür, die es bereits überwunden hatte.

»Das Gewicht des Exemplars beansprucht sie, aber so wie es aussieht, versucht es nicht, sie zu durchbrechen.«

Warum nicht? Es war möglich, dass die Kreatur rein aus Reflex handelte und ihr Glück bei der zweiten Tür versuchte, da sie die erste bereits durchbrochen hatte. Aber genauso konnte es auf eine bewusste Entscheidung und somit auf Intelligenz hindeuten.

Selten schaltete um, sah den langen, breiten Korridor, der von der Eingangshalle auf der unteren Ebene zum großen Turbolift führte, über den man zum darüberliegenden Sicherheitsdeck kam. Vor den Türen des Lifts entdeckte er zwei weitere Mitglieder seiner Mannschaft, Lieutenant Rellor Verat und Ensign Diahann Baker. Der Sicherheitschef öffnete eine Verbindung zu ihnen.

»Verat, Baker.« Seiner ansonsten gelassenen Stimme war die Dringlichkeit anzuhören. »Das riesige Exemplar aus Abteilung L ist auf dem Weg zu Ihnen. Es kommt durch den Haupteingang zu den Wissenschaftssektionen.« Er zögerte, seinen nächsten Befehl zu geben, aber er wusste, sobald das Wesen die Sicherheitstür durchbrochen hatte, würde seinen Offizieren die Zeit fehlen, die Leistung ihrer Waffen zu erhöhen, sollten sich die ersten Schüsse als wirkungslos erweisen. »Stellen Sie Ihre Phaser auf Töten und feuern Sie auf das Exemplar, sobald Sie es sehen!« Sie bestätigten und befolgten den Befehl.

Der Sicherheitschef sah wieder auf die internen Sensoren. Zu seiner Überraschung entdeckte er in Korridor vier sieben Lebenszeichen und zehn Kommunikatorsignale, die mit dem Standort der Wissenschaftler und Techniker in Abteilung L übereinstimmten. Aber er hatte nicht die Zeit, sie zu rufen. Stattdessen konzentrierte er sich auf die beiden Lebenszeichen – ein cygnianisches und ein menschliches –, die er im Korridor zum Turbolift empfing. »Öffnen Sie die Hauptsicherheitstür auf der unteren Ebene und deaktivieren Sie das Kraftfeld!«, befahl er Block.

»Ja, Sir.«

Als das Kraftfeld deaktiviert wurde, sah Selten auf seinem Bildschirm blaue Punkte aufleuchten. Dann schob sich die Sicherheitstür ins Schott. Die gestaltwandelnde Lebensform strömte durch die Öffnung auf den dahinterliegenden Fliesenboden. Verat und Baker eröffneten sofort das Feuer. Die gelbroten Strahlen ihrer Phaser zuckten durch den Korridor und in die auf sie zufließende Masse. Das Feuer zeigte nicht die geringste Wirkung.

Die beiden Offiziere feuerten weiter, obwohl sich das Wesen bedrohlich auf sie zuwälzte. Selten war mit ihrem Pflichtbewusstsein und ihrer Selbstbeherrschung zufrieden. Er würde diese Eigenschaften bei ihrer nächsten Leistungsbeurteilung erwähnen.

Der Sicherheitschef bediente die Transporterkontrollen und stellte sicher, ihre Phaser zu neutralisieren, während er Verat und Baker in den oberen Bereich des Außenpostens beamte. Flecken, gefolgt von Bahnen aus Licht, erfassten die beiden Offiziere. Sie verschwanden in dem Moment, als die Lebensform wie eine Flutwelle über die Stelle hinwegbrandete, an der sie eben noch gestanden hatten. Sie bewegte sich weiter, geradewegs auf das Kraftfeld zu, das den Turbolift sicherte. Beim Aufeinandertreffen flackerte es blau auf.

»Fahren Sie den Lift bis auf den Boden des Schachts runter!«, befahl Selten. »Dann senken Sie das Kraftfeld und öffnen Sie die Türen!«

»Ja, Sir.« Blocks Finger huschten über seine Kontrolltafel.

Selten bezweifelte, dass er über genug Informationen verfügte, um eine Einschätzung bezüglich der Intelligenz der gestaltwandelnden Lebensform abgeben zu können. Es war eine vernünftige Annahme, dass sie aus purem Reflex handelte – aber der Sicherheitschef erkannte ein gewisses Maß an Wissen, von dem er nur annehmen konnte, dass es von dem kurzen Kontakt zu Odo herrührte. Obwohl dem Exemplar nur wenige Optionen zur Verfügung gestanden hatten, hatte es sich allem Anschein nach seit Verlassen des Abteils auf geradem Weg zu den oberen Bereichen des Newton-Außenpostens befunden. Dorthin, wo wahrscheinlich die Freiheit wartete.

Selten öffnete erneut einen Kanal zu seinen Leuten. »An das gesamte Sicherheitspersonal, ziehen Sie sich in den nächstgelegenen Sicherheitsbereich zurück!« Zu Block sagte er dann: »Senken Sie das Kraftfeld am oberen Ende des Turboliftschachts und öffnen Sie dort die Türen!« Noch während er seinen Befehl gab, tanzten die Finger des Sicherheitschefs wieder über die Transporterkontrollen. Er erfasste die Lebenszeichen und die Kommunikatorsignale, um jeden in Abteil L und dessen Umgebung in die Krankenstation des Außenpostens zu beamen, einem Sicherheitsbereich, der ständig von einem der vielen Ärzte des Außenpostens bemannt war. »Setzen Sie den Hangar unter Druck, dann senken Sie sämtliche Kraftfelder und öffnen Sie alle Türen, die zwischen ihm und dem Turbolift liegen!«

»Ja, Sir.«

Auf dem Bildschirm öffneten sich auf der unteren Ebene die Lifttüren und gaben den Blick auf den leeren Schacht frei. Die riesige, silbrige Masse schob sich in die vertikale Verbindungsröhre, reckte sich nach oben. Da sie durch nichts mehr behindert wurde, glättete sich die Form, wurde schlanker, während sie wie eine riesige silberne Schlange den Schacht hinaufraste. »Errichten Sie hinter ihm Kraftfelder und schließen Sie die Sicherheitstüren, sobald es sie passiert hat!«, befahl Selten. Auch wenn diese Maßnahmen die Kreatur nicht aufhalten würden, sollte sie beschließen umzukehren, würde es ihnen im Falle einer Evakuierung des Außenpostens wertvolle Zeit verschaffen.

Der Sicherheitschef griff auf weitere Kameras zu, begonnen mit der, die den Zugang zum Turbolift auf der oberen Ebene überwachte. Die Türen zum leeren Schacht standen offen. Zeit verging – zehn Sekunden, zwanzig, dreißig, eine ganze Minute –, dann schoss die Kreatur aus dem Liftschacht und in den angrenzenden Korridor. Sie raste durch zwei offene Kontrollpunkte und am Sicherheitsbüro vorbei. Selten und Block standen von ihrer Station auf, sahen durch die nur in eine Richtung durchsichtige Luke in den Korridor. Die Deckenbeleuchtung spiegelte sich in der glänzenden silbernen Oberfläche der Kreatur.

Selten hörte so etwas wie ein beharrliches Flüstern und er begriff, dass er selbst durch die geschlossene Tür zum Sicherheitsbüro die von der riesigen Masse auf ihrem Weg verdrängte Luft hörte. Größe und Geschwindigkeit des Exemplars waren beeindruckend, aber während der Sicherheitschef es beobachtete, deutete etwas an den Bewegungen auf einen Verstand hin, der es vorwärtstrieb. Selten konnte es nicht erklären, außer mit Intuition oder der Möglichkeit, dass seine telepathischen Fähigkeiten irgendwie das undefinierte Bewusstsein der Kreatur berührten. Der Sicherheitschef konzentrierte sich einen Moment lang und kurz spürte er etwas, ein Gefühl von Sehnsucht, das so schnell verging, wie es gekommen war.

Bevor das schlangenartige Wesen vorüber war, ging Selten an seine Konsole zurück und Ensign Block folgte seinem Beispiel. Der Sicherheitschef rief die Bilder des Hangars auf. Er sah, dass die innere Tür geöffnet war, woraus er schloss, dass der große Raum über eine Atmosphäre verfügte. Auf dem Deck kennzeichneten Markierungen eine Landefläche und an der Seite standen die beiden Runabouts des Außenpostens – die Neva und die Loire.

Die Kreatur raste durch die offene Tür. Sie schob sich an den Runabouts vorbei, reckte sich zu einem langen, silbernen Zylinder. Sie streckte sich in Richtung der beiden ineinandergreifenden Luken, die das glatte Dach des Hangars bildeten.

»Versiegeln Sie die Türen, sobald die gesamte Masse durch die Luftschleuse ist!«, befahl Selten Block.

»Ja, Sir.«

Die Kreatur krachte gegen die Mitte des Hangardachs. Am Aufschlagpunkt drückte sich der Körper zusammen, wurde breiter, aber nicht kreisförmig. Sie floss an der Linie entlang, an der sich die beiden Luken trafen. Selten konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob das Wesen das Dach auf dieselbe Weise durchbrechen konnte wie die Sicherheitstür in Korridor vier, aber er hatte nicht vor, es herauszufinden. Er achtete auf die Luftschleuse am Eingang, wartete darauf, dass der Rest des lang gezogenen Körpers der Kreatur in den Hangar floss.

»Die Außenluke zeigt Belastung«, meldete Block.

Der Sicherheitschef versuchte abzuschätzen, wie lange er warten konnte, bevor das Risiko für den Außenposten zu groß wurde, aber dann sah er, wie das Endstück der Kreatur den Hangar erreichte. »Jetzt! Schließen Sie die Luftschleuse, dann öffnen Sie die Luken!«

Der Ensign gab eine Reihe von Befehlen ein, woraufhin sich die Luftschleuse zuschob. Gleich darauf teilte sich die Dachluke des Hangars. Im darüberliegenden Sternenhimmel ließ das Sternenlicht kleine, durch den Weltraum treibende Objekte funkeln. Aufgrund seiner Lage unter der Oberfläche eines Schäfermonds im Orbit um den Gasriesen Larrisint IV bot der Newton-Außenposten nur spektakuläre Aussichten.

Während sich die Luke weiter aufschob, kam der darüberliegende Kraterrand zum Vorschein. Die Kreatur schnellte aus dem Hangar. Ob aus eigener Kraft oder mithilfe der Atmosphäre, die in den luftleeren Raum entwich, konnte Selten nicht beurteilen. Er wartete, bis das Exemplar den Außenposten vollständig verlassen hatte, dann befahl er Block, die Luke wieder zu schließen und zu sichern. Der Ensign führte den Befehl sofort aus. Der Sicherheitschef aktivierte die Schilde des Außenpostens, obwohl er daran zweifelte, dass sie einem Angriff durch das Wesen standhalten würden.

Noch während sich der Hangar schloss, rief er die externen Sensoren auf. Das Exemplar wurde nach wie vor nicht als lebender Organismus erkannt, aber der Sicherheitschef konnte seine Bewegungen verfolgen. Noch immer röhrenförmig, wand und drehte es sich zwischen dem Staub und den Felsen, aus denen die Ringe von Larrisint IV bestanden. Drei Minuten lang entfernte es sich, aber dann änderte es abrupt seinen Kurs und stürzte mit beachtlicher Geschwindigkeit in Richtung Schäfermond zurück.

Selten rief hastig die Waffenkontrollen des Außenpostens auf. Der Mond war mit zwei Phaserbänken und einer Quantentorpedo-Abschussrampe ausgestattet. Die Sicherheitsmannschaft wartete die Systeme regelmäßig, um ihre Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Aber in seinen drei Jahren auf dem Außenposten war Selten noch nie gezwungen gewesen, die Waffen zur Verteidigung der Einrichtung zu benutzen.

Der Sicherheitschef richtete sämtliche Waffen aus. Er verfolge die Flugbahn der Kreatur, aber als sie sich dem Schäfermond näherte, änderte sie die Richtung. Selten zögerte zu feuern, während die Abweichung immer mehr zunahm. Ursprünglich hatte die Kreatur direkten Kurs auf die Mitte des Kraters genommen, in dem sich der Zugang zum Außenposten verbarg, dann steuerte sie einen Punkt auf der Oberfläche an und schließlich einen im nahe gelegenen Weltraum.

In Erwartung einer möglichen Finte hielt Selten die Waffen weiter auf die silberne Masse ausgerichtet. Als sie näher kam, veränderte sie plötzlich ihre Form. Der lange Zylinder wurde komplexer, bildete so etwas wie Flossen, Segel, Antennen und Schwänze aus und demonstrierte auf diese Weise, dass er über weitaus größere Fähigkeiten verfügte als die bislang zur Schau gestellten, rudimentären Formen. Die Kreatur war nach wie vor silbern, dennoch wirkte sie organisch, wie ein im Weltraum geborenes Lebewesen. Selten hatte noch nie etwas gesehen, was sich auch nur annähernd damit vergleichen ließ. Wellen kräuselten sich die Auswüchse entlang, als würde sie tatsächlich durch die Leere schwimmen.

Der Gestaltwandler schwebte über den Newton-Außenposten hinweg. Er änderte geringfügig seinen Kurs und der Sicherheitschef kam schnell zu dem Ergebnis, dass das Wesen die Masse des Schäfermonds für diese Kurskorrektur genutzt hatte. Sein gegenwärtiger Kurs führte es am Außenposten vorbei und würde es dicht an Larrisint IV herantragen.

Es nutzt Schwerkraft entweder als Antrieb oder zur Navigation oder vielleicht auch für beides, dachte Selten. Das alles könnte rein instinktgesteuert passieren, aber genauso gut war es möglich, dass dahinter ein intelligenter Verstand steckte. Selten berechnete die Flugbahn und erkannte, dass es um den Gasriesen herumkommen und ihn für ein Swing-by-Manöver benutzen würde, um das Larrisint-System zu verlassen.

Während der Sicherheitschef den Gestaltwandler im Augen behielt, um sicherzugehen, dass er sich nicht erneut dem Mond näherte, öffnete er einen Kommunikationskanal für den gesamten Außenposten. »Hier spricht Lieutenant Commander Selten. Die Lage ist wieder sicher. Das Exemplar aus Abteilung L ist geflüchtet und hat den Außenposten verlassen.«

Dann hielt er Rücksprache mit der Krankenstation. Doktor Leslie Braeden meldete, von den Wissenschaftlern und Technikern, die sich bei der Flucht der Kreatur in Abteilung L aufgehalten hatten, waren zwei tot und sechs verletzt. Odos Zustand konnte sie nicht beurteilen, da er sich nach wie vor in seiner gelartigen Form befand. Seit seinem Transport in die Krankenstation hatte der Formwandler keinerlei Lebenszeichen gezeigt.

Nachdem sich die Belegschaft wieder versammelt hatte, gab es eine Lagebesprechung von Selten, in der er sie über alles informierte, was sich ereignet hatte. Das Sicherheitsteam verfolgte den Flug der Kreatur, als sie erst in Richtung Larrisint IV stürzte und dann Kurs auf den offenen Weltraum nahm. Selten bereitete einen Bericht vor, dann nahm er Verbindung mit der Einsatzplanung der Sternenflotte auf.

»Würden Sie die Kreatur als aggressiv klassifizieren?«, fragte Admiral Elizabeth Kadin über eine gesicherte Subraumverbindung.

»Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen«, gab der Sicherheitschef des Newton-Außenpostens zu, »aber sie könnte auf jeden Fall eine Bedrohung für Föderationsschiffe darstellen.«

»Verstanden. Sonst noch etwas?«

»Nur eines. Als die Kreatur nahe an mir vorbeigekommen ist, habe ich etwas gespürt, was ich bestenfalls als treibende Kraft beschreiben kann.« Der Sicherheitschef zögerte, ließ zu, dass sich seine gesammelten Eindrücke zu einem zusammenhängenden Gedanken verbanden. »Was auch immer dieses Ding ist, es will etwas«, sagte er schließlich. »Es will etwas, und zwar dringend.«

I

Abstieg

Dezember 2377

Captain Kira Nerys stand in der Ops und sah zum von der Decke hängenden Hauptsichtschirm hoch. Mittlerweile diente sie seit fast zehn Jahren auf Deep Space Nine – sieben Jahre als Erster Offizier und bajoranischer Verbindungsoffizier und dann zwei weitere als befehlshabender Offizier –, aber sie hatte sich nie an die cardassianische Bauweise gewöhnt. Dass sie sich auf der ehemaligen Terok Nor unwohl fühlte, hatte nichts mit irgendwelcher verbliebenen Wut auf die ehemaligen Unterdrücker ihres Volks zu tun. Sie hatte schwer darum gekämpft, ihre Verbitterung und ihren Hass abzustreifen, die sie sich während der Besatzung und danach während des Dominion-Krieges angeeignet hatte. Es war etwas weitaus Simpleres als das. Sie betrachtete die Entwurfsentscheidungen der Cardassianer als unbeholfen und unpraktisch. Wer installiert den Sichtschirm eines Kontrollzentrums so, dass sich jeder den Hals verrenken muss, um hinzusehen? Und selbst heute noch stolperte Kira gelegentlich über die erhöhten Schwellen, die in jeder Tür der Station zu finden waren. Die Tatsache, dass sie noch immer gelegentlich beim Betreten oder Verlassen ihres Quartiers aus dem Tritt kam, war Zeugnis für eine Bauweise, die alles andere als praktisch war.

Auf dem Hauptschirm öffnete sich der strahlend blauweiße Wirbel des Himmlischen Tempels. Gerade eben erst hatte Commander Elias Vaughn, ihr Erster Offizier, gemeldet, dass sie den Kontakt zu dem Sternenflotten-Kommunikationsrelais im Gamma-Quadranten verloren hatten. Das automatische, unabhängige Gerät hielt etwas außerhalb des Idran-Systems Position. Das Relais ermöglichte Subraumkommunikation durch das Wurmloch, war aber plötzlich verstummt und reagierte auf keine Systemanfragen, die zumindest belegen würden, dass es noch existierte.

Kira hatte Vaughn befohlen, zusammen mit Lieutenant Nog, dem leitenden Operationsoffizier von DS9, ein Runabout zu besteigen, um das Problem zu analysieren und gegebenenfalls zu reparieren. Der Erste Offizier hatte es noch nicht einmal zum Lift geschafft, bevor Lieutenant Samaritan Bowers, der taktische Offizier der Alpha-Schicht, die Öffnung des Wurmlochs gemeldet hatte.

Was der Captain nun auf dem Bildschirm sah, war ein kleines Schiff mit dunklem Bug und hellem Heck, das aus dem Himmlischen Tempel kam. Abgesehen von der geringen Größe und der Färbung konnte sie keine Details ausmachen. Als der Ereignishorizont des Wurmlochs wieder in sich zusammenfiel und verschwand, konnte Kira im dunklen Weltraum nur noch den weißen Teil des Eindringlings erkennen.

Auf der anderen Seite der Ops, nahe dem Turbolift, fragte Vaughn: »Können Sie das Schiff identifizieren?« Für Kira sah es so aus, als würde es etwas hinter sich herschleppen.

»Negativ«, antwortete Bowers. »Wir haben nichts in der Schiffsdatenbank, was darauf passt. Aber es ist vergleichsweise klein. Wahrscheinlich gerade mal Platz genug für ein paar Passagiere.«

»Vorausgesetzt, sie sind so groß wie normale Humanoide«, wandte Vaughn mit einem Seitenblick zu Bowers ein.

»Ja, Sir«, stimmte dieser zu. Es schien ihm peinlich zu sein, dass man ihn korrigiert hatte.

Kira sah zur Kommunikationsstation. »Öffnen Sie einen Kanal!«

»Kanal offen«, bestätigte Lieutenant Ezri Dax. Sie war erst vor Kurzem von Tellar zurückgekommen, wo sie den Fortgeschrittenen-Taktiklehrgang der Sternenflotte absolviert hatte. Im Moment teilte sie ihre Dienstzeit zwischen der Alpha-Schicht – in der sie die Kommunikation übernahm – und der Beta-Schicht auf, in der sie Bowers’ Posten bekleidete.

»Hier spricht Captain Kira Nerys von Deep Space Nine an das unbekannte Schiff.« Der befehlshabende Offizier der Station ließ die Worte förmlich klingen. »Bitte identifizieren Sie sich.«

Kira wartete, erhielt jedoch keine Antwort auf ihren Ruf. Vaughn ging den erhobenen Randbereich der Ops entlang zurück zu ihr. Während sich das Schweigen hinzog, sah Kira ihren Ersten Offizier an und in seiner Miene erkannte sie ihre eigene Sorge: dass die unerwartete Ankunft eines unbekannten Schiffs aus dem Gamma-Quadranten etwas mit dem Ausfall ihres Kommunikationsrelais zu tun haben könnte.

»Keine Antwort, Captain«, meldete Dax.

»Wohin fliegen sie?«, fragte Vaughn.

»Nicht zur Station«, sagte Bowers nach einem Blick auf die Daten auf seiner Konsole. »Sieht so aus, als würden sie direkt auf Bajor zuhalten.«

Kiras Besorgnis wuchs. Das Standardverfahren verlangte von jedem Schiff, das durch das Wurmloch kam, einen Zwischenstopp auf Deep Space Nine einzulegen. Es könnte sich in diesem Fall um ein Versehen handeln. Vielleicht wussten sie es auch einfach nicht. Aber in beiden Fällen hätte man zumindest auf Kiras Ruf antworten sollen.

»Hier spricht Captain Kira«, sagte sie erneut. »Identifizieren Sie sich und geben Sie die Gründe für Ihre Anwesenheit in diesem System an, ansonsten müssen Sie mit Konsequenzen rechnen!« Es war ihr unangenehm, einen derart aggressiven Ton anzuschlagen. Sie hatte solche Phrasen schon unzählige Male von sich gegeben, aber in letzter Zeit fiel es ihr immer schwerer.

»Captain, das Wurmloch öffnet sich wieder«, sagte Bowers hörbar überrascht. Kira sah zum Bildschirm hoch. Ein weiteres Gebilde, ähnlich dem ersten, wenn auch vollständig dunkel, kam aus dem blauweißen Strudel des Himmlischen Tempels. »Die Konfiguration des zweiten Schiffs ähnelt der des ersten«, meldete Bowers. »Es folgt demselben Kurs.« Erneut fiel das Wurmloch in sich zusammen und verschwand.

»Verfolgt es das erste Schiff?«, fragte Vaughn.

»Möglicherweise«, sagte Bowers. »Ich scanne nach Waffen …« Der Lieutenant wurde davon unterbrochen, dass sich das Wurmloch ein drittes Mal öffnete. Kiras Besorgnis wuchs, noch bevor sie zwei weitere Schiffe aus dem Wurmloch kommen sah. Und danach noch einmal fünf. Als immer mehr Schiffe – das reinste Geschwader – auftauchten, griff sie nach Vaughns Arm, schob ihn vorwärts. Eine körperliche Manifestation des Befehls, den sie geben wollte.

»Begeben Sie sich zur Defiant!«, befahl sie ihm.

Während er zum Lift rannte, sah er zu Bowers. »Roter Alarm! Wir werden angegriffen.« Kira wusste nicht, ob er mit wir die Besatzung und die Bewohner von Deep Space Nine oder die Bewohner Bajors meinte, aber sie konnte die Gefahr, die sich nun vor ihnen abzeichnete, nicht ignorieren.

Die Sirene plärrte durch die Ops, während die zugehörige Beleuchtung die Besatzung in Rottöne tauchte. »Bowers, begleiten Sie Commander Vaughn!«, befahl Kira, womit sie der Defiant den besten verfügbaren taktischen Offizier zuwies. Dax hatte gerade einen Fortgeschrittenenlehrgang abgeschlossen, aber Bowers war sowohl dienstälter als auch erfahrener auf diesem Posten.

Hastig ging Kira die Stufen zum Hauptkontrollmonitor in der Mitte des Kontrollzentrums hinunter. Bowers folgte Vaughn zum Lift und Dax ging an die taktische Station, während Lieutenant John Candlewood, der kürzlich beförderte leitende Wissenschaftsoffizier der Station, die Kommunikation übernahm. »Dax, Schilde hoch!«, befahl Kira. »Candlewood, rufen Sie sie weiter!«

»Aye, Captain«, bestätigte er.

»Leite Energie zu den Phaserbänken und lade Quantentorpedos«, sagte Kira, während sie auf dem Hauptkontrollmonitor die entsprechenden Befehle eingab. Vor sechs Jahren hatte die Sternenflotte in Erwartung von Feindseligkeiten mit dem Dominion die Waffen der Station aufgerüstet. Seitdem hatten sie sich mehrfach bewährt, sie vor größeren Schäden und möglicherweise sogar vor der Zerstörung bewahrt. Erst vor zwei Jahren hatte man sie erneut verbessert.

Als sie fertig war, sah Kira wieder zum Hauptsichtschirm hoch. Eine zweite Ladung Schiffe tauchte aus dem Wurmloch auf. »Kurs?«, fragte sie.

»Unverändert«, meldete Dax. »Insgesamt erfasse ich zweihundertdreißig Schiffe und alle folgen demselben Kurs wie das erste Richtung Bajor. Ihre Schutzschilde beeinträchtigen unsere Sensoren. Visuell sind so was wie Emitter auf den Hüllen zu erkennen, bei denen es sich um Waffen handeln könnte, und das Gebilde, das das erste Schiff hinter sich herschleppt, sieht wie irgendeine Art Torpedo aus. Einige der anderen Schiffe schleppen zudem diverse Ausrüstung.«

»Gibt es etwas Neues, Lieutenant?«, fragte der Captain mit einem Blick zu Candlewood.

»Negativ. Keine Reaktion, aber es sieht so aus, als würden sie unsere Rufe empfangen.«

»Verstanden.« Kira befürchtete, sie verstand nur zu gut. Passiert es schon wieder? Noch ein Kampf? Mehr Verletzte, mehr Tote? Vorfälle dieser Art waren seit jeher Teil ihres Erwachsenenlebens – und schon davor hatte sie sie während ihrer Kindheit regelmäßig erlebt. Lediglich die Größenordnung war eine andere. Während sie als Kind den Kampf gegen einzelne Cardassianer aufgenommen hatte, gefolgt von immer größeren Gruppen von ihnen, hatte sie irgendwann damit angefangen, auf voll bemannte Schiffe und bevölkerungsreiche Städte zu schießen. Dass sie dafür gute Gründe hatte, änderte nichts daran, wie überdrüssig sie dessen mittlerweile war.

»Captain, das erste Schiff ist beinahe außerhalb unserer Waffenreichweite«, meldete Dax. Kira sah wieder zum Bildschirm hoch, aber sie zögerte. »Captain!«, sagte Dax drängender.

»Erfassen Sie das erste Schiff!«, befahl Kira. »Phaser Feuer!«

»Feuere Phaser«, bestätigte Dax. Der Captain beobachtete den Lieutenant, wie er die notwendigen Befehle in die taktische Konsole eingab. Kira wartete, dann verkündete Dax das Ergebnis. »Direkter Treffer. So gut wie keine Auswirkungen. Das Schiff setzt seinen bisherigen Kurs fort.«

»Quantentorpedos Feuer!«, befahl Kira. »Volle Streuung!«

Angespannt zogen sich die Sekunden dahin, dann meldete Dax vier Treffer. »Die Schilde des Schiffs wurden um nur acht Prozent geschwächt.«

»Acht Prozent?«, fragte Kira verblüfft. Vier direkte, aufeinanderfolgende Quantentorpedoexplosionen hätten selbst dem schlagkräftigsten Sternenflottenschiff schwere Schäden zugefügt. Wie viel Feuerkraft würde die Besatzung von DS9 aufbieten müssen, um auch nur einen der Eindringlinge zu zerstören? Kira wusste, selbst wenn die Schiffe nur auf herkömmliche Weise geschützt wären, wäre es mit der gesamten Feuerkraft von Deep Space Nine und der Hilfe der Defiant schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, alle davon daran zu hindern, Bajor zu erreichen. Während der vergangenen zwei Wochen hatten zwei Sternenflottenschiffe – die Magellan der Galaxy-Klasse und die Mjolnir der Norway-Klasse – zu Wartungszwecken an der Station festgemacht, während ein drittes – die Chancellor der Sovereign-Klasse – für einen Landurlaub der Besatzung über Bajor haltgemacht hatte. Aber mittlerweile hatten alle drei das System wieder verlassen. Kira konnte nur hoffen, dass sie noch nicht zu weit entfernt waren.

»Öffnen Sie einen Notfallkanal!«, sagte der Captain. »Rufen Sie alle Föderationsschiffe innerhalb von zwei Tagen Entfernung zu Bajor! Bitten Sie um sofortige Hilfe, dann informieren Sie das Sternenflottenkommando!«

»Aye, Captain«, bestätigte Candlewood. »Sofort.«

Kira rief ihre eigene Kommunikationskonsole auf. Der Captain musste Verbindung mit Asarem Wadeen, Bajors Premierministerin, aufnehmen und sie vor dem nicht identifizierten Geschwader warnen, das sich Bajor aus unbekannten Gründen näherte. Nach allem, was ihr Volk erlitten hatte, fürchtete sich Kira schon vor einem möglichen Angriff auf ihre Heimatwelt.

Während Kira die Befehle eintippte, um den Kanal zu öffnen, sah sie eine weitere Welle aus Schiffen aus dem Wurmloch kommen.

•••

Iliana Ghemor lauschte den Worten ihrer Todfeindin: »Hier spricht Captain Kira Nerys von Deep Space Nine an das unbekannte Schiff. Bitte identifizieren Sie sich.«

Im Cockpit ihres kleinen Schiffs – das persönliche Schiff des Obersten Erz-Suchenden Votiq, bis sie beschlossen hatte, ihn aus dem Weg zu räumen – spürte sie ihre Wut aufsteigen. Der glühende Knoten aus Wut und Abscheu, der seit jeher Teil ihres Wesens gewesen war, der schon so lange den Kurs ihres Lebens bestimmte, explodierte wie eine Supernova in der allumfassenden Dunkelheit des Weltraums. Sie stellte sich vor, wie sie die Kontrolle übernahm und ihr klingenförmiges Schiff herumriss, es auf die alte, von den Bajoranern und der Föderation übernommene Erzverarbeitungsanlage ausrichtete. In ihrer Vorstellung machte sie den isolytischen Subraumtorpedo bereit, den sie hinter sich herzog, feuerte ihn ab und beobachtete, wie die verheerende Waffe Deep Space Nine und damit Kira Nerys zerfetzte.

Ghemors Hände schwebten über den Navigationskontrollen. All der Schmerz in ihrem Leben hatte sie zu diesem Moment geführt. Es fühlte sich wie aus einem ganz anderen Leben an, als sie erfahren hatte, dass ihr Kindheitsfreund und schließlich Verlobter Ataan Rhukal auf Bajor von der Shakaar-Terroristenzelle getötet worden war. Diese persönliche Tragödie hatte sie in die Arme des Obsidianischen Ordens getrieben, dem cardassianischen Geheimdienst. Man bildete sie aus und schließlich machte man sie zu einem Ebenbild von Kira Nerys. Der Orden wollte Kira durch Ghemor ersetzen und auf diesem Weg die bajoranischen Dissidenten unterwandern. Aber bevor sie ihren Auftrag ausführen konnte, wurde sie von einem verkommenen cardassianischen Gul namens Skrain Dukat festgenommen, der Ghemor Tausende Tage lang als sein persönliches Spielzeug festhielt. Ihre endlose Haft und der gnadenlose Missbrauch nahmen ihr den Lebenswillen und ersetzten ihn durch einen Durst nach Rache.

Deep Space Nine zeichnete sich auf Ghemors Sensoren wie ein leuchtendes Ziel ab. Sie sehnte sich schmerzlich danach, den Quell ihres Leids auszulöschen, aber angemessene Rache verlangte nach mehr als nur dem Tod von Kira Nerys – sie verlangte nach unbeschreiblichem Verlust. Für alles, was Ghemor durchgemacht hatte, wollte sie Vergeltung, wenn nicht auf dieselbe Weise, dann auf eine angemessene. Kira musste dasselbe durchleiden wie sie.

»Hier spricht Captain Kira. Identifizieren Sie sich und geben Sie die Gründe für Ihre Anwesenheit in diesem System an, ansonsten müssen Sie mit Konsequenzen rechnen!«

Ghemor lachte. Sie wusste sehr viel besser als Kira, wie wichtig Konsequenzen waren. Sie änderte ihren Kurs nicht, stattdessen hielt sie weiter auf Bajor zu. Ihre Scans zeigten, dass sich direkt hinter ihr nur ein Schiff der Aszendenten befand. Sie nahm an, dass es Raiq war, die versucht hatte, mit dem Obersten Erz-Suchenden Verbindung aufzunehmen, als Ghemor das Schiff im Gamma-Quadranten in ihre Gewalt gebracht und zum bajoranischen Wurmloch gesteuert hatte. Ihr folgte die restliche Armada der Aszendenten. Die Ritter waren davon überzeugt, dass sie die isolytische Subraumwaffe für ihren Finalen Aufstieg brauchten – die Suche, der sich ihr ganzes Volk seit Generationen verschrieben hatte, um eins mit ihren Göttern zu werden.

Ihre Sensoren zeigten auch ein Sternenflottenschiff an, das bei Deep Space Nine seine Systeme hochfuhr. Unwichtig, alles davon war unwichtig. Sie würde Bajor vor ihm erreichen und dort würde sie die Zerstörungskraft ihrer Waffe entfesseln – sie würde Kiras Volk auslöschen. Sie würde ihre Feindin bezwingen, indem sie das zerstörte, was ihr am wichtigsten war.

Ein Alarm ertönte und Ghemor sah auf ihre Konsole, sah, dass Deep Space Nine auf sie feuerte. Die Phaser hämmerten gegen die Schilde, aber sie spürte kaum eine Wirkung. Die Sternenflotte hatte der Waffentechnologie der Aszendenten nichts entgegenzusetzen.

Noch ein Alarm, dann detonierten vier Quantentorpedos an ihren Schilden. Ghemor erkannte eine leichte Schwächung des Schutzschirms, aber nichts, was sie von ihrem Ziel abbringen würde. Kira verlangte von ihr, sich zu identifizieren und ihr Vorhaben preiszugeben. Das würde sie noch früh genug erfahren. Kira würde die Vernichtung ihrer Welt und ihres Volks mit ansehen und dann erfahren, dass sie alleine dafür die Verantwortung trug.

Und dann würde Ghemor endlich Kiras erbärmlichem und heimtückischem Leben ein Ende setzen.

•••

Vor dem Schiff erschien ein Kreis aus Dunkelheit, der sich schnell ausdehnte und ein darin liegendes Meer aus Sternen preisgab – oder auch dahinter. Hastig überprüfte Raiq ihre Instrumente, versuchte zu begreifen, was sie sah. Nur dass ich es schon weiß, oder etwa nicht?

Vor Kurzem erst hatten sich die Erz-Suchenden – die Oberhäupter des Ordens der Aszendenten – zum ersten Mal seit Jahrtausenden zusammengefunden, um sich Klarheit über das zu verschaffen, was viele Ritter als Vorzeichen des Endes aller Zeiten betrachteten. Bei dieser Versammlung war in ihrer Mitte eine fremde Frau erschienen und hatte erklärt, sie sei das Feuer, eine Gestalt, die in ihren Schriften vorhergesagt wurde. Wie von den heiligen Schriften prophezeit, verkündete das Feuer, es werde die Aszendenten zur Festung der Wahren führen, wo ihre Götter endlich über sie urteilen und die Aszendenten unter ihrem Blick brennen würden. Die Würdigen innerhalb ihrer Reihen würden sich mit den Göttern vereinen.

Um dieses Ziel zu erreichen, hatte eine junge Suchende namens Aniq eine Metawaffe beschafft, die sie danach noch durch transformativen Treibstoff verstärkt hatte. Raiq hatte gedacht, dass die Waffe innerhalb der Festung zur Explosion gebracht werden sollte, um die Aszendenten zu verbrennen und so mit den Namenlosen zu vereinen. Nach unzähligen Generationen sah es so aus, als sei der Finale Aufstieg zum Greifen nah.

Aber dann, an der Schwelle zur Festung, entdeckte die Armada der Aszendenten die lange verborgene Heimatwelt der Eav’oq. In längst vergangenen Zeiten waren die letzten Überlebenden dieser Ketzer ihrer Ausrottung entgangen, indem sie sich versteckt hatten. Das Feuer befahl einem Geschwader aus zehn Schiffen, die einsame Stadt auf der Oberfläche zu zerstören.

In Raiqs Augen war diese Handlungsweise mehr als angemessen. Sie versprach einen Schlussstrich und brachte eine Symbolik mit sich, die man schon fast als poetisch bezeichnen konnte. Hier, im Sternensystem, in dem die Aszendenten endlich den Zugang zur Festung der Wahren finden würden, würden sie ihren Göttern ein letztes Opfer darbringen, indem sie die Frevler ausradierten, die sich ihrem Zorn so lange entzogen hatten.

Raiq hatte beobachtet, wie Aniq die Metawaffe an das Schiff des Obersten Erz-Suchenden übergab, um sie während des Angriffs zu schützen. Dann war sie als Teil der zehn Schiffe zur Welt der Eav’oq geflogen. Raiq war aufgeregt.

Aber dann musste sie mit ansehen, wie das Schiff des Obersten Erz-Suchenden seine Position an der Spitze der Armada verließ. Das unverwechselbar gefärbte Schiff schoss davon und einen Moment lang nahm Raiq an, Votiq, oder vielleicht das Feuer selbst, wollte sich an der Vernichtung der Eav’oq beteiligen. Aber sie nahmen nicht Kurs auf den Planeten. Stattdessen folgte das Schiff weiter dem Kurs, den das Feuer der Armada vorgegeben hatte – und somit zur Festung der Wahren.

Das Schiff des Obersten Erz-Suchenden schleppte die Metawaffe hinter sich her.

Raiqs Begeisterung, dass ihr Volk bald in der Festung und vor den Wahren stehen würde, wich Entsetzen darüber, dass sie und die anderen zurückgelassen wurden. Sofort öffnete sie einen Kanal und rief Votiq. Als sie keine Antwort erhielt, versuchte sie es nicht noch einmal. Stattdessen nahm sie Verbindung zur Flotte auf und schlug Alarm.

Keine Zeit, um sich erst auf einen gemeinsamen Weg zu einigen, und Raiq wartete nicht. Stattdessen verfolgte sie das Schiff des Obersten Erz-Suchenden und seine wertvolle Fracht. Sie suchte nach einer Erklärung, warum sich Votiq mit der Metawaffe absetzen und sie für seine eigenen Zwecke einsetzen sollte, fand aber keine. Er war älter und hatte mehr Zeit im Dienst seines Volks auf der Suche verbracht als jeder andere lebende Aszendent. Raiq konnte sich nicht vorstellen, dass er den Orden hintergehen würde, um alleine vor den Namenlosen zu stehen.

Es ist das Feuer, nahm Raiq an, während sie ihr eigenes Schiff bis an seine Belastungsgrenzen brachte. Falls sie wirklich das Feuer ist. Es bereitete ihr Unbehagen, Misstrauen gegenüber einer Figur zu hegen, deren Kommen ihnen prophezeit worden war, aber sie konnte nicht bestreiten, dass dieses Misstrauen wuchs. Hätten uns die Namenlosen wirklich eine Fremde geschickt, um uns zu führen?

Sie verfolgte das Schiff des Obersten Erz-Suchenden auf ihren Sensoren. Es freute sie, dass die gesamte Armada sich in Formation einreihte. Durch die transparente Kanzel ihres Cockpits suchte sie nach Votiqs Schiff.

Dann öffnete sich vor ihr eine Blüte aus reiner Energie. Ein strahlender, rotierender Wirbel aus Blau und Weiß. Noch bevor sie Gelegenheit hatte, darüber nachzudenken, was sie da sah, überkam sie einem elektrischen Schlag gleich Begeisterung. Es konnte keinen Zweifel geben, was das Wunder vor ihren Augen war: das Tor, das sie und die anderen Aszendenten in die Festung der Wahren bringen würde.

Raiq verspürte gleichermaßen Euphorie und Furcht. Vor sich sah sie das Schiff des Obersten Erz-Suchenden, eine dunkle Klinge, die die Subraumwaffe direkt auf den strahlenden Ring zuschleppte. Ein Blick auf ihre Instrumente zeigte unbegreifliche Messungen. Votiqs Schiff war nach wie vor auf ihren Sensoren …

Und dann war es verschwunden. Raiq hob den Blick von ihren Instrumenten, wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen und erkannte, dass sie eine Entscheidung treffen musste.

Ihre Freude und Furcht waren gleichermaßen grenzenlos und Raiq tat das Einzige, was ihr vernünftig schien. Nach einem langen Leben auf der Suche, auf der Jagd nach der Festung und der Auslöschung von Frevlern, konnte sie sich jetzt, so kurz vor ihrem Ziel, nicht abwenden. Sie nahm die Hände von der Kontrollkonsole und sah nur zu, wie sich ihr Schiff dem funkelnden Lichtwirbel näherte.

Raiqs Schiff bebte beim Überqueren der Schwelle in die Festung. Strahlend blaues Licht flutete durch das Cockpit. Leuchtende Bänder wanden sich vorbei und jenseits dieser erschienen weiße Ringe, die einen riesigen Zylinder formten. Am äußersten Rand der Passage, durch die sich das Schiff bewegte, bildeten sich konzentrische Ringe, dehnten sich aus und verschwanden wieder.

Während Raiq den wunderschönen und geheimnisvollen Anblick über sich hereinbrechen ließ, der voll und ganz ihren Erwartungen entsprach, wurde ihr Schiff weiter durchgeschüttelt. Sie warf einen Blick auf die Konsole. Die Belastung gefährdete die Hüllenintegrität ihres Schiffs. Den Sensoren zufolge verstärkten sich die Kräfte asymmetrisch, eskalierten extern, aber nicht intern – etwas, was sie bis zu diesem Moment für unmöglich gehalten hätte. In ihrer Umgebung wirkte sich eine zentripetale Kraft unbekannten Ursprungs irgendwie auf die wahrscheinlich vorhandene Masse von Neutrinos aus. Die Protonenmessung schoss rapide in die Höhe und Raumverzerrungen traten allem Anschein nach völlig willkürlich auf.

Raiq sah wieder hinauf durch ihre Kanzel. Sie wollte nicht nur die Namenlosen sehen, sie war auch äußerst neugierig. Während sie das sich windende Panorama um sich betrachtete, erbebte ihr Schiff erneut heftig, warf sie beinahe aus ihrem Sitz. Sie wusste, dass sie die äußeren Einflüsse kompensieren musste. Sie justierte den Navigationsdeflektor, danach verband sie ihre Scanner mit der Steuerung, damit sie auf die Störungen reagieren konnte.

Nachdem Raiq den Blick wieder gehoben hatte, hatte sie in der Ferne die sich ausdehnende schwarze Scheibe gesehen. Wie ein Loch, das sich im Gewebe der Realität auftat. Sie blickte auf ihre Sensoranzeige, um zu erfahren, was genau sie da sah. Sie wollte eine Erklärung, die über das hinausging, was sie wahrnehmen konnte, aber dann zog sich das Kaleidoskop aus wabernden Farben zurück und das Schiff fiel wieder in den Normalraum.

Erwartung und Hoffnung fielen von Raiq ab und an ihre Stelle traten Besorgnis und Verzweiflung. Am Firmament funkelten Sterne in unbekannten Konstellationen. Etwas versetzt hing ein Gebilde aus Bögen, Kreisen und Winkeln wie ein riesiger, knöcherner Wächter im Weltraum. Direkt vor ihr spiegelte sich das Licht des nächstliegenden Sterns auf der dunklen, lilarötlichen Hülle von Votiqs Schiff, während es noch immer mit unveränderter Geschwindigkeit weiterflog.

Raiq war verwirrt. Ihr fanatischer Glaube verlangte von ihr, der Prophezeiung zu vertrauen, die die Ankunft des Feuers vorhergesagt hatte, und auch dem Feuer selbst. Aber da sie nicht verstand, was gerade geschehen war, regten sich Zweifel. War sie gerade in der Festung der Wahren gewesen und wenn ja, warum hatte sie die Namenlosen nicht erblickt? Hatte man sie für unwürdig befunden? Oder hatte das Feuer sie nicht in die Festung geführt, sondern in – und durch – irgendwas anderes?

Sie drehte sich um, warf einen Blick hinter ihr Schiff. Zuerst erkannte sie keinerlei Anzeichen für die Festung oder die Pforten, die sie gerade durchquert hatte. Aber dann erschien, wie ein Sonnenaufgang in der ewigen Nacht des Weltraums, ein schwindelerregender Wirbel aus blauem und weißem Licht. Aus dem blendenden Mahlstrom kamen weitere Schiffe der Aszendenten.

Was passiert hier?, fragte sie sich. Sie hatte keine Antworten, aber sie schwor sich, sie würde welche bekommen. Sie wandte sich wieder ihrer Kontrollkonsole zu und nahm die Verfolgung des Schiffs des Obersten Erz-Suchenden auf.

Plötzlich schickte das Gebilde – wahrscheinlich eine Raumstation – rotgelbe Strahlen durch den Weltraum, die ihr Ziel im Schiff des Obersten Erz-Suchenden fanden. Ein Blick auf ihre Sensoren verriet Raiq, dass die Waffen Votiqs Schiff keine Schäden zugefügt hatten. Sie überlegte, das Feuer zu erwidern, wollte aber ihre Befugnisse nicht überschreiten. Sie wartete. Dann schoss ein Quartett aus blauweißen Blitzen aus der Station und traf das Schiff des Obersten Erz-Suchenden.

Raiq lud ihre Waffen. Noch handelte sie nicht, genau wie Votiq, aber sie würde nicht ewig untätig bleiben. Bereit für jede Art von Kampf, folgte sie weiter dem anderen Schiff.

•••

»Wir werden die planetaren Verteidigungseinrichtungen vorbereiten, Captain, aber …« Asarem, deren Gesicht auf dem Hauptsichtschirm der Ops dargestellt wurde, beendete ihren Satz nicht, aber Kira wusste, was die Premierministerin sagen wollte. In Bajors Orbit befanden sich mehrere Waffenplattformen, die von zusätzlichen Einrichtungen auf der Oberfläche unterstützt wurden, und Ashalla und die anderen Großstädte verfügten über Deflektorgitter. Diese Maßnahmen, ähnlich denen, die man auch auf anderen Föderationswelten fand, boten Schutz vor den Waffen eines einzelnen Raumschiffs oder auch mehrerer, aber sie waren nicht dafür vorgesehen, dem Angriff einer ganzen Flotte zu widerstehen.

»Wir wissen nicht, was sie wollen«, ermahnte Kira die Premierministerin, auch wenn diese Worte selbst in ihren eigenen Ohren wenig überzeugt klangen. Selbst wenn man die Möglichkeit – und vielleicht sogar Wahrscheinlichkeit – außer Acht ließ, dass die Eindringlinge das Kommunikationsrelais im Gamma-Quadranten zerstört hatten, deuteten die Größe der Flotte, die Weigerung, auf wiederholte Rufe zu antworten, und ihr direkter Kurs in Richtung Bajor darauf hin, dass sie feindselige Absichten hegten.

»Wir werden sie in Frieden begrüßen und willkommen heißen«, sagte Asarem, »aber in Anbetracht dessen, dass sie sich bislang geweigert haben zu antworten, bezweifle ich, dass unsere Bemühungen Früchte tragen werden.«

»Ja«, stimmte Kira zu. »Wahrscheinlich nicht.«

»Halten Sie mich auf dem Laufenden«, bat die Premierministerin. »Asarem Ende.« Der Bildschirm wurde schwarz und Candlewood schloss den Kanal. Auf dem Bildschirm erschien wieder das Wurmloch und mit ihm eine weitere Welle aus daraus hervorströmenden Schiffen.

»Wie viele Schiffe insgesamt?«, fragte Kira.

»Fast siebenhundert«, meldete Dax.

»Captain«, sagte Candlewood, »die Defiant hat gerade die Station verlassen.«

»Verstanden.« Zu wissen, dass Vaughn da war, um sich der Situation anzunehmen, beruhigte Kira ein wenig, aber sie war sich nicht sicher, was sie ihm befehlen sollte. Hunderte fremde Schiffe waren unerwartet durch das Wurmloch ins bajoranische System gekommen. Ihre Schilde waren aktiviert und sie verfügten allem Anschein nach über Waffen, aber bislang hatten sie sich nicht feindselig verhalten. Kira hatte als Erste geschossen, ohne erkennbare Auswirkung, aber sie wollte nicht warten, bis Bajor angegriffen wurde. Sollte sie …

»Captain, zwei der Schiffe, die gerade durch das Wurmloch gekommen sind, haben Ähnlichkeit mit einer bekannten Bauweise«, meldete Dax.

»Zeigen Sie sie!«

Das Bild auf dem Schirm wechselte, vergrößerte ein einzelnes Schiff, bis es die gesamte Anzeige ausfüllte. Für den Captain hatte die stromlinienförmige, fast röhrenartige Rumpfform Ähnlichkeit mit der Warpgondel eines Sternenflottenraumschiffs. Es schien über keinerlei Positionslichter zu verfügen und Kira bezweifelte, dass sie den schwarzen Rumpf ohne die strahlende Öffnung des Himmlischen Tempels dahinter überhaupt sehen könnte.

»Die Übereinstimmung stammt aus einer geschichtlichen Datenbank«, erklärte Dax. »Vor über hundert Jahren hat ein Geschwader aus sechs dieser Schiffe im Sternensystem R-836 ein Sternenflottenschiff und seinen Landetrupp bei der Erkundung einer zerstörten Stadt auf dem zweiten Planeten angegriffen. Sie konnten den Angriff abwehren. Zwei Monate später waren sie anwesend, als fünf weitere dieser Schiffe aufgetaucht sind und …« Dax zögerte, sah dann Kira an. »Sie haben Pillagra angegriffen.«

Der Name traf Kira wie eine Ohrfeige. »Die bajoranische Kolonie.« Als Kind hatte sie von der vor über hundert Jahren gegründeten Siedlung gehört. Obwohl Pillagra letzten Endes ein Erfolg gewesen war, wusste Kira, dass die ersten Kolonisten enormen Schwierigkeiten gegenübergestanden hatten, auch wenn sie sich nicht an den von Dax erwähnten Vorfall erinnerte.

»Ja«, fuhr der Lieutenant mit Blick auf die taktische Anzeige fort. »Alle angreifenden Schiffe wurden zerstört … tatsächlich hat der Pilot des letzten Schiffs Selbstmord begangen. Captain Kirk von der Enterprise hat berichtet, dass sie sich als die Aszendenten bezeichnet haben.«

Die Aszendenten. Der Name kam Kira bekannt vor, aber nur vage. Wie etwas, was sie möglicherweise vor langer Zeit in einem Geschichtsbuch gelesen hatte. »Wer sind sie? Woher kommen sie?«

»Unbekannt«, erwiderte Dax. »Es gibt keine Aufzeichnungen über weitere Begegnungen mit ihnen, aber …« Der Lieutenant hob den Blick von der Konsole und sah wieder zu Kira. »… Kirk hat sie als religiöse Fanatiker bezeichnet, die es auf die Bajoraner abgesehen hatten.«

Das war mehr als ein vager Hinweis auf einen Grund, warum die Flotte so plötzlich im System aufgetaucht war und sich auf dem Weg nach Bajor befand. »Über welche Offensivmöglichkeiten haben diese Schiffe verfügt?«, fragte Kira.

»Überprüfe ich gerade.« Ein paar Eingaben später sagte Dax: »Die Enterprise und die Courageous sind bei Pillagra fünfen dieser Schiffe begegnet. Die Schiffe der Aszendenten waren überaus wendig, verfügten jedoch nur über herkömmliche Schilde und Laserkanonen mit geringer Feuerkraft.«

»Das klingt nicht besonders gefährlich«, stellte Kira fest.

»Es klingt vielleicht nicht danach«, führte Dax weiter aus, »aber die Enterprise wurde schwer beschädigt und die Courageous wurde zerstört. Zusätzlich wurde die Kolonie vernichtet, aber zumindest ist es den beiden Sternenflottenschiffen gelungen, die Kolonisten zu retten.«

»Können Sie die Schiffe da draußen anhand der Daten bewerten?«, fragte Kira mit einer Geste zum Bildschirm. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, sie mit denen, die Pillagra angegriffen haben, zu vergleichen?«

»Zumindest die Schilde der jetzigen Modelle sind um einiges stärker. Da unsere Scans abgelenkt werden, können wir nicht genau feststellen, über was für Waffen sie verfügen, aber es ist wohl vernünftig, davon auszugehen, dass sie sich innerhalb der letzten hundert Jahre beachtlich weiterentwickelt haben.«

Kira nickte. Widerstrebend war sie bereits zum selben Ergebnis gekommen. Etwas anderes, das Dax gesagt hatte, machte dem Captain noch mehr Sorgen. »Die Sternenflotte hat die Aszendenten als religiöse Fanatiker bezeichnet. Gab es einen Grund für ihren Angriff auf eine bajoranische Kolonie?«

Dax las wieder im Bericht auf ihrer Konsole. »Captain Kirk zufolge wollten die Aszendenten die Bajoraner vernichten, weil sie es gewagt haben, fälschlicherweise die ›Wahren‹ zu verehren.«

»Die Wahren?«, wiederholte Kira. »Haben sie damit die Propheten gemeint?« Der Captain war verwirrt und fragte sich, was fälschlicherweise zu bedeuten hatte. Was auch immer die Aszendenten vorhatten, ihr wurde mit einem Mal klar, dass es mit der bajoranischen Religion in Verbindung stand.

Zuerst dachte Kira daran, mit Pralon Onala zu sprechen, aber die Kai hatte Bajor vor ein paar Tagen verlassen. Sie war in den Gamma-Quadranten geflogen, zum vierten Planeten des Systems, das vor etwas über einem Jahr seine Position um drei Lichtjahre in einen Teil des Weltraums verschoben hatte, in dem die andere Seite des Wurmlochs lag. Pralon besuchte Idran IV im Rahmen eines kulturellen Austauschs mit den Eav’oq, deren Überlebende sich fünfzigtausend Jahre lang in einer meditativen Trance in gefaltetem Raum versteckt hatten.

Sie haben behauptet, dass sie sich vor einer Spezies fundamentalistischer Wesen versteckt haben, die alles darangesetzt haben, sie auszulöschen, erinnerte sich Kira gehört zu haben. Opaka Sulan, Odo und Jake Sisko waren alle bei der Rückkehr der Eav’oq in den normalen Raum dabei gewesen. Der Captain fragte sich, ob diese Fundamentalisten dieselben Fanatiker gewesen sein könnten, die vor einem Jahrhundert Pillagra angegriffen hatten und die in diesem Augenblick mit Hunderten Schiffen auf dem Weg nach Bajor waren. Kira wusste es nicht. Sie überlegte, Verbindung mit Opaka oder der Vedekversammlung aufzunehmen, stattdessen beschloss sie, woanders um Rat zu fragen.

Der Captain sah zu Candlewood an der Kommunikationsstation. »Öffnen Sie einen Kanal nach Bajor!« Der Lieutenant tippte Befehle in seine Station ein, nickte ihr dann zu. Der Captain hob den Blick wieder zum Bildschirm. »Kira Nerys an Benjamin Sisko.«

•••