Star Wars. Wächter der Macht 1. Intrigen - Aaron Allston - E-Book
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Star Wars. Wächter der Macht 1. Intrigen E-Book

Aaron Allston

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Beschreibung

Darth Vaders dunkles Erbe

Endlich herrscht Friede in der Galaxis. Doch die Ruhe ist trügerisch, denn Corellia fühlt sich von der Galaktischen Allianz bevormundet und strebt insgeheim nach Unabhängigkeit. Luke Skywalker schickt den Jedi Jacen Solo und seinen eigenen Sohn Ben nach Corellia, um das Schlimmste zu verhindern. Doch Corellia ist auch das Heimatsystem von Han Solo, dem er noch immer Loyalität entgegenbringt – und der sich anbahnende Konflikt droht, langjährige Freundschaften und selbst Familienbande zu zerstören ...

Über dreißig Jahre Star Wars und eine Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht in Sicht!

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Seitenzahl: 773

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Aaron Allston

Wächter der Macht 1

Intrigen

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™: Betrayal. Legacy of the Force 1«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung November 2008 bei Blanvalet,

einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, München.

Copyright © 2006 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where

indicated. All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2008 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München

»In His Image« copyright © 2005 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2008 by Verlagsgruppe

Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

»Two-Edged-Sword« copyright © 2006 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2008 by Verlagsgruppe

Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: HildenDesign, München

Cover Art Copyright © 2006 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Jason Felix

Redaktion: Peter Thannisch & Luitgard Distel

HK · Herstellung: RF

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-641-07743-3V002

www.blanvalet.de

Danksagung

Dank gebührt meinen »Mitverschwörern« Troy Denning und Karen Traviss, meinen Adleraugen (Chris Cassidy, Kelly Frieders, Helen Keier, Bob Quinlan, Roxanne Quinlan und Luray Richmond), Shelly Shapiro von Del Rey, Sue Rostini und Leland Chee von Lucas Licensing und meinem Agenten Russ Galen.

Dramatis Personae

Aidel Saxan; Premierministerin, Corellia (Menschenfrau)

Ben Skywalker (Mensch)

Brisha Syo (Menschenfrau)

C-3PO; Protokolldroide

Cal Omas; Staatsoberhaupt, Galaktische Allianz (Mensch)

Cha Niathal; Admiralin, Galaktische Allianz (Mon Calamari-Frau)

Gilad Pellaeon; Admiral, Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Galaktischen Allianz (Mensch)

Han Solo; Captain des Millennium-Falken (Mensch)

Heilan Rotham; Professorin (Menschenfrau)

Jacen Solo; Jedi-Ritter (Mensch)

Jaina Solo; Jedi-Ritterin (Menschenfrau)

Kolir Hu’lya; Jedi-Ritterin (Bothanerin)

Leia Organa Solo; Jedi-Ritterin, Kopilotin des Millennium-Falken (Menschenfrau)

Luke Skywalker; Jedi-Großmeister (Mensch)

Lysa Dunter; Fähnrich, Galaktische Allianz (Menschenfrau)

Mara Jade Skywalker; Jedi-Meisterin (Menschenfrau)

Matric Klauskin; Admiral, Galaktische Allianz (Mensch)

Nelani Dinn; Jedi-Ritterin (Menschenfrau)

R2-D2; Astromech-Droide

Syal Antilles; Fähnrich, Galaktische Allianz (Menschenfrau)

Tahiri Veila; Jedi-Ritterin (Menschenfrau)

Thann Mithric; Jedi-Ritter (Falleen-Mann)

Thrackan Sal-Solo; Staatsoberhaupt, Corellia (Mensch)

Tiu Zax; Jedi-Ritterin (Omwati-Frau)

Toval Seyah; Wissenschaftsspion der Galaktischen Allianz (Mensch)

Tycho Celchu; General, Galaktische Allianz (Mensch)

Wedge Antilles; General, Corellianische Verteidigungsarmee (Mensch)

Zekk; Jedi-Ritter (Mensch)

1

Coruscant

»Er existiert nicht.« Mit diesen Worten, die ihm ohne den geringsten bewussten Gedanken über die Lippen kamen, setzte sich Luke Skywalker im Bett auf und schaute sich in der schwach erhellten Kammer um.

Es gab nicht viel zu sehen. Mitglieder des Jedi-Ordens – selbst Meister, wie Luke einer war – sammelten nicht viel persönlichen Besitz an. In Sichtweite waren Stühle, die vor ausgeschalteten Computerbildschirmen standen; ein Wandständer mit Plastahlstäben und anderen Trainingswaffen; ein Tisch, übersät mit persönlichen Dingen wie Datenpads, auf Papierschnipsel gekritzelte Notizen, Datenchips mit den Berichten verschiedener Jedi-Meister und eine grobe und nicht im Mindesten originalgetreue Sandglasfigur von Luke, die ihm ein Kind von Tatooine geschickt hatte. In die Steinfurnierwände waren Schubladen eingelassen, die Maras und seine begrenzte Auswahl an Kleidern beherbergten. Ihre Lichtschwerter ruhten hinter Luke auf einem Regal am Kopfende ihres Bettes.

Natürlich besaß seine Frau, Mara Jade Skywalker, mehr persönliche Gegenstände und Ausrüstung. Verkleidungen, Waffen, Kommunikationsgeräte, gefälschte Dokumente. Als ehemalige Spionin hatte sie die besonderen Arbeitsmaterialien dieses Gewerbes nie ganz aufgegeben, aber diese Dinge befanden sich nicht in diesem Raum. Luke war sich nicht sicher, wo Mara sie verwahrte. Mit solchen Einzelheiten behelligte sie ihn nicht.

Sie regte sich neben ihm, und er blickte auf sie herab. Ihr rotes Haar, das sie zu dieser Jahreszeit mittellang trug, war ein einziges widerspenstiges Durcheinander, aber in ihren Augen lag keine Verschlafenheit, als Mara sie aufschlug. Er wusste, dass diese Augen in hellerem Licht von erstaunlichem Grün waren. »Wer existiert nicht?«, fragte sie.

»Ich weiß es nicht. Ein Feind.«

»Hast du von ihm geträumt?«

Er nickte. »Ich hatte den Traum schon ein paarmal zuvor. Es ist nicht bloß ein Traum. Strömungen in der Macht tragen ihn zu mir. Er ist ganz in Schatten gehüllt – ein dunkler Umhang mit Kapuze. Und dann sind da noch Eindrücke von Licht und …« Luke schüttelte den Kopf, als er nach den richtigen Worten suchte. »Und Unwissenheit. Und Verleugnung. Und er bringt großes Leid über die Galaxis – und über mich.«

»Nun, wenn er Leid über die Galaxis bringt, ist es nur natürlich, dass du das spürst.«

»Nein, über mich persönlich, zusätzlich zu seinen anderen Untaten.« Luke seufzte und legte sich wieder hin. »Es ist zu vage. Und wenn ich aufwache, wenn ich versuche, einen Blick in die Zukunft zu werfen, um ihn zu finden, kann ich es nicht.«

»Weil er nicht existiert.«

»Das sagt mir der Traum.« Luke stieß ein verärgertes Zischen aus.

»Könnte es Raynar sein?«

Luke dachte darüber nach. Vor einigen Jahren war man auf Raynar Thrul gestoßen, einen ehemaligen Jedi-Ritter, den man seit dem Yuuzhan-Vong-Krieg für tot gehalten hatte. Er war während des Krieges durch Verbrennungen schrecklich entstellt und in den Jahren danach in der Obhut der insektoiden Killiks auch mental verändert worden. Diese Veränderung hatte ihn böse werden lassen, und der Jedi-Orden war gezwungen gewesen, sich seiner anzunehmen. Inzwischen saß er in einer gut geschützten Zelle tief im Innern des Jedi-Tempels, wo man seine geistigen und körperlichen Leiden zu behandeln versuchte.

Behandlung. Behandlung bedeutete Veränderung. Vielleicht wurde Raynar im Zuge dieser Veränderung zu etwas Neuem, und Lukes Vision deutete auf das Wesen hin, zu dem Raynar eines Tages werden würde.

Luke schüttelte den Kopf und schob diese Möglichkeit beiseite. »In dieser Vision spüre ich Raynars Fremdartigkeit nicht. Mental und emotional ist derjenige, um den es geht, nach wie vor menschlich. Oder fast menschlich. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass es sich um meinen Vater handelt.«

»Darth Vader.«

»Nein. Bevor er zu Darth Vader wurde. Oder in jenem Augenblick, als er zu Vader wurde.« Lukes Blick verlor sich in der Ferne, als er versuchte, den Traum noch einmal Revue passieren zu lassen. »Das Wenige, was ich von seinem Gesicht erkennen konnte, erinnert mich an die Züge von Anakin Skywalker, als er ein Jedi war. Aber seine Augen … Während ich hinsehe, werden sie wie geschmolzenes Gold oder orange, verändert durch die Macht wie auch durch Zorn …«

»Ich habe eine Idee.«

»Die wie aussieht?«

»Warten wir, bis er auftaucht, und dann vernichten wir ihn.«

Luke lächelte. »In Ordnung.« Er schloss die Augen, und er verlangsamte bewusst seine Atmung, als er sich bemühte, wieder einzuschlafen.

Innerhalb einer Minute wurde der Rhythmus seines Atems zu dem eines normalen Schlafs.

Aber Mara lag wach, den Blick empor zur Decke gerichtet – und darüber hinaus, durch Dutzende Stockwerke der Jedi-Enklave, zum Firmament über Coruscant. Sie suchte nach irgendeinem Hinweis, nach einem Aufflackern dessen, was es war, das ihren Ehemann so mit Sorge erfüllte.

Sie fand keine Spur davon. Und dann schlief sie ebenfalls ein.

Adumar

Die schimmernden perlmuttgrauen Turbolifttüren glitten seitlich auf, und warme Luft, die den Hauch von Tod und Zerstörung mit sich trug, spülte über Jacen Solo, seinen Cousin Ben Skywalker und ihren Führer hinweg.

Jacen holte tief Luft und hielt den Atem an. Die Gerüche in dieser unterirdischen Fabrikanlage waren nicht die von verfaultem Fleisch oder brandiger Wunden – Gerüche, mit denen Jacen vertraut war –, sondern die von Schwerarbeit und Industrie. Die große Kammer vor ihnen hatte jahrzehntelang als Raketenproduktionsstätte gedient, und ganz gleich, wie häufig und gründlich man hier auch saubermachte, es würde niemals genügen, um das Odeur von Schweiß, Maschinenöl, neu hergestellter Verbundmaterialen, verdichteter Treibstoffladungen und hochempfindlicher Sprengstoffe, die die Luft schwängerten, zur Gänze auszulöschen.

Jacen ließ den Atem entweichen und trat aus dem Turbolift, dann ging er die Handvoll Schritte zu dem Geländer vor, von dem aus man die Halle überblicken konnte. Er bewegte sich schnell, damit sich sein Jedi-Umhang ein wenig hinter ihm bauschte, und gleichzeitig schritt er weit aus, damit seine Stiefelabsätze auf dem Metallboden des Überwachungslaufstegs widerhallten und sein Schüler und der Führer einen Moment lang hinter ihm zurückblieben. Dies war eine Darbietung für seinen Führer und für all die anderen Vertreter des Dammant-Killers-Unternehmens. Jacen wusste, dass er seine Rolle ziemlich gut spielte; die Firmenfunktionäre, mit denen er zu tun gehabt hatte, blieben angemessen eingeschüchtert. Aber er vermochte nicht zu sagen, ob er seinen Erfolg seinem Verhalten und seinem Auftreten verdankte, seinem schlanken, grüblerischen und attraktiven Äußerem oder seinem Namen – denn zweifellos war der Name von Jacens Vater, Han Solo, selbst bis hierher, zum Planeten Adumar, gedrungen, wo man Raumpiloten beinahe schon aus Tradition verehrte.

Sein Führer, ein hagerer, kahl werdender Mann namens Testan ke Harran, trat vor zum Geländer und blieb rechts von Jacen stehen. Im Gegensatz zu den stumpfen Grau- und Blautönen, die bei den Wänden dieser Fabrik und den Uniformen der Arbeiter vorherrschten, war Testan ein Aufstand der Farben – seine Tunika mit dem beinahe knielangen Saum und den wallenden Ärmeln war von genau demselben Orange wie die Uniformen von X-Flügler-Kampfpiloten, wenngleich verziert mit violetten Zickzacklinien, die den Stoff in eine flimmernde Fläche kleiner diamantförmiger Muster unterteilten, derweil seine Hosen, sein Gürtel und sein Schal von glänzendem Gold waren.

Testan fuhr sich durch seinen glänzenden schwarzen Bart, die Geste ein missratener Versuch, seine Nervosität zu verbergen. Jacen spürte mehr, als dass er sah, wie Ben an die andere Seite von Testan trat.

»Wie Ihr sehen könnt«, sagte Testan, »genießen unsere Leute hier sehr gute Arbeitsbedingungen.«

Jacen nickte abwesend. Er verstand Testan sehr deutlich, denn er hatte den Adumari-Akzent in kürzester Zeit erlernt. Er beugte sich vor, um der Fertigungsebene weiter unten seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen.

Der Raum war groß genug, um als Hangar und Wartungsbucht für vier ganze Schwadrone von X-Flügler-Sternenjägern zu dienen. Hohe Durabetontrennwände unterteilten die Halle in acht Fertigungsgassen, von denen jede ein Montageband umschloss; Baumaterialien kamen durch kleine Zugänge in der Wand zur Linken herein, rollten auf phosphoreszierenden weißen Förderbändern dahin und gelangten schließlich durch Schotten hinten rechts wieder nach draußen. Arbeiter in grauen Overalls flankierten die Bänder und bearbeiteten die Materialien, die an ihnen vorbeikamen.

Bei den Materialien, an denen auf dem nächstgelegenen Band, unmittelbar unter Jacen, gearbeitet wurde, schien es sich um kompakte visuelle Sensorbausätze zu handeln. Das Förderband transportierte acht solcher Einheiten herein und stoppte. Schnell stöpselten die Arbeiter schmale Kabel an die Einheiten und drehten sich um, um auf Monitore zu schauen, die Schwarzweißbilder von overallbekleideten Taillen und Arbeiterhänden zeigten. Die Arbeiter drehten die Einheiten erst in diese Richtung und dann in jene, um sicherzugehen, dass die Sensoren richtig kalibriert waren.

Einer der Monitore zeigte kein Bild eines Sensors. Die Arbeiter bei dieser Einheit lösten die Kabel und legten das Gerät auf eine Werkbank, die parallel zum Förderband verlief. Einen Moment später entfernten die anderen Arbeiter in diesem Bereich ihre Sensoreinheiten, und das Laufband setzte sich mit einem Ruck wieder in Bewegung, um die übrig gebliebenen sieben Einheiten zur nächsten Station zu befördern.

Eine Fertigungsgasse weiter transportierte ein Förderband die Gehäuse für die Sensoreinheiten herein. Die Arbeiter an diesem Band – zahlenmäßig weniger als die Sensortester – streckten hin und wieder die Hände aus, um ein Gehäuse umzudrehen, hineinzusehen und das Äußere nach Rissen oder Krümmungen abzusuchen. Einige Arbeiter, die in regelmäßigen Abständen entlang der Gasse verteilt standen, klopften mit kleinen Hämmern mit Gummiköpfen auf jedes der Gehäuse. Jacen nahm an, dass sie auf einen bestimmten melodischen Ton horchten, die er auf diese Entfernung über den brüllenden Lärm am Boden hinweg unmöglich hören konnte.

Eine weitere Gasse von ihm entfernt waren die Arbeiter nicht mit Overalls bekleidet, sondern mit Ganzkörperschutzanzügen für den Umgang mit gefährlichen Substanzen. Ihr Fließband beförderte weiße Platten, in die uneinheitliche, beinahe leuchtend grüne Kugeln von der Größe von menschlichen Köpfen eingelassen waren. Das Band hielt jedes Mal an, wenn ein Satz aus acht solcher Kugeln in die Fertigungsgasse transportiert worden war, um den Arbeitern Zeit zu geben, nadelähnliche Sensoren in jede Kugel zu stecken. Auch sie warfen für ein paar Sekunden einen Blick auf ihre Monitore, bevor sie die Nadeln wieder herauszogen und die Kugeln weitertransportiert wurden. Jacen kannte dieses Giftgrün – es war die Farbe, die die Adumari-Sprengstoffhersteller zur Produktion der Erschütterungsraketen benutzten, die sie exportierten.

Während Jacen die Anlage in Augenschein nahm, hielt Ben ihren Führer beschäftigt. »Wachsen Sie Ihren Bart?«, fragte er.

»Das tue ich nicht.«

»Er glänzt aber sehr. Ölen Sie ihn ein?«

Testans Stimme nahm einen etwas genervteren Tonfall an. »Ich öle ihn nicht ein. Ich stutze ihn. Und ich bürste ihn.«

»Bürsten Sie ihn mit Butter?«

Schließlich schaute Jacen nach rechts, an Testan vorbei, zu seinem Cousin. Ben war dreizehn Standardjahre alt, nicht übermäßig groß, aber durchaus muskulös, mit einem sommersprossigen Antlitz mit feinen Gesichtszügen unter einer Masse feuerroten Haars. Ben drehte sich mit gelassener Miene um, um Jacen anzusehen, und sagte dann: »Der Jedi-Ritter bestätigt, dass diese Fabrik die minimalen, die absolut minimalen Sicherheitsvorkehrungen und Arbeitsbedingungsrichtlinien eines Militärlieferanten der Galaktischen Allianz erfüllt.«

Jacen nickte. Das Nicken bedeutete: Gut improvisiert. Er musste die Macht nicht bemühen oder laut mit Ben kommunizieren; Bens Rolle sah vor, so zu tun, als wäre er der Übersetzer seines Mentors, obwohl seine tatsächliche Aufgabe darin bestand, den Einheimischen weiszumachen, voll ausgebildete Jedi wären sogar noch reservierter und geheimnisvoller, als sie bisher gedacht hatten.

»Nein, nein, nein.« Testan fuhr sich mit einem Ärmel über seine Augenbraue, um ein wenig Schweiß wegzutupfen. »Wir liegen haushoch über den minimalen Anforderungen. Seht Ihr diese Durabetonbarrieren? Die leiten den Druck jeder Explosion nach oben, sodass sie den meisten der Arbeiter im Falle eines Unglücks das Leben retten. Die Arbeitsschichten betragen lediglich zwei Fünftel der Tagesdauer, anders als in vergangenen Zeiten.«

Ben wiederholte Testans Worte, und Jacen zuckte mit den Schultern.

Ben ahmte seine Bewegung nach. Die Geste sorgte dafür, dass seine eigene Jedi-Robe aufklaffte und das Lichtschwert enthüllte, das an seinem Gürtel hing.

Testan warf einen Blick darauf, dann sah er wieder Jacen an, sichtlich besorgt. »Euer Schüler …« Unsicher schaute er wieder zu Ben zurück. »Du bist noch sehr jung. Vielleicht zu jung, um eine solche Waffe zu tragen, oder nicht?«

Ben schenkte ihm einen ausdruckslosen Blick. »Das ist ein Übungslichtschwert.«

»Ah.« Testan nickte, als hätte er verstanden.

Und vielleicht hatte er das tatsächlich. Möglicherweise lag es nur daran, dass er sich einen Dreizehnjährigen mit einer tödlichen Waffe in den Händen vorstellte, aber Testans Besorgnis brach sich Bahn und drang nach außen.

Es war wie bei diesem Spiel, bei dem Kindern gesagt wurde: »Denk die nächste Stunde lang unter keinen Umständen an Banthas.« Sosehr sie sich auch bemühten, innerhalb von Minuten oder sogar von Sekunden dachten sie unweigerlich an einen Bantha.

Schließlich verlor Testan die Kontrolle über sich, und er dachte an die Banthas – oder vielmehr an einen Ort, an den er nicht gehen, ja, an den er nicht einmal denken durfte. Jacen konnte spüren, wie Testan versuchte, den Gedanken zu unterdrücken. Irgendetwas an der zunehmenden Stärke seiner Besorgnis verriet Jacen, dass sie dem Grund für seine Sorge inzwischen näher sein mussten als während der vorangegangenen Etappen ihrer Fabrikbesichtigungstour.

Als Testan sich wieder umdrehte, schaute Jacen ihn geradewegs an und sagte: »Irgendetwas ist hier. Irgendetwas liegt hier im Argen.« Das waren die ersten Worte, die er in Testans Gegenwart sprach.

Testan schüttelte den Kopf. »Nein. Alles ist bestens.«

Jacen schaute an ihm vorbei, hinüber zu der Mauer am hinteren rechten Ende der Halle. Sie war grau und ebenmäßig, eine Reihe von Metallpaneelen, jede so hoch und doppelt so breit wie ein Mann, aufgestapelt wie Ziegelsteine. Er begann mit einer langsamen, bedächtigen Inspektion der Wand, von rechts nach links. Dann schweifte sein Blick über die Mauern, über die Montagebänder, über die erhöhte Kontrollkammer direkt gegenüber den Turbolifts, durch die sie hereingekommen waren, und glitt weiter die Wand entlang nach links.

Als seine Aufmerksamkeit die Mitte der linken Wand erreichte, längs der Überwachungsgalerie, spürte er, dass eine weitere Woge der Besorgnis von Testan ausging. Ben räusperte sich – obwohl er in der Macht nicht annähernd so bewandert war wie Jacen, hatte der Junge dasselbe Gefühl aufgefangen.

Jacen setzte sich in Bewegung und ging die Galerie entlang. Diesmal waren das Klappern seiner Stiefel und das Aufbauschen seines Umhangs eher Nebenwirkungen seines Tempos als eine Schaupose.

»Wünscht Ihr die Überwachungskammer zu sehen?« Testan beeilte sich, zu ihm aufzuschließen. Seine Beklommenheit wuchs, und irgendetwas lag darin, wie ein schimmernder Stein am Grunde eines schlammigen Teichs.

Jacen griff in den Teich, um das herauszuholen, was darin verborgen lag.

Es war die Erinnerung an eine Tür. Sie war breit und grau und schloss sich langsam von oben nach unten, während Männer und Frauen – in dunkelblauen Overalls, der Bekleidung der Aufseher in dieser Fabrikanlage – daraus hervoreilten. Als die Tür schließlich einrastete, sah sie genauso aus wie die Wandpaneele, die Jacen just in diesem Moment direkt vor sich hatte.

Jacen warf Testan einen Blick über die Schulter zu. »Ihre Gedanken verraten Sie.«

Testan wurde bleich. »Nein, es gibt nichts zu verraten.«

Jacen umrundete die Ecke der Überwachungsgalerie, ging noch ein paar Schritte und kam vor einem der Wandabschnitte zum Stehen.

An dieser Stelle war es. Er wusste es, weil er dahinter irgendetwas spüren konnte.

Eine Auseinandersetzung. Er selbst war dort, kämpfend. Genau wie Ben. Es war ein flüchtiger Eindruck der Zukunft, der besagte, dass er und sein Schüler hinter dieser Tür in höchster Gefahr schweben würden.

Er wandte den Kopf mit einem Ruck, schaute gegen die Wand.

Ben holte sein Lichtschwert hervor und schaltete es ein. Mit einem Zischen fuhr die blaue Klinge kohärenter Energie zu voller Länge aus.

Ben stieß die Klinge in die Wandpaneele und begann, mit ihr einen großen Kreis zu ziehen.

Mit gequälter Stimme sagte Testan: »Er hat uns gesagt, das wäre eine Übungswaffe.«

Jacen schenkte ihm einen unschuldigen Blick. »Von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet stimmt das auch. Er übt damit.« In seiner Nervosität schien Testan nicht zu bemerken, dass Jacen ihn auf einmal deutlich verstand.

Ben vollendete den Kreis und versetzte dem anderthalb Meter hohen Bereich, den er umrissen hatte, einen kleinen Tritt. Der Ausschnitt fiel nach hinten in eine gut beleuchtete Kammer und klapperte auf dem Boden; die Ränder glühten immer noch von der Hitze, mit der sich das Lichtschwert in das Material gesenkt hatte.

Ben trat durch die Öffnung. Jacen duckte sich, um ihm zu folgen. Er hörte Testan murmeln – zweifellos eine Warnung in ein Kommlink. Jacen machte sich nicht die Mühe, ihn daran zu hindern. Hunderte von Arbeitern hatten eben freie Sicht auf sie gehabt, und auch von der Überwachungskammer aus konnte man sie sehen. Es war nicht mehr zu verhindern, dass der Alarm ausgelöst wurde, egal, was Testan tat.

Bei dem Raum, der sich hinter Bens improvisiertem Durchgang befand, handelte es sich tatsächlich um einen Korridor, vier Meter breit und acht hoch; grünlich-weißes Licht ergoss sich von der phosphoreszierenden Decke. Linker Hand endete der Korridor nach ein paar Metern, und diese Sackgasse war dicht mit großen Plastahltransportcontainern vollgestellt, die mit der Aufschrift ACHTUNG! NICHT FALLEN LASSEN! und mit DAMMANT-KILLER-MODEL 16 – STÜCKZAHL: 24 versehen waren.

Rechts führte der Korridor noch fünfzig Meter weiter und öffnete sich dann; das Geländer und der Höhenanfall am Ende ließen vermuten, dass der Gang auf eine andere Überwachungsgalerie über einer anderen Fertigungshalle führte.

Just in diesem Augenblick liefen ein halbes Dutzend mit Blastergewehren bewaffnete Soldaten um die Ecke der Galerie in den Korridor und eilten auf sie zu. Ihre orangefarbenen Overalls erinnerten an die Uniformen von X-Flügler-Piloten, aber die grüne Schalenrüstung über ihren Unterschenkeln, Oberkörpern, Unterarmen und Köpfen ähnelte mehr den Speederbike-Rüstungen von Sturmtrupplern, die in der falschen Farbe bemalt waren.

Und dann kamen hinter den ersten sechs Soldaten sechs weitere, und dann noch mal acht …

Auch Jacen zog sein Lichtschwert und ließ es zum Leben erwachen; das strahlende Grün seiner Klinge wurde von den Wänden und den Rüstungen der näher kommenden Soldaten reflektiert. »Bleib hinter mir«, sagte er.

»Ja, Sir.« Bens Seufzen war laut und vernehmlich, und Jacen grinste.

Der Soldat an der Spitze, dessen Helm und Handgelenke von goldenen Streifen geziert wurden, rief mit mechanisch verstärkter Stimme: »Bleibt stehen, wo ihr seid! Der Zugang zu diesem Bereich ist untersagt!«

Jacen trat ohne Hast vor. Er drehte sein Handgelenk und bewegte die Klinge seines Lichtschwerts vor sich in einem Muster durch die Luft, das entfernt an Schmetterlingsflügel erinnerte. Er rief zurück: »Könnten Sie ein wenig lauter sprechen? Ich bin ein bisschen schwerhörig.«

Ben kicherte. »Der war gut.«

»Ihr dürft diesen Bereich nicht betreten!«

Sie waren jetzt zwanzig Meter von den Reihen der Soldaten weiter vorn entfernt.

Jacen wirbelte seine Klinge weiter wie zur Übung herum. »Wenn Sie mir einfach aus dem Weg gehen, werden weniger Leute verletzt.« Das zu sagen, war so etwas wie ein Ritual. Geballte feindliche Streitkräfte machten praktisch nie einen Rückzieher, trotz des Rufs, den die Jedi genossen – eines Rufs, der sich mit jedem Jahr, das die Jedi unter der Führerschaft von Luke Skywalker florierten, weiter verbreitete und ihnen einen gewissen Nimbus des Übernatürlichen bescherte.

Auch auf andere Art und Weise war der Satz ein Ritual. Damals hätte sich Jacen von Tragik umringt gefühlt, wenn seine Taten zum Tode gewöhnlicher Soldaten, gewöhnlicher Wachen führten. Doch im Laufe der Zeit hatte er dieses Gefühl abgelegt. Es war unvermeidlich, dass Anführer ihre Soldaten in die Schlacht schickten, damit sie im Kampf gegen stärkere Gegner starben. Das geschah bereits so lange, wie es skrupellose Anführer und fügsame Gefolgsleute gab. Im Tode wurden diese Leute eins mit der Macht, und sobald Jacen diesen Umstand erst einmal akzeptiert hatte, war sein Sinn für die Tragik des Ganzen größtenteils verflogen.

Er trat zwei weitere Schritte vor, und der Kommandant der Soldaten rief: »Feuer!«

Die Soldaten begannen zu schießen. Jacen gab sich der Macht hin, seiner Wahrnehmung der Umgebung, seiner plötzlichen Einheit mit den Männern und Frauen, die versuchten, ihn zu töten.

Die meisten der Blastergeschosse ignorierte er einfach. Als er sie auf sich zukommen spürte, wirbelte er die Klinge seines Lichtschwerts in die Schussbahn und wehrte sie ab, für gewöhnlich, um sie zu dem Haufen Soldaten zurückzuschleudern. In den ersten paar Sekunden ihres Angriffs gingen vier Soldaten durch Salven zu Boden, die von ihren Kameraden abgefeuert worden waren. Der Geruch von verbranntem Fleisch erfüllte den Korridor.

Jacen spürte Gefahr hinter sich – und spürte, wie sich Ben darum kümmerte. Jacen schenkte dem keine weitere Aufmerksamkeit. Stattdessen setzte er seinen Marsch nach vorn fort. Normalerweise zog er es vor, den unerfahrenen Jugendlichen zu schützen, aber der Junge verstand sich gut auf Blasterabwehr, wie er beim Training gezeigt hatte. So schwer es auch war, einem Jedi zu vertrauen, dessen Fähigkeiten sich gerade erst entwickelten, ihm blieb keine andere Wahl. Beim Lehren wie beim Lernen musste er Vertrauen haben.

Jacen wehrte den nächsten Blasterschuss ab, der auf ihn zukam, und ließ ihn in Richtung des Soldatenkommandeurs zurückblitzen. Die Salve traf den Mann am Helm und prallte davon ab, um an der Decke zu verglühen, und ein vier Quadratmeter messender Bereich der Deckenbeleuchtung erlosch mit einem Flackern. Der Kommandeur stürzte zu Boden. Der Treffer war nicht tödlich gewesen – geschützt von seinem Helm, hatte der Mann gewiss Verbrennungen an der Stirn und der Kopfhaut, vielleicht noch eine Gehirnerschütterung davongetragen, aber es war unwahrscheinlich, dass er daran starb.

Die Strategie zeigte die gewünschte Wirkung. Die Soldaten sahen, wie ihr Kommandeur niedergestreckt wurde. Sie feuerten weiter, doch sie tauschten auch Blicke miteinander. Jacen verlangsamte seine Schritte nicht, und ein Soldat mit silbernen Streifen an seinem Helm rief: »Zurück, zurück!« Die Soldaten, die noch unverletzt waren, begannen sich zurückzuziehen.

Hinter sich hörte Jacen weiteres Blasterfeuer und das charakteristische Zapp einer Lichtschwertklinge, die die Salve abblockte und abwehrte. Im Fluss der Macht spürte Jacen, wie ein Schuss auf seinen Rücken zukam, spürte, wie das Geschoss beiseitegeschlagen wurde, sah und spürte, wie es die Wand zu seiner Rechten traf. Die Hitze des Schusses wärmte seine rechte Schulter.

Aber die Verteidiger setzten ihren Rückzug fort, und kurz darauf war der letzte von ihnen um die Ecke herum. Jacens Weg zur Brüstung war frei. Er marschierte mit großen Schritten hinüber.

Jenseits des Geländers, ein Dutzend Meter weiter unten, befand sich eine weitere Fertigungsgrube, wo Reihe um Reihe Munitionskomponenten zusammengefügt wurden – auch wenn im Moment alle Laufbänder stillstanden und die anonymen Arbeiter in ihren Overalls zu Jacen emporstarrten.

Als Jacen sich auf dem Korridor hinausbewegte, gelangte er in Sicht der orange und grün gekleideten Verteidiger, die in disziplinierten Reihen entlang des Laufstegs links von Jacen Position bezogen hatten. Ihre geschlossenere Formation erlaubte es ihnen, ihr Feuer mehr zu konzentrieren, und Jacen musste mehr Schüsse abwehren als zuvor.

Er spürte mehr als er sah, wie Ben hinter ihm Stellung bezog, aber aus dieser Richtung jagten keine Blasterbolzen auf ihn zu. »Was jetzt?«, fragte Ben.

»Bring du die Mission zu Ende.« Jacen fing einen Laserblitz mit seiner Klinge ab, ganz dicht am Griffstück seiner Waffe. Außerstande, die Richtung des Abprallens zu bestimmen, sah er, wie der Schuss in den Fertigungsbereich hinabzuckte, wo er den Bildschirm eines Monitors traf. Die Männer und Frauen in der Nähe des Bildschirms gingen hastig in Deckung. Jacen zuckte zurück; wäre der Deflektionsbogen auch nur um den Bruchteil eines Grads anders gewesen, hätte der Schuss ein Paket mit Sprengstoff erwischt. So gewöhnt er auch daran war, anderen Tod zu bringen, so wenig wollte er ihn unbeabsichtigt verursachen.

»Aber Ihr habt das Kommando und …«

»Ich bin beschäftigt!« Jacen trat einen Schritt vor, um sich selbst mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, und konzentrierte sich auf die Angreifer. Er musste Ben und sich selbst schützen, indem er einen größeren Bereich verteidigte. Er fokussierte sich darauf, Blasterschuss um Blasterschuss abzuwehren und in die Reihen der Angreifer zurückzuschleudern, und sah einen, zwei, drei der Soldaten zu Boden gehen.

Das Rumgeballer brach plötzlich ab. Jacen wagte es, einen Blick über seine Schulter zu werfen. Ben stand am Geländer, starrte auf die Fertigungsgasse hinab und hielt eine ebenso kleine wie teure Holokamera-Einheit vor seine Augen – ein Gerät von der Sorte, wie sie wohlhabende Urlauber und Hobby-Holokamfilmer in der ganzen Galaxis benutzten.

Als Jacen seine Aufmerksamkeit wieder den Soldaten zuwandte, begann Ben zu sprechen: »Ähm, hier ist Ben Skywalker. Jedi-Ritter Jacen Solo und ich befinden uns in einem … ich weiß nicht recht, geheimen Bereich der Dammant-Killers-Fertigungsanlage, unter der Stadt Cartann auf dem Planeten Adumar. Was Sie hier sehen, ist eine Raketenproduktionsstätte. Hier werden Raketen hergestellt, über die der Galaktischen Allianz keine Rechenschaft abgelegt wird. Das Unternehmen verkauft sie an Planeten, die solche Waffen nicht in die Finger bekommen sollten. Dammant bricht das Gesetz. Oh, und was den Lärm betrifft, den Sie hören – der rührt daher, dass diese Kerle versuchen, uns zu töten.«

Jacen spürte Bens Bewegung, als der Junge herumschwang, um den Kampf aufzuzeichnen.

»Reicht das?«, fragte Ben.

Jacen schüttelte den Kopf. »Nimm die ganze Halle auf. Und während du das tust, überlegst du dir, was wir als Nächstes unternehmen.«

»Irgendwie hab ich gedacht, dass wir von hier verschwinden.«

Mit der Spitze seiner Lichtschwertklinge fing Jacen einen Blasterschuss ab, der auf sein rechtes Schienbein gezielt hatte. Er schickte den Laserblitz zurück zu dem, der ihn abgefeuert hatte, traf das Blastergewehr der Frau, versengte es zu einem unidentifizierbaren Klumpen und sorgte dafür, dass auf ihrer grünen Schulterpanzerung vorübergehend Flammen tanzten. Sie wich zurück, und einer ihrer Soldatenkameraden klopfte das Feuer aus.

Inzwischen standen dem Jedi weniger als fünfzehn Soldaten gegenüber, und ihr gegenwärtiger Kommandant überdachte offensichtlich gerade seinen Stellung-halten-Befehl.

»Gut. Wie?«

»Nun, auf demselben Weg, wie wir reingekommen sind … Nein, dort warten sie bestimmt schon auf uns.«

»Korrekt.«

»Und man sollte sich dem Gegner nie auf einem Schlachtfeld stellen, das er ausgesucht hat, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.«

Jacen grinste. Bens so erwachsen klingende Worte waren ein Zitat von Han Solo, einem Mann, dessen Lebensweisheiten häufig fragwürdig waren – es sei denn, es ging um Fragen des persönlichen Überlebens. »Auch korrekt.«

»Also … Wie wär’s mit dem Ende dieser Fertigungsgassen?«

»Gut. Dann geh.«

Jacen vernahm das Schrammen eines Absatzes, als Ben über die Brüstung flankte. Ohne zu zögern sprang Jacen zur Seite, setzte einen halben Meter über das Geländer hinweg und drehte sich im Fallen um. Vor und unter ihm landete Ben gerade geduckt auf dem nächstgelegenen Produktionsfließband, das schimmernde Raketenverkleidungen beförderte. Als Jacen mit gebeugten Knien und einem kleinen Aufwärtsschub der Macht, der seinen Aufprall minderte, ebenfalls unten ankam, stürmte Ben bereits vor, stieß die grapschenden Hände der allzu kühnen Fließbandarbeiter reflexartig beiseite und kauerte sich zusammen, als es durch das kleine Schott am Ende des Förderbands ging.

Jacen folgte ihm. Er hörte und fühlte die Hitze von Blasterschüssen, die hinter ihm das Fertigungsband trafen, schwang sein Lichtschwert über die Schulter zurück, wehrte einen Laserschuss ab und nahm die gesamte Wucht des Treffers auf sich, statt die Blasterenergie in eine benachbarte Produktionsgasse abzulenken.

Keiner der Fließbandarbeiter versuchte ihn aufzuhalten, und wenige Sekunden später zwängte auch er sich durch das Schott.

2

In der nächsten Halle entdeckten Jacen und Ben ein Paar Turbolifttüren, während sie zwischen den Fertigungsbahnen hindurch- und darüber hinweghetzten und sich die Arbeiter duckten, um ihnen aus dem Weg zu gehen, oder sich hin und wieder – närrischerweise – auf sie stürzten. Sie brauchten einen Moment, um zu den Turbolifttüren zu gelangen, und einen weiteren, um festzustellen, dass die Sensoren keinerlei Bewegungen hinter diesen Türen zeigten, selbst nachdem sie mehrmals den Rufknopf gedrückt hatten. Mit einem entschlossenen Seufzen schnitt sich Jacen den Weg in den Turbolift frei, und er und sein Schüler sprangen durch das Loch, dessen Ränder noch immer glühten, um die diagonal verlaufenden Stützstreben an der hinteren Wand des Schachts zu packen. Dort baumelnd, konnten sie das Dach der Turboliftkabine ungefähr zehn Meter weiter unten ausmachen. Und sie erkannten, dass ihr Schacht Seite an Seite mit einem anderen lag, und die Kabine in diesem zweiten Schacht befand sich bloß ein paar Meter tiefer und glitt schnell höher.

Jacen schwang sich hinüber in den zweiten Schacht und bereitete sich auf den Aufprall vor, als ihn die Turboliftkabine erreichte. Er konnte spüren, wie Ben seinem Beispiel folgte, konnte sogar spüren, als sich Ben ebenfalls auf Aspekte der Macht zu konzentrieren begann, die es ihnen ermöglichten, kinetische Energie zu absorbieren …

Dann traf ihn die nach oben sausende Kabine. Sie fingen die Wucht des Aufpralls mit ihren einknickenden Knien und der Macht ab, und plötzlich schossen sie rasch den düsteren Schacht empor.

Jacen schätzte, dass sie dreihundert oder mehr Meter aufstiegen, bevor die Kabine rasant abbremste und bloß drei Meter unter der Decke des Schachts zum Stehen kam. Jacen und Ben klammerten sich beide an Stützstreben an der Seite des Schachts fest. Nachdem einen Moment lang von unten Lärm heraufgedrungen war – das Zischen sich öffnender Türen, das Trampeln von Füßen, Unterhaltungen, sich schließende Türen –, sauste die Kabine unversehens wieder nach unten, außer Sicht, um sie in relativer Stille allein oben an der Decke des Schachts zurückzulassen.

»Ich glaube, wir sind oberirdisch«, sagte Ben.

»Mehr als oberirdisch.« Jacen aktivierte sein Lichtschwert und stieß die Klinge in das, von dem er annahm, dass es sich dabei um die Rückwand des Schachts handelte – die Wand gegenüber der Turbolifttüren unter ihnen. Er zog die Klinge im Kreis herum, und unmittelbar bevor das Ende des sengenden Runds seinen Anfang erreichte, wurde der Pfropfen, den er ausschnitt, gewaltsam ins helle Tageslicht hinausgerissen, um raus ins Freie davonzuwirbeln. Ein Luftzug zerrte Jacen fast hinterher, und noch mehr Luft drang brüllend den Schacht herauf, um durch das Loch zu entweichen, das er geschnitten hatte.

Außerhalb des Lochs befand sich die von Wolkenkratzern geprägte Silhouette von Cartann, Teil des Staates Cartann und Hauptstadt des Planeten Adumar. Der Jedi sah vierzigstöckige Wohngebäude voll dicht gedrängter Balkone; viele dieser Balkone dienten als kleine Landeplattformen für private Raumgleiter. Außerdem waren da höher aufragende Geschäftskomplexe, runde Verteidigungstürme, deren harmlos wirkendes Äußeres Geschützstellungen verbarg, und hohe Fahnenmasten, an denen Dutzende Meter lange Regierungs- und Regionsflaggen sowie die Fahnen von Sportmannschaften und Werbebanner flatterten.

Jacen lehnte sich nach außen. Die Mauer des Gebäudes unter ihnen führte eher in einem leichten Winkel, statt schnurgerade nach unten. Weit unten konnte er Skyspeeder-Verkehr ausmachen, der in streng geregelten Bahnen durch die Luft führte.

Ben streckte unmittelbar von Jacens den Kopf nach draußen. »Geschmiert. Ich weiß, wie wir das regeln.«

»Sag nicht geschmiert.«

»Warum nicht?«

»Das ist Generationsjargon, den sich irgendjemand ausgedacht hat, um die Unterschiede zwischen deiner und jeder anderen Generation hervorzuheben, und ich gehöre nicht zu deiner Generation.«

Ben wandte das Gesicht nach oben, um ihn anzusehen. Seine Lippen zuckten, während er nach einer schlagfertigen Erwiderung suchte.

Jacen fuhr fort: »Hast du einen Enterhaken mit Seil in deinem Allzweckgürtel?«

»Sicher, aber das werde ich nicht brauchen. Ich weiß, wie man sich beim Abstieg von Winkelgebäuden verhält.«

»Mach das Seil trotzdem einsatzbereit.«

Ben grummelte, doch er zog den Enterhaken aus seinem Gürtel und zog ein paar Meter dünner, starker Schnur heraus.

»In Ordnung, Ben. Du zuerst.«

Ben grinste und sprang nach draußen. Jacen befestigte sein Lichtschwert wieder an seinem Gürtel und folgte ihm.

Sie fielen einige Meter, aber das Akrobatiktraining der Jedi und ihre Kontrolle über die Macht ermöglichten es ihnen, ihre Absätze gegen die leicht angewinkelte Mauer des Gebäudes zu schlagen. Sie bemühten sich, ihre eigene Massenträgheit zu reduzieren und die Reibung zwischen ihren Absätzen und der Oberfläche der Mauer so groß wie möglich zu halten.

Sie rannten – und rutschten gelegentlich – die Flanke des Wolkenkratzers nach unten, Durabetonstreben entlang, die zwischen breiten, hohen Sichtfenstern aus Transparistahl angebracht waren. Auf der anderen Seite dieser Sichtfenster sahen sie Gesichter mit vor Überraschung oder Unglauben geöffneten Mündern.

Jacen registrierte die Windbö einen Augenblick bevor er sie körperlich spürte. Bevor die Bö ihn traf, wappnete er sich durch die entsprechende Platzierung seiner Füße und mit Hilfe der Macht dagegen.

Ben – weniger erfahren – tat das nicht. Jacen sah, wie der Umhang des Jungen flatterte, dann wurde Ben schreiend von der Stirnseite des Gebäudes fortgerissen.

Jacen streckte die Hand nach ihm aus, aber der Junge, der den Überblick behielt, schleuderte bereits den Enterhaken in seine Richtung. Jacen schnappte ihn aus der Luft und wickelte die Schnur mehrmals um sein Handgelenk, bevor das Seil seine maximale Länge erreichte. Jacen stählte seinen Arm gegen die Wucht von Bens Gewicht und schaffte es, ihr zu widerstehen, ohne von der Gebäudefront gezogen zu werden.

Nun, da er das Seil unter Kontrolle hatte und mittels der Macht noch stärker an Ben selbst ziehen konnte, holte er den Jungen an die Stirnseite des Gebäudes zurück. Jacen übernahm die Führung ihres Abstiegs, Ben einige Meter über und hinter ihm. Er hörte Ben rufen: »Ihr könnt jetzt loslassen.« Die Stimme des Jungen klang angemessen kleinlaut.

Jacen löste den Enterhaken. »Du weißt, wie man sich beim Abstieg von Winkelgebäuden verhält, hm?«

»Wie, bitte?«

»Ich sagte …«

»Ich kann Euch nicht verstehen. Zu viel Wind.«

Jacen grinste.

»Neunzig Grad aufwärts!«

Jacen schaute auf, in die Richtung, in die Ben wies. Über ihnen, direkt über Wolkenkratzerhöhe, schoss über eine aufragende Kuppel hinweg ein blaugrünes Fluggefährt auf sie zu. Das Schiff war nicht so geformt wie die Sternenjäger der Blade-Serie mit ihren zweigeteilten Hecks, die auf diesem Planeten hergestellt wurden und zu Erholungszwecken und bei Wettstreits von so vielen Adumari geflogen wurden – dieses hier war in etwa wie eine Sternenfrucht geformt: ein Zentralkörper mit fünf Armen, die daraus hervorragten. Die Arme endeten in stummelartigen Gehäusen, die, wie Jacen sehen konnte, Schubdüsen, Repulsorschlitze und Waffenmündungen enthielten. Er gelangte zu dem Schluss, dass das Vehikel langsam, aber ausgesprochen manövrierfähig war – und in der Lage, in jeder Richtung anzugreifen, möglicherweise in mehrere Richtungen gleichzeitig.

Die Arme rotierten als eine Einheit, jedoch unabhängig vom Zentralkörper des Schiffs, wo Jacen ein abgedunkeltes Transparistahlverdeck ausmachte, das den Pilotensessel schützte.

Nicht dass es sich dabei um eine nennenswerte Bedrohung für die Jedi gehandelt hätte. Sofern das Schiff nicht mit Antipersonenwaffen ausgerüstet war, mit irgendetwas, das imstande war, Fleisch zu durchdringen, ohne dabei geläufige Baumaterialien zu zerstören, war die Gefahr, dass das Schiff tatsächlich einen Angriff auf sie führte, gering …

Die vorderste Kapsel des Schiffs feuerte. Jacen sah die Rauchspur einer Rakete, die in ihre Richtung zischte.

Er spürte eine Anspannung in der Macht, als Ben zur Seite sprang. Er fügte seiner eigenen Abwärtsbewegung etwas kinetische Energie hinzu, reduzierte die Reibung an seinen Absätzen und an seinem Hintern, dann setzte er sich hin und rutschte schneller.

Die Rakete schlug Dutzende Meter über seinem Kopf ein. Er hörte die Explosion, spürte, wie das Gebäude unter ihm erbebte, wurde jedoch weder von der Hitze der Druckwelle noch von irgendwelchen Trümmern getroffen. Der Sprengkopf musste in das Gebäude eingedrungen sein, bevor er hochgegangen war. Ein kleiner Teil von ihm wurde zu Eis, wütend über die herzlose Bereitschaft seines Gegners, Zivilisten zu töten, um seine Zielpersonen zu erwischen, aber der Rest von Jacen blieb analytisch. Er bremste ab, erhöhte die Absatzreibung und richtete sich wieder etwas auf.

Der feindliche Jäger drehte dichter bei, dann tauchte er unter ihm hinweg und außer Sicht.

Außer Sicht? Jacen beugte sich vor. Ja, die Oberfläche des Gebäudes schien nur ein paar Dutzend Meter unter ihm zu enden, jedoch noch immer ein gutes Stück über der Straßenebene. Das bedeutete, dass sich der Winkel an dieser Stelle veränderte und senkrecht abfiel. Der Angreifer befand sich unterhalb dieses Abfallpunkts und wartete.

Jacen wandte seine Aufmerksamkeit auf die Reflexionen in den umstehenden Wolkenkratzern. Und tatsächlich – in deren Glas spiegelte sich der feindliche Jäger. Das Schiff drückte sich flach gegen das Gebäude, der Zentralkörper ruhig und die Beine rotierend, vier Stockwerke unter dem Abfallpunkt, mehrere Meter rechts der Stelle, wo Jacen über die Kante kommen würde.

Natürlich nur, wenn er seinen gegenwärtigen Abstiegswinkel beibehielt.

Während die Distanz zum Abfallpunkt dahinschrumpfte, hechtete er mit einem Satz über eine Reihe von Sichtfenstern, dann über eine weitere, um auf einer Durabetonstrebe zu landen, die geradewegs zu einer Stelle über dem feindlichen Jäger führte. Dann erreichte er die Kante.

Er befand sich bloß noch ungefähr zwanzig Stockwerke über dem Boden. Weiter unten konnte er die Hauptstraße sehen; dort wimmelte es nur so von Verkehr, und in den ersten vier oder fünf Etagen über der Straße verliefen kreuz und quer jede Menge Kabel – private Kommunikationsleitungen, die über die Straßen in ganz Adumar gespannt waren, um den Bewohnern dieses Viertels abhörsichere Gespräche zu ermöglichen.

Der Jäger befand sich direkt unter Jacen. Jacen, der über die Kante schoss, schlug einen Salto, dann sauste er nach unten und landete mit gespreizten Gliedern auf einem der Arme des Jägers, gleich neben dem Hauptkörper des Schiffs. Der Aufprall ließ den Jäger erzittern und sorgte dafür, dass er einige Meter absackte. Durch das Transparistahlverdeck konnte Jacen eine behelmte Pilotin ausmachen.

Sie riss den Steuerknüppel herum, und der Jäger drehte von dem Gebäude ab. Aus dem Augenwinkel heraus sah Jacen, wie sich ein Enterhaken und eine weiße Schnur um einen der anderen Arme des Vehikels wickelten.

Der Jäger schwenkte in steilem Winkel von dem Gebäude weg und donnerte hoch über der Straße dahin – dann raste er im Sturzflug geradewegs auf den Boden zu.

Jacen grinste. Dieses Manöver war durchaus gerissen. All diese Kabel, die quer über die Straße verliefen, hätten einen gewöhnlichen Gegner, dem es irgendwie gelang, sich in diese Situation zu bringen, in Stücke geschnitten, ohne dem Jäger selbst ernsthaften Schaden zuzufügen.

Aber Jedi waren keine gewöhnlichen Gegner.

Ben zog sich auf den Arm, den er mit seinem Enterhaken erwischt hatte. Sein Gesicht war gerötet vom Zugwind, und sein rotes Haar war zu einem widerspenstigen Durcheinander zerwühlt.

»Schneide dir einen Weg in die Kanzel!«, forderte Jacen ihn auf.

Ben wurde munter. Während er sich mit beiden Beinen und einer Hand am Schiffsarm festhielt, nahm er sein Lichtschwert in die andere Hand und schaltete es ein.

Jacen beugte sich vor und schaute runter zum Boden, der um ein Vielfaches näher war als noch vor ein paar Sekunden. Er deutete darauf, seine Finger bogen sich – und plötzlich schwankten die Kommunikationskabel direkt unter ihm wie aufgeschreckte Schlangen. Er konzentrierte sich noch stärker darauf, und die Kabel teilten sich, einige lösten sich sogar vollständig von der einen oder anderen Straßenseite. Der Jäger sauste mitten hindurch, ohne ein einziges davon zu erwischen. Unmittelbar bevor sie die Straße erreichten, unterhalb der Etage, an der die Kabelschicht endeten, änderte das Schiff seinen Winkel, um sich dem Verkehr der Bodenspeeder anzuschließen.

Die Pilotin sah die Jedi an, offensichtlich in der Erwartung, dass nur noch gliedlose Torsos oder bloß Blutflecken von ihnen zurückgeblieben waren. Sie hatte gerade noch genügend Zeit, um ihren Fehler zu erkennen, bevor Ben die Klinge seines Lichtschwerts in die Seite der Kanzel rammte. Während er das Schwert im Kreis herumzog, in dem Versuch, den Öffnungsmechanismus oder die Scharniere zu erwischen, schlitzte die Klinge beinahe den Oberschenkel der Frau auf.

Sie geriet in Panik. Das war die einzige Erklärung, die Jacen dafür einfiel, dass sie den Steuerknüppel ruckartig zur Seite riss, und mit einem Mal löste sich die Kanzelabdeckung aus ihren Verankerungen und schoss in das Meer aus Kommkabeln über ihnen hinauf, wobei Ben beinahe vom Schiff gerissen wurde.

Einen Augenblick später zündete die Pilotin den Schleudersitz und sauste senkrecht nach oben. Mitten hinein in die Kabel. Obwohl halb geblendet durch die Druckwelle des Schleudersitzes, sah Jacen dennoch, wie sie auf die ersten paar Kabel traf.

Die Kabel hielten. Sie nicht. Sie und ihr Schleudersitz wurden in zwei Hälften geteilt, von denen jede in eine andere Richtung davonflog. Jacen sah, wie die obere Hälfte ihres Körpers noch ein weiteres Kabel traf, und dann waren ihre Überreste hinter ihnen außer Sicht.

Jacen warf einen Blick nach vorn. Der führerlose Jäger stieg auf. Noch ein paar Sekunden mehr, und das Schiff würde erneut auf die Kabelschicht stoßen, diesmal in einem Winkel, dass sich das Vehikel für lange Sekunden oder sogar Minuten in diese Schicht verfangen würde. »Lass los!«, rief er.

Ben nickte, deaktivierte sein Lichtschwert und ließ sich fallen. Jacen tat es ihm gleich.

Er sah, wie Ben hinten in einen Bodenspeeder fiel, mit einem Satz wieder heraussprang, als wäre er auf einem Trampolin gelandet, seine Flugbahn veränderte, um auf der Kante eines Esstischs zu landen, der auf einem Balkon im zweiten Stock stand – der Hagel aus Essgeschirr, der dabei vom Tisch katapultiert wurde, war ausgesprochen beeindruckend –, und dann runter auf die Straßenebene stürzte.

Jacen selbst beließ es bei einer Zwischenlandung auf einem schweren Transportspeeder und einer geschickten Rolle, mit der er neben Ben auf dem Bürgersteig aufkam.

Fußgänger betrachteten sie neugierig, doch die meisten von ihnen beobachteten den Raumjäger, wie er durch die Kabel über ihren Köpfen pflügte.

Ben hielt die gut durchgegarte Keule irgendeines Geflügelviehs in einer Hand. Er hatte bereits einen Bissen davon genommen und kaute genussvoll.

»Was?«, fragte Jacen. »Bekommst du im Jedi-Tempel etwa nicht genug zu essen?«

Ben schüttelte den Kopf. »Was liegt als Nächstes an?«

»Übermittel die Daten.«

»Wollt Ihr das nicht machen? Immerhin seid Ihr der Jedi-Ritter.«

»Aber ich bin nicht derjenige, der lernen muss, wie man das macht.« Jacen drehte sich um und übernahm die Führung durch den Verkehr auf dem Gehsteig. Wenn ihn sein Orientierungssinn nicht trog, würden sie in dieser Richtung zu den Hangars gelangen, wo seine Raumfähre wartete.

Mit einem lang gezogenen, leidenden Seufzen warf Ben seine Zwischenmahlzeit weg und holte die kleine Holokamera, ein Datenpad und ein Kommlink aus den Taschen an seinem Gürtel hervor. Mit zwei Händen unbeholfen mit drei Gegenständen herumhantierend, bearbeitete er die Bedien- und Tastenfelder und gab Befehle ein. »In Ordnung. Das Datenpaket wird komprimiert und verschlüsselt.«

»Benutze den Holokommunikator des Shuttles. Du kannst ihn von hier aus aktivieren und eine Kommrückmeldung zur alten Mondstation der Neuen Republik schicken.«

»Ja, Sir.« Diesmal klang Ben nicht so gelangweilt. Das war schon eher eine Herausforderung, etwas, das er noch nie zuvor alleine getan hatte. Er tippte Befehle in sein Datenpad und übermittelte sie über das Kommlink weiter. »Der Holokommunikator ist … aktiv.«

Kilometer entfernt war das Kommunikationssystem an Bord von Jucens Raumfähre – eine voll ausgestattete Holokomm-Einheit, mit der man Hyperraumübertragungen durchführen konnte, sodass sie Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit ermöglichte – soeben aus ihrem Stand-by-Modus erwacht.

»Leite automatisches Kommsystem über Relaisstation ADU-eins-eins-null-vier nach Coruscant um«, sagte der Junge. Seine Stimme – obwohl nicht tiefer als zuvor – klang selbstsicherer, erwachsener, wenn er von einer Aufgabe wie dieser in Anspruch genommen wurde. »Rückmeldung erfolgreich.« Eine weitere Mitteilung erschien auf seinem Datenpad. »Paket verschlüsselt.«

»Übertrag es.« Jacen behielt den Verkehr sorgsam im Auge, doch im Moment erwartete er keinerlei Probleme. Es würde einige Zeit dauern, bis das Personal des Dammant-Killers-Unternehmens herausbekam, wo sich die Jedi befanden. »Warte die Empfangsbestätigung ab. Bitte um Bestätigung der Entschlüsselung.«

»Ja, Sir.« Ben tippte eine weitere Befehlsfolge ein, dann stopfte er seine Holokam wieder die Tasche zurück; sie wurde nicht länger gebraucht. »Also, wie verschwinden wir von dieser Welt?«

»Wir kehren zum Shuttle zurück und starten.«

»Aber auf dem Planeten wimmelt es nur so vor Raumjägern! Ein Shuttle – selbst ein bewaffnetes Shuttle – wird sich den Weg nicht durch all diese Gegner freikämpfen können.«

»Korrekt. Aber warum sollten die uns angreifen?«

»Um uns … um uns …« In den Augen des Jungen dämmerte Begreifen herauf. »Um uns davon abzuhalten, mit dem, was wir herausgefunden haben, von diesem Planeten zu entkommen.«

»Korrekt.«

»Aber wir haben unseren Bericht gerade holografiert, deshalb ist es dafür zu spät.« Ben überprüfte den Bildschirm seines Datenpads. »Sie haben das Paket empfangen. Sie entschlüsseln es gerade.« Seine Miene wurde argwöhnisch. »Aber was, wenn die Adumari uns aus Rache angreifen?«

»Denk darüber nach, Ben. Lass dir Zeit.« Sie erreichten einen großen Platz, und Jacen wusste, dass ihn sein Orientierungssinn nicht im Stich gelassen hatte; sie befanden sich auf dem Rückweg zum richtigen Hangar, der bloß noch ein paar Kilometer entfernt sein musste.

»Wenn sie das Datenpaket entschlüsselt haben und die Spione sehen, was wir gesehen haben, werden sie mit der hiesigen Regierung Kontakt aufnehmen.«

»Militärischer Geheimdienst. Keine Spione.«

»Oh, das sind Spione.« Bens Reaktion auf Jacens Korrektur klang spöttisch. »Meine Mutter ist eine Spionin. Das, was wir gerade getan haben, macht uns zu Spionen.«

»Deine Mutter ist ein Jedi. Wir sind Jedi.«

»Jedi-Spione.« Das Datenpad piepte, und Ben schaute wieder darauf. Dann klappte er das Gerät zu. »Die Nachricht wurde entschlüsselt. Unsere Spionagebosse sagen: ›Gut gemacht.‹ Also, Sie werden sich mit der Adumari-Regierung in Verbindung setzen und ihr klarmachen, dass die Lage für sie nur noch schlimmer wird, wenn uns irgendetwas zustößt.«

»Korrekt.«

»Also können wir von hier verschwinden.«

»Und uns unserem nächsten Auftrag widmen.«

Ein Ausdruck der Unsicherheit huschte über Bens Züge. »Müssen wir das?«

»Ja, das müssen wir.«

Ben stieß ein resigniertes Seufzen aus.

Ein paar Minuten später waren Jacen und Ben an Bord der Raumfähre – einer gepanzerten Variante des alten Lambda-Klasse-Modells, ausgerüstet mit einem Lasergeschützturm und einer Holokomm-Einheit – und starteten. Die nach oben geklappten Flügel des Shuttles senkten sich in ihre waagerechte Position, und Jacen steuerte das Schiff auf den Himmel über Adumar zu.

Eine Staffel von vier Blade-Raumjägern, dem traditionellen Kampfschiff von Admuar, das an seinem geteilten Heck leicht zu erkennen war, eskortierte das Shuttle, bis es die Schwerkraft des Planeten sicher verlassen und in den Hyperraum eingetreten war. Keiner der Jäger kam nahe genug heran, um einen Schuss auf das Jedi-Raumschiff abzufeuern.

3

Coruscant

Leia Organa Solo – ehemalige Prinzessin des Planeten Alderaan, einstmaliges Staatsoberhaupt der Neuen Republik, jetzt Jedi-Ritterin – stand, in leuchtend weiße Gewänder gekleidet, die sowohl einem Jedi als auch einer Politikerin in zwangsloser Umgebung angemessen waren, vor dem Portal. Es war keine gewöhnliche Tür, obwohl sie rein äußerlich genauso aussah wie die Innentüren in Millionen Behausungen auf der Welt Coruscant. In jüngster Vergangenheit war die ursprüngliche kostengünstige, aus Verbundstoffen bestehende Tür durch dieses harmlos aussehende Stück Panzerung ersetzt worden, das einem Blasterangriff standhalten konnte – jedenfalls für eine Weile. Das kühle Blau, in dem sie gestrichen war, verschleierte jedoch ihre Verteidigungsfunktion.

Han Solo, Leias Ehemann, einer der berühmtesten Männer der Galaxis, blieb neben ihr stehen. Er trug seine Lieblingskleidung: dunkle Militärhosen, die mit den roten corellianischen Blutstreifen verziert waren – die hatte er sich verdient, als er jünger gewesen war –, ein helles langärmliges Hemd, eine schwarze Weste und praktische schwarze Stiefel. Abgesehen von den Falten in seinem Gesicht und dem Grau in seinem Haar – durch Taten ebenso ehrenvoll erworben wie durch die verstreichende Zeit – unterschied er sich nicht im Mindesten von den Mann, den sie vor so vielen Jahren an Bord des ersten Todessterns kennengelernt hatte.

Ihre Stimmung hob sich. Ganz gleich, wie schlecht die Dinge liefen, alles war stets nicht ganz so schlimm, wenn Han an ihrer Seite war.

Nicht dass es nötig gewesen wäre, dass sie ihm das sagte. Auch sein Ego hatte in all diesen Jahren kaum eine Veränderung erfahren.

Han sah die Tür ernst an. »Glaubst du, dass sie hier durchkommen werden, um uns zu schnappen?«

Sie nickte. »Das ist der einzige vernünftige Weg, und das weißt du.«

»Nun, das einzige vernünftige Vorgehen wäre es, ihnen einfach die Tür zu öffnen. Wenn die Vordertür offen ist, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie versuchen, sich heimlich durch irgendeinen Seiteneingang reinzuschleichen. Wir können sie ausschalten, wenn sie im Türrahmen auftauchen. Sobald es zu viele für uns werden, können wir uns immer noch durch die Innenkammern zurückziehen.«

Leia dachte darüber nach. »Ich weiß nicht recht. Vielleicht sollte ich vorn in der Mitte Position beziehen, um ihre Blasterattacken abzuwehren, während du von der Seite aus auf sie feuerst.«

»Du liebe Güte.« Diese dritte Stimme war vom Tonfall her höher als die von Han, und eine Spur von Besorgnis schwang darin mit. »Dürfte ich fragen, ob es irgendeine Planänderung gegeben hat?«

Han und Leia drehten sich um. C-3PO betrat die Außenkammer, der goldfarbene Protokolldroide, der ihnen inzwischen seit vier Jahrzehnten treu – wenn auch betulich – diente.

C-3PO trat zu ihnen, jede seiner Bewegungen begleitet vom beinahe unhörbaren Geräusch surrender Servomotoren, und fügte hinzu: »Ich dachte, der Plan bestünde darin, sie willkommen zu heißen und ihnen dann die Appetithäppchen zu servieren, mit deren Zubereitung ich mich in der Küche so lange abgemüht habe. Habe ich mich geirrt? Wird es eine Schießerei geben?«

Han und Leia tauschten einen Blick. »Appetithäppchen wären einfacher«, gab Han zu.

»Je weniger Blasterschüsse die Wände treffen, desto weniger Reparaturen fallen an.« Leia nickte. »Wir könnten es auch auf diese Art machen.«

»In Ordnung, Goldlöckchen.« Han schlug C-3PO auf eine schimmernde Schulter, was den Droiden ein wenig durchschüttelte. »Wir machen es auf deine Art. Diesmal.«

»Sie machen sich wieder über mich lustig, nicht wahr, Sir?« C-3PO stieß ein lautes Seufzen aus.

Han nickte. »Es ist zwar spaßiger und weniger zerstörerisch, als dir Fleisch um den Hals zu hängen und die Kampfhunde auf dich loszulassen, aber – ja.«

»Pöh.« Der Droide wandte sich wieder zur Tür um. »Nicht sehr anständig, muss ich sagen.«

Eine Tonfolge füllte die Luft – die erlesenen ersten fünf Noten von »Pfad zum Himmel«, einer Ballade von Leias Heimatplanet Alderaan.

Han unterdrückte ein Seufzen. »Noch ist es nicht zu spät, dass du es dir anders überlegst. Wir könnten sie tagelang abwehren.«

Leia lächelte ihn an. »Halt die Klappe.«

Die Ersten, die durch die Tür kamen, waren Luke und Mara Jade Skywalker. Luke trug zu diesem Anlass sein schwarzes Jedi-Gewand mitsamt Ausrüstung, ein krasser Gegensatz zu seinem noch immer jungen Aussehen und seinem hellblonden Haar. Mara trug traditionellere Jedi-Gewänder in Hell- und Dunkelbrauntönen, und ein rotes Band hielt ihr rotes Haar zusammen.

Bei ihnen war R2-D2, der dosenförmige Astromech-Droide, der seit Jahrzehnten abwechselnd in den Diensten von Luke und den Solos stand. Der kleine Roboter gab während ihres Rundgangs durch die neuen Quartiere der Solos so viele melodisch piepsende Laute der Anerkennung von sich wie die Menschen verbale Kommentare.

Die Nächsten, die nur ein paar Minuten später eintrafen, waren Jacen und Ben. Als sie von C-3PO von Raum zu Raum geführt wurden, machte Jacen unverbindliche Bemerkungen über die Diele, das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, die Schlafgemächer von Leias Noghri-Leibwächtern Meewalh und Cakhmaim, über die Gästezimmer, die Bibliothek, die Bäder, den möblierten Balkon, die Küche, das Esszimmer und das Kommunikationszentrum, die alle ausnahmslos mit Hartholz in warmen Farben dekoriert und ausstaffiert waren, einige mit dunklen Teppichen und andere mit Steinfliesen versehen. Das Kommunikationszentrum, das den Großteil der Computer des Haushalts und die elektronische Reparaturausrüstung beherbergte, war moderner, voll stählerner Oberflächen und blauer Rollregale aus Metall.

Bens einziger Kommentar lautete: »Wo sind die Geheimkammern?«

C-3PO blieb abrupt stehen und beugte sich unbeholfen vor, um den jungen Burschen anzusehen. »Ich verstehe nicht recht, junger Herr.«

»Komm schon.« Ben grinste zu dem Droiden auf – nicht besonders weit, da er mehrere Zentimeter gewachsen war, seit er den Protokolldroiden das letzte Mal gesehen hatte. »Onkel Han ist ein Schmuggler. Ich wette, hier wimmelt es nur so vor Geheimkammern. Und in allen sind Blaster versteckt. In einigen davon befinden sich Identikarten mit falschen Namen sowie Kreditkarten und geheime Elektronikausrüstung, und vielleicht gibt’s sogar einen zerlegten Scoutspeeder. Und ein paar der Kammern sind wahrscheinlich Verstecke für die Noghri.«

C-3POs Tonfall war steif, selbst für einen Droiden. »Sir, ich kann Ihnen versichern, dass es hier keine Geheimkammern gibt.«

»Aha!« Ben hielt herausfordernd einen Finger hoch. Er klang, als hätte er soeben den Hinweis gefunden, der erforderlich war, um einen Mord aufzuklären. »Ich kann Ihnen versichern ist nicht dasselbe wie Es gibt keine. Komm schon, Dreipeo, sag es. Sag: ›Es gibt keine Geheimkammern.‹«

»Sir, ich kann Ihnen versichern, dass es hier keine …«

»Aha!«

Der Droide warf Jacen einen Blick zu, der – zumindest, soweit Jacen imstande war, die Körpersprache des Droiden zu deuten – verletzt wirkte. »Sagen Sie, Sir, muss sich eigentlich jede Generation von Solos und Skywalkers dergestalt aufführen?«

Jacen nickte. »So ziemlich, ja.«

Als C-3PO Mara im Wohnraum sein Tablett mit den sorgsam arrangierten, geometrisch präzise geformten Käse- und Pilzkräckern hinhielt, sagte Leia: »Gerade hat sich Jaina gemeldet. Sie und Zekk sind in ein paar Minuten hier.«

Han richtete sich irritiert auf dem Sofa auf. »Zekk? Darf ich fragen, wer so frei war, Zekk einzuladen? Er gehört nicht zur Familie.«

Luke und Mara schafften es, gleichzeitig »Noch nicht« zu sagen.

Han starrte sie an.

»Ich habe ihn eingeladen«, sagte Leia. »Gerade eben. Andernfalls wäre er zum Tempel geflogen, um in der winzigen Kammer zu hocken, die sie ihm gegeben haben, mutterseelenallein fade Jedi-Kantinengerichte zu essen …«

»… während Regen auf sein Haupt fällt, wo immer er auch hingeht, und traurige Synthesizermusik die Flure füllt.« Han warf ihr einen verächtlichen Blick zu.

Leia lächelte ihn bloß an, das aufreizende Lächeln einer Politikerin, die sich nicht von ihrem Standpunkt abbringen ließ. »Han, er ist ihr Partner. Ihr Jedi-Partner. Würdest du ihn auch ablehnen, wenn er ihr, sagen wir, Schmuggelpartner wäre?«

»Hängt davon ab, wie er sie ansieht. Weißt du, genau das ist doch das Problem. Ein Vater hat das Recht, jeden jungen Bantha in Schrecken zu versetzen, der seiner Tochter nachsteigt.«

Leia schüttelte den Kopf. »Jaina sagt, sie sind Freunde. Bloß Freunde.«

Hans Stirnrunzeln vertiefte sich und wurde beinahe komisch. »Jaina will es nur einfach nicht sehen. Das muss mit der Macht zu tun haben – sie sagen, dass die Macht einen tief greifenden Einfluss auf Leute haben kann, die die Wahrheit nicht sehen wollen.«

Luke schnaubte. »Nein, das sagen sie nicht.«

»Wie auch immer, es ist mein gutes Recht, Zekk so einzuschüchtern, dass er Leine zieht. Nur leider ist Zekk ein Jedi und lässt sich nicht so leicht einschüchtern. Also, was soll ich tun?« Han dachte darüber nach, dann schaute er sich um. In den Ecken des Raums standen – reglos, unauffällig – Leias Leibwächter, Meewalh und Cakhmaim, Angehörige der Noghri-Rasse, grauhäutig, nicht größer als R2-D2, in tarnende Umhänge gehüllt. Genau wie Miniblaster waren sie klein, schwer zu entdecken und tödlich. »Vielleicht könnten wir Meewalh und Cakhmaim dazu bringen, ihn aufzumischen.«

»Gib’s auf, Han«, sagte Mara. »Leia, eure Quartiere gefallen mir.«

»Danke.« Leia nahm neben ihrem mürrischen Ehemann auf dem Sofa Platz. »Es ist wirklich schön, etwas von Dauer zu haben, nicht das Hotel des Monats oder Unterkünfte an Bord irgendeines Diplomatenschiffs oder das Wohnabteil des Falken. Dies ist der erste Ort, den wir seit dem Sturz von Coruscant tatsächlich unser Zuhause nennen können.« Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Coruscant war beinahe zur selben Zeit an die Yuuzhan Vong gefallen, als Anakin, der jüngste Sohn der Solos, gestorben war. Das waren dunkle Zeiten gewesen.

»Wir hätten uns fast für Corellia entschieden«, sagte Han. »Ein Planet, auf dem man mehr als drei Meter gehen kann, ohne gegen eine Wand zu laufen. Aber wir haben hier einfach zu viel Familie und zu viele Freunde.« Wieder ertönte die Türglocke. »Wo wir gerade davon sprechen …«

Diesmal waren es Jaina und Zekk. Auch Jaina trug die übliche Jedi-Robe; ihre bestand aus strapazierfähigem Stoff, war fürs Reisen geeignet und weniger auffällig gehalten als die eines Jedi-Ritters. Sie war etwa genauso groß wie ihre Mutter und von schlankem Wuchs, mit dunklen Augen und feinen Zügen. Zekk, ihr Partner, war Ende zwanzig, etwas jünger als Jaina, und ansonsten in fast jeder Hinsicht das Gegenteil von ihr: Groß genug, dass seine Kopfhaut die Oberseite des Türrahmens streifte, als er eintrat, das lange schwarze Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, stach er ungeachtet des Schnitts und der Farbe seiner Reisegewänder aus jeder Menge heraus, und er gab sich wenig Mühe, seine energiegeladene Erscheinung zu mindern. Doch trotz seiner guten Laune war er fast bis zur Schüchternheit schweigsam, während er und Jaina durch die Quartiere geführt wurden. Sein einziger Kommentar Leia gegenüber war: »Ich nehme an, die Vongformation wurde aus diesem Gebiet mehr oder minder zur Gänze zurückgedrängt?«

Als der Yuuzhan-Vong-Krieg seinen Höhepunkt erreichte, zu der Zeit, als Coruscant gefallen war, hatten die Yuuzhan Vong ihre Technologien dazu benutzt, um die gesamte Natur dieser Welt zu verändern, indem sie ein Weltenhirn installiert hatten, das den Planeten hatte umformen sollen. Unter der Koordination des Hirns entstanden eine überwältigende Flora und Fauna; Pflanzen hatten die Bauwerke überwuchert, die – übersichtlich angeordnet – Coruscants Oberfläche bedeckten, während die einheimische Spezies durch Yuuzhan-Vong-Spezies zurückgedrängt werden sollte, um auf diese Weise sämtliche Hinweise darauf auszulöschen, dass jemals eine andere Rasse als die Yuuzhan Vong auf dieser Welt gelebt hatte.

Dieser Prozess, den man Vongformation nannte, wäre innerhalb von einigen Standarddekaden abgeschlossen gewesen, hätte Jacen Solo sich nicht während seiner Gefangenschaft mit dem Weltenhirn angefreundet und es davon überzeugt, sich gegen seine Schöpfer zu wenden und der neu gegründeten Galaktischen Allianz dabei zu helfen, den Planeten zurückzuerobern.

Die Vongformation wurde durch den aggressiven Einsatz von Technik und Toxinen allmählich wieder umgekehrt, aber überall auf Coruscant gab es nach wie vor Hinterlassenschaften für den Einfluss des Weltenhirns – Fremdweltenpilze, die in Rissen und Spalten und Wasserleitungen gediehen, Insektenarten, die ein Teil des Ökosystems von Coruscant geworden waren, seltsame und gefährliche Lebensformen, die in der Dunkelheit der Abwasserkanäle und anderer unterirdischer Orte hausten.

Leia zuckte die Schultern. »Ein paar Kilometer von hier gibt es eigenartig überwucherte Ruinen und einige Gebiete, die ich bloß als Fremdweltler-Kolonien bezeichnen kann. Hier in dieser Gegend ist es wesentlich normaler«, sagte sie. »Die nahe gelegenen Bereiche, die nach Einbruch der Dunkelheit oder dort, wo das Sonnenlicht nicht hinreicht, schon vor der Umwandlung gefährlich waren, sind es jetzt noch mehr. Es ist so, wie Coruscant einst war – abgesehen davon, dass noch ein wenig mehr in den Schatten lauert, wenn du verstehst, was ich meine?«

Zekk nickte und lächelte ein wenig. »Darüber weiß ich alles.«

Der Streit begann mit dem Würzlaib.

Der Würzlaib war nicht der Grund dafür. Das traditionelle corellianische Gericht – ein feines Hackfleisch, das bis zur Schärfegrenze der Speisenden gewürzt war – war so, wie Leia es zubereitet hatte, sowohl mild als auch schmackhaft und ganz gewiss nicht dazu geeignet, Anlass für Unfrieden zu sein. Vielmehr war es Han, der beschloss, streitlustig zu werden, als der Würzlaib serviert worden war.

Er legte seine Gabel nieder und sah seinen Neffen Ben argwöhnisch an. »Was hast du getan?«

»Sichergestellt, dass sie tun, was die Regierung sagt.« Der Junge hielt dem Blick seines Onkels uneingeschüchtert stand. »Dafür gesorgt, dass sie für niemand anderen Waffen herstellen als für die Regierung.«