Star Wars™  - Einsame Entscheidungen - Timothy Zahn - E-Book

Star Wars™ - Einsame Entscheidungen E-Book

Timothy Zahn

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Beschreibung

Die Rebellion geht weiter …

Ein Jahr ist seit der Zerstörung des ersten Todessterns vergangen. Als Gouverneur Ferrouz den Rebellen überraschend Zuflucht bietet, brechen Luke, Leia, Han und Chewie als Kundschafter nach Candoras auf. Imperator Palpatine jedoch erfährt von dem möglichen Bündnis und sendet seine tödlichste Waffe aus – Mara Jade. Sie soll Ferrouz für seinen Verrat strafen und die Rebellen endgültig vernichten. Aber noch eine weitere Figur wartet in diesem undurchsichtigen Spiel auf ihren Einsatz …

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Timothy Zahn

EINSAME ENTSCHEIDUNGEN

Aus dem Englischen von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™ Choices of One«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung September 2012

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, München.

Copyright © 2011 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2012 by Verlagsgruppe

Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: © Isabelle Hirtz, München

Cover Art Copyright: © 2011 by Lucasfilm Ltd.

Jacket design by David Stevenson

Jacket art by John Van Fleet

Redaktion: Marc Winter

HS · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07832-4

www.blanvalet.de

Für Mom,

die nie daran gezweifelt hat,

dass sich die ganze Schreiberei eines Tages auszahlen wird.

Dramatis Personae

AIREN CRACKEN; Rebellenanführer (Mensch)

BIDOR FERROUZ; imperialer Gouverneur von Poln (Mensch)

CARLIST RIEEKAN; Rebellenanführer (Mensch)

DARIC LARONE; Sturmtruppler (Mensch)

GILAD PELLAEON; leitender Brückenoffizier der Schimäre (Mensch)

JOAK QUILLER; Sturmtruppler (Mensch)

HAN SOLO; Captain des Millennium Falken (Mensch)

KORLO BRIGHTWATER; Sturmtruppler (Mensch)

LEIA ORGANA; Rebellenanführerin (Mensch)

LUKE SKYWALKER; Rebell (Mensch)

MARA JADE; Agentin des Imperators (Mensch)

NUSO ESVA; Kriegsherr (Fremdweltler)

SABERAN MARCROSS; Sturmtruppler (Mensch)

TAXTRO GRAVE; Sturmtruppler (Mensch)

THRAWN; imperialer Offizier (Chiss)

VAANTAAR; Flüchtling (Troukree)

VESTIN AXLON; Rebellenanführer (Mensch)

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Die Entscheidungen eines Einzelnen prägen die Zukunft aller.

Jedi-Sprichwort

1. Kapitel

Der letzte Hyperraumsprung hatte es in sich. Der Startpunkt lag in einem unbedeutenden, kaum kartografierten Sternensystem und das Ziel in einem, das sogar noch obskurer war. Allerdings waren Offiziere und Besatzung des ISZSchimäre die Besten in der Galaxis, und als Commander Gilad Pellaeon auf den Schirm sah, konnte er bestätigen, dass sie den Sprung mit höchster Präzision vollzogen hatten.

Er marschierte den Kommandolaufgang entlang, musterte den langen Bug der Schimäre und fragte sich, was bei allen Welten sie hier taten. Die Schimäre war ein imperialer Sternenzerstörer, anderthalb Kilometer massive Panzerung und beeindruckende Bewaffnung, Symbol und Verkörperung von imperialer Macht und Autorität. Selbst die arroganten Anarchisten der Rebellion zögerten, bevor sie es mit Schiffen wie diesem aufnahmen.

Warum also, im Namen des Imperialen Zentrums, war die Schimäre für einen Personentransport abgestellt worden, wenn eben jene Rebellion heftiger und brutaler als je zuvor überall im Imperium wütete und Lord Vader höchstpersönlich beauftragt worden war, ihre Anführer aufzuspüren und zu vernichten?

»Das ist verrückt«, murrte Captain Calo Drusan, als er zu Pellaeon aufschloss. »Was in der Galaxis denkt sich das Oberkommando nur dabei?«

»Das Ganze ist tatsächlich ein wenig seltsam«, entgegnete Pellaeon diplomatisch. »Aber ich bin sicher, dass sie ihre Gründe dafür haben.«

Drusan schnaubte. »Wenn Sie das glauben, sind Sie ein Narr. Das Imperiale Zentrum hat sich einen Wasserkopf von Politikern zugelegt, von professionellen Stiefelleckern und Unfähigen. Vernunft und Intelligenz wurden schon vor langer Zeit in den Müllschächten runtergespült.« Er deutete auf den sternenfunkelnden Himmel vor ihnen. »Ich vermute, da will jemand alle anderen damit beeindrucken, dass er ganze Flottenverbände herumschieben kann.«

»Könnte sein, Sir«, erwiderte Pellaeon, dem ein leichter Schauder über den Rücken lief. Im Großen und Ganzen lag Drusan richtig mit seinen Einschätzungen, was am imperialen Hof vor sich ging. Nichtsdestotrotz sprach auch ein Schiffskapitän derartige Dinge besser nicht laut aus.

In diesem Fall jedoch hatte Drusan unrecht … da dieser bestimmte Befehl nicht von irgendeinem Lakaien des Imperialen Zentrums gekommen war. So hatte es zwar ausgesehen, und das war zweifelsohne beabsichtigt. Im Gegensatz zum Captain hatte Pellaeon den Befehl jedoch nicht einfach geschluckt, sondern sich etwas Zeit für Hintergrundrecherchen genommen. Der Befehl hatte zwar die richtigen Kanäle im Imperialen Zentrum durchlaufen, kam aber ursprünglich nicht von dort. Tatsächlich stammte er von einem unbekannten Ort im Äußeren Rand.

Den streng geheimen Depeschen zufolge, die Drusan mit seinen leitenden Offizieren ausgetauscht hatte, befand sich Großadmiral Zaarin gegenwärtig in dieser Gegend und patrouillierte an Bord des ISZVorherrschaft unbemerkt am Rande des Imperialen Raums – was stark darauf hindeutete, dass die Befehle der Schimäre geradewegs vom Großadmiral selbst stammten.

»Ein Schiff nähert sich, Captain«, rief der Sensoroffizier aus dem steuerbordseitigen Mannschaftsgraben. »Es ist gerade in das System eingetreten. Den Sensoren zufolge handelt es sich um einen leichten Frachter der Kazellis-Klasse.«

Drusan pfiff leise. »Kazellis«, kommentierte er. »Ein seltener Vogel – die werden schon seit Jahren nicht mehr gebaut. Haben wir schon eine Kennung?«

»Ja, Sir«, rief der Kom-Offizier aus dem Mannschaftsgraben an Backbord. »Der Code bestätigt, dass es sich um die Salabans Hoffnung handelt.«

Pellaeon zog eine Augenbraue hoch. Das bedeutete, dass ihr mysteriöser Passagier eingetroffen war, und das bereits wenige Minuten nach der Schimäre selbst. Entweder verfügte er über ein hoch entwickeltes Gefühl für Timing oder hatte bemerkenswertes Glück.

»Vektor?«, fragte Drusan.

»Steuerbord voraus«, rief der Sensoroffizier. »Entfernung: achtzig Kilometer.«

Nicht nur so pünktlich wie die Schimäre, sondern auch noch in bester Position. Pellaeons Wertschätzung für den Piloten des Frachters stieg um zwei weitere Punkte.

Natürlich war nicht jeder dieser Ansicht. »Verdammter Narr!«, schnaubte Drusan. »Was soll das werden? Will er direkt auf uns zuhalten?«

Pellaeon ging ein paar Schritte nach vorn und spähte durch das Steuerbordsichtfenster. Vor dem Hintergrund der Sterne war der Lichtschein des Sublichttriebwerks nur schwach zu erkennen.

Gleichwohl, eigentlich sollte dieser Lichtschein überhaupt nicht zu sehen sein. Nicht auf diese Entfernung. Es sei denn, der Pilot holte aus dem Sublichtantrieb alles heraus, was er zu bieten hatte, und noch ein bisschen mehr. Der einzige Grund, warum jemand so etwas tun würde …

»Captain, ich empfehle, auf höchste Alarmstufe zu gehen«, sagte Pellaeon mit dringlichem Unterton und wandte sich an Drusan. »Dieses Schiff flieht vor irgendetwas.«

Einen Moment lang antwortete Drusan nicht. Sein Blick wanderte an Pellaeons Schulter vorbei zu dem näher kommenden Raumfrachter. Mit Mühe zwang sich Pellaeon, den Mund zu halten, und überließ es dem Captain, das Rätsel auf seine ureigene methodische Vorgehensweise zu lösen. Zu seiner Erleichterung begriff Drusan schließlich.

»Höchste Alarmstufe«, rief der Captain. »Und bestätigen Sie noch einmal diesen Kenncode. Nur für den Fall, dass er nicht vor etwas flieht, sondern mit dem Gedanken spielt, uns zu rammen.«

Pellaeon wandte sich wieder dem Sichtfenster zu und hoffte, dass es ihm gelang, seine Verwirrung zu verbergen, bevor sie dem Captain auffiel. Glaubte Drusan allen Ernstes, irgendjemand wäre dämlich und selbstmörderisch genug, um ein derart verrücktes Manöver durchzuführen? Selbst die Wahnsinnigen von der Rebellion sollten es besser wissen. Doch solange Drusans paranoide Vorsicht dafür sorgte, dass die Schutzschilde hochgefahren und die Turbolaser geladen wurden …

»Kontakt!«, brüllte der Sensoroffizier. »Sechs nicht identifizierte Schiffe verlassen den Hyperraum und gehen hinter der Salabans Hoffnung in Verbundformation.«

»Bereit machen!«, rief Drusan. Der Captain liebte es, mit den Turbolasern der Schimäre auf etwas feuern zu können. »Volle Energie auf alle Turbolaser!«

Pellaeon verzog das Gesicht. Wie üblich folgte Drusan der Standardgefechtsprozedur. Nur, dass diese in der aktuellen Situation nicht funktionieren würde. Bis die Schimäre feuerbereit war, hätten die Angreifer die Salabans Hoffnung längst eingeholt und den Raumfrachter umzingelt.

Wenn die Schimäre jedoch Energie auf die Sublichttriebwerke umlenkte und geradewegs auf den Frachter zuhielt, könnten sie die Angreifer möglicherweise verscheuchen oder sie zumindest kurzzeitig innehalten lassen. Darüber hinaus bedeutete es, ein bisschen eher in die effektive Feuerreichweite der Turbolaser zu gelangen, wenn sie die Distanz verringerten. »Captain, wenn ich vorschlagen dürfte …«

»Nein, dürfen Sie nicht, Commander«, unterbrach ihn Drusan ruhig. »Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für Ihre abstrusen Gefechtstheorien.«

»Captain, die Salabans Hoffnung ruft uns«, meldete der Kom-Offizier. »Lord Odo wünscht, Sie sofort zu sprechen.«

Pellaeon runzelte die Stirn. Lord Odo war die Art von Name, die man am imperialen Hof hörte, aber nicht hier draußen im Äußeren Rand. Was machte ein Mitglied des Hofes so weit weg vom Imperialen Zentrum?

»Stellen Sie ihn durch«, befahl Drusan.

»Ja, Sir.« Ein Klicken ertönte …

»Captain Drusan, hier spricht Lord Odo«, sagte eine melodische Stimme über den Brückenlautsprecher. »Wie Sie vielleicht bemerkt haben, werden wir angegriffen.«

»Das ist mir nicht entgangen, Lord Odo«, erwiderte Drusan. »Wir laden gerade die Turbolasergeschütze auf.«

»Ausgezeichnet«, meinte Odo. »Dürfte ich vorschlagen, dass Sie in der Zwischenzeit die restliche verfügbare Energie auf den Traktorstrahl umlenken und …«

»Das ist keine gute Idee, mein Lord«, warnte Drusan. »Auf diese Entfernung könnte ein Traktorstrahl mit voller Leistung Ihre Außenhülle schwer beschädigen.«

»… dass Sie alle Energie auf den Traktorstrahl umlenken«, wiederholte Odo, jetzt mit einer gewissen Schärfe in der Stimme, »um die beiden hintersten Angreifer auf sich zu ziehen.«

»Und wenn wir ihren Rumpf …« Mit Verspätung brach Drusan ab. »Oh … ja … Ja, ich verstehe. Fähnrich Caln, den Traktorstrahl auf die beiden am weitesten entfernten Angreifer ausrichten – arretieren und heranziehen!«

Mit einem Kloß im Hals wandte sich Pellaeon erneut dem Sichtfenster zu. Mittlerweile war das Triebwerksleuchten der feindlichen Schiffe deutlich zu erkennen. Es loderte vor den Sternen, als sich die Schiffe zügig auf das Heck der Salabans Hoffnung zubewegten. Drusan hatte recht gehabt, was die Gefahren von Traktorstrahlen mit voller Leistung auf diese Entfernung anging, und offensichtlich hoffte Odo darauf, dass genau das passieren würde. Er hoffte, dass der Traktorstrahl der Schimäre stark genug war, um die Außenhülle der Verfolger zu beschädigen oder sogar zu zerstören.

Doch falls die Schiffe der Angreifer widerstandsfähiger waren, als Odo dachte, würde das Manöver nichts weiter bewirken, als zwei der Angreifer schneller und leichter in Feuerdistanz zu bringen, als es ihnen allein möglich gewesen wäre. Dann wäre die Salabans Hoffnung von hinten und auf beiden Flanken von feindlichen Lasern umgeben, und es war unwahrscheinlich, dass die Schilde des Raumfrachters ausreichen würden, um mit der dreifachen Bedrohung fertigzuwerden. Pellaeon pfiff leise durch die Zähne und verfolgte weiter das Geschehen.

Mit einem Mal begannen die beiden Verfolgerschiffe am Ende der Formation wie wild zu rotieren. Ihr Emissionsstrahl wirbelte herum wie der Windfunkensprüher eines Kindes. »Traktorstrahl aktiviert«, rief der zuständige Offizier. »Angreifer arretiert und unterwegs zu uns.«

»Irgendwelche Anzeichen von Rumpfschäden?«, fragte Drusan.

»Nichts Messbares, Sir«, meldete der Sensoroffizier.

»Zur Kenntnis genommen«, sagte Drusan. »So viel dazu«, fügte er an Pellaeon gewandt hinzu.

»Nun, zumindest können sie nicht auf die Salabans Hoffnung feuern«, merkte Pellaeon an. »Nicht bei diesen Spiralbewegungen.«

»Ja, es ist schwierig, auf diese Weise ein Ziel zu erfassen«, stimmte Drusan widerwillig zu, »aber nicht unmöglich.«

Und plötzlich verstand Pellaeon. Odo hoffte nicht nur darauf, dass die Traktorstrahlen der Schimäre die angreifenden Schiffe in Stücke reißen würden. Er ließ die Angreifer von den Imperialen an seine Seite ziehen und setzte darauf, dass das Trudeln ihre Feuerkraft lange genug beeinträchtigen würde, um …

Er grübelte noch immer über die Sache nach, als die Laser der Salabans Hoffnung auf beiden Seiten aufblitzten und die zwei im Traktorstrahl gefangenen Angreifer in Schrott verwandelten. Als sich die sich ausbreitenden Trümmerwolken aus dem Klammergriff des Traktorstrahls befreit hatten, fielen sie unweigerlich hinter die noch immer beschleunigende Salabans Hoffnung zurück, geradewegs in die Flugbahn der vier Verfolger, die dem Frachter nach wie vor auf den Fersen waren.

»Captain, Turbolaser bereit«, meldete der Waffenoffizier.

»Die übrigen Angreifer ins Visier nehmen«, raunzte Drusan. »Das heißt, sofern es noch etwas Lohnenswertes gibt, das man anvisieren kann. Und informieren Sie den wachhabenden Offizier auf dem Hangardeck, dass ein Schiff im Anflug ist.«

Er sah Pellaeon an. »Auch wenn dieser Lord Odo womöglich ein Mitglied des imperialen Hofes ist«, murmelte er, »ist er zumindest schon mal nicht vollkommen unfähig.«

»Ja, Sir«, erwiderte Pellaeon. »Soll ich hier übernehmen, während Sie sich nach unten begeben, um ihn willkommen zu heißen?«

Drusan verzog das Gesicht. »Glücklicherweise bin ich zu sehr damit beschäftigt, diesen Schlamassel wieder in Ordnung zu bringen, als dass ich mich um Gäste kümmern könnte«, sagte er. »Sie gehen. Holen Sie ihn an Bord, zeigen Sie ihm seine Kabine – Sie wissen ja, wie die Sache läuft. Richten Sie ihm aus, dass ich herunterkommen und ihn begrüßen werde, sobald wir den Sprung auf Lichtgeschwindigkeit hinter uns haben.«

»Ja, Sir«, antwortete Pellaeon. »Vielleicht kann ich ja aus ihm herausbekommen, wohin diese verschlüsselten Koordinaten, die man uns geschickt hat, führen werden.«

»Darauf würde ich mich nicht verlassen, Commander«, meinte Drusan. »Der imperiale Hof hat eine ebenso große Vorliebe für Geheimnisse wie jeder andere auch.« Er winkte mit der Hand. »Wegtreten.«

Noch niemals zuvor war Pellaeon die zweifelhafte Ehre zuteil geworden, ein amtierendes Mitglied des imperialen Hofs auf seinem Schiff begrüßen zu dürfen. Allerdings hatte er all die Geschichten über die Arroganz der edlen Herrschaften gehört, über ihre Passion für alles Seltene und Teure und ihre farbenfrohe, speichelleckende Gefolgschaft.

Lord Odo erwies sich als echte Überraschung. Der Erste, der aufs Hangardeck hinaustrat, war ein alter, zerbrechlich wirkender Mann, der nicht in üppige, teure Stoffe gewandet war, sondern einen schlichten Pilotenanzug trug. Der Zweite war ein weiterer Mensch – zumindest nahm Pellaeon an, dass es sich bei ihm um einen Menschen handelte – in eine grau-burgunderrote Robe mit Kapuze, schwarze Handschuhe, Stiefel und einen Umhang gekleidet, mit einer schwarzen Vollgesichtsmaske wie ein stummer Pantomime. Einen dritten Passagier gab es nicht. Falls Odo mit Gefolge gereist war, hatte er es offenkundig zurückgelassen.

Bloß, um sicherzugehen, wartete Pellaeon, bis der Pilot das Zeichen gab, die Einstiegsluke zu schließen. Erst, als das Schott mit einem dumpfen Laut einrastete, trat er vor. »Lord Odo«, sagte er und verbeugte sich tief aus der Hüfte heraus, wobei er inständig hoffte, dass ihm der Besucher etwaige unbeabsichtigte Versäumnisse in der angemessenen Hofetikette nachsehen würde, »ich bin Commander Gilad Pellaeon, dritter Brückenoffizier des imperialen Sternenzerstörers Schimäre. Captain Drusan bat mich, Sie willkommen zu heißen und Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass er Ihnen persönlich seinen Respekt erweisen wird, sobald es seine Pflichten auf der Brücke erlauben.«

»Vielen Dank, Commander«, erwiderte Odo im gleichen melodischen Tonfall, den Pellaeon schon auf der Brücke gehört hatte, jetzt jedoch leicht von der Maske gedämpft. Pellaeon fiel auf, dass es keine Mundöffnung gab, auch keine Schlitze für die Augen. Entweder vermochte Odo es irgendwie, geradewegs durch das Metall hindurchzusehen, oder in die Innenseite war ein kompakter kleiner Bildschirm eingebaut. »Sind wir bereits unterwegs?«

»Ja, Sir«, erwiderte Pellaeon und warf einen raschen Blick auf die nächstbeste Anzeigetafel, um diesbezüglich sicherzugehen. »Ich denke, laut der verschlüsselten Kursdaten, die wir zusammen mit Ihrer Borderlaubnis erhalten haben, dürfte die Reise zehn Standardstunden dauern.«

»Korrekt«, bestätigte Odo. »Bitte verzeihen Sie mein Auftreten. Der Grund für meinen Besuch hier muss ebenso geheim bleiben wie meine Identität.«

»Sie müssen sich nicht rechtfertigen, Sir«, beeilte sich Pellaeon, ihm zu versichern. »Mir ist bewusst, wie die Dinge am imperialen Hof gehandhabt werden.«

»Ist dem so?«, fragte Odo. »Ausgezeichnet. Vielleicht können Sie mich dann ja später mit den subtileren Facetten vertraut machen.«

Pellaeon spürte, wie sich eine Falte in seine Stirn grub. Machte Odo sich einfach nur einen Spaß auf Kosten eines rangniederen Flottenoffiziers? Oder kannte er tatsächlich nicht die Feinheiten der Modalitäten und des Verhaltens am imperialen Hof? In diesem Fall wäre er offenkundig kein Angehöriger des Hofes gewesen. Aber wer war er dann?

»Ich gehe davon aus, dass Sie Quartiere für uns vorbereitet haben«, fuhr Odo fort. »Die Reise war lang und voller Gefahren.« Der maskenbewehrte Kopf unter der Kapuze verneigte sich etwas. »Wo wir gerade davon sprechen: Vielen Dank für Ihre Hilfe gegen diese Verfolger.«

»Es war uns eine Ehre, mein Lord«, sagte Pellaeon, der sich einen Sekundenbruchteil lang fragte, ob er darauf hinweisen sollte, dass der entscheidende taktische Winkelzug des Gefechts tatsächlich von Odo selbst stammte. Wohl eher nicht. Es wäre nicht gut für die Imperiale Flotte einzugestehen, dass ein Zivilist auf Besuch einen besseren Schlachtplan als sie selbst ersonnen hatte. »Und ja, unweit des Hangardecks wurden für Sie und Ihren Piloten Unterkünfte vorbereitet.« Er sah den Piloten an und zog die Augenbrauen hoch. »Ihr Name?«

Der Pilot schaute zu Odo hinüber, als würde er um Erlaubnis bitten, sprechen zu dürfen. Odo rührte sich nicht, und einen Moment später sah der Pilot wieder Pellaeon an. »Nennen Sie mich Sorro«, sagte er. Seine Stimme war so alt und müde wie der Rest von ihm.

»Es ehrt mich, Sie kennenzulernen«, entgegnete Pellaeon und wandte sich wieder an Odo. »Wenn Sie mir bitte folgen würden, mein Lord? Ich bringe Sie zu Ihren Quartieren.«

Obwohl es nicht seine Schicht war, setzte Pellaeon alles daran, dass er sich exakt neundreiviertel Standardstunden später auf der Brücke der Schimäre befand. Die Mühe hätte er sich allerding sparen können. Der Sternenzerstörer gelangte zur Nachtseite einer vollkommen unspektakulären Welt mit einer ebenso unspektakulären gelben Sonne, die über den Horizont des Planeten lugte, und einem unspektakulären Sternenhimmel überall um sie herum.

»Und es ist auch nicht sonderlich wahrscheinlich, dass wir irgendetwas anderes zu sehen bekommen werden«, knurrte Drusan. »Unser Befehl lautet, diese Position zu halten, bis Lord Odo zurückkehrt.«

»Da ist er«, sagte Pellaeon und zeigte auf das Triebwerksleuchten des Raumfrachters, als die Salabans Hoffnung unterhalb des langgezogenen Bugs der Schimäre auftauchte. Der Frachter düste in Richtung des Planetenhorizonts vor ihnen davon, und die Umrisse des Schiffs verschwammen flüchtig, als es den Rand der Atmosphäre passierte und dann verschwand.

»Was halten Sie von seiner Maske?«

Mit Mühe lenkte Pellaeon seine Gedanken vom Rätsel darum, wo sie sich befanden, auf das Rätsel, um wen es sich bei Odo überhaupt handelte. »Jedenfalls will er definitiv nicht, dass irgendjemand erfährt, wer er ist«, sagte er.

»Wer oder was«, ergänzte Drusan. »Ich habe unsere Bioingenieure angewiesen, die Abluft aus seiner Kabine zu überprüfen. Ich dachte mir …«

»Sie haben was getan?«, unterbrach Pellaeon ihn entsetzt. »Sir, unsere Befehle sind eindeutig: Es ist uns untersagt, Lord Odos Aktivitäten infrage zu stellen, einzugreifen oder uns in irgendeiner Form einzumischen.«

»Nichts davon habe ich getan«, versicherte Drusan. »Den Zustand meines Schiffes im Auge zu behalten, ist Teil meiner Aufgabe.«

»Aber …«

»Abgesehen davon ist nichts dabei herausgekommen«, sagte Drusan missmutig. »Er sondert Biomarker von fünfzig verschiedenen Spezies ab, von denen der Computer mindestens acht noch nicht einmal identifizieren kann.«

»Die kommen wahrscheinlich von seiner Maske«, murmelte Pellaeon, der sich jetzt an die beiden parallelen Schlitze in den gewölbten Wangenknochenbereichen der Maske erinnerte. »Ich hatte angenommen, die Wangenschlitze seien rein dekorativ.«

»Augenscheinlich sind sie voller Biomarker«, sagte Drusan. »Ein gerissener kleiner Bursche, nicht wahr? Wie dem auch sei, was auch immer der Grund für seinen Besuch hier sein mag, er sollte bald vorbei sein, und dann können wir ihn und sein Schiff wieder dahin zurückbringen, wo wir sie aufgelesen haben.«

»Es sei denn, er will, dass wir ihn woanders hinbringen«, merkte Pellaeon an.

»Wofür braucht er uns denn schon?«, hielt Drusan dagegen. »Er hat ein Schiff und einen Piloten. Soll er sich doch allein um seine Angelegenheiten kümmern.« Er atmete deutlich hörbar aus. »Nun, es macht keinen Sinn, hier rumzustehen und auf ihn zu warten. Ich gehe in mein Quartier zurück, und ich schlage vor, dass Sie das auch tun, Commander.«

»Ja, Sir«, antwortete Pellaeon. Nachdem er dem Horizont des Planeten einen letzten Blick zugeworfen hatte, folgte er Drusan den Kommandolaufgang hinab.

»Nun?«, fragte der Imperator.

Einen Moment lang antwortete Thrawn nicht, sondern blickte durch das Sichtfenster einfach weiter auf die bewaldete Landschaft hinaus, die sich unter ihnen erstreckte. »Eine interessant Situation«, sagte der blauhäutige Chiss schließlich.

Jorj Car’das, der am Steuerruder seines Raumfrachters saß, behielt den Blick weiter auf den Horizont des Mondes direkt voraus gerichtet, während er sich inständig wünschte, sein selbstauferlegtes Exil vom Rest des Universums nie aufgegeben zu haben. Thrawn brauchte ihn hier überhaupt nicht, und der Imperator wollte ihn nicht hier haben.

Allerdings hatte Thrawn darauf bestanden, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Warum, wusste Car’das nicht. Vielleicht hatte Thrawn das Gefühl, er schulde Car’das etwas. Vielleicht glaubte er, er würde Car’das einen Gefallen tun, indem er ihn auf diese Weise wieder mit den Großen und Mächtigen in Kontakt brachte.

Ebenso wenig wusste Car’das, warum der Imperator darauf verzichtet hatte, seine Anwesenheit an Bord bekannt zu machen. Womöglich schätzte er Thrawn hoch genug, um ihm seine kleinen Eigenheiten zu verzeihen. Möglicherweise amüsierte ihn aber auch nur Car’das’ offensichtliches Unbehagen. Car’das hatte keine Ahnung, was davon zutraf. Es kümmerte ihn eigentlich auch nicht. Nichts kümmerte ihn.

»Fürs Erste sollte das Multifrequenz-Kraftfeld, das Ihr errichtet habt, mehr als ausreichen, um die Konstruktionsstätte zu sichern«, sagte Thrawn und gestikulierte an Car’das’ Schulter vorbei in Richtung der riesigen, halbfertigen Sphäre, die über der Mondoberfläche schwebte. »Ich nehme an, der Generator verfügt über ausreichende Energiereserven und einen Schutzschild, um ihn vor Angriffen aus dem Orbit zu schützen?«

»In der Tat«, bestätigte der Imperator. »Darüber hinaus befinden sich im Wald rings um den Generator mehrere voll bemannte Garnisonen.«

»Ist der Mond bewohnt?«

»Nur von Primitiven«, sagte der Imperator verächtlich.

»In diesem Fall stellen mehrere Garnisonen eine Verschwendung von Ressourcen dar«, meinte Thrawn. »Ich würde empfehlen, den Wald in einem Radius von hundert Kilometern rings um den Generator niederzubrennen und eine kleine mechanisierte Einheit, bestehend aus AT-ATs und schweren Juggernaut-Angriffsfahrzeugen, unter dem Schutzschild zu postieren, dazu punktuelle Unterstützung durch drei bis vier Gruppen von Hoverscouts an den Flanken. Dann könnte man die übrigen Truppen mitsamt ihrer Ausrüstung zu Problemgebieten anderswo im Imperium schicken.«

»Der Vorschlag lautet also, den Generator vollkommen unangreifbar zu machen?«, fragte Palpatine.

»Eigentlich dachte ich, das sei der Sinn der Sache.« Thrawn hielt inne, und Car’das warf gerade rechtzeitig einen Blick nach hinten, um zu sehen, wie sich die glühenden Augen des Captains verengten. »Es sei denn, natürlich, Ihr stellt hier eine Falle auf.«

»Natürlich«, sagte der Imperator ruhig. »Von all meinen Offizieren sollten gerade Sie den Nutzen einer sorgfältig geplanten Falle kennen.«

»Das tue ich«, stimmte Thrawn zu. »Eine letzte Empfehlung: Unterschätzt die Eingeborenen nicht, die Ihr erwähnt habt. Selbst Primitive können zuweilen mit tödlicher Wirkung eingesetzt werden.«

»Sie werden kein Problem darstellen«, versicherte der Imperator und tat das Ganze mit einem kleinen Wink seiner Hand ab. »Sie mögen keine Fremden. Egal, was für Fremde.«

»Das zu beurteilen überlasse ich Euch«, sagte Thrawn.

»Ja«, entgegnete Palpatine knapp. »Und jetzt … Ich spüre, dass Ihnen eine Frage auf dem Herzen liegt. Nur zu, raus damit.«

»Vielen Dank, Euer Hoheit«, sagte Thrawn. Falls er überrascht oder unangenehm berührt davon war, dass der Imperator beiläufig seine Gedanken gelesen hatte, war seiner Stimme nichts davon anzumerken. »Es geht um einen Kriegsherrn namens Nuso Esva, der zu einer bedeutenden Größe in den Unbekannten Regionen geworden ist.«

Palpatine stieß ein kurzes Schnauben aus. »Manchmal frage ich mich, ob Sie diesen abgelegenen Gebieten nicht zu viel von Ihrer Aufmerksamkeit schenken, Captain.«

»Ihr selbst habt mich autorisiert, derartige Untersuchungen durchzuführen«, erinnerte Thrawn ihn. »Und das aus gutem Grund. Die Rebellion ist zwar eine Bedrohung, aber bei Weitem nicht die ärgste, mit der sich das Imperium konfrontiert sieht.«

»Ihrer Meinung nach.«

»Ja«, bestätigte Thrawn.

Es folgte eine kurze Pause. »Fahren Sie fort«, sagte der Imperator.

»Der Kriegsherr Nuso Esva hat sich zu einer echten Gefahr entwickelt«, berichtete Thrawn. »Er verfügt über eine ungewöhnlich starke Raumflotte wie auch über zahlreiche versklavte und tributpflichtige Welten, die sich bis in den Wilden Raum hinein und bis zum Rande des Imperiums erstrecken. Ich glaube, dass er Pläne schmiedet, seinen Einfluss auf den Imperialen Raum auszudehnen.«

»Ein Fremdweltler, nehme ich an«, sagte Palpatine mit vor Missachtung triefender Stimme. »Ist er käuflich?«

»Man kann ihn nicht kaufen, nicht mit ihm verhandeln und sich nicht mit ihm verbünden«, entgegnete Thrawn. »Ich habe ihm mehrere Kommuniqués schicken lassen und ihm jede dieser Möglichkeiten angeboten. Er hat sie allesamt abgelehnt.«

»Und was verleitet Sie zu der Annahme, dass er seinen Einfluss auf mein Imperium auszuweiten wünscht?«

»Er hat mit einem Feldzug gegen einige der Welten am Rande der Territorien begonnen, die ich befriedet habe«, sagte Thrawn. »Sein übliches Vorgehen besteht darin, Anschläge gegen Handelsflotten zu verüben, nach denen er sofort wieder untertaucht, oder er versucht, die offiziellen Vertreter dieser Welten zu bestechen und auf andere Weise zu beeinflussen.«

»Die ebenfalls allesamt Fremdweltler sind«, sagte Palpatine mit einem verächtlichen Schnauben. »Ich habe Sie schon einmal davor gewarnt, dass solche Wesen nicht zu irgendeiner Art von dauerhafter politischer Struktur geformt werden können. Die Geschichte der Republik ist dafür Beweis genug.«

»Vielleicht«, sagte Thrawn. »Der entscheidende Punkt ist, dass Nuso Esva diese Überfälle nutzt, um meine Streitkräfte festzunageln, und die einzigen Ziele, die meines Erachtens einen derartigen Aufwand lohnen, befinden sich im Imperialen Raum. Es ist offensichtlich, dass wir das nicht tolerieren können.«

»Dann kümmern Sie sich um ihn«, sagte der Imperator knapp.

»Das habe ich vor«, bestätigte Thrawn. »Das Problem dabei ist, dass meine Truppen bereits überfordert und überlastet sind. Um einen vernichtenden Schlag führen zu können, brauche ich mindestens sechs zusätzliche Sternenzerstörer.«

Aus dem Augenwinkel heraus sah Car’das, wie sich die Augen des Imperators zu Schlitzen verengten. »Glauben Sie ernsthaft, dass ich sechs Sternenzerstörer entbehren kann, Captain Thrawn?«

»Ich würde Euch nicht darum bitten, wenn es nicht wichtig wäre«, erwiderte Thrawn ruhig. »Nicht bloß die Grenzregionen sind in Gefahr. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass Nuso Esva mit der Rebellion liebäugeln könnte.«

»Dann sollten Sie vielleicht mit Lord Vader sprechen«, meinte der Imperator. »Der Rebellion gebührt sein besonderes Interesse. Möglicherweise kann er Ihnen die Sternenzerstörer verschaffen, die Sie benötigen.«

»Ein ausgezeichneter Vorschlag, Euer Hoheit«, sagte Thrawn und neigte sein Haupt. »Das werde ich tun.«

»Es wäre interessant zu hören, was Sie beide einander zu sagen haben.« Der Imperator vollführte eine Geste. »Wir sind hier fertig, Pilot. Bringen Sie uns zur Vorherrschaft zurück.«

»Jawohl, Euer Hoheit«, antwortete Car’das. Die Hand mit festem Griff am Steuerknüppel, manövrierte er das Schiff in eine sanfte Kurve und hielt auf den Sternenzerstörer zu, der sich hinter ihnen im Orbit befand. Abwesend fragte er sich, ob Thrawn wirklich klar war, worauf er sich da einließ. Mit dem Imperator und zwei schweigenden Imperialen Gardisten hinter sich hier zu hocken, war schon schlimm genug.

Aber Vader war noch übler. Seit den Ereignissen bei Yavin deutete jeder Bericht, den Car’das aufgeschnappt hatte, darauf hin, dass der zu Recht sogenannte Dunkle Lord der Sith noch ein ganzes Stück dunkler geworden war. Der Gedanke daran, ihn um irgendetwas zu bitten, geschweige denn um sechs Sternenzerstörer, war etwas, was Car’das’ Verstand nicht fassen konnte.

Es war nicht immer so gewesen. Einst war Car’das der Anführer einer Organisation mit Einfluss in der gesamten Galaxis gewesen, von einem Netzwerk aus Schmugglern und Informationshändlern, die mit jedem Geschäfte machten, von den Hutts bis hin zu den höchsten Kreisen des imperialen Hofs. Car’das selbst war mit Thrawn bis an den Rand des Chiss-Raums gereist, damals, noch bevor die Klonkriege die Republik verwüstet hatten. Er hatte mit dem jungen Kommandanten zusammengearbeitet und war Zeuge geworden, wie er Streitmächte bezwang, die wesentlich größer als seine eigene gewesen waren. Später, als Car’das’ Organisation gewachsen war, hatte er viele Gelegenheiten gehabt, persönlich mit einigen der mächtigsten Männer aus Palpatines neuem Imperium zu sprechen. In jenen Tagen wäre es kaum mehr als ein ungewöhnlich interessantes Erlebnis gewesen, vor Darth Vader zu stehen.

Das war jedoch vor Car’das’ beinahe tödlicher Begegnung mit diesem Dunklen Jedi gewesen, vor so langer Zeit. Vor Car’das’ anschließender Krankheit, der Schwäche und dem drohenden Tod. Vor seiner abrupten Entscheidung, seiner Organisation den Rücken zu kehren und sie wehrlos sich selbst zu überlassen, ehe die internen Machtkämpfe ausbrechen konnten, die sie vermutlich just in diesem Augenblick auseinanderrissen. Bevor er aufgegeben hatte – alles.

Gleichwohl, trotz der Vergangenheit, die hinter ihm brannte, und einer Zukunft, die nackt und konturlos vor ihm lag, verspürte Car’das das unerwartete, unwillkommene Kribbeln alter Neugierde, die sich in ihm regte. Es würde tatsächlich interessant sein zu hören, was Thrawn und Vader einander zu sagen hatten.

Pellaeon war in sein Quartier zurückgekehrt und hatte fast sechs Stunden lang geschlafen, als ihn das hartnäckige Summen der Gegensprechanlage weckte. Er rollte herum und drückte auf den Knopf. »Pellaeon.«

»Hier spricht der Captain.« Drusans Stimme zitterte förmlich vor unterdrückter Emotion. »Melden Sie sich unverzüglich auf der Brücke.«

Die übrigen leitenden Brückenoffiziere waren bereits gegenüber dem Turbolift an achtern versammelt, als Pellaeon eintraf. Er bahnte sich seinen Weg nach vorn und stellte voller Unbehagen fest, dass auch die augenblicklich nicht diensthabenden Maschinenraumoffiziere und die Kommandeure der TIE-Jäger-Staffeln sowie Befehlshaber der auf der Schimäre stationierten einfachen Soldaten und Sturmtruppen zugegen waren. Was auch immer los war, es musste sehr wichtig sein.

Er entdeckte Drusan, der steif neben einer der Computerkonsolen wartete. Neben dem Captain stand Lord Odo, ruhig und regungslos.

»Nun, wo wir alle versammelt sind«, sagte Drusan, dessen Blick zu Pellaeon schweifte, »habe ich etwas zu verkünden. Wir wurden für die ehrenvolle Aufgabe …« Er betonte diese Worte ein wenig zu sehr. »… ausgewählt, Lord Odo bei einer Sondermission als persönliche Eskorte zu dienen.« Seine Lippen zuckten. »Als Teil dieser Mission hat Lord Odo ab sofort den Oberbefehl über die Schimäre«, fuhr er fort. »Ich vertraue darauf, dass Sie alle seine Position respektieren und ihn mit Ihren Fähigkeiten, Ihrem Einsatz und Ihrem Gehorsam auf gewohnt zuverlässige Weise unterstützen werden. Fragen?«

Der Erste Offizier, Oberkommandant Grondarle, räusperte sich. »Darf ich mich nach dem Zweck dieser Mission erkundigen?«, fragte er.

»Sie ist bedeutsam«, teilte Odo ihm in ruhigem Tonfall mit. »Das ist alles, was Sie zum jetzigen Zeitpunkt wissen müssen.«

Einen Moment lang war es unbehaglich still. »Haben Sie Befehle für uns, mein Lord?«, fragte Drusan schließlich.

Odos Hand tauchte unter dem Umhang auf, eine Datenkarte in den behandschuhten Fingern. »Hier ist unser neuer Kurs«, sagte er und reichte Drusan die Karte. »Unser erster Zwischenstopp ist das Wroona-System.«

»Und was genau ist im Wroona-System?«, fragte Grondarle.

»Commander!«, sagte Drusan warnend.

»Ist schon in Ordnung, Captain«, sagte Odo. »Um meine Mission zu erfüllen, benötige ich eine spezielle Ausrüstung. Diese Ausrüstung befindet sich auf Wroona, und da sie nicht von allein zu uns kommt, werden wir sie wohl holen müssen.«

Grondarle kniff die Augen zusammen, aber er war klug genug, den Köder nicht zu schlucken. Pellaeon wusste, dass schon bessere Offiziere als er zu Stationen im Niemandsland versetzt worden waren, weil sie auf den Sarkasmus von Vorgesetzten reagiert hatten. »Ja, Sir«, sagte er.

»Bringen Sie das zur Navigationsstation«, sagte Drusan und reichte Grondarle die Datenkarte. »Wir brechen auf, sobald der Kurs gesetzt wurde.«

»Ja, Sir.« Grondarle nahm die Karte entgegen und marschierte mit großen Schritten Richtung Hauptbrücke den Weg entlang, der sich vor ihm auftat, als die Gruppe sich teilte.

»Alle anderen: abtreten«, fuhr Drusan fort, während er den Blick über die Versammelten schweifen ließ. »Die Wachablösung steht bevor. Verpassen Sie sie nicht.« Er sah Odo an. »Das«, schob er nach, »würde unserem neuen Kommandanten gewiss nicht gefallen.«

Als die Schimäre den Sprung in den Hyperraum vollzog, war Pellaeon bereits wieder in seinem Quartier. Er nahm an, dass ihm genügend Zeit blieb, um noch zwei Stunden zu schlafen, bevor seine nächste Schicht begann. Doch der Schlaf wollte sich nicht einstellen.

Lord Odo war kein Mensch. Das war im Hinblick auf die außergewöhnlichen Maßnahmen, die er ergriffen hatte, um sich mit dieser Maske und der Mixtur von Biomarkern zu tarnen, so gut wie sicher. Pellaeon persönlich hatte nicht das Geringste gegen Fremdweltler. Tatsächlich hatte er schon viele kennengelernt, mit ihnen zusammengearbeitet, und für einige von ihnen hatte er sogar großen Respekt entwickelt.

Der Imperator jedoch tickte da anders. Seine Meinung in Bezug auf Fremdweltler war hinlänglich bekannt, und obwohl er bereit war, Bündnisse mit ihnen einzugehen, wenn es seinen Zwecken dienlich war, gab es in den höheren Rängen des Hofs oder beim Militär praktisch keinen einzigen. Die einzige Pellaeon bekannte Ausnahme war Captain Thrawn, und selbst der wurde regelmäßig in die Unbekannten Regionen entsandt, um ihn für eine Weile vom Imperialen Zentrum fernzuhalten.

Wer war Odo also? Das war die Frage, um die Pellaeons Gedanken kreisten. Wer war Odo und was steckte hinter dieser Mission, das wichtig genug war, um die Schimäre von ihren Patrouillenpflichten abzuziehen und sie dem Befehl eines Fremdweltlers zu unterstellen?

Pellaeon wusste es nicht, und es war offensichtlich, dass Odo selbst es ihnen nicht sagen würde. Aber vielleicht gab es noch eine andere Möglichkeit, das in Erfahrung zu bringen. Immerhin war das Imperium die größte Fundgrube von Informationen, die das Universum jemals gekannt hatte. Vielleicht hatte Odo irgendwo eine Spur hinterlassen, der man nachgehen konnte.

Pellaeon stand auf, schlüpfte in einen Mantel und setzte sich an den Schreibtisch. Er schaltete den Computer ein und aktivierte die Gegensprechanlage, um den diensthabenden Offizier zu kontaktieren. »Hier ist Commander Pellaeon«, sagte er, als sich der Offizier meldete. »Wo befinden sich Lord Odo und sein Pilot gerade?«

»Lord Odo ist auf der Brücke«, antwortete der Offizier über Interkom. »Sorro hält sich in ihrem gemeinsamen Quartier auf.«

»Wann hat Sorro die Kabine das letzte Mal verlassen?«

»Einen Moment … Wie es scheint, ist er nach ihrer Rückkehr von der Exkursion auf den Planeten in die Offiziersmesse auf dem Hangardeck gegangen, während Lord Odo auf die Brücke kam.«

»Lord Odo isst nicht auf der Brücke, oder?«

»Bislang hat er das jedenfalls nicht getan«, sagte der Offizier. »Für gewöhnlich nimmt Sorro das Essen für ihn mit in ihr Quartier.«

»Irgendwelche bestimmten Nahrungsmittel?«

»Bislang waren es nur drei Mahlzeiten, deshalb kann ich keine generellen Schlüsse daraus ziehen«, meinte der Offizier. »Aber bis jetzt war es jedes Mal ein anderes Menü. Hätten Sie gerne eine Liste mit näheren Angaben darüber?«

»Ja, schicken Sie sie mir«, bat Pellaeon. Was jemand gerne aß und trank, konnte einem nützliche Hinweise auf seine Identität liefern. »Und nehmen Sie einen Dauerbefehl zu Protokoll, dass ich informiert werden möchte, wann immer Sorro sein Quartier verlässt. Ich nehme an, Captain Drusan hat Ihnen bereits aufgetragen, die beiden im Auge zu behalten?«

»Ja, Sir, das hat er.«

»Gut. Weitermachen.«

Pellaeon schaltete die Gegensprechanlage aus und starrte einen Moment lang in den Weltraum hinaus. Dann machte er es sich im Stuhl bequem und tippte auf den Tasten des Computers herum. Es war kaum vorstellbar, dass Odo das Vertrauen des Imperiums erlangt hatte, ohne dass irgendjemand auf offiziellem Wege mit ihm, Sorro oder der Salabans Hoffnung zu tun gehabt hatte. Pellaeon würde herausfinden, wann immer und wo immer das der Fall gewesen sein mochte.

2. Kapitel

Der Kriechgang unterhalb des Komplexes der Minenabbaugesellschaft war nur schwer zu finden gewesen. Noch schwieriger war es gewesen hineinzugelangen, und den richtigen Verteilerkasten zu finden, erwies sich am Ende als der schwierigste Teil. Allerdings hatte sich die Mühe gelohnt, entschied Han Solo zufrieden, als er die Sonde durch das Gewirr von Kabeln schob – trotz des Drecks und der Hitze, ja, selbst trotz seiner Begleitung.

»Han?«, murmelte Luke Skywalker hinter ihm – zum mindestens fünften Mal. »Wie geht’s voran?«

»Es ginge schneller, wenn ich nicht jedes Mal anhalten müsste, um deine Fragen zu beantworten«, maulte Han und schob einen Kabelwust mit seiner Sonde beiseite. Im Kampf konnte man sich auf den Jungen verlassen, keine Frage, aber er hatte die schlechte Angewohnheit, zu viel zu reden, wenn er nervös war.

»Stimmt«, sagte Luke. »Entschuldige.«

Han schnaubte und pustete sich einen Schweißtropfen von der Nasenspitze, während er sich an einem weiteren Kabelknäuel vorbeiarbeitete. Warum die Imperialen ihre Kabel nicht sauber und ordentlich halten und so verlegen konnten, dass nachvollziehbar war, was wozu gehörte, überstieg seinen Verstand. Die hatten wirklich keinen Huttfurz Achtung vor ihrer Arbeit.

Andererseits, hätten die Arbeiter auch nur eine Spur von Ehrgefühl besessen, hätten sie hier unten vermutlich keinen hübsch bequemen Verteilerkasten installiert, unmittelbar unter dem Wärmeaustauscher des Reaktors, wo jeder halbwegs Zurechnungsfähige darankommen konnte. Und in diesem Fall hätten er und Luke die Sache auf die harte Tour durchziehen müssen.

»Ich wollte dich bloß daran erinnern, dass ich bereit bin, wenn du es bist«, sagte Luke.

»Klasse«, erwiderte Han. »Ich lass es dich wissen.« Da war sie: die Verbindung, nach der er gesucht hatte. Er hielt die anderen Kabel mit seiner Sonde beiseite und platzierte die Überbrückungsklammer in der Lücke. Ein bisschen behutsames Dirigieren, ein kleiner, sanfter Druck … und ohne, dass es auch nur einen Funken gab, hatte er sie angeschlossen.

»Außerdem hat Leia sich gerade gemeldet«, fuhr Luke fort. »Sie meint, es wird ein bisschen knapp mit der Zeit …«

»Alles fertig«, sagte Han und zog die Sonde vorsichtig aus dem Kasten.

»Großartig«, meinte Luke und mit einem plötzlichen Zzzzsssch erhellte die blau-weiße Klinge seines Lichtschwerts den engen Versorgungstunnel.

»He … pass auf damit!«, schnappte Han und zuckte zurück, als die Klinge deutlich zu nah für seinen Geschmack über seinem Kopf und seinem Arm schwebte. »Ich sagte, alles fertig.«

Einen Moment lang erfüllten das Summen und der Schein des Lichtschwerts weiter Hans Augen und Ohren. Dann schaltete der Junge die Waffe zu seiner Erleichterung aus. »Ich dachte, ich soll mich um die Alarmanlage und das Schloss kümmern, sobald du die richtige Verbindung gefunden hast«, sagte er mit einem leicht anklagenden Tonfall in der Stimme.

»Klar, wenn du nichts dagegen hast, dass jeder sofort sehen kann, dass jemand hier unten mit einem Lichtschwert rumhantiert hat«, entgegnete Han.

»Vielleicht geben sie dann Vader die Schuld dafür.«

»Sehr witzig«, blaffte Han. »Eine Menge Leute haben dich mit diesem Ding herumrennen sehen, weißt du? Nicht bloß Rebellen. Wie auch immer, wir sind hier fertig – ich habe die Anlage kurzgeschlossen.«

»Oh«, sagte Luke, und als sich Hans Augen vom blendenden Schein des Lichtschwerts erholt hatten, sah er ein unsicheres Stirnrunzeln im Gesicht des Jungen. »Was soll ich dann hier?«

»Vielleicht dachte Leia, du solltest nachts nicht ohne Aufsicht draußen sein.« Han holte sein Komlink hervor und schaltete es ein. »Hier spricht Solo«, sagte er, um sich zu identifizieren. »Die Luft ist rein.«

»Gut«, erklang die Stimme von Prinzessin Leia Organa. Das Wort kam beinahe schnippisch, ihr Tonfall sachlich und geschäftsmäßig. Allerdings konnte Han zwischen den Zeilen lesen. Was immer sie sagte, was immer sie tat, sie war verrückt nach ihm. Davon war er jedenfalls fest überzeugt.

»Und jetzt?«, fragte Luke.

»Jetzt sehen wir zu, dass wir hier verschwinden«, erklärte Han, packte sein Werkzeug wieder in die Tasche und schloss den Deckel des Verteilerkastens. »Ich hoffe bloß, dass das, was auch immer sie da rausholen wollen, die ganze Mühe wert ist.«

»Das hoffe ich auch«, meinte Luke. »Wir brauchen dringend eine neue Basis.«

Han runzelte die Stirn. »Sie suchen nach einer neuen Basis?« Er nickte nach oben, in Richtung des Gebäudes über ihnen. »Da drinnen?«

»Ja«, sagte Luke überrascht. »Hat Leia dir das nicht gesagt? Das ist die Abrechnungsstelle der Minengesellschaft, wo Unterlagen über sämtliche wichtigen Abbauarbeiten in diesem Teil des Imperiums lagern.«

»Das weiß ich«, sagte Han geduldig. »Allerdings dachte ich, dass wir hier nach ein paar Schwerlasttransportern oder Erzfrachtern suchen, um sie uns unter den Nagel zu reißen.«

»Das ist die Tarngeschichte, klar«, erwiderte Luke. »Aber nur, um eine falsche Fährte zu legen. Der eigentliche Plan besteht darin, einen Haufen Orte runterzuladen, an denen Bergbauoperationen in Angriff genommen, dann aber wieder eingestellt wurden. Leia denkt, dass …«

»Ja, ich weiß, was sie denkt«, knurrte Han und wischte sich gereizt den Schweiß von der Stirn. »Ein Ort, an dem nichts abgebaut wird, heißt für gewöhnlich, dass es dort auch sonst nichts zu holen gibt, was wiederum heißt, dass keiner an dem Ort Interesse hat.«

»Genau das hat sie gesagt«, bestätigte Luke. »Tut mir leid – ich dachte, du weißt Bescheid.«

»Offensichtlich nicht.« Han deutete ruckartig mit einem Daumen den Kriechgang zurück. »Los, hauen wir ab.«

Der Rückweg durch den Versorgungstunnel war genauso lang, heiß und dreckig, wie es der Weg hinein gewesen war. Schließlich gelangten sie zur Einstiegsluke. »Schade, dass Chewie zu groß für den Tunnel war«, merkte Luke an und schnaubte, als er die Abdeckung über dem Zugang nach oben drückte und von der Öffnung entfernte, um eine Brise kühler Nachtluft hereinzulassen. »Hätte er uns begleitet und nicht Leia …«

»Still«, unterbrach ihn Han, der sich neben ihn schob und angestrengt lauschte. Irgendwo in der Nähe konnte er das Wimmern eines sich nähernden Landgleiters hören. »Aus dem Weg, aus dem Weg!«

»Was ist los?«, fragte Luke und presste sich an die Seite des Gangs, um Han vorbeizulassen.

»Eine Sicherheitspatrouille«, sagte Han und schob den Kopf vorsichtig durch die Öffnung. Die schmale Gasse, in der sie sich befanden, war ungefähr zweihundert Meter lang, zwischen zwei fensterlose Mauern eingepfercht und von rund einem halben Dutzend Leuchtpaneelen erhellt, die auf Masten entlang der Gebäudewände angebracht waren. Das ferne Heulen wurde lauter, was bedeutete, dass die Sicherheitspatrouille näher kam.

Die entscheidende Frage jedoch war, ob sie auf das Gebäude zusteuerten, das Leia und die anderen etwa zu diesem Zeitpunkt verlassen sollten, oder ob sich die Patrouille von ihnen entfernte. Es ließ sich unmöglich mit Gewissheit sagen. Allerdings war dies nicht der richtige Moment, um Risiken einzugehen. »Gib mir dein Lichtschwert«, sagte er und zog sich durch die Öffnung nach draußen.

»Wie bitte?«, meinte Luke. »Aber …«

»Gib es mir und dann komm da raus!«, schnappte Han. »Wir müssen für ein Ablenkungsmanöver sorgen.«

Widerwillig löste Luke das Lichtschwert vom Gürtel und hielt es hoch. Han schnappte es ihm aus der Hand, lief zum nächstbesten Leuchtpaneelmast und musterte den Griff des Lichtschwerts. Wenn er sich recht erinnerte, befand sich der Aktivierungsschalter genau hier …

Mit dem üblichen Zzzzsssch erwachte die blau-weiße Klinge zum Leben. Han packte die Waffe mit beiden Händen, sorgsam darauf bedacht, dass die Klinge von ihm wegzeigte, und kam am Mast abrupt zum Stehen. Wenn die Konstruktion den üblichen Baustandards folgte, musste die Energieleitung direkt durch die Mitte verlaufen. Er setzte die Spitze der Klinge an der Verkleidung an und drückte fest zu.

»Was machst du da?«, keuchte Luke.

»Ihre Aufmerksamkeit erregen«, erklärte ihm Han und warf einen raschen Blick über die Schulter. Der Landgleiter war noch immer nicht zu sehen, wurde aber lauter. »Komm mit!«, fügte er hinzu und entfernte sich im schnellen Lauf von dem Geräusch.

»Deaktivier das Lichtschwert erst wieder und gib es mir zurück«, forderte Luke, der mit einem gewissen Sicherheitsabstand neben ihm herlief. »Du bringst noch einen von uns um.«

»Ich hab alles unter Kontrolle«, versicherte ihm Han.

»Sofort!«, sagte Luke mit Nachdruck und schickte sich an, eine Hand auszustrecken, ehe er sich jedoch offensichtlich eines Besseren besann. »Mach schon.«

Han verdrehte die Augen und schaltete die Waffe aus. »Na schön … du übernimmst den nächsten.«

»Okay«, erwiderte Luke, schnappte sich das Lichtschwert und sprintete auf den nächsten Lichtmast zu.

Er hatte den Mast erreicht und aktivierte gerade die Waffe, als der Sicherheitsgleiter am anderen Ende der Gasse auftauchte. »Han!«, stieß Luke hervor.

»Ja, ich sehe sie«, brummte Han und zog den Blaster. »Mach das Licht aus!«

Lukes Antwort darauf war ein kurzes Zischen, und dann erlosch das Leuchtpaneel über ihm. Inzwischen war der Landgleiter in die Gasse eingebogen, und im Schein der verbliebenen Lichtmasten konnte Han erkennen, dass sich vier Männer in dem Fahrzeug befanden. Er hob den Blaster, zielte mit der Mündung sorgsam auf die vordere linke Ecke des Landgleiters und feuerte.

Mit einem befriedigenden Knirschen von Metall und Plastahl kippte der Gleiter auf die Seite. Es folgte ein kurzes, ohrenbetäubendes Kreischen, als die Kante des Fahrzeugs über den Permabeton schrammte, und dann wurden alle vier Insassen aus dem Vehikel geschleudert, als der Landgleiter ruckartig nach links schwenkte und mit der Front zuerst in das Gebäude auf dieser Seite der Gasse krachte.

»Weg!«, rief Han Luke zu, drehte sich um und lief zum anderen Ende der Gasse. Wenn es ihnen gelang, von hier zu verschwinden, bevor sich die Kerle da hinten wieder gefangen hatten und den Vorfall meldeten, sollte es ihnen möglich sein, zurück zu Leia und ihrem Luftgleiter zu gelangen, bevor die Verstärkung anrückt.

Sie hatten die halbe Strecke bis zum Ende der Gasse hinter sich gebracht, als vor ihnen unvermittelt ein zweiter Landgleiter auftauchte. Der Speeder wankte ein wenig und kam dann quer vor dem Ausgang abrupt zum Stehen, um ihnen den Fluchtweg zu versperren.

»Han?«, rief Luke.

»Ja, ja«, meinte Han, bremste schlitternd ab und überlegte, was sie jetzt tun sollten. Auf die vordere Energiekupplung zu feuern, wie er es bei dem anderen Flitzer getan hatte, würde diesmal nichts bringen, da das Gefährt bereits angehalten hatte und die Besatzung ausstieg. Nirgends in der Nähe gab es irgendeine Deckung und auch keinen Weg von hier weg. Es sei denn, Luke konnte mit seinem Lichtschwert einen neuen Durchgang für sie schaffen. »Luke …«

»Nein, hinter uns«, unterbrach Luke ihn.

Han wirbelte herum. Ihr eigener Luftgleiter war hinter ihnen aufgetaucht und raste durch die Gasse – die Spitzen der Stabilisatorflügel schrammten nur Zentimeter an den Mauern vorbei. Chewie hing halb aus einer der Seitentüren heraus und streckte ihnen seine pelzigen Arme entgegen.

»Mach dich bereit, Junge«, sagte Han. Er wirbelte zu den Sicherheitsleuten herum, die sich hinter ihrem Landgleiter verschanzt hatten, gab ein paar Schüsse ab, um sie weiter zu beschäftigen, und streckte dann den linken Arm senkrecht nach oben. Das würde vermutlich wehtun.

Einen Moment später schloss sich Chewies Hand um seinen Unterarm und riss ihn geradewegs vom Permabeton in die Höhe. Ein kurzer, gedämpfter Aufschrei war zu vernehmen, als Luke auf ähnliche Weise gepackt wurde. Han biss sich auf die Zähne, kniff die Augen angesichts des plötzlichen Windsturms, der ihm ins Gesicht blies, zusammen und feuerte noch ein paarmal wahllos auf die Sicherheitsleute. Der Luftgleiter vollzog einen Schwenk über die Patrouille und den Landgleiter, und Han spürte, wie er auf die Seite geworfen wurde, als die Pilotin scharf nach links abdrehte, um die Seite des Gebäudes herum. Er schob seinen Blaster ein wenig unbeholfen ins Halfter zurück, presste die Augen zusammen und fragte sich, ob Leia die ganze Strecke zurück zum Treffpunkt so wüst fliegen wollte.

Dann wurde sein Körper plötzlich nach vorn geworfen, als die Pilotin abbremste. Sein Magen machte einen Satz, als sie wieder nach unten in Richtung Boden stürzten. Seine Füße berührten Permabeton …

»Steigt ein!«, brüllte Leia, als Chewie seinen Arm losließ.

Zehn Sekunden später waren sie wieder in der Luft, diesmal mit dem Unterschied, dass Luke und Han sicher an Bord waren. »Was bei allen Welten sollte das werden?«, wollte Leia wissen, während Han sich die Schulter rieb.

»Ich habe eine Sicherheitspatrouille gehört«, erklärte Han ihr. »Ich hielt es für das Beste, wenn sie nichts von unserer kleinen nächtlichen Aktion erfahren.«

»Und deshalb fuchtelt ihr ganz selbstverständlich mit Blastern herum.« Sie richtete ihren grimmigen Blick auf Luke. »Und mit Lichtschwertern.«

»Ihnen entgeht dabei etwas Wesentliches, Schätzchen«, entgegnete Han ruhig. »Gut, sie wissen also, dass wir in der Gasse waren. Aber dank uns wissen sie nicht, in welchem Gebäude ihr wart.«

Leia öffnete ihren Mund … und schloss ihn dann wieder, als ihr anscheinend klar wurde, worauf er hinauswollte. Hätten sie gewusst, in welches Gebäude des Komplexes die Eindringlinge eingestiegen waren, hätte das die Suche des Sicherheitsdienstes nach dem, worauf sie es hier abgesehen gehabt hatten, erheblich eingeschränkt. »Es gibt trotzdem bloß vier Gebäude, deren Alarmsysteme man von der Gasse aus abschalten kann«, sagte sie trotzig.

»Und sie wissen nicht, um welches von diesen vier es ging«, wiederholte Han geduldig. »Und sie konnten auch nicht sehen, aus welcher Tür ihr rausgekommen seid.«

Leias Miene verfinsterte sich. Diese Runde hatte sie verloren, und sie wusste es. Hätten die Sicherheitsleute das Team beim Rückzug ertappt, hätten sie nicht bloß gewusst, auf welches Gebäude sie sich konzentrieren mussten, sondern sie hätten ebenfalls einen Hinweis darauf erhalten, in welchem Teil des Gebäudes sie gewesen waren. So wie die Dinge lagen, mussten sie alles durchsuchen.

»Ist schon in Ordnung … Sie brauchen mir nicht zu danken«, meinte Han, wie um das unangenehme Schweigen zu brechen. »Luke und ich gehören schließlich zum Team.«

Er sah Luke an, aber der Junge war außergewöhnlich still und schweigsam – genau wie alle anderen, was das betraf. Also schaute er wieder zu Leia zurück, um festzustellen, dass sie sich von ihm abgewandt hatte und aus dem Seitenfenster starrte. Auch sie war still und schweigsam. Der Rückflug zum Treffpunkt kam ihm wesentlich länger vor als der Weg hierher.

Zumindest General Carlist Rieekan war zufrieden. Nicht, dass es Han sonderlich etwas ausgemacht hätte, wenn dem nicht so gewesen wäre. »Ausgezeichnete Arbeit, Prinzessin«, sagte der General, nickte ihr zu und ließ seinen Blick dann zustimmend über den Rest der Gruppe schweifen, die sich um den Tisch versammelt hatte. »Gut gemacht, Sie alle. Mit Vaders Atem im Nacken müssen wir uns unbedingt eine gewisse Atempause verschaffen. Hoffentlich erweist sich einer der Planeten auf der Liste in dieser Hinsicht als zweckdienlich.«

Er hob die Handvoll Datenkarten auf und hantierte damit herum, als stecke in ihnen so eine Art Anti-Vader-Jedi-Magie. »Das ist alles für den Moment«, sagte er. »Ihre jeweiligen Kommandanten haben die nächsten Aufgaben für Sie. Prinzessin Leia, Skywalker, bitte, bleiben Sie noch einen Augenblick. Der Rest von Ihnen: wegtreten!«

Stuhlbeine und Schuhe schabten über den Boden, als sich die Gruppe vom Tisch erhob und zur Tür ging – natürlich alle bis auf Leia und Luke … und Han.

Leia schien abgesehen von Rieekan die Erste zu sein, der auffiel, dass Han keinerlei Anstalten machte zu gehen. Sie warf ihm einen verwirrten Blick zu, dann ein Stirnrunzeln und versuchte es schließlich mit einem wütenden Blick. Bei diesem Blick fiel auch Luke auf, dass Han offensichtlich nicht vorhatte, den Raum zu verlassen. Im Gegensatz zu Leia beließ er es jedoch dabei, irritiert dreinzuschauen. Chewie bedachte ihn mit einem dieser Was-hast-du-jetzt-wieder-vor-Blicke, ging jedoch hinaus, ohne etwas zu sagen.

Wie vorherzusehen war, reagierte Rieekan überhaupt nicht. Er wartete, bis alle anderen den Raum verlassen hatten, ehe er das Wort ergriff. »Gibt es ein Problem, Solo?«, fragte er ruhig.

»Ich bin wegen der Sonderbesprechung hier«, erklärte Han ihm genauso ruhig. »Ich dachte, ich gehöre ebenfalls zum Team.«

Rieekan nickte. »Das tun Sie.«

»Dann sollten wir anfangen«, meinte Han und verschränkte die Arme vor der Brust.

Einen Moment lang musterte Rieekan ihn schweigend. Dann beorderte er Han mit einem Wink zu einer Seitentür des Konferenzraums und erhob sich. »Würden Sie beide uns wohl für einen Moment entschuldigen?«, sagte er. »Solo und ich müssen etwas unter vier Augen besprechen.«

Han hatte im Lauf seiner Zeit bei der Flotte genügend Maßregelungen über sich ergehen lassen müssen, um zu wissen, dass ihn vermutlich ein Unwetter erster Klasse erwartete. Zu seiner Überraschung ließ Rieekan jedoch lediglich die Tür hinter ihnen zugleiten und hob die Augenbrauen. »Also gut«, sagte er, »schießen Sie los.«

Eine direkte Frage verdiente eine direkte Antwort, beschloss Han. »Ich wurde nicht über den wahren Zweck der heutigen Mission unterrichtet«, erklärte er. »Es ist nicht so, als hätte ich nur irgendwas falsch verstanden. Man hat es mir mit Absicht nicht gesagt.«

»Hätten Sie Ihre Aufgabe heute Nacht anders erledigt, wenn Sie gewusst hätten, dass wir nach einer neuen Basis suchen?«

»Meinen Teil sicherlich nicht«, gestand Han. »Für Leia hätte es allerdings einen gewaltigen Unterschied machen können. Ich kenne mich ein bisschen mit Bergbauoperationen aus, und ich hätte ihr gewiss den einen oder anderen Tipp geben können.«

»Zum Beispiel?«

»Zum Beispiel, sich von allem fernzuhalten, das nach Hutt riecht«, meinte Han. »Und damit meine ich nicht bloß Orte, die Hutt in ihrem Namen tragen. Es gibt mindestens fünfzehn Tarnfirmen und Strohunternehmen, die sie gerne verwenden.«

»Das ist gut zu wissen«, erwiderte Rieekan mit einem Nicken. »Vielleicht können Sie den Analysten bei der Sichtung der Daten helfen, sobald sie zusammengestellt wurden.«

»Darum geht es nicht«, knurrte Han. »Wenn ich ein Teil dieser Rebellengeschichte sein soll, muss ich darüber auf dem Laufenden gehalten werden, was vorgeht.«

»Das glauben Sie wirklich, oder?«, fragte Rieekan.

»Wir waren uns doch gerade noch einig, dass ich zur Gruppe gehöre«, konterte Han. »Was muss ich tun, um solche Informationen zu erhalten? Zum Offizier aufsteigen?«

Rieekan schaute ihm direkt in die Augen. »Im Grunde genommen, ja.«

Han starrte ihn an. Die Frage war zu einem Drittel rhetorischer und zu zwei Dritteln sarkastischer Natur gewesen. Rieekans Antwort war weder das eine noch das andere. »Das ist ein Scherz, oder?«

»Ganz und gar nicht«, erwiderte Rieekan. »Sie waren bei der Flotte – Sie wissen, wie die Sache läuft. Die oberen Ränge haben die Daten und die Autorität, Entscheidungen zu treffen. Die unteren Ränge werden gerade hinreichend genug mit beidem versorgt, um die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu erledigen.«

»Also schön«, brummte Han, »und wie kriege ich die Streifen für die gehobenen Ränge?«

»Auch wie das funktioniert, wissen Sie«, sagte Rieekan. »Um ein Anführer zu sein, müssen Sie anführen.«

Han schnaubte. »Jetzt drehen Sie sich im Kreis.«

»Eigentlich nicht«, entgegnete Rieekan. »Wie ich bereits ausgeführt habe, werden die unteren Ränge mit begrenzten Informationen und eingeschränkter Autorität versehen. Dafür tragen sie aber auch nur ein begrenztes Maß an Verantwortung. Anführer genießen nicht das Privileg, die Schuld auf andere schieben zu können.«

»Ich habe schon früher Teams angeführt«, erinnerte ihn Han. »Bei dieser Shelkonwa-Sache zum Beispiel. Luke, Chewie und ich haben uns dabei ziemlich gut geschlagen.«

»Und Sie haben sich auch im Team mit Prinzessin Leia gut gemacht«, gab Rieekan zu. »Aber all diese Leute sind Freunde oder zumindest Gefährten von Ihnen. Leute, die Sie kennen und denen Sie vertrauen. Sie sind keine Gruppe von Soldaten oder Piloten, deren Stärken und Schwächen Sie nicht kennen, sodass Sie sie auch nicht kompensieren können. Soldaten, die Sie in einen Kampf schicken müssen, wissen sehr genau, dass einige von ihnen – vielleicht sogar die meisten – sterben werden.«

Han spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. »Ja, das ist der harte Teil dabei, nicht wahr?«

»Das ist der schlimmste von allen«, stimmte Rieekan ruhig zu. »Es gibt ein altes Sprichwort – ich weiß nicht, woher es stammt, wahrscheinlich von den Jedi. Es lautet: ›Die Entscheidungen eines Einzelnen prägen die Zukunft aller.‹ Schon mal gehört?«

»Das hat in der einen oder anderen Form wohl jeder«, sagte Han. »Hat nicht sonderlich viel zu bedeuten.«

»Worauf ich hinaus will, ist, dass sich wahre Anführer dieser Tatsache stets voll und ganz bewusst sind«, sagte Rieekan. »Sie wissen um die möglichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen und sind bereit, diese Bürde zu tragen.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Die Frage ist, ob Sie bereit sind, diesen Schritt zu gehen, oder nicht.«

»Wollen Sie damit sagen, Sie möchten, dass ich gleichzeitig Offizier und Anführer bin?«, fragte Han.

Zu seiner gelinden Überraschung steckte Rieekan den Seitenhieb nicht bloß ein, sondern lachte sogar verhalten. »Erwischt«, räumte er ein. »Ich habe einige Offiziere kennengelernt, die keine Anführer waren – und einige Anführer, die keine Offiziere waren.«

Aus keinem bestimmten Grund schweiften Hans Gedanken zu diesen fünf abtrünnigen Sturmtrupplern, die ihm und Luke dabei geholfen hatten, Leia von Shelkonwa zu retten. LaRone, der »Boss« dieser Gruppe, war definitiv einer dieser Anführer ohne Rang. »Und was jetzt?«, fragte er.

Rieekan zuckte die Schultern. »Sie gönnen sich ein bisschen Ruhe und denken darüber nach«, sagte er. »Denn ich möchte, dass Sie sich absolut sicher sind, dazu bereit zu sein, bevor Sie diese Verpflichtung eingehen.«

Han nickte. »Das klingt nur fair.«

»Gut«, sagte Rieekan. »In der Zwischenzeit ist mir der Gedanke gekommen, dass Sie bei der Mission, die ich mit Prinzessin Leia und Skywalker besprechen will, doch eine Rolle spielen könnten. Sie können sich also gerne dazusetzen. Ihre Kommentare und Anregungen sind herzlich willkommen.« Er machte eine Geste zur Tür. »Wollen wir?«

Luke und Leia saßen noch immer schweigend am Tisch, als Han und Rieekan in den Hauptkonferenzraum zurückkehrten. Noch eine dritte Person hatte sich zu der Gruppe gesellt: ein düster dreinblickender Mann, ungefähr zwanzig Jahre älter als Rieekan, mit den breiten Schultern und der Brust eines ehemaligen Ringkämpfers, dessen Mundwinkel permanent nach unten zu weisen schienen. Vielleicht nicht ganz unbeabsichtigt hatte der Mann zudem den Stuhl mit Beschlag belegt, auf dem eben noch Han saß.

»Ah … Meister Axlon.« Rieekan begrüßte den Neuankömmling mit einem höflichen Nicken. »Danke, dass Sie uns Gesellschaft leisten.«

»Bitte entschuldigen Sie meine Verspätung«, erwiderte Axlon mit einem Nicken. »Mein Treffen mit Mon Mothma hat länger gedauert als erwartet.«

»Kein Problem«, versicherte Rieekan ihm. »Darf ich Ihnen Meister Skywalker und Captain Solo vorstellen? Prinzessin Leia kennen Sie natürlich bereits. Das ist Vestin Axlon, der ehemalige Gouverneur des Logarra-Distrikts auf Alderaan.«

Han verzog das Gesicht. Ein Alderaaner! Kein Wunder, dass der Mann einen dauerhaften Groll hegte. »Erfreut, Sie kennenzulernen, Gouverneur«, sagte er.

»Inzwischen heißt es Meister Axlon, Captain Solo«, korrigierte Axlon düster, und seine Mundwinkel schienen sich noch ein bisschen weiter nach unten zu ziehen. »Alderaan. Sie haben von Alderaan gehört, oder?«

»Ja, ich habe davon gehört«, sagte Han seiner Verärgerung zum Trotz. »Tatsächlich war ich sogar als Erster vor Ort, nachdem Tarkin zugeschlagen hat.«

Leia regte sich auf ihrem Stuhl. »Han«, murmelte sie warnend.

»Ist schon in Ordnung, Euer Hoheit«, versicherte Axlon, und einen kurzen Moment lang zog der Geist eines Lächelns seine Mundwinkel nach oben. »Ja, jetzt entsinne ich mich, wo ich Ihren Namen schon gehört habe, Captain. Entschuldigen Sie. Wir stehen tief in Ihrer Schuld.«

»Machen Sie sich darüber keine Gedanken«, meinte Han. Zumindest zollte ihm irgendjemand Anerkennung.

»Würden Sie bitte Platz nehmen, Solo?«, bat Rieekan und wies auf den Stuhl neben Axlon.

»Sicher«, sagte Han, zog den Stuhl neben Leia vom Tisch vor und setzte sich stattdessen darauf. »Was gibt’s?«

»Um ehrlich zu sein, sind wir uns da nicht ganz sicher«, erklärte Rieekan, der wieder seinen Platz am Kopfende des Tisches einnahm. »Entweder ist das Ganze eine großartige Gelegenheit oder eine außergewöhnlich plumpe Falle. Meister Axlon?«

Axlon räusperte sich. »Vor einigen Tagen erhielt ich eine Depesche von Gouverneur Bidor Ferrouz aus dem Candoras-Sektor«, sagte er. »Ich bin mir sicher, dass ein erfahrener Reisender wie Captain Solo alles Relevante über Candoras weiß, aber lassen Sie mich allen anderen erklären, dass es sich hierbei um eine Region im Äußeren Rand handelt, die sich an manchen Stellen in den Wilden Raum erstreckt und dann mehr oder weniger in die Unbekannten Regionen übergeht. Zu Zeiten der Republik galt Candoras als eine Art Bollwerk gegen potenzielle Bedrohungen aus diesen beiden Gebieten. Das Imperium …« Er verzog das Gesicht. »… schätzt die Region offenbar als entbehrlich ein.«

»Seit dem Eintreffen von Gouverneur Ferrouz’ Depesche haben wir unsere üblichen Informationsquellen abgeklopft, um etwas über die dortige Lage in Erfahrung zu bringen«, sagte Rieekan und drückte eine Taste an seiner Kontrolltafel. Der in den Tisch eingelassene Holoschirm leuchtete auf und zeigte einen Teil des Äußeren Rands und einen kleinen Sektor mit gezackten Rändern, der an den leeren Bereich des Unbekannten Raums grenzte. »Wie Meister Axlon bereits angedeutet hat, liegt Candoras weit abseits des Zentrums des imperialen Lebens und Handels. Die Flotte des Sektors besteht aus vier antiquierten Großkampfschiffen, einigen kleineren Schiffen und begrenzten Ressourcen aller Art.«

»Unglücklicherweise gibt es dort anscheinend allerdings auch einen Kriegsherrn namens Nuso Esva, ein Fremdweltler, der seine Spuren entlang ihrer Grenzen hinterlässt«, sagte Axlon grimmig. »Unseren Quellen zufolge hat Nuso Esva bereits einige Systeme in den Unbekannten Regionen erobert und denkt nun daran, seine Sammlung um das eine oder andere imperiale Territorium zu ergänzen. Offenbar steht Candoras dabei ganz oben auf seiner Liste.«

»Und was hat das mit uns zu tun?«, fragte Han.

»Was das mit uns zu tun hat, Captain«, sagte Axlon bedeutungsvoll, »ist, dass Gouverneur Ferrouz uns ein äußerst reizvolles Geschäft anbietet: eine voll ausgestattete Basis für die Allianz mitsamt logistischer Unterstützung, Dockanlagen und einem der besten natürlichen Versorgungslager in der Galaxis …«

»Moment mal«, unterbrach Luke mit weit aufgerissenen Augen. »Er bietet uns eine Basis an? Nicht bloß einen Schlupfwinkel oder ein Versteck, sondern eine richtige Basis?«

»Das hat er zumindest gesagt«, erklärte Rieekan. Er hantierte an der Kontrolltafel herum, und das Hologramm fokussierte sich auf einen einzelnen Stern und dann auf einen Doppelplaneten, der diesen Stern umkreiste. »Das ist das Poln-System, der Hauptsitz von Candoras. Poln Major, die größere Welt, ist der eigentliche Regierungssitz. Die kleinere Welt, Poln Minor, war früher das Zentrum des dortigen Bergbaus und der Produktion. Zwar ist seine Bedeutung im Laufe der Jahre zurückgegangen, aber auch heute noch kommt Poln Minor in beiden Bereichen eine gewisse Bedeutung zu. Er schlägt vor, dass wir unsere Basis dort errichten. Ich kann bereits bestätigen, dass es in dem System genügend Schiffsverkehr gibt, um unsere eigenen Aktivitäten zu verbergen.«

»Poln Minor verfügt zudem über ein Netzwerk tiefer Höhlen und aufgegebener Bergwerkszentren«, berichtete Axlon. »Einige davon werden als Lagereinrichtungen verwendet, aber andere sind leer und wären ideal, um unsere Ausrüstung zu verstauen.« Er gestikulierte. »Das meinte ich vorhin mit natürlichen Versorgungslagern. Einige der Höhlen befinden sich dicht unterhalb der Oberfläche, aber andere liegen tief genug, um bei externen Scans komplett verborgen zu bleiben.«

»Klingt ideal«, sagte Leia. »Was erwartet Gouverneur Ferrouz als Gegenleistung für seine Großzügigkeit?«

»Der Depesche zufolge nichts«, erwiderte Axlon. »Er versichert uns, dass wir dort sicher aufgehoben sind, beschützt von seiner Sektorflotte und mehr als willkommen. Außerdem deutet er an, dass er plant, sich in naher Zukunft vom Imperium loszusagen und die Allianz offiziell zu unterstützen.«

Han schnaubte. »Als ob wir das noch nie gehört hätten.«