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Der Band enthält 900 Fragen zu den in der mündlichen Steuerberaterprüfung relevanten Steuerrechtsgebieten. Fachgebiet um Fachgebiet lässt sich so effektiv erarbeiten - optimal zugeschnitten auf den Prüfungsstoff. Die Themen: - Abgaben- und Finanzgerichtsordnung - Umsatzsteuer - Erbschaft- und Schenkungsteuer - Einkommensteuer - Körperschaftsteuer und Umwandlungssteuerrecht - Gewerbesteuer - Internationales Steuerrecht - Buchführung und BilanzsteuerrechtNeben den "klassischen", erfahrungsgemäß jährlich wiederkehrenden Fragen werden auch aktuelle Themen aufgegriffen.
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Seitenzahl: 613
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Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH, Stuttgart
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
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© 2017 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht [email protected]
Umschlagentwurf: Goldener Westen, BerlinUmschlaggestaltung: Kienle gestaltet, StuttgartSatz: Claudia Wild, Konstanz
Oktober 2016
Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt
„Nach der Prüfung ist vor der Prüfung …“. Sicherlich ist es nicht gerade einfach, nach der harten Arbeit der schriftlichen Prüfung erneut Motivation zu finden und die Vorbereitung auf den mündlichen Teil des Examens anzugehen. Das vorliegende Buch soll helfen, die „zweite Runde“ der Prüfungsvorbereitung erfolgreich einzuläuten.[2]
Mit mehr als 900 Fragen aus den examensrelevanten Bereichen der Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Umsatzsteuer, Erbschaftsteuer und Bewertung, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, dem Umwandlungssteuerrecht, Internationalen Steuerrecht und der Buchführung bzw. dem Bilanzsteuerrecht kann sich der Kandidat/die Kandidatin strukturiert und zeitsparend entweder alleine oder im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften auf die Fragerunde vorbereiten. Das Modernisierungsgesetz vom 18.07.2016 verändert die AO tiefgreifend, teilweise schon mit Wirkung ab 2017 und wird mit Sicherheit Teil einer mündliche Prüfung sein. Die Änderungen sind in die Fragen und Antworten eingearbeitet.
Die genannten Themenbereiche sind nochmals grob untergliedert, wobei besonders hervorzuheben ist, dass jede im Buch enthaltene Frage isoliert – also ohne die Kenntnis der vorherigen oder nachfolgenden Fragen – beantwortet werden kann. Diese Struktur ermöglicht es dem Kandidaten/der Kandidatin, sich den – aus der Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung teilweise sehr prüfungstechnisch und schematisch aufgearbeiteten – Themen in einer anderen, qualifizierten Art anzunehmen. Das Buch verknüpft die „klassischen“ und erfahrungsgemäß in den Fragerunden jährlich immer wiederkehrenden Fragen mit den aktuellen Rechtsentwicklungen.
Wir wünschen allen Prüfungskandidaten und -kandidatinnen, dass sie auch noch die Vorbereitungszeit bis zur mündlichen Prüfung gut durchhalten und dann vor allen Dingen viel Glück und Erfolg für die mündliche Prüfung![3]
Stuttgart, im September 2016 Die Verfasser
Der Mandant muss noch (immer) eine ESt-Erklärung abgeben. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 149 Abs. 1 Sätze 1 und 4 AO i. V. m. dem entsprechenden Einzelsteuergesetz (§ 25 Abs. 3 EStG, § 18 UStG usw.), ggf. aus einer entsprechenden Aufforderung des FA nach § 149 Abs. 1 Satz 2 AO. Die Steuererklärung wird entweder in Papierform oder auf elektronischem Weg abgegeben. Teilweise muss eigenhändig unterschrieben werden (Verantwortungsgedanke). Im Übrigen ermittelt das FA nach dem Untersuchungsgrundsatz gem. § 88 AO (vgl. ModG) und setzt die Steuer gem. § 155 Abs. 4 AO nach ModG weitgehend automationsgestützt fest.
Wahrscheinlich wird das FA auch einen Verspätungszuschlag nach § 152 AO[7] festsetzen. Die Erklärungspflicht gehört noch immer zu den hauptsächlichen Mitwirkungspflichten des Stpfl. Zunehmend werden Daten durch Dritte übermittelt, vgl. § 93c AO. Sofern der Stpfl. nicht widerspricht, gelten diese gem. § 150 Abs. 7 Satz 2 AO als dessen Angaben (ModG).
Außerdem ist zu prüfen, ob für den Mandanten Rechtsbehelf gegen den Schätzungsbescheid eingelegt werden sollte. Das FA ist nämlich berechtigt, bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 AO einen angemessenen Zuschlag vorzunehmen. Mit dem Einspruch könnte erreicht werden, dass der Mandant nur die zutreffende Steuer zahlen muss.
Ist die Einspruchsfrist allerdings bereits verstrichen, könnte nur noch korrekturrechtlich vorgegangen werden.
Der Verspätungszuschlag ahndet eine verspätete Abgabe der Steuererklärung und stellt eine Ermessensentscheidung gem. § 5 AO dar (Gegensatz: gebundene Entscheidungen, insbesondere Steuerfestsetzung). Die Abgabefrist ergibt sich aus § 149 Abs. 2 AO mit dem 31.05. des Folgejahres und nach dem ModG ab der Steuer 2018 auf den 31.07. des Folgejahres. Für beratene Stpfl. wird die Frist verlängert bis 28./29.02. des übernächsten Jahres. Dies gilt allerdings nicht für die eigene Erklärung des Beraters.
Der Verspätungszuschlag wird durch das ModG neu und detailliert geregelt für Steuererklärungen ab 2019. Beim Säumniszuschlag geht es dagegen um eine Verzögerung bei der Bezahlung. Er entsteht gem. § 240 AO[8] allein schon dadurch (kraft Gesetzes), dass der Stpfl. bei Fälligkeit nicht zahlt. Ein Säumniszuschlag wird also nicht erst durch VA festgesetzt. Bei Steueranmeldungen ist zu beachten: Zwar gibt es hierfür eine Abgabe- und Fälligkeitsfrist, doch entsteht nach § 240 Abs. 1 Satz 3 AO kein Säumniszuschlag, bevor die Anmeldung nicht beim FA eingeht und dann gem. § 168 AO als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gilt. Ein Säumniszuschlag bezieht sich auf „Steuern“, fällt also gem. § 240 Abs. 2 AO ausdrücklich nicht bei steuerlichen Nebenleistungen gem. § 3 Abs. 4 AO an, z. B. nicht in Bezug auf einen verspätet gezahlten Verspätungszuschlag. Ist der Stpfl. zahlungsunfähig, wird ein Säumniszuschlag ggf. nach § 227 AO erlassen.
Mit der Androhung bzw. Festsetzung eines Zwangsgeldes gem. §§ 328, 332, 333 AO soll durchgesetzt werden, dass der Stpfl. seiner Mitwirkungspflicht nachkommt.
Das Verzögerungsgeld ist in § 146 Abs. 2b AO geregelt. Es wird vom FA nach Ermessen festgesetzt, wenn der Stpfl. bestimmte Mitwirkungspflichten verletzt, die mit der elektronischen Buchführung oder der Außenprüfung zusammenhängen, insbesondere wenn der Stpfl. die geforderten Unterlagen nicht vorlegt. Im Umkehrschluss zu § 332 Abs. 3 AO kann ein Verzögerungsgeld nicht mehrfach festgesetzt werden.
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags, Zwangsgelds oder Verzögerungsgelds stellt einen VA i. S. v. § 118 AO dar und kann demgemäß nach §§ 347ff. AO[9] durch Einspruch angegriffen werden.
Legt der Stpfl. innerhalb einer bestimmten Frist keinen Rechtsbehelf ein, wird ein VA bestandskräftig. Er bindet also Verwaltung und Adressaten gleichermaßen und bleibt „bestehen“, selbst wenn sich später ein Fehler zeigt (formelle Bestandskraft). Rechtsfrieden tritt ein. Nur unter engen Voraussetzungen sind anschließend noch Abweichungen zulässig: Es muss dann ausnahmsweise der Tatbestand einer Änderungsvorschrift erfüllt sein. Wird aber fristgerecht ein Rechtsbehelf eingelegt, tritt gerade keine Bestandskraft ein. Die angegriffene Entscheidung wird nochmals überprüft und ggf. an die zutreffende Rechtslage angepasst.
Außerdem kann (nur) zusammen mit einem Einspruch Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO beantragt werden. Wird ein solcher Antrag abgelehnt, kann hiergegen entweder Einspruch eingelegt oder gem. § 361 Abs. 5 AO i. V. m. § 69 Abs. 4 FGO der Antrag beim FG gestellt werden; eine Klage entfällt bei verweigerter Aussetzung. Voraussetzung einer Aussetzung sind ernsthafte Zweifel. Von einer unbilligen Härte ist regelmäßig nicht auszugehen.
Fehler passieren häufig schon in der Sphäre des Stpfl.: Die Steuererklärung enthält falsche oder unvollständige Angaben. Auch das FA kann einen Fehler begehen, indem es die Steuererklärung falsch umsetzt. Zuletzt kann sich aus der Rechtsprechung ergeben, dass ein Sachverhalt falsch gewertet wurde.[10]
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit eines VA allein durch die materiell-rechtliche Rechtslage geprägt wird. Es ist also letztlich unerheblich, ob der Stpfl., dessen Berater/in oder der Beamte beim FA den Fehler verursachte oder der Fehler auf einer Änderung der Rechtsprechung beruht.
Gegen einen rechtswidrigen VA ist im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren regelmäßig Einspruch nach §§ 347ff. AO einzulegen. Er dient der Selbstkontrolle der Verwaltung und ist regelmäßig (nach § 44 FGO) Sachurteilsvoraussetzung für eine Klage (Filterfunktion). Einspruch (außergerichtlicher) und gerichtlicher Rechtsbehelf setzen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG um. Gem. § 367 Abs. 2 AO kommt es zu einer Gesamtaufrollung.
Gegen eine Einspruchsentscheidung kann anschließend nach §§ 33ff. FGO vor den Finanzgerichten geklagt werden. Das FG Baden-Württemberg hat seinen Sitz in Stuttgart und hat eine Außenstelle in Freiburg.
Zusätzlich kann auch ein nichtförmlicher Rechtsbehelf eingelegt werden: Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde bzw. Gegenvorstellung.
Ja. Regelmäßig wird ein VA gem. § 124 Abs. 1 AO mit seiner Bekanntgabe wirksam, auch wenn er rechtswidrig ist. Er wird mit „seinem Inhalt“ wirksam, also mit seinen Fehlern. Um die Zahlungspflicht zu vermeiden, muss Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO[11] beantragt werden. Nur wenn der VA grobe formelle oder materielle Fehler i. S. d. § 125 AO enthält, ist er nichtig, bleibt also nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam. Erging z. B. ein Bescheid gegen einen bereits verstorbenen Stpfl., ist er nichtig. Der Gesamtrechtsnachfolger gem. § 45 AO muss keinen Einspruch einlegen.
§ 124 AO lässt sich als Zugeständnis an das Massenverfahren begreifen. Für einen Interessenausgleich sorgt aber ein leicht handhabbares Rechtsbehelfsverfahren, das in §§ 347ff. AO geregelt ist. Der Bürger kann in diesem Verfahren relativ einfach seine Interessen wahrnehmen. Der Staatshaushalt verlangt, dass Steuern zügig eingehen.
In der AO ist einheitlich der Einspruch als Rechtsbehelf gegeben. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Einspruchs ergeben sich aus §§ 347ff. AO. Streitgegenstand muss immer ein VA i. S. v. § 118 AO sein. Entscheidend ist v. a. die Einspruchsfrist. Sie beträgt gem. § 355 Abs. 1 AO regelmäßig einen Monat. Fehlt ausnahmsweise eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, verlängert sich die Frist nach § 356 Abs. 2 AO auf ein Jahr. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des fraglichen VA. Auszugehen ist vom Datum des Bescheids, es entspricht der Postaufgabe, dem Abwurf beim FA. Der VA gilt gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO[12] drei Tage später als bekanntgegeben. Stellt das FA den Bescheid ausnahmsweise förmlich nach dem Verwaltungszustellungsgesetz zu, löst das Zustellungsereignis, im Normalfall also die Übergabe des Schriftstücks, die Rechtsbehelfsfrist aus. Das ModG erlaubt gem. § 122a AO eine Bekanntgabe dadurch, dass der VA zum Datenabruf bereitgestellt wird. Er gilt ebenfalls drei Tage nach der entsprechenden Benachrichtigung als bekannt.
Die Einspruchsfrist endet jeweils einen Monat nach der Bekanntgabe, wobei an das Datum des gleichen Tags angeknüpft wird. Dies ergibt sich aus § 108 Abs. 1 AO i. V. m. §§ 187, 188 BGB. Spätestens an diesem Tag muss der Einspruch beim zuständigen FA vorliegen. Der Einspruch wird – zeitsparend – am besten durch Fax oder E-Mail eingelegt. Beides wahrt die Schriftform des § 357 Abs. 1 AO.
Mit einem Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO kann der Stpfl. dafür sorgen, dass ein liegen gebliebener Antrag bearbeitet wird. Eine Einspruchsfrist besteht nicht.
Eine Ausnahme besteht bei Realsteuern gem. § 1 Abs. 2 AO (Grundsteuer, Gewerbesteuer): Für sie gelten §§ 347ff. AO nicht. Gegen sie kann Widerspruch bei der Gemeinde eingelegt werden.
Betroffener und Verwaltung sollen innerhalb bestimmter Fristen absehen können, ob eine getroffene Regelung bestehen bleiben oder angegriffen bzw. nochmals überprüft werden soll. Dies dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit. Verstreicht die Einspruchsfrist, wird der VA formell bestandskräftig und regelmäßig auch materiell bestandskräftig, wenn er nicht mehr nach den Korrekturvorschriften geändert werden kann. Bei Bescheiden, die unter Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig ergehen, spricht man von beschränkter materieller Bestandskraft.[13]
Die Einspruchsfrist gehört zu den sog. Ereignisfristen. Die Frist beginnt erst mit Ablauf des maßgeblichen Ereignistages (Bekanntgabe). Bei sog. Beginnfristen ist dagegen schon der erste Tag relevant, z. B. Stundung ab dem 11.12.2016.
Dann ist zu prüfen, ob die Einspruchsfrist evtl. erst später endete. Das könnte mit § 108 Abs. 3 AO zusammenhängen. Sowohl bei der Drei-Tages-Frist aus § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO als auch bei der Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO verschiebt sich die Frist, wenn deren Ende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. V.a. im Zusammenhang mit Feiertagen an Weihnachten und Ostern kann es daher durchaus zu einer doppelten Verschiebung nach § 108 Abs. 3 AO kommen. Abgesehen davon ist aber auch schon eine Fristsäumnis von wenigen Minuten schädlich.
Ja. Erhielt der Mandant den VA später als am 3. Tag (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO[14]), beginnt erst dann die Einspruchsfrist. Bekam er den VA im umgekehrten Fall schon früher, bleibt es bei der fiktiven Frist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO.
Nein. Eine Verschiebung nach § 108 Abs. 3 AO findet nicht statt. Schließlich richtet sich die Bekanntgabe dann nicht nach einer Frist, nicht nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, sondern nach dem tatsächlichen Ereignis der Bekanntgabe. Der Bescheid wirkt also z. B. ab Sonntag und löst die Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO aus.
Verzögerungen können im Postamt beim Sortieren passieren, etwa bei ungenauer Anschrift, v. a. aber, wenn der Briefträger das Schreiben einer anderen Person aushändigt, etwa der Nachbarin usw. Der Bescheid wird dann erst wirksam, wenn er später dem Adressaten übergeben wird.
Die Bekanntgabe gem. § 124 Abs. 1 AO erfolgt wirksam, wenn der Bescheid so in den Machtbereich des Adressaten gelangt, dass dieser unter normalen Umständen Kenntnis erhalten kann. Hat er also seine Wohnung beibehalten, wird der VA mit seinem Einwurf in den Hausbriefkasten wirksam. So ist es regelmäßig unter den gefragten Umständen.[15]
In solchen Fällen kommt eine Wiedereinsetzung in die Rechtsbehelfsfrist nach § 110 AO (bzw. § 56 FGO) in Betracht. Maßgeblich ist, ob den Stpfl. ein Verschulden daran trifft, dass er die Frist versäumte. Dies ist zu verneinen, wenn er unerwartet schwer erkrankt, aber auch, wenn er an der rechtzeitigen Rückkehr aus dem Urlaub verhindert ist, also bei Fluglotsenstreik, Vulkanausbruch o. Ä. Er muss dann freilich fristgerecht die versäumte Handlung nachholen, sobald das Hindernis entfällt. Allgemeine Lebensumstände, Arbeitsüberlastung o. Ä. entschuldigen den Stpfl. dagegen nicht.
Für die Antragsfrist ist ein Unterschied zu beachten: Für das Einspruchsverfahren gilt nach § 110 Abs. 2 AO eine Monatsfrist, für die Klagefrist dagegen gem. § 56 FGO eine Zwei-Wochen-Frist nach Wegfall des Hindernisses.
In diesem Fall ist die Bekanntgabe zu bestreiten. Ein bestimmter Vortrag ist dafür nicht erforderlich. Schließlich wird der Mandant zur Fehlerursache auch nichts beitragen können. Kann das FA den Zugang des VA nicht beweisen, bleibt der erste Bekanntgabeversuch folgenlos und das FA muss den VA nochmals bekannt geben. Er könnte dann selbstverständlich auch anders ausfallen.[16]
Lag dem FA eine Bekanntgabevollmacht vor, muss es einen VA i. R. d. Ermessens nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO regelmäßig an den Berater schicken (vgl. AEAO zu § 122 Nr. 1.7.3 und § 122 Abs. 1 Satz 4AO gem. ModG). Wählt das FA dagegen den Stpfl. selbst als Bekanntgabeadressaten, liegt ein Bekanntgabefehler vor. Der Bescheid wird zunächst nicht nach § 124 Abs. 1 AO wirksam, sondern erst dann, wenn der Stpfl. den Bescheid seinem Berater übergibt. Erst ab diesem Datum läuft die Rechtsbehelfsfrist.
Ein Steuerberater/eine Beraterin ist nach § 80 Abs. 1 AO berechtigt, für den Mandanten Einspruch zu erheben. Wurde nun der VA ordnungsgemäß bekannt gegeben, kann es passieren, dass die Rechtsbehelfsfrist im Beraterbüro versäumt wird. Dieses Versäumnis wird regelmäßig dem Mandanten gem. § 110 Abs. 1 Satz 2 AO zugerechnet. Im Einzelnen ist freilich zwischen Büroverschulden und Büroversehen zu unterscheiden: Hat der Berater persönlich den Fehler verschuldet, scheitert eine Wiedereinsetzung zugunsten des Mandanten. Dasselbe gilt, wenn ein Büroorganisationsfehler vorliegt: Ein solcher Fehler liegt vor, wenn das mit der Berechnung oder Überwachung der Frist betraute Personal schlecht ausgewählt und/oder nicht ordnungsgemäß überwacht, fortgebildet wurde usw. oder wenn kein Fristenbuch o. Ä. geführt wird. Insgesamt stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen an einen solchen Vortrag der Beratung. Im Rahmen ordnungsgemäßer Büroorganisation darf ein Berater aber grds. darauf vertrauen, dass das zuverlässige Personal die Frist zutreffend berechnet, notiert, die Fristsache rechtzeitig vorlegt und das erledigende Schreiben fristgerecht absendet. In diesen Fällen erhält der Mandant also Wiedereinsetzung.[17]
Der Einspruch ist gem. § 357 Abs. 2 Satz 1 AO grds. bei dem FA einzulegen, das den umstrittenen VA erließ. Ausnahmsweise ist zusätzlich noch ein anderes FA zuständig: V.a. wenn sich der Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid gem. § 179 Abs. 1 AO richtet, kann der Einspruch der Einfachheit halber auch beim Folge-FA, also insbesondere beim ESt-FA, fristwahrend eingelegt werden. Auf den Zeitpunkt der Weiterleitung an das zur Entscheidung berufene FA kommt es dann nicht mehr an.
Ein Stpfl., der den Einspruch tatsächlich bei einem nicht zuständigen FA einlegt, darf nach § 357 Abs. 2 Satz 4 AO darauf vertrauen, dass der Irrläufer im ordnungsgemäßen Geschäftsgang weitergeleitet wird. Ging der Irrläufer schon mindestens fünf Arbeitstage vor Ablauf der Einspruchsfrist beim falschen FA ein und erreicht er erst nach Fristablauf das zuständige FA, wird nach § 110 AO[18] wiedereingesetzt (AEAO zu § 357 Nr. 2).
Ja. Er ergibt sich aus § 126 Abs. 3 AO, wenn ein Stpfl. deshalb nicht an einen Einspruch denkt, weil ihn das FA zuvor nicht durch eine Anhörung oder Begründung auf die ihn belastenden Folgen hinwies.
Auch ein Anruf beim FA kann zu einer Verbesserung der Rechtslage für den Mandanten führen. Allerdings liegt dann kein zulässiger Einspruch vor, ein Einspruch muss nämlich gem. § 357 Abs. 1 AO schriftlich erhoben werden. Die Schriftform setzt zwar keinen bestimmten Inhalt voraus, maßgeblich ist nur, dass sich aus einer Auslegung ergibt, dass der Betroffene eine Überprüfung des VA wünscht. Auch eine Unterschrift oder eine elektronische Signatur nach § 87a AO ist gem. § 357 Abs. 1 Satz 2 AO nicht erforderlich. Es muss aber ein Schriftstück vorliegen, zumindest in Form eines Fax oder einer E-Mail. Das Telefongespräch erfüllt diese Anforderung nicht. Stattdessen kann ein Anruf einen Antrag auf schlichte Änderung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO darstellen. Dieser Antrag ist formfrei, muss aber einen Mindestinhalt erfüllen. Ein „Antrag“ liegt nämlich nur vor, wenn ein konkreter Sachverhalt vorgetragen wird. Dabei muss ebenfalls die Monatsfrist aus § 355 Abs. 1 AO beachtet werden.
Ein Einspruch führt gem. § 367 Abs. 2 Satz 1 AO zu einer umfassenden Gesamtaufrollung. Es kommt also nicht darauf an, ob und welche Einwendungen der Stpfl. oder sein Berater vortragen. Einwendungen können während des Einspruchsverfahrens ausgewechselt oder ergänzt werden. Der angegriffene VA wird insgesamt nicht bestandskräftig, der Rechtsschutz besteht vollumfänglich. Bei einem schlichten Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO wird dagegen nur – punktuell – über den fristgerecht geltend gemachten Sachverhalt entschieden. Alle anderen Besteuerungsgrundlagen werden bestandskräftig. Nach Fristablauf kann der Stpfl. also keine anderen Einwendungen mehr vortragen. Würde der Mandant im Anschluss an einen Schätzungsbescheid innerhalb der Einspruchsfrist beim FA anrufen und die Vorlage seiner Steuererklärung ankündigen, würde es an einem konkreten Antrag fehlen, der Änderungsantrag bliebe unwirksam.
Ja. Beides ändert nichts daran, dass die Rechtsfolge – jedenfalls zunächst – zu beachten ist. Zwar führt ein Einspruch zu einer Gesamtüberprüfung gem. § 367 Abs. 2 Satz 1 AO. Der Adressat muss dennoch gem. § 361 Abs. 1 AO die Rechtsfolge beachten, bei Steuerfestsetzungen also das Leistungsgebot, die Rechtsfolge wird nicht suspendiert. Zusammen mit einem Einspruch (bzw. einer Anfechtungsklage) kann der Stpfl. aber Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 Abs. 2 AO[20] beantragen. Dies gelingt im Rahmen eines Änderungsantrags nicht – hier wird ein VA nicht „angegriffen“.
Wegen des Prinzips der Gesamtaufrollung nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO kann eine Überprüfung des angegriffenen VA im Rahmen eines zulässigen Einspruchs auch ergeben, dass die Rechtsfolgen zum Nachteil des Bürgers geändert, v. a. also die festgesetzten Steuern erhöht werden müssten. Dies muss das FA allerdings gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO zuvor ankündigen. Der Stpfl. kann dann abwägen, ob er den Einspruch lieber nach § 362 AO zurücknimmt. Allerdings verliert der Mandant dann auch seine anderen rechtsbehelfsrechtlichen Einwendungen.
Das FA kann eine Änderung jedenfalls nicht mehr i. R. d. Einspruchsverfahrens gem. §§ 347ff. AO vornehmen. Wie sonst auch, ist das FA nach der Rücknahme eines Einspruchs nur noch unter den Voraussetzungen des Korrekturrechts zu einer Änderung berechtigt.
Dies ist abhängig vom Einzelfall. Erfüllt der Verböserungsgrund zugleich die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift, wird das FA die Änderung gem. § 132 AO unabhängig von der Rücknahme des Einspruchs ohnehin vornehmen. Die Rücknahme des Einspruchs verspricht dann keine Vorteile. Im Gegenteil: Die sonstigen vorteiligen Einwendungen des Stpfl. ließen sich evtl. nicht mehr vollumfänglich, sondern nur noch i. R. v. § 177 AO[21] weiterverfolgen.
Die Rücknahme nach § 362 AO betrifft tatsächlich nur den konkreten Einspruch. Falls also die ursprüngliche Einspruchsfrist gem. § 355 AO noch läuft, kann nochmals Einspruch eingelegt werden, dies wird aber in der Praxis selten vorkommen.
Hier erübrigt sich der Verböserungshinweis regelmäßig. Der Betroffene kann die Änderung ohnehin durch Rücknahme seines Einspruchs nicht verhindern. Eine Besonderheit besteht allerdings im Zusammenhang mit der Festsetzungsverjährung. Wäre eine Korrektur nämlich wegen des Eintritts der regulären Festsetzungsfrist nach §§ 169ff. AO nicht mehr zulässig, sondern nur noch wegen einer mit dem Einspruch nach § 171 Abs. 3a AO verbundenen Ablaufhemmung, muss das FA doch einen Verböserungshinweis erteilen. Sobald der Stpfl. dann nämlich seinen Einspruch zurücknimmt, endet auch die Ablaufhemmung und das Recht des FA zu einer Änderung.
Die Entscheidung fällt abhängig vom Ausgang der Überprüfung der angegriffenen Regelung. Treffen die Einwendungen des Stpfl. insgesamt zu, wird der VA an die zutreffende Rechtslage angepasst, v. a. also eine rechtswidrige Steuerfestsetzung geändert. Dies geschieht regelmäßig in Form einer schlichten Änderung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO[22], also durch schlichten Voll- oder – wenn der Einspruch nur teilweise begründet ist – durch Teilabhilfebescheid. Andernfalls weist das FA den Einspruch ab. Hängt der Ausgang von einem Musterverfahren ab, kann das FA den Einspruch auch dadurch erledigen, dass der angegriffene Steuerbescheid nun insoweit gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig gestellt wird. Insoweit besteht ein Unterschied: Stützt der Stpfl. seinen Einspruch auf eine angenommene Verfassungswidrigkeit, die bereits zu einer ursprünglich angeordneten Vorläufigkeit im angegriffenen VA führte, ist ein Einspruch mangels Beschwer/Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (vgl. AEAO zu § 350 Nr. 6 Abs. 3) und wird verworfen.
Vor der Entscheidung über den Einspruch kann das FA eine Erörterung nach § 364a AO anordnen. Es kann auch eine sog. Präklusionsfrist (Ausschlussfrist) nach § 364b AO setzen, wenn der Stpfl. seine Einwendungen nicht konkret benennt: Nach Ablauf der Frist wird dann ein verspäteter Vortrag nicht mehr zugunsten des Stpfl. berücksichtigt.
Ja. Ein Einspruch kann immer durch Einspruchsentscheidung abgeschlossen werden. Gibt das FA dem Einspruch statt, darf es aber gem. § 367 Abs. 2 Satz 3 AO von einer aufwändigen Einspruchsentscheidung absehen. Der Stpfl. hat umgekehrt kein Interesse an einer komplexen Entscheidung. Ihm ist mit einer schnellen Abhilfe besser gedient. Ein Unterschied zwischen den Erledigungsformen besteht aber durchaus: Im Anschluss an eine Abhilfe gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO[23] ist wiederum Einspruch nach § 347 AO statthaft. Dies schließt § 348 Nr. 1 AO aber aus, wenn eine Einspruchsentscheidung erging.
Bestätigt sich die angegriffene Entscheidung im Einspruchsverfahren, weist das FA den Einspruch als unbegründet ab. Sind die Einwendungen des Stpfl. teilweise zutreffend, hilft das FA insoweit ab und weist den Einspruch im Übrigen ab, wenn der Stpfl. seinen Einspruch nicht insoweit zuvor nach § 362 AO zurücknimmt. Stattdessen könnte das FA auch insgesamt eine Einspruchsentscheidung erlassen, in der es teilweise stattgibt und im Übrigen abweist.
Hier kann das FA eine Teileinspruchsentscheidung nach § 367 Abs. 2a AO erlassen. Dies setzt voraus, dass der Einspruch insoweit spruchreif ist. Zusammen mit der Teilabweisung legt das FA gem. § 367 Abs. 2a Satz 2 AO auch verbindlich fest, mit welchem Inhalt der Einspruch weiterläuft. Gegen beide Entscheidungen kann der Betroffene dann nur Klage erheben. Das weiterlaufende Einspruchsverfahren muss das FA noch abschließen.[24]
Nein. Ausnahmsweise erledigt ein Ministerium gem. § 367 Abs. 2b AO Einspruchsverfahren durch Allgemeinverfügung, die dann im BStBl I und im Internet bekannt gegeben wird. Dies geschieht aus verwaltungsökonomischen Gründen. Betroffen sind Masseneinsprüche, die in Bezug auf anhängige Musterverfahren vor bestimmten „obersten“ Gerichten eingelegt wurden.
Eine Besonderheit besteht dann, wenn der geänderte Bescheid bereits bestandskräftig war. D. h. der Stpfl. hatte gegen den ursprünglichen Bescheid keinen Einspruch eingelegt, so dass die Rechtslage durch die bestandskräftige Entscheidung geprägt wird. Der Betroffene kann nun durch Einspruch gegen den Steueränderungsbescheid gem. § 351 Abs. 1 1. Alt. AO nicht mehr erreichen, dass die Steuer unter die bestandskräftig gewordene Höhe herabgesetzt wird. Sonst würde nachträglich die Bestandskraft bzw. ursprüngliche Einspruchsfrist entwertet.
Dies gilt unter den Voraussetzungen der 2. Alt. des § 351 Abs. 1 AO. Der Mandant trägt dabei mit seinem Einspruch Einwendungen gegen einen Änderungsbescheid vor, die zugleich die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllen. Jetzt wird die Steuer zutreffend festgesetzt, selbst wenn dabei die Steuer weniger beträgt, als ursprünglich bestandskräftig wurde. Das liegt daran, dass korrekturrechtlich veranlasste Änderungen immer, also unabhängig vom Rechtsbehelf, umgesetzt werden.[25]
Auch wenn ein VA mit seiner Bekanntgabe wirksam und – mangels Einspruch – zudem formell bestandskräftig wurde, führen vorrangige Gründe ausnahmsweise zu Änderungen. Sie können zum Vorteil oder zum Nachteil des Stpfl. gereichen. In solchen Fällen besteht kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass es beim ursprünglichen Bescheid bleibt. Kurz gesagt: Lässt der Gesetzgeber ausnahmsweise Änderungen zu, sind die Prinzipien von Steuergerechtigkeit, -gesetzmäßigkeit und -gleichheit gem. § 85 AO wichtiger als die Grundsätze von Bestandskraft und Rechtsfrieden.
Zunächst ist danach zu unterscheiden, ob eine Steuerfestsetzung i. S. v. § 155 AO betroffen ist: hier gelten §§ 172ff. AO, dasselbe gilt für sog. gleichgestellte VA. Bei sonstigen VA sind §§ 130 und 131 AO anzuwenden. Für jede Art von VA gilt zudem § 129 AO. Zuletzt enthalten auch die Einzelsteuergesetze gelegentlich spezielle Änderungsvorschriften.
Innerhalb der Steuerfestsetzungen ist sodann zu unterscheiden, ob die Steuer endgültig festgesetzt wurde oder mit einer Nebenbestimmung, die dann evtl. vereinfacht Änderungen zulässt: Betroffen sind u. a. Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO[26]) und Vorläufigkeit (§ 165 AO).
Sonstige VA i. S. v. §§ 130, 131 AO sind insbesondere Haftungsbescheide gem. § 191 AO, aber z. B. auch eine Stundung: Wird der Stpfl. unverhofft wieder liquide (Erbschaft o. Ä.) kann das FA die Stundung nach § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO widerrufen, wenn diese – wie üblich – unter Widerrufsvorbehalt gem. § 120 Abs. 2 Nr. 3 AO gewährt wurde.
Mit ihnen wird zwar keine Steuer festgesetzt. Das Gesetz enthält aber eine Gleichstellungsklausel. Zu denken ist v. a. an § 181 Abs. 1 Satz 1 AO für Feststellungsbescheide: Bei zweistufiger Veranlagung werden in korrekturrechtlicher (und festsetzungsverjährungsrechtlicher) Hinsicht §§ 172ff. AO also auch schon auf der ersten Stufe angewendet, bei der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Gleichgestellt ist aber etwa auch ein Zinsbescheid gem. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO vgl. § 239 Abs. 4 AO (ModG).
Wurde die Steuer endgültig festgesetzt, gelten nur §§ 129, 172ff. AO. Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung können zusätzlich nach § 164 Abs. 2 AO, vorläufige Steuerfestsetzungen nach § 165 Abs. 2 AO geändert werden. In solchen Fällen sind dann häufig mehrere Korrekturvorschriften nebeneinander anwendbar. Nachträglich erkannte Betriebseinnahmen oder eine nachgereichte Steuererklärung nach Erlass eines Schätzungsbescheids könnten dann nach § 164 Abs. 2 AO[27] und ggf. daneben auch nach § 173 Abs. 1 AO berücksichtigt werden. Die Bescheide werden zwar nach Ablauf der Einspruchsfrist formell bestandskräftig, sind aber nur eingeschränkt materiell bestandskräftig.
Beide Teilregelungen gehören zu den Nebenbestimmungen i. S. v. § 120 Abs. 1 AO. Außerdem kennzeichnen sie besondere Arten von Steuerfestsetzungen und sind daher im Zusammenhang mit § 155ff. AO geregelt. Zum anderen kann man sie als Teil des Änderungsrechts systematisieren.
Ein Unterschied besteht in der Reichweite der Nebenbestimmung. Während ein VdN immer den gesamten VA umfasst, bezieht sich eine Vorläufigkeit in der Praxis regelmäßig nur auf einen bestimmten Teil eines VA. Die Vorläufigkeit wirkt regelmäßig also nur punktuell, während der VA im Übrigen bestandskräftig wird und insoweit erschwert nur unter den engen Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift geändert werden kann.
Daraus folgt dann ein weiterer Unterschied. Das FA muss gem. § 165 Abs. 1 Satz 3 AO ausdrücklich Grund und Umfang der Vorläufigkeit bestimmen, andernfalls wirkt diese nicht. Solche Angaben sind beim VdN überflüssig, wirkt dieser doch vollumfänglich.
Ein weiterer Unterschied besteht hinsichtlich der Festsetzungsverjährung: Während der VdN gem. § 164 Abs. 4 AO „normal“ verjährt, verbindet § 171 Abs. 8 AO die Vorläufigkeit mit einer Ablaufhemmung. Dies ist übrigens der Grund, weshalb der Gesetzgeber gem. § 165 Abs. 3 AO[28] eine Verknüpfung von VdN und Vorläufigkeit vorsieht – ansonsten wäre ja eine Vorläufigkeit überflüssig, da schon ein VdN eine umfassende Korrektur zulässt.
Ja. Ein Vorbehalt der Nachprüfung besteht entweder kraft behördlicher Anordnung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO oder kraft Gesetzes: Dies gilt in der Praxis gem. § 168 AO v. a. als Folge von Steueranmeldungen. Das Besondere einer Steueranmeldung besteht gem. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO darin, dass der Stpfl. nicht nur Besteuerungsgrundlagen erklärt, sondern außerdem noch die Steuer selbst berechnet. Er schuldet also die selbst berechnete Steuer. Über das mit einer Steuererklärung verbundene Vertrauensprinzip (AEAO zu § 88 Nr. 2 Satz 3) hinaus gewährleistet der nach § 168 AO bestehende gesetzliche VdN, dass das FA die Anmeldung jederzeit und einfach nach § 164 Abs. 2 AO ändern kann. Ein gesetzlicher VdN besteht gem. § 164 Abs. 1 Satz 2 AO auch in Bezug auf Vorauszahlungen, also auf ESt- bzw. KSt-Vorauszahlungen, aber auch für USt-Voranmeldungen. Zuletzt ist ein gesetzlicher VdN auch mit einem Anerkenntnis gem. § 167 Abs. 1 Satz 3 AO verknüpft.
Hier gibt es keine wesentliche Einschränkung. § 164 Abs. 1 AO setzt nur voraus, dass eine Steuerfestsetzung betroffen ist oder ein gleichgestellter Bescheid, in der Praxis also gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO[29] eine gesonderte Feststellung nach §§ 179ff. AO. Der Fall darf nur noch nicht abschließend geprüft sein. Das bedeutet, dass noch keine abschließende Außenprüfung i. S. d. §§ 193ff. AO stattgefunden hat. Im Übrigen besteht aber ein weites Ermessen.
Regelmäßig veranlasst die Verwaltung gem. § 164 Abs. 1 Satz 1 AO einen VdN, wenn vorgesehen ist, eine Außenprüfung durchzuführen. Abhängig von Umsatz und Gewinn teilt die Verwaltung dazu die zu veranlagenden Fälle in drei Klassen ein: in Groß-, Mittel- und Kleinbetriebe (Beck’sche Steuererlasse § 193/4). Auch im Zusammenhang mit Schätzungen kommt es gem. AEAO zu § 162 Nr. 4 zu einem VdN. Er ermöglicht es, die geschätzte Steuer gem. § 164 Abs. 2 AO zu ändern und die zutreffende ESt festzusetzen.
Ergibt sich der VdN nicht aus dem Gesetz, sondern aus einer Entscheidung des FA gem. § 164 Abs. 1 Satz 1 AO, wird ein VdN natürlich nur wirksam, wenn er aus dem nach § 124 Abs. 1 AO bekannt gegebenen VA erkennbar ist. Nur ausnahmsweise kann ein in der Ausfertigung des Stpfl. nicht erkennbarer VdN nachträglich noch nach § 129 AO berichtigt werden. Dann muss sich aus den Akten ergeben, dass das FA eigentlich einen VdN anordnen wollte und dies nur mechanisch scheiterte.
Wie sich aus § 164 Abs. 2 Satz 2 AO ergibt, kann auch ein Stpfl. jederzeit und in vollem Umfang eine Änderung zu seinen Gunsten beanspruchen. Die Umsetzung eines solchen Änderungsbedarfs kann die Verwaltung allerdings zurückstellen, etwa bis zur Durchführung einer ohnehin anstehenden Prüfung. Für den Stpfl. relativiert sich hierdurch insbesondere die Bedeutung der Rechtsbehelfsfrist. Möchte er z. B. in Bezug auf eine vorgenommene Besteuerung noch Ausgaben geltend machen oder ist er mit seiner Veranlagung aus anderen Gründen nicht einverstanden, kann er beides innerhalb der Einspruchsfrist vortragen oder – fristunabhängig – durch Änderungsantrag gem. § 164 Abs. 2 AO[30].
Der wichtigste Unterschied besteht in Bezug auf eine mögliche Aussetzung der Vollziehung. § 361 Abs. 2 AO setzt dafür voraus, dass der betreffende VA „angegriffen“ wird, setzt also einen Rechtsbehelf voraus. Ein Antrag nach § 164 Abs. 2 AO lässt eine Aussetzung daher nicht zu. Auch wenn der Mandant eine Rechtsfrage schnell geklärt haben will, ist ein Rechtsbehelf vorzuziehen.
§ 164 Abs. 2 AO lässt eine Änderung aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen zu, zum Vorteil und zum Nachteil des Mandanten, sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt. Beschränkungen ergeben sich zum einen aus der Festsetzungsverjährung gem. §§ 169ff. AO, bei der § 164 Abs. 4 AO zu beachten ist. Zum anderen darf eine Änderung gem. § 176 Abs. 1[31] bzw. Abs. 2 AO nicht zulasten des Stpfl. auf eine Änderung der Rechtsprechung bestimmter „oberster“ Gerichte bzw. einer Verwaltungsvorschrift einer obersten Behörde gestützt werden.
Ein VdN endet nicht automatisch. Erlässt also das FA z. B. einen Änderungsbescheid, ohne hierin auf den VdN einzugehen, besteht dieser weiter. Kam der VdN durch eine Ermessensentscheidung gem. § 164 Abs. 1 AO zustande, wird er nach einer abschließenden Außenprüfung auch wieder nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO aufgehoben. Dies geschieht in der Praxis zusammen mit dem Änderungsbescheid, mit dem die Prüfungsfeststellungen ausgewertet werden. Ergaben sich keine solchen Feststellungen, muss das FA den VdN gem. § 164 Abs. 3 Satz 3 AO ebenfalls aufheben. Gegen die Aufhebung des VdN kann gem. § 164 Abs. 3 Satz 2 AO unbegrenzt, also in vollem Umfang mit sämtlichen Einwendungen, Einspruch eingelegt werden. Ein mit einer Jahresanmeldung nach § 168 AO verbundener VdN erlischt, wenn das FA einen Änderungsbescheid erlässt, ohne ausdrücklich einen VdN nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO anzuordnen. Ändert das FA eine USt-Voranmeldung, bleibt der VdN allerdings bestehen – jetzt aber gem. § 164 Abs. 1 Satz 2 AO. Schließlich endet ein VdN gem. § 164 Abs. 4 AO auch durch Eintritt der Festsetzungsverjährung.
Hier ist i. R. d. Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 AO zwischen Satz 1 und Satz 2 zu unterscheiden. Lassen sich individuelle Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher Hinsicht nicht mit verhältnismäßigen Mitteln aufklären, setzt das FA die Steuer nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO[32] vorläufig fest und ändert diese bei Bedarf, wenn die Ungewissheit beseitigt ist, hierfür gibt § 171 Abs. 8 AO eine besondere Ablaufhemmung vor. In der Praxis ist v. a. die Abgrenzung zur Liebhaberei berührt.
Eine Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO hilft, Masseneinsprüche zu vermeiden: Die Festsetzung wird insoweit für mögliche Änderungen offengehalten in Bezug auf bestimmte übergeordnete Verfahren. In der Praxis sind zumeist Musterverfahren vor dem BFH bzw. BVerfG betroffen. Eine solche Vorläufigkeit wird regelmäßig – ohne Zutun des Stpfl. – rechnergestützt geregelt. Eine Vorläufigkeit kann auch erst nachträglich angeordnet werden, um mit ihr einen Einspruch zu erledigen, insbesondere wenn der Stpfl. seinen Einspruch mit einem Musterverfahren i. S. v. § 165 Abs. 1 Satz 2 AO begründet hat.
Die Änderung wird nach § 165 Abs. 2 AO durchgeführt. Sie betrifft nur den punktuellen Rahmen der Vorläufigkeit, wie ihn das FA nach § 165 Abs. 1 Satz 3 AO festgelegt hatte. Entwickeln sich die Verhältnisse also anders als angenommen, wird die Steuerfestsetzung aller vorläufigen Veranlagungszeiträume geändert. Auch der Mandant kann die Änderung beantragen.
Im Bereich des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO[33] hebt das FA eine Vorläufigkeit immer auf, entweder zusammen mit einem erforderlich gewordenen Änderungsbescheid oder isoliert, wenn sich keine Änderungen ergeben. Bei einer Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO besteht eine Besonderheit: Bestätigt sich die ursprüngliche Festsetzung, hebt das FA die Vorläufigkeit i. d. R. § 165 Abs. 2 Satz 4 AO nur noch auf, wenn dies der Stpfl. beantragt. Damit werden in Massenverfahren einerseits Kosten gespart, andererseits kann es dann passieren, dass sich die Vorläufigkeit wegen eines späteren Musterverfahrens in derselben Rechtsfrage fortsetzt bzw. neu entsteht.
Zu prüfen sind § 129 AO und §§ 172ff. AO. Beginnen wir mit § 129 AO. Schon der Wortlaut „Berichtigung“ zeigt, dass § 129 AO besondere Fehler betrifft. Betroffen sind sog. mechanische Fehler. Schreib- oder Rechenfehler lassen sich regelmäßig leicht erkennen, so dass kein Vertrauen auf den Bestand des VA besteht. Die ähnlichen Fehler müssen dementsprechend vergleichbar mechanisch passiert und außerdem offenbar sein. Fehler sind dann mechanisch, wenn die Rechtsentscheidung – im Kopf – richtig fiel und nur die technische Umsetzung – in der Hand – scheitert. Fehler in der Aufklärung und Untersuchung des Sachverhalts unterliegen also ebenso wenig § 129 AO wie eine falsche Gesetzesanwendung.
Dieses Merkmal stößt in der Beraterpraxis gelegentlich auf Unmut. Entscheidend ist nämlich nicht, was der Adressat dem Bescheid ohne Weiteres entnehmen kann, um sich auf eine spätere Berichtigung einzustellen. Maßgeblich ist, ob ein objektiver Betrachter den Fehler aus den Akten des FA sofort ablesen kann. Enthalten die Akten also z. B. einen Hinweis darauf, dass eine bestimmte, in der Steuererklärung eingetragene Ausgabe nicht berücksichtigt oder dass ein Vorbehalt der Nachprüfung angeordnet werden sollte, kann dies über § 129 AO[34] nachgeholt werden, obwohl der Mandant solche Umstände nicht erkennen, sich hierauf also nicht einstellen konnte. Auch Eingabefehler oder eine fehlende Umsetzung unterjähriger Unterlagen, wie z. B. Anlagen in der Steuererklärung oder eines Grundlagenbescheids, sind mechanische Fehler.
Ja. Der Fehler muss „beim Erlass“ geschehen, also regelmäßig dem FA unterlaufen. Nur wenn der Stpfl. selbst auch für die Festsetzung verantwortlich ist, also i. R. v. Steueranmeldungen gem. §§ 150, 168 AO, kann er eigene Fehler berichtigen. Ansonsten sind mechanische Fehler des Stpfl. nur dann relevant, wenn sie zugleich vom FA übernommen werden. Ab 2017 führen gem. § 173a AO (ModG) auch entsprechende Fehler des Stpfl. ohne Weiteres zu einer Änderung.
Zeigt sich der Fehler noch innerhalb der Einspruchsfrist, kann – abgesehen vom Einspruch – schlichte Änderung beantragt werden: Hier wird nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO[35] ein bestimmter Antrag wegen eines konkreten Sachverhalts gestellt. Der Antrag kann formfrei, also auch mündlich gestellt werden. Ein einfacher Anruf beim FA genügt. Die geänderte Steuerfestsetzung ist „schlicht“, weil das FA keine aufwändige Einspruchsentscheidung schreiben muss, um dem Antrag des Stpfl. abzuhelfen.
Außerhalb der Einspruchsfrist ist der Mandant entweder auf eine Änderung nach §§ 164 Abs. 2 oder 165 Abs. 2 AO angewiesen oder darauf, dass ausnahmsweise die engen Voraussetzungen einer (anderen) Korrekturvorschrift erfüllt sind.
Ist abzusehen, dass nur eine bestimmte Änderung betroffen ist – der Mandant legt noch einen Ausgabenbeleg vor – führt schon ein Antrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO zum Ziel. Der Mandant muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass er – nach Ablauf der ursprünglichen Einspruchsfrist – regelmäßig nicht noch andere Fehler geltend machen kann.
Ein Einspruch hat den Vorteil, dass man sich zunächst nicht auf bestimmte Fehler oder Änderungen festlegen muss. Ein Einspruch führt ja nach § 367 Abs. 2 AO in die Gesamtaufrollung. Außerdem kann zusammen mit dem Einspruch Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO beantragt werden, das geht bei Änderungsanträgen nicht.
Zum einen ergänzt die schlichte Abhilfe das Einspruchsrecht: Gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a am Ende AO erledigt das FA einen Rechtsbehelf durch schlichten Änderungsbescheid, soweit es abhelfen will. Zum anderen erlaubt § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2c AO Änderungen im Zusammenhang v. a. mit einer Steuerhinterziehung gem. § 370 AO. Aus § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2d AO wird die Zweiteilung des Korrekturrechts mit Hinweis auf §§ 130, 131 AO deutlich. § 172 Abs. 1 Satz 2 AO erweitert die Regelung in Bezug auf Einspruchsentscheidungen. Änderungsanträge, die auf Musterverfahren gestützt werden, können nach § 172 Abs. 3 AO durch Allgemeinverfügung erledigt werden.
Die wichtigste Änderungsvorschrift der §§ 172ff. AO ist sicherlich § 173 AO. Sie betrifft Tatsachen, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung noch unbekannt waren, aber steuerrelevant sind. Sie fehlten also insbesondere bei der Steuererklärung. Gemeint sind Lebensumstände des Stpfl., nicht Rechtsfehler oder Gerichtsentscheidungen. Dabei gilt grds. ein Saldierungsverbot, es muss also jede einzelne Tatsache für sich bewertet werden. Führen solche Umstände zu einer Steuererhöhung, ist das FA zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 AO berechtigt. Soll die Steuer dagegen wegen nachträglich bekannt werdenden Tatsachen gekürzt werden, steht einer Änderung oftmals das Verschulden des Stpfl. oder des ihm zuzurechnenden Beraters entgegen. An einem Verschulden fehlt es v. a. dann, wenn Erklärungsformular und Begleitbroschüre nicht ausreichend erkennen ließen, dass es auf solche Angaben ankommt.[37]
Nein. Mit einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wird das Ergebnis hergestellt, wie es auch schon bestanden hätte, wäre die Steuererklärung gem. § 150 Abs. 2 Satz 1 AO von Anfang an vollständig gewesen. Das FA hatte zunächst ja nicht die Chance, die Steuer zutreffend festzusetzen. Anders ist es im Rahmen einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO: Hier hat es der Stpfl. versäumt, eine vollständige Erklärung abzugeben bzw. sein Versäumnis innerhalb der Einspruchsfrist aufzuholen. Wäre § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO verschuldensunabhängig ausgestaltet, würde dies weitgehend die Einspruchsfrist entwerten. Für das grobe Verschulden ist auf die individuell zu erwartende Sorgfalt eines Stpfl. abzustellen, die grob verletzt sein muss. Der Begriff ist in etwa vergleichbar mit Leichtfertigkeit in § 378 AO. Ein typisches „Versehen“ des Stpfl. vergleichbar § 129 AO stellt kein grobes Verschulden dar, führt daher zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Ja. Treffen steuererhöhende Umstände und steuerverringernde Umstände nach dem Schloss-/Schlüsselprinzip zusammen, wäre es ungerecht, würde man „einäugig“ nur die Steuer nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO hochsetzen. Erfährt das FA also von Einnahmen des Mandanten, werden nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO[38] auch die spiegelbildlich entstandenen Ausgaben miterfasst, und zwar der Höhe nach unbeschränkt.
Wird in Veranlagungsfällen die Steuererklärung nicht innerhalb der Einspruchsfrist eingereicht und besteht ein VdN nicht oder nicht mehr, kann nur nach § 173 AO geändert werden: Obwohl eine solche Steuererklärung eine Vielzahl von Einzeltatsachen zusammenführt, wird für die Änderung nur darauf abgestellt, ob die Besteuerungsgrundlagen bzw. die Steuer im Vergleich zur Schätzung erhöht oder ermäßigt werden müsste. Fiel die Schätzung des FA zu niedrig aus, wird sie nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erhöht. Hat das FA aber überschätzt, unterbleibt eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Ähnliches gilt, wenn das FA nachträglich von einer bis dahin unbekannten Einkunftsart erfährt. Der Mandant erklärt z. B. erstmals einen Verlust aus Vermietung nach § 21 EStG.
Dafür, ob die fragliche Tatsache bereits bekannt war, ist auf den berufenen Entscheidungsträger und auf die letzte Sachentscheidung abzustellen. Es kommt dabei auf den zuständigen Sachbearbeiter, evtl. Mitarbeiter, den Sachgebietsleiter, evtl. den Rechtsbehelfskollegen und auch auf den Vorsteher an. Nicht zuzurechnen ist die Kenntnis der OFD oder eines Prüfers. Das bedeutet im Anschluss an einen Änderungsbescheid: War eine Tatsache im Zeitpunkt der anderweitig stattgefundenen Änderung bereits bekannt, kann der Änderungsbescheid später nicht nochmals – nach § 173 AO[39] – geändert werden; nur wenn sich die erste Änderung punktuell auf die Umsetzung eines Grundlagenbescheids gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO beschränkte, ist eine weitere Änderung nach § 173 AO nicht ausgeschlossen.
Neue Tatsachen können sich aus Berichtigungserklärungen nach § 153 AO bzw. Selbstanzeigen nach § 371 AO oder aus Anzeigen Dritter ergeben. V.a. aber ergeben sich neue Tatsachen aus Prüfungen. Dies gilt auch, wenn man Kontrollmitteilungen einbezieht, die der Prüfer gem. § 194 Abs. 3 AO in Bezug auf Dritte fertigt. Ein wichtiger Zusammenhang ergibt sich aus § 173 Abs. 2 AO: Weil das FA i. R. v. Außenprüfungen regelmäßig alle relevanten Tatsachen aufklären könnte, lässt § 173 Abs. 1 AO, ggf. neben § 164 Abs. 2 AO, zwar noch eine Auswertung der Prüfungsfeststellungen zu. Für spätere Änderungen besteht dann aber in Bezug auf § 173 AO eine Änderungssperre. Der Stpfl. verdient nach Außenprüfungen Vertrauensschutz. Er verdient ihn nur nicht, wenn er dem FA bewusst im Rahmen einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder leichtfertig i. R. v. § 378 AO Informationen vorenthielt.
§ 174 AO soll Widerstreite vermeiden. Entweder wird ein Steuerbescheid geändert, weil ein bestimmter Sachverhalt fälschlich in mehreren Bescheiden erfasst wurde – dies betrifft Abs. 1 und 2 – oder weil eine Besteuerung sonst entfiele, hier nach Abs. 3–5.[40]
Wurde ein bestimmter Sachverhalt bisher rechtsirrig in mehreren Bescheiden zulasten des Bürgers erfasst, gilt § 174 Abs. 1 AO. Führte die Mehrfacherfassung bisher zum Vorteil des Mandanten, wird nach Abs. 2 AO geändert, falls der Fehler von ihm veranlasst war.
§ 174 Abs. 3 und 4 AO gewährleisten eine Besteuerung, wenn eine ursprünglich geplante Besteuerung nicht aufrecht erhalten bleibt. Dies gilt nach Abs. 3, soweit das FA dem Stpfl. signalisierte, dass ein bestimmter Sachverhalt erst in einem späteren Abschnitt besteuert werden würde, sich die Annahme aber als falsch herausstellt. Abs. 4 erlaubt eine Änderung in einem evtl. bereits veranlagten Jahr, wenn der Stpfl. erfolgreich erreichte, dass die betreffende Steuer nicht in einem anderen Zeitraum erfasst wird. Dieser Zusammenhang gilt nach Abs. 5 auch hinsichtlich eines Drittbetroffenen, der zuvor beteiligt worden sein muss.
Um solche Folgeänderungen zuzulassen, gelten besondere Verjährungsregeln.
Hier werden zwei voneinander unabhängige Änderungsgründe zusammengeführt.
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist die Konsequenz aus mehrstufiger Veranlagung i. S. v. §§ 179ff. AO. Um auch hier eine zutreffende Besteuerung zu gewährleisten, werden Folgebescheide so lange geändert, bis ein Grundlagenbescheid vollständig umgesetzt ist. Dazu gewährt § 171 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 AO[41] eine zweijährige Ablaufhemmung bei der Festsetzungsverjährung, wenn ein Feststellungsbescheid umzusetzen ist. Daneben gibt es sog. „ressortfremde Grundlagenbescheide“ (Entscheidung einer Nicht-Finanzbehörde: Minderung der Erwerbsfähigkeit, Denkmalschutzwürdigkeit u.Ä.), bei der für die verlängerte Verjährung nach § 171 Abs. 10 Satz 2 AO auf die Antragstellung abgestellt wird.
Während dies in der Praxis häufig geschieht, führen Änderungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO eher ein Schattendasein: Vorausgesetzt ist ein Ereignis, das nicht erfasst wird, wenn es eintritt, sondern ausnahmsweise in die Vergangenheit zurückwirkt. Beispiel ist eine nachträglich eintretende tatsächliche Änderung eines Veräußerungserlöses. Bei Datenübermittlung gilt neu § 175b AO (ModG).
Hier spricht man von inneren Tatsachen. Ergibt sich aus einer Folgeentwicklung ein Hinweis auf eine anfängliche Absicht, wird ggf. nach § 173 AO geändert. Es liegt kein rückwirkendes Ereignis vor. Ähnlich ist es, wenn später wegen fehlendem Totalgewinn doch von bloßer Liebhaberei auszugehen ist oder bei anschaffungsnahen Herstellungskosten i. R. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
Sie sind in § 177 Abs. 3 AO geregelt. Es sind Fehler, die eine Steuerfestsetzung zwar falsch machen, dabei aber nicht die Voraussetzungen einer selbständigen Korrekturvorschrift erfüllen. Dasselbe gilt, wenn die Korrekturvoraussetzungen zwar eigentlich erfüllt sind, eine Änderung aber aus verjährungsrechtlichen Gründen entfällt. Demgemäß blieben solche Fehler also unbeachtlich. Tatsächlich aber werden materielle Fehler doch berücksichtigt, allerdings nur i. V. m. anderen Fehlern, die ihrerseits die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllen. Zu solchen Fehlern müssen die materiellen Fehler gegenläufig sein, da sie nur im Rahmen oder Umfang einer solchen selbständigen Korrektur wirken.[42]
Gehen wir von zwei Fehlern aus: Das FA erfährt von einer weiteren Betriebseinnahme i. H. v. 1.000 € und kündigt die entsprechende Erhöhung der bisherigen endgültigen Steuerfestsetzung an. Zusammen mit seinem Mandanten geht der Berater nochmals alle Einzelheiten der Steuererklärung durch und bemerkt, dass der Mandant noch Renovierungskosten aus Vermietung beanspruchen könnte. Während nun die Einnahme ohne Weiteres zu einer Erhöhung der Besteuerungsgrundlagen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO führt, entfällt regelmäßig eine Änderung hinsichtlich der Werbungskosten nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Es ist von einem groben Verschulden des Mandanten auszugehen. Der notwendig enge Zusammenhang nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO besteht nicht. Nach § 177 Abs. 1 AO mindert sich aber die Steuererhöhung wegen der Betriebseinnahme um die Werbungskosten oder entfällt ganz, wenn die Werbungskosten zumindest 1.000 € betragen. Unter die bisherige Steuerfestsetzung führen die Werbungskosten aber keinesfalls.[43]
Es gibt die Festsetzungsverjährung nach §§ 169ff. AO. Dabei geht es darum, ob eine Steuer noch festgesetzt oder geändert werden darf. Dagegen regeln §§ 228ff. AO die Zahlungsverjährung, also die Frage, ob eine festgesetzte Schuld i. S. v. § 37 AO noch bezahlt werden muss. Beide Verjährungen lassen einen Anspruch gem. § 47 AO erlöschen. Als dritte Art der Verjährung könnte für die Steuerberatung auch die Strafverfolgungsverjährung wichtig werden. Sie richtet sich gem. § 369 Abs. 2 AO nach §§ 79ff. StGB oder nach § 376 AO und hat insbesondere bei Selbstanzeigen gem. § 371 Abs. 1 AO große Bedeutung.
Die Rechtsordnung lebt durchgängig von Verjährungsvorschriften. Der Rechtsfrieden ist ein vergleichbar wertvolles Rechtsgut wie das materielle Recht. Richtige Steuerfestsetzung und deren Durchsetzung ist wichtig, aber nicht um jeden Preis, auch nicht zeitlich unbegrenzt. Der Rechtsstaat gebietet eine Abwägung beider Prinzipien. Hinzu treten ganz praktische Gründe. Wer will schon einen steuerlichen Sachverhalt nach langer Zeit noch nach damaligem Recht beurteilen, wenn sich das Recht in jedem Jahr ändert?
Die Dauer der Festsetzungsverjährung beträgt im Normalfall gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO[44] vier Jahre. Die Frist beginnt überwiegend mit dem Ende desjenigen Jahres, in dem eine Steuererklärung abgegeben wird. Insoweit verdrängt § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO in der Praxis die Grundregelung des § 170 Abs. 1 AO: Hiernach beginnt die Verjährung mit Ablauf des Entstehungsjahres der Steuer, was v. a. dann gilt, wenn ein Mandant gem. § 46 EStG nicht erklärungspflichtig ist. Wer aber erklärungspflichtig ist, kann die Bearbeitungszeit des FA bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung wegen der Anlaufhemmung in § 170 Abs. 2 AO nicht dadurch verkürzen, dass er die Steuererklärung verspätet abgibt. Die Anlaufhemmung beträgt maximal drei Jahre.
Angenommen, ein Mandant erzielt im Veranlagungszeitraum 13 ausschließlich Lohn aus nichtselbständiger Tätigkeit und ist nicht erklärungspflichtig. Will er doch eine Steuererklärung abgeben, muss er dies bis Ende 17 tun. Wird in diesem Fall später eine Änderung der vorgenommenen Festsetzung erforderlich, setzt § 170 Abs. 3 AO hierfür an die Abgabe der Erklärung an. Gab der Mandant also in 14 seine Steuererklärung 13 ab, kann für ihn eine Änderung bis Ablauf 18 beantragt werden.
Haben wir dagegen eine erklärungspflichtige Mandantin mit gewerblichen Einnahmen, die ihre ESt-Erklärung 13 erst in 15 abgab, kann bzw. muss das FA die ESt 13 aufgrund der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO bis Ende 19 festsetzen, ggf. im Wege der Schätzung gem. § 162 AO[45]. Dasselbe gilt gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO für Änderungen einer bis dahin festgesetzten Steuer.
Diese Festsetzung ist noch rechtzeitig. Gem. § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO reicht es aus verjährungsrechtlicher Sicht aus, wenn der VA vor Eintritt der Festsetzungsverjährung das FA verlässt. Der VA muss allerdings später auch tatsächlich wirksam werden. Er muss also nach § 124 Abs. 1 AO bekannt werden, was hier gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am 02.01. des Folgejahres gilt. Aus der so berechneten Bekanntgabe ergeben sich dann die weiteren Folgen für Fälligkeit und Ende der Einspruchsfrist – beides tritt regulär mit Ablauf des 02.02. des Folgejahres ein, wenn es nicht zu einer Verschiebung nach § 108 Abs. 3 AO kommt.
Dann ist der Änderungsbescheid rechtswidrig. Der Verstoß gegen die Verjährungsvorschriften führt nicht zur Nichtigkeit, weil der Fehler aufgrund des komplizierten Verjährungsrechts nicht offensichtlich i. S. v. § 125 Abs. 1 AO ist. Der Mandant muss also zulässig, insbesondere fristgerecht Einspruch einlegen.
Ja. Im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung gem. § 370 AO gilt die auf zehn Jahre verlängerte Verjährungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO[46]. Ein Mandant müsste also z. B. vorsätzlich Einnahmen verschwiegen haben. Auf eine Ablaufhemmung kommt es dann häufig nicht an. Könnte das FA dem Mandanten keinen Vorsatz nachweisen, hätte er aber Einnahmen leichtfertig verschwiegen, läge eine Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO vor und die Verjährung träte unter Berücksichtigung einer Anlaufhemmung gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO fünf Jahre später ein.
§ 171 AO regelt Sonderfälle, in denen das Gesetz dem FA aus jeweils unterschiedlichen Gründen eine verlängerte Bearbeitungszeit einräumt. Daneben gibt es noch besondere Tatbestände, z. B. im Zusammenhang mit einer Korrektur aus § 174 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Sätze 3 und 4 AO. Insbesondere die Ablaufhemmung im Zusammenhang mit einer Außenprüfung aus § 171 Abs. 4 AO (bzw. in § 171 Abs. 15 AO) spielt eine beachtliche Rolle.
Sie findet gem. § 193 Abs. 1 AO insbesondere statt bei Stpfl. mit Gewinneinkünften; betroffen sind also Gewerbetreibende, aber auch Ärzte, Rechtsanwälte usw. Dabei besteht so weites Ermessen, dass dieses noch nicht einmal im Einzelnen dargestellt werden muss. Gem. § 194 Abs. 1 AO können die gesamten steuerlichen Verhältnisse des Betroffenen geprüft werden, also auch diejenigen außerhalb der Gewinneinkunftsart. Das FA hat sich selbst in der BPO gebunden (Beck’sche Steuererlasse § 193/1): Der Prüfungsturnus ist frei, bei Großbetrieben gibt es gem. § 4 Abs. 2 BPO Anschlussprüfungen. Ansonsten erfasst eine Prüfung regelmäßig drei zusammenhängende Veranlagungszeiträume, die allerdings ggf. auch noch während der Prüfung erweitert werden können. Außerdem erlaubt § 4 Abs. 2 Satz 2 BpO[47] grundsätzlich auch eine Anschlussprüfung. Die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung sperrt zudem gem. § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO eine wirksame Selbstanzeige. Während einer Prüfung besteht eine verstärkte Mitwirkungspflicht nach § 200 AO. Setzt sich der Stpfl. dabei einem Hinterziehungsvorwurf aus, kann diese Mitwirkung gem. § 393 Abs. 1 Satz 2 AO nicht mehr erzwungen werden. § 193 Abs. 2 AO betrifft Sonderfälle wie auch § 203a AO (ModG).
Eine Außenprüfung muss gem. § 197 AO durch eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO rechtzeitig angekündigt werden. Schließlich muss der Geprüfte organisatorische Maßnahmen treffen und sich mit der Steuerberatung abstimmen, um so eine zügige und effektive Prüfung zu fördern. Die Prüfungsanordnung stellt einen Sammel-VA dar, so dass eine Vielzahl von Einzelentscheidungen ggf. durch Einspruch angegriffen werden kann. Jeweils einen VA stellen dar: Die Erfassung jeder Steuerart (ESt, USt, GewSt), je Veranlagungszeitraum, die Festlegung des vorgesehenen Prüfungsbeginns und des Prüfungsortes (regelmäßig in den Geschäftsräumen, vgl. § 200 Abs. 2 AO[48]). Nur die Festlegung des Prüfers stellt als organisatorische Maßnahme des FA keinen VA dar. Zusätzlich zum Einspruch könnte die Durchführung der Prüfung durch Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 Abs. 2 AO bzw. nach § 69 FGO zunächst auch angehalten werden.
Wie bisher kann das FA z. B. gem. §§ 328ff. AO ein Zwangsgeld androhen und festsetzen. Zuletzt wurde in § 146 Abs. 2b AO ein sog. Verzögerungsgeld eingeführt, um eine Prüfung zu beschleunigen. Auch das Verzögerungsgeld gehört zu den steuerlichen Nebenleistungen gem. § 3 Abs. 4 AO, bezieht sich auf die jeweilige Prüfungsmaßnahme, kann aber im Umkehrschluss zu § 332 Abs. 3 AO nicht mehrfach festgesetzt werden.
Es gibt keine spezielle gesetzliche Regelung, sie ist Auswirkung aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wie ihn § 88 AO