Starker Rücken ohne Anstrengung - Christian Behrendt - E-Book

Starker Rücken ohne Anstrengung E-Book

Christian Behrendt

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Beschreibung

Eine logische Folge unseres dauerhaften Sitzens sind Rückenschmerzen. Häufig bemühte Ratschläge zu Sport und Muskelaufbau zielen nicht auf die eigentliche Schmerzursache ab. Bewegung ist zweifelsohne gesund, löst das Problem aber nicht ursächlich. Auch nicht das mittlerweile sehr beliebte Arbeiten im Stehen, das bei den meisten Menschen erneut für Rückenschmerzen sorgt. Der Grund ist die bereits in der Schulzeit entstandene Sitzkrankheit. Dieser einprogrammierte innere Stuhl, der zur Verkürzung unserer Muskeln führt, muss beseitigt werden. Mit anschaulichen Beispielen erklärt Dr. med. Christian Behrendt, weshalb Rücken- und Bandscheibenschäden, genauso wie Gelenkprobleme und Arthrose, entstehen und wie das richtige Dehnen funktioniert. Darüber hinaus hat er eine Methode entwickelt, bei der man keine Übungen machen muss, Zeit spart und zudem Arbeit und Gesundheit optimieren kann: das Sturfen, die bequeme echte Alternative zum Sitzen und Stehen.

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Seitenzahl: 226

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Dr. med. Christian Behrendt

Mit Anleitung zumSTURFENDie neue Haltung

STARKER RÜCKEN

OHNE ANSTRENGUNG

Schmerzfrei durch Überwindung der Sitzkrankheit

INHALT

Einführung

TEIL IDas Problem Rückenschmerz – bis heute ungelöst?

Das Problem Rückenschmerz

Warnschmerz versus Schädigungsschmerz

Fehlannahmen bei Rückenschmerzen

Sitzen ist das neue Rauchen

Die Entstehung von Rückenschmerzen

Stehen ist das neue Sitzen – die Sitzkrankheit

Die Verkettungskaskade der sieben Faktoren des Rückenschmerzes

Das Versagen der schulmedizinischen und der alternativen Therapien

Die Rückenschule und andere therapeutische Fehlversuche

Instabil versus stabil – über Bänder, Bandscheiben, Knorpel und Gelenke oder die Therapeutenangst

Die Muskulatur

Die Stufen des Rückenschmerzes

Invasive Therapieverfahren – Therapien, die unter die Haut gehen

TEIL IIDie Lösung

Ein starker Rücken

Elastopathie – die Lösung für das Problem Rückenschmerz

Essenzielle Dehnungsübungen

Zusätzliche Dehnungsübungen

Müssen Übungen bei Rückenschmerzen sein?

Möbel gegen Rückenschmerzen?

Sturfen

Der Sturfer

Fazit

Quellen

Einführung

Sitzen ist ungesund. Stehen hingegen führt bei den meisten Menschen spätestens nach zwei Stunden zu Rückenschmerzen. Von diesen Rückenschmerzen durch das eigentlich gesunde Stehen muss man sich dann durch ungesundes Sitzen wieder erholen. Wie Sie dieses Paradox lösen, steht in diesem Buch.

Rückenschmerzen kommen vom Sitzen, auch bei denjenigen, die glauben, gar nicht so viel zu sitzen. Aufstehen, Bewegung und Sport lösen das Problem oft nicht und können sogar zu einer Verschlechterung führen. Zahllose Therapieverfahren stellen für Patientinnen und Patienten einen unübersichtlichen Dschungel dar. Hinzu kommt, dass die meisten Verfahren nicht ursächlich helfen, manche Therapien arbeiten sogar gegeneinander. Bei wirksamen Therapien besteht umgekehrt oft das Problem, dass viele Menschen es nach solchen Therapien nicht schaffen, regelmäßig Übungen als Vorsorge oder gegen bestehende Rückenschmerzen zu machen. Und so kehren diese Schmerzen häufig wieder.

In diesem Buch wird die Entstehung von Rückenschmerzen erklärt und es werden Methoden zur Schmerzbewältigung aufgezeigt, die selbst viele Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten noch nicht kennen. Es ist möglich, sein Leben so zu gestalten, dass nur gelegentliche oder auch gar keine Übungen erforderlich sind, um die Schmerzen der Vergangenheit angehören zu lassen. Insofern ist es auch ein Buch für Sportmuffel, denen es schwerfällt, ihren inneren Schweinehund zu überwinden, oder die schlicht zu wenig Zeit für ein anspruchsvolles Übungsprogramm haben. Zudem empfiehlt es sich für all jene, die trotz ausreichender Bewegung Schmerzen haben.

Ein neuer Lösungsansatz verbirgt sich hinter dem Begriff Sturfen. Es handelt sich dabei um eine Haltung, die Stehen, Sitzen und (Internet-)Surfen miteinander vereint. Sturfen verlegt das Training gewissermaßen direkt hinter den Schreibtisch – bei voller Leistungsfähigkeit. Sturfen ist für jeden Menschen geeignet, ob für Erwachsene oder Kinder, ob sportlich oder unsportlich, motiviert oder unmotiviert. Sturfen ist die nächste Dimension des Sitzens.

Um besser verstehen zu können, weshalb das Sturfen die Lösung für die Volkskrankheit Rückenschmerz sein kann, muss man wissen, wie Rückenschmerzen entstehen, wie sie falsch interpretiert und behandelt werden und wie die wirklich hilfreichen Therapien arbeiten. Ich lade Sie herzlich dazu ein, dies auf den nächsten Seiten zu entdecken. Ihr Rücken wird es Ihnen danken.

Teil I

Das Problem Rückenschmerz – bis heute ungelöst?

Das Problem Rückenschmerz

Die gute Nachricht zuerst: Unser Rücken hat keinen Konstruktionsfehler. Daher gibt es auch eine Lösung für die Volkskrankheit Rückenschmerz, wenngleich das für viele Menschen kaum vorstellbar erscheinen mag. Selbst für viele Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler scheint der Schmerz keine greifbare Ursache zu haben, daher ist er für sie auch so schwer behandelbar. Betroffene wiederum haben Angst, dass ihre Schmerzen chronisch werden könnten und sie um komplizierte Operationen nicht herumkommen. Speziell dann, wenn auch die gängigen Vorsorgemaßnahmen versagt haben.

Das generelle Missverständnis auf beiden Seiten kommt daher, dass Rückenschmerzen als Folge einer natürlichen Abnutzung aufgefasst werden, die selbst oft mit hoher Eigeninitiative wie Muskelaufbau, Dehnungen und Sport nicht in den Griff zu bekommen sind. Daher scheint es, als bliebe nichts anderes übrig, als mit den Schmerzen zu leben und sie im besten Fall mithilfe therapeutischer Maßnahmen einzudämmen – oft ohne dauerhaften Erfolg.

Es ist eine logische Folge der Funktionsabläufe der menschlichen Natur, dass die Fehlbenutzung des Körpers zu Schmerzen führt, auch wenn diese nicht immer an der Stelle auftreten, an der sie verursacht worden sind. Therapien folgen dieser Logik unseres Körpers oftmals nicht. Sie setzen nicht bei der Ursache selbst an, sondern versuchen vielmehr, den Schmerz an der Stelle, an der er auftritt, zu lindern. Zudem basieren sie oft auf der unkritischen Annahme von der allgemeinen Richtigkeit positiv besetzter Begriffe. So glauben etwa viele – ich würde fast sagen die meisten –, dass Sport und Bewegung generell ein Allheilmittel gegen Rückenschmerzen sind. Das stimmt aber nur bedingt. So ist etwa die Wirbelsäule zwar äußerst beweglich, bei den meisten Bewegungsarten wie beispielsweise dem Laufen wird sie jedoch zumeist nur auf zwei Beinen durch die Gegend getragen, anstatt dass sie selbst bewegt wird.

Die sehr bewegliche Wirbelsäule wird in vielen Fällen, statt sie selbst zu bewegen, einfach nur auf zwei Beinen durch die Gegend getragen. Bewegung wird somit falsch verstanden.

Die meisten Therapieverfahren und -empfehlungen lösen also das zugrunde liegende ursächliche Problem nicht. Dabei gibt es einen manifesten Grund für den Rückenschmerz. Seine Entstehung erfolgt über eine Verkettungskaskade mehrerer aufeinanderfolgender Schritte, die erst am Ende zu Schmerz und Abnutzung führen. Praktisch kein Therapieverfahren setzt an allen Gliedern dieser Kette an.

Ärztinnen und Ärzte raten fast willkürlich – so erscheint es zumindest oft – zu Bewegung oder zu Schonung. Bei manchen Schmerzen wird ein striktes Bewegungs- und Sportverbot ausgesprochen, bei anderen wiederum wird Bewegung sogar ausdrücklich empfohlen. Genauso werden Kräftigung und Dehnung in einem Atemzug empfohlen, ungeachtet der Tatsache, dass das eine das Gegenteil des anderen sein kann. Wie ist es dann, wenn man zwei Erkrankungen hat? Eine, die man besser mit Schonen und eine, die man besser mit Bewegung heilen soll – sollte man sich dann teilen? Betroffene haben somit auch oft das Problem, dass sie vor lauter Empfehlungen nicht mehr wissen, was richtig ist.

Wir haben genug Muskeln

Unser Körper baut Muskulatur nach Bedarf auf und auch wieder ab. Wird mehr Kraft benötigt, wachsen die Muskeln, wird sie nicht mehr benötigt, werden die Muskeln wieder schwächer. Im Fitnessstudio nutzt man genau diesen Mechanismus. Durch das Krafttraining wird dem Muskel vorgegaukelt, er brauche mehr Kraft, und die Muskelmasse nimmt zu. Jedoch auch ohne Kraftsport wird sich die Muskulatur immer auf den notwendigen Bedarf einstellen. Der Muskelauf- und -abbau funktioniert unendliche Male ganz ohne unser Eingreifen. Was nicht von selbst funktioniert, ist die Dehnung. Dehnbarkeit und Elastizität von Muskeln sind vielmehr das Ergebnis einer gezielten Betätigung. Bei fehlender bzw. nach geringer Dehnung regelt der Muskel als Schutz gegen Verletzungen ab. Die Folge ist ein verkürzter Muskel, der sich nicht mehr elastisch auf die Länge bringen lässt, die er ursprünglich hatte. Der Mechanismus, mit dem man einen Muskel wieder dehnbar machen kann, ist das fehlende Glied in der Kette der Behandlung der Volkskrankheit Rückenschmerz.

Möglichkeiten der Muskelaktivtät

In den beiden oberen Quadranten ist die muskuläre Kraft dargestellt: Rechts oben () zeigt sich der Kraftaufbau, links () der von selbst entstehende Muskelabbau, wenn kein Reiz für Kraft besteht. In den beiden unteren Quadranten ist die Muskelverkürzung beziehungsweise die Elastizität der Muskeln dargestellt: Links unten () ist die Muskelverkürzung zu sehen. Im rechten unteren Quadranten () ist links die gewöhnliche Dehnung abgebildet. Sie ist nur bedingt möglich, da der Körper aufgrund eines Schutzmechanismus die Dehnungsfähigkeit begrenzt. Rechts ist der restliche Elastizitätsgewinn dargestellt, den der Körper nur unter gewissen Voraussetzungen zulässt, und der sich nicht von selbst einstellt.

Schmerzen haben einen Sinn

Fast jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens einmal Rückenschmerzen. Viele leiden sogar dauerhaft an Rücken- und/oder Gelenkschmerzen. Die Ursache sind schädigende Faktoren durch muskuläre Verkürzungen, für die unser Körper zwar Kompensationsmechanismen entwickeln kann, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad: Nehmen die schädigenden Faktoren überhand, sendet er als Impuls ein Schmerzsignal aus, damit der Mensch etwas ändert.

Beim Griff auf eine heiße Herdplatte wird die Hand reflektorisch weggezogen. Der Schmerz verhindert so weitere Schäden. Eine ähnliche Logik ist auch für orthopädische Probleme wie Rückenschmerzen auszumachen. Schmerzen entstehen durch Fehlbenutzung des Körpers und sie hören bei Abstellen der Ursache oft wieder auf. Anders gesagt: Droht keine Gefahr einer weiteren Schädigung mehr – wird der Schmerz also nicht mehr gebraucht –, stellt der Körper ihn einfach wieder ab, und zwar meist sofort. Das Richtige ist also gerade bei Rückenschmerzen in vielen Fällen nicht das, wofür es die meisten halten. Um Schmerzen effektiv bekämpfen zu können, muss man sich ihre Genese vergegenwärtigen bzw. ihre Entstehungsgeschichte rekonstruieren.

Schmerz ist kein Fehler im System und er rührt auch nicht von einer Schädigung oder Abnutzung des Körpers her, auch wenn sogar Ärztinnen und Ärzte das behaupten. Fragt man sie nach der Ursache für Schmerz, bekommt man gelegentlich zur Antwort, der Körper sei eben nicht für das Alter, das wir heute erreichen, geschaffen. Sie führen dann exemplarisch Generationen vor uns an, die schon allein deshalb nicht so alt geworden sind, weil es ihnen an medizinischer Versorgung und Hygiene mangelte und sie zumeist schwerer körperlicher Arbeit ausgesetzt waren, sodass sie im Alter von vierzig Jahren aus denselben Gründen tatsächlich gebrechlich wurden und vergreisten. Dagegen, dass unser Körper nicht für eine Lebensspanne von hundert Jahren ausgelegt sein sollte, verwehre ich mich jedoch.

Was ist Schmerz?

In meinen ersten Jahren als Arzt glaubte ich selbst, dass ein abgenutztes Gelenk oder eine ebensolche Bandscheibe schmerzen würden. Knorpel und Bandscheiben haben jedoch gar keine Schmerzrezeptoren. Durch viele neue Therapieverfahren habe ich gelernt, dass Schmerz fast immer vom Muskel ausgeht, gelegentlich auch von der Gelenkkapsel. Und selbst starke Schmerzen gehen manchmal von einem ganz winzigen Punkt aus.

Warnschmerz versus Schädigungsschmerz

Der Warnschmerz

In der Regel ist der erste Schmerz, den wir spüren, ein sogenannter Warnschmerz, manchmal kommt vor dem Schmerz – gewissermaßen als Vorwarnung – ein Knackgeräusch. Das Knacken ist die Folge eines zu hohen Drucks auf ein Gelenk. Das Phänomen verdankt sich Flüssigkeitsverschiebungen im Gelenk oder ist durch Reibungen von Sehnen versursacht. Generell ist es so, dass der Körper ein Signal gibt, bevor ihm ein Schaden droht. Dieser erste Schmerz, der Warnschmerz, ist auf Röntgen- oder MRT-Bildern in der Regel nicht zu sehen, da der Körper strukturell ja noch in Ordnung ist. Vielmehr weist der Schmerz auf eine Überlastung beziehungsweise auf eine Fehlbelastung hin. Der Körper möchte mit dem Schmerzsignal dazu auffordern, die Fehlhaltung aufzugeben, damit kein Schaden entsteht – nicht mehr und nicht weniger.

In so einem Fall mithilfe von bildgebenden Verfahren wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie (MRT) nach irgendwelchen Schäden zu suchen, ergibt also nicht unbedingt Sinn, mit der Einschränkung, dass sich ein Arzt bei einem neuen Patienten zuerst einmal einen Überblick verschaffen und schwere Erkrankungen ausschließen möchte.

So tröstlich es klingen mag, dass Schmerz in seinem Anfangsstadium keine Spuren auf Bildern hinterlässt, so wirft es zugleich auch viele Probleme auf – besonders in Zeiten wie diesen, in denen die Medizin zu einer Gerätemedizin geworden ist und die Erfahrung des Arztes nicht mehr zu zählen scheint. Was nicht schwarz auf weiß in einem Bericht steht, existiert nicht. Muskuläre Schmerzen erscheinen oft nebulös. Ist nichts Eindeutiges zu sehen, wird dann oft die Psyche bemüht. Zu Unrecht allerdings, da sie in den meisten Fällen nicht die Ursache der Beschwerden ist.

Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten erhalten durch Röntgen- und MRT-Bilder unter Umständen einen falschen Eindruck. Letztere sind enttäuscht, für die erlittene Qual keine sichtbare Bestätigung zu bekommen. Erstere wiederum interpretieren den unauffälligen Befund oft falsch, weil sie keine behandelbare Schmerzursache erkennen können. In einigen Fällen, vor allem bei jungen Menschen, wissen sie dann nicht weiter. Es folgen dann oft eher allgemein gehaltene Ratschläge zur Umsetzung einer sportlicheren und gesünderen Lebensweise, meist gepaart mit der Empfehlung zum Muskelaufbau.

Patientinnen und Patienten mit Schmerzen verlangen nach Bildern. Es gibt ein Gefühl von Sicherheit, wenn man das Kind beim Namen nennen kann. In Wahrheit ist es jedoch oft gar nicht so entscheidend, was ein Bild zeigt. Vielmehr ist es wichtig, den Schmerz als Alarmsignal ernst zu nehmen und seine Ursache ausfindig zu machen. Bilder dienen vor allem Ärztinnen und Ärzten, die im Falle einer notwendigen Therapie, wie einer Operation oder zum Beispiel einer gezielten Spritzenbehandlung, damit eine genauere Behandlung planen können. Um eine Physiotherapie zu machen, bedarf es meist keiner Bilder. Ärztin oder Therapeut sollten durchaus auch ohne Bilder mit einer Behandlung beginnen. Erst dann, wenn der Schmerz nicht besser wird, sind Bilder wirklich erforderlich.

Ganz generell wichtig ist umgekehrt, bei Schmerzen schon im Anfangsstadium tätig zu werden. Schließlich gilt es, einen Schaden, der im Entstehen begriffen ist, zu verhindern. Selbst der Beginn eines chronischen Schmerzes, und zwar auch dann, wenn dieser als leicht empfunden wird, erfordert ein Eingreifen. Wenn auf Bildern nichts zu sehen ist, muss eine Ärztin oder ein Therapeut wissen, weshalb es üblicherweise zu Schmerzen in der betroffenen Region kommt.

Leider ist Schmerz in seinem Anfangsstadium oft schwer einzuordnen. Er wird daher von vielen Ärztinnen und Ärzten und auch von ganzen Ärztegesellschaften in Ermangelung einer Erklärung als unspezifisch abgetan. So wird es auch in ärztlichen Leitlinien propagiert. Unspezifisch bedeutet hier nicht nur, dass man kein sichtbares Korrelat für den auftretenden Schmerz hat, sondern es spricht auch für ein Unwissen über die Ursache des Schmerzes.

Einen unspezifischen Schmerz gibt es meiner Erfahrung nach nicht. Eine simplifizierende Sicht, sprich die Klassifikation als unspezifisch, wird dem komplexen Organ Rücken mit seiner knöchernen Wirbelsäule, seinen Muskeln, Gelenken, Bandscheiben und Nerven nicht gerecht.

Die Suche nach den Ursachen von Schmerzen wird durch das Faktum erschwert, dass akute Schmerzen zumeist nach vier bis acht Wochen von selbst vergehen. Schließlich können die Alarmglocken nicht pausenlos schrillen. Diese spontane Schmerzreduktion wird dann als Erleichterung empfunden, ist jedoch insofern tückisch, als dann auch kein Antrieb mehr gegeben ist, maßgeblich etwas zu ändern. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier, und so bleibt es vielen dann auch nicht erspart, dass der Schmerz nach einer gewissen Periode wieder zurückkehrt. Das zugrundeliegende Problem ist in den meisten Fällen allerdings nicht behoben worden. Die vermeintliche Heilung des Schmerzes ist nämlich keine Entwarnung, sondern verdankt sich der Kompensationsfähigkeit unseres Körpers, die diese Schmerzreduktion bewirkt hat.

Im Grunde ist jeder Schmerz erst einmal als Warnschmerz anzusehen. Auch ein solcher sollte therapeutisch behandelt werden. Wenn er jedoch nicht vergeht oder immer wieder kommt, ist das nach spätestens sechs Wochen ein Fall für die orthopädische Praxis. Spätestens dann braucht es eine Ärztin oder einen Arzt.

Der Schädigungs- oder Defektschmerz

Anders verhält es sich bei einem Schmerz, der einen irreparablen Schaden anzeigt oder auf eine Schädigung der Struktur zurückzuführen ist. In so einem Fall spricht man von einem Schädigungs- oder Defektschmerz. Letzterer ist jedoch zum Glück nicht der Normalfall. Sollten Sie also Schmerzen haben, können Sie vorerst davon ausgehen, an keinem Schädigungsschmerz, sondern an einem Warnschmerz – einem „guten Schmerz“ – zu leiden, der dazu da ist, Sie auf etwas aufmerksam zu machen, und zwar selbst dann, wenn Röntgen- und MRT-Bilder zahlreiche Abnutzungen zeigen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch in einem solchen Fall Hilfe möglich ist. Dennoch geben sich viele Menschen zu früh mit der Diagnose der Abnutzung ihrer Gelenke oder Wirbelsäule zufrieden und gehen davon aus, dass nur eine Operation helfen würde. Im Falle einer Spinalkanalstenose oder einem Wirbelbruch kann eine frühzeitige Operation sinnvoll sein, ansonsten gibt es meist andere Optionen. Dass so viele Patientinnen und Patienten davon überzeugt sind, dass ihnen nur eine Operation helfen könne, liegt daran, dass sie oft bereits viele aufwendige und zuweilen auch kostspielige Therapien hinter sich haben, die wenig bis kaum wirksam waren. Das bestätigt sie in ihrer Annahme, dass es gar keine hilfreiche Therapie geben würde und der operative Eingriff der letzte Ausweg aus dem Leidensweg sei. Bis auf wenige Ausnahmen sind jedoch ein Schmerz und eine Schädigung am Rücken auch ohne Operation und auf Dauer zu beseitigen.

In der Schmerztherapie tendiert man immer öfter dazu, Schmerzen mit opiumhaltigen Betäubungsmitteln zu behandeln. Schmerzmittel sollen dann das Warnsignal, das man als solches nicht identifiziert hat, unterdrücken. Es kommt der menschlichen Bequemlichkeit entgegen, an seiner Lebensweise nichts ändern zu müssen. In Wahrheit führt das jedoch oft zu einer Abhängigkeit von Medikamenten. Das ist nichts anderes als ein Missbrauch des Körpers, der an sich ein perfekt ineinander arbeitendes System ist. Die massenhafte Anwendung von Schmerzmitteln, die Zulassung immer neuerer Arzneimittel und die immer breitere Anwendung werden die Menschheit vermutlich nicht heilen. Ganz im Gegenteil: Die Massenanwendung von Opioiden in den USA mit zahlreichen Drogenabhängigen und Toten ist als Opioidkrise in die Geschichte eingegangen.

Es ist aber nicht alleine die Nutzung starker Medikamente, die problematisch ist. Neueste Studien zeigen, dass selbst die frühzeitige Verwendung von leichten Schmerzmitteln wie Ibuprofen in der Anfangsphase von Rückenschmerz ein 1,76-fach erhöhtes Risiko einer Chronifizierung des Schmerzes haben, als wenn auf Medikamente ganz verzichtet würde. Es wird daher wissenschaftlich diskutiert, dass man den Einsatz von Schmerzmitteln bei akuten Schmerzen grundsätzlich überdenken sollte (Parisien et. al. 2022).

Schmerzen sind mit Sicherheit schwer zu ertragen, dennoch ist es nicht legitim – und auch nicht sinnvoll – jedes Mittel zu ihrer Bekämpfung heranzuziehen. Wir müssen Schmerzen vielmehr begreifen als das, was sie sind, als ein Alarmsignal unseres Körpers, das uns vor einer Schädigung in weiterer Folge schützen will.

Definition von Rückenschmerzen

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Schmerzen, dem akuten, der plötzlich auftritt, und dem chronischen, der andauernd da ist oder immer wieder kommt. Als schmerzhafter wird der akute empfunden, jedoch kann auch der chronische sehr unangenehm sein.

Den akuten Schmerz kann man noch einmal unterteilen, und zwar in einen spezifischen und einen unspezifischen Schmerz.

Der unspezifische Rückenschmerz

Dem unspezifischen Rückenschmerz ist keine eindeutige Pathologie zuzuordnen bzw. ist keine eindeutige Pathologie auf Röntgen- oder MRT-Bildern zu sehen. Der unspezifische Rückenschmerz hat in der Regel eine Dauer von maximal sechs bis acht Wochen und sollte dann eigentlich von selbst vergehen. Er kann sich als Hexenschuss bemerkbar machen, jedoch auch ein Schmerz sein, der nicht eindeutig zuzuordnen ist. Leider kommt es immer wieder vor, dass ein spezifischer Rückenschmerz nicht als solcher erkannt und für einen unspezifischen gehalten wird. Mit dem unspezifischen Rückenschmerz beschäftigen sich zahlreiche medizinische Fachgesellschaften. Da er nicht eindeutig zu fassen ist – so der allgemeine Konsens –, beanspruchen alle möglichen Fachgruppen von der Orthopädie über die Psychiatrie und Neurologie die Therapie für sich.

Der spezifische Rückenschmerz

Der spezifische Rückenschmerz ist auf bildgebenden Verfahren zu sehen oder kann sich als Lähmung oder Taubheit bemerkbar machen. Konkret handelt es sich dabei beispielsweise um einen Bandscheibenvorfall, einen Wirbelbruch, eine Wirbelgelenksarthrose oder eine Spinalkanalstenose. In der Regel kann er durch medizinische Intervention zumindest verbessert werden. Methoden wie die Operation von Bandscheibenvorfällen, die Versteifung von Wirbelarthrosen und das Ausfräsen von Spinalkanalstenosen können – müssen aber nicht – helfen.

Fehlannahmen bei Rückenschmerzen

Eine Medizin ohne Ursachenforschung

Die Prävention von Erkrankungen oder Schmerz kann nur dann effizient erfolgen, wenn man die Ursachen erkennt – und abstellt. Eines der Hauptprobleme unserer Medizin besteht darin, dass es nicht wirklich von Interesse ist, weshalb ein Schaden eingetreten ist. Unser Gesundheitssystem ist auf das Erkennen und Behandeln von Krankheiten fokussiert, nicht jedoch auf ihre Auslöser. Fragt man seinen behandelnden Arzt danach, bekommt man oft lapidare und eher allgemein gehaltene Antworten wie „Es ist halt so“. Zumeist wird die Lebensführung (zu wenig Sport, zu viel Sport, zu viel Zucker, zu viele Zigaretten) oder die Lebenshaltung (Defizite nach einer schweren Kindheit, eine schwierige psychische Disposition) angeführt. Vordergründig betrachtet, klingt das alles ganz plausibel, und man kann geneigt sein, sich damit zufriedenzugeben. Geht man dem Ganzen auf den Grund, erkennt man jedoch schnell, dass viele Antworten einfach nicht der Realität standhalten. Denn wie verhält es sich beispielsweise mit all jenen Patientinnen und Patienten, die Schmerzen haben, obwohl sie jung, fit, nicht übergewichtig sind und nicht rauchen? Auch solche gibt es nämlich – und gar nicht wenige davon. Für sie hat man andere Antworten parat: Es handle sich etwa um den falschen Sport, um die falsche Haltung und so weiter.

Die Suche nach Ausreden

Bei orthopädischen Erkrankungen schwingt immer die Eigenverantwortung mit, gepaart mit der zu erwartenden Mahnung der Ärztin oder des Arztes, sich mehr zu bewegen. Vielleicht ist dies ein Grund, weshalb viele Menschen auch Antworten dort suchen, wo einen keine persönliche Schuld treffen kann. Rheuma, Borreliose und Nervenkrankheiten werden zumindest als solche angesehen. Auch wenn neurologische oder rheumatische Krankheiten wirklich ernste Krankheiten sind, die niemandem zu wünschen sind, sind viele Patientinnen und Patienten mit einer Diagnose aus diesen Fachbereichen zufrieden gestellt. Bei einer Krankheit aus dem Bereich Rheumatologie handelt es sich in der Regel um Autoimmunerkrankungen, also um einen Angriff des Körpers auf sich selbst. Grob gesagt und ohne in Details gehen zu wollen, scheint nachvollziehbar, dass der Patientin oder dem Patienten hier kaum ein Eigenverschulden vorgeworfen werden kann. Neurologische Erkrankungen werden in der Regel als Krankheiten der Nerven angesehen, weshalb die Schuldfrage auf die Nerven geschoben wird. Das ist zumindest oft die Sichtweise der daran Erkrankten. Echte Nervenerkrankungen sind zum Glück selten, leider aber auch sehr schwerwiegend. Der überwiegende Teil der Nervenschädigungen entsteht durch Druck auf Nerven durch andere Strukturen, meistens durch Muskeln oder Sehnen. So kommt es beispielsweise beim Karpaltunnelsyndrom durch eine chronische Sehnenerkrankung in den Händen zur Nerveneinengung. Wird der Kanal gespalten, in dem Nerven und Sehnen liegen, und damit mehr Platz für die geschwollenen Sehnen und den dadurch eingeengten Nerv geschaffen, kommt der Schmerz durch die Druckentlastung zur Ruhe. Auch Kopf- und Gesichtsschmerzen sind überwiegend durch muskulären Druck auf Nerven verursacht. In der Wahrnehmung der Erkrankten scheint auch hier kein Zusammenhang zum eigenen Verhalten zu bestehen. Tatsächlich ist die Druckschädigung von Nerven jedoch oft die Folge einer einseitigen Bewegungsrichtung unseres Körpers und somit unserem gesellschaftlich antrainierten Verhalten zuzuschreiben.

Der Bequemlichkeit kommen dabei alle Arten von Ausreden entgegen, suggerieren sie doch, dass man nicht selbst, sondern jemand anderer die Schuld an dem misslichen Zustand trägt. Nicht selten lässt man sich auch gerne bestätigen, Opfer eines gebrechlichen Körpers zu sein, da auch das weitestgehend der Verantwortung enthebt und von der aktiven Beteiligung an der Heilung entbindet. Auch wird der eine oder die andere als Krankheitsgewinn vom Mitleid seiner Umgebung profitieren.

Natürlich sind Krankheiten und Schmerzen auch immer in irgendeiner Form schicksalhaft. Schließlich gibt es Menschen, die gänzlich ungesund leben und weder krank werden noch Schmerzen haben. Andere wiederum, die sehr körperbewusst sind, erkranken schwer. Dieses Lebensrisiko können wir nicht restlos ausschalten, egal, wie gut die Maßnahmen auch sein mögen. Unterstützung von Seiten der Umgebung ist daher bei jeder Erkrankung angebracht, ob verschuldet oder unverschuldet.

Prävention kann quälen

Als Kind musste ich stundenlang Geige üben. Mein Großvater war ein begnadeter Geiger gewesen, also sollte auch der Enkel das Geigespielen lernen, damit meine Mutter wiederum einen neuen Partner zum Musizieren gehabt hätte. Meine kläglichen Versuche an der Geige führten in meinem Fall lediglich dazu, dass meiner Mutter auffiel, dass ich einen krummen Rücken hatte. Der Doktor stellte dann eine Skoliose fest, daraufhin wurde ich alle sechs Monate durchleuchtet und musste über Jahre hinweg wöchentlich zur Physiotherapie. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich in all den Jahren die mir aufgetragenen Übungen nicht mehr als dreimal zuhause nachgeturnt. Meine Skoliose ist nicht besser geworden. Der springende Punkt: Die Übungen, die auch heute noch kleinen Kindern mit einem ähnlichen Problem gezeigt werden, helfen kaum, und wenn, dann nur kurzfristig. Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass sie das Problem nicht hätten lösen können, und zwar auch dann nicht, wenn ich sie gewissenhaft ausgeführt hätte. Kinder und Jugendliche animiere ich heute mehr zu einer Verhaltensänderung bzw. den Einbau von bequemen Alltagspositionen. Damit kommen sie oft besser zurecht als mit sechs Sitzungen Physiotherapie, deren Therapieerfolg meist nach Wochen ohne regelmäßige Übungen wieder nachlässt.

Bei mir führte mein Skoliose-Problem in weiterer Folge dazu, dass mir meine Mutter bei jedem Mittagstisch einen Klaps auf den Rücken mit dem sehr gut gemeinten Ratschlag „Junge, sitz grade“ gab, auch noch während meiner Pubertät. Gefühlt habe ich diesen Spruch öfter gehört als es Mittagessen gab. Mein Lateinlehrer fragte mich irgendwann einmal, ob mein Vater Offizier sei, weil ich immer so gerade sitzen würde. Nein, mein Vater war kein Offizier, die Skoliose war trotzdem weiter da, und Geige kann ich bis heute nicht spielen. Immerhin weiß ich nun genau, weshalb diese Ratschläge weder mir geholfen haben noch anderen Kindern je helfen werden. Die Ursachen für unsere Rückenprobleme sind eben ganz andere.

Echte Prävention

Vorsorge ist grundsätzlich etwas Gutes. Prävention von Erkrankungen kann jedoch nur erfolgen, wenn man die Ursachen kennt und abstellt. Natürlich sind Empfehlungen sich zu bewegen, sich gerade zu halten oder abzunehmen nicht unbedingt falsch, aber sie greifen zu kurz, gerade bei dem Problem Rückenschmerz. Deshalb schützen uns auch Rückenkurse nicht unbedingt vor Rückenschmerzen, schon weil die Ursache von Rückenschmerzen noch nicht identifiziert war, als die meisten dieser Kurse ins Leben gerufen wurden.

Da unsere Medizin sehr darauf bedacht ist, Schäden zu suchen und zu reparieren, kümmert sie sich bis heute zu wenig um die Ursache der Schäden. Echte Prävention, also ein ernst gemeinter Schutz vor Krankheiten, beginnt jedoch beim Abstellen der Krankheitsursachen. Weiß man, weshalb und wie Rückenschmerz entsteht, kann man effiziente Ratschläge erteilen, die dabei helfen, Rückenschmerzen & Co. den Garaus zu machen. Umsetzbar sollten sie natürlich sein.

Was unseren Körper angeht, gibt es zwei Arten zu helfen. Bei der Ersteren handelt es sich um den Erhalt der Gesundheit, die ein Abstellen möglicher Krankheitsursachen impliziert.

Bei Zweiterer geht es um die Unterstützung von Kompensationsmechanismen, damit sich der Körper selbst helfen kann. Dazu zählt alles, was Therapeutinnen und Therapeuten sowie Ärztinnen und Ärzte machen, ganz gleich ob es Vorsorge und Prävention genannt wird oder ob es sich um Maßnahmen wie Physiotherapie, Spritzen, Anwendungen aller Art und Schmerzmittel handelt.

Erst im dritten Schritt wird ein Eingriff in Betracht gezogen, der die Struktur verändert, wie eine Operation oder eine gezielte Ausschaltung von schmerzendem Gewebe. Aber, und das ist wichtig, auch Operationen können dazu führen, eine Therapiefähigkeit herzustellen, damit die oben genannten Verfahren zur Gesunderhaltung und des Abstellens der Krankheitsursachen überhaupt möglich werden können.

THERAPIEVERFAHREN:

In der oberen Reihe sind die zwei Verfahren aufgeführt, die vorbeugen oder die Krankheitsursache abstellen, in der Orthopädie aber beide nicht genutzt werden. In der unteren Reihe ist die von der Medizin angewandte Unterstützung des Körpers bei der Kompensation angeführt. Auch Gesundheitsprogramme, die präventiv bezeichnet werden, sind zumeist keine echte Prävention, sondern ebenso nur kompensierend.

Medizin, wie sie heute praktiziert wird, ist fast ausschließlich kompensierend, ursächliche Heilung fördert sie meist nicht. Gerade in letzter Zeit ist jedoch Präventivmedizin