Star Wars. Das Verhängnis der Jedi-Ritter 7. Verurteilung - Aaron Allston - E-Book

Star Wars. Das Verhängnis der Jedi-Ritter 7. Verurteilung E-Book

Aaron Allston

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Beschreibung

Ein gefährlicher Pakt mit der Dunkelheit

Der Jedi-Meister Luke Skywalker und sein Sohn Ben sind ein unsicheres Bündnis mit den Sith eingegangen, das Luke plötzlich beendet. Die beiden Jedi fliehen gemeinsam mit einer jungen Sith, obwohl Skywalker ihr nicht traut. Auf Nam Chorios hoffen sie, das Wesen, das die gesamte Galaxis bedroht, zu stellen. Doch die Sith sind ihnen auf den Fersen. In höchster Not ruft Luke den Jedi-Orden zu Hilfe. Aber hat dieser überhaupt noch die Macht, Luke Skywalker beizustehen?

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Aaron Allston

VERURTEILUNG

Das Verhängnis der Jedi-Ritter 7

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™ Fate of the Jedi 07«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Dezember 2011

bei Blanvalet, einem Unternehmen der

Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © 2011 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2011 by

Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: bürosüd°, München

Cover Art Copyright © 2011 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Ian Keltie based on a photo by Michael Frost

Redaktion: Marc Winter

HK · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07749-5

www.blanvalet.de

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Dramatis Personae

LUKE SKYWALKER; Jedi-Großmeister (Mensch)

BEN SKYWALKER; Jedi-Ritter (Mensch)

VESTARA KHAI; Sith-Novizin (Mensch)

LEIA ORGANA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)

HAN SOLO; Captain des Millennium Falken (Mensch)

ALLANA SOLO; junges Mädchen (Mensch)

TAHIRI VEILA; Angeklagte (Mensch)

NATASI DAALA; Staatschefin der Galaktischen Allianz (Mensch)

JAINA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)

WYNN DORVAN; Regierungsassistent (Mensch)

VALIN HORN; Jedi-Ritter (Mensch)

JYSELLA HORN; Jedi-Ritterin (Mensch)

CORRAN HORN; Jedi-Meister (Mensch)

DRIKL LECERSEN; Moff (Mensch)

HAYDNAT TREEN; Senatorin (Mensch)

SEHA DORVALD; Jedi-Ritterin (Mensch)

1. Kapitel

KRANKENSTATIONSEBENE, JEDI-TEMPEL, CORUSCANT

Die Vitaldatenanzeige am Karbonitblock flackerte und wurde dann dunkel, um kundzutun, dass der junge Mann – Valin Horn, Jedi-Ritter –, der soeben nach einer längeren Tiefschlafphase aufgetaut wurde, tot war.

Meisterin Cilghal, die herausragendste Medizinerin des Jedi-Ordens, fühlte, wie ein plötzlicher Ruck der Sorge durch die Macht brandete. Sie selbst empfand keinerlei Besorgnis. Das Gefühl war die natürliche Reaktion all jener, die sich versammelt hatten, um mitzuerleben, wie Valin und seine Schwester Jysella nach einem ungerechten und ungerechtfertigten Schuldspruch aus ihrem Gefängnis befreit wurden – einem Schuldspruch, der nicht von einem Gericht, sondern von der Staatschefin der Galaktischen Allianz, Daala, höchstselbst verhängt worden war. Waren sie, die mit ansehen wollten, wie diese Jedi-Ritter endlich befreit wurden, nur gekommen, um stattdessen Zeugen einer Tragödie werden zu müssen?

Doch was Cilghal nicht in der Macht spürte, war das plötzliche Erlöschen eines Lebens. Valin war immer noch hier, eine schwächere, aber unversehrt wirkende Präsenz in der Macht.

Sie winkte den Versammelten in einer beschwichtigenden Geste zu. »Nur die Ruhe.« Sie brauchte nicht auf ihre Machtfähigkeiten zurückzugreifen, um den Worten Nachdruck zu verleihen. Die meisten Anwesenden waren Jedi-Meister und Jedi-Ritter, die ihre Autorität respektierten. Keiner von ihnen geriet leicht in Panik, nicht einmal das kleine Mädchen neben Han und Leia.

Cilghal, die zusammen mit ihrer Assistentin Tekli zwischen den Schwebetragen von Valin und Jysella stand, konzentrierte sich auf den jungen Mann, der zu ihrer Rechten lag. Auf seinem Körper glänzten Reste dunkler Flüssigkeit: alles, was von dem geschmolzenen Karbonit noch übrig war, das ihn gefangen gehalten hatte. Er lag tatsächlich so reglos da wie ein Toter. Cilghal drückte ihre große, mit Schwimmhäuten bewehrte Hand gegen seinen Hals, um den Puls zu überprüfen. Sie fand ihn: schwach, aber regelmäßig.

Wieder flackerte das Anzeigefeld und erwachte dann unvermittelt und voller Wucht mit all seinen Farben zum Leben. Auf dem Pulsmonitor zuckte Valins Herzschlag, und der Enzephaloscanner begann flatternd, Valins Hirnaktivitäten zu messen.

Tekli, eine Chadra-Fan, deren zierliche Größe und glänzendes Fell ihr eher das Aussehen eines Plüschspielzeugs denn einer erfahrenen Jedi-Ritterin und Ärztin verlieh, wandte sich von Valins Trage ab und der daneben zu. Darauf lag Jysella Horn, von zierlicher Statur, und auch auf ihrem Leib glänzten noch nicht verdampfte Karbonitrückstände. Tekli legte ihr eine Hand auf die Stirn und presste die Finger der anderen Hand gegen Jysellas Handgelenk.

Cilghal nickte. Computeranzeigen konnten versagen, doch das Machtempfinden einer ausgebildeten Jedi nicht, zumindest nicht unter diesen Umständen.

Tekli warf Cilghal einen Blick zu und schenkte ihr ein knappes Nicken. Alles in Ordnung.

Der Pulsschlag unter Cilghals Hand wurde nun stärker und schneller. Ebenfalls gut, ebenfalls normal.

Cilghal ging ums Kopfende der Trage herum und blieb auf der anderen Seite stehen, einen Schritt von Valin entfernt. Wenn er aufwachte, würde sein Blickfeld getrübt sein – und möglicherweise auch sein Urteilsvermögen. Er könnte falsche Schlüsse ziehen, wenn beim Erwachen eine große Gestalt über ihm aufragte, die ihn am Hals gepackt hielt. Ein plötzlicher Gewaltausbruch konnte die Folge sein.

Sie suchte die Aufmerksamkeit von Corran und Mirax, den Eltern der beiden Patienten. »Das war lediglich ein elektronischer Störimpuls.« Cilghal versuchte, die Stimme beruhigend klingen zu lassen, auch wenn ihr klar war, dass ihre Bemühungen vermutlich keine Früchte tragen würden. Die Stimmen von Mon Calamari, die von der Statur her deutlich größer als Menschen waren, passten zu ebendieser und waren nachhallend und rau – eine evolutionäre Anpassung, die es ihnen erlaubte, in ihrer ursprünglichen Unterwasserumgebung über größere Entfernungen hinweg gehört zu werden. Unglücklicherweise neigten sie dazu, für menschliche Ohren schroff und sogar bedrohlich zu wirken. Aber sie musste es versuchen. »Es geht ihnen gut.«

Corran, der grüne Jedi-Gewänder trug, die zu seiner Augenfarbe passten, stieß ein erleichtertes Seufzen aus. Seine Frau, Mirax, die einen modischen einteiligen Hosenanzug in Schwarz- und Blautönen trug, lächelte unsicher, als sie fragte: »Was hat die Störung verursacht?«

Cilghal bedachte sie mit einem menschenartigen Schulterzucken. »Ich lasse die Monitore überprüfen, sobald eure Kinder als stabil eingestuft wurden. Ich vermute, dass diese Monitore weder getestet noch in Betrieb waren, seit Valin und Jysella eingefroren wurden.« Doch das war nichts weiter als eine gut vorgetragene Lüge, um das seltsame Verhalten der Geräte als bedeutungslos abzutun.

Valin regte sich. Cilghal blickte auf ihn herab. Die Augen des Jedi-Ritters öffneten sich flatternd und versuchten, sich auf sie zu fokussieren, was ihnen jedoch Schwierigkeiten zu bereiten schien.

Cilghal schaute auf ihn hinunter. »Valin? Kannst du mich hören?«

»Ich … Ich …« Valins Stimme war schwach, dünn.

»Sprich nicht. Nicke einfach.«

Das tat er.

»Du wurdest …«

Sie wurde von einer geflüsterten Mitteilung von Tekli unterbrochen: »Jysella ist wach.«

Cilghal änderte ihre Position, sodass sie sich an beide Geschwister wenden konnte. »Ihr wart eine Zeit lang in Karbonit eingeschlossen. Euch ist kalt, ihr fühlt euch zittrig, und ihr seid desorientiert. Das alles ist normal. Ihr seid unter Freunden. Versteht ihr, was ich sage?«

Wieder nickte Valin. Jysellas »Ja« war leise, aber kräftiger und kontrollierter, als Cilghal erwartet hatte.

»Eure Eltern sind hier. Ihr dürft gleich mit ihnen reden. Die Solos sind ebenfalls zugegen.« Und die kleine Amelia und ihr Haustier Anji, die beide riechen, als hätten sie sich in seit einer Woche vor sich hin faulenden Meeresfrüchteresten gewälzt. Cilghal schaute geflissentlich über diesen Umstand hinweg. Eigentlich hätte man das Kind gründlich desinfizieren müssen, bevor man ihm den Zutritt zu dieser Kammer gestattete. Und wo ihr das gerade durch den Kopf ging, fiel ihr auf, dass Barv ebenfalls stank. Wo in diesem sauberen, asketischen Tempel konnten ein Mädchen und ein Jedi-Ritter nur hingehen, um am Ende so zu riechen?

Sie schob die Frage beiseite. »Bazel Warv ist hier, und Yaqeel Saav’etu, eure Freunde. Sie können euch viele Fragen über ein Leiden beantworten, das euch beide unmittelbar vor eurem Einfrieren befallen hatte.«

Jysella schaute sich um. Sie hob kaum den Kopf, als ihre Aufmerksamkeit über die Gesichter ihrer Freunde und Verwandten schweifte, und dann sah sie Valin an. Er musste ihr Interesse gespürt haben und erwiderte den Blick. Zwischen ihnen wechselte ein Gedanke, von jener Art unausgesprochener Kommunikation, die bloß Geschwister verstehen. Dann entspannten sich die beiden.

Jysella sah wieder ihre Eltern an. »Mom?«

Auf Cilghals Nicken hin kamen Mirax und Corran nach vorn, um sich in den Spalt zwischen den Schwebetragen zu drängen. Tekli machte ihnen Platz, ging um das Kopfende von Valins Bett herum und gesellte sich zu Cilghal. Sie reckte ihren Hals, um zu der Mon Cal aufzusehen. »Alle Vitalzeichen sind gut.«

Cilghal nickte. Sie wandte sich an die anderen im Raum. »Ich bitte alle bis auf die nächsten Familienangehörigen, sich in den Wartebereich zurückzuziehen.«

Und so verließen sie die Kammer, nachdem sie die Geschwister mit ermutigenden, warmen Worten wieder in ihrer Mitte willkommen geheißen hatten.

Innerhalb weniger Augenblicke blieben bloß die Horns und die Mediziner bei Valin und Jysella zurück. Cilghal ging einige Schritte zur Schwesternstation und zur dort befindlichen Anordnung von Überwachungsschirmen hinüber, um einen Blick auf die umfangreicheren Anzeigedaten zu werfen … oder zumindest so zu tun. Tekli fand einen Duftspender und versprühte seinen sauber riechenden Inhalt überall in der Kammer, um die Überbleibsel von Amelias, Anjis und Barvs kürzlicher Anwesenheit zu vertreiben. Dann gesellte sie sich wieder zu ihrer Vorgesetzten.

Sofern Cilghals Prognosen korrekt waren, würden Valin und Jysella jeden Moment wieder gänzlich bei Bewusstsein und im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sein, falls das noch nicht der Fall war. Und falls der Irrsinn, der dazu geführt hatte, dass sie zum Einfrieren in Karbonit verurteilt worden waren, noch immer Wirkung zeigte, würden sie in wenigen Sekunden anklagend ihre Stimmen erheben: Was habt ihr mit meiner echten Mutter, mit meinem echten Vater gemacht?

Das war der Wahnsinn, der sie befallen gehabt hatte, die von der Dunklen Seite hervorgerufene Manifestation ihrer Verbindung zu einem Monster, das als Abeloth bekannt war. Allerdings war Abeloths Macht über die »verrückten Jedi« unlängst gebrochen worden. Sie waren alle wieder normal geworden – alle, bis auf die jungen Horns, deren Erholung durch ihren eingefrorenen Zustand hinausgezögert worden war.

Valins Stimme war zu einer Beschwerde erhoben, doch er klagte sie nicht des Verrats und der Täuschung an. »Ich kann nicht aufhören zu zittern.«

»Das ist normal.« Sein Vater klang zuversichtlich. »Han hat vor Jahren dasselbe durchgemacht. Er sagte, es habe eine ganze Weile gedauert, sich aufzuwärmen. Allerdings strahlt diese Trage eine Menge Wärme aus. Im Handumdrehen ist euch wieder warm genug.« Er runzelte die Stirn. »Er sagte auch, dass sein Augenlicht unmittelbar nach dem Erwachen weg war. Wie kommt es, dass ihr so gut seht?«

»Tun wir gar nicht.« Das war Jysella, die ihre Arme über sich erhob, um sich zu strecken – ein Versuch, der sie vor Muskelschmerzen zusammenzucken ließ. »Ich sehe größtenteils mit der Macht.«

Valin nickte. »Ich auch.«

Cilghal und Tekli wechselten einen Blick. Das war eine Erleichterung. Die Unterhaltung war müßiges Geplauder und würde sich in Sekunden in minutenlange Diskussionen darüber verwandeln, was geschehen war und wer was getan hatte, während Valin und Jysella schliefen. Alles war in Ordnung.

Es sei denn … Cilghal musste noch einen letzten Test durchführen.

Sie hob ihre Stimme, um die Aufmerksamkeit aller Horns auf sich zu lenken. »Entschuldigt bitte! Ich muss euch unterbrechen. Wir müssen die Monitore einige Minuten lang mit kontinuierlichen Daten füttern, und dieses ganze Gerede stört dabei. Ich muss euch zwei bitten, für eine Weile hinauszugehen.«

Mirax warf ihr einen gereizten Blick zu. »Nach all der Zeit, die wir darauf gewartet haben, dass …«

Tekli hielt eine Hand hoch, um ihr zuvorzukommen. »Nach all der Zeit könnt ihr es euch erlauben, gemeinsam einige Minuten stiller Erleichterung zu teilen.« Sie vollführte eine scheuchende Handbewegung. »Hinaus!«

Widerwillig zogen sich die älteren Horns zurück. Sie würden sich zu den anderen im Warteraum gesellen.

Cilghal holte zwei Wärmedecken aus einem Schrank. Sie trat zu den Tragen und breitete eine Decke über jeden Patienten aus. »Tekli und ich müssen einige Berichte über eure Genesung anfertigen. Josat wird in einem Augenblick hier sein – ah, da ist er ja.« Wie aufs Stichwort – und es war tatsächlich aufs Stichwort – betrat ein jugendlicher Jedi-Schüler die Kammer, fröhlich und aufreizend energiegeladen. Rothaarig und mit dem überaktiven Stoffwechsel eines Teenagers schenkte er Cilghal und Tekli ein gerade noch hinnehmbares, respektvolles Nicken und ging sogleich zum Monitor bei der Schwesternstation hinüber, um sich mit den Vitaldaten seiner beiden Patienten vertraut zu machen.

Cilghal rückte Jysellas Decke zurecht. »Falls ihr irgendetwas braucht, wird Josat es euch bringen, und wenn er nicht hier ist, ruft einfach ›Schwester!‹, und der Kom-Router verbindet euch mit der Stationsschwester.«

Jysella warf einen Blick zu ihrem Bruder hinüber. »Ich wurde gerade von einem großen Fisch verschlungen.«

Er lächelte, und als er sprach, lag Erheiterung in seiner Stimme. »Vielleicht hast du Halluzinationen.«

Das Wartezimmer war ein länglicher Raum mit Pflanzen von einem Dutzend verschiedener Welten und einem Brunnen an der Längsseite, der so geformt war, dass er einem Wasserfall auf dem vor langer Zeit zerstörten Planeten Alderaan ähnelte. Die Luft hier war frischer als in den Krankenstationskammern, roch nach dem Sauerstoff der Pflanzen, nach der Gischt des Wasserfalls …

In einigen Belangen frischer, in anderen weniger. Leia wandte sich an Allana und verschränkte die Arme. »Liebling …«

»Ich weiß, ich weiß.« Das Mädchen klang nicht im Geringsten kindlich, doch sie drückte ihr Nexu-Haustier an sich, als bräuchte sie Bestärkung. »Wir müffeln.«

»Wo seid ihr da hineingeraten?«

Allanas Schulterzucken wirkte verschlossen. »Keine Ahnung.«

Leia sah Barv an, doch der ramoanische Jedi-Ritter, groß und grün und mit grimmigen Stoßzähnen, wich ihrem Blick aus.

Nun, natürlich wollte er ihr nicht erklären, was passiert war. Ihm war die Aufgabe anvertraut worden, auf Allana aufzupassen, und es war ihm nicht gelungen, sie von irgendwelchem Unfug abzuhalten. Dies war genau die Art demütigender Erfahrung, die junge Jedi von Zeit zu Zeit brauchten.

Han schaltete sich in das Gespräch ein, doch seine Aufmerksamkeit galt seiner Frau, nicht seiner Enkeltochter. »Müllpresse 3263827.«

Leia sah ihn mit finsterer Miene an. »Ach, sei still!«

Han grinste, und in seiner Miene lag ein Anflug von Spott. Seine Aufmerksamkeit wechselte zu Allana. »Süße, ich kann mich noch gut daran erinnern, als deine Omi ganz genauso roch. Und im Gegensatz zu dir war sie außerdem auch noch ungehobelt und undankbar.«

»Han …«

»Geh und wasch dich! Verpass Anji eine Sanidusche, wenn du kannst, während deine Omi und ich über die Unmöglichkeit diskutieren, Kinder – oder jugendliche Prinzessinnen – dauerhaft sauber zu halten.«

»Ja, Opi.« Allana trollte sich, solange sie noch konnte. Sie brauchte nicht zurückzuschauen, um den finsteren Blick auszumachen, den Leia Han zuwarf.

Cilghal und Tekli gingen auf ein Büro am anderen Ende des Korridors zu, an dem das Zimmer der Horns lag, ganz in der Nähe des Wartezimmers.

In Gedanken ging Cilghal Josats Programmablauf durch. Im Augenblick hantierte er, vor sich hin summend, in der Kammer der Horns herum, während er Valin und Jysella ermahnte, sich nicht zu bewegen oder zu sprechen – um diese Analyse durchführen zu können, erforderten die Sensoren Regungslosigkeit –, doch glücklicherweise durfte er reden, da es für ihn praktisch unmöglich war, mal den Mund zu halten, wie seine Familie beklagte …

Tekli unterbrach die Holosendung in Cilghals Kopf. »Also, was hat die Störung des Karbonitmonitors verursacht?«

»Vielleicht das, was ich gesagt habe. Vielleicht war es aber auch ein kurzes Aufflackern jener Gabe, die Valin entwickelt hatte, als er verrückt wurde.«

»Die, mit der er den Enzephaloscan unbrauchbar gemacht hat?«

»Ja. Vermutlich hat er die Technik eingesetzt, als er noch eingefroren war. Das Versagen der Sensoren wäre dann so etwas wie das letzte Nachwirken dieser Fähigkeit gewesen.«

»Hmm.« Tekli erwiderte nichts darauf. Das brauchte sie nicht: Cilghal wusste auch so, was sie dachte. Das potenzielle Beibehalten dieser Scanner-Löschfähigkeit war natürlich kein Hinweis darauf, dass Valin weiterhin vom Irrsinn befallen war, aber keine der beiden Medizinerinnen mochte Rätsel.

Als die beiden ihr Büro betraten, zeigte der Hauptmonitor an der Wand bereits das Bild einer versteckten Holokamera im Zimmer der Horns. Sie konnten sehen, dass Josat tatsächlich emsig zwischen den Schränken umhereilte und ein Tablett voller Getränke, Arzneibehälter, Blutprobenröhrchen und Tupfer zusammenstellte.

Tekli seufzte. »So weit, so gut.«

Cilghal stieß ein unverbindliches Grummeln aus. »Die Zeit wird es zeigen.«

Josat ging zu Valin und dann zu Jysella und bot ihnen etwas zu trinken an. Seine aus den Monitorlautsprechern dringende Stimme klang spröde. »Wir haben euch das Zimmer gegeben, das am weitesten von den Turbolifts, den Büros und dem Warteraum entfernt liegt. Hier ist es viel ruhiger. Falls es jedoch einen Notfall gibt, ist es sicherer, sich zur Treppe zu begeben, anstatt zu den Turbolifts. Die Treppe ist gleich nebenan. Geht nach links, wenn ihr diese Kammer verlasst. Es ist die Tür direkt voraus – die kann man selbst in völliger Dunkelheit nicht verfehlen. Das könnte sich als wichtig erweisen. Früher habe ich solchen Dingen nie irgendwelche Aufmerksamkeit geschenkt, aber seit ich angefangen habe, Krankenpfleger zu lernen, muss ich diese Dinge wissen. Jedi Tekli würde mich Runden laufen lassen, wenn ich nicht wüsste, wo sich die Notausgänge all meiner Stationen befinden. Haben eure Meister euch auch immer Leibesübungen aufgebrummt, wenn ihr irgendwas vermasselt habt? Antwortet nicht! Die Sensoren brauchen Ruhe.«

Cilghal blinzelte erfreut. »Das hat er ihnen sehr gut untergejubelt.«

»Das mit der Bestrafung?«

»Das mit den Treppen.«

»Ich weiß.«

Cilghal seufzte. »Mammalianischer Humor. Absichtliche Missdeutung.«

»Neigt dazu, einen Meister in den Wahnsinn zu treiben, nicht wahr?«

Jetzt stand Josat neben Valins Trage. Sein Lichtschwert schwang am Gürtel, in Valins müheloser Reichweite. Der Schüler musterte einen der Wandmonitore. »Eure Analyse macht nur langsam Fortschritte. Aber das spielt keine Rolle. Niemand wird herkommen und euch stören, bis die Untersuchung abgeschlossen ist. Was mindestens noch eine halbe Stunde dauert, schätze ich.«

Cilghal nickte. »Der letzte Köder. Er ist wirklich ein guter Schauspieler.« Unter idealen Umständen hätten Valin oder Jysella in der Macht vielleicht einen Anflug von Schwindel ausgemacht, der von Josat ausging, doch jetzt, noch immer ein bisschen unter den Nachwirkungen des Karbonitschlafs leidend, war das eher unwahrscheinlich.

Allerdings waren ihnen zweifellos die vier wichtigen Einzelheiten nicht entgangen, die Josat ihnen gerade so geschickt vermittelt hatte. Erstens: Sie waren in einem Raum am Ende des Korridors, weit weg von den meisten Besuchern und dem medizinischen Personal. Zweitens: Sie befanden sich neben einer Treppe, die es ihnen ermöglichte, zu jeder Ebene des Tempels zu gelangen, ohne auf viel benutzte Turbolifts zurückgreifen zu müssen. Drittens: Ihnen blieb eine halbe Stunde Zeit, bevor ihre Abwesenheit bemerkt werden würde. Und viertens: Sie hatten leichten Zugriff auf ein Lichtschwert.

Wenn sie nach wie vor geistig verwirrt waren und diesen Umstand lediglich verschleierten, konnten sie diesem Köder dann widerstehen?

Doch keiner der beiden Horns griff nach dem Lichtschwert.

Hätten sie das getan – nun, dann wäre das nicht allzu tragisch gewesen. Das Lichtschwert ließ sich nicht einschalten. Wenn man es aktivierte oder Cilghal und Tekli an den Komlinks, die sie bei sich trugen, einen Knopf drückten, würde das präparierte Lichtschwert ein starkes Betäubungsgas freisetzen. Die Horns würden ohne den Einsatz von Gewalt zu Boden gehen, ohne auch nur den Korridor erreicht zu haben. Dann würde Josat zwar ebenfalls bewusstlos werden, aber das wäre für ihn immer noch weniger problematisch, als von zwei erfahrenen Jedi-Rittern aufgemischt zu werden.

Doch offensichtlich hatten sie nicht die Absicht zu fliehen. Was bedeutete, dass sie ebenfalls wieder normal waren. Geheilt.

Valin hatte nichts anderes als Wärme und Erleichterung von seinen Eltern aufgefangen …

Von dem Mann und der Frau, die sich als seine Eltern maskiert hatten.

Während er Josats endlosem, unerträglichem Gefasel lauschte, zwang Valin sich, ruhig zu bleiben. Es bestand die Gefahr, dass jegliche Drangsal, die er empfand, durch die Macht ein Zeichen an seine Geiselnehmer sandte, einen Hinweis darauf, dass ihr Schwindel entdeckt worden war.

Und vielleicht, nur vielleicht, wussten der Mann und die Frau, die die Gesichter von Corran und Mirax Horn trugen, womöglich nicht einmal selbst, dass sie nicht die waren, für die sie sich ausgaben.

Was für ein grässlicher Gedanke. Möglicherweise waren sie Klone, denen Erinnerungen implantiert worden waren, die sie dazu brachten, von ganzem Herzen zu glauben, dass sie der wahre Corran und die wahre Mirax waren. Was würde aus ihnen werden, wenn die Wahrheit als Licht kam? Würden ihre verborgenen Meister, die bei alldem hier die Fäden zogen, sie töten? Hatte man ihnen vielleicht bereits strategisch wirksam platzierte Sprengsätze eingepflanzt, die ihrem Leben ein Ende bereiten würden, wenn sie nicht mehr länger von Nutzen waren?

Valin verdrängte diesen Gedanken, schob ihn beiseite.

Wieder kam Josat näher, plapperte über seine Ausbildung, über Politik, über die beste Feuchtwischtechnik für Schüler, denen aufgetragen worden war, die Tempelkorridore zu säubern. Wieder schwang sein Lichtschwert einladend in Valins unmittelbarer Reichweite.

Aber nein. Er und Jysella mussten viel mehr wissen als jetzt, wenn sie einen erfolgreichen Fluchtversuch unternehmen wollten. Sie mussten ausgeruht, informiert und irgendwo anders als tief in diesem von Feinden beherrschten Jedi-Tempel sein, bevor sie zuschlagen konnten.

Also sah er seine Schwester an und schenkte ihr ein Lächeln voller Zuversicht. Zumindest dieses Gefühl war echt. Im gesamten Universum war Jysella die einzige Person, von der er wusste, dass sie sie selbst war. Das wusste er seit dem Moment, als sie beide ihre Machtsinne nacheinander ausgestreckt hatten. Benommen, kaum bei Bewusstsein, voller Furcht davor, worauf sie stoßen würden, waren sie dennoch miteinander in Verbindung getreten, und sie wussten, dass sie nicht allein waren.

Sie erwiderte sein Lächeln, eine Geste, die er mehr spürte als sah.

Sie hatten einander, und fürs Erste genügte das.

2. Kapitel

MELIFLAR-STATION, MENDENBATT-SYSTEM, NAHE ALMANIA

Bei maximaler Vergrößerung zeigten die Sensoren der Jadeschatten die ferne Raumstation als kleine, unregelmäßige Ansammlung von Kapseln und Baumodulen, eine Ad-hoc-Konstruktion, wie man sie überall in der Galaxis kannte, wo sich hart arbeitende Raumfahrer mit weit weniger als den neuesten, schillerndsten Schiffen und Habitatskomponenten zufriedengeben mussten.

Ben Skywalker auf dem Pilotensessel richtete sich auf, nachdem er eingehend den Hauptdatenmonitor in Augenschein genommen hatte. Am Hals und auf den Wangen zeichnete sich immer noch schwach das breite Zickzackmuster ab, das Lord Taalons Machtnetz erst vor Kurzem in seine Haut geschnitten hatte. Er sah zu seinem Vater hinüber, der an der Navigationskonsole saß. »Das, ähm, gibt nicht allzu viel her. Und in der Datenbank der Jadeschatten findet sich ebenfalls nichts.« Er zuckte die Schultern. »Ich tippe auf Piraten oder Schmuggler.«

Luke nickte, mit den Gedanken woanders. Er konnte die Raumstation voraus fühlen, sowohl als kleinen Impuls gewöhnlicher Machtenergie, der darauf hinwies, dass sich Lebewesen an Bord befanden, als auch als eigenständiges Gefühl, als schwachen, aber ausgeprägten Eindruck von Energie der Dunklen Seite, beunruhigend und trügerisch.

Was mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit bedeutete, dass sich ihre Beute ebenfalls hier aufhielt. Die Dathomiri-Blutfährte, die er zwischen sich und Abeloth hergestellt hatte, hatte ihn hierhergeführt – aber die Spur war schwach, verworren. Dieser Impuls von Energie der Dunklen Seite war ermutigend.

»Sie ist hier.« Momentan belegte Vestara Khai den Kopilotensitz mit Beschlag. Wie immer vermochte Ben nicht zu sagen, ob sie leicht lächelte oder ob dieser Eindruck lediglich durch die kleine, geschwungene Narbe in ihrem Mundwinkel entstand. Er entschied, dass es diesmal vermutlich bloß an der Narbe lag. Ihre ganze Aufmerksamkeit war nach vorn gerichtet.

Luke sah sie an. »Hast du irgendeinen besonderen Grund dafür zu glauben, dass sie tatsächlich dort ist?«

Vestara schüttelte den Kopf. »Bloß Formen und Schatten in der Macht. Ich kann beinahe sehen, wie sie und Schiff hier eingetroffen sind.«

»Beinahe.« Mit diesem einzelnen Wort bedachte Luke sie mit einem milden Tadel, um die junge Machtnutzerin davor zu warnen, nicht zu viele Mutmaßungen anzustellen. Andererseits war sie für die Dunkle Seite wesentlich empfänglicher als Luke oder Ben. Vielleicht war sie imstande, darin Muster zu erkennen, die Angehörigen der Hellen Seite verborgen blieben.

Er rutschte auf den hinteren Sitz und verspürte eine Woge der Erleichterung. Eine Knieverletzung, die er auf Almania erlitten hatte, plagte ihn. Zu erpicht darauf, Abeloth zu verfolgen, um eine Bacta-Behandlung abzuwarten, war er jetzt gezwungen, sich mit einem Bein umherzubewegen, das verletzt, bandagiert und mit Arzneimitteln betäubt war.

Er wandte die Aufmerksamkeit wieder seinem Sohn zu. »Aktivier ein Transpondersignal, eins aus den alternativen Identitätspaketen deiner Mutter, ganz unten von der Liste. Ein Schmugglersignal. Flieg dann näher ran und erbitte Andockinstruktionen.«

»Ja, Sir.«

Einmal mehr sah er sich darin bestärkt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, nach Maras Tod so wenig an Bord der Jadeschatten zu verändern. Auf diesem Schiff fühlte er sich ihr nahe, trotz der Traurigkeit, die die vielen Erinnerungen an sie manchmal hervorrief, und es bestand kein Zweifel daran, dass sich einiges von ihrer Ausrüstung und ihren Werkzeugen irgendwann als ziemlich nützlich erweisen würde. Mara war eine einfallsreiche Frau gewesen.

Ben aktivierte die Sublichttriebwerke und setzte zu einem geschmeidigen, langsamen Anflug auf die Station an. Mit einem Knopfdruck startete er die Übertragung und machte Luke und Vestara mit allen nötigen Informationen vertraut. »Wir sind die Schwarzes Diadem, eine Kurieryacht, die einem hapanischen Adeligen gehört, der der Piraterie und der Schmuggelei verdächtigt wird.« Was nichts Ungewöhnliches war, da viele hapanische Männer die Freiheit, die ihre Kultur ihnen daheim vorenthielt, in den eher gesetzeswidrigen Raumfahrtgewerben suchten.

Bens Kom-Anzeige piepte, und Text rauschte über den Bildschirm. Er warf einen Blick darauf. »Wir haben Andockfreigabe für Spiere drei, Modul elf. Sie fordern unser Ladungsverzeichnis an.«

Luke lächelte ihm verhalten zu. »Übermittle ihnen ›drei Besatzungsmitglieder, Kampf- und Verteidigungsfähigkeit‹.«

Ben wirkte enttäuscht. »Und das ist nicht einmal gelogen.«

»Manchmal muss ein Jedi auch mit der Enttäuschung leben, die Wahrheit sagen zu müssen.«

Ben dockte mit der Yacht geschickt an der ausgefahrenen Einstiegsröhre an, die aus einem uralten KTW-Tiefenraum-Lagerhausmodul hervorragte. Luke stand neben der Luftschleuse, überprüfte und bestätigte die Druckversiegelung der Einstiegsröhre, warf einen raschen Blick auf die Atmosphärenanalyseanzeige, um sicherzustellen, dass das Luftgemisch für Menschen geeignet und ungiftig war, und aktivierte dann die Außenluke der Luftschleuse. Die Luke öffnete sich zischend und gab den Blick auf einen zylindrischen Korridor frei, einstmals weiß, jetzt schmuddelig, mit flackernden Glühstäben an der Decke und einem ramponierten schwarzen, geriffelten Boden. Das Luftschleusentor am anderen Ende der Röhre war zwar geschlossen, doch ein grünes Licht daneben zeigte Betriebsbereitschaft an.

Niemand wartete dort auf sie.

Luke strich die Falten seiner Robe glatt, um sicherzustellen, dass sein Lichtschwert noch immer verborgen war, und warf seinen beiden Begleitern einen raschen Blick zu. Wie er selbst trugen sie Reisegewänder, unter denen ihre Lichtschwerter nicht auszumachen waren.

Sie durchquerten den Korridor und spürten, wie ihr eigenes Körpergewicht nachließ, als sie die künstliche Schwerkraft der Jadeschatten durch einen Grenzbereich verließen und mit einem Mal dem Gravitationseinfluss der Station ausgesetzt waren. Die hintere Luftschleuse öffnete sich, um sie passieren zu lassen. Sekunden später schloss sich die Schleuse fächerförmig, das Schott hinter ihnen versiegelte sich, und die Anzeige an der Tür weiter vorn wechselte von Rot zu Grün. Abgesehen vom Zischen der Atmosphärenpumpen war alles still.

Ben sah seinen Vater an, ein Die-Sache-gefällt-mir-nicht-Blick. Luke bedachte ihn mit einem knappen Kopfschütteln, um ihn zu ermahnen, still zu sein. Man konnte unmöglich sagen, wie viele Sensoren um sie herum aktiviert sein mochten, die jedes ihrer Worte auffingen.

Die Luftschleuse führte in eine große Kammer, die von weiteren flackernden Glühstäben, die sechs Meter höher in die Decke eingelassen waren, schwach erhellt wurde. In der Kammer drängten sich Regale aneinander, die zweimal so hoch wie ein Mensch waren, doch nur in wenigen Fächern lagen Güter oder Waren. Luke sah Frachtbehälter von Dutzenden von Welten, von denen viele mit Inhaltsbeschreibungen markiert waren, die verrieten, dass sich darin vor allem Nahrungskonserven befanden.

Und noch immer zeigte sich niemand, um die drei Reisenden zu empfangen.

Niemand, den sie sehen konnten. Luke konnte ein zunehmendes Gefühl der Anspannung fühlen, das nicht sein eigenes war, sondern etwas, das andere in nicht allzu großer Entfernung empfanden. Ihre Gesichter verrieten ihm, dass Ben und Vestara den ansteigenden Emotionsstrom ebenfalls registriert hatten.

Er seufzte. Die Sache würde nicht gut gehen. Vielleicht würde ein Appell an die Vernunft – verstärkt durch seinen Ruf – einigen Ärger vermeiden und ein paar Leben verschonen.

Er strich die Kapuze seines Mantels zurück und hob die Stimme. »Mein Name ist Luke Skywalker. Ich bin der einstige Großmeister des Jedi-Ordens. Wir sind nicht hier, um euer Geschäft zu stören … aber es wäre für alle am besten, wenn wir friedlich miteinander umgehen könnten.«

Ben senkte seine eigene Stimme zu einem Flüstern. »Wirklich einschüchternd, Dad. Sehr aggressiv.«

»Psst!«

Vestara grinste bloß.

Zwei Regale weiter explodierte ein blau-weißer, mit NERFBRATEN beschrifteter Container. Oder besser: Der Container flog auf. Der Deckel klappte zurück, die vordere Klappe knallte an einem Scharnier zu Boden und die beiden Seitenteile schwangen davon, um eine mächtige Blasterkanone und ein aus zwei Menschen bestehendes Schützenteam zu enthüllen, beides Männer, die dunkle, pseudomilitärische Jacken und Munitionsgürtel trugen, welche mit Vibroklingen und zusätzlichen Blastern bestückt waren.

Als der Blastertrupp das Feuer eröffnete, hielten alle drei bereits ihr aktiviertes Lichtschwert in Händen.

Ben ging nach links, Vestara nach rechts. Luke blieb, wo er war, sowohl, um die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich zu lenken, als auch, um sein verletztes Knie zu schonen.

Ein Strom von Blasterfeuer schoss auf ihn zu. Luke stützte sich ab, teilweise mit seinem gesunden Bein und teilweise mit der Macht, und brachte die Klinge zwischen seinen Körper und die Laserschüsse, um den ersten hoch in die Decke abzulenken, während er seine Waffe so anwinkelte, dass die übrigen in dieselbe Richtung davonschwirrten. Jeder der Schüsse – die als automatisches Sperrfeuer auf Luke einprasselten – hämmerte wuchtig gegen das Lichtschwert, drohte, die Klinge zur Seite zu stoßen, die Waffe seiner Kontrolle zu entziehen, auf dass sich die Salven durch seinen Körper brannten, doch er hielt stand.

Vestara huschte beiseite, wich dem Beschuss mühelos aus und rollte sich durch das Ablagefach der nahen leeren Regaleinheit, die sie und das Blasternest voneinander trennte. Ben nahm einen kurzen Anlauf und war dann verschwunden – Luke erhaschte einen flüchtigen Blick auf seinen Sohn, der hoch in die Luft emporschoss, um geradewegs auf das oberste Brett des nächstbesten Regals zu springen.

Das Blasterteam riss die auf einem Dreibein montierte Waffe ruckartig nach links und nach rechts, um Laserladungen in Lukes und Vestaras Körper zu jagen. Ihnen war kein Glück beschieden. Ihre Taktik verschaffte Luke Sekundenbruchteile, um sich zu erholen, und Vestara war schlichtweg zu schnell und zu flink für sie.

Luke erkannte, dass er Betäubungsschüsse abwehrte, kein scharfes Blasterfeuer. Das war nicht allzu überraschend. Lebende Ziele in einer so alten und klapprigen Umgebung wie dieser mit Blasterfeuer zu verfehlen, würde mit Sicherheit Löcher in die Außenwände reißen, was einen Druckabfall zur Folge hätte. Betäubungsschüsse, die dieselben Oberflächen trafen, würden keinen Schaden anrichten. Zumindest waren diese Angreifer diszipliniert, ob nun erfolgreich oder nicht.

Vestara kam in der Lücke zwischen den Regalen auf die Beine. Das Blasterteam wandte ihr seine gesamte Aufmerksamkeit zu, da sie jetzt am dichtesten dran und damit am gefährlichsten war. Ihre Entscheidung verschaffte Luke die Freiheit zu handeln. Er vollführte eine Geste, eine hebende Bewegung, eine instinktive Anweisung für den Einsatz der Macht, und ein Regal weiter vorn glitt eine kleine Kiste von ihrem Lagerplatz und donnerte geradewegs gegen die Blasterkanone. Die Waffe krachte gegen die beiden Männer, die das Feuer vorübergehend einstellten.

Jetzt konnte Luke Ben hören beziehungsweise anhand der Handfeuerwaffensalven, die weiter links von ihm ertönten, zumindest seine Position bestimmen. Er konnte die Blitze weiterer Betäubungsschüsse ausmachen, aber keiner kam auch nur in seine Nähe.

Vestara sprang mit einem Satz nach vorn, um vor dem Dreibein-Blaster zu landen. Sie schlug zu, ihr Lichtschwert bewegte sich zu schnell, um es sehen zu können, und der Blaster zerfiel in zwei Hälften, unmittelbar vor dem Abzugsgehäuse durchtrennt. Sofort setzte sie dem Mann die Spitze ihrer roten Klinge unters Kinn, sodass sich Teile seines schwarzen Vollbarts kräuselten, knisterten und verdampften. »Ich würde vorschlagen, ihr stellt den Angriff ein.«

»Ich habe hier nicht das Kommando.« Die weit aufgerissenen Augen des Mannes straften die Wildheit Lügen, die seine ungezähmte Mähne schwarzen Haars und der nach unten hängende, piratenmäßige Schnurrbart andeuteten. Seine Stimme war ein verzweifeltes Quieken.

»Versuch’s trotzdem!«

»Kameraden, wir sind unterlegen! Feuer einstellen, Feuer einstellen!«

Der schwarzbärtige Angreifer hatte die Wahrheit gesagt. Er hatte hier nicht das Kommando, und keiner der anderen Gegner beachtete ihn. Luke hörte, wie sie weiter mit ihren Handfeuerwaffen ballerten, Salve um Salve, vernahm das Brummen von Bens Lichtschwert, hörte, wie die Anzahl der feuernden Waffen mit beträchtlicher Geschwindigkeit abnahm. Ein Schrei ertönte, und mit einem Mal war die Luft vom Gestank verbrannten Fleisches erfüllt.

Und dann: Stille – abgesehen vom Zischen der Luftpumpen und dem Summen von Lichtschwertern. Sekunden später führte Ben die anderen Angreifer zu seinem Vater zurück, fünf Männer und zwei Frauen. Bei einem der Männer war der Arm gleich über dem Handgelenk abgetrennt worden. Blass und unter Schock stehend hatte er ein speckiges schwarzes Halstuch um den kauterisierten Stumpf gewickelt. Keiner der neuen Gefangenen wirkte, als würde ihm die Situation allzu große Freude bereiten.

Luke musterte die Angreifer. »Wer von euch hat hier das Sagen?«

Sie schauten einander an. Schließlich ergriff einer von ihnen – ein Devaronianer, dessen Hörner mit leuchtendem Glitter verziert waren, das Wort. »Hallaf hat das Kommando.«

»Dann bringt mich zu Hallaf.«

»Hallaf ist in der Brigg.«

Luke blinzelte. »Hallaf hat hier das Kommando, sitzt aber im Gefängnis?«

Ein anderer Angreifer, eine rundliche, dunkelhaarige Frau, deren überkreuzte Munitionsgurte jetzt bar von Waffen waren, sprach. »Hallaf hatte das Kommando. Er hatte vor, die Dinge künftig so zu handhaben, wie sie es wollte. Schlechter Geschäftssinn, kein Profit. Also warfen wir ihn in die Brigg. Jetzt habe ich hier das Sagen. Ich bin Cardya.«

»Und wer ist diese sie, von der du sprichst?« Luke war sich ziemlich sicher, die Antwort auf diese Frage bereits zu kennen.

Cardya erschauerte bloß.

Es dauerte eine Weile, um die Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Sie – eine schlanke, in eine Robe gewandete Frau mit braunem Haar und silbernen Augen, die in einem kleinen, kugelförmigen Schiff eines Typs flog, den diese Schmuggler noch nie zuvor gesehen hatten – war auf der Station eingetroffen und hatte mit dem Anführer der Bande, Hallaf, gesprochen. Kurz darauf war sie zur Erleichterung aller anderen, die ihr unfreundliches Verhalten eingeschüchtert hatte, wieder abgereist. Anschließend sei Hallaf aufgewühlt herausgekommen, um zu erklären, dass in Kürze drei Jedi hierherkommen würden …

»Drei Jedi?« Vestara klang beleidigt.

Ben grinste sie an. »Schmuggler wissen, dass Jedi Recht und Ordnung repräsentieren, was uns zu drei Zielen gemacht hat, die sie am liebsten umbringen würden, und nicht bloß zu zweien. Hey, willkommen im Orden!«

Sie schien von ihrer inoffiziellen Mitgliedschaft nicht allzu begeistert zu sein.

Drei Jedi sollten herkommen, und die Besatzung dieser Station sollte sie auf schnelle, effiziente Art und Weise töten: indem sie Sprengladungen mit einem Automatikzünder an der Einstiegsröhre anbrachten. Sobald die drei Besucher in der Röhre wären, sollte der Sprengstoff explodieren, um die Skywalkers und Vestara Khai zu vaporisieren. Natürlich würde die Jadeschatten hernach davontreiben, beschädigt oder zerstört, und das vielleicht sogar endgültig.

Luke fixierte Cardya mit einem fragenden Blick. »Und warum ist es nicht so gekommen?«

Sie zuckte die Schultern. »Wir empfingen die Sensordaten eurer Yacht. Eine hübsche, teure Yacht. Wir gelangten zu dem Schluss, dass wir sie haben wollten. Was bedeutete, dass wir sie unbeschädigt erbeuten mussten.«

Luke nickte. »Ausnahmsweise einmal war Gier unsere Rettung.«

Cardya zuckte von Neuem die Schultern, ohne Reue zu zeigen. »Also warfen wir Hallaf und seine Tochter in die Brigg und haben den Hinterhalt gelegt.«

»Hm.« Während des Berichts hatte Luke seine Machtsinne erneut schweifen lassen, und jetzt konnte er wieder diesen Impuls von Energie der Dunklen Seite spüren, der ihn zu dieser Raumstation gezogen hatte. Falls Abeloth wirklich abgereist war, was war dann die Quelle dieser Energie? Er deutete in die entsprechende Richtung. »Führt uns dort entlang. Und falls wir von irgendjemand anderem auf der Station angegriffen werden, werden wir einfach dafür sorgen, dass ihr von deren Blastersalven getroffen werdet, bevor wir anfangen, sie abzuwehren.«

»Verstanden.« Mit einem langen, gequälten Seufzen führte Cardya sie aus dem Lagerhausmodul hinaus – nachdem sie sich eigens einige Momente Zeit genommen hatte, um ihr Komlink zu aktivieren und den anderen auf der Station zu befehlen, sich ruhig zu verhalten.

Lukes Gespür für die Energie der Dunklen Seite führte sie durch mehrere andere Arme und Knotenpunkte der Station, bis sie schließlich zu einem größeren Modul gelangten, das Luke als jahrhundertealtes corellianisches Baumodul erkannte, wie es normalerweise für Medizentrum-Stationen verwendet wurde. Die Piraten mussten es irgendwo gestohlen haben. Es war weder alt noch beschädigt genug, um außer Dienst gestellt worden zu ein.

»Unser Kommandozentrum.« Mit steinerner Miene führte Cardya sie in das Modul und zur Brigg der Raumstation.

Nur eine der acht Zellen war besetzt. Darin befand sich ein Mann in mittleren Jahren – kleinwüchsig, dünn und graubärtig –, der auf dem einzigen Stuhl in der Zelle saß. Auf der Pritsche neben ihm lag eine junge Frau auf dem Rücken. Schlank, hager und dunkelhaarig mochte sie gut und gerne zwanzig sein. Ihre Augen waren geöffnet, jedoch in den Kopf zurückgerollt, sodass bloß das Weiße zu sehen war – ein beunruhigender Anblick –, und von ihr ging die dunkle Energie aus, die Luke die ganze Zeit über gespürt hatte.

Die Machtnutzer und Cardya betraten die Zelle. Luke warf einen Blick auf das Mädchen auf der Pritsche. Sie wirkte steif, unempfänglich für alles, was um sie herum geschah. »Wer ist das?«

»Meine Tochter Fala.« Hallaf stand nicht auf, und seine Körpersprache verriet, dass er so niedergeschlagen war, wie ein Mann nur sein konnte. »Sie wird sterben.« Dann kniff er mit einem Mal die Augen zusammen, und als er den Blick auf Cardya richtete, war er voller Zorn. »Das ist deine Schuld. Du hast ihren Tod auf dem Gewissen.«

Cardya gab sich unbeeindruckt. »Übrigens, ich kündige.«

Hallaf rappelte sich auf, doch Ben versetzte ihm einen leichten Schubs, und er fiel auf den Stuhl zurück.

Luke trat zu Fala und legte ihr eine Hand auf die Stirn. Aus dieser Nähe erkannte er, dass die Energien der Dunklen Seite, die von ihr ausstrahlten, typisch für Abeloth waren. Ihre Boshaftigkeit schwang darin mit wie Gift. »Hat sie viele Jahre lang die Macht studiert?«

»Niemals.« Die Stimme ihres Vaters war heiser, verzweifelt. »Sie ist flink. Sie nimmt Dinge wahr, die dem Rest von uns verborgen bleiben … aber sie ist keine Jedi.«

»Wie ist sie in diesen Zustand verfallen?«

»Als diese Frau kam, war sie mit in meinem Büro. Die Frau wollte Wein, also ging ich hinaus, um welchen zu holen. Als ich zurückkam, war Fala so. Die Frau sagte, dass sie sterben würde … falls Ihr und Eure Besatzung am Leben bleibt.«

Luke runzelte nachdenklich die Stirn. Mit einem Blick suchte er Bens und Vestaras Aufmerksamkeit. »Es gibt Orte, beispielsweise solche, an denen jahrhundertelang der Dunklen Seite gehuldigt wurde, oder wo Kreaturen zu Hause sind, die von dieser Energie erfüllt sind, die selbst am Ende die Macht der Dunklen Seite ausstrahlen. Das Zuhause meines alten Meisters auf Dagobah befand sich in der Nähe eines solchen Ortes. Ich denke, dass wir es hier mit etwas Ähnlichem zu tun haben … allerdings hat es hier bloß einige Minuten gedauert, dass die Dunkle Seite sich manifestierte, nicht Jahrhunderte.«

Ben schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das verstehe.«

»Ich glaube, in gewisser Weise hat Abeloth einen kleinen Teil ihrer eigenen Energie von sich abgelöst und hier zurückgelassen wie Ryshcatekrumen für Kinder, denen sie in die Gefahr folgen. Und das hat dieses Mädchen vergiftet.«

Vestara schaute skeptisch drein. »Energie der Dunklen Seite ist kein Gift.«

»Darüber ließe sich streiten, aber wir sprechen hier nicht über die Dunkle Seite in dem Sinne, wie die Sith sie einsetzen. Wir sprechen hier von winzigen Dosen von Abeloths ureigenem Selbst, von Energie, die mit ihrer urtümlichen Natur verwoben ist. Das hat Fala in eine Art Peilsender verwandelt und raubt ihr das Bewusstsein.«

»Könnt ihr nichts dagegen tun?« Die Frage kam von Hallaf, der klang, als würde ihn jemand würgen.

»Vielleicht. Überlass mir deinen Stuhl!«

Hallaf erhob sich, und Luke nahm Platz. Er legte dem Mädchen beide Hände auf die Stirn. »Die Energie klammert sich an das Mädchen wie ein fressender Mynock. Es wird gefährlich sein, den Versuch zu unternehmen, sie davon zu befreien.«

Bens Augen sagten alles: Gefährlich auch für dich?

Luke nickte.

Vestara runzelte die Stirn. »Wir vergeuden Zeit. Und womöglich verletzt Ihr Euch dabei. Lasst uns einfach verschwinden.«

»Diese Möglichkeit besteht. Aber als Abeloth Fala dies hier angetan hat, muss sie damit etwas beabsichtigt, ihre Ziele angepasst haben. Vielleicht ist ein gewisser Eindruck von dem, was sie im Schilde führt, hier zurückgeblieben, gefangen in eben dieser Energie. Das könnte uns tatsächlich sogar Zeit sparen.«

Vestara schwieg. Ganz gleich, ob ihr Falas Schicksal nun gleichgültig war oder nicht, erkannte sie dennoch zweifellos den Nutzen von Lukes Vorgehen.

Luke wandte sich an seinen Sohn. »Ben, begib dich in den Kommandoraum. Verriegle alles und stell die Schatten und alle bewohnten Bereiche unter Beobachtung. Ich möchte keine bösen Überraschungen erleben, während wir das hier machen.«

Ben nickte. Er warf Hallaf einen Blick zu, der Bände sprach: Mein Vater ist mir genauso wichtig wie dir deine Tochter. Komm ihm in die Quere, und dir wird nicht gefallen, was dann passiert! »Ich brauche eure Sicherheitscodes. Jetzt sofort!«

»Ich gebe sie dir.«

3. Kapitel

Ben und Hallaf gingen hinaus. Vestara behielt die schweigsame, missmutige Cardya im Auge.

Luke konnte fühlen, wie die Energie in Fala allmählich zunahm, sich langsam einen Weg durch ihren Verstand bahnte, um alles zu verändern, womit sie in Berührung kam. Sie war zweifellos machtsensitiv, doch ohne die Ausbildung, um zu erkennen und zu begreifen, was mit ihr geschah, war sie wesentlich anfälliger für die verderblichen Einflüsse der Dunklen Seite als ein Jedi-Anwärter. Das, was Abeloth ihr angetan hatte, brachte sie vielleicht nicht um, doch es konnte sie in etwas Gefährliches und Unberechenbares verwandeln, in etwas, das Lebewesen beeinflusste und Schrecken und Tod brachte.

Und dort, unter den Gefühlen und unbewussten Gedanken von Fala, waren noch andere. Erinnerungsfetzen der Jedi-Ritter aus der Zuflucht, jener jungen Jedi, die Abeloth in den Wahnsinn getrieben hatte, die jetzt jedoch alle wieder gesund waren. Doch Abeloth wollte sie zurückhaben, hortete ihre Energie, um von Neuem nach ihnen zu rufen.

Dort war auch die traurige, selbstaufopfernde Persönlichkeit von Callista, mit der er einst so viel geteilt hatte. Doch Luke konnte es sich nicht erlauben, sich jetzt eingehender damit zu beschäftigen. Er drang noch tiefer vor.

Er sah und fühlte dunkle Orte, Edelsteine, die dachten, Insekten, die Gedanken stahlen …

Natürlich.

Luke nahm Hallafs Rückkehr in die Zelle nur am Rande war. Er schenkte ihm keine Aufmerksamkeit und vertraute darauf, dass Vestara weiterhin ein wachsames Auge auf ihn hatte. Er wandte sein Bewusstsein einen Moment lang von den Schatten von Abeloths Erinnerungen ab und Fala zu – den fremdartigen Energien, die in ihr gefangen waren.

Er dehnte seine Machtsinne aus, eine subtile, aber reine Woge heller Energie, die durch seinen Körper und in den ihren strömte.

Seine Energien, Abeloths Energien, hell und dunkel, beide Seiten der Macht, gemeinsam gebunden. Mit der unendlichen Vorsicht von jemandem, der die letzten Wassertropfen eines Planeten in seinen becherförmig gewölbten Händen trägt, zog Luke beide Arten fremder Energien aus Falas Leib. Er hielt sie vor sich hin und bemerkte, dass Vestara schnell begriff, was geschah.

Langsam, mit akribischer Sorgfalt, löste er die beiden Energieformen von sich. Sie hatten nichts, woran sie sich festklammern konnten, nichts Lebendiges, das ihnen als Wirt gedient hätte, nichts als einander, um sich miteinander zu verbinden, und so lösten sie sich einfach auf. Innerhalb weniger Sekunden war alle Energie verschwunden.

Er fühlte sich erschöpft – nun, noch erschöpfter als sonst. Dieser letzte Kampf mit Abeloth hatte ihm viel von seiner Kraft geraubt, und trotz seiner Verletzung weiterzumachen, hatte ebenfalls seinen Tribut von ihm gefordert. Und jetzt dies … Das, was er geopfert hatte, würde er am Ende zurückerlangen, nachdem er sich ausgeruht, gegessen und meditiert hatte, doch im Augenblick war er todmüde. Er fragte sich, ob es Abeloth genauso ging.

Falas Augen öffneten sich flatternd. »Papa?« Dann fiel ihr Blick auf Luke. Sie lag da, einen Moment lang benommen, und dann, als sie ihn schließlich erkannte, keuchte sie und wich vor ihm zurück.

Sofort war Hallaf an ihrer Seite und nahm sie in die Arme. »Es ist alles gut. Du bist wieder in Ordnung.«

»Es war … Ich konnte nicht denken, konnte mich nicht rühren …«

Luke erhob sich und trat von Vater und Tochter zurück. Er gesellte sich zu Vestara und aktivierte sein Komlink. »Stell die Zentralabschottung so ein, dass sie noch zehn Minuten lang bestehen bleibt«, wies er Ben an. »Ich will nicht, dass sie ihre Blaster auf uns richten oder uns bei unserer Abreise in die Quere kommen. Komm wieder her.«

»Verstanden, Dad.«

Kurz darauf schloss sich Ben ihnen wider an. Ungeachtet seiner verletzten Schulter waren seine Schritte federnd. Er warf einen Blick auf seinen Vater, und Besorgnis trat in seine Miene. »Du siehst blass aus.«

»Mir geht es gut.« Luke wandte sich an Fala. »Behalte dich selbst die nächsten paar Monate über sorgsam im Auge. Achte auf Empfindungen, auf Gefühle, die fehl am Platz wirken, auf Träume, die irgendwie nicht ganz richtig sind. Falls dir so etwas widerfährt, schieb deine Skrupel beiseite und such einen Jedi auf. Möglicherweise hängen dein Leben und deine Zukunft davon ab.«

Hallaf richtete sich an der Seite seiner Tochter auf. Seine Miene spiegelte seine Verwirrung wider. »Dann liefert Ihr uns nicht den Behörden aus?«

»Im Augenblick sind wir nicht in offizieller Funktion hier, und wir müssen uns um wichtigere Angelegenheiten kümmern – wie beispielsweise um das Wesen, das deiner Tochter dies angetan hat, bloß um ihre Verfolger abzulenken.« Luke ließ einen Hauch von Durastahl in seine Stimme kriechen. »Ein bisschen Schmuggel stört mich nicht. Aber Individuen, die andere benutzen – und anderen dadurch Schaden zufügen –, zwingen mich förmlich dazu, ihnen Einhalt zu gebieten. Verstehst du das?«

Hallaf nickte steif. »Vielen Dank.«

Luke wirbelte mit wogendem Mantel herum und ging voraus, zurück in Richtung der Jadeschatten, ohne auf den Schmerz in seinem Knie zu achten.

»Wo wollen wir jetzt hin, Dad?«

»Nach Nam Chorios. Wir müssen uns beeilen. Ich konnte spüren, dass sie nach den Jedi-Rittern aus der Zuflucht ruft, um ihre Verbindung zu ihnen zu erneuern. Im Moment ist sie noch zu schwach, um diese durchtrennten Bande wieder herzustellen, aber wenn ihre Kraft wieder zunimmt …«

FLIEGENDER HÄNDLER, ALMANIA-SYSTEM

Raynar Thuls X-Flügler, dessen S-Flügel in Standard-Flugkonfiguration zusammengeklappt waren, stieg in den Hangar im Rumpf des roten Sternenzerstörers empor, der im Orbit des Planeten Almania schwebte. Sein Jäger wies an der Backbordseite ein kleines Brandmal auf – das hatte man davon, wenn man einer Raketendetonation eine Winzigkeit zu nahe kam –, und wenn er vorhatte, die Tarnkappeneigenschaften seines Jägers zu erhalten, würde er den Schaden rechtzeitig vor der nächsten Schlacht beheben lassen müssen – wann immer die auch kommen mochte.

Als er in die Hangarbucht hinaufglitt, sah er, dass die meisten der anderen Jedi-StealthX-Jäger bereits ihre Landezonen eingenommen hatten. Er steuerte das Schiff behutsam in Richtung einer freien Landestelle, die vorübergehend mit gelbem, reflektierendem Klebeband gekennzeichnet war, und setzte neben dem Jäger von Meister Kyp Durron auf. Als Sekunden später das Cockpitverdeck in die Höhe fuhr, ignorierte er die Leiter, die ihm einer der Hangartechniker anbot. Stattdessen schwang er sich einfach über die Seite und landete zwischen seinem und Kyps Jäger.

Kyp stand mit seinem Astromechdroiden zusammen und überprüfte die S-Flügel an Steuerbord. Von durchschnittlicher Größe, attraktiv, mit ergrauendem braunem Haar, welches er lang trug und das gegenwärtig von Schweiß und Stunden unter dem Helm am Kopf anlag, wirkte Kyp nicht unbedingt wie der Jedi-Meister, der er eigentlich war. Sein dunkler StealthX-Pilotenoverall war zerknittert, und seine Gesichtshaut war ein bisschen gerötet, ähnlich einem Sonnenbrand, was darauf hinwies, dass seine vorderen Schilde eine Lasersalve abgehalten hatten – jedenfalls größtenteils.

Dennoch sah er normal aus, und Raynar verspürte einen flüchtigen Stich des Neids. Seine eigenen Gesichtszüge waren durch unzählige chirurgische Eingriffe so weit wiederhergestellt worden, dass er annähernd normal wirkte. Die schweren Verbrennungen, die er vor Jahren erlitten hatte, waren jetzt bloß noch an einigen kleinen Stellen leicht glänzender Haut zu erkennen, die texturiertem Plastik ähnelten. Doch zumindest brachte sein Gesicht Kinder nicht mehr zum Schreien, und es gab viel, wofür er dankbar sein musste – insbesondere den Umstand, dass die Jedi ihn wieder als einen der ihren akzeptiert hatten.

Gelegentlich jedoch überkam ihn das unbestimmte Verlangen nach einem noch größeren Grad von Normalität.

Er nahm den Helm ab, zog dann die Handschuhe aus und ließ sie hineinfallen. »Meister.«

Kyp schaute in seine Richtung. »Jedi Thul. Ihr habt Euch da draußen gestern tapfer geschlagen.« Das war die Art von Ermutigung, die Meister gemeinhin einem Schüler oder einem unlängst zum Jedi-Ritter ernannten Mitglied des Ordens zuteilwerden ließen, nicht einem mit Raynars Erfahrung, aber Raynar wusste, was Kyp damit zum Ausdruck bringen wollte. Du hast deine dunklen Zeiten hinter dir gelassen und seitdem einen weiten Weg zurückgelegt. Du machst dich gut. Weiter so.

»Vielen Dank. Meister, gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«

Kyp zuckte die Schultern. »Im Moment bergen wir die Piloten, die während des Gefechts aussteigen mussten. Die Sith-Streitkräfte haben sich in einer straffen Verteidigungsformation neu gruppiert, ausgesprochen diszipliniert. Offensichtlich ist es ihnen gelungen, eine ihrer außer Gefecht gesetzten Fregatten wieder flottzumachen, unmittelbar bevor wir die siebte ausgeschaltet haben, sodass sich ihre Verluste unterm Strich auf sechs belaufen. Wir rechnen damit, dass sie jeden Moment in den Hyperraum eintreten.«

»Und der Großmeister?«

Kyps Miene verdunkelte sich ein wenig. Natürlich gab es in gewisser Weise zwei Großmeister: Luke Skywalker, im Exil, und Kenth Hamner, seinen Nachfolger – und Hamner war tot. Was genau geschehen war, darüber waren die Informationen noch immer lückenhaft. Allein die Jedi wussten überhaupt etwas davon. Einige von ihnen hatten vage gespürt, dass es passiert war.

Doch Kyp wusste, welchen Großmeister Raynar meinte. »Die Jadeschatten ist vor einigen Stunden in den Hyperraum eingetreten. Seit wir uns hier mit den Sith herumgeschlagen haben, hat uns keine weitere Nachricht von Meister Skywalker erreicht. Vom Tempel haben wir ebenfalls keine Instruktionen erhalten.« Er schlug sich mit seinen Handschuhen auf den Oberschenkel, eine Zurschaustellung von Verärgerung oder Ungeduld, die für die meisten Meister alles andere als typisch war.

Ein weiterer StealthX stieg in den Hangar auf. Von den Steuerbord-Schubdüsen stob ein wilder Funkenregen auf. Der Pilot manövrierte den beschädigten Jäger mit einigem Geschick und landete ihn ein gutes Stück entfernt von den anderen Schiffen, um zu verhindern, dass seine feurigen Abgase sie beschädigten.

Kyp behielt den StealthX einen Moment lang im Auge und seufzte dann. »Wir haben keine Ahnung, was jetzt zu tun ist. Bis wir nicht wissen, wo Abeloth hin ist, wo die Sith hinwollen, wie sich die Situation auf Coruscant entwickelt …«

»Verstehe.«

»Lasst Calrissian für uns einen Konferenzraum herrichten. Bittet die Meister Ramis und Katarn, mich dort in einer halben Stunde zu treffen. Wir müssen einige Notfallpläne schmieden.«

»Wird erledigt, Meister.«

»Und ich werde sehen, ob ich den Gestank dieser Schlacht mit einer Sanidusche von meiner Haut waschen kann.« Kyp brachte ein kleines Lächeln zustande. »Lasst mich wissen, wenn alles bereit ist.« Mit schwungvollen Schritten – die möglicherweise einfach nur schwungvoll wirken sollten – marschierte er in Richtung der vorläufigen Pilotenquartiere davon.

4. Kapitel

ARMAND-ISARD-HOCHSICHERHEITSSTRAFANSTALT, CORUSCANT

Der Wachdroide – massig und einschüchternd, mit einer glatten, schwarzen Oberfläche, die einem Angreifer keine Möglichkeit zum Festhalten bot – blieb am Ende des in Industriegrün gehaltenen Korridors stehen. Die Panzertüren vor ihm teilten sich, und der Droide bedeutete Tahiri Veila mit einer Geste, ihm zu folgen.

Tahiri, die den grellgelben Overall trug, der die Öffentlichkeit davor warnen sollte, dass seine Trägerin eine gefährliche Gefangene war, trat über die Schwelle und ging die Rampe in den Hof hinunter.

Natürlich war es in Wahrheit gar kein Hof. Ein Hof befand sich unter freiem Himmel. Diese gewaltige Kammer, die tief im Innern des Gefängnisses begraben lag, gab denen, die sich hier aufhielten, keine Gelegenheit, die Wände zu erklimmen oder von einem Komplizen auf einem Düsenschlitten Fluchthilfe zu erhalten. Mauern und Decke waren arglistig in Himmelblau gestrichen, und große Monitore an den Wänden zeigten beruhigende Naturpanoramen. In die hohe Decke eingelassene Luftgebläse erzeugten periodisch Brisen, die künstliche Walddüfte mit sich trugen. Ein hochentwickeltes Tonsystem lieferte die dazu passenden Hintergrundgeräusche, Vogelgezwitscher und andere Tierlaute, wie man sie in der Natur fand. All das zusammen schuf eine Atmosphäre, die nur unwesentlich weniger klaustrophobisch wirkte als in einer ganz gewöhnlichen großen, unterirdischen Kammer – wobei die Absicht hinter alldem zweifellos darin bestand, Gefangene in Passivität zu lullen.

Als sich die Panzertüren hinter ihr schlossen, blieb Tahiri am Fuß der Rampe stehen und sah sich um. In der Kammer hielten sich vielleicht einhundert Insassen auf, die allesamt gelbe Overalls trugen. Einige joggten auf dem ovalen Pfad, der gleich an der Innenseite der Mauer entlang verlief. Auf einem von Maschendraht umschlossenen Platz fand ein Ballspiel statt. Die meisten der Fitnessgeräte – besonders die Kraftstationen – waren besetzt.

Und abgesehen von Tahiri waren alle anwesenden Gefangenen Männer.

Tahiri runzelte die Stirn. In diesem Gefängnis saßen Insassen beider Geschlechter ein – tatsächlich sogar aller Geschlechter, wenn man einige nichtmenschliche Spezies berücksichtigte –, doch aus praktischen Erwägungen heraus wurden die Geschlechter für gewöhnlich getrennt voneinander verwahrt, es sei denn bei Gelegenheiten, wo nur wenige Gefangene und viele Wachen zugegen waren wie beispielsweise bei Gruppentherapiesitzungen und in einigen Arbeitsräumen. In dieser Kammer jedoch war keine Wache zu sehen, weder aus Fleisch und Blut noch mechanisch. Natürlich stand der Hof unter permanenter Überwachung durch Holokameras, doch es war offensichtlich, dass hier irgendetwas nicht stimmte.

»Nun sieh mal einer an.« Die Worte erklangen im rauen Tonfall einer männlichen Mon-Calamari-Stimme. Die lachsrosafarbene Haut an Kopf und Händen des Mannes war über und über mit kruden schwarzen Tätowierungen verziert, viele davon Bandensymbole oder Zeichen, die für die Leute standen, die er auf dem Gewissen hatte, wie Tahiri wusste. Der Mon Cal stand inmitten einer Gruppe anderer Häftlinge, insgesamt vielleicht ein Dutzend. Als Tahiri den Hof betrat, waren sie mit Freiübungen beschäftigt gewesen.

Sie fühlte, wie ihr Herz nach unten sackte. Sie kannte diesen Mon Cal. Doch sie ließ nicht zu, dass man ihr die Bestürzung anmerkte. »Hallo Furan! Wir haben uns eine Weile nicht gesehen.«

»Seit vor dem Krieg. Seit du beschlossen hast, meinen kleinen Geselligkeitsverein zu verleumden. Seit du Beweise für einen groß angelegten Fahrzeugdiebstahl gegen uns fingiert hast.«

»Fingiert?« Tahiri ließ eine gewisse Verachtung erkennen. »Du und dein Kumpel vom Fuhrpark, ihr habt Medifähren der Armee gestohlen. Meine Beweise haben nicht zu eurer Verurteilung geführt, sondern das Geständnis deines Komplizen.«

»Zu schade, dass er jetzt tot ist und nichts dagegen einwenden kann.« Der Mon Cal drehte sich um, blickte in die andere Richtung und hob die Stimme. »Gaharrag, Leurm, schaut mal, was wir hier haben!«

Auf der anderen Seite der Kammer hoben zwei Insassen, von denen einer an dem Ballspiel teilnahm, während der andere als Zuschauer in der Nähe faulenzte, die Köpfe. Tahiri spürte, wie ihr Herz noch ein paar Zentimeter weiter nach unten rutschte. Der eine war ein Wookiee, das Fell von Stellen gezeichnet, wo es wegrasiert worden war, um Bandensymbolen Platz zu schaffen. Der andere war ein Hutt, groß für seine Spezies. Beide setzten sich in Bewegung und kamen auf Tahiri zu.

Tahiri nahm einen tiefen Atemzug. Nein, dass sie hier war, war kein Zufall. Drei der gefährlichsten, gewalttätigsten Kriminellen, die sie während ihrer Zeit als Jedi hinter Gitter gebracht hatte, befanden sich in diesem Hof, ohne dass irgendwelche Wachen zugegen waren.

Der Rest von Furans Kumpanen regte sich ebenfalls, nicht allzu augenfällig, doch Tahiri bemerkte sehr wohl, dass sie sich neu postierten, um auf ihre Flanken und hinter ihren Rücken zu gelangen, während die übrigen sich einfach ein wenig mehr Bewegungsfreiheit verschafften.

Vor ihrem geistigen Auge konnte sie sehen, wie sich die Situation entwickeln würde. Der Wookiee und der Hutt würden zu ihr kommen und sie einpferchen. Die Spötteleien würden weitergehen. Man würde sie herumschubsen – oder zumindest versuchen, sie herumzuschubsen, da sie nicht zulassen würde, dass jemand sie anfasste. Sie würde aus ihrer Mitte springen müssen, um sich Platz zum Kämpfen zu verschaffen, und angesichts der Armreichweite des Wookiees und der Fähigkeit des Hutts, mit seinem Schwanz auszuschlagen, standen die Chancen, dass ihr das tatsächlich gelang, nicht besser als fünfzig zu fünfzig. Falls ihr das gelang, würde sich jeder in dieser Kammer auf sie stürzen – und falls nicht, würde sie in diesem Moment sterben, ihr Leib zerschmettert von der gewaltigen Körperkraft des Wookiees.

Sie vermochte nicht einmal zu sagen, ob es eine Berührung in der Macht oder lediglich ihr eigenes Gespür für Taktik war, das ihr diese Dinge zeigte. Letztlich spielte es auch keine Rolle, was von beidem zutraf. Sie hatte nicht die Absicht, darauf zu warten, dass sich die Situation auf diese Art und Weise entwickelte.

Furan drehte sich wieder zu ihr um. In seinen Augen vibrierte etwas, von dem Tahiri annahm, dass es sich um Erwartung handelte. »Du hättest nicht …«

Sie wandte sich nach rechts und riss ihr linkes Bein hoch, um den Fuß auf dem perfekten Scheitelpunkt ihrer Bewegung zwischen seinen Augen zu platzieren. Sie spürte, wie sein Schädel unter der Wucht des Tritts nachgab. Er torkelte rückwärts in die Arme von zweien seiner Hofkumpane. Der Angriff war so abrupt und wirkungsvoll gewesen, dass ihm nicht einmal Zeit blieb zu ächzen.

Während die anderen Insassen um sie herum in plötzlicher Überraschung zurückwichen, sprang Tahiri mit einem Satz auf Leurm zu.

Schlichte Taktik. Als Einzelkämpfer war Gaharrag der gefährlichste ihrer Widersacher, aber nicht so gefährlich wie Gaharrag und Leurm zusammen. Also musste sie Leurm als Erstes unschädlich machen, und das schnell.

Ihr Sprung brachte sie direkt vor den Hutt. Er war auf ihren flinken Angriff nicht vorbereitet und schlidderte immer noch mit vollem Tempo nach vorn. Hastig bremste er ab, seine speckige Masse in dem Bemühen um mehr Bodenhaftung flach gegen die Flexifliesen gepresst, und sie schnellte weiter vor, um in einem hohen Salto über ihn hinwegzusegeln. Als sie über ihm war, griff er hoch, um sie zu packen, doch seine Arme waren zu kurz.

Sie landete auf seinem Rücken und kämpfte um ihr Gleichgewicht, als seine ungleichmäßigen Umrisse unter ihren Füßen wogten.

Seine Arme waren der Schlüssel. So spindeldürr sie im Vergleich zum Rest seines Körpers auch wirken mochten, waren sie nach menschlichen Maßstäben gemessen kräftig … aber nicht so gut von Fett- und Muskelschichten geschützt wie der Rest seines Leibes. Als Leurm sich anschickte herumzuwirbeln, packte sie den nach ihr ausgestreckten Arm am Handgelenk und trat so fest, wie sie konnte, gegen seinen Ellbogen.

Der Tritt drehte den Arm bis zum Maximum und darüber hinaus, um ihn am Gelenk zu brechen – ein sauberer Bruch. Leurm kreischte, ein gurgelndes, blubberndes Geräusch, wie es nur ein Hutt oder ein dampfendes Schlammloch hervorbringen konnte.

Gaharrag hatte sie jetzt fast erreicht. Sie sprang von Leurms Rücken, um sogleich neben dem Hutt zu landen und dem Wookiee die Stirn zu bieten.

Gaharrag war da, näherte sich mit kontrollierter Geschwindigkeit und schlug mit einer seiner riesigen, pelzigen Pranken nach Tahiri.

Sie duckte sich und rollte sich vor Leurm beiseite, sodass stattdessen der Hutt den Hieb des Wookiees abbekam. Die gewaltige, pelzige Faust hämmerte gegen den Schädel des Hutts und schleuderte ihn auf die Seite – geradewegs auf den gebrochenen Arm, der unter seinem Gewicht mit einem knirschenden Laut nachgab. Die Schreie des Hutts wurden noch schriller.

Tahiri kam in Reichweite eines Häftlings auf die Füße, der einen Moment zuvor noch ganz hinten in Furans Meute gestanden hatte, eines Bothaners, dessen weißes Fell mit Spritzmustern blutrot gefärbt war. Sie ließ ihm keine Zeit zu reagieren, weder, um zu kämpfen, noch, um seinen Fluchtinstinkten nachzugeben. Sie schlug ihm mit der geöffneten Handfläche gegen den Kiefer und fühlte, wie er unter der Wucht ihres Hiebes brach. Schlagartig bewusstlos, taumelte er noch einen Schritt und kippte dann zu Boden.

Es widersprach ihren Instinkten, jemanden anzugreifen, der bislang keine übermäßig feindlichen Absichten gezeigt hatte. Aber wenn Tahiri überleben wollte, musste sie diesen Kampf mit Gewalt und Einschüchterung für sich entscheiden. Falls es ihr gelang, den Wookiee außer Gefecht zu setzen, galt es, sich um den Rest der Kammer Gedanken zu machen. Wenn sie bis dahin zu eingeschüchtert waren, um anzugreifen, würde sie überleben … und weniger von ihnen würden verletzt werden.

Gaharrag drehte sich brüllend um und stürzte sich auf sie. Dieses Brüllen, das wie der geballte Zorn eines ganzen Dschungels klang, war dazu gedacht, Gegner eine entscheidende Sekunde lang vor Schrecken erstarren zu lassen. Tahiri grinste. Sie hatte im Training so oft gegen Lowbacca, den Wookiee-Jedi, gekämpft, dass das Brüllen beinahe wie eine Einladung klang.

Mit Lowbacca zu trainieren, brachte noch andere Vorteile mit sich. Sie wusste, wo sich die Schwachpunkte eines Wookiees befanden. Es gab nicht viele. Doch bei älteren Wookiees – und Gaharrag war sicher kein Kind mehr – war es am besten, sich als Erstes die Knie vorzunehmen.