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Steffis Aufstieg Im Schatten der grauen Hochhäuser des Brennpunkts kämpft Steffi um ein besseres Leben. Nacht für Nacht riskiert sie alles, um ihren Traum von einer eigenen Wohnung und einem Friseurkurs zu verwirklichen. Die Gefahr lauert in jeder Ecke, die Scham begleitet jeden Schritt, doch Steffi gibt nicht auf. Unterstützt von ihrer besten Freundin Lisa, dem treuen Jonas und einer unerwarteten Freundschaft mit einem Kunden, findet sie die Kraft, sich gegen die Dunkelheit zu behaupten. Doch der Weg nach oben ist steinig: Ein Stalker bedroht sie, die Vergangenheit ihrer Familie holt sie ein, und die Konkurrenz im Friseursalon fordert all ihren Mut. Als die Wahrheit über ihre Vergangenheit ans Licht kommt, steht Steffi vor ihrer größten Prüfung – wird sie sich selbst treu bleiben? Steffis Aufstieg ist eine bewegende Geschichte über Mut, Vergebung und die Suche nach einem Zuhause. Mit roher Ehrlichkeit und tiefem Mitgefühl erzählt diese Geschichte von einer jungen Frau, die trotz aller Widrigkeiten ihren Platz in der Welt findet – und dabei entdeckt, dass wahre Stärke aus dem Herzen kommt.
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Seitenzahl: 255
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Steffis Aufstieg
Kapitel 1: Der Blick aus dem 17. Stock
Kapitel 2: Der erste Schritt
Kapitel 3: Der Anruf
Kapitel 4: Der Mann im Anzug
Kapitel 5: Der nächste Tag
Kapitel 6: Die Gerüchte
Kapitel 7: Die Mutter
Kapitel 8: Der Stammkunde
Kapitel 9: Der Traum
Kapitel 10: Die Begegnung
Kapitel 11: Die Gefahr
Kapitel 12: Die beste Freundin
Kapitel 13: Der Plan
Kapitel 14: Der Rückschlag
Kapitel 15: Die Hoffnung
Kapitel 16: Die Wahrheit
Kapitel 17: Die Konfrontation
Kapitel 18: Die neue Routine
Kapitel 19: Der Verrat
Kapitel 20: Der Wendepunkt
Kapitel 21: Die Vergangenheit
Kapitel 22: Die Suche
Kapitel 23: Die Gefahr kehrt zurück
Kapitel 24: Die Entscheidung
Kapitel 25: Der Streit
Kapitel 26: Der Fortschritt
Kapitel 27: Die Enthüllung
Kapitel 28: Die Versuchung
Kapitel 29: Der Zusammenbruch
Kapitel 30: Der Neuanfang
Kapitel 31: Die Versöhnung
Kapitel 32: Der Erfolg
Kapitel 33: Die Liebe
Kapitel 34: Der Abschied
Kapitel 35: Die Wohnung
Kapitel 36: Die Herausforderung
Kapitel 37: Die Wahrheit kommt ans Licht
Kapitel 38: Die Familie
Kapitel 39: Der Abschluss
Kapitel 40: Der Ausblick
Kapitel 1: Der Blick aus dem 17. Stock
Die Luft im 17. Stock war stickig, wie immer. Steffi lehnte ihre Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und starrte hinaus auf die graue Skyline des Brennpunkts. Die Hochhäuser ragten wie müde Riesen in den Himmel, ihre Fassaden von Graffiti und Abnutzung gezeichnet. In der Ferne flackerte die Neonreklame eines Discounters, das einzige Licht in der ansonsten tristen Szenerie. Es war kurz nach sechs Uhr abends, und der Himmel hatte sich in ein schmutziges Orange getaucht, als ob er sich nicht entscheiden konnte, ob er leuchten oder untergehen wollte.
Steffi war 18, blond, mit Haaren, die sie jeden Morgen mit billigem Glätteisen bändigte, weil sie dachte, dass sie so vielleicht weniger auffiel. Ihre blauen Augen, die sie von ihrer Mutter hatte, waren müde, aber wachsam. Sie trug ein altes T-Shirt mit einem verwaschenen Bandlogo, das sie vor Jahren auf einem Flohmarkt gekauft hatte, und eine Jeans, die an den Knien schon durchgescheuert war. Ihre Hände, die auf dem Fensterbrett ruhten, waren rau von der Kälte und den vielen Spülgängen in der Küche. Sie war kein Mädchen, das man auf den ersten Blick bemerkte, aber wenn man genauer hinsah, hatte sie etwas, das die Leute innehalten ließ – eine Mischung aus Verletzlichkeit und Entschlossenheit, die sie selbst kaum wahrnahm.
Hinter ihr, im Wohnzimmer, lag ihre Mutter auf dem Sofa. Der Fernseher lief, wie immer, ein endloser Strom aus Talkshows und Werbespots, die niemand wirklich ansah. Ein leeres Bierglas stand auf dem Couchtisch, daneben eine Schale mit Resten von Chips, die schon seit Tagen dort lag. Steffis Mutter, Karin, war irgendwann nach der Mittagsschicht eingeschlafen, die Haare wirr über das Gesicht verteilt, den Mund leicht geöffnet. Sie war einmal schön gewesen, sagte man, aber die Jahre im Brennpunkt hatten ihre Spuren hinterlassen. Tiefe Falten, ein müder Blick und eine Stimme, die immer ein bisschen zu laut war, wenn sie stritt. Steffi liebte sie, auf eine komplizierte Weise, die sie selbst nicht ganz verstand. Liebe, gemischt mit Wut, Mitleid und der ständigen Frage, warum es so gekommen war.
Der Kühlschrank war leer, bis auf eine halbe Flasche Ketchup und ein Glas saure Gurken, das niemand je anrührte. Die Miete war seit zwei Wochen überfällig, und der Vermieter hatte schon wieder einen Zettel unter der Tür durchgeschoben. „Letzte Mahnung“, stand da in roter Schrift, als ob die Farbe irgendetwas ändern würde. Steffi hatte den Zettel zerrissen und in den Müll geworfen, bevor ihre Mutter ihn sehen konnte. Sie wollte keinen Streit, nicht schon wieder.
Sie drehte sich vom Fenster weg und ging leise in die Küche, die nur durch eine halbhohe Wand vom Wohnzimmer getrennt war. Der Boden knarzte unter ihren Socken, und sie hielt kurz inne, um sicherzugehen, dass ihre Mutter nicht aufwachte. Die Küche war klein, kaum mehr als eine Arbeitsplatte, ein Herd, der nur zwei Platten hatte, und ein Spülbecken, das immer nach feuchtem Beton roch. Steffi öffnete den Schrank über der Spüle und fand eine Packung Instantnudeln, die letzte. Sie seufzte. Wieder Nudeln. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal etwas Richtiges gegessen hatte – etwas, das nicht aus einer Plastikverpackung kam oder nach Pappe schmeckte.
Während das Wasser im Topf zu brodeln begann, setzte sich Steffi an den kleinen Tisch, der in der Ecke stand, und zog ihr Handy aus der Hosentasche. Es war ein altes Modell, das Display gesprungen, aber es funktionierte noch. Sie scrollte durch ihre Nachrichten, obwohl sie wusste, dass nichts Neues da sein würde. Lisa, ihre beste Freundin, hatte ihr am Morgen geschrieben: „Kommst du nachher? Treffen uns am Spielplatz.“ Steffi hatte nicht geantwortet. Der Spielplatz war kein Ort für Kinder, nicht hier. Es war ein Treffpunkt für Jugendliche, die nichts Besseres zu tun hatten, als zu rauchen, zu trinken und sich über die Welt zu beschweren, die sie nie verlassen würden. Steffi war oft dort gewesen, hatte mitgelacht, mitgeraucht, aber heute hatte sie keine Lust. Sie wollte mehr. Sie wollte raus.
Ihr Blick fiel auf einen alten Flyer, der auf dem Tisch lag, halb zerknittert. Eine Werbung für einen Friseursalon in der Innenstadt, mit glänzenden Fotos von Frauen mit perfekten Haaren und strahlenden Lächeln. Steffi hatte den Flyer vor Monaten aus einem Café mitgenommen, weil sie sich vorgestellt hatte, wie es wäre, dort zu arbeiten. Sie liebte es, Haare zu schneiden, zu stylen, etwas Schönes zu schaffen. Ihre Mutter hatte ihr einmal ein Set billiger Scheren geschenkt, und Steffi hatte stundenlang an Lisas Haaren geübt, an Puppen, an ihren eigenen Spitzen. Sie war gut, das wusste sie. Aber ein Friseurkurs kostete Geld, und Geld war das, was sie nicht hatten.
Sie träumte von einem Leben jenseits der Betonwände, jenseits des Brennpunkts. Ein Leben, in dem sie nicht jeden Tag zählen musste, wie viel Kleingeld noch übrig war, um die Woche zu überstehen. Ein Leben, in dem sie sich keine Sorgen machen musste, ob die Stromrechnung bezahlt werden konnte oder ob der Vermieter sie rausschmeißen würde. Sie wollte eine Wohnung mit großen Fenstern, mit Licht, das nicht von den Schatten der Hochhäuser verschluckt wurde. Sie wollte einen Job, der sie stolz machte, und Menschen, die sie nicht nur als „das Mädchen aus dem 17. Stock“ kannten.
Aber Träume waren teuer, und die Realität war ein leerer Kühlschrank und ein Zettel mit roter Schrift. Steffi stand auf, goss das kochende Wasser über die Nudeln und rührte mechanisch mit einem Löffel, der schon bessere Tage gesehen hatte. Der Dampf stieg auf, und für einen Moment verschwamm ihr Blick. Sie dachte an ihren Vater, oder besser gesagt, an die Leerstelle, die er in ihrem Leben hinterlassen hatte. Niemand sprach über ihn. Ihre Mutter hatte einmal, in einem seltenen Moment der Klarheit, gesagt, dass er „weggegangen“ sei, bevor Steffi geboren wurde. Mehr wusste sie nicht, und sie hatte aufgehört zu fragen. Es tat zu weh, an jemanden zu denken, der sie nie gewollt hatte.
Die Nudeln waren fertig, und Steffi füllte sie in eine Schüssel. Sie setzte sich wieder an den Tisch und aß langsam, während der Fernseher im Hintergrund weiterplärrte. Ihre Mutter rührte sich nicht. Steffi fragte sich, wie es so weit gekommen war. Karin hatte früher in einer Fabrik gearbeitet, aber die war vor Jahren geschlossen worden. Jetzt nahm sie Gelegenheitsjobs an, putzte hier, half dort aus, aber das Geld reichte nie. Steffi hatte versucht, einen Job zu finden, aber im Brennpunkt gab es nichts, was genug einbrachte. Die Supermärkte suchten keine Aushilfen, und die Cafés in der Stadt wollten Erfahrung, die sie nicht hatte.
Sie dachte an Mia, die Frau aus dem 15. Stock. Mia war älter, vielleicht Mitte vierzig, mit roten Haaren, die immer ein bisschen zu grell waren, und einem Lachen, das durch die Wände drang. Sie hatte Steffi letzte Woche im Treppenhaus angesprochen, als sie mit einem Müllsack auf dem Weg nach unten war. „Du bist hübsch, Mädchen“, hatte Mia gesagt, mit einem Blick, der Steffi unangenehm war. „Du könntest gutes Geld machen, wenn du schlau bist.“ Steffi hatte gelacht, es abgetan, aber Mia hatte ihr eine Karte gegeben, mit einer Telefonnummer darauf. „Falls du’s dir überlegst“, hatte sie gesagt und war weitergegangen, als wäre nichts gewesen.
Die Karte lag jetzt in Steffis Hosentasche, zerknittert, aber nicht weggeworfen. Sie hatte sie nicht angerufen, noch nicht, aber sie konnte nicht aufhören, daran zu denken. Gutes Geld. Was bedeutete das? Sie wusste, was Mia meinte, auch wenn sie es nicht laut ausgesprochen hatte. Der Brennpunkt war voll von Geschichten über Mädchen, die „es machten“. Manche wurden ausgelacht, andere beneidet. Steffi hatte immer gedacht, dass sie anders war, dass sie es besser machen würde. Aber jetzt, mit dem leeren Kühlschrank und dem Zettel des Vermieters, war sie sich nicht mehr so sicher.
Sie aß die letzten Nudeln und spülte die Schüssel ab. Der Fernseher wechselte zu einer Werbung für ein Parfüm, das nach Freiheit und Luxus roch, nach einem Leben, das Steffi nur aus Bildern kannte. Sie ging zurück zum Fenster, zog die Karte aus ihrer Tasche und starrte auf die Nummer. Ihr Herz schlug schneller. Sie wusste, dass es falsch war, dass es gefährlich war, dass es sie verändern würde. Aber sie wusste auch, dass sie keine Wahl hatte. Nicht, wenn sie raus wollte. Nicht, wenn sie mehr wollte als das hier.
Die Skyline lag still vor ihr, und für einen Moment fühlte sich Steffi, als wäre sie die Einzige auf der Welt. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Dann steckte sie die Karte zurück in ihre Tasche und drehte sich um. Morgen, dachte sie. Morgen würde sie entscheiden.
Kapitel 2: Der erste Schritt
Die Treppenhausluft war schwer, ein Gemisch aus altem Zigarettenrauch, feuchtem Beton und dem schwachen Duft von billigem Putzmittel, das irgendwann in den letzten Wochen hier verschüttet worden war. Steffi zog die Kapuze ihres Hoodies tiefer ins Gesicht, als sie die knarzenden Stufen hinabstieg, ihren leeren Rucksack über der Schulter. Es war Vormittag, und sie sollte eigentlich in der Schule sein, aber sie hatte sich heute Morgen entschieden, den Unterricht zu schwänzen. Die Lehrer merkten es kaum, und selbst wenn, war es ihnen egal. Im Brennpunkt war die Schule eher ein Ort, an dem man die Zeit totschlug, als ein Sprungbrett in eine bessere Zukunft.
Sie war auf dem Weg zum Discounter, um mit den letzten paar Euro, die sie in ihrer Jackentasche gefunden hatte, etwas Essbares zu kaufen. Vielleicht Brot, vielleicht eine Dose Suppe. Etwas, das den Kühlschrank weniger leer aussehen ließ. Ihre Mutter hatte gestern Abend wieder geschlafen, als Steffi nach Hause gekommen war, und der Gedanke, sie aufzuwecken, um nach Geld zu fragen, war Steffi nicht einmal in den Sinn gekommen. Es hätte ohnehin nichts gebracht. Karin hatte ihre eigenen Probleme, und Geld war keins, das sie lösen konnte.
Als Steffi den Absatz im 15. Stock erreichte, hörte sie das vertraute Klacken von Absätzen auf dem Beton. Sie blickte auf und sah Mia, die Nachbarin, die aus ihrer Wohnungstür trat. Mia war eine Erscheinung, selbst in diesem trostlosen Treppenhaus. Ihre Haare waren grellrot gefärbt, die Wurzeln schon leicht grau, und sie trug eine enge Lederjacke über einem Top, das mehr zeigte, als es verbarg. Ihre Lippen waren knallrot geschminkt, und sie hatte eine Zigarette zwischen den Fingern, die sie noch nicht angezündet hatte. Mia war vielleicht Mitte vierzig, vielleicht älter – es war schwer zu sagen. Das Leben im Brennpunkt machte die Leute älter, als sie waren, oder jünger, als sie sich verhielten.
„Na, Steffi“, sagte Mia, ihre Stimme rau, aber mit einem Unterton, der fast freundlich klang. Sie lehnte sich gegen das Geländer, die Zigarette wippend zwischen ihren Lippen. „Wohin so früh?“
Steffi hielt inne, ihre Hand am Geländer. Sie mochte Mia nicht besonders, aber sie hatte auch keinen Grund, sie nicht zu mögen. Mia war einfach da, wie die Graffiti an den Wänden oder der Müll, der sich in den Ecken des Treppenhauses sammelte. „Zum Laden“, murmelte Steffi, ohne Mia direkt anzusehen. „Brauch was zu essen.“
Mia schnaubte, ein Lachen, das mehr wie ein Husten klang. „Immer das Gleiche, oder? Leerer Kühlschrank, leere Taschen.“ Sie zog ein Feuerzeug aus ihrer Jacke, zündete die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Der Rauch kringelte sich in der Luft, und Steffi trat einen Schritt zurück, um ihm auszuweichen.
„Was willst du, Mia?“, fragte Steffi, ihre Stimme schärfer, als sie beabsichtigt hatte. Sie wollte weitergehen, aber etwas an Mias Blick hielt sie fest. Es war nicht direkt Mitleid, aber auch nicht die übliche Gleichgültigkeit, die man hier im Brennpunkt gewohnt war.
Mia grinste, ihre Zähne leicht gelblich von den Jahren des Rauchens. „Nichts los, Mädchen. Hab dich nur gesehen und gedacht, du siehst aus, als könntest du ’nen Tipp gebrauchen.“ Sie machte eine Pause, als ob sie Steffis Reaktion abschätzen wollte, bevor sie weitersprach. „Du bist hübsch, weißt du das? Jung, blond, die Typen stehen auf sowas. Du könntest leicht Geld machen. Einfaches Geld.“
Steffis Magen zog sich zusammen. Sie wusste, worauf Mia hinauswollte. Es war nicht das erste Mal, dass sie so etwas hörte. Im Brennpunkt war „einfaches Geld“ ein Code, den jeder verstand. Drogen, Diebstahl, oder… das andere. Sie hatte die Geschichten gehört, von Mädchen, die mit älteren Männern in Autos stiegen, von Frauen, die in dunklen Ecken der Stadt arbeiteten, von Typen, die bezahlten, weil sie etwas wollten, das sie zu Hause nicht bekamen. Steffi hatte immer gedacht, dass sie niemals so tief sinken würde. Aber jetzt, mit Mias Worten, die in der Luft hingen wie der Zigarettenrauch, war sie sich nicht mehr so sicher.
„Was redest du da?“, fragte Steffi, obwohl sie genau wusste, was Mia meinte. Sie wollte Zeit gewinnen, wollte, dass Mia es aussprach, damit sie es wegwischen konnte, als wäre es nur ein dummer Vorschlag.
Mia zuckte mit den Schultern, als wäre es das Normalste der Welt. „Komm schon, Steffi. Tu nicht so, als wüsstest du’s nicht. Schau dich an – du bist 18, hast ’nen guten Körper, ’nen hübschen Mund. Die alten Säcke zahlen gut für sowas. Kein Stress, kein Chef, der dir sagt, was du tun sollst. Nur du, ein Typ und ein paar Scheine.“
Steffis Gesicht brannte. Sie wollte Mia anschreien, ihr sagen, dass sie sich irrt, dass sie nicht so war. Aber die Worte blieben in ihrer Kehle stecken. Stattdessen sagte sie: „Ich bin nicht wie du, Mia.“ Es klang schwächer, als sie wollte, weniger überzeugend.
Mia lachte wieder, diesmal lauter. „Oh, Süße, ich war auch mal wie du. Dachte, ich bin besser, dachte, ich komm hier raus, ohne meine Hände schmutzig zu machen. Aber weißt du was? Der Brennpunkt lässt dich nicht los, es sei denn, du spielst nach seinen Regeln.“ Sie zog eine kleine Karte aus ihrer Jackentasche, weiß, mit einer schwarzen Telefonnummer darauf. „Ruf die an, wenn du’s dir überlegst. Kein Druck. Aber denk dran – hier gibt’s keinen Prinzen, der dich rettet.“
Steffi starrte auf die Karte, als wäre sie ein giftiges Insekt. Sie wollte sie nicht nehmen, wollte Mia sagen, dass sie sich ihre Ratschläge sonst wohin stecken konnte. Aber ihre Hand bewegte sich wie von selbst, nahm die Karte und schob sie in die Tasche ihrer Jeans. „Ich muss los“, murmelte sie und drehte sich um, ohne Mia anzusehen. Sie hörte Mias leises Lachen hinter sich, als sie die Treppe hinuntereilte.
Der Rest des Weges zum Discounter war ein Nebel. Steffis Gedanken rasten, und die Karte in ihrer Tasche fühlte sich an, als würde sie ein Loch in ihre Jeans brennen. Sie versuchte, sich auf die Einkaufsliste zu konzentrieren – Brot, Milch, vielleicht eine Dose Bohnen –, aber Mias Worte hallten in ihrem Kopf wider. Einfaches Geld. Sie hasste das Wort „einfach“. Nichts war einfach hier. Nicht das Leben, nicht die Schule, nicht die ständige Angst, dass der Vermieter an die Tür klopfen würde. Aber die Vorstellung von Geld, von genug Geld, um den Kühlschrank zu füllen, die Miete zu zahlen, vielleicht sogar für einen Friseurkurs… das war verlockend. Gefährlich verlockend.
Im Laden schob sie einen quietschenden Einkaufswagen durch die Gänge, die nach abgestandenem Bier und billigem Parfüm rochen. Sie griff nach einem Laib Brot, einer Packung Milch und einer Dose Tomatensuppe, die im Angebot war. An der Kasse zählte sie die Münzen aus ihrer Tasche, ihre Finger zitterten leicht. 4,87 Euro. Sie hatte noch 2 Euro übrig, die sie in die hintere Tasche ihrer Jeans schob, neben die Karte.
Auf dem Rückweg nach Hause nahm sie den Aufzug, obwohl er nach Urin stank und die Knöpfe klebrig waren. Sie wollte nicht noch einmal durchs Treppenhaus, wollte Mia nicht begegnen, wollte nicht an die Karte denken. Aber sie tat es. Die ganze Zeit. Als sie die Wohnung betrat, war ihre Mutter wach, saß am Küchentisch mit einer Tasse Kaffee, die mehr Wasser als Kaffee war. „Wo warst du?“, fragte Karin, ohne wirklich interessiert zu klingen.
„Einkaufen“, sagte Steffi und stellte die Tüte auf die Arbeitsplatte. Sie drehte sich weg, damit ihre Mutter die Unsicherheit in ihrem Gesicht nicht sah. Sie fühlte die Karte in ihrer Tasche, schwer wie ein Stein. Sie wusste, dass sie sie wegwerfen sollte. Sie wusste, dass sie nicht anrufen sollte. Aber die Verlockung war da, stärker als ihre Zweifel, stärker als die Stimme in ihrem Kopf, die ihr sagte, dass es falsch war.
Später, als ihre Mutter wieder vor dem Fernseher eingeschlafen war, saß Steffi auf ihrem Bett, die Karte in der Hand. Das Zimmer war klein, die Wände mit alten Postern bedeckt, die Ecken vergilbt. Sie drehte die Karte zwischen ihren Fingern, starrte auf die Nummer. Ihr Herz schlug schnell, ihre Kehle war trocken. Sie wusste, dass dies der erste Schritt war, ein Schritt, der alles verändern konnte. Und obwohl sie Angst hatte, obwohl sie sich schämte, griff sie nach ihrem Handy. Nur anrufen, dachte sie. Nur um zu hören, was sie sagen. Nur um zu wissen, wie einfach es wirklich war.
Kapitel 3: Der Anruf
Die Nacht hatte den Brennpunkt in eine seltsame Stille gehüllt, nur unterbrochen vom gelegentlichen Heulen einer Sirene in der Ferne und dem dumpfen Bass aus einer Wohnung irgendwo im Hochhaus. Steffi saß auf ihrem schmalen Bett, die Knie angezogen, das Handy in einer Hand und die zerknitterte Karte in der anderen. Das Zimmer war dunkel, bis auf das schwache Licht der Straßenlaterne, das durch die dünnen Vorhänge sickerte und Streifen auf den abgenutzten Teppich warf. Ihre Mutter schlief im Wohnzimmer, das leise Schnarchen drang durch die dünne Wand, begleitet vom monotonen Murmeln des Fernsehers, der wie immer lief, obwohl niemand zusah.
Steffi starrte auf die Nummer auf der Karte. Die schwarzen Ziffern schienen sich in ihre Netzhaut zu brennen, als ob sie sie verspotteten. Sie hatte den ganzen Tag versucht, nicht daran zu denken, hatte sich mit Hausaufgaben abgelenkt, mit dem Abwasch, mit dem Scrollen durch alte Nachrichten auf ihrem Handy. Aber jetzt, in der Stille der Nacht, war die Karte alles, was sie sehen konnte. Ihre Finger zitterten leicht, als sie die Nummer in ihr Handy tippte, dann hielt sie inne, den Daumen über der Anruftaste schwebend. Ihr Herz schlug so laut, dass sie sicher war, es würde ihre Mutter wecken.
Sie legte das Handy auf die Decke und stand auf, ging zum kleinen Spiegel, der an der Wand hing. Ihr Gesicht sah müde aus, die blauen Augen von Schatten umrahmt, die nicht nur von der späten Stunde kamen. Sie strich sich eine blonde Strähne aus der Stirn, die sofort wieder zurückfiel. „Was machst du da, Steffi?“, flüsterte sie ihrem Spiegelbild zu, aber die Antwort kam nicht. Stattdessen fühlte sie wieder diesen Druck in der Brust, diese Mischung aus Angst und Verzweiflung, die sie seit Wochen begleitete. Der leere Kühlschrank, der Zettel des Vermieters, Mias Worte über „einfaches Geld“ – alles schien sich zu einem Knoten zu verdichten, der sich nicht lösen ließ.
Sie setzte sich zurück aufs Bett und nahm das Handy wieder in die Hand. „Nur anrufen“, murmelte sie, als ob das Wort „nur“ die Sache weniger schwer machen würde. „Nur um zu hören, was sie sagen.“ Sie wusste, dass sie sich selbst belog. Ein Anruf war kein harmloser Schritt. Es war der Anfang von etwas, das sie nicht mehr rückgängig machen konnte. Aber die Alternative – ein weiterer Tag im Brennpunkt, ein weiterer Tag mit leeren Taschen und leeren Träumen – war noch schlimmer.
Sie drückte die Anruftaste, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Das Freizeichen hallte in ihrem Ohr, jedes Tuten wie ein Hammerschlag gegen ihre Brust. Nach dem dritten Ton nahm jemand ab. „Ja?“, sagte eine raue Stimme, tief und ungeduldig, als hätte sie den Anruf erwartet und gleichzeitig gehofft, er würde nicht kommen.
Steffi schluckte, ihre Kehle trocken. „Ähm… hallo“, begann sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Ich… ich hab die Nummer von Mia. Aus dem Hochhaus.“
Ein kurzes Schweigen am anderen Ende, dann ein leises Lachen, das mehr wie ein Knurren klang. „Mia, hm? Was willst du, Kleine?“
Steffis Finger krampften sich um das Handy. Sie wollte auflegen, wollte so tun, als hätte sie nie angerufen. Aber stattdessen sagte sie: „Ich… ich will Geld verdienen. Mia sagte, es gibt… Möglichkeiten.“
Wieder ein Lachen, diesmal länger. „Möglichkeiten, ja. Wie alt bist du?“
„Achtzehn“, sagte Steffi, und ihre Stimme klang fester, als sie sich fühlte.
„Hübsch?“
Sie zögerte, dann nickte sie, bevor sie sich erinnerte, dass er sie nicht sehen konnte. „Ja“, sagte sie leise.
„Gut. Komm morgen Abend, 21 Uhr, Parkplatz hinter der alten Tankstelle am Rand vom Brennpunkt. Schwarzer BMW, du wirst ihn sehen. Bring nichts mit, nur dich selbst.“ Die Stimme nannte die Anweisungen so beiläufig, als würde sie einen Kaffee bestellen. „Und, Kleine? Sei pünktlich.“
Bevor Steffi etwas sagen konnte, klickte es, und die Leitung war tot. Sie starrte auf das Handy, das Display dunkel. Ihr Herz raste, ihre Hände waren feucht. Sie hatte es getan. Sie hatte angerufen. Und jetzt gab es keinen Weg zurück.
Sie legte das Handy auf den Nachttisch und stand auf, ihre Beine wackelig. Sie ging zu ihrem Kleiderschrank, einem wackeligen Möbelstück, das sie vor Jahren vom Sperrmüll mitgenommen hatten. Darin hingen ein paar T-Shirts, zwei Pullover und ihre beste Jeans – eine enge, dunkle Hose, die sie einmal in einem Secondhand-Laden gekauft hatte, weil sie dachte, sie würde sie „erwachsener“ aussehen lassen. Sie zog die Jeans heraus und hielt sie ins Licht. Sie war nicht neu, aber sie saß gut, betonte ihre Beine, ohne zu auffällig zu sein. Sie legte sie auf das Bett und öffnete eine Schublade, in der sie ihre wenigen Schminksachen aufbewahrte: ein billiger Mascara, ein abgenutzter Lidstrichstift, ein Lippenstift in einem Pinkton, den sie nie benutzte, weil er ihr zu grell erschien.
Sie setzte sich vor den Spiegel und begann, sich zu schminken. Ihre Hände zitterten immer noch, aber die Bewegungen waren vertraut. Ein bisschen Mascara, um ihre Augen größer wirken zu lassen, ein dünner Strich Eyeliner, der ihre Wimpern betonte. Sie hielt inne, als sie den Lippenstift in die Hand nahm. Sollte sie ihn benutzen? Würde es zu viel sein? Sie wollte nicht aussehen wie Mia, nicht wie die Frauen, die sie manchmal nachts im Brennpunkt sah, mit ihren knappen Kleidern und ihrem lauten Lachen. Aber sie wollte auch nicht unsichtbar sein. Sie wollte… sie wusste nicht, was sie wollte. Vielleicht einfach nur, dass es schnell vorbei war.
Sie trug den Lippenstift auf, nur eine dünne Schicht, und betrachtete sich im Spiegel. Sie sah älter aus, aber nicht viel. Hübscher, vielleicht. Aber auch verletzlicher, als ob die Schminke nicht nur ihre Augen betonte, sondern auch die Angst, die sie zu verstecken versuchte. Sie strich sich die Haare zurück, band sie zu einem lockeren Zopf und zog die Jeans an. Sie passte perfekt, aber Steffi fühlte sich nicht wohl darin. Es war, als würde sie eine Rolle spielen, eine Rolle, die sie nicht kannte.
Sie zog ein schwarzes Top aus dem Schrank, das sie nur selten trug, weil es ein bisschen enger war, als sie mochte. Aber heute Abend fühlte es sich richtig an. Sie wollte stark aussehen, selbstbewusst, auch wenn sie es nicht war. Sie schlüpfte in ihre abgenutzten Sneaker, die einzigen Schuhe, die sie besaß, und warf einen letzten Blick in den Spiegel. „Du kannst das“, flüsterte sie, aber ihre Stimme klang hohl.
Sie ging zurück ins Wohnzimmer, wo ihre Mutter immer noch schlief. Der Fernseher zeigte jetzt eine Late-Night-Show, die niemand lustig fand. Steffi nahm ihre Jacke vom Haken, eine alte Jeansjacke, die sie von Lisa bekommen hatte, und zog sie über. Sie überprüfte ihre Tasche – Handy, Schlüssel, die Karte. Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartete, aber sie wusste, dass sie gehen musste. Nicht morgen, nicht irgendwann. Jetzt.
Leise öffnete sie die Wohnungstür und trat ins Treppenhaus. Der Geruch von Zigaretten und Putzmittel schlug ihr entgegen, aber sie ignorierte ihn. Sie nahm die Treppe, nicht den Aufzug, weil sie Zeit brauchte, um sich zu sammeln. Jede Stufe fühlte sich an wie ein Schritt in eine andere Welt, eine Welt, die sie nicht wollte, aber die sie vielleicht brauchte. Ihr Herz schlug schneller, ihre Hände waren kalt, aber sie ging weiter.
Als sie den Parkplatz hinter der alten Tankstelle erreichte, sah sie den schwarzen BMW sofort. Er stand abseits, die Fenster getönt, die Motorhaube glänzend im Licht der Straßenlaterne. Steffi blieb stehen, ihre Füße wie festgeklebt. Sie konnte immer noch umdrehen, konnte zurückgehen, die Karte wegwerfen, so tun, als wäre nichts passiert. Aber dann dachte sie an den Kühlschrank, an die Miete, an den Friseurkurs, an das Leben, das sie sich erträumte. Sie atmete tief ein und ging auf das Auto zu.
Die Tür öffnete sich, bevor sie klopfen konnte. Ein Mann, vielleicht fünfzig, mit grauem Haar und einem teuren Anzug, stieg aus. Er sah sie an, musterte sie von Kopf bis Fuß, und nickte. „Du bist Steffi?“, fragte er, seine Stimme ruhig, aber kalt.
Sie nickte, unfähig zu sprechen. Ihr Herz raste, aber sie zwang sich, ruhig zu bleiben.
„Steig ein“, sagte er und öffnete die Beifahrertür. Steffi zögerte, dann stieg sie ein. Die Tür schloss sich mit einem leisen Klicken, und die Welt draußen verschwand.
Kapitel 4: Der Mann im Anzug
Der Parkplatz hinter der alten Tankstelle war ein Flickenteppich aus zerbrochenem Asphalt und Unkraut, das sich durch die Risse kämpfte. Die Straßenlaterne flackerte, warf unruhige Schatten über den schwarzen BMW, der wie ein Fremdkörper in der trostlosen Umgebung wirkte. Steffi stand einen Moment lang still, ihre Sneaker knirschten auf dem Kies, als sie das Auto betrachtete. Es war teuer, das sah sie sofort – glänzend, makellos, mit Felgen, die im schwachen Licht schimmerten. Es gehörte nicht hierher, nicht in den Brennpunkt, wo rostige Kleinwagen und zerbeulte Transporter die Norm waren. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen, und ihre Hände, die in den Taschen ihrer Jeansjacke vergraben waren, zitterten so stark, dass sie sie zu Fäusten ballte, um es zu verbergen.
Die Beifahrertür öffnete sich mit einem leisen Klicken, bevor sie überhaupt die Hand heben konnte, um zu klopfen. Ein Mann stieg aus, groß, vielleicht Anfang fünfzig, mit grauem Haar, das ordentlich nach hinten gekämmt war. Er trug einen dunklen Anzug, der nach Geld roch, und eine Uhr, die mehr kostete, als Steffi in einem Jahr sehen würde. Sein Gesicht war glatt rasiert, die Augenbrauen buschig, aber sein Blick war distanziert, als würde er sie taxieren, ohne wirklich zu sehen. „Du bist Steffi?“, fragte er, seine Stimme ruhig, fast höflich, aber mit einer Kälte, die sie frösteln ließ.
„Ja“, brachte sie heraus, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Sie räusperte sich, richtete sich auf, versuchte, größer zu wirken, als sie sich fühlte. „Das bin ich.“
Er nickte, als hätte er nichts anderes erwartet, und deutete auf die offene Tür. „Steig ein.“ Es war keine Bitte, aber auch kein Befehl – nur eine Feststellung, als wäre alles schon entschieden. Steffi zögerte, ihr Blick wanderte zurück zum Hochhaus, dessen Silhouette sich gegen den orangefarbenen Himmel abzeichnete. Sie konnte immer noch gehen. Sie konnte die Tür ignorieren, zurücklaufen, die Karte wegwerfen, so tun, als wäre dieser Moment nie passiert. Aber dann dachte sie an den Kühlschrank, an die rote Schrift auf dem Mietzettel, an Mias Worte über einfaches Geld. Ihre Füße bewegten sich, bevor ihr Kopf eine Entscheidung traf.
Das Innere des Autos roch nach Leder und einem teuren Aftershave, das Steffi an die Parfümabteilung in einem Kaufhaus erinnerte, in dem sie einmal mit Lisa herumgelungert hatte. Die Sitze waren weich, viel weicher als das durchgesessene Sofa in ihrer Wohnung, und die Armaturen glänzten, als wären sie poliert worden. Der Mann schloss die Fahrertür und drehte sich zu ihr, seine Hände ruhten locker auf dem Lenkrad. „Nervös?“, fragte er, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, das nicht bis zu seinen Augen reichte.
Steffi nickte, bevor sie es verhindern konnte. Sie wollte nicht schwach wirken, nicht wie ein dummes Mädchen aus dem Brennpunkt, aber ihr Körper verriet sie. Ihre Hände zitterten immer noch, und sie presste sie in ihren Schoß, die Nägel gruben sich in ihre Handflächen. „Ein bisschen“, gab sie zu, ihre Stimme leise, aber ehrlich.
„Das ist normal“, sagte er, als würde er über das Wetter reden. „Das erste Mal ist immer so.“ Er lehnte sich zurück, musterte sie erneut, diesmal länger. „Du bist hübsch. Jünger, als ich dachte, aber hübsch.“
Steffi spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Sie wusste nicht, ob es ein Kompliment war oder ob es sie beleidigen sollte. Sie wandte den Blick ab, starrte auf die Windschutzscheibe, wo ein paar Regentropfen von einem früheren Schauer klebten. „Was… was soll ich tun?“, fragte sie, ihre Stimme zitterte, und sie hasste sich dafür.
Er lachte leise, ein Geräusch, das weder freundlich noch unfreundlich war. „Entspann dich. Es ist einfach. Du tust, was ich sage, und ich zahle dich. Kein Drama, keine Fragen.“ Er griff in seine Jackentasche und zog einen Umschlag heraus, weiß, sauber, anders als alles, was Steffi aus dem Brennpunkt kannte. „Zweihundert Euro. Das ist der Deal für heute.“
Steffis Augen weiteten sich, als sie den Umschlag sah. Zweihundert Euro. Das war mehr, als sie in einem Monat für Essen ausgab. Mehr, als ihre Mutter in einer Woche nach Hause brachte. Sie streckte die Hand aus, zögerte, dann nahm sie den Umschlag. Er war schwerer, als sie erwartet hatte, als ob das Geld selbst Gewicht hatte. Sie öffnete ihn nicht, schob ihn stattdessen in ihre Jackentasche, neben ihr Handy und die zerknitterte Karte von Mia. „Okay“, sagte sie, ihre Stimme fester, obwohl ihr Magen sich anfühlte, als würde er sich umdrehen.