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Admiral Jonathan Archer hat sich kaum an seine Aufgabe als Stabschef der Sternenflotte gewöhnt, als er schon vor einer neuen Krise steht. Die Einsatzgruppe unter dem Kommando von Captain Malcolm Reed kämpft gegen die tödliche Ware-Technologie. Nun aber wurde eins der Schiffe gekapert und seine andorianische Besatzung wird von einer interstellaren Sozietät festgehalten ...
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Seitenzahl: 570
Veröffentlichungsjahr: 2019
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STAR TREK™
Prinzipientreue
Christopher L. Bennett
Based onStar Trekcreated by Gene Roddenberryand Star Trek: Enterprisecreated by Rick Berman & Brannon Braga
Ins Deutsche übertragen vonBernd Perplies
Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – RISE OF THE FEDERATION: PRINZIPIENTREUE wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.
Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Bernd Perplies; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Kerstin Feuersänger; Korrektorat: André Piotrowski; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Doug Drexler;
Print-Ausgabe gedruckt von CPI Moravia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the Czech Republic.
Titel der Originalausgabe: STAR TREK – ENTERPRISE: RISE OF THE FEDERATION: LIVE BY THE CODE
German translation copyright © 2019 by Amigo Grafik GbR.
Original English language edition copyright © 2016 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
™ & © 2019 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.
Print ISBN 978-3-95981-688-5 (Februar 2019) · E-Book ISBN 978-3-95981-689-2 (Februar 2019)
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Für Leonard Nimoy
Möge seinem Erbe ein langes Leben beschieden sein.
Wir alle versuchen nur, nach unseren Prinzipien zu leben, aber wir können nicht beeinflussen, ob wir als Helden oder Tyrannen in die Geschichte eingehen werden. Vor allem jene, die außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen, um unsere Wertvorstellungen zu bewahren, sind oft dazu bestimmt, als beides in Erinnerung zu bleiben.
– Samuel A. Kirk,Die vergessene Enterprise (2190)
2165
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Epilog
Anhang
Danksagungen
Logbuch des Captains, Drittmond 1:4, FLY 474, Captain Reshthenar sh’Prenni.
Unsere Mission, die verbliebenen Opfer der Ware-Technologie zu befreien, macht Fortschritte. Vor zwei Phasen berichtete Captain Reed von der Pioneer, dass das Fernerweckungsprotokoll von Wissenschaftsoffizier Banerji erfolgreich die Gefangenen eines Ware-Außenpostens wiederbelebt hat. Eine Enteroperation war nicht notwendig. Das untermauert den zuvor gemeldeten Erfolg von Captain th’Zaigrel von der Thelasa-vei gegen eine Drohnenflotte. Diese Nachrichten sind höchst erfreulich, denn die Vol’Rala hat eine Ware-Einrichtung von beträchtlicher Größe im Orbit eines nicht weit entfernten Planeten der Fesoan-Klasse ausgemacht. Ich hoffe, dass wir so viele Überlebende wie möglich befreien können und gleichzeitig in unseren Bestrebungen einen Schritt weiterkommen, der Bedrohung durch die Ware ein für alle Mal ein Ende zu setzen.
»Ja, klar, das glaube ich, wenn ich es sehe«, sagte Commander Giered Charas, nachdem sh’Prenni die Logbuchaufzeichnung beendet hatte. Der mürrische Thalassaner lehnte an der Taktikkonsole an Steuerbord, hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und seine dicken, aus dem Hinterkopf wachsenden Antennen waren skeptisch gespreizt. »Der Tag, an dem ich Banerjis Wissenschaftstricks mehr vertraue als gutem alten Soldatentum, wird der Tag sein, an dem ich meine Kündigung einreiche. Ich sage, wir sollten uns an die Methoden halten, die sich als zuverlässig erwiesen haben. Wir entern die Station mit einem Kommandotrupp und befreien die Überlebenden. Das haben wir jetzt zweimal geschafft, ohne dass es Opfer gegeben hat. Mein Team hat den Dreh langsam wirklich raus.«
»Und jedes Mal gewinnt die Ware mehr Erkenntnisse über unsere Vorgehensweisen und entfesselt in dem Versuch, uns zu stoppen, irgendeinen neuen tödlichen Trick«, erwiderte Hari Banerji von der Wissenschaftsstation direkt hinter Charas’ Posten, wobei er seinen Stuhl drehte, um den Ersten Offizier anzusehen. Der Lieutenant Commander, ein Mensch mittleren Alters mit brauner Haut und einem Kranz schlohweißen Haars um den ansonsten kahlen Schädel, reagierte auf Charas’ Spott mit der für ihn üblichen onkelhaften Milde. »Wir hatten bislang Glück, dass es zu keinen Toten kam. Ich möchte kein Risiko eingehen.«
»Eure menschliche Vorstellung von Glück macht mich krank. Ein Sieg wird durch Planung und Selbstkontrolle errungen.«
»Und genau das ist der Zweck des Erweckungsprotokolls – wir erringen damit mehr Kontrolle über die Situation.« Banerji gluckste. »Wenn Sie Ihrer eigenen Argumentation folgen, können Sie also gar nichts dagegen haben.«
»Ach, Sie rotblütiger, flachköpfiger …«
»In Ordnung, das genügt, Sie beide«, ging sh’Prenni dazwischen. »Ist Ihnen bewusst, dass Sie ein schlechtes Vorbild abgeben?«
Charas straffte sich. »Natürlich, Captain. Ich bitte um Entschuldigung.«
Wie stets war Banerjis Antwort entspannter. »Es tut mir leid, Thenar. Sie wissen, dass ich kein Mann für Faustkämpfe bin, das heißt, ich muss irgendwie anders meine Sparringeinheiten absolvieren.« Charas hielt sich zurück, aber seine Antennen zeigten deutlich seinen Unmut. Dennoch war von den Ensigns Breg und zh’Vethris, die gemeinsam an der vorderen Konsole saßen, ein leises Lachen zu hören, und sh’Prenni musste sich zusammenreißen, um nicht darin einzustimmen. Commander ch’Gesrit, der links hinter ihr stand, hielt seinen Blick auf den Bildschirm über seiner Technikstation gerichtet, aber sie spürte die Belustigung in seinem bioelektrischen Feld. Die ganze Brückenbesatzung wusste, dass sich Banerji und Charas ungeachtet ihrer ständigen Zankereien ähnlicher waren, als sie es je zugeben würden. Der Wissenschaftsoffizier war der einzige Mensch in einer Besatzung aus Andorianern, und der Erste Offizier war einer der wenigen thalassanischen Andorianer in der überwiegend aus Talish bestehenden Mannschaft. Beide Männer genossen es, aus der Menge hervorzustechen. Die Lacher, die ihre Wortgefechte hervorriefen, ermunterten sie nur noch, diese Schaukämpfe fortzusetzen.
Nur Tavrithinn th’Cheen, der steif die taktische Konsole an Backbord bemannte, stand über der allgemeinen Erheiterung. »Bei allem Respekt für Mister Banerji«, sagte der Lieutenant in dem geschliffenen, leicht arrogant klingenden Akzent des Cheen-Clans, »bin ich nicht davon überzeugt, dass die Ware intelligent genug ist, um von unseren Taktiken zu lernen. Offen gestanden beginnt es mich zu langweilen, diese geistlosen Maschinen zu bekämpfen. Je schneller wir das hier zu Ende führen und uns einer wahren Herausforderung stellen können – etwa den Klingonen –, desto glücklicher werde ich sein.«
»Ich bin mir sicher, dass die Opfer der Ware Ihre Sorge für deren Notlage zu schätzen wissen, Vrith«, bemerkte Kitazoanra zh’Vethris mit dem für sie typischen stillen Sarkasmus.
»Natürlich meinte ich, nachdem wir sie befreit haben, Zoanra«, erklärte th’Cheen der jungen Navigatorin. »Sie sind sicher mit mir einer Meinung, dass wir möglichst wenig Zeit dabei verlieren sollten.«
Zh’Vethris schürzte die sinnlichen Lippen. Dagegen konnte sie nichts einwenden. Ungeachtet der Wortgeplänkel hatten sich der ganzen Brückenbesatzung das Leid und der Tod, die sie in den letzten Monaten hatten miterleben müssen, tief ins Bewusstsein eingebrannt. Und das alles nur, damit die geistlosen Bedürfnisse der Ware befriedigt wurden.
Das erste Mal war die Bedrohung vor vierzehn Lor’veln-Zyklen von Jonathan Archer, dem Kommandanten des Erdenschiffs Enterprise – dem Namenspatron der Vol’Rala in der Sprache der Vereinigten Erde – entdeckt worden. Nachdem sie bei einem Erstkontakt mit einem romulanischen Minenfeld schwere Schäden erlitten hatten, hatte Archer von einer benachbarten Reparaturstation erfahren, die komplett automatisiert und mit einer hochmodernen Materiereplikationstechnologie ausgestattet war. Binnen kürzester Zeit war sein Schiff dort instand gesetzt worden. Dann jedoch war es zu einem Unfall gekommen, bei dem der Pilot des Schiffs, Travis Mayweather, scheinbar getötet worden war. Der Doktor der Enterprise fand allerdings heraus, dass die Station ihn vielmehr entführt und seinen Tod mit einer replizierten Leiche vorgetäuscht hatte. Als sie Mayweather retteten, stellten Archer und sein Waffenoffizier, Malcolm Reed, fest, dass der Pilot nur einer von mehreren Gefangenen war, in deren Gehirn sich die Station eingeklinkt hatte, um die für ihre bemerkenswerten Fähigkeiten nötige Rechenleistung zu erhalten. Dabei nahm sie immer stärker werdende neuronale Schäden bei ihren Opfern und schließlich sogar deren Tod in Kauf. Archer hatte die Station zerstört, um anderen dieses Schicksal zu ersparen.
Seitdem hatte sich viel verändert. Die Erdsternenflotte und die Andorianische Garde gehörten nun beide zur Sternenflotte der Vereinigten Föderation der Planeten, und Reed und Mayweather waren nun Captain beziehungsweise Erster Offizier der U.S.S. Pioneer. Gegen Ende des letzten Zyklus war die Pioneer während der Erforschung einer unbekannten Raumregion einer weiteren solchen Station begegnet. Die in der Gegend beheimateten Völker nannten die Technologie die Ware, aber sie hatten keine Ahnung, woher sie stammte oder wie gefährlich sie wirklich war. Reed und Mayweather hatten ihnen geholfen, indem sie einige der Gefangenen der Station befreit hatten, aber kurz darauf war die Pioneer von Drohnenkriegsschiffen, die gesandt worden waren, das »gestohlene Eigentum« zurückzuholen, schwer beschädigt worden.
Daraufhin hatte Reed seinen ehemaligen Captain – jetzt Admiral Archer – überzeugt, eine Einsatzgruppe zusammenzustellen, um in den nicht kartografierten Sektor zurückzukehren und sich um die Ware zu kümmern, bevor diese zu einer Bedrohung für die Föderation werden konnte. Die Pioneer hatte die Führung übernommen und war dabei, gemäß ihrer Funktion als Mitglied des wissenschaftlichen Teils der Sternenflotte, vor allem für die Suche nach und den Erstkontakt mit lokalen Spezies verantwortlich gewesen. Sieben Schiffe des militärischen Teils, der Andorianischen Garde, hatten sich in der Zwischenzeit in Reserve gehalten, um in den Kampf einzugreifen, wann immer es nötig gewesen war.
Die Pioneer war auf mehrere Welten im Prä-Warp-Zeitalter gestoßen, die von der räuberischen Technologie versklavt oder verheert worden waren. Ein Volk namens Pebru hatte diese offensichtlich verbreitet. Schließlich hatten die Ingenieure der Pioneer ein Signal entwickelt, das die Gefangenen aufzuwecken vermochte. Sie hatten es ins gesamte Pebru-Territorium übertragen und damit ihre kompletten Ware-Einrichtungen mit einem Schlag abgeschaltet. Doch die Pebru waren nicht die Schöpfer der Ware – bloß weitere Opfer, denen es gelungen war, deren Hunger auf andere zu richten, um sich selbst davor zu bewahren. Die Einsatzgruppe hatte der Ausbreitung der Ware einen merklichen Dämpfer verpasst, aber die Hauptbedrohung existierte weiter, und so wurde auch die Mission fortgesetzt.
Das Scherzen der Besatzung verstummte, als die Ware-Station auf dem großen, halbkreisförmigen Bildschirm im vorderen Bereich der Brücke deutlicher in Sicht kam. Die grauweiße Station hing im Orbit eines von Ringen umgebenen Gasplaneten und wurde von dessen grellweißem Hauptstern erhellt. Passend zu ihrer Farbe hatte sie eine skelettartige Struktur: Die drei kugelförmigen Datenkerne wie auch die rechteckigen Plattformen, die sie umgaben, waren durch schmale Streben miteinander verbunden, und das galt auch für die drei Paare zylindrischer Dockgitter, die sich ausdehnen konnten, um Schiffe der unterschiedlichsten Formen und Größen aufzunehmen. Die enorme Anpassungsfähigkeit der Ware-Einrichtungen – sie war natürlich auch imstande, ihre Innenräume an jede nur vorstellbare Physiologie anzupassen – war ihre Hauptverlockung und diente ganz offensichtlich dazu, die Anzahl an lebenden Gehirnen, die sich erbeuten ließen, zu maximieren.
»Zielkoordinaten in acht«, meldete Ensign Breg mit starkem alrondianischen Akzent. Ramnaf Breg war eine Arkenitin. Sie hatte orangefarbene Haut, leuchtend grüne Augen, einen knollenförmigen, nach hinten gezogenen Schädel und Ohren, die so spitz waren, dass ein Vulkanier Neid empfunden hätte. Dennoch war sie andorianische Bürgerin, genau genommen gehörte sie zu der Arkenitengemeinschaft auf der Alrond-Kolonie. Auf diese Herkunft war sie durchaus stolz – ungeachtet der Unruhen, die Alrond in den letzten Jahren erlebt hatte –, und das hörte man entsprechend ihrer Sprache an, als sie die Zeiteinheiten bis zur Ankunft herunterzählte.
»Warp beenden«, befahl sh’Prenni am Ende des Countdowns. »Kampfalarm auslösen!« Die zwei Status-Sendeschüsseln, die ihren Kommandosessel flankierten, veränderten ihre EM-Felder zu einer Frequenz, die bei der andorianischen Besatzung Alarmbereitschaft hervorrief. Auch Breg konnte dank ihrer speziellen Sinne die Veränderung wahrnehmen. Einzig Banerji war diesem Sinneseindruck gegenüber blind. Doch die Lichtstäbe innerhalb der Schüsseln wechselten von Orange zu Blutblau und dienten ihm so als visueller Hinweis, den er verstand. Nicht, dass er ihn gebraucht hätte. Ungeachtet seiner entspannten und heiteren Art besaß Hari einen extrem konzentrierten Geist, wie sh’Prenni wusste.
Die Besatzung bediente sich der Früchte dieses Geistes, als die Vol’Rala in den Normalraum barst und sich auf die Ware-Station stürzte. Zu dem Zeitpunkt, als die starken Sensorstrahlen der Station die Schilde des Schiffs durchbrachen und die Luft im Inneren zu einem hellen Gleißen anregten, hatte th’Cheen bereits zwei modifizierte Sonden auf sie abgeschossen. Die Sonden – robuste andorianische Modelle, die entwickelt worden waren, um Informationen in Kampfsituationen zu sammeln – jagten auf die Kugeln in der Stationsmitte zu und trafen deren Hülle mit genug Wucht, um so tief einzudringen, dass sie sich mit im Inneren verlaufenden Leitungen verbinden konnten, die sich quer durch die automatisierte Einrichtung zogen. Als sie den Kontakt hergestellt hatten, setzten sie all ihre Energie ein, um ein starkes Signal zu erzeugen. Dabei bedienten sie sich der peripheren Energieleitungen der Station selbst, um den Impuls noch zu verstärken.
Der erste Teil des Impulses war ein Erkennungscode, den die Ware einsetzte, um Software-Patches und Upgrades zu übermitteln. Nachdem der Datenkern mit den entsprechenden Verbindungsprotokollen geantwortet hatte, übertrugen die Sonden den Erweckungsbefehl, den Philip Collier entwickelt hatte, ein ziviler Berater, der übergangsweise als Chefingenieur der Pioneer diente. Collier hatte festgestellt, dass Leute, die von der Ware gefangen gehalten wurden, die Technologie von innen heraus abschalten konnten, wenn man sie wieder zu Bewusstsein brachte, solange sie noch in das System eingeklinkt waren. Tatsächlich waren die ersten, auf diese Weise aufgeweckten Gefangenen noch weiter gegangen, als Collier es erwartet hatte, denn sie hatten mit anderen Ware-Einrichtungen der Pebru kommuniziert und das Erweckungsprotokoll weitergereicht, bis alle Gefangenen dieses Ware-Netzwerks wiederbelebt worden waren und das Netzwerk deaktiviert hatten. Einige Ware-Stationen gehörten nur zu einem kleinen Verbund, aber gerade das Netzwerk der Pebru war vollständig verbunden, wodurch es den Schläfern möglich gewesen war, die Ware überall im Pebru-Raum abzuschalten.
Sh’Prenni fand es wunderbar, dass es ihren Sternenflottenkollegen gelungen war, eine Waffe zu entwickeln, die den Opfern der Ware die Möglichkeit in die Hand gab, ihre Unterdrücker selbst zu bezwingen. Das verkörperte den Geist der Gerechtigkeit und Selbstermächtigung, der die Vereinigte Föderation der Planeten ausmachte, und es machte sie stolz auf Andor, das ein Gründungsmitglied dieser Föderation war. Sie war zur Imperialen Garde gegangen (wie sie damals geheißen hatte), um ihrem Volk zu dienen, doch zu dieser Zeit hatte sie für ihre Zukunft kaum mehr als Konflikte vorausgesehen – mit den Vulkaniern, Coridaniten, arkenitischen Separatisten, nausicaanischen und klingonischen Piraten und anderen. Doch im Laufe von sh’Prennis Karriere hatten sich die meisten dieser Konflikte in Wohlgefallen aufgelöst, und dies vor allem dank der diplomatischen Bemühungen von Jonathan Archer. Und obwohl die Romulaner zwischenzeitlich eine große Bedrohung dargestellt hatten, war es den Menschen gelungen, sie zurück in ihren Teil des Weltraums zu treiben. Die andorianische Flotte hatte sie dabei in der entscheidenden Schlacht von Cheron tatkräftig unterstützt. Sh’Prenni war als Erster Offizier an Bord der I.G.S. Thalisar beteiligt gewesen.
Die nachfolgende Gründung der Föderation hatte eine neue Ära des Friedens und der Zusammenarbeit eingeläutet, und sh’Prenni war stolz darauf gewesen, sich als Captain der Sternenflotte konstruktiven Zwecken und dem Schutz von Unschuldigen verschreiben zu können. Die Ware-Mission hatte ihr bereits den größten Triumph überhaupt beschert. Der Sieg über die Pebru hatte Milliarden von Lebewesen mit einem schnellen Schlag befreit. Aber sh’Prenni würde nicht ruhen, bis nicht auch das letzte Opfer der Ware befreit – oder wenigstens von seinem Leiden erlöst – war.
Doch obwohl th’Cheen einen tadellosen Start und Einschlag der Sonden vermeldete, schien diesmal etwas nicht zu stimmen, denn sie hatten nicht den erwarteten Effekt. Die Station blieb betriebstüchtig und setzte Roboterarme ein, um die Sonden aus ihren Einschlagkratern zu entfernen. Banerji, der sich um die Kommunikation kümmerte, meldete ein von der Station eintreffendes Signal.
»Bitte halten Sie sich an die korrekten Andockprozeduren«, forderte die kühle, angenehm feminine Stimme des Ware-Computers sie auf. »Jedwede Beschädigung dieser Einrichtung wird Ihrem Schiff in Rechnung gestellt werden.«
Charas schüttelte den Kopf. »Ich wusste es. Banerjis Drohnen sind ein Reinfall.«
»Langsam, langsam, wir wollen keine voreiligen Schlüsse ziehen«, sagte der faltige Mensch und studierte seine Anzeigen. »Hm. Na so was. Das ist außerordentlich interessant.«
»Wären Sie so freundlich, Ihre Erkenntnisse mit dem Rest von uns zu teilen?«, fragte sh’Prenni.
»Nun, ich möchte mich ja nicht selbst loben, mein lieber Captain, aber bevor diese ungehobelten Roboterarme meine Sonden erledigt haben, war auf meinen Anzeigen, die ich von deren Sensoren erhalten habe, ganz deutlich zu erkennen, dass wir die Entführten erfolgreich geweckt haben.« Offenkundig überrascht, lehnte er sich auf seinem Platz zurück. »Genau genommen sind diese Lebenszeichen höchst ungewöhnlich. Es gibt nicht nur zwei bis vier lebende Schläfer pro Datenkern, sondern, wenn man den enzephalografischen Werten trauen darf, vielmehr jeweils mehrere Dutzend. Bemerkenswert! Die meisten von ihnen sollten allerdings einen zu großen neurologischen Schaden erlitten haben, als dass man sie wiederbeleben könnte … Einfach erstaunlich!«
»Wenn sie alle wach sind«, warf Charas ein, »warum stöpseln sie sich dann nicht aus und fahren die Station herunter? Zumindest die, die geistig dazu in der Lage sind?«
»Er hat recht«, sagte ch’Gesrit. »Da stimmt irgendetwas nicht. Sind Sie sicher, dass es sich bei Ihren Werten nicht bloß um ein Sensorartefakt handelt?«
»Ich orte eine Art … Fluktuation in den Aktivitäten der Station«, erwiderte der Mensch. »Kein Anzeichen eines anstehenden Herunterfahrens, eher eine Art … Zögern, gefolgt von einem etwas unregelmäßigeren Energiefluss. Beinahe so, als seien die Kontrollen von automatisch auf manuell umgestellt worden.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte der Captain. »Dass die Schläfer innerhalb der Ware Bewusstsein erlangt haben, aber aus irgendeinem Grund nicht imstande sind, den nächsten Schritt zu tun und sich wiederzubeleben?«
»Vielleicht wollen sie nicht«, bemerkte zh’Vethris.
Der Gedanke der Navigatorin veranlasste Breg, die Stirn zu runzeln. »Wenn Sie in einem dieser Dinger erwacht wären, eine Gefangene in Ihrem eigenen Körper, wären Sie damit zufrieden, es dabei zu belassen?«
»Nein«, erwiderte Zoanra mit einem verdrossenen Neigen ihrer Antennen. »Aber die sind nicht ich. Wir wissen nicht einmal, welcher Spezies sie angehören.«
»Dann lassen Sie es uns herausfinden«, empfahl Charas. »Warum auch immer, sie kommen nicht aus eigener Kraft frei. Und das bedeutet, wir machen es auf meine Weise. Schicken einen Trupp rein, holen sie raus.«
»Dutzende von ihnen?«, entgegnete Banerji. »Das sind beinahe so viele Schläfer, wie wir Besatzungsmitglieder an Bord haben. Wir haben nicht genug Raumfähren, und Sie wissen, dass die Transporter nicht die Wände des Kerns durchdringen können.«
»Wir können wenigstens einen Vorstoß zu Aufklärungszwecken durchführen«, schlug th’Cheen vor. »Wir nehmen einen der Kerne, befreien so viele, wie wir können, und bringen sie dann zur Befragung her.«
»Ja, ja, exzellente Idee«, lobte ihn Banerji. »Sobald wir ein paar echte Antworten haben, können wir entscheiden, wie wir weiter vorgehen.«
Sh’Prenni verlor keine Zeit. Sie nickte Charas zu. »Versammeln Sie Ihr Angriffsteam. Gehen Sie wie besprochen vor.«
»Ja, Captain!«
»Und Giered – seien Sie vorsichtig.«
»Wie immer, Ma’am.«
Als der Taktikoffizier zur Tür an Backbord hinaus verschwand, wechselte der Captain einen wissenden Blick mit Banerji. »Und genau das bereitet mir Sorge.«
»Oh, er wird uns noch alle überleben«, versicherte ihr Hari. »Er würde niemals zulassen, dass ich das letzte Wort habe.«
Captain Lokog war nicht bewusst gewesen, wie sehr er dem alltäglichen Trott verfallen war – bis ihn seine Geliebte zu ermorden versuchte.
Vhelis hatte sich zu diesem Zeitpunkt bei ihm im Bett befunden, und er war sich ziemlich sicher gewesen, dass es keinen Teil ihres Körpers gab, an dem sie eine Waffe hätte verstecken können. Doch das, so wurde ihm rückblickend klar, war nur ein Symptom seiner Selbstgefälligkeit gewesen. Er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass sie eine Garotte in einen ihrer Haarzöpfe eingeflochten haben könnte, bis er deren Biss im Fleisch seines Halses verspürte.
Das zweite Zeichen seiner Schwäche war, dass er dem Tod nur durch pures Glück entrinnen konnte. Für ihre Größe war Vhelis eine durchaus begabte Kämpferin, doch im Vergleich zu ihm war sie nur schmächtig, und weil sie als Sensoroffizier arbeitete, gehörte sie auch eher selten einem Überfallkommando an. Eigentlich hätte sie, auch mit dem Überraschungsmoment auf ihrer Seite, leicht zu überwältigen sein müssen. Doch Lokog hatte es einfach nicht geschafft, ihr den entscheidenden Schlag zu verpassen, als er im Raum umhertaumelte, während sie die Beine um seine Hüfte geschlungen hatte und der Draht sich immer tiefer in seine Kehle grub. Es war reiner Zufall gewesen, dass er, kaum noch bei Bewusstsein, mit einem seiner letzten verzweifelten Schläge seinen wertvollen HomneH von der Wand gewischt hatte, woraufhin die Keule auf Vhelis’ Kopf gefallen war.
Das Schicksal hatte es so gewollt, dass Lokog sich einen Moment schneller erholte als sie. Sein HomneH war eine billige Kopie, die aus einem falschen klongat-Knochen angefertigt war. Er war nicht so massiv wie ein echter und bloß zu Dekorationszwecken geeignet. Doch Vhelis, die wie er und seine ganze Besatzung zu den QuchHa’ zählte, besaß nicht die schützenden Schädelwülste eines gesunden Klingonen, was sie verwundbarer gegenüber Kopftreffern machte. Trotzdem war sie noch wach genug gewesen, um zu spüren, wie er die Garotte im Gegenzug um ihre Kehle schlang. »Warum?«, hatte er wissen wollen, wobei er ihr gerade genug Atem ließ, um eine Antwort zu krächzen.
Ihr Zorn traf ihn dennoch mit unverminderter Heftigkeit. »Weil du ein Feigling bist! Zuerst … fliehst du vor dem Kampf um unser Volk im Reich, dann fliehst du vor der sich ausbreitenden Föderation. Jetzt fliegen wir … immer tiefer in den wilden Raum, auf der Suche nach Schwächlingen, die wir überfallen können … Vor echten Kämpfen hast du Angst!«
Lokog schnaubte und zog die Garotte fester. »Unser Volk? Wir sind Aussätzige, Vhelis! Opfer einer Seuche, die uns das genommen hat, was uns zu Klingonen macht. Wir haben keinen Platz im Reich.«
»Wir sind noch immer Klingonen! Viele von uns … kämpfen zu Hause um ihre Position, so wie es eines Klingonen würdig ist. Jetzt, da Kanzler M’Rek auf dem Totenbett liegt … haben wir unsere Gelegenheit! Der Rat ist in Aufruhr – wenn sich die QuchHa’ jetzt vereinen und zuschlagen, könnten wir uns einen Platz erobern, eine Daseinsberechtigung … vielleicht sogar die Kanzlerschaft! Aber du hältst uns aus Angst von diesem gerechten Kampf fern!«
»Ein Kampf, den wir nicht gewinnen können! Die HemQuch mögen zerstritten sein, aber gegen uns werden sie sich bestimmt vereinen, und sie haben den unüberwindbaren Vorteil, viel mehr als wir zu sein!«
»Ein entschlossener Mann kann in einer Nacht viertausend Kehlen durchschneiden!«
Sie war entweder sehr mutig oder sehr dumm, genau dieses Sprichwort in ihrer gegenwärtigen Lage zu verwenden. »Du hast schon bei der ersten Kehle versagt, petaQ!«
In ihren Augen brannte die Herausforderung. »Nur wenn du es nicht wagst, mich zu töten.«
In diesem Moment begriff er, dass sie ihm einen Gefallen tat. Einst hatte er Ambitionen gehabt, vor der Qu’Vat-Seuche, die ihm seine Knochenkämme und seinen Status genommen hatte und ihn so zwang, mit nichts von vorne anzufangen, ein Ausgestoßener, der am Rand der klingonischen Gesellschaft lebte. Doch mittlerweile brachte er nun schon seit elf Jahren seine durch das Virus ausgelöste Verwandlung als Entschuldigung vor, um dort zu verweilen. Er hatte sich damit angefreundet, eine jämmerliche Existenz als Pirat und Söldner zu führen und sich immer weiter von den Einflussgebieten des Reiches und der Föderation zu entfernen. Es genügte ihm, leichte Beute zu jagen und sich an ihrer Hilflosigkeit zu ergötzen, statt das Gefühl echten Triumphs nach dem Sieg über eine wahre Herausforderung zu suchen.
»Du hast recht. Ich bin ein Feigling.« Er warf die Garotte fort und blickte ihr in die von Abscheu erfüllten Augen. »Aber ich kann mich ändern«, fuhr er fort, bevor er sie mit bloßen Händen erwürgte. Er dankte ihr, als sie starb, dann legte er seine Rüstung an, erfüllt von einer neuen Zielstrebigkeit.
»Findet mir eine Schlacht!«, brüllte er, als er auf die Brücke stürmte und Vhelis’ nackte Leiche am Haar hinter sich herschleifte. Vielleicht verdiente sie für das Geschenk, das sie ihm gemacht hatte, etwas Besseres, aber er musste gegenüber der Besatzung ein Exempel statuieren. Wenn er faul und nachlässig geworden war und nur seine eigene Bettgefährtin den Mut hatte, ihn dafür umzubringen, dann musste der Rest der Piraten sich in noch schlimmerem Zustand befinden, und sie brauchten ein abruptes Erwachen. Lokog war es leid, zaghaft zu handeln.
Die Botschaft kam bei seiner Mannschaft an, und alle sprangen zu ihren Stationen. Der stellvertretende Sensoroffizier Ghopmoq erkannte, dass er soeben auf Vhelis’ ehemaligen Posten befördert worden war und dass er Gefahr lief, ihr Schicksal zu teilen, wenn er dieser Verantwortung nicht gerecht wurde. Mit entsprechendem Eifer stürzte er sich auf seine Aufgabe. Als Lokog schließlich die Lust verlor, Vhelis’ Leiche zu präsentieren, und er dem jeghpu’wI’-Diener des Schiffs gestattete, sie in die Aufbereitungsanlage zu werfen, war es Ghopmoq gelungen, eine Reihe Energieemissionen, die charakteristisch für Waffenfeuer und überlastete Triebwerke waren, innerhalb der Reichweite der SuD Qav auszumachen. Besser noch: Eine der Antriebssignaturen legte nahe, dass es sich um ein andorianisches Schiff handelte.
Dieser glückliche Zufall versetzte Lokog in freudige Erregung. Nachdem er jahrelang vor der Sternenflotte der Föderation zurückgewichen war, hatte er jetzt die Gelegenheit, in genau dem Moment, da er den Kampf suchte, gegen sie in die Offensive zu gehen. Das musste ein Zeichen sein, dass das Schicksal auf seiner Seite stand.
Obwohl eine so gefährliche Operation wie der Angriff auf eine Ware-Einrichtung, um deren »primäre Datenkernkomponenten« zu befreien, nie Routine sein würde, hatte Giered Charas nicht gelogen, als er gesagt hatte, dass sein Team diesen Job mittlerweile in Perfektion beherrschte. Mehrfach versuchten die Stationssysteme, das Enterkommando loszuwerden oder zu töten, doch jeder Versuch wurde durch erfolgreich erprobte Abwehrmaßnahmen zunichtegemacht. Transporterstrahlen wurden durch ein Interferenzfeld gestört, extreme Veränderungen der Atmosphäre und Temperatur scheiterten an den Schutzanzügen, und das Replizieren von Waffenstellungen wurde von vornherein unterbunden, indem das Team alle Materiereplikationseinheiten zerstörte, die ihnen begegneten. Der Computer dieser Station ging sogar so weit, die künstliche Gravitation abzuschalten und die Luftschleusen zu öffnen, um die Eindringlinge hinauszublasen. Aber die Mitglieder des Enterkommandos aktivierten lediglich ihre Magnetstiefel, als die Schwerkraft nachließ, und nachdem der Luftstrom geendet hatte, bedienten sie sich ihres Null-g-Trainings, um sich geschickt durch die Korridore zu bewegen.
In der Zwischenzeit sorgte th’Cheen an Bord der Vol’Rala dafür, dass die andockenden Raumfähren geschützt waren, indem er alle Roboterarme in Reichweite zerstörte und durch Punktbeschuss alle benachbarten Plasmaleitungen durchtrennte, in denen sich eine Überladung aufstauen konnte.
Binnen zwei Zentiphasen waren die Fähren mit dem gesamten Personal und vier befreiten Prozessoren, die zwei unterschiedlichen Spezies angehörten, zurückgekehrt. Alle vier mussten im Quarantänebereich des Fährenhangars verbleiben, da keine der beiden Spezies in den Temperaturen und der Atmosphäre, die für Andorianer nötig waren, überleben konnte. Alle hatten im Datenkern in speziellen Lebenserhaltungseinheiten gesteckt, was ihren Transport zum Schiff erleichtert hatte. Wie es aussah, waren sie durch die Schläuche in ihrem Körper erneut sediert worden, oder aber sie waren nach der langen Inaktivität schlicht zu schwach gewesen, um vollständig zu erwachen. So oder so verhinderte es, dass die Befreiten in Panik ausbrachen, während sie zur Vol’Rala gebracht wurden, und sie blieben auch ruhig, als Banerji und Mediker th’Lesinas anschließend zwei der Quarantänebereiche modifizierten, um sie an die Lebensbedingungen der Fremden anzupassen.
Die eine Spezies war anscheinend in einer eisigen Flüssigmethanumgebung beheimatet, die eine Atmosphäre aus Wasserstoff-Stickstoff aufwies. Vielleicht lebte sie auf dem massereichsten Mond eines nahen Gasriesen, der Banerji an eine größere Version des Titan in seinem Heimatsystem erinnerte. Die andere war eine aquatische Spezies, die aus einer Flüssigwasserumgebung stammte. Höchstwahrscheinlich war es dort dunkel, denn die Fremden besaßen Infrarotmulden und Biosonarknoten anstelle von Augen.
»Ich habe keine Ahnung, wie auch nur eine der beiden Spezies den Weg ins All gefunden hat«, beendete der Wissenschaftsoffizier seinen Bericht an sh’Prenni, während er darauf wartete, dass sie wieder zu Bewusstsein kamen. »Diese fischigen Brüder besitzen keine Form von manipulativen Fähigkeiten, und die anderen stammen aus einer anaeroben Umgebung, in der Feuer niemals möglich wäre – was jedem Versuch, Technologien zu entwickeln, einen ziemlichen Dämpfer versetzen dürfte, es sei denn, die Kerle sind deutlich cleverer als ich.«
»Wenn sie von dem nahen Mond stammen«, warf Zharian th’Lesinas ein, »könnte die Ware sie von dort entführt haben, wie sie es auch mit anderen Rassen getan hat, denen wir begegnet sind.«
»Die Zweibeiner vielleicht. Aber der einzige Ort auf diesem Mond, an dem die Wasserlebewesen existieren könnten, wäre ein subglazialer Ozean, der komplett unter der Eiskruste liegen müsste. Das würde ihre Anpassungen zur Dunkelsicht erklären, schätze ich, aber es wäre verdammt schwierig, sie von dort zu entführen!« Er lachte leise, als er über das Problem nachdachte.
»Ganz zu schweigen von der vollkommen unterschiedlichen Biochemie«, bemerkte th’Lesinas. »Schauen Sie sich diese Werte an. Die Wasserstoffatmer besitzen nicht einmal eine DNA. Sie basieren auf irgendeiner Art komplexer Lipide innerhalb azotosomischer Zellmembranen. Diese zwei Spezies können nicht einmal den gleichen evolutionären Ursprung haben.«
Banerji fiel eine Anzeige auf. »Nun, vielleicht können sie es uns jetzt selbst sagen. Sie sind wach!«
Mit typisch menschlichem Optimismus überging er die anfänglichen Schwierigkeiten, eine Übersetzungsmatrix herzustellen. Und ein paar Zentiphasen später hatten seine Linguistikspezialisten die Einstellungen der Ausrüstung so verfeinert, dass eine Kommunikation möglich war.
Die methanbasierten Organismen nannten sich selbst Nierl. Es handelte sich um schlanke, mit einem Schwanz versehene Zweibeiner, deren nach vorn geneigter Körper in blütenartigen Köpfen endete – wenn Kopf der richtige Ausdruck war. Jeder dieser Köpfe besaß vier Sinnesranken, die offensichtlich Greiffähigkeiten besaßen und gleichmäßig um eine in der Mitte liegende Traube aus optischen Organen und einen vierblättrigen Mund angeordnet waren. Der kräftigere und selbstbewusster auftretende Fremde stellte sich als Vuulg vor, sein dünnerer Begleiter hieß Rulii. Sie identifizierten die Wasserlebewesen als Sris’si und bestätigten, dass beide Spezies auf dem nahen Mond beheimatet waren. Die Nierl lebten auf der vereisten Oberfläche und die Sris’si in den wärmeren Tiefen darunter – einer Umgebung, die in den Köpfen der Nierl geschmolzener Fels war, denn in ihrer natürlichen Umgebung war Wasser mineralisch. »Die Welt ist die Heimat der Sris’si«, erklärte Vuulg.
»Und die Nierl stammen nicht von dort?«, fragte Captain sh’Prenni.
»Wir gehören zur Partnerschaft der Zivilisationen. Die müssen Sie doch kennen. Sie haben uns an Bord einer Station der Partnerschaft gefunden.«
Sh’Prenni wechselte einen Blick mit Banerji und th’Lesinas. »Wir haben Gefangene von einer ganzen Reihe dieser Stationen befreit«, sagte sie. »Niemand hat eine Partnerschaft der Zivilisationen erwähnt.«
Vuulg und Rulii wedelten in offensichtlicher Bestürzung mit ihren Ranken. »Wir sind keine Gefangenen!«, rief Vuulg. »Die Partnerschaft setzt die Ware nicht auf diese Weise ein. Wir sind alle Freiwillige!«
»Ja, das sind wir!«, bekräftigte Rulii. »Und wir bestehen darauf, dass Sie uns zurückkehren lassen, damit wir den Rest unserer Dienstzeit beenden können!«
Sh’Prenni musterte die armen Geschöpfe voller Mitleid. Sie bemühte sich, geduldig zu klingen. »Ich weiß, das ist schwierig für Sie. Aber wir haben schon zuvor mit der Ware zu tun gehabt. Ihre Versprechen sind tückisch. Sie ist sehr viel gefährlicher, als es den Anschein hat.«
»Nur, wenn man sie falsch einsetzt«, entgegnete Vuulg. »Die Partnerschaft ist weise genug, dies nicht zu tun. Damit unser Volk, unsere Familien in Wohlstand leben können, haben wir uns entschieden, uns den Bedürfnissen der Ware für jeweils eine begrenzte Dienstzeit zu unterwerfen. So bezahlen wir die Partnerschaft für die Geschenke, die sie uns macht.«
»Eine Bezahlung, die Sie zum Krüppel macht? Die Ihre Gehirne schädigt und Ihre Körper verfallen lässt?«
»Unsere Dienstzeiten sind kurz genug, um keine ernsthaften Schäden anzurichten. Das System funktioniert bereits seit mehreren Generationen! Es gestattete den Partnern, sich auf eine Weise fortzuentwickeln, die sonst unmöglich gewesen wäre!«
»Entschuldigen Sie«, mischte sich Banerji ein, »aber haben Sie jemals einen der ›Freiwilligen‹ nach seiner Dienstzeit getroffen?«
Die Geschöpfe wechselten einen Blick. Ihr Ranken wedelten durch die Luft. Kommunizierten sie auf diese Weise, oder handelte es sich lediglich um einen Gefühlsausdruck? »Nicht, dass wir wüssten«, gab Vuulg zu. »Aber unser Volk ist groß, und die Ware verlangt immer nur ein paar von uns.«
»Wir haben gehört, dass ehemalige Freiwillige nicht gern über ihre Zeit sprechen«, fügte Rulii hinzu. »Ich muss zugeben, dass es sich nicht um die angenehmste Erfahrung handelt. Und man verpasst so viel, während man fort ist.«
»Es ist ein notwendiger Dienst«, protestierte Vuulg.
»Ja, natürlich. Ansonsten hätte ich mich nicht freiwillig dafür gemeldet. Aber ich werde ihm nicht nachtrauern, wenn meine Zeit vorbei ist.«
Es wurde schon bald klar, dass sich die Nierl nicht von ihren Überzeugungen abbringen ließen. Auch die anschließende Unterhaltung mit den Sris’si (die sich als recht schwierig erwies, da ihre Sinnesorgane und Gedankenkonzepte so fremd waren, dass es kaum eine gemeinsame Basis für den Austausch gab) erbrachte, dass sie das gleiche Pflichtempfinden hatten, sich für die Partnerschaft zu opfern.
»Es entspricht genau dem Muster, das wir auf einem halben Dutzend Welten gesehen haben«, sagte sh’Prenni zu ihren Wissenschaftlern und medizinischen Offizieren. »Ihre Gesellschaften haben sich vom Luxusangebot der Ware so sehr verführen lassen, dass sie die Misshandlung ihrer eigenen Leute zu rationalisieren versuchen. Selbst die Opfer werden getäuscht, sodass sie mitspielen.« Sie bemerkte, dass sich th’Lesinas’ Antennen skeptisch neigten. »Möchten Sie uns etwas sagen, Zhar?«
»Nun, es ist eigenartig«, erwiderte der kräftige Mediker. »Alle vier Geretteten weisen nur äußerst geringfügige Hirnschäden auf, so als seien sie erst zwei oder drei Monate vor Ort gewesen. Das würde zu ihrer Geschichte passen, dass sie nur eine festgelegte Zeit als Freiwillige dort verbringen.«
»Das Enterkommando hat ja auch berichtet, dass alle Prozessoren vergleichbar gesund aussahen«, fügte Banerji hinzu. »Wir haben uns darüber gewundert, erinnern Sie sich? Keiner von ihnen wies die fortgeschrittenen Hirnschäden jahrelangen Einsatzes auf, die wir beim Großteil der Gefangenen in den anderen Ware-Stationen vorgefunden haben.«
»Aber wie kann das sein?«, fragte sh’Prenni. »Wir haben mehrfach erlebt, wie schwierig und gefährlich es ist, die Ware zu überzeugen, uns ihre Gefangenen zu überlassen. Ich kann nicht glauben, dass diese Ware hier so anders ist, dass sie diese Leute einfach … freiwillig gehen lässt, bevor sie zu Schaden kommen. Oder dass diese Geschöpfe es geschafft haben könnten, sie derart umzuprogrammieren. Schauen Sie sie doch an! Sie sagten es selbst, Hari, dass die nicht einmal imstande sind, ein Feuer anzuzünden!«
Banerji wurde nachdenklich. »Dann stellen Sie sich einmal vor, wie viel die technologischen Geschenke der Ware denen bedeuten.«
»Genau. Sie sind sogar noch abhängiger als die meisten – was sie zugleich am verwundbarsten macht. Selbst wenn die Ware aus irgendeinem Grund zulässt, dass sie sich abwechseln, und dadurch ihr Leben verschont, ist es immer noch Sklaverei. Das Standardvorgehen der Ware besteht darin, sich so verführerisch zu präsentieren, dass man die Falle gar nicht bemerkt. Sie schadet diesen Geschöpfen, ob sie es nun wissen oder nicht. Sie verbirgt es in diesem Fall nur heimtückischer.«
»Aber wenn diese Spezies so bedürftig sind, warum sollte sich die Ware dann die Mühe machen, heimtückisch zu sein?«, murmelte der ergraute Mensch halb zu sich selbst.
Bevor sh’Prenni darauf antworten konnte, meldete sich das Interkom. »Brücke an den Captain«, erklang Charas’ Stimme.
Sie begab sich zur Wandkonsole und öffnete den Gegenkanal. »Sh’Prenni. Bericht.«
»Wir empfangen ein Notsignal von der Flabbjellah, Captain. Die Botschaft ist undeutlich, aber sie scheinen sich im Kampf mit einem Ware-Schiff zu befinden und brauchen Hilfe.«
»Setzen Sie einen Abfangkurs. Maximale Warpgeschwindigkeit.«
»Captain«, sagte th’Lesinas, »wir können die Geretteten nicht einfach in einen Kampf mitnehmen.«
»Aber wir können sie auch nicht am Sris’si-Mond absetzen«, erwiderte Banerji. »Nicht bei ihren speziellen Bedürfnissen in Sachen Lebenserhaltung. Es würde Stunden dauern, eine Möglichkeit zu finden, sie zu transportieren.«
Sh’Prenni ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. »Brücke. Die Tashmaji wartet bereits auf unseren Befehl, korrekt?«
»Ja, Captain«, bestätigte Charas. Das Schiff war eins von zwei Hochgeschwindigkeitskurieren, die zur Einsatzgruppe gehörten. Da die Ware jedem Raumschiff, das ihre »Besitztümer« raubte, Drohnenkampfschiffe hinterherschickte, war es mittlerweile Standardprozedur geworden, die Geretteten auf einen der Kuriere wechseln zu lassen, der sie dann derart schnell zur ihren Heimatwelten zurückbrachte, dass die Drohnen sie nicht verfolgen konnten.
»Kontaktieren Sie Commander sh’Regda. Sie soll uns auf dem Weg zur Flabbjellah treffen. Th’Lesinas wird Ihnen die Daten zur Weiterleitung an die Tashmaji übermitteln, die diese brauchen wird, um die richtigen Umweltbedingungen für unsere Gäste herzustellen.« Sie nickte dem Mediker zu, der sich an seine Konsole begab, um den Befehl auszuführen. »Dadurch haben wir genug Zeit, um die Übergabe vorzubereiten, und können die Geretteten in Sicherheit bringen, bevor wir auf Abfangkurs gehen.«
»Verstanden, Captain.«
Banerji lachte leise. »Also bringen wir sie im Eiltempo von ihrem Heimatplaneten fort, nur damit ein anderes Schiff sie an praktisch den gleichen Ort zurückbringen kann, den sie verlassen haben. Eine ganz schöne Pendelei.«
»Wenigstens werden sie am Ende sicher zu Hause ankommen«, sagte sh’Prenni zu ihm. »Und jetzt lassen Sie uns dafür sorgen, dass auch Captain zh’Ethar und ihre Besatzung wieder sicher heimkehren.«
Kurz nachdem Lokog sein Schiff auf Kurs in Richtung des Kampfes gebracht hatte, musste er feststellen, dass seine Begeisterung verfrüht gewesen war. Die Schlacht war selbst bei Höchstgeschwindigkeit vierzig tup entfernt, und wenige Kämpfe dauerten länger als ein paar tup. Er befürchtete, dass die SuD Qav bei ihrem Eintreffen nur noch Wrackteile vorfinden würde. Aber es bestand immerhin die Chance, dass sie dem Sieger begegneten, der zu dem Zeitpunkt hoffentlich noch stark genug war, um einen zufriedenstellenden Kampf zu liefern, aber dennoch ausreichend beschädigt, damit ein Sieg außer Frage stand. Das hätte zum Namen seines Schiffs gepasst: Letzte Chance.
Zu Lokogs Erstaunen und Freude lief die Schlacht noch, als sie eintrafen. Genau genommen war es eher eine Verfolgungsjagd, wobei das Sternenflottenschiff – ein Leichter Kreuzer andorianischer Bauart, dessen Erkennungssignal ihn als U.S.S. Flabbjellah auswies – einem unbekannten Schiff auf den Fersen war. Es handelte sich um ein graues Gefährt mit zwei kastenförmigen, nach innen geneigten Warpgondeln, die links und rechts an einem kugelförmigen Rumpf angebracht waren, der an seinem Äquator von einer siebenseitigen Scheibe geteilt wurde. Der Einschätzung von Kalun, dem Bordschützen der SuD Qav, zufolge, versuchte das andorianische Schiff den Gegner kampfunfähig zu schießen, während das unbekannte Schiff Defensivfeuer abgab und mehr daran interessiert zu sein schien, seinem Feind zu entkommen, als ihn zu zerstören. Doch das allein erklärte nicht die ungewöhnliche Dauer des Kampfes.
»Ich glaube«, sagte Ghopmoq, nachdem er die Sensoranzeigen eine Weile studiert hatte, »dass das graue Schiff sich mit unglaublicher Geschwindigkeit selbst repariert!«
»Unmöglich!«, spie Lokog. »Du hast gesagt, dass nur vier Lebenszeichen an Bord sind. Wie könnten die jemals so schnell arbeiten?«
»Es ist, wie ich es gesagt habe, Captain: Das Schiff repariert sich selbst.«
Als Lokog begriff, lief ihm ein Schauer der Erregung den Rücken hinunter. Was für eine Beute diese Technologie für einen Raumpiraten wäre! Und welchen Vorteil sie einem Krieger bieten würde, wenn er sich von Schaden so schnell erholen konnte, wie dieser ihm zugefügt wurde! (Bei dem Gedanken fuhr er sich über den schmerzenden Striemen an seiner Kehle.) So oder so musste er unbedingt verhindern, dass dieses Schiff in die Hände der Sternenflotte fiel. »Kampfstationen! Darauf vorbereiten, das ’anDorngan-Schiff anzugreifen!«
Die Mannschaft zögerte. Obwohl die Flabbjellah nur ein Schiff mittlerer Größe war, übertraf sie die SuD Qav in Geschwindigkeit und Feuerkraft, und Lokogs Piraten waren nicht daran gewöhnt, sich einem Feind zu stellen, der ihnen im Kampf gegenüber im Vorteil war. Die einzige Person an Bord, die bewiesen hatte, dass sie das nötige Feuer dazu gehabt hätte, war Vhelis, und die war nicht länger verfügbar. (Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, so dachte Lokog, sich der Befriedigung hinzugeben, die eigene Mannschaft zu töten, ohne danach in der unangenehmen Lage zu sein, ohne sie dazustehen.) Doch die anderen hatten gesehen, welche Folgen Ungehorsam hatte, daher schoben sie ihre Zweifel beiseite und widmeten sich ihren Aufgaben.
Natürlich war Lokog kein Narr. Trotz aller Entschlossenheit, der Sternenflotte einen Schlag zu versetzen, suchte er sich seine Kämpfe nach wie vor gründlich aus. Ein voll funktionsfähiger andorianischer Leichter Kreuzer wäre seinem heruntergekommenen Kaperschiff überlegen gewesen. Aber die Flabbjellah wies Schäden auf und war von dem sich hinziehenden Schusswechsel bei Höchstgeschwindigkeit überlastet. Darüber hinaus hatte Lokog einen mächtigen Verbündeten im Kampf gegen sie.
Diese Umstände ersparten Lokog die Unannehmlichkeit, sich eine clevere Strategie ausdenken zu müssen. Der Pilot, Krugt, ging mit der SuD Qav auf einen simplen Abfangkurs, während Kalun mit allen Waffen auf die beschädigten Schilde der Flabbjellah einhämmerte. Ein paar Partikelkanonenschüsse zuckten in Richtung der SuD Qav, aber das Verteidigungsfeuer gegenüber dem Kaperschiff war halbherzig und rein defensiv, denn die Sternenflottenbesatzung konzentrierte sich weiterhin auf ihre mysteriöse Beute. Schon bald würde sie feststellen, dass sich Lokog so leicht nicht abwimmeln ließ – zumindest nicht, wenn er im Vorteil war. Ohne Zweifel würde das graue Schiff gleich wenden und sich seinem Angriff anschließen. Dessen überlegene Waffen, kombiniert mit denen der SuD Qav, würden das Sternenflottenschiff in eine radioaktive Trümmerwolke verwandeln.
Doch nachdem Kaluns Beschuss den Leichten Kreuzer endlich stark genug beschädigt hatte, um seinen Antrieb lahmzulegen, musste Lokog verspätet erkennen, dass das verfolgte Schiff keineswegs die Gelegenheit nutzte, um in die Offensive zu gehen. Stattdessen flog es einfach und nun unbehelligt weiter. »Was?«, entfuhr es Lokog, als Ghopmoq ihm bestätigte, was er bereits gesehen hatte. »Ruf diese undankbaren Feiglinge!«
Das Gesicht, das Augenblicke später auf dem Schirm erschien, war so dunkelhäutig und glatt an der Stirn wie Lokogs eigenes. Allerdings zierten eine Reihe heller Flecken den Schädel, der komplett haarlos war. Die Augen waren von gelblicher Farbe, und kleine Finnen ragten hinter den Ohren hervor. »Mein Name ist Daskel Vabion, Leiter von Worldwide Automatics auf dem Planeten Vanot. Ich weiß zu schätzen, dass Sie für mich in den Kampf eingegriffen haben, aber ich hatte die Lage unter Kontrolle.«
»Ich bin Lokog, Kommandant des klingonischen Schiffs SuD Qav – und Sie hätten Ihre Feinde niemals ohne meine Hilfe bezwungen. Also, bevor die sich wieder sammeln, sollten Sie umkehren und sich uns anschließen, damit wir diesen Sternenflottenabschaum in seine Atome zerblasen können.«
Der Mann, der sich Vabion nannte, wirkte wenig beeindruckt. »Ich bin an ihrer Zerstörung nicht interessiert. Nun, da sie nicht länger eine Behinderung für mich darstellen, interessieren sie mich nicht mehr.«
»Wir sind gekommen, um Ihnen zu helfen! Sie schulden uns ein wenig Dankbarkeit!«
Die hellen Augen seines Gegenübers musterten ihn aufmerksam. »Ich nehme an, Sie erwarten irgendeine Form der Belohnung.«
»Nun … ich meinte eigentlich, dass Sie sich uns als Geste des Danks anschließen sollten, um einen glorreichen Sieg über den Feind zu feiern. Aber … wenn Sie danach über eine Belohnung sprechen wollen …«
»Ich töte nur, wenn es mir zum Vorteil gereicht, Captain Lokog. Und ich biete nur jenen eine Belohnung an, die sie sich verdient haben.« Er hielt inne und dachte nach. »Aber vielleicht könnten Sie mir in Zukunft von Nutzen sein. Das Schiff, das ich kontrolliere, verwendet eine spezielle Technologie von Worldwide Automatics, genannt die Ware. Die Organisation, die sich Sternenflotte nennt – und die Sie, wie ich merke, offenbar kennen –, hat kürzlich eine Reihe Angriffe gegen diese Technologie durchgeführt, sie auf Welten überall im Sektor zerstört und dadurch den Handel und die Industrie auf schwerste Weise geschädigt.«
»Warum sollten die Weltverbesserer von der Sternenflotte Ihre Technologie zerstören wollen?«
»Sie sind der Ansicht, dass gewisse … notwendige Kompromisse, die man für ihren Betrieb eingehen muss, nicht mit ihrer Ethik vereinbar sind. Sie haben mir gestattet, bei der Rettung verschiedener Raumschiffsbesatzungen zu helfen, die durch die Abschaltung der Ware gestrandet waren. Wir haben ihre Schiffe bis zu minimaler Betriebsbereitschaft wiederhergestellt. Es war mir darüber hinaus jedoch möglich, heimlich gewisse … Schlüsselkomponenten des Systems auszutauschen und so dieses Schiff hier wieder voll einsatzbereit zu machen. Mein Ziel ist es, das Gleiche bei anderen Ware-Systemen zu tun und so das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen.«
»Wozu? Eroberung?«
»Gewissermaßen. Ich bin ein Geschäftsmann. Einst war ich die mächtigste und einflussreichste Person auf Vanot, und ich will mir erneut aufbauen, was ich verloren habe, bloß in einem kosmischeren Maßstab. Jeder, der sich an meine Seite stellt, wird davon außerordentlich profitieren.«
»Profit interessiert mich«, sagte Lokog. »Aber ich suche auch nach Schlachten und Ruhm. Ich will gegen meine Feinde kämpfen können.« Er beugte sich vor. »Ich habe gesehen, wozu Ihr Schiff in der Lage ist. Seine Waffen, seine Fähigkeit, sich selbst zu reparieren. Und es sind nur ein paar von Ihnen an Bord. Ist die Ware automatisiert?«
»In der Tat. Es handelt sich um die fortschrittlichste Form der Automatisierung in der bekannten Galaxis. Ware-Drohnen können ganz ohne Besatzung operieren.« Der Mann von Vanot zog die Augenbrauen zusammen. »Gibt es andere Klingonen in diesem Raum? Und teilen sie Ihr Interesse daran, mächtige Waffen und Schiffe zu erwerben?«
»Im Austausch für unsere Dienste?«, fragte Lokog.
»Genau das. Denn obwohl diese Schiffe stark sind, besitzt die Sternenflotte Möglichkeiten, sie abzuschalten. Es ist mir gelungen, das Problem bei diesem Schiff zu umgehen, aber die Prozedur ist schwierig und zeitraubend. Es wäre nützlich, die Ware durch Schiffe und Waffen zu unterstützen, die die Sternenflotte nicht so leicht überwältigen kann.« Er machte eine Pause. »Wenn ausschließlich die Sternenflotte Ihr Feind ist, sind die Ware-Schiffe für Sie leider nutzlos. Aber wenn Sie Feinde im Plural meinten …«
Vhelis’ letzte Worte hallten in Lokogs Geist wider. Die QuchHa’ hatten viele Feinde im Hohen Rat. Mit der SuD Qav allein oder selbst mit einer Allianz aller Ausgestoßenen im wilden Raum konnte er nicht darauf hoffen, es mit diesen Gegnern aufnehmen zu können. Doch mit einer machtvollen neuen Technologie, mit Drohnen, die sich selbst zu reparieren vermochten und in großer Zahl von einem einzelnen Klingonen kontrolliert werden konnten … vielleicht konnte ein entschlossener Mann tatsächlich ein paar Tausend Kehlen durchschneiden.
Trotzdem verspürte er einen Rest von Blutdurst, der gestillt werden wollte. »Wir sind im Geschäft, Mister Vabion. Lassen Sie uns diesen Pakt feiern, indem wir gemeinsam die Sternenflottler zerstören.« Vabion warf ihm einen missbilligenden Blick zu, daher fuhr er rasch fort. »Dieser Sieg wird Ihnen helfen, Vabion. Stellen Sie sich den Kampf als Produktdemonstration für einen Kunden vor. Zeigen Sie mir, was Ihre Waffen anzurichten vermögen.«
»Wenn Sie es so ausdrücken, wäre ich Ihnen gern zu Diensten. Bedauerlicherweise gehört dieses Schiff zu einer größeren Sternenflotten-Einsatzgruppe, und es hat seinen Freunden bereits vor einiger Zeit ein Notsignal gesendet. Zwei weitere Sternenflottenschiffe sind, während wir sprechen, bereits auf dem Weg hierher – und eins ist deutlich größer als dieses hier.«
Lokog wandte sich Ghopmoq zu. Mordlust loderte in seinen Augen. Der junge Sensoroffizier tippte hektisch Befehle in seine Konsole ein. »Ich orte keine Annäherung, Captain! Ich schwöre es!«
»Genügt Ihnen diese Demonstration, Captain? Die Sensoren der Ware sind den Ihren offensichtlich weit überlegen.«
Lokog fragte sich, ob Vabion bloß bluffte, doch er wollte lieber kein Risiko eingehen. Sich einer Gefahr mutig entgegenzustellen, war schön und gut, aber nur, wenn man auch mit Fug und Recht davon ausgehen durfte, zu überleben und später mit seinen Heldentaten angeben zu können. Er hätte dieses angenehme Gefühl der Macht, das er seit dem Mord an Vhelis empfand, gerne noch ein wenig länger gespürt, aber er musste widerwillig zugeben, dass es klüger war, den eigenen Blutdurst bis zu einem anderen Tag unbefriedigt zu lassen. (Er überlegte, ob er in einer symbolischen Geste Ghopmoq erschießen sollte, doch irgendwie war das zu unspektakulär. Außerdem besaß er Sensoroffiziere schon jetzt nicht gerade im Überfluss.)
Ganz abgesehen davon würde er, wenn diese Ware tatsächlich so gut war, wie Vabion behauptete, schon bald mehr als genug Feinde vernichten können.
Im Grunde störte es Gyrai nicht, wenn einer ihrer männlichen Sklaven sie ohne Erlaubnis störte, während sie im Bad war. Die orionische Handelsprinzessin genoss es vorzutäuschen, dass die muskulösen, smaragdgrünen Riesen die Herren waren und sie bloß eines ihrer Spielzeuge. Es war durchaus erregend, dominiert zu werden, während sie tatsächlich die absolute Befehlsgewalt besaß und jederzeit den Spieß umdrehen konnte, wenn ihr irgendein Teil des Spiels nicht mehr zusagte. Was ihr an dieser jetzigen Störung allerdings missfiel, war, dass Korem-Gaas sie nicht aus amourösen Gründen aufgesucht hatte. »Herrin«, begann er, und die ehrliche Unterwerfung zeigte, dass er nicht zum Spielen hier war. »Wir werden überfallen! Die Sklavengehege sind offen – die Handelsware befindet sich in offener Revolte!«
»Was?« Gyrai schoss aus dem Becken hervor und trieb damit die drei rangniederen Orionerinnen auseinander, die ihre rituelle Waschung vorgenommen hatten. »Wie konnte das ohne Vorwarnung passieren?«, fragte sie, während eine vierte Sklavin, eine lavendelhaarige Boslicin, herbeieilte, um ihr in ihr Gewand zu helfen.
»Vergebt mir, Herrin«, rief Gaas, der Panik nahe. »Aber sie hatten einen gültigen Identifizierungscode. Erst als sie mit dem Angriff begannen, überprüften wir ihr Schiff mit den Sensoren und …«
»Wer? Vom wem sprichst du?«
Um wen auch immer es sich handelte, er besaß ein außergewöhnliches Gespür für dramatische Auftritte, denn genau in diesem Augenblick wurde die Tür aufgeschleudert, und vier Frauen traten ein. Doch bei diesen handelte es sich nicht um Sklavinnen, weder orionische noch von einer anderen Spezies. Voller Selbstbewusstsein schritten sie in den Raum, bewaffnet und voll bekleidet (Gyrai konnte sich kaum vorstellen, dass das bequem war). Die Frau an der Spitze war von hellbrauner Hautfarbe und hatte schwarzes Haar. Der Erscheinung und dem Geruch nach handelte es sich um eine Menschenfrau. Sie trug eine schwarze Hose und eine graue Jacke mit einem goldenen Pfeilspitzen-Abzeichen auf der Brust. Als Korem-Gaas sie angriff, fällte sie ihn mit einem Energiestrahl – allerdings schien sie ihn nur betäubt zu haben, denn Gyrai roch kein verbranntes Fleisch. Dann trat die Frau beiseite, und ihrer Körpersprache nach zu urteilen, erwies sie damit den drei übrigen Respekt. Zwei von ihnen, hellhäutige Menschenfrauen mit schulterlangem, dunklem Haar und blauen Jacken gleichartigen Schnitts, flankierten eine Vulkanierin mit längerem Haar, deren Jacke in bräunlichem Grün gefärbt war. Gyrai begriff, dass es sich um Offiziere eines Föderationsraumschiffs handelte, und die Vulkanierin war eindeutig die Kommandantin.
Instinktiv war Gyrai zurückgewichen und hatte eine unterwürfige Pose eingenommen, denn sie ging davon aus, dass die Eindringlinge Gaas’ öffentliche Rolle als ihr Herr akzeptieren würden, doch stattdessen richtete die Vulkanierin den Blick unverwandt auf sie und kam auf sie zu. Gyrai wurde klar, dass sie ihr Gewand hätte fallen lassen müssen, denn als einzige Frau, die Kleidung trug, so knapp sie auch sein mochte, fiel sie in der Gruppe natürlich auf.
»Ich bin Captain T’Pol vom Föderationsraumschiff Endeavour«, sagte die Vulkanierin. »Wo ist V’Las?«
Gyrai blinzelte unschuldig. »Wer?«
»V’Las. Der ehemalige Administrator des vulkanischen Oberkommandos und mutmaßliche romulanische Kollaborateur. Der Verantwortliche für einen kürzlich stattgefundenen Putschversuch auf Vulkan. Letzten Berichten zufolge befand er sich auf dem abtrünnigen vulkanischen Schlachtschiff Karik-tor, das vor vier Tagen gesichtet wurde, wie es in den Grenzraum eingeflogen ist.«
»Viele Schiffe kommen aus unterschiedlichen Gründen in den Grenzraum«, säuselte Gyrai. »Wir bieten Vergnügen an, von denen viele kaum zu träumen wagen.«
»Es ist unwahrscheinlich, dass Vulkanier hierherkommen würden, um Vergnügen zu suchen.«
»Oh, es sind stets die Schweigsamen, auf die man achten muss – he, was machen Sie da?« Die beiden blau gekleideten Frauen hatten ihr Datenterminal entdeckt und versuchten jetzt, auf dessen Systeme zuzugreifen. »Dieses Material ist privat. Und selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, den Verschlüsselungscode zu knacken, würden Sie dort nichts Nützliches finden. Wir Orioner haben kein Interesse an vulkanischer Politik.«
»Das ist eine Lüge«, erwiderte T’Pol kühl. »Das Orion-Syndikat hat die letzten Jahre mit dem Versuch verbracht, Föderationsinstitutionen zu untergraben.«
»Davon weiß ich nichts«, sagte Gyrai und fuhr mit dem Finger über das juwelenbesetzte Halsband, das sie trug. »Ich bin bloß eine Geschäftsfrau. Die Pläne der Schwestern sind mir unbekannt.«
Die Vulkanierin trat drohend näher. »Sie sind Gyrai, eine der bekanntesten Schieberinnen innerhalb des Grenzraums. Kein Syndikatsgeschäft geht hier über die Bühne, ohne dass Sie Ihren Anteil daran erhalten.«
»Das können Sie niemals beweisen!«
»Ich bin drin«, rief die zierlichere der beiden Frauen in Blau, eine schwarzhaarige Schönheit mit dunklen Augen und weichen, zarten Lippen. Auf dem Sklavenmarkt hätte sie ein Vermögen eingebracht.
»Gute Arbeit, Hoshi«, sagte der Captain.
Gyrai schüttelte den Kopf. »Unmöglich! Sie können nicht meine Sicherheitsdateien geknackt haben.«
»Oh, nicht Ihre Sicherheitsdateien«, sagte die Frau namens Hoshi. »Ihr Bankkonto.« Sie wandte sich der größeren Frau mit dem helleren Haar zu. »Elizabeth? Es gehört ganz Ihnen.«
»Na schön, lassen Sie mal sehen … Hui, das sind eine Menge Ziffern. Ich wette, dass das Interstellare Austauschprogramm für Ärzte mit dieser Summe wahre Wunder vollbringen könnte.«
»Dann wollen wir ihm doch ein bisschen was überweisen.«
»Warum nicht?« Elizabeth lächelte, als sie sich über die Konsole beugte.
»Was machen Sie da?«, rief Gyrai. »Als wäre es nicht schon genug, dass Sie meinen Sklavenbestand rauben, jetzt betätigen Sie sich auch noch als gemeine Diebe?«
»Oh, ich bin mir sicher, dass Sie uns in der Hinsicht weit überlegen sind«, sagte Hoshi zu ihr.
»Ich frage Sie erneut«, sagte T’Pol. Wäre sie keine Vulkanierin gewesen, Gyrai hätte geschworen, dass sie auf kühle Weise belustigt war. »Wo ist V’Las?«
»Ich weiß nichts über ihn.« Ihre Finger schlossen sich um einen großen grünen Edelstein an ihrem Halsring.
Doch T’Pols Finger schlossen sich um Gyrais Handgelenk und zogen ihre Hand mit stählernem Griff von ihrem Hals. Dann nahm die Vulkanierin ihr das Giftgaskügelchen weg, bevor Gyrai es werfen konnte. »Sie sind unkooperativ. Lieutenant Cutler?«
»Ja, Captain. Als Nächstes dachte ich an das Rigelianische Kinderhilfswerk.«
»Eine exzellente Wahl. Darf ich obendrein die Choriomeningitis-Gesellschaft auf Vega vorschlagen?«
»Und dann wäre da noch ›Ein Heim für Humanoide‹«, warf Hoshi ein.
»Warum nicht?«, sagte Cutler. »Hier gibt es schließlich eine Menge Geld.«
»Stopp!«, schrie Gyrai. »Hören Sie bitte auf! In Ordnung! V’Las kam her, um nach Verbündeten zu suchen. Ich hatte den Befehl von den Schwestern, ihn loszuwerden. Das Syndikat will keinen weiteren Streit mit der Föderation.« Im Augenblick.
»Sind Sie sich ganz sicher?«, fragte Hoshi. »Denn ich sehe hier ein Aktiendepot, das für die Hilfsmaßnahmen auf Coridan ein wahrer Segen wäre.«
»Ach, richtig«, sagte Cutler. »Und ab damit!«
»Ich schwöre es! Bitte, ich sage Ihnen die Wahrheit! Das Letzte, was ich von seinem Schiff gesehen habe, war, dass es den Sektor mit Kurs auf die Randbereiche von Klach D’Kel Brakt verlassen hat. Natürlich hat ihn niemand in diese Brühe hinein verfolgt.«
T’Pol erwiderte ihren Blick und sah sie einen Moment lang prüfend an. Schließlich wandte sie sich mit leisem Seufzen ab. »Dann sind wir hier fertig. Alle abziehen.«
Gyrais Augen weiteten sich, als Cutler und Hoshi von ihrer Konsole zurücktraten. »Und was ist mit meinem Geld? Wollen Sie das nicht wieder zurückgeben?«
»Warum?«, fragte Cutler mit unverändert guter Laune. »Die anderen brauchen es viel nötiger als Sie.«
»Ich brauche es, nun, da Sie meine Sklaven freigelassen haben!«
»Also mit dem Argument haben Sie nicht unbedingt Sympathiepunkte gesammelt.«
Gyrai zuckte zusammen und holte tief Luft, während sie versuchte, sich einen letzten Rest ihres Reichtums und ihrer Würde zu bewahren. Doch als die Sternenflottenfrauen zur Tür schritten, trat die Boslic-Sklavin auf sie zu. »Warten Sie. Darf ich mit Ihnen kommen?«
»Gewiss«, sagte T’Pol. Die Vulkanierin ließ den Blick über das goldhäutige Mädchen gleiten, dann wandte sie sich Gyrai zu und hob einmal mehr ihre Waffe. »Wären Sie so freundlich, dieser jungen Dame Ihr Gewand zu geben?«
Doktor Phlox hatte Captain T’Pols Timing schon immer bewundert. Gerade als er die Untersuchung der letzten der befreiten Sklaven von Pheniot V beendet hatte, kam sie durch die Milchglastüren der Krankenstation. »Denken Sie daran: Nehmen Sie jeweils einen vghlar-Käfer zu jeder Mahlzeit zu sich, bis Sie keine mehr haben«, erklärte er der abgemagerten Nuvianerin. »Es gibt nichts Besseres bei Vitaminmangel. Außerdem schmecken sie auch gut.«
Die junge Dame dankte ihm und folgte dann der Sicherheitswache in ihrer grauen Jacke nach draußen, damit diese sie zu ihrem Gästequartier bringen konnte. »Ah, Captain!«, sagte Phlox und wandte sich T’Pol zu. »Das war die Letzte von ihnen. Und das ist auch gut so, denn mein Vorrat an Käfern ist mittlerweile gefährlich erschöpft. Abgesehen von ihrem Nutzen als Vitaminpräparat sind sie ein wichtiger Futterbestandteil für mein altarianisches Beuteltier. Ich muss wohl einen neuen Schwung besorgen, sobald wir Denobula erreichen.« Er gab sein Bestes, die hinter der Aussage stehende Frage nicht zu deutlich durchscheinen zu lassen, aber bezweifelte, dass er damit erfolgreich war.
Er war es nicht. »Ich weiß, dass Sie in Sorge sind, dass wir Ihre Heimat nicht rechtzeitig zur Hochzeit Ihrer Tochter erreichen, Phlox«, sagte der Captain.
»Oh, verschwenden Sie keinen Gedanken daran, Captain. Mir ist klar, dass der Dienst Vorrang hat. Die Jagd nach V’Las ist eine wichtige Aufgabe.« Der seines Amts enthobene Administrator hatte bereits mehrfach bewiesen, dass er bereit war, Gewalt auch im großen Stil auszuüben – das erste Mal, als er vor elf Jahren versucht hatte, einen Krieg mit Andor herbeizuführen, wobei er gleichzeitig jede politische Opposition in Grund und Boden gebombt hatte, und dann erst kürzlich, als er sich darum bemüht hatte, einen Militärputsch zu organisieren, um wieder die Macht auf Vulkan zu übernehmen. In dem Zusammenhang hatte er beinahe die Endeavour zerstört.
»Bedauerlicherweise ist seine Spur kalt geworden. Die Supernovaüberreste, die metaphasische Strahlung und die Quantenfluktuationen in der Klach-D’Kel-Brakt-Region machen es effektiv unmöglich, eine Warpspur hindurch zu verfolgen.«
»Wie nannte Arik Soong die Gegend noch mal?«, fragte Phlox. »Den Briar Patch?«
»So nannte er sie, ja«, erwiderte der Captain. »Ein Dornstrauchgebiet. Eine passende Analogie, wenn man bedenkt, wie unerfreulich beides ist. Sie passt noch mehr, wenn man weiß, dass die Pflanzen auf Vulkan, die den irdischen Dornsträuchern am ehesten entsprechen, Lebewesen verschlingen.«
Phlox lachte leise. »Höre ich hier ein wenig Frustration heraus?«
T’Pol schenkte ihm einen wissenden Blick. »Es wäre unlogisch, dies zu leugnen. Die Karik-tor ist nur deshalb in den Briar Patch geflogen, um einer Verfolgung zu entgehen. Es besteht kein Zweifel daran, dass sie ihren Kurs geändert hat, kurz nachdem sie das Gebiet erreicht hat. Lieutenant Cutler scannt die Randgebiete des Patches so gewissenhaft wie möglich, aber ich erwarte nicht, dass sie etwas finden wird.« Sie kam etwas näher. »Sofern sich daher nicht binnen der nächsten Tage eine neue Spur ergibt, sehe ich nichts, was uns daran hindern könnte, dass wir rechtzeitig auf Denobula eintreffen, um an Vaneels Eheschließung teilzunehmen.«
Phlox lächelte. »Danke, T’Pol. Wenn nötig, hätte ich für eine andere Transportmöglichkeit gesorgt, aber ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel es mir bedeutet, Sie und Hoshi und meine anderen guten Freunde an meiner Seite zu haben.«
Wie üblich wirkte die Vulkanierin durch seine Worte unangenehm berührt und schien nicht so recht zu wissen, wie sie darauf reagieren sollte. Das Interkom ersparte ihr die Erwiderung. »Brücke an Captain T’Pol«, war die klare Stimme von Thanien ch’Revash zu hören, dem Ersten Offizier der Endeavour.
Der Captain begab sich zu der Konsole neben der Tür und aktivierte sie. »T’Pol hier.«
»Captain, ein klingonischer Kampfkreuzer der D5-Klasse nähert sich schnell unserer Position.«
T’Pols Schultern spannten sich an, und Phlox verstand auch, warum. In den letzten paar Jahren waren die Klingonen unter sich geblieben, um sich um interne Angelegenheiten zu kümmern, über die Phlox mehr wusste, als ihm lieb war. Doch die stolze, kriegslustige Rasse war der Sternenflotte nie freundlich gesinnt gewesen. Wenn etwas sie dazu provoziert hatte, in Aktion zu treten, mochten die Konsequenzen höchst gefährlich sein. »Ich bin auf dem Weg«, sagte der Captain. Sie wandte sich an Phlox. »Doktor, ich schlage vor, dass Sie als Vorsichtsmaßnahme die Krankenstation in Bereitschaft versetzen.«
»Natürlich, Captain.«
Thanien meldete sich erneut. »Captain, die Klingonen rufen uns.«
»Ich nehme den Ruf an, wenn ich da bin.«
»Captain – sie möchten Doktor Phlox sprechen.«
»Mich?« Phlox war so überrascht, dass er befürchtete, sein Gesicht könne sich aus dem Reflex heraus aufblähen. Er räusperte sich. »Warum in aller Welt sollten die Klingonen mich zu sprechen wünschen?«, fragte er, obwohl er die Antwort gar nicht wissen wollte.
»Ich schlage vor, dass wir sie fragen«, sagte T’Pol. »Doktor, kommen Sie mit.«
Binnen weniger Augenblicke brachte sie der Turbolift der Endeavour zur Brücke des Raumschiffs. Auf dem Hauptbildschirm hing der kantige grüne Schlachtkreuzer, drohend wie ein berengarianischer Drache, der sich darauf vorbereitete, auf seine Beute niederzustoßen. T’Pol nahm auf ihrem Kommandosessel Platz und bedeutete Phlox, sich neben sie zu stellen. Dann nickte sie Lieutenant Commander Sato an der Kommunikationsstation zu. »Öffnen Sie einen Kanal.«
Ein dunkelhäutiger Klingone mit schweren Stirnwülsten und einem kunstvollen Bart erschien auf dem Schirm. »Ich bin Nevokh, Kommandant des klingonischen Kreuzers Haj. Ich suche nach Doktor Phlox vom Interstellaren Austauschprogramm für Ärzte.«
»Ich bin Captain T’Pol von der Endeavour. Doktor Phlox befindet sich hier bei mir. Was wünschen Sie von ihm?«
»Darüber möchte ich nur mit ihm allein sprechen, Captain. Es handelt sich um eine … medizinische Angelegenheit. Sind solche Dinge in der Föderation nicht etwas Privates?«
Normalerweise hätte Phlox dem zugestimmt, aber T’Pol bemerkte den Zweifel auf seiner Miene. »Bei allem gebotenen Respekt, Commander Nevokh. Das letzte Mal, als das Klingonische Reich in einer medizinischen Angelegenheit um die Hilfe von Phlox gebeten hat, hat es ihn mit Gewalt entführt und sein Leben bedroht.«
Nevokh wand sich sichtlich unter der Anschuldigung. »Dessen bin ich mir bewusst. Aus diesem Grund wurde ich von Fleet Admiral Krell beauftragt … Doktor Phlox darum zu bitten, uns nach Qo’noS zu begleiten. Mehr darf ich zu niemandem außer dem Doktor selbst sagen.«