Star Wars. Wächter der Macht 4. Exil - Aaron Allston - E-Book

Star Wars. Wächter der Macht 4. Exil E-Book

Aaron Allston

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Beschreibung

Eine neue, faszinierende Geschichte aus dem Star-Wars-Universum!

Mit jedem Sieg, den er gegen die Rebellen von Corellia erringt, wird Jacen Solo einflussreicher – und die Bewunderung für ihn wächst. Er ist davon überzeugt, der Galaxis endlich Frieden zu bringen. Doch Luke Skywalker erscheint der Preis für diese Art von Frieden viel zu hoch. Und was ist, wenn im Hintergrund eine ganz andere Macht die Fäden zieht ...?

Die Abenteuer um Luke Skywalker, Han Solo & Co. gehen in eine neue spektakuläre Runde!

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Seitenzahl: 516

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Aaron Allston

EXIL

Wächter der Macht 4

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™: Exile. Legacy of the Force 4«

bei Del Rey / The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

Deutsche Erstveröffentlichung September 2009

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Copyright © 2007 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2009 by Verlagsgruppe

Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Umschlaggestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2007 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Jason Felix

Redaktion: Peter Thannisch

HK · Herstellung: RF

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07739-6V003

www.blanvalet.de

1. Kapitel

AUSSERHALB DES CORELLIANISCHEN WELTRAUMS – STERNENZERSTÖRER ANAKIN SOLO

Es war nicht so sehr Schuld, was Jacen Nacht für Nacht wach hielt. Vielmehr war es das Wissen darum, dass er sich eigentlich schuldig fühlen sollte, es jedoch nicht wirklich tat.

Jacen lehnte sich in einem Sessel zurück, der bequem genug war, um darin zu schlafen, das Leder so weich wie Butter, und schaute zu den Sternen hinaus.

Die Schutzschilde waren vom übergroßen Sichtfenster seines Privatbüros zurückgefahren, und die Kammer selbst war dunkel, was ihm einen freien Blick auf den Weltraum verschaffte.

Sein Büro befand sich an Backbord des Schiffs; der Bug war zur Sonne Corell hin ausgerichtet, das Heck wies nach hinten, in Richtung Coruscant, sodass er Commenor, Kuat, den Hapes-Sternenhaufen und die lange perlemianische Handelsstraße vor sich hatte … Gleichwohl, er versuchte nicht, diese Sterne einzeln auszumachen. Astronomie war eine lebenslange Beschäftigung für Leute, die ihre gesamte Existenz auf einem einzigen Planeten zubrachten. Um wie viel schwieriger mussten solche Studien für jemanden wie Jacen sein, der sein ganzes Leben lang von Stern zu Stern gereist war?

Er ließ seine Augenlider sinken, doch sein Verstand raste, so wie er es jeden Tag tat, seit er und sein Kampfverband Königinmutter Tenel Ka vom Hapes-Konsortium vor einem Aufstand gerettet hatten, angestiftet von verräterischen hapanischen Adeligen, die von einer corellianischen Flotte unterstützt worden waren.

Inmitten all dieser Ereignisse hatte Jacen in dem Glauben, dass Han und Leia Solo an dem Putschversuch beteiligt gewesen waren, den Befehl erteilt, die Langstrecken-Turbolaser der Anakin Solo gegen den Millennium Falken einzusetzen. Später waren ihm zwingende Indizien dafür zu Ohren gekommen, dass seine Eltern keinen Anteil an dieser Verschwörung gehabt hatten.

Aber wo waren dann die Schuldgefühle? Wo blieb das Entsetzen, das er darüber hätte empfinden müssen, dass er versucht hatte, seinen Vater und seine Mutter zu töten? Was für ein Vater konnte er Allana sein, wenn er imstande war, dergleichen zu tun, ohne Reue zu verspüren?

Er wusste es nicht. Er war sich sicher, dass ihm der Schlaf so lange versagt bleiben würde, bis er eine Antwort darauf fand.

Hinter seinem Sessel erwachte mit dem charakteristischen Zz-sssch ein Lichtschwert zum Leben, und mit einem Mal war das Büro in blauem Licht gebadet. Jacen war auf den Beinen, bevor die Klinge des Eindringlings auch bloß komplett ausgefahren war. Sein eigenes Lichtschwert in der Hand, aktivierte er mit dem Daumen die Klinge und vollführte mit seiner freien Hand eine Geste, um mittels der Macht seinen Sessel aus dem Weg zu befördern.

Als der Weg frei war, konnte er einen Blick auf den Eindringling werfen – sie war so klein, dass der Sessel sie bis auf die Spitze ihrer glühenden Waffe vollends verdeckt hatte.

Auf der anderen Seite des Tisches stand seine Mutter, Leia Organa Solo. Sie war allerdings nicht mit ihrem eigenen Lichtschwert bewaffnet. Das erkannte Jacen am Griff des Schwerts, an der Farbe seiner Klinge. Es war das Lichtschwert, das Mara Jade Skywalker so viele Jahre lang getragen hatte. Luke Skywalkers erstes Lichtschwert. Anakin Skywalkers letztes Lichtschwert.

Leia trug braune Jedi-Gewänder, und ihr Haar fiel lose herunter. Sie hielt ihr Lichtschwert im Zweihandgriff, bereit zuzuschlagen.

»Hallo, Mutter.« Der Zeitpunkt schien eine förmlichere Anrede als Mom zu erfordern. »Bist du gekommen, um mich zu töten?«

Sie nickte. »Das bin ich.«

»Bevor du angreifst – wie bist du an Bord gelangt? Und wie bist du in dieses Büro gekommen?«

Sie schüttelte mit trauriger Miene den Kopf. »Glaubst du, gewöhnliche Verteidigungsmaßnahmen haben in einer Zeit wie dieser auch bloß den geringsten Nutzen?«

»Vermutlich nicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, dass du eine erfahrene Jedi bist, Mutter, aber einem Jedi-Ritter, der seine gesamte Laufbahn über fortwährend gekämpft und trainiert hat, bist du nicht gewachsen – weil du das nicht getan hast.«

»Und dennoch werde ich dich töten.«

»Das glaube ich nicht. Ich bin auf jede Taktik vorbereitet, auf jede List, die du womöglich anwendest.«

Auf einmal lächelte sie. Es war dasselbe Lächeln, mit dem sie politische Gegner bedacht hatte, wenn sie die letzten Fehler ihrer Karriere begangen hatten, das tödliche Lächeln eines Kriegshunds, der mit seiner Beute spielt. »Die ich womöglich anwende … Weißt du nicht, dass sämtliche Taktiken hinfällig werden, wenn sich der Angreifer dazu entschlossen hat, den Kampf nicht zu überleben?«

Ihr Gesicht verzog sich zu einer Maske der Wut und des Verrats. Sie löste ihre linke Hand vom Griff ihres Lichtschwerts und streckte sie in einer stoßenden Geste vor. Jacen spürte den plötzlichen Anstieg der Machtenergie in ihr.

Er wirbelte zur Seite. Ihr Machtangriff würde ihn verfehlen …

Und dann begriff er – zu spät –, dass er genau das tun sollte.

Die Machtenergie sauste an ihm vorbei und traf das Sichtfenster mit voller Wucht, das sich unter der Attacke wölbte und in die Leere des Weltalls hinausgeschleudert wurde.

Jacen sprang beiseite. Wenn es ihm gelang, die Kante des Türrahmens zu seinem Büro zu packen, um sich daran für die ein oder zwei Sekunden festzuklammern, die die Schutzjalousien brauchten, um sich zu schließen, würde er nicht durch das Fenster nach draußen gezogen werden …

Gleichwohl, Leias eigener Sprung fing ihn ab. Sie krachte gegen ihn, ihre Arme schlangen sich um ihn, ihr Lichtschwert fiel herunter. Zusammen flogen sie durch das Sichtfenster.

Jacen spürte, wie die Kälte in seine Haut schnitt und sie lähmte. Er fühlte, wie die Luft aus seiner Lunge strömte, ein Todesrasseln, das niemand zu hören vermochte. Er spürte Schmerz in seinem Kopf, hinter seiner Stirn, in seinen Augen, als sie anschwollen und sich anschickten zu platzen.

Und die ganze Zeit über bewegte sich Leias Mund, als würde sie immer noch sprechen. Einen unwahrscheinlichen Moment lang fragte er sich, ob sie für immer reden würde, um ihren Sohn zurechtzuweisen, während sie tot durch die Ewigkeit wirbelten.

Dann, von dem Wissen erfüllt, dass er das in jenen letzten Sekunden musste, erwachte er. Wieder saß er in seinem komfortablen Sessel, wieder blickte er zu den Sternen hinaus.

Ein Traum? Oder eine Botschaft? Er sprach laut: »Warst du das?« Und er wartete, halb in der Erwartung, dass Lumiya ihm antworten würde, doch es kam keine Erwiderung.

Er drehte seinen Sessel herum und stellte fest, dass sein Büro beruhigend leer war. Mit der Tischsteuerung schloss er die Schutzjalousien über sein Sichtfenster.

Schließlich sah er auf seine Uhr.

Seit er sie das letzte Mal überprüft hatte, waren fünfzehn Standardminuten vergangen. Er hatte höchstens zehn Minuten Schlaf gefunden.

Er legte die Füße in den Stiefeln auf den Tisch, lehnte sich zurück und versuchte, seinen rasenden Herzschlag zu verlangsamen.

Und zu schlafen.

CORUSCANT – TRANSPORTDEPOT DER GALAKTISCHEN ALLIANZ – NAHE DES JEDI-TEMPELS

Die Käfernebel setzte zur Landung auf eine erhöhte Andockplattform neben dem blauen, pilzförmigen Transportdepot an. Für ein so großes Schiff war das Manöver geschmeidig und sanft – auf zweihundert Metern Höhe wirkte der Frachtraumer der Freibeuter-Klasse wie ein Schiff, das selbst im Weltraum schwerfällig sein musste. Von oben sah es aus wie eine Mondsichel mit einer Messerklinge in der Mitte, wobei die Spitze der Klinge in dieselbe Richtung wies wie die Enden der Sichel, und das breite, geschwungene Heck erinnerte eher an ein üppiges Bantha-Hinterteil denn an ein schnittiges modernes Kriegsschiff.

Allerdings konnte dieses breite Heck große Mengen an Personal und Material befördern, und in den Sekunden, nachdem das Schiff auf seinen Landepylonen aufgesetzt hatte, senkten sich ein Dutzend Laderampen herab und begannen, Ströme uniformierter Soldaten auszuspucken – viele auf Urlaub, während andere mit repulsorliftbetriebenen Sanitätsbahren in Krankenhäuser gebracht wurden.

Von einer viel kleineren Plattform fünfzig Meter über dem Steuerbordbug der Käfernebel aus verfolgte Jedi-Meister Kyp Durron das Geschehen. Auf diese Entfernung konnte er kaum die Gesichtszüge der Neuankömmlinge ausmachen, doch zumindest konnte er erkennen, wie sich die Mienen vor Freude aufhellten, wenn sie unten in der Menge Angehörige entdeckten.

Und durch die Macht konnte er die Emotionen fühlen, die von der Käfernebel und ihrer näheren Umgebung ausgingen. Schmerz strahlte von zerschmetterten Knochen und versengten Stümpfen ab, die einst mit organischen Gliedmaßen verbunden gewesen waren. Schmerz ergoss sich aus den Erinnerungen daran, wie sie sich diese Verletzungen zugezogen und wie viele Freunde sie in der Schlacht auf ewig verloren hatten.

Mehr noch jedoch als das gab es Gefühle von Erleichterung und Freude. Leute kehrten aus dem Gefecht zurück, um sich hier auszuruhen und zu erholen. Sie waren Veteranen der außergewöhnlichen Raumschlacht, die erst unlängst im Hapes-System ausgefochten worden war. Einige empfanden Stolz über die Rolle, die sie in dieser Schlacht gespielt hatten, andere waren von Scham oder Reue erfüllt, doch alle waren froh, dass es vorüber war. Alle waren froh, hier zu sein.

Und einige ruhige Augenblicke lang entspannte sich Kyp, ließ die Emotionen von der unteren Plattform über sich hinwegwaschen wie eine erfrischende kühle Brise zur Sommerzeit. Die gedämpften Laute von jener Plattform, von Coruscants Luftverkehr in nicht allzu weiter Ferne und von Transport und Handel aus dem angrenzenden Depot erlaubten es ihm, sich weiterhin wohlzufühlen, losgelöst von alldem.

Dann fühlte er neue Präsenzen in der Macht, spezielle Präsenzen, auf die er gewartet hatte. Er wandte den Blick, schaute nach oben, hin zur Quelle dieses Gefühls, und sah, wie die Jadeschatten in direktem Anflugsvektor auf ihn zukam.

Das Schiff näherte sich dem Depot mit etwas schnellerer Geschwindigkeit, als sicher war, um dann rasant abzubremsen und oben auf er Plattform zu einer geschmeidigen Repulsorliftlandung anzusetzen, bloß Meter von Kyp entfernt. Er grinste. Wer auch immer die Jadeschatten flog – vermutlich Mara –, hatte den Anflug entweder aus Ausgelassenheit oder Böswilligkeit heraus so einschüchternd wie möglich gestaltet, um ihn zum abrupten Zurückweichen zu bewegen. Natürlich hatte er sich nicht gerührt. Nun winkte er den Gestalten im Cockpit – verschwommen hinter den Sichtfenstern – mit einer Hand zu und wartete.

Kurz darauf senkte sich die Einstiegsrampe, und Luke und Mara Jade Skywalker trotteten herunter. Sie waren schlicht gekleidet, Luke in schwarz, Mara ausnahmsweise in den üblichen, in zwei unterschiedlichen Brauntönen gehaltenen Jedi-Gewändern.

Kyp schenkte ihnen ein Lächeln und streckte Luke die Hand entgegen. »Großmeister Skywalker.«

Luke ergriff sie. »Meister Durron.«

»Und Meisterin Skywalker.«

Mara nickte ihm grüßend zu, doch Kyp bemerkte eine Spur Verärgerung oder Ungeduld. »Meister Durron.«

»Ich nehme an, das ist eine neue Hand.« Kyp löste seinen Griff. »Ich habe von deiner Verletzungen gehört. Wie macht sie sich, vergleichen mit der alten?«

Luke hielt seine rechte Hand hoch und betrachtete seine Handfläche. »Die Neuralmatrix ist noch fortschrittlicher, deshalb fühlt es sich noch mehr wie Fleisch und Blut an. Aber du weißt ja, ein Droide, dessen Speicher nie gelöscht wird, neigt dazu, eigentümlich zu werden und recht eigenwillig.«

Kyp nickte. »Du willst damit doch wohl nicht sagen, dass es bei einer Handprothese genauso ist, oder? Dazu verfügt sie nämlich nicht über ausreichend Speicher.«

Luke zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, was ich damit sagen will. Vielleicht hat mein Gehirn dank der Macht eine Vertrautheit zur alten Hand entwickelt, die über das normale Maß hinausgeht. Wie auch immer, diese hier fühlt sich bislang einfach noch nicht richtig an.«

»Was bedeutet«, sagte Mara, »dass er vom besten Lichtschwertkünstler der Galaxis zum … nun ja, immer noch besten abgestiegen ist, bloß momentan ein bisschen schlechter als sonst.«

»Tante Mara? Uups. Hallo, Kyp. Meister Durron.« Die Stimme gehörte Jaina Solo, und Kyp schaute auf, um die zierliche Jedi oben an der Einstiegsrampe stehen zu sehen.

»Jaina.« Kyp schenkte ihr ein freundliches Nicken. Er dachte an jene Zeit vor einigen Jahren, als er in sie vernarrt gewesen war, als sie noch eine Jugendliche und er ein jüngerer, egozentrischerer Mann gewesen war, der nicht erkannt hatte, dass sein Interesse an ihr mehr seiner eigenen Einsamkeit und Selbstwahrnehmung entsprang als irgendetwas anderem.

Nun tat er so, als ob sie ihm nie mehr bedeutet hatte, als es die Tochter seines ältesten noch lebenden Freundes tun sollte. Sie selbst musste sich wahrscheinlich gar nicht verstellen. Nachdem sie Kyp mit einem flüchtigen Lächeln bedacht hatte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Mara zu. »Also, kann ich Zekk und Ben jetzt zum Tempel bringen?«

Mara nickte. »Ich glaube, schon. Kyp, gibt es irgendwelche Gründe, damit noch zu warten?«

»Nein.« Er warf einen Blick zur Linken, wo sich der nahe gelegene Jedi-Tempel deutlich gleich hinter dem Heck der Jadeschatten abzeichnete. »Es sei denn, ihr wollt eure Triebwerke schonen – in dem Fall kann ich euch einfach aufnehmen und euch dort drüben absetzen.« Er streckte seine Hand aus, die Handfläche nach oben, eine übermäßig dramatische Geste, und die Jadeschatten vibrierte einen Moment lang, bewegt von der Kraft, die er mittels der Macht darauf wirken ließ.

Jaina bedachte ihn mit einem mahnenden Blick, dann drehte sie sich um, und die Einstiegsrampe hob sich, um sie zu verbergen.

»Wie geht es Zekk?«, fragte Kyp.

Mara wirkte unbekümmert. »Er wird wieder vollständig genesen. Die Chirurgen auf Hapes sind ausgesprochen kompetent. Aber er wird für eine Weile außer Gefecht sein.« Auf einmal schlich sich Sorge in ihre Miene. »Wie viele Leute wissen, wie das passiert ist?«

»Im Augenblick bloß ich allein.« Kyp deutete auf die andere Seite der Plattform, neben dem Depot. »Mein Speeder ist dort drüben.« Und während sie auf sein Fahrzeug zuschritten, fuhr er fort: »Man hat mir die Ermittlungen in diesem Fall übertragen.« Sämtliche Lichtschwertvorfälle, bei denen irgendein Lebewesen zu Schaden kam, mussten untersucht werden, und jeder Meister, der im Tempel seinen Dienst versah, konnte willkürlich ausgewählt werden, die entsprechende Ermittlung zu leiten.

Maras Gesicht wurde hart. »Jeder, der Zeuge des Vorfalls wurde, sagt, dass es ein Unfall war.«

Kyp nickte. »Natürlich, und aus Lukes Bericht geht ziemlich klar hervor, was geschehen ist. Sollte ich also mit unseren Bräuchen brechen und überhaupt keine Nachforschungen anstellen, sondern den Tag freinehmen?« Sie erreichten den Rand der Plattform und Kyps Luftspeeder, ein langes, schmales gelbes Gefährt mit komfortablen Vordersitzen und einem Rücksitz, der aussah, als wäre er von der Größe her für Kinder gedacht. Kyp hüpfte auf den Pilotensitz und hielt Mara galant eine Hand hin.

Sie schenkte ihm einen tadelnden Blick und sprang mit einem Satz an ihm vorbei auf den Beifahrersitz im Fond. »Nein, natürlich nicht.« Sie setzte sich. »Ich nehme an, ich bin in dieser Sache bloß ein wenig empfindlich. Mein Sohn ist in einen Lichtschwert-Zwischenfall verwickelt. Mit einem Mal habe ich das Gefühl, als würden die Augen sämtlicher Jedi der Galaxis auf mir ruhen.«

Luke kletterte auf den Rücksitz und nahm hinter Kyp Platz. »Also, was hat das alles zu bedeuten?«

Kyp aktivierte den Speeder, der schwungvoll rückwärtsschoss, bis auf wenige Meter an den nächstgelegenen Verkehrsstrom heran. »Du brauchst nicht direkt hinter mir zu sitzen. Vertrau mir.« Er schwenkte so herum, dass sie in die Richtung blickten, in die der Verkehrsstrom floss, und beschleunigte so rasant, als würde er einen Millennium-Falken-Simulator bedienen.

»Warum nicht … oh.«

Vom Wind erfasst, wurde Kyps Haar aus der Kapuze seines Jedi-Umhangs gerissen, und die Haarspitzen peitschten bloß Zentimeter vor Lukes Augen umher und kitzelten bisweilen seine Nase.

Luke rutschte zur Seite, in die Mitte des Sitzes. »Du hast es wachsen lassen.«

Kyp griff nach oben, um sich nachsichtig übers Haar zu streichen, dann grinste er angesichts seiner gespielten Zurschaustellung von Eitelkeit. »Ich habe eine Lady kennengelernt, der es lang gefällt. Und der all das Grau darin egal ist.«

»Herzlichen Glückwunsch. Also, noch mal, was hat das alles zu bedeuten?«

»Staatschef Omas und Admiralin Niathal wollten dich nach deiner Rückkehr von Hapes sehen. Sie haben mich gebeten, dich hinzubringen. Du kannst dich natürlich dagegen entscheiden, falls der Zeitpunkt nicht gut ist.«

Mara bedachte ihn mit einem verwirrten Stirnrunzeln. »Geht es dabei darum, was auf Hapes passiert ist?«

»Irgendwie schon.« Kyp schenkte ihr ein breites, streitlustiges Lächeln. »Diesmal wollen sie, dass Luke Jacen zum Jedi-Meister ernennt.«

AUSSERHALB DES CORELLIANISCHEN SYSTEMS – FRACHTSCHIFF BREATHE MY JETS

Captain Uran Lavint war eine Erbin der Gepflogenheiten von Han Solo.

So sah sie sich zumindest selbst. Tatsächlich war sie eine Schmugglerin. Und noch dazu eine, die sich nicht mit kleinen Fischen abgab. Ihr Frachtschiff, die Breathe My Jets, besaß genügend Lagerfläche, um mehrere Millennium Falken aufzunehmen. Auch unternahm sie nicht immer bloß einzelgängerische Schmuggeltrips – einige Aufträge, wie dieser hier, waren eher kleine Flottenoperationen.

Trotzdem war sie nicht reich, nicht einmal finanziell gut gestellt. Ihre Gläubiger – erfolgreichere Schmuggler, Mitglieder des organisierten Verbrechens – verlangten jetzt ihr Geld zurück, wann immer sie mit ihr in Verbindung treten konnten, wann immer es ihnen gelang, sie während der kurzen Raumhafenaufenthalte der Breathe My Jets einzuholen. Man hatte sie bedroht, bei einer Landung auf Tatooine war sie verprügelt worden, und Gerüchte besagten, dass ein Gläubiger es aufgegeben und einen Kopfgeldjäger angeheuert hatte, um sie zu eliminieren und anderen zu demonstrieren, wie töricht es war, nicht rechtzeitig zu zahlen.

Sie brauchte diesen Auftrag, um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Wenn alles glattging, würde sie alle Schulden bezahlen und noch mal von vorn anfangen. Falls nicht, lief es womöglich darauf hinaus, dass sie aus erster Hand erfuhr, was sich hinter dem Begriff Explosive Dekompression verbarg.

Sie blickte durch das Sichtfenster der Brücke auf den fernen Stern Corell hinaus, während sie sich in ihrem Kapitänssessel lümmelte. Sie ließ sich nicht hängen, weil sie niedergeschlagen war, sondern aus reiner Gewohnheit, und zudem war es eine bewusste Zurschaustellung jener Gleichmütigkeit, die ihr den Ruf eingebracht hatte, auch unter Beschuss absolut die Ruhe zu bewahren. Obwohl als Kind wohl situierter Eltern im mittleren Führungsdienst auf Bespin geboren, hatte sie eine Haut wie Tatooine-Leder und ein zerklüftetes Gesicht, das von einem herabhängenden Schnurrbart durchaus profitiert hätte.

Widerwillig setzte sie sich aufrecht hin. Sie warf dem kleinwüchsigen jungen Hutten auf der eigens entworfenen Co-Piloten-Couch neben sich einen Blick zu und nickte. »In Ordnung, Blatta. Schalt mich drauf.«

Blatta legte einen Schalter an der Kontrolltafel vor sich um, woraufhin ein Bildschirm aufleuchtete und Captain Lavints Gesicht zeigte – eine Live-Holokamera-Übertragung. Er sprach im typischen tiefen, lang gezogenen Hutten-Tonfall. »Auf Sendung in fünf, vier, drei …« Er hielt zwei Finger hoch, signalisierte stumm den weiterlaufenden Countdown, dann einen Finger, dann schloss er die Faust, um ihr zu bedeuten, dass sie sendeten.

Lavint blickte in die Holokamera. »Kapitän an Flotte. In einer Minute übermittle ich die Navigationsdaten für unseren letzten Sprung. Dieser Sprung wird uns so nah heranbringen, wie die Anziehungskraft des Planeten Corellia es zulässt, und dann wird eins von zwei Dingen passieren – dann werden wir entweder von Streitkräften der Galaktischen Allianz angegriffen, oder nicht.

Falls nicht, herzlichen Glückwunsch – die Ausrüstung und das Bakta, das wir befördern, wird uns ordentliche Profite einbringen. Falls doch, sind unsere Anweisungen klar: abdrehen und fliehen, geradewegs nach unten in Corellias Atmosphäre. Dann ist jedes Schiff auf sich selbst gestellt. Wenn ihr seht, wie euer bester Freund attackiert wird, wünscht ihm alles Gute und begebt euch schleunigst runter auf den Boden. Bleibt nicht zurück und kämpft darum, ihn zu retten.

Viel Glück.« Sie schenkte ihren Zuschauern ein forsches Nicken, und Blatta unterbrach die Übertragung.

»Navigationsdaten?«, fragte er.

»Übermittel sie.«

Das tat er. Im selben Augenblick erschien auf beiden Cockpit-Bildschirmen ein ablaufender Ein-Minuten-Countdown. Die Zeit reichte gerade aus, dass die Kapitäne und Navigatoren der Flotte die Daten herunterladen und testen konnten, aber es war nicht genügend Zeit, herumzutrödeln und noch mehr Muffensausen zu bekommen.

Mehr oder weniger als geschlossene Formation beschleunigten die mehr als dreißig Schiffe und Vehikel der Flotte, um geradewegs auf den fernen, noch unsichtbaren Planeten zuzuhalten. Die, die über Verteidigungsschilde verfügten, aktivierten sie. Und genau im selben Augenblick sah jede Cockpitbesatzung, wie sich die Sterne vor ihnen in die Länge zogen und zu dem axialen Wirbeln ansetzten, das das visuelle Merkmal des Eintritts in den Hyperraum war.

Der Sprung würde lediglich ein paar Sekunden dauern …

Es ging noch schneller. Sie waren bloß halb so lange im Hyperraum, wie sie es hätten sein sollen, als die Sterne aufhörten herumzuwirbeln und schlagartig wieder zu fernen Lichtpunkten zurückschnellten. Corell war größer, näher, aber nicht so nah, wie die Sonne hätte sein sollen, und sie hatten auch keinen beruhigenden Blick auf den Planeten Corellia direkt vor ihnen. Stattdessen war da leerer Weltraum, verziert mit dem gelegentlichen, sich schnell fortbewegenden farbigen Blinken von Licht.

Lavint fluchte, doch ihre Schmähtirade wurde von Blattas Ruf übertönt: »Feindliche Schiffe! Rangformation. Wir fliegen direkt darauf zu, und die beiden Flankengruppen nehmen unseren Verband in die Zange.«

»Welches ist das Abfangschiff?« Bei einem der feindlichen Schiffe musste es sich um eine Art Abfangkreuzer handeln, ein Hauptschiff, das Schwerkraftgeneratoren an Bord hatte – Geräte, die ein Gravitationsfeld von genügend Stärke erzeugten, um Schiffe damit geradewegs aus dem Hyperraum zu reißen.

Blatta ließ einen Lichtpunkt auf seinem Bildschirm aufleuchten, der daraufhin auch auf Lavints Schirm zu blinken begann. Er befand sich genau an der Spitze der Rangformation, direkt voraus von Lavints Schiff.

Lavint aktivierte die Komm-Verbindung. »Captain Lavint an Flotte. Formation beibehalten, passt euch meiner Geschwindigkeit an. Unser einzige Chance …«

Auf dem Sensorschirm verschwamm die forsche Linie ihrer Flotte, als jedes Mitgliedsschiff in eine andere Richtung abdrehte.

»Nein, nein, Formation beibehalten!« Sie konnte die Verzweiflung nicht aus ihrer Stimme heraushalten. Die ursprünglichen Anweisungen, sich aufzuteilen, machten bloß Sinn, wäre jedes Schiff bloß noch ein kleines Stück vom sicheren Hafen von Corellia entfernt gewesen – war das den Schwachköpfen denn nicht klar? »Wir müssen diesen Spießrutenlauf mit hoher Geschwindigkeit angehen …«

»Vergesst das«, drang eine Stimme über Komm; sie war weiblich und ein bisschen rau, Lavints eigener sehr ähnlich. »Hier spricht die echte Captain Lavint. Befolgt eure Befehle. Verteilt euch.« Diese Stimme klang ruhig, selbstbewusst.

Blatta nickte, als wäre er beeindruckt. »Klingt genau wie Sie.«

»Halt die Klappe.« Lavint brachte ihr Frachtschiff auf einen neuen Kurs, um von ihrer gegenwärtigen Position aus nach unten zu steuern.

Blatta stieß ein Seufzen aus; es klang, als würde ein Bantha Blähungen von sich geben. »Zumindest wissen sie nicht, welches Schiff welche Fracht transportiert. Da wir nicht das größte Schiff der Flotte sind, schenken sie uns vielleicht keine besondere Aufmerksamkeit …«

Die Breathe My Jets erbebte so stark, dass Lavints Zähne klappernd aufeinanderschlugen und Blatta erzitterte wie ein Teller voll corellianischem Würzpudding. Die Cockpitlichter wurden eine Sekunde lang schwächer.

Verzweifelt riss Lavint die Steuerknüppel in eine neue Richtung herum, doch die Breathe My Jets war kein kleines, flinkes Schiff. In den quälenden Sekunden, die es dauerte, das Frachtschiff auf einen neuen Kurs zu bringen, hörte sie, wie Blatta gefasst ihre Situation beschrieb: »Der imperiale Sternenzerstörer an der Backbordspitze der Rangformation feuert auf uns. Der erste Treffer hat unsere Triebwerke getroffen. Falls sie uns noch einmal erwischen …«

Die Breathe My Jets erbebte ein zweites Mal, hart genug, dass es Lavint von ihrem Sitz geworfen hätte, hätte sie die Sicherheitsgurte nicht angelegt. Die Lichter im Cockpit verdunkelten sich wieder, und einen Moment lang zeigten sämtliche Bildschirme bloß statischen Schnee.

Diesmal ging das Licht nicht wieder an, und das Frachtschiff reagierte nicht mehr auf Lavints Eingaben. Die Bildschirme klärten sich von der Statik. Von Notfallenergie betrieben, begannen sie, eine Liste der Schäden abzuspulen, die das Schiff erlitten hatte.

Blatta verfolgte, wie die Daten vorbeirollten. »Triebwerke ausgefallen.«

»Besten Dank für diese Holonachrichten-Aktualisierung.«

Blatta zuckte mit den Schultern. »Es war schön, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Captain. Ich wünschte mir bloß …«

»Was wünschtest du dir?«

»Dass Sie mit dem, was Sie mir schulden, nicht ein halbes Jahr im Rückstand wären.« Er schaltete seinen Hauptschirm um, um den Fortgang der Schlacht zu verfolgen, die nun überall um sie her tobte.

AUSSERHALB DES CORELLIANISCHEN SYSTEMS – ANAKIN SOLO

Jacen Solo stand auf dem Befehlsstand des Sternenzerstörers Anakin Solo und blickte durch die vorderen Sichtfenster nach draußen. Er konnte das letzte Flimmern und die letzten paar Blitze von Laserfeuer sehen, während sich diese nutzlose Raumschlacht ihrem Ende näherte.

Er beschloss, die Ereignisse nicht weiter auf den Computerschirmen zu verfolgen, sondern konzentrierte sich auf die Macht, tastete die Schiffe und andere Vehikels ab, die er ausmachen konnte, suchte nach Auffälligkeiten, Widersprüchen, Tragik.

Er fand keine. Die Schmuggler – ausmanövriert und unterbewaffnet – waren fast allesamt einem einzigen Schiff zum Opfer gefallen. Ein paar flinke Vehikel waren entkommen, weil sie den Sprung zur Lichtgeschwindigkeit geschafft hatten, bevor die Schlachtschiffe von Jacens Kampfverband sie lahmlegen konnten, aber das Gros der Schmuggler trieb hilflos umher, ihre Triebwerke von Laserfeuer zerstört oder die elektronischen Systeme von Ionenkanonen außer Gefecht gesetzt. Raumfähren glitten von Schiff zu Schiff, sammelten Schmuggelmannschaften ein, setzten die Besatzungen ab, die die gekaperten Schiffe zu den GA-Anlagen bringen würden, dirigierten Traktorstrahlen. In einer oder zwei Stunden würde dieser Bereich des Weltraums bis auf einige Trümmerwolken leer sein, bei denen es sich einst um Triebwerksgehäuse gehandelt hatte.

»Unsere Agentin würde gern mit Ihnen sprechen«, sagte Ebbak. Die dunkelhaarige Menschenfrau mit der Haut von der Farbe von Wüstensand war zwar klein und von unauffälliger Erscheinung, hatte sich für ihn jedoch als beträchtliche Hilfe erwiesen, seit man ihm die Anakin Solo unterstellt hatte. Als zivile Angestellte, die an Bord des Schiffs für die Datenanalyse zuständig war, hatte sie ein Gespür dafür entwickelt, welche Art von Informationen Jacen wann benötigte, wie auch dafür, sie ihm zur richtigen Zeit zu unterbreiten. Er fragte sich, ob sie womöglich daran interessiert wäre, ihren zivilen Posten gegen eine Beschäftigung bei der Garde der Galaktischen Allianz zu tauschen; jemanden mit ihren Fähigkeiten konnte er gut gebrauchen, sofern sich herausstellte, dass sie ebenso loyal wie pflichtbewusst war.

Sie war nicht wirklich neben ihm aus dem Nichts aufgetaucht – er hatte gespürt, wie sie an ihn herangetreten war –, doch sie hatte sich ihm lautlos genähert. Vielleicht hatte sie ja in Dingen, die eine gewisse Verstohlenheit erforderten, ebenfalls einiges Geschick.

Doch die Ablenkung verärgerte Jacen. Er war mit Details über die Gefangennahme der Schmugglerflotte beschäftigt gewesen und dachte auch schon über sein bevorstehendes Treffen mit dem corellianischen Abgesandten nach. »Warum sollte ich mit ihr reden wollen? Und, bitte, nennen Sie sie nicht unsere Agentin. Sie hat ihre Kameraden für Geld verraten. Sie ist nichts als eine Tagelöhnerin, die derzeit für uns arbeitet. Sie ist eine Verräterin an ihren Leuten. Sie ist niemandes Agentin, außer ihrer eigenen.«

Ebbak hielt inne, dann beschloss sie wohl, nicht auf diese letzten paar Kommentare einzugehen. »Was sie möchte, hat sie nicht gesagt. Doch da sie bereits bewiesen hat, dass sie über Informationen verfügt, die für uns von Nutzen sind …«

»Ja, ja.« Jacen nickte. »Wo ist sie?«

»In Ihrem Büro.«

Jacen folgte ihr bis in sein Büro an Bord der Anakin Solo. Dort warteten zwei Personen: ein großer Mann, der die Uniform des Schiffssicherheitsdienstes trug, und eine Frau, die sich erhob, als Jacen und Ebbak eintraten.

Jacen blickte in das verwitterte Gesicht von Captain Uran Lavint. »Ja?«

Lavint hielt inne, offenbar abgeschreckt von seiner distanzierten, brüsken Art. »Ich wollte einfach bloß wissen, ob Sie irgendwelche Rückfragen oder – um genauer zu sein – Aufträge für mich haben, bevor ich abfliege.«

Jacen unterdrückte ein Seufzen. »Erstens würde ich eine Geschäftsbeziehung zu jemandem, der seine Kameraden verkauft, nie über das unbedingt nötige Maß hinweg aufrechterhalten. Zweitens lügen Sie.«

Lavint lief rot an, doch ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. »In Ordnung. In erster Linie wollte ich Sie einfach bloß kennenlernen.«

»Aha.« Jacen hielt inne und erwog seine nächsten Worte mit Bedacht. »Lavint, Sie haben jetzt alle Zeit der Galaxis zur freien Verfügung. Sie haben mehr als dreißig befreundete Schmuggler verraten und sich damit genügend Credits verdient, um all Ihre Schulden zu bezahlen und neu anzufangen, sei es nun als Schmuggler oder als Gesetzestreue. Sie können umherreisen, Sie können herumtollen, Sie können sich entspannen. Ich andererseits habe keine Zeit zu vergeuden. Und Sie haben gerade einiges davon vergeudet. Das findet keineswegs meine Zustimmung.« Er wandte sich an den Sicherheitsoffizier. »Bringen Sie sie runter in den Delta-Hangar, setzen Sie sie in ihr Schiff und schaffen Sie sie von meinem Schiff.«

Lavint räusperte sich. »Die Breathe My Jets ist im Gamma-Hangar. Und es wird mindestens einige Standardtage dauern, die Triebwerke zu reparieren.«

»Das ist richtig. Im Zuge der gegenwärtigen militärischen Krise beschlagnahme ich die Breathe My Jets.« Jacen zog sein Datenpad aus der Tasche und warf einen Blick darauf. »Ihr Schiff ist jetzt die Duracrud.«

»Die Duracrud?« Lavint spie den Namen fast aus. »Das ist eine runtergekommene YV-666, die älter ist als ich. Das ist ein Backstein mit Flügeln und einer Außenhülle, die mehr Gase durchlässt, als ein Hutte mit Blähungen absondert. Das Ding ist bloß einen Bruchteil so groß wie die Breathe My Jets.«

»Und genau die Art von Schiff, die eine Schmugglerin braucht, um eine neue Laufbahn einzuschlagen.«

»Unsere Vereinbarung …«

»Unsere Vereinbarung besagte, dass Sie eine bestimmte Summe von Credits erhalten – Ebbak, Sie haben ihr doch den Überweisungsbeleg gezeigt und ihr die Daten gegeben, damit sie das Geld von dem Konto auf Bespin abheben kann? – und dass man Ihnen gestattet, mit Ihrem Schiff wieder abzufliegen, abzüglich Ihrer Fracht. Die Vereinbarung ging nicht näher darauf ein, welches Ihr Schiff sein wird.« Er fixierte Lavint mit ungerührtem Blick. »Wären Sie jetzt vielleicht so freundlich, nicht noch mehr meiner Zeit zu verschwenden?«

Der Blick, mit dem sie ihn bedachte, war mörderisch. Er verstand, warum. Er hatte ihr gerade ihr Schiff weggenommen – ihr geliebtes Geschäft und ihr Zuhause – und ihr stattdessen eine Schrottmühle überlassen. Sein Vater, Han Solo, hätte sich jetzt genauso gefühlt.

Aber Uran Lavint war nicht Han Solo, und Jacen machte sich keine Sorgen, dass sie vielleicht eines Tages zurückkehren würde, um ihm Kummer zu bereiten. Aus ihren Unterlagen ging klar hervor, dass sie keine Ziele hatte, keinen Antrieb, abgesehen von der Beschaffung von Credits. Sie war ein Nichts.

Lavint wandte sich ab, die Körperhaltung steif, und marschierte zur Tür, den Sicherheitsmann hinter sich. Dann, als die Türen aufglitten, blieb sie stehen. Ohne sich umzudrehen, fragte sie mit leiser Stimme: »Wie ist das, früher mal ein Held gewesen zu sein?« Dann ging sie hinaus, und die Tür schloss sich zischend hinter ihr.

Jacen spürte, wie er errötete. Er zwang seine Wut nieder. Er durfte nicht zulassen, dass ihn ein Insekt wie Lavint aus der Fassung brachte. Allerdings war eine zusätzliche Bestrafung zweifellos angemessen.

Er wandte sich an Ebbak. »Mein Vater hatte stets endlosen Ärger mit dem Millennium Falken. Der Hyperantrieb ist ständig ausgefallen, dann hat er immer dem ganzen Universum erzählt, dass das nicht seine Schuld wäre, und er hat es repariert und ist wieder seinen Geschäften nachgegangen.« Er nickte in Richtung der geschlossenen Tür. »Sorgen Sie dafür, dass sie erst später in der Hangarbucht eintrifft. Lassen Sie den Hyperantrieb der Duracrud so manipulieren, dass er nach einem Sprung katastrophal versagt.«

»Ja, Sir.« Ebbak dachte darüber nach. »Da sie eine Schmugglerin ist, wird sie ihr erster Sprung ins Nirgendwo befördern, zu irgendeinem sicheren Punkt weit weg von einem Planetensystem und den Raumstraßen. Dann sitzt sie dort fest.«

»Das ist richtig. Und währenddessen hat sie Gelegenheit, sich intensiv mit ihrem Hyperantrieb vertraut zu machen.«

»Sie könnte sterben.«

»Und falls sie es nicht tut, wird dieses Erlebnis sie zu einem besseren Menschen machen. Höflicher, vermutlich.«

»Ja, Sir.« Ebbak ging zur Tür, die sich für sie öffnete. »Sir, Ihr Treffen mit Admiral Antilles ist in einer Stunde.«

Jacen warf einen Blick auf seine Uhr. »Das stimmt. Vielen Dank.«

»Und, Colonel, falls Sie mir eine persönliche Bemerkung gestatten …«

»Fahren Sie fort.«

»Sie sehen nicht gut aus.«

Er schenkte ihr ein humorloses Grinsen. »Krisen haben diese Auswirkung auf Männer. Ich komme wieder in Ordnung.«

Die Tür glitt hinter ihr zu.

2. Kapitel

Exakt eine Stunde später kehrte Ebbak zurück, in Begleitung von Admiral Wedge Antilles von Corellia. Der alternde Militäroffizier, der hoch aufgerichtet eintrat und sich mit der Leichtigkeit eines Mannes bewegte, der halb so alt war wie er, trug die Galauniform eines Offiziers der corellianischen Verteidigungsstreitkräfte und stellte einen ernsten Gesichtsausdruck zur Schau, der seine Emotionen wie eine Maske verbarg. Selbst durch die Macht konnte Jacen nur wenig von dem aufschnappen, was Wedge fühlte – Wachsamkeit, Zuversicht, die möglicherweise erzwungen war, aus Selbstbeherrschung geborene Geduld.

Jacen erhob sich hinter seinem Schreibtisch, um Wedge die Hand zu schütteln. Er bedeutete Ebbak mit einer Geste, sie allein zu lassen, was sie ohne ein Wort tat. Jacen nahm wieder in seinem Sessel Platz und wies auf das bequeme, hochlehnige Gegenstück auf der anderen Seite des Tisches, der allein für dieses Treffen dort stand. »Setzen Sie sich.«

»Vielen Dank.« Wedge kam der Aufforderung nach, seine Haltung perfekt, und Jacen verspürte ein winziges Kribbeln der Verärgerung. Wedge musste sich darüber im Klaren sein, dass Corellia unter den gegebenen Umständen geschlagen war – er hätte zumindest den Anstand besitzen können, nicht vorzugeben, es sei anders.

»Ich weiß, dass Sie es nicht mögen, Zeit zu verschwenden«, fuhr Jacen fort. »Also, haben Sie eine Stellungnahme zu Ihrer aktuellen Situation für mich?«

Auf einmal sah Wedge verwirrt drein, wenn auch nur ein wenig. »Eine Stellungnahme zu unserer aktuellen Situation?«

»So etwas wie: Es ist eindeutig, dass Corellias Situation hoffnungslos ist, deshalb bin ich hier, um vernünftig mit Ihnen zu reden.«

Wedge gluckste. »Ich bin hier, weil Sie ein Treffen mit einem hochrangigen Abgesandten des Militärs oder der Regierung von Corellia vorgeschlagen haben. Sie sind hier, weil Sie auf Hapes einen militärischen Sieg errungen haben – einen, der in den Medien spektakulär breitgetreten wurde, und lassen Sie mich noch hinzufügen, dass ich Ihnen dazu herzlich gratuliere. Und jetzt wollen Sie diesen Vorteil weiter ausreizen und mit Corellia Frieden schließen, um Ihre glänzende politische Karriere weiter anzustoßen.«

Jacen spürte, wie Wut in ihm aufblitzte, und verdrängte sie augenblicklich. Wedges Worte trafen beinahe ins Schwarze. Falls es Jacen gelang, hier in den nächsten paar Tagen ein Friedensabkommen auszuhandeln, würden alle davon profitieren – Corellia, die Galaktische Allianz und Jacen selbst. »Sie befinden sich in keiner sonderlich guten Position, um die Motive und Redlichkeit anderer in Frage zu stellen. Nicht nachdem Corellia den Putschversuch auf Hapes initiiert hat.« Der Zorn in seiner Stimme war echt.

Wedge schwieg einen langen, eisigen Moment. »Weil ich glaube, dass Sie davon wissen sollten, werde ich Ihnen jetzt etwas erzählen, das als corellianisches Regierungsgeheimnis gilt: Ich wusste nichts von der Verschwörung gegen Hapes. Wie Sie bereits wissen, hatte ich mit der Planung des Putsches nichts zu tun.«

»Woher sollte ich das wohl wissen?«

»Weil er fehlgeschlagen ist.«

Jacen hätte beinahe gefragt, ob streitlustiger Übermut zum Genmuster aller Corellianer gehörte, doch er widerstand dem Drang. Sein eigener Vater war der archetypische Corellianer, und wenn einem streitlustiger Übermut Credits eingebracht hätte, wären die Solos die wohlhabendste Familie der Galaxis gewesen.

Jacen bedachte Wedge mit einem herablassenden Blick. »Sie müssen mir jetzt noch nicht anbieten, sich zu ergeben. Die Kriegsverbrechensprozesse haben nicht einmal angefangen. Und falls Ihr Verhandlungsgeschick besonders ausgeprägt ist, kommt es vielleicht überhaupt nicht dazu. Also lassen Sie uns wieder zum Thema kommen. Admiral, Ihre Situation ist hoffnungslos. Das corellianische System ist umzingelt, durch eine Blockade abgeschottet. Obwohl zahlreiche Planeten getönt haben, Sie zu unterstützen, als sich Corellia zu offenem Ungehorsam bekannte, hat nicht ein einziger zur Unterstützung Corellias aufbegehrt; Sie haben keine Freunde mehr. Und Ihnen gehen lebenswichtigen Vorräte aus. Der Schmugglerkonvoi, den Sie vor ungefähr einer Stunde erwartet haben, hat sich nicht verspätet, sondern ist uns in die Falle gegangen, und jetzt kommt all dieses Bakta, all diese Munition der GA zugute.«

Wedge lächelte. »Erst sagen Sie, wir hätten keine Freunde, und dann behaupten Sie, Sie hätten Leute festgenommen, die versucht haben, uns unerlässliche Güter zu bringen.«

»Das waren Schmuggler, keine Freunde.«

»Manchmal werden Schmuggler zu Freunden. Ihr Vater und ich waren Schmuggler, die sich der Rebellenallianz angeschlossen haben. Und jetzt, nachdem Sie diese Fracht beschlagnahmt haben, anstatt dafür zu bezahlen, können Sie sicher sein, dass sich weniger Schmuggler als vorher mit der Galaktischen Allianz anfreunden werden. Wollen Sie vielleicht behaupten, dass die GA keine Freunde braucht? Oder brauchen Sie einfach keine Freunde wie mich und Ihren Vater?«

»Wir kommen schon wieder vom Thema ab.«

»Stimmt.« Mit einem Schlag wirkte Wedge abgespannt, nachdenklich. »Ich will ehrlich sein. Ich hätte gern, dass sich Corellia wieder mit der GA vereint. Falls das nicht passiert, wird etwas sehr Schlimmes passieren.«

»Jetzt verstehen wir uns.«

»Falls sich Corellia der GA nicht wieder anschließt, falls wirklich Krieg ausbricht … Dann bekomme ich von der GA womöglich nie meine Pension.«

»Wedge …«

»Ich habe mir diese Pension verdient. Jahrzehntelanger Dienst.«

»Jetzt mal im Ernst …«

»In Ordnung, dann im Ernst.« Aller Humor verschwand, und Wedge fixierte Jacen mit starrem Blick. »Sie haben es hier mit einer Koalitionsregierung zu tun, die bislang noch nicht gefestigt ist. Thrackan Sal-Solo ist noch nicht besonders lange tot, und unter seinem Grabstein kriechen immer noch irgendwelche Larven hervor. Wir brauchen Zeit, um die auszurotten. Sie haben keinen Grund zur Eile. Sie benötigen von uns heute keine Reaktion, auch nicht morgen oder nächste Woche, und jede Reaktion, die Sie in nächster Zeit provozieren, ist eine, die keinen von uns glücklich machen wird. Lehnen Sie sich zurück, haben Sie Geduld, verhandeln Sie in gutem Glauben, und ich habe jeden Grund zu der Hoffnung, dass sich Corellia wieder in die GA einfügen wird.«

»Also gehen Sie zurück und empfehlen, dass Corellia sich uns ergeben soll?«

Wedge schüttelte den Kopf. »Nicht in tausend Jahren.«

»Worüber reden Sie dann?«

»Ich werde vorschlagen, dass sich Corellia der GA wieder anschließt. Dafür verlange ich volle Anerkennung der üblichen planetaren GA-Mitgliedschaftsbedindungen, aber keine Reparationsleistungen. Keine Strafmaßnahmen, keine zusätzlichen Zölle, keine Hinter-dem-Rücken-Aktivitäten gegen Corellianer. Stattdessen fordere ich, dass Sie Ihre Bemühungen, die corellianische Reputation in den Augen der GA-Bevölkerung zu untergraben, rückgängig machen. Könnten Sie auf eine Resolution in diesem Sinne hinarbeiten?«

»Das … könnte ich. Aber falls es zu irgendwelchen weiteren Vorfällen kommt wie den Bombenanschlägen in Coruscant, könnte das alles hinfällig sein.«

»Verstanden.« Wedge entspannte sich ein wenig, und ein bisschen von der Steifheit verschwand aus seiner Miene, aus seiner Haltung. »Also, was haben Sie vor, wenn die ganze Aufregung vorbei ist? Bleiben Sie bei Ihrer planetaren Polizeitruppe, oder durchstreifen Sie wieder die Galaxis und retten Frischlinge von Bäumen? Darin waren Sie früher mal ziemlich gut.«

Jacen kaschierte seine leichte Verärgerung, indem er mit den Schultern zuckte. »Ich werde sowohl meine Arbeit für die Garde der Galaktischen Allianz fortsetzen als auch meine Studien, nehme ich an.«

»Hmmm. Dann sind Sie wohl der Politik verfallen, was? Oder gefällt es Ihnen bloß, wie Sie in Uniform aussehen?«

Jacen seufzte gereizt. »Jetzt machen Sie sich schon wieder über mich lustig. Ich denke, wir haben alles geklärt, was es bei diesem Treffen zu klären gab.«

»Das glaube ich auch.« Wieder ernst, erhob sich Wedge. »Jacen, dürfte ich Ihnen etwas sagen, nicht als Offizier oder Vermittler, sondern als alter Freund der Familie?«

Jacen stand ebenfalls auf. »Etwas Inoffizielles, meinen Sie? Natürlich.«

»Nein, nein. Offiziell, inoffiziell, das spielt keine Rolle. Als alter Freund der Familie. Können Sie mir als altem Freund Gehör schenken?«

Noch immer ein wenig verwirrt, nickte Jacen.

»Ein anderer alter Freund von mir, Wes Janson, der nichts in der Galaxis ernst nahm, sofern er nicht gezwungen war, einen Gegner zu töten, oder versuchte, seine Position deutlich zu machen, sagte einst zu mir: ›Der wahre Beleg dafür, dass jemand zum Fanatiker geworden ist, ist der, dass er hinsichtlich einiger wichtiger Facetten seines Lebens vollkommen den Humor verliert. Wenn jemandem der Humor abhandenkommt, hat er seine Perspektiven verloren.‹ Jacen, Sie haben Ihren Sinn für Humor im Hinblick auf … nun, alles eingebüßt, und Sie tun Dinge, die Sie niemals getan hätten, als Sie jünger waren. Was hat das zu bedeuten?«

Jacen schüttelte den Kopf. »Jedenfalls bedeutet es nicht, dass ich mit einem Mal ein Fanatiker bin. Es bedeutet bloß, dass ich erwachsen geworden bin.«

»Sieh an.«

»Ebbak wartet draußen. Sie wird Sie zurück zu Ihrer Raumfähre begleiten.«

Als Wedge fort war, setzte sich Jacen wieder und starrte die Bürotüren an, ohne sie wahrzunehmen.

Verflucht, Wedge, dachte er. Als ob der Verlust von Humor irgendetwas mit Fanatismus zu tun hätte. Als ob …

Am Rande seines Bewusstseins zog ein Gedanke seine Kreise. Es ging um etwas, für das Captain Lavint den Funken gelegt, etwas, das Wedge zu einer flackernden Flamme angefacht hatte. Doch er bekam es nicht richtig zu fassen.

Vielleicht musste er die Sache bloß genauer betrachten.

Captain Lavint dachte, Jacen wäre einst ein Held gewesen. Gewiss, wenn solche Dinge an der Zahl von Bewunderern gemessen wurden, war er jetzt ein größerer Held als je zuvor, und doch war sie der Ansicht, dass er dieser Bezeichnung nicht länger gerecht wurde. Warum? Weil er ein Urteil über sie gefällt hatte? Vielleicht? Womöglich lag es daran, dass das, was er ihr angetan hatte, seinem Vater das Herz gebrochen hätte – oder das Herz jedes Schmugglers. Vielleicht lag es daran, weil er ihr dort wehgetan hatte, wo sie am verletzlichsten war. Das war nicht unbedingt eine heroische Tat, räumte er ein, aber es war gerecht. Also lassen wir diese Sache für den Augenblick ruhen.

Dass er seinen Sinn für Humor verloren hatte, bedeutete nach Wedges Meinung, dass er zu einem Fanatiker geworden war. Ob das nun zutraf oder nicht, Jacen musste zugeben, dass es zumindest ein Beleg dafür war, dass er sich verändert hatte.

Sowohl Lavint als auch Wedge hatten Veränderungen zur Sprache gebracht, die Jacen selbst ebenfalls aufgefallen waren, und irgendwie machte ihm diese Erkenntnis zu schaffen.

Einen Moment lang versuchte er, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie er als Jugendlicher gewesen war, vor dem Krieg gegen die Yuuzhan Vong: einfältig, zufrieden, für gewöhnlich in Begleitung seiner Zwillingsschwester Jaina und seines jüngeren Bruders Anakin, allzu selten in Gesellschaft seiner Eltern … Sein allgegenwärtiger Sinn für Humor hatte sich normalerweise in Form fürchterlicher Witze gezeigt, die er in den vier Winkeln der Galaxis aufgeschnappt hatte.

Und dann waren da die Tiere gewesen, Wedges »Frischlinge in den Bäumen«. Es hatte eine Zeit gegeben, da war er imstande gewesen, einen Sandpanther mit seinem Charme zum Schnurren zu bringen und sich die Jungen jeder beliebigen Spezies zum Freund zu machen. Wie lange war es schon her, seit er das zum letzen Mal gemacht hatte? Seit er das hatte machen wollen?

Tiere, böse Tiere mit rasiermesserscharfen Zähnen und ihrem Hass auf Jedi …

Er schnellte aus dem Halbschlaf auf, in den er gesunken war, jedoch ohne sich aufzusetzen. Er hatte eine Antwort gefunden. Auf der Höhe des Yuuzhan-Vong-Krieges hatten er, Jaina, Anakin und eine Eliteeinheit junger Jedi-Ritter eine Mission auf einen feindlichen Planeten angeführt, um dort die Voxyn zu zerstören – Kreaturen, die von den Yuuzhan Vong gezüchtet worden waren. Kreaturen, die die Macht spüren konnten und die zahlreiche Jedi gejagt und ihnen das Leben genommen hatten, bevor sie im Zuge jener Mission vernichtet worden war.

Allerdings war Anakin auf dieser Mission tödlich verwundet worden. Und gestorben.

Mit einem Mal waren aus den drei Kindern von Han und Leia Organa Solo zwei geworden. Mit einem Schlag waren sie nicht mehr unbesiegbar, unverletzbar, unsterblich gewesen. Plötzlich hatte es in seinem Leben, in seinem Universum keinen Platz mehr für Humor gegeben.

Und von diesem Zeitpunkt an schienen alle Tiere die Fratzen der Voxyn zu tragen. Sie waren nicht mehr länger seine Freunde.

Jacen war gefangen genommen worden und den Yuuzhan Vong in die Hände gefallen. Vergere, die manchmal Jedi, manchmal Sith, manchmal keins von beidem gewesen war, hatte sich um ihn gekümmert. Sie hatte ihn viel gelehrt, einschließlich dessen, wie man unempfänglich für Schmerz wurde oder ihn sogar willkommen hieß. Wie man überlebte, wenn man in der Macht ertrank oder davon abgeschnitten war. Wie man ein Mensch oder ein Yuuzhan Vong oder keins von beidem war.

Sie hatte ihm beigebracht, sich von allem zu distanzieren, sollte die Situation dies erfordern.

Und jetzt, mehr als ein Jahrzehnt nach diesen Ereignissen, nach ihrem Tode, sah er einen weiteren Grund, warum dies so wichtig war. Allein die Loslösung bietet Perspektiven. Alles Lernen profitiert von Perspektiven. Deshalb profitiert alles Lernen von Loslösung.

Was nicht erklärte, warum die Kommentare von Wedge und der Schmugglerin ihn so verärgert hatten.

Sie tun Dinge, die Sie niemals getan hätten, als Sie jünger waren.

Wie etwa auf den Millennium Falken zu feuern.

Dieser Gedanke spülte schlagartig über ihn hinweg, wie einer von Lukes Lichtschwert-Angriffen, und Jacen war außerstande, ihn zu parieren, ihn abzuwehren, so zu tun, als hätte es ihn nie gegeben.

Einige Tage zuvor hatte er mit den Langstrecken-Turbolasern der Anakin Solo auf den Millennium Falken schießen lassen.

Ich war mir nicht sicher, ob es der Falke ist. Die Transponder-Erkennung des Schiffs lautete Longshot.

»Du wusstest es.«

Die erste Stimme war seine eigene. Die zweite Stimme ähnelte seiner ein bisschen, war jedoch ein Flüstern – mehr die von Vergere vielleicht.

Ich … wusste, dass es der Falke war. Ich wusste, dass ich auf meine Mutter und meinen Vater feuerte. Aber ich dachte, sie wären zu Feinden geworden. Ich dachte, sie hätten mich verraten, Tenel Ka, unsere Tochter.

»Also hast du beschlossen, sie zu töten?«

Nein … Ich wusste, dass der Falke einem oder zwei Turbolasertreffern standhalten würde. Ich habe nicht versucht, sie zu töten.

»Doch, das hast du.«

Jacen seufzte, bezwungen von der Unbarmherzigkeit seiner eigenen Analyse. Ja, das habe ich. Ich habe versucht, sie zu töten. Wegen dem, was ich glaubte, dass sie versucht hatten, Allana anzutun.

»Und du warst gewillt, Zekk zu töten, sogar Ben, sogar Jaina, um das zu bewerkstelligen.«

Das ließ Jacen die Stirn runzeln. Um genau zu sein, ich war nicht gewillt, sie zu töten, dachte er, sondern sie zu opfern.

»Für das übergeordnete Wohl. Für die Auslöschung von zwei Gegnern. Von Gegnern, die einfallsreich sind und unnachgiebig.«

Ja.

»Dann war es die richtige Entscheidung.«

Aber ich habe mich geirrt! Wie sich herausstellte, waren sie nicht an dem Putschversuch beteiligt.

»Richtig. Aber auf Grundlage dessen, was du zum damaligen Zeitpunkt wusstest oder zu wissen glaubtest, war es dennoch die richtige Entscheidung.«

Jacen nickte.

»Und deshalb würdest du es wieder tun. Wenn du wüsstest – wirklich wüsstest –, dass sie deine Feinde sind, dass sie zwischen dir und dem galaktischen Frieden stehen. Oder zwischen dir und deiner Tochter.«

Ja.

»Gut.« Der Tonfall in seinem Verstand klang mehr und mehr wie der von Vergere. »Du lernst immer noch dazu.«

Und du unterweist mich noch immer. Obwohl du tot bist.

Darauf folgte keine Antwort. Aber Jacen war ruhig, zufrieden.

Seine Entscheidung war richtig gewesen. Allein die Daten, auf denen sie basiert hatte, waren mangelhaft gewesen. Er war imstande, es wieder zu tun, falls er musste.

Er war in der Lage, eine geringere Sache zum Wohle einer größeren zu opfern, ein geringeres Wohl für ein größeres, eine geringere Liebe für eine größere. Lumiya, seine Sith-Lehrmeisterin, wäre erfreut – falls sie noch am Leben war.

Und endlich begriff er, dass der Junge, der er einst gewesen war, der optimistische, Witze reißende, tierliebe, entführungsgeplagte Jedi-Bursche, tot war, erschlagen auf derselben Mission, die das Leben seines Bruders Anakin gefordert hatte.

Als Jacen zu guter Letzt verstand, was geschehen war, vermisste er sein jüngeres Selbst nicht länger.

Und schließlich schlief er ein.

3. Kapitel

CORUSCANT – SENATSGEBÄUDE DER GALAKTISCHEN ALLIANZ – BÜRO VON STAATSCHEF OMAS

Dieses Mal war es ein kleines, vertrauliches Treffen zwischen Luke, Mara, Staatschef Omas, Admiralin Niathal und Kyp. Draußen im Empfangszimmer warteten Männer und Frauen vom Regierungssicherheitsdienst, und wenn Luke Leute von diesen Schlag so gut kannte, wie er glaubte, waren sie unruhig, unzufrieden darüber, nicht im Raum parat stehen zu dürfen, um die Regierungsführer zu beschützen, falls die Jedi beschlossen, Ärger zu machen.

Darüber konnte Luke bloß grinsen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jedi-Ritter in einer Situation wie dieser Ärger machten, war schätzungsweise genauso groß wie die, dass sich Cal Omas oder Admiral Niathal selbst zum neuen Imperator beziehungsweise zur neuen Imperatorin ausriefen. Dann aber wurde Lukes Miene wieder ernst. Historisch betrachtet war die Sache für die Jedi beim letzten Mal, als sich etwas Derartiges zugetragen hatte, nicht sonderlich gut gelaufen.

»Mir ist bewusst, dass Sie derzeit stark beansprucht werden«, sagte Staatschef Omas gerade. Weißhaarig, ernst, die bedächtige Verkörperung von Regierungsautorität und Wohlwollen, saß er Luke gegenüber, die Hände zwischen ihnen auf dem Tisch zusammengelegt. »Deshalb werde ich es kurz machen. Ich – der ich zahlreiche Stimmen in der GA-Regierung repräsentiere – wollte Sie darum bitten, ebenjener Regierung einen sehr großen Dienst zu erweisen.«

Luke nickte. »Indem ich Jacen Solo in den Rang eines Jedi-Meisters erhebe.«

Staatschef Omas zögerte. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, doch Luke hatte den unbestimmten Eindruck, dass der Mann verblüfft war.

Luke vermied es, Kyp anzusehen. Also war Kyps Bemerkung vorhin entweder ein Geheimnis oder eine Mutmaßung – und da Omas Kyp nicht mit plötzlichem Argwohn bedenkt, hat Kyp kein Geheimnis verraten. Also war es eine Mutmaßung. Interessant.

»Nun … ja«, gestand Staatschef Omas. »Dies sind beunruhigende Zeiten, Meister Skywalker. Colonel Solo ist für das Volk ein Held, jemand, zu dem alle Mitglieder der Galaktischen Allianz aufschauen. Indem ihm das Kommando über die Garde der Galaktischen Allianz übertragen wurde, hat die Regierung enormes Vertrauen in seine Fähigkeiten und seine Loyalität gezeigt, und er hat bewiesen, dass er dieses Vertrauen verdient und es sich weiterhin verdienen wird. Jetzt könnte Jacen darüber hinaus als prägendes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen der weltlichen Regierung und dem Jedi-Orden dienen – sofern die Jedi ein ähnliches Vertrauen in ihn demonstrieren.«

Der Tonfall von Staatschef Omas war so kontrolliert wie immer, doch durch die Macht konnte Luke spüren, dass er dieser Argumentation selbst kritisch gegenüberstand. Zweifellos brachte er dieses Anliegen auf die Bitte anderer hin vor, vielleicht um einem anderen Politiker, dem er etwas schuldete, einen Gefallen zu tun, einem von Jacens Gönnern. Luke warf einen raschen Blick zu Admiral Niathal, die hochrangigste Politikerin der Galaktischen Allianz, die Jacen entschlossen unterstützte, doch die Mon Calamari hatte sich unter Kontrolle und legte keine Gefühle an den Tag, die er hätte aufschnappen können.

»Nun, das ist ein Problem.« Luke sah seine Jedi-Gefährten an. Maras Miene war wie versteinert, sodass die Politiker sie nicht deuten konnten, auch wenn Luke durch das Machtband, das beide miteinander verband, ihre Verwirrung in Bezug auf Omas spüren konnte. Kyp saß vorgebeugt in seinem Stuhl, lächelte milde, und Luke glaubte wahrzunehmen, dass Kyp in höchstem Maße amüsiert war. »Meiner Einschätzung nach mangelt es Jacen nach wie vor an der emotionalen Reife, die er braucht, um ein Meister zu werden.«

Staatschef Omas schenkte ihm einen zweifelnden Blick. »Sowohl in der Alten Republik als auch in der modernen Ära wurden viele Jedi zu Meistern, die in seinem Alter oder jünger waren.«

Luke zuckte die Schultern. »Das ist keine Frage des Alters.«

»Und«, fuhr Omas fort, »er hat bewiesen, dass er über Fähigkeiten und eine Macht verfügt, mit denen es nicht einmal die meisten ernannten Meister aufnehmen können.«

Mara seufzte und lehnte sich schließlich vor, um sich an der Unterhaltung zu beteiligen. »Es ist auch keine Frage der Macht. Falls Macht der Maßstab dafür wäre, wie Ihr anscheinend annehmt, dann wäre im Umkehrschluss jeder Achtjährige mit einem Thermaldetonator dazu qualifiziert, auf Universitätsebene zu lehren. Oder nicht?«

Neben ihr beugte sich Admiralin Niathal ebenfalls vor, als würde sie sich wie ein Mon-Calamari-Kreuzer in Position bringen, um dem Sternenzerstörer die Stirn zu bieten, den Mara repräsentierte. Sie sprach in dem rauen Tonfall, der für Mon Calamari typisch war. »Vielleicht sind Macht, Alter und Klugheit hier nicht die einzigen Kriterien.« Ihre knollenartigen Augen schnellten herum, um sich abwechselnd auf Mara und dann auf Luke zu konzentrieren. »Wenn Jacen der Anführer der Garde und ein Meister unter den Jedi ist, verwischen dadurch die Grenzen zwischen denen, die geschworen haben, der Regierung zu dienen, und denen, die lediglich ein vages Pflichtbewusstsein und eine gewisse Verantwortung der Regierung gegenüber empfinden. Ein peinlicher Verlust der persönlichen Autorität des Großmeisters des Jedi-Ordens. Ist es nicht so?«

Luke ließ zu, dass sich ein Hauch Eiseskälte in seine Stimme schlich. »Das Pflichtbewusstsein, dem ich mich seit vierzig Jahren verbunden fühle, ist alles andere als vage.«

Niathal nickte. »Präzise. Und genau aus diesem Grund habt Ihr auch nichts zu befürchten.«

»Das steht überhaupt nicht zur Debatte.« Luke warf der Admiralin ein kleines, missbilligendes Stirnrunzeln zu – ein Hinweis darauf, dass ihre Bemühungen, die Unterhaltung aus den Gefilden der Logik ins Reich der Defensivität zu führen, nicht fruchten würden. »Jacen ist nicht bereit dazu. Er trifft zu viele falsche Entscheidungen. Er braucht Führung und weigert sich, sie anzunehmen.«

»Ihre Führung. Ich finde, dass er meiner gegenüber sehr aufgeschlossen ist.«

Luke antwortete nicht. Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich zu langen Sekunden aus.

Schließlich drehte sich Niathal um, um Kyp anzusehen. »Meister Durron, ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Sie es befürworten, Jacen Solo in den Rang eines Meisters zu erheben.«

Endlich wurde Luke der Grund von Kyps Anwesenheit klar. Vor einigen Monaten hatte Kyp bei einer Zusammenkunft des Jedi-Rates vorgeschlagen, Jacen in ihre Mitte aufzunehmen. Offensichtlich war die Kunde darüber irgendwie aus den Ratskammern herausgesickert und an die Ohren und Trommelfellmembranen von Omas und Niathal gelangt, und man hatte Kyp hierher geholt, um ihre Argumentation zu unterstützen.

Kyp wirkte verwundert, doch Luke stellte bei ihm kein aufrichtiges Gefühl von Überraschung fest. »Ich bitte um Verzeihung?«

Niathal blickte ihn an. »Sie haben doch dafür plädiert, dass Jacen Solo zum Meister erhoben wird.«

Kyp nickte, ein bisschen unsicher. »In gewisser Weise.«

Argwohn kroch in Niathals Stimme. »In welcher Weise?«

Kyp schaute weiterhin unbehaglich drein. »Nun, zweifellos sind Sie mit der Rolle von taras-chi in den Debatten des Jedi-Rates nicht vertraut.«

»Dem taras …«

»…chi. Das ist eine Art ritualisierter Diskussionsgegner.« Kyp warf einen Blick zu Luke und Mara, als würde er ihre Unterstützung suchen. »In bestimmten Jedi-Traditionen benennt jede Diskussionsgruppe – oder der Gesprächsführer – einen taras-chi. Der Zweck des taras-chi besteht darin, Gedanken in den Raum zu werfen, die dem gegenwärtigen Wissensstand zuwiderlaufen. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass alle möglichen Sichtweisen der Sache zur Sprache kommen. Es ist dabei allerdings nicht der vom taras-chi vorgebrachte Gedanke, der geprüft werden soll – es geht darum, jene Angelegenheit zu konkretisieren, die gerade ausdiskutiert wird. Das ist wie bei einer Larve, die bloß totes Fleisch frisst. Setzen Sie sie auf eine Wunde, dann verschlingt sie bloß das, das ohnehin nicht überleben kann. Lebendem Fleisch schadet sie nicht – genau wie jener Gegengedanke einer guten Idee oder stichhaltigen Schlussfolgerungen nicht schaden kann.« Kyp dachte einen Moment lang nach. »Ich nehme an, das, was dem in der Regierungswelt am nächsten kommt, wäre ein Hofnarr oder die freie Presse.«

Staatschef Omas und Admiralin Niathal tauschten einen Blick. Omas wirkte gelinde verwirrt, Niathals Haltung hingegen deutete darauf hin, dass sie verärgert war.

Omas räusperte sich. »Ich verstehe nicht ganz, wie …«

»Bei jener Zusammenkunft«, fuhr Kyp fort, »drehte sich das Gespräch um Jacen Solos Aktivitäten und ob sie einem Jedi gebührlich wären oder nicht. Also habe ich im Geiste des taras-chi nicht bloß meine unkritische Zustimmung für Jacen zum Ausdruck gebracht, sondern sogar vorgeschlagen, ihm die größte Ehre zu gewähren, die einem Jedi zuteilwerden kann – als Prüfstein des grundsätzlichen Gesprächsthemas.«

Frostigkeit schlich sich in Niathals Stimme, als sie sagte: »Wollen Sie damit sagen, dass Sie Jacen Solos Ernennung nie tatsächlich unterstützt haben?«

Kyp warf ihr einen eigenartigen Blick zu. »Ich unterstütze die Entscheidungen des Meisters des Ordens, Admiral. Und gestatten Sie, dass ich Ihnen ein Beispiel dafür gebe, dass Macht und Fertigkeit im Umgang mit den Jedi-Künsten nicht zwangsläufig Grundstein für die Meisterwürde sind: Als ich noch ein Jugendlicher war, gelang es mir, ein Raumschiff aus dem Schwerkraftfeld eines Gasriesen zu ziehen. Das ist etwas, das nicht viele Meister zustande bringen. Ich war dazu imstande, weil die Macht in mir stark war – und weil ich vollkommenes Vertrauen darin hatte, dass ich das Richtige tue, so wie ich auch vollkommen davon überzeugt war, dieses Schiff unbedingt für einen bestimmten Zweck zu benötigen. Aber ich bezweifle, dass ich heute noch einmal dazu in der Lage wäre. Ich bin heute nicht schwächer in der Macht und außerdem wesentlich erfahrener als früher – doch heute bin ich selbstkritischer und weiß, dass ich nicht in allen Dingen richtigliege, und dieses Wissen würde mich der Konzentration berauben, die ich damals brauchte, um diese Aufgabe zu bewältigen. Damit stellt sich die Frage: War ich seinerzeit ein Meister oder bin ich es jetzt?«

Staatschef Omas und Niathal wechselten einen weiteren Blick. Omas’ Gesicht war gelassen, doch Niathals Körpersprache verriet, dass dieser Teil des Treffens nicht so gelaufen war, wie sie gewollt hatte.

Omas unternahm einen neuen Versuch und suchte Lukes Blick. »Meister Durrons Geschichte bestärkt mich noch in meinem Standpunkt. Ihm fehlte die Erfahrung, die er brauchte – Erfahrung, die ihn dazu veranlasst hätte, den Rat anderer zu suchen. Aber Colonel Solo mangelt es nicht an dieser Erfahrung. Er ist zu uns gekommen, damit wir ihn führen. Bitte, Meister Skywalker, lassen Sie sich durch die Verärgerung, die Sie womöglich darüber empfinden, dass er Sie nicht hinreichend um Rat gefragt hat, nicht zu Zweifeln bezüglich seiner Klugheit und Bereitschaft verleiten.«

Luke lächelte, mit einem Mal fröhlich. »In Ordnung, das werde ich nicht.« Als sich Niathal erwartungsvoll aufrichtete, fügte Luke hinzu: »Ich werde Jacens Fortschritte als Jedi weiterhin beurteilen, und in dem Augenblick, in dem ich feststelle, dass er bereit dafür ist, in den Rang eines Meisters erhoben zu werden, seid Ihr der Erste, den ich darüber informiere.«

»Aha.« Omas lehnte sich zurück, behielt jedoch seine Maske höflicher Zustimmung bei. »Bitte, tun Sie das.«

Luke erhob sich und nickte. »Danke, dass Ihr uns empfangen habt. Falls es sonst nichts mehr gibt, möchte ich nicht noch mehr Eurer Zeit in Anspruch nehmen.«

»Nein, das war alles.« In Omas’ Stimme lag unechte gute Laune. »Vielen Dank.«

Die Jedi schwiegen, als sie das Büro verließen. Sie schwiegen auch noch, als sie mit dem Turbolift nach unten in die Hangarebene des Gebäudes fuhren. Sie schwiegen, bis Kyps Speeder das Senatsgebäude verlassen hatte.

Dann brach Mara das Schweigen. »Was ist ein taras-chi?«

Kyp lächelte. »Ein Käfer in den Minen von Kessel. Sechs Beine unter einer harten, runden Schale, ungefähr drei Zentimeter im Durchmesser. Anständig gebraten schmecken sie gar nicht mal so widerlich. Wenn es dir gelang, einen zu fangen, bot er dir eine gewisse Nahrung, die dir half, langsamer zu verhungern.«

Luke schaute nachdenklich drein. »Danke, dass du mich da drinnen unterstützt hast. Warum hast du das getan?«

»Luke …« Kyp hielt inne und schüttelte den Kopf. »Nein. Meister Skywalker. Ich bin der Ansicht, dass Jacen ein Meister sein sollte, andernfalls hätte ich das Thema bei dieser Zusammenkunft nicht zur Sprache gebracht. Aber ich bin der Überzeugung, dass wir Solidarität zeigen und als ein vereinter Jedi-Orden auftreten müssen, wenn es um solche Dinge geht. Wenn sich Risse auftun und Politiker ihre Finger da reinzwängen, passieren schlimme Dinge. Imperien entstehen. Außerdem bin ich mehr als bloß ein bisschen verärgert darüber, dass sie meinen Vorschlag aus dieser Versammlung auf den Tisch gebracht haben. Wie haben die überhaupt davon erfahren?« Er runzelte die Stirn. »Belangloses Gerede zwischen Meistern und Schülern im Tempel vermutlich.«

»Vermutlich«, sagte Mara, doch Luke konnte spüren, wie Argwohn in ihr wuchs – genau wie in ihm. Selbst wenn Kyps Ansichten in den Hallen des Tempels zufällig von jemandem aufgeschnappt worden waren, musste sie dieser Jemand – ein Jedi – an die Regierung weitergegeben haben. Vielleicht hatte Jacen selbst es getan.

Luke verscheuchte den Gedanken – und damit auch den sogar noch besorgniserregenderen, dass es Ben gewesen war, der diese Information hatte durchsickern lassen.

4. Kapitel

CORONET, CORELLIA