Star Trek: Schatten auf der Sonne - Michael Jan Friedman - E-Book

Star Trek: Schatten auf der Sonne E-Book

Michael Jan Friedman

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Beschreibung

Dr. McCoy wird von seiner Vergangenheit eingeholt

Auf dem Planeten Ssan tobt ein blutiger Krieg zwischen der Regierung und einer Assassinengilde. Nun soll die Enterprise zwei Diplomaten dorthin bringen, damit diese zwischen den Parteien vermitteln. Doch die moralischen Standards auf Ssan lassen sich nicht mit denen der Föderation messen: Politischer Mord hat eine lange Tradition. Und keiner weiß das besser als Dr. McCoy, der zu Beginn seiner Karriere bereits auf Ssan war. Zu allem Überfluss handelt es sich bei den beiden Diplomaten um McCoys Exfrau Jocelyn und ihren zweiten Mann. Alte, nie verheilte Wunden werden aufgerissen, als der Bordarzt mit der Vergangenheit konfrontiert wird, der er durch den Eintritt in die Sternenflotte zu entfliehen versucht hatte. Doch dann fallen Jocelyn und Captain Kirk in die Hände der Assassinen.

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Auf dem Planeten Ssan tobt ein blutiger Krieg zwischen der Regierung und einer Assassinengilde. Nun soll die Enterprise zwei Föderationsdiplomaten dorthin bringen, damit diese zwischen den Parteien vermitteln. Aber die Verhältnisse auf Ssan lassen sich nicht mit den moralischen Standards der Föderation messen. Politischer Mord hat auf dem Planeten eine lange Tradition. Und keiner weiß das besser als Dr. McCoy, der zu Beginn seiner Starfleet-Karriere schon bittere Erfahrungen mit der fremdartigen Ethik der Assassinen sammeln musste.

Zu allem Überfluss handelt es sich bei den beiden Diplomaten um McCoys Exfrau Jocelyn und deren zweiten Mann, Clay Treadway. Alte, nie verheilte Wunden werden aufgerissen, als der Bordarzt mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird – einer Vergangenheit, der er durch seinen Dienst bei Starfleet zu entfliehen versucht hatte. Doch dann fallen Jocelyn und Captain Kirk den Assassinen in die Hände …

MICHAEL JAN FRIEDMAN

SCHATTEN AUF DER SONNE

Star Trek™

Classic

Für meinen Schwiegervater

MARVIN LAXER.

der niemals ein Nein

Historische Anmerkung

Diese Geschichte beginnt kurz nach den Ereignissen, die in Star Trek VI – Das unentdeckte Land

Kapitel 1

Ein Blutstropfen, auf dem Föderationsplaneten Ssan: Er zittert einen Augenblick lang in der Brise, die durch ein offenes Fenster hereinweht, und fällt dann in das große, mit weißen Sandsteinfliesen gekachelte Bassin. Der Tropfen löst eine Serie von konzentrischen Wellen im Wasser aus, das bereits mit Blut vermischt ist, bis die Wellen die Wände des Bassins erreichen und sich dort verlaufen.

Etwa einen Meter über dem Bassin steht eine Sitzbank, die ebenfalls aus weißen Sandsteinkacheln besteht. Das Morgenlicht aus dem offenen Fenster beleuchtet eine männliche Leiche in blassblauem Morgenmantel, die ausgestreckt auf der Bank liegt. Das Gewand besteht aus weicher Ssan-Seide, die von Würmern aus den Bergen des südlichsten Kontinents gewoben wurde. Die Haut der Leiche, wo sie sichtbar ist, wirkt fast genauso bleich wie das Gewand. Die kleinen, indigofarbenen Augen haben sich nach oben verdreht, unter die knochigen Brauen des haarlosen Kopfes, der nach hinten über den Rand der Sitzfläche geneigt ist.

Ein dünner Blutfaden, so rot wie ein makelloser Rubin, entspringt dem offenen Mund der Leiche. Die Blutspur schlängelt sich träge und liebevoll über eine glattrasierte Wange bis zum langen, knollenförmigen Ohrläppchen – ein typisches Körpermerkmal der Ssana. Dort sammelt sich der Blutfaden und formt einen weiteren Tropfen.

Bevor dieser Körper zu einer leeren Hülle wurde, beherbergte er die Seele von Thur Cambralos, dem Obergouverneur von Pitur, dem größten Stadtstaat auf Ssan. Bis vor kurzer Zeit war er die Person mit der größten politischen Macht auf diesem Planeten. Die Allgemeinheit wird ihn noch ein paar weitere Minuten dafür halten, bis sein lebloser Körper von einem Diener entdeckt werden wird.

Abgesehen vom dünnen Blutfaden gibt es kein äußeres Anzeichen für eine Gewalteinwirkung oder für die Todesursache, die diesem Körper das Leben nahm. Allerdings würde auch niemand damit rechnen, dass es ein solches Anzeichen gibt.

Denn auf dem Föderationsplaneten Ssan wird Mord als eine hohe Kunst betrachtet.

Pensionierung.

Leonard McCoy, der Erste Medo-Offizier der Enterprise, murmelte das Wort vor sich hin, während er zur strukturlosen Decke seines Schlafzimmers hinaufstarrte. Es klang so schwer, so endgültig. Wie der Hammerschlag in einem altertümlichen Gerichtssaal.

Wumm.

Hiermit verurteile ich Sie zum Rest Ihres Lebens. Möge Gott Ihrer Seele gnädig sein.

Er runzelte die Stirn und schlug die Bettdecke zur Seite. Dann setzte er sich auf und schwang die Beine herum – alles in einer einzigen Bewegung. Drüben an der gegenüberliegenden Wand stand seine Nemesis: ein grauer Lagercontainer aus Metall, wie ihn jeder Schiffsoffizier für sein persönliches Hab und Gut erhalten hatte.

McCoy hatte es nun schon zwei Tage lang vor sich hergeschoben, sich mit dem Container zu beschäftigen. Dabei war es noch gar nicht so lange her, als er sich auf die Pensionierung gefreut hatte. Doch das war vor den Ereignissen um den Klingonen Chang gewesen. Während des Kampfes gegen den Verräter und seine Verschwörung war der Doktor nachdrücklich daran erinnert worden, wie aufregend und befriedigend das Leben an Bord eines Raumschiffes sein konnte.

Andererseits waren damit auch Erfahrungen verbunden wie jene, die er in der klingonischen Strafkolonie auf Rura Penthe durchgemacht hatte. McCoy erschauderte, wenn er nur daran dachte – an die mörderische Kälte und die schneidenden Winde.

Doch das war nicht der Grund, warum er sich letztlich doch für die Pensionierung entschieden hatte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie er auf einem anderen Raumschiff diente oder Befehle von einem jungen Schnösel, der sich Captain nannte, entgegennahm. Es war einfach unvorstellbar, all das noch einmal von vorn durchzumachen.

Wenn er bessere Alternativen gehabt hätte, wäre seine Entscheidung vielleicht anders ausgefallen, aber es gab keine. Also stand er auf, durchquerte das Zimmer und stellte sich dem Lagercontainer wie ein Mann.

Das Ding war leer – auf erdrückende Weise leer, nur dass es für ihn noch erdrückender sein würde, wenn er es gefüllt hatte. Er blickte sich um und entdeckte ein Regal voll mit medizinischen Abhandlungen auf Magnetband, die er über die Jahre zusammengetragen hatte.

Die meisten Bänder stammten von Leuten, denen er niemals begegnet war. Nachdem er bald nichts Besseres mehr zu tun hatte, könnte er vielleicht einige von ihnen besuchen – um zu fachsimpeln und zu sehen, womit auf Planeten praktizierende Ärzte ihre Zeit verbrachten.

Er schüttelte den Kopf. Wollte er sich selbst auf den Arm nehmen? Zu diesem Zeitpunkt seines Lebens hatte er mit dem Arzt auf einem Planeten etwa genauso viel gemeinsam wie ein Romulaner mit einem Schleimwurm. Eigentlich sogar noch weniger. Die wissenschaftlichen Fragen, die diese Bänder behandelten, waren durchaus interessant, auf jeden Fall. Aber wenn die wissenschaftliche Fachsimpelei vorbei war, würde er sich nach dem Anblick der Sterne sehnen, die bei Warp drei vorbeirauschten, statt einen Rundgang durch das Labor irgendeines verkalkten Trottels zu machen.

McCoy seufzte. Na komm schon!, sagte er sich. Selbst eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einzigen ersten Schritt.

Mit absichtlicher Langsamkeit ging er zum Regal hinüber und nahm ein paar Bänder in jede Hand. Dann kehrte er zum Lagercontainer zurück und legte die Bänder hinein.

So!, dachte er. Der Anfang ist gemacht. Verdammt, vielleicht werde ich mich eines Tages fragen, warum ich nicht schon viel früher in Pension gegangen bin!

Er nickte mürrisch. Eines Tages vielleicht. Etwa dann, wenn Schweine fliegen gelernt haben.

Ein Besucher klopfte an die Tür des Hauses von Kimm Dathrabin, dem Obergouverneur des Stadtstaats Tanul auf Ssan.

»Ja?«, sagt ein Diener, als er die Tür öffnet und einen Blick auf den Besucher wirft, der ihm unbekannt ist.

»Mein Name ist Harn Baraffin«, stellt sich der Besucher vor. »Ich komme mit einer Botschaft von Pel Sarennos, dem Zweiten Gouverneur von Pitur. Ist Obergouverneur Dathrabin zu Hause?«

»Das ist er«, sagt der Diener, »aber er ist beschäftigt.«

»Es ist sehr dringend«, wirft Baraffin ein. »Es geht um Obergouverneur Cambralos.« Dann blickt er sich um und fährt in leiserem, vertraulicherem Tonfall fort: »Der Obergouverneur wurde von den Assassinen ermordet!«

Der Diener denkt über diese Neuigkeit nach. Der Grund, warum sein Herr angeordnet hat, keine Besucher empfangen zu wollen, ist der, sich vor Anschlägen der Assassinen zu schützen. Aber wenn Cambralos getötet wurde, möchte er bestimmt nähere Einzelheiten darüber hören.

»Also gut«, sagt der Diener und winkt den Abgesandten herein. »Folgen Sie mir!«

Nachdem er sorgfältig die Tür hinter ihm verschlossen hat, führt er den Besucher durch die große Vorhalle, an den zwei bewaffneten Leibwächtern vorbei und die breite, gewundene Treppe hinauf in den ersten Stock des Hauses. Sie kommen an mehreren berühmten Wandteppichen vorbei, die die Entwicklung der Herrschaft des Gesetzes in Tanul darstellen. Der Diener bringt den Besucher zur Suite des Obergouverneurs, vor deren Tür zwei weitere Wachen postiert sind.

»Alles in Ordnung«, sagt der Diener zu den Wachen. »Er ist ein Abgesandter von Pitur mit einer Botschaft.«

Die Wächter mustern den Besucher misstrauisch. Einer holt einen flachen Stab aus Plastik hervor, an dessen Ende sich ein Stück Schwamm befindet. Der Schwamm wurde so behandelt, dass er auf bestimmte Chemikalien anspricht.

»Spucken!«, sagt der Wachmann.

Der Abgesandte sammelt Speichel und lässt ihn auf den Schwamm tropfen. Dann hält der Wächter den Stab gegen das Licht. Die Farbe des Schwammes hat sich nicht verändert.

Er nickt dem Diener zu. »Sie können hineingehen«, sagt er.

Ohne weitere Diskussion öffnet der Diener die Tür und führt den Besucher hinein. Die Wände der Suite sind mit andersartigen Gobelins behangen, deren Thema eher unterhaltender als erbaulicher Natur ist. Vor tausend Jahren gehörten sie einem Sklavenhalter, der eine Vorliebe für phantasievolle junge Konkubinen hatte.

Sogar unter den gegebenen Umständen muss der Abgesandte unwillkürlich auf die Wandteppiche starren. Mit einem leisen, spöttischen Brummen geht der Diener zur anderen Seite des Raumes, wo er an eine prächtige Tür klopft.

»Ja?«, dringt die Antwort des Obergouverneurs nach draußen.

»Da ist jemand, der Sie sehen möchte«, sagt der Diener. »Er kommt aus Pitur und hat Neuigkeiten von Obergouverneur Cambralos.«

Wenige Sekunden später öffnet sich die Tür, und die massige Gestalt des Obergouverneurs erscheint im Türrahmen. Er blickt am Diener vorbei auf den Botschafter, der am anderen Ende des Raumes steht. Dann wendet er sich wieder dem Diener zu. »Wurde er überprüft?«

Der Diener nickt. »Das wurde er.«

Der Obergouverneur scheint sich etwas zu beruhigen und durchquert den Raum. »Sie haben Neuigkeiten für mich?«, fragt er.

»Obergouverneur Cambralos wurde in seinem Badezimmer ermordet«, teilt der Abgesandte mit.

Dathrabin stößt einen unterdrückten Fluch aus. »Wann?«, fragt er.

»In der letzten Nacht. Vermutlich gegen Morgengrauen.«

»Dann hat Sarennos jetzt seine Stelle eingenommen?«

»Richtig. Er hat mich beauftragt, Ihnen die Nachricht zu überbringen.«

»Ich verstehe. Wir müssen uns bald einmal treffen, Sarennos und ich. Es gab eine Reihe von … Vereinbarungen zwischen Cambralos und mir. In erster Linie Belanglosigkeiten, aber …« Er räuspert sich, als ihm bewusst wird, in wessen Gegenwart er seine Gedanken ausplaudert. »Auf jeden Fall müssen Sie ihm mitteilen, dass er sich mit mir in Verbindung setzen soll.«

»Das werde ich tun, Obergouverneur«, erwidert der Abgesandte. »Wäre das alles?«

»Ja – es sei denn, Sie hätten eine Idee, wie wir Shil Andrachis und seine Schurken loswerden können.«

Dies fasst der Diener als sein Stichwort auf. Er deutet auf die Tür und drängt den Besucher in diese Richtung. Doch kurz bevor sie sie erreicht haben, bleibt der Mann aus Pitur noch einmal stehen und blickt sich um.

»Obergouverneur?«, sagt der Abgesandte. »Da wäre noch etwas.«

»Und was wäre das?«, fragt Dathrabin.

»Das hier«, sagt der Besucher. Und bevor der Diener ein weiteres Mal Luft holen, geschweige denn eingreifen kann, hat der Botschafter den Raum durchquert, schneller als der Diener es für möglich gehalten hätte. Er springt und trifft den Obergouverneur mit der Ferse mitten auf die Stirn.

Dathrabin schwankt einen Moment lang. Dann kippt er wie ein gefällter Baum nach hinten um. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Hieb tödlich war, denn Assassinen machen keine Fehler.

Der Diener ist wie betäubt. Er kann sich nicht mehr von der Stelle rühren.

»Ich werde Sie nicht töten«, flüstert der Assassine. »Solange Sie mir keinen Anlass dazu geben.«

Der Diener setzt sich nicht zur Wehr. Immer noch reglos sieht er zu, wie der Assassine über sein Opfer steigt, um nicht mit Dathrabins Schatten in Berührung zu kommen. Dann bückt sich der Ssana und klopft mit den Fingerknöcheln gegen vier Stellen – die Stirn, das Brustbein und beide Fersen des Obergouverneurs.

Der Diener weiß, dass an diesen Stellen die Seele wohnt. Der Assassine vertreibt die letzten Reste von Dathrabins irdischem Geist.

Nachdem dies getan ist, steht der Ssana auf und nähert sich dem Fenster, wobei er im Gehen sein Gewand abschüttelt. Darunter trägt er weniger prunkvolle Kleidung – sie ist eher dazu geeignet, an der Außenwand des Gebäudes hinunterzuklettern und sich durch die Straßen zu bewegen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.

Der Diener weiß, dass dort draußen zwei Wachen postiert sind, aber der Assassine wird mühelos mit ihnen fertig werden können, vor allem da sie nicht mit einem Angriff von oben rechnen. Er könnte schreien und damit vielleicht ihre Chancen verbessern, aber er ist kein besonders mutiger Mann.

Der Assassine dreht sich noch einmal zu ihm um. »Wollen Sie es nicht wissen?«, fragt er.

Der Diener schüttelt den Kopf. »Wissen?«, krächzt er.

»Warum die Überprüfung der Wächter nichts ergeben hat«, sagt der Assassine. Er versteht das Schweigen des Dieners als Zustimmung und holt einen winzigen Beutel aus dem Mund. Er drückt den Inhalt heraus und beobachtet die Reaktion des Dieners, während etwas Flüssiges zu Boden tropft.

»Cambralos' eigener Speichel. Es war die Idee des Höchsten Assassinen. Ziemlich hintersinnig, nicht wahr?«

Er kichert, macht dann kehrt und springt ohne Zögern durch das offene Fenster.

Captain James T. Kirk starrte in das ernste, von dunklen Haaren umrahmte Gesicht auf dem vorderen Hauptbildschirm und beugte sich in seinem Kommandosessel vor. Sein Mund fühlte sich plötzlich wie ausgetrocknet an.

»Könnten Sie das bitte noch einmal wiederholen, Commodore?«, bat er.

Commodore Montoya, eine zierliche Frau mit ausgeprägten Wangenknochen und geflochtenem, rabenschwarzem Haar, nickte. »Sie sollen sich hier auf Starbase Zwölf mit mir treffen, Captain. Nach Ihrer Ankunft werde ich Sie über die Details zu Ihrer Mission informieren.«

Kirk brummte. »Das glaubte ich auch verstanden zu haben.«

Pavel Chekov wandte sich von seiner Navigationskonsole ab und warf dem Captain einen verwunderten Blick zu. Fähnrich Joe Christiano am Ruder blickte sich ebenfalls zu Kirk um. Der Captain musste Uhura gar nicht sehen, um zu wissen, dass sie genauso überrascht wie alle anderen war.

Montoya war die Reaktion auf der Brücke offenbar nicht entgangen. »Ich verstehe Ihre Verwirrung«, sagte sie zu Kirk. »Ihre letzten Befehle lauteten, zur Erde zurückzukehren, um dort wie geplant außer Dienst gestellt zu werden. Grundsätzlich hat sich daran nichts geändert. Doch da weder für Sie noch Ihre Offiziere ein dringender Anlass zur sofortigen Pensionierung besteht, möchte Starfleet, dass Sie unterwegs einen kleinen Abstecher machen.«

Der Captain nickte. »Verstanden, Commodore.« Er versuchte, seine widersprüchlichen Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, als er sich an Chekov wandte. »Setzen Sie Kurs auf Starbase Zwölf, Commander.«

»Aye-aye, Sir«, sagte der Russe, während er seine Neugier zurückdrängte und sich auf seine Aufgabe konzentrierte.

Kirk fasste wieder Montoya ins Auge. »Ist die Frage erlaubt, wohin Sie uns schicken werden?«, wollte er wissen.

»Sie werden als diplomatische Gesandte auf Alpha Gederix Vier eingesetzt, einem Planeten, der von seinen Bewohnern Ssan genannt wird«, sagte sie.

Der Captain zuckte die Schultern. Er hatte noch nie davon gehört, obwohl der Computer bestimmt die Koordinaten und einiges über den geschichtlichen Hintergrund wusste.

»Wie dem auch sei«, sagte die Frau auf dem Bildschirm, »wir sehen uns in Kürze. Montoya Ende.«

Das Bild des Commodore war kaum verblasst, als sich ein Gemurmel auf der Brücke ausbreitete. Kirk blickte sich zu seinen Offizieren um, die sofort ihre leisen Gespräche einstellten.

»Ich weiß auch nicht, warum man uns plötzlich wieder aus der Mottenkiste hervorgekramt hat«, sagte er, um die Frage zu beantworten, die sie alle beschäftigte. »Doch all jenen, die unsere Demission bedauert haben, möchte ich sagen, dass Sie sich keine großen Hoffnungen machen sollten. Wie der Commodore sagte, handelt es sich lediglich um einen kleinen Abstecher.«

Der Captain verspürte bei diesen Worten einen Stich – genauso wie vor drei Monaten, als Uhura ihnen zum ersten Mal Mitteilung von der Entscheidung gemacht hatte, die Enterprise auszumustern. Inzwischen hatte er sich einigermaßen mit ihrem Schicksal abgefunden. Er hatte sich sogar auf ihre wohlverdiente Pensionierung gefreut – auf die endlose Folge langer, fauler Tage gemeinsam mit seiner ehemaligen und jetzigen Geliebten Carol Marcus.

Doch der Gedanke an eine weitere Mission, an eine neue, unerwartete Gelegenheit, Menschen und Orte zu sehen, die er noch nie zuvor gesehen hatte, gab ihm das Gefühl einer Art poetischen Gerechtigkeit. Als wollte das Schicksal ein altes Schlachtross für treue Dienste entlohnen.

Auch wenn es sich nur um eine diplomatische Mission handelte.

Plötzlich verspürte Kirk den Drang, die Neuigkeit weiterzusagen. »Mr. Chekov«, teilte er mit, »Sie haben das Kommando.«

Und noch bevor Chekov seine Zustimmung geben konnte, war der Captain bereits auf dem Weg zum Turbolift.

»So weit ist es jetzt also gekommen«, sagt Zar Holarnis mit ungewohnt bedrückter Stimme. »Gnädige Gottheit! Wie konnten wir es zulassen, dass wieder ein Höchster Assassine an die Macht kommt?«

Holarnis, der spindeldürre Obergouverneur des Stadtstaats Larol, befindet sich in seinem Gouverneurspalast, zusammen mit seinem Zweiten und Dritten Gouverneur, seinen Beratern und seinem Sicherheitsoffizier. Jeder weiß, dass seine Frage nur rhetorisch gemeint war, so dass niemand eine Antwort darauf gibt.

»Vier Obergouverneure innerhalb eines Tages«, spricht Holarnis weiter. »Cambralos, Dathrabin, Lefarnus … und jetzt Kinshaian.«

»Als nächstes werden sie hier zuschlagen«, sagt sein Sicherheitsoffizier.

»Gnädige Gottheit!«, wiederholt Holarnis.

Und wieder sagt niemand etwas, nicht einmal sein Zweiter Gouverneur, der normalerweise ständig Ideen hat. Ein Flüstern geht durch den großen Saal, das jedoch unverständlich bleibt.

»Wir müssen unsere Verteidigung stärken«, beginnt der Sicherheitsoffizier zögernd. »Wir brauchen mehr Männer – nicht nur im Gebäude, sondern auch auf den Straßen in der Umgebung.«

Holarnis bedenkt ihn mit einem verächtlichen Schnaufen. »Glauben Sie, dass Cambralos keine Wachen hatte? Oder Lefarnus?« Er schüttelt den Kopf. »Nicht einmal die umfangreichsten Sicherheitsvorkehrungen werden Andrachis' Assassinen abhalten können.«

Der Sicherheitsoffizier runzelt die Stirn. »Was schlagen Sie also vor? Wollen Sie kapitulieren?«

Der Obergouverneur wirft ihm einen entrüsteten Blick zu. »Natürlich nicht«, sagt Holarnis. »Doch viel schlimmer als eine Kapitulation wäre es, wenn wir untätig hier herumsäßen. Ich muss mich an einen anderen Ort begeben, wo sie mich nicht finden werden.«

Der Sicherheitsoffizier brummt unzufrieden. »Jetzt? Während sie höchstwahrscheinlich den Gouverneurspalast beobachten lassen?«

»Tithranus hat recht«, sagt ein Berater auf den Einwand des Sicherheitsoffiziers hin. »Wenn sie Ihren Aufbruch bemerken, werden sie Ihnen folgen. Und dann haben Sie überhaupt keine Chance mehr.«

»Wenn ich allein aufbreche, vielleicht«, erwidert der Obergouverneur. »Wie wäre es aber, wenn sechs oder sieben Schwebewagen gleichzeitig losfliegen – alle gut bewacht, alle mit polarisierten Scheiben? Woher will Andrachis wissen, in welchem Wagen ich mich befinde?«

Alle Anwesenden blicken sich gegenseitig an. Der Dritte Gouverneur nickt. Bald darauf nicken auch die anderen – bis auf den Sicherheitschef. Doch sogar er scheint mit dieser Strategie einverstanden zu sein.

»Ein guter Plan«, bestätigt der Zweite Gouverneur.

»Ich werde alles Notwendige veranlassen«, bietet sich der Sicherheitsoffizier an.

»Haben Sie ein bestimmtes Ziel im Sinn?«, fragt ein Berater.

»Natürlich«, erwidert Holarnis. »Aber ich werde es nur Tithranus anvertrauen.«

Unruhe breitet sich am Tisch aus. In den Augen der Versammelten blitzt Misstrauen auf.

»Obergouverneur!«, sagt der Dritte Gouverneur. »Wir sind doch sicher vertrauenswürdig genug für diese Information. Wenn wir Sie brauchen …«

»Dann werden Sie mich in Kenntnis setzen, damit ich das Problem an den Obergouverneur weiterleiten kann«, entgegnet der Sicherheitsoffizier.

»Völlig richtig«, stimmt Holarnis zu. »Wenn Sie mich brauchen, wird Tithranus wissen, wo ich zu finden bin.« Er seufzt. »Glauben Sie mir, es mangelt mir nicht etwa an Vertrauen in Sie. Aber in meiner Verteidigung muss jede Schwachstelle vermieden werden.«

»Machen Sie sich um uns keine Sorgen«, beruhigt ihn der Zweite Gouverneur. »Unser Selbstbewusstsein wird es überstehen. Unsere wichtigste Sorge ist, dass Sie überleben, Obergouverneur.«

Zum ersten Mal seit dem Beginn dieser Sitzung erlaubt sich Holarnis die Andeutung eines Lächelns. »Danke, Penarthil. Mit etwas Glück werden diese Sicherheitsvorkehrungen nicht sehr lange nötig sein.«

Der Zweite Gouverneur verneigt respektvoll den Kopf. »Mit etwas Glück«, wiederholt er, doch zumindest der Obergouverneur hat den Eindruck, dass seine Worte nicht sehr optimistisch klingen.

McCoy setzte sich auf das Sofa im Vorraum seines Quartiers und hielt nachdenklich die zwei Schalenhälften einer Phornicia-Muschel in den Händen, die er gerade von ihrem angestammten Platz an der Wand genommen hatte.

Die fein strukturierten, rosafarbenen und zweifellos wunderschönen Muschelschalen sind auf Magistor Sieben – wie der Äskulapstab auf der Erde – das Symbol für die heilenden Künste. Die Magistorier behaupteten, wenn man eine Phornicia-Muschel ans Ohr hielt, konnte man die Stimmen all jener hören, denen ihre Ärzte das Leben gerettet hatten.

Unvermittelt wurde er vom Summen des Türmelders aus seinen Grübeleien gerissen. »Herein!«, rief er.

Als die Türen zischend aufglitten, wurde die vertraute Gestalt Jim Kirks sichtbar. Mit seinem typischen Lächeln trat der Captain ein.

Der Doktor lächelte ebenfalls, aber nur halbherzig. Als sein Freund den Raum durchquerte, hielt er die Muschelschalen hoch.

»Hübsch, nicht wahr?«, meinte er.

Kirk betrachtete sie und nickte. »Genauso hübsch wie die, die du mit der ersten Enterprise verloren hast.«

McCoy seufzte und senkte den Blick – der diesmal jedoch an den Muschelschalen vorbeiging. Zu seinen Füßen stand der verhängnisvolle graue Lagercontainer. Darin befanden sich bereits ein paar Magnetbänder und vor allem eine kostbare Flasche mit saurianischem Brandy. Er legte die Phornicia-Schalen in den Container und schüttelte dann den Kopf. »Packen habe ich schon immer gehasst«, brummte er.

»Pille?«, sagte Kirk.

Der Doktor blickte auf. Es war nicht zu übersehen, dass der Captain aufgeregt war – was McCoy überhaupt nicht verstand, da sie doch bald nicht nur dem Schiff, sondern auch sich gegenseitig adieu sagen mussten.

»Was gibt es?«, fragte er.

»Stell dir mal vor!«, sagte Kirk und befeuchtete seine Lippen. »Wir haben einen neuen Auftrag erhalten.«

Für McCoy klang das in etwa so, als hätte sein Freund gerade perfektes Klingonisch gesprochen. »Was …?«

Kirk lächelte wieder. »Eine Mission, Pille! Es ist noch nicht vorbei. Man will, dass wir uns noch ein letztes Mal nützlich machen.«

»Wer will das?«, fragte McCoy und stand auf.

»Commodore Montoya auf Starbase Zwölf.«

Der Doktor versuchte, diese Information zu verdauen. Doch irgendwie hatte er schwer daran zu kauen.

»Aber … warum ausgerechnet wir, Jim? Nicht dass ich einem geschenkten Gaul ins Maul sehen will, weiß Gott nicht. Ich meine, ich könnte schon noch einen letzten Triumphzug vertragen – vorausgesetzt wir landen nicht wieder an einem Ort wie Rura Penthe.«

»Du hast recht, in diesem Sektor treiben sich jede Menge Starfleet-Schiffe herum«, sagte der Captain. »Warum suchen sie sich also eins aus, das eigentlich schon ausgemustert ist?«

McCoy brummte. »Man hat dir nichts Genaueres über diese Mission verraten? Nicht einmal einen Hinweis?«

Kirk schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Nur dass wir als diplomatische Gesandte auf einem Planeten namens Alpha Gederix Vier einspringen sollen. Die Bewohner nennen ihn allerdings … Pille, stimmt was nicht?«

McCoys Gesicht war kreideweiß geworden. Sein Adamsapfel schob sich langsam die Kehle hinauf und senkte sich dann herab wie der Hammerschlag des Schicksals.

»Ssan«, sagte er. Seine Stimme war plötzlich voller Verbitterung. »Sie selbst nennen ihn Ssan.«

Kirk runzelte die Stirn. »Du warst schon einmal dort?«

»Darauf kannst du Gift nehmen!«, erwiderte der Doktor. Plötzlich erkannte er, wie alle Teile des Puzzles zusammenpassten, doch das Bild, das sie ergaben, gefiel ihm überhaupt nicht.

»Ich glaube, ich weiß, warum man uns für diese Mission ausgesucht hat, Jim. Weil sie jemanden brauchen, der Erfahrungen mit den Ssana hat … jemand, der immer noch eine Starfleet-Uniform trägt. Und ich bin einer der ganz wenigen Offiziere in der Föderation, auf den diese Anforderungen zutreffen.«

»Ich verstehe«, erwiderte der Captain. »Also bist du es, bei dem wir uns für diesen Auftrag bedanken müssen«, stellte er fest. Es gelang ihm offenbar nicht ganz, die unerwartet ernste Situation zu überspielen.

»Scheint so«, stimmte der Doktor zu.

Er atmete tief durch, während ihn Erinnerungen bestürmten, die er lange Zeit zu vergessen versucht hatte. Er schluckte ein zweites Mal, als die Bilder ihn zu überwältigen drohten.

»Ich fürchte«, sagte McCoy, »deine Dankbarkeit wird sich schon bald in Grenzen halten.«

In der Hauptstadt des Stadtstaats Larol steht der Ssana namens Shil Andrachis auf dem Marktplatz und gibt vor, sich für eine wassergefüllte Schale mit Keimlingen zu interessieren. Doch in Wirklichkeit beobachtet er das Gebäude auf der anderen Straßenseite.

Bei dem Gebäude handelt es sich um den Gouverneurspalast, die Residenz des Obergouverneurs Holarnis. Mittlerweile müsste Holarnis von den Anschlägen auf seine Kollegen in den anderen Stadtstaaten gehört haben. Höchstwahrscheinlich tüftelt er jetzt Pläne aus, die sein Überleben sichern sollen.

Es ist Andrachis' Aufgabe, Holarnis' Pläne zu vereiteln. Er schwört, dass er diese Aufgabe erfolgreich erledigen wird.

Kapitel 2

»Der arme Kerl«, keuchte McCoy. Er verzog das Gesicht, als er das verbeulte und verkohlte Wrack von Obergouverneur Holarnis' Schwebewagen auf dem kleinen Monitor im Zentrum des Besprechungstisches sah. Als er sich näher herabbeugte, sah er rote Blutspritzer auf den Scherben eines zerschmetterten Fensters, doch ansonsten gab es kein Anzeichen, dass sich einmal etwas Lebendes innerhalb der verrußten Metallmasse aufgehalten hatte.

»Er hatte überhaupt keine Chance«, fügte McCoy hinzu.

»Wie Sie vielleicht wissen«, sagte Commodore Montoya, »war eben das die Absicht. Diese Assassinen gehen ziemlich gründlich vor.«

Montoya saß am anderen Ende des Tisches hinter dem Monitor. Für sie bestand kein Grund, sich die Bilder noch einmal anzusehen, sie hatte zweifellos zur Genüge Gelegenheit dazu gehabt.

Jim Kirk, der unmittelbar rechts von McCoy saß, brummte zustimmend. »Ziemlich gründlich. Und Sie sagen, dass alle sieben Schwebewagen, die an jenem Tag losgeschickt wurden, das gleiche Schicksal erlitten?«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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