9,99 €
Im Auf und Ab der Schicksale von Kolonialgewaltigen unterm Tropenmond folgen wir den Abenteuern der leidenschaftlichen jungen Ärztin Jo van Swanenburgh. Allen bitteren Enttäuschungen zum Trotz treibt sie einem fremden Mann in die Arme. Die dramatische Geschichte dieser Frau ist verwoben in die bewegten Lebensläufe von Familien, die in dem chaotischen Wandel der Zeit vielfältigen Prüfungen ausgesetzt sind. Zuckerkönige auf Java, Reeder, Tabak- und Kautschukmagnaten verlieren im Zweiten Weltkrieg auf den fernöstlichen Besitzungen der Holländer Tradition und Besitz. In diesem fesselnden Roman der Erfolgsautorin Alice Ekert-Rotholz erleben wir ein Stück Überseegeschichte und das Ende eines feudalen Lebensstils.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 790
Veröffentlichungsjahr: 2018
rowohlt repertoire macht Bücher wieder zugänglich, die bislang vergriffen waren.
Freuen Sie sich auf besondere Entdeckungen und das Wiedersehen mit Lieblingsbüchern. Rechtschreibung und Redaktionsstand dieses E-Books entsprechen einer früher lieferbaren Ausgabe.
Alle rowohlt repertoire Titel finden Sie auf www.rowohlt.de/repertoire
Alice Ekert-Rotholz
Strafende Sonne, lockender Mond
Ihr Verlagsname
Im Auf und Ab der Schicksale von Kolonialgewaltigen unterm Tropenmond folgen wir den Abenteuern der leidenschaftlichen jungen Ärztin Jo van Swanenburgh. Allen bitteren Enttäuschungen zum Trotz treibt sie einem fremden Mann in die Arme. Die dramatische Geschichte dieser Frau ist verwoben in die bewegten Lebensläufe von Familien, die in dem chaotischen Wandel der Zeit vielfältigen Prüfungen ausgesetzt sind. Zuckerkönige auf Java, Reeder, Tabak- und Kautschukmagnaten verlieren im Zweiten Weltkrieg auf den fernöstlichen Besitzungen der Holländer Tradition und Besitz. In diesem fesselnden Roman der Erfolgsautorin erleben wir ein Stück Überseegeschichte und das Ende eines feudalen Lebensstils.
Alice Ekert-Rotholz, am 5. September 1900 in Hamburg als Tochter eines britischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren, lebte von 1939 bis 1952 in Bangkok. Nach Hamburg zurückgekehrt, war sie journalistisch für Funk und Presse tätig. 1954 erschien ihr erster Roman «Reis aus Silberschalen», der sie schnell bekannt machte. Zahlreiche weitere folgten. 1959 siedelte Alice Ekert-Rotholz zu ihrem ersten Sohn nach London über. Dort starb sie am 17. Juni 1995.
«Ein Dach aus Blättern
schützt den weisen Mann
vor den Feuern der Sonne;
aber gegen den lockenden
Mond gibt es keine Arznei.»
Altindische Weisheit
Für
Oberst Six und Dr. Willem van D …
Sie lebten in Java, litten in Thailand
und starben in Holland
Alle Gestalten dieses Romans sind frei erfunden und nicht das Abbild irgendwelcher heute oder früher lebenden Personen.
«Sogar der gelbe Fluß hat seine
schönen Tage, und der Mond hat
seine dunkle Seite.»
Chinesisches Sprichwort
«Ich weiß nicht, warum Linda keinen Mann in Singapore findet», sagte Lady Derrington und setzte ihre Teetasse mit einem Ruck nieder. «Sollte ich etwas falsch gemacht haben?»
«Aus-geschlossen!» Sir Robert betrachtete seine Frau durch dichten Pfeifenrauch. «Du hast mir immer erzählt, daß du niemals etwas falsch machst, meine liebe Jane! Zerstöre mir meine Illusionen nicht.»
Lady Derrington quittierte die Bemerkung mit Schweigen. Robert sollte sich ruhig über sie lustig machen, wenn er seinen «albernen Dienstag» hatte. Die Hauptsache war, daß er tat, was sie wollte … Sie blickte ihren Mann von der Seite an: Er saß seelenruhig da, als ob es ihm gleichgültig wäre, ob Linda eine alte Jungfer wurde oder nicht. Wenn es ihm Spaß machte zuzusehen, wie alle anderen Mädchen sich mit Hilfe ihrer Verwandten Ehemänner in Singapore angelten – Lady Derrington machte es keinen Spaß. Sie selber stammte aus einer Familie, die außer einem mittelgroßen Landhaus in Suffolk nur unverheiratete Töchter und Nichten besaß. Da Lady Derrington in jungen Jahren erkannte, daß sie zu Langerweile, guten Werken und Teenachmittagen ohne Abenteuer verurteilt sein würde, hatte sie sich in London von Verwandten einladen lassen und schon im ersten Winter Sir Robert – allerdings mit dessen begeisterter Zustimmung – geheiratet. Die schlanke, elegante Jane – die Eleganz lag in ihrer Haltung und in ihrem Profil – war begeistert in Singapore aufgenommen worden und teilte überdies Sir Roberts private Interessen: Orchideenzucht und chinesische Marionettenspiele. Wo immer man an Straßenecken in Singapore oder in Dörfern diese Spiele in Hokkien oder Hockchew-Dialekt vorführte, waren die Derringtons zu sehen. Sie standen quietschvergnügt mitten zwischen «ihren» Chinesen: rauchenden Müttern mit dem Säugling im Rückenbündel, Bettlern, Tanzmädchen, Kulis, Farmern und jenen urchinesischen Gestalten, die als «Zuschauer» auf die Welt kommen und sie in dieser Eigenschaft zufrieden wieder verlassen. Bei diesen Ausflügen in Stadt und Land waren die Derringtons meistens von einem Mitglied der Familie Tsui begleitet – jener legendären chinesischen Unternehmer- und Bankiersfamilie, welche die Wirtschaft und die Finanzen in Malaya, Holländisch-Ostindien und Siam mitbestimmte und Büros von Hongkong und Tokio bis London, New York und Amsterdam errichtet hatte. Der Urahn dieser Familie war Ende des neunzehnten Jahrhunderts während eines Bürgerkrieges als bettelarmer Flüchtling in Java eingewandert; seine Enkel und Urenkel betrachteten nun mit den Derringtons jene uralten Puppenspiele, die so sehr an ihre eigene show in Ostasien erinnerten: Man hatte bescheiden und zielsicher Drähte gezogen und ein Heer von Marionetten dirigiert, bis zu guter Letzt ein Weltkonzern und eine Weltfamilie von Batavias Chinesenstadt aus die Wirtschaft in Ost und West unter malaiischer und javanischer Mißbilligung mitbestimmte. Die Tsui-Familie fehlte auf keiner wichtigen Cocktail-Party zwischen Singapore und Batavia; heute abend würden die Derringtons sie bei amerikanischen Freunden treffen. Auf diese Party setzte Lady Derrington ihre Hoffnungen für Linda …
Lady Derrington blickte von ihrer schattigen Veranda schweigend auf die Blumen und Sträucher ihres Tropengartens. Sie hatte die englische Liebe zur Gärtnerei und kümmerte sich täglich persönlich um ihre Pflanzen. Sie hatte sich längst mit der Tatsache abgefunden, daß es in Malaya keinen englischen Frühling gab mit zarten und zurückhaltenden Blumenwundern und einer milden, träumerisch-heiteren Luft. Sie hatte zielbewußt Ridleys Werk über die malaiische Flora studiert und sich ohne Wimperzucken auf die Zucht von Orchideen und leuchtenden Schlingpflanzen umgestellt. Sie konnte sich mit allem abfinden – nur nicht mit der Aussicht, daß Linda durch ihren Eigensinn eine alte Jungfer werden würde … Linda war eine gelangweilte Sekretärin in der Londoner City. Sie hatte durch Lady Derringtons amerikanische Freunde die besten Chancen, eine gute Heirat zu machen. In dieser amerikanisch-holländischen Familie wimmelte es von Junggesellen. Man brauchte solche jungen Leute nur ein wenig zu ermutigen und Anteilnahme an ihren Interessen zu heucheln – und alles war in Ordnung.
«Linda ist fünfundzwanzig», sagte Lady Derrington aus ihren Gedanken heraus und goß ihrem Mann die vierte Tasse Tee ein.
«Das kommt mir nicht besonders alt vor!»
«Davon verstehst du nichts, Robert! Ein Mädchen ist mit fünfundzwanzig nicht mehr jung; aber wenn Linda jetzt heiraten würde, wäre sie natürlich eine blutjunge Frau.»
Sir Robert blickte in seine Teetasse, als ob sich auf ihrem Grund eine Erklärung für die Arabesken weiblicher Rechenkunst finden ließe.
«Wollen wir nicht das Thema wechseln?» fragte er liebenswürdig.
«Ich fange gerade erst an. Ich habe Linda für heute abend ein neues Kleid machen lassen. Hoffentlich wird sie es anziehen.» Lady Derrington seufzte. «Ich weiß nicht, warum alles schiefgeht. Ich arbeite wie ein Pferd an Lindas Verlobung.»
«Und Linda sieht wie ein Pferd aus», sagte Sir Robert. «Ob es daran liegt?»
«Sie ist deine Nichte!» Lady Derringtons Ton hatte eine gewisse Schärfe.
«Leider», erwiderte Sir Robert mit Nachdruck, um zu verbergen, wie außerordentlich gern er Linda mochte. Er hatte nie eine Tochter gehabt. Seiner Meinung nach war es kein Nachteil, daß Linda ein wenig an ein Pferd – oder besser gesagt, an ein mürrisches Füllen – erinnerte. Und wie das Mädchen ritt! Eine prächtige Leistung für die Tochter eines erfolglosen Vaters, der ihr nie Reitstunden geben lassen konnte. Linda war erst seit einem halben Jahr in Singapore; zu kurze Zeit, um ihre Tante Jane gern zu haben, und zu lange Zeit, um Sir Robert nicht zu fehlen, falls sie fortginge. Von ihm aus konnte Linda bis ans Ende ihrer Tage mit ihnen in Singapore leben, mit ihm reiten und Geschmack an Orchideenzucht und chinesischen Marionetten entwickeln. Eigentlich würde ein Ehemann nur stören. Sir Robert war gerade im Begriff, diese wahrhaft empörende Ansicht zu äußern, als seine Frau ihn aus seinen Gedanken aufschreckte.
«Weißt du, wer heute abend bei John van Veen eingeladen ist?»
«Keine Ahnung. Ich nehme an, die üblichen Marionetten … Das heißt … ein Neffe ist angekommen. Soll ein toller Kerl sein. Von Sumatra, glaube ich.»
Es war eine große Redeleistung, und Sir Robert hatte sie vollbracht, um endlich in Ruhe einen Bericht über englisches Kapital in Java studieren zu können. Als Manager der Hongkong & Shanghai Banking Corporation und Mitglied der Handelskammer und des City Council hegte er im Jahre 1927 lebhaftes Interesse für britische Geldanlagen in Holländisch Ost-Indien. Dies Insel-Paradies gehörte zu den wichtigsten Rohstoffkammern des Westens. Es wimmelte von Tropenprodukten für den Weltmarkt; die Erdölproduktion stellte zusammen mit Britisch-Borneo ein Zwanzigstel der gesamten Welterdölproduktion dar. Es war infolgedessen in erster Linie Erdöl und nicht ein Ehemann für die liebe Linda, weswegen Sir Robert freundschaftliche Beziehungen zu den amerikanisch-holländischen Van Veens in Singapore unterhielt. Senator John van Veen hielt sich als Wirtschaftsexperte und Berater der amerikanischen Regierung schon eine ganze Weile mit Frau und Tochter in Singapore auf. Sir Robert hätte manchmal gern gewußt, ob der in den Vereinigten Staaten geborene John van Veen so innige Beziehungen mit den holländischen «Vettern» in Java und Sumatra aus ererbter Lust an familiären Zusammenkünften oder aus Interesse an Erdöl und Kautschuk pflegte. John van Veen hielt eine riesige Korrespondenz zwischen Washington, Ostasien und dem «kleinen, alten Lande» aufrecht und besuchte alle fünf Jahre die Van Veens in Den Haag. Er sprach bei diesen Besuchen holländisch mit amerikanischem Akzent, trank todesmutig Genever und kehrte, angefüllt mit Familienglück und Informationen, samt seiner amerikanischen Frau und seiner kleinen Tochter Jacoba nach Washington zurück. Heute abend wollte Sir Robert mit John van Veen über Erdöl, Zinn, Kautschuk und industrielle Möglichkeiten im Kolonialparadies der Holländer plaudern. Sie würden Whisky trinken und sich den Kuckuck um die Damen kümmern.
Doch es war Sir Robert nicht vergönnt, sich seiner Lektüre über englische Kapital-Anlagen in dem poetischen «Insulinde» (Insel-Indien) zu widmen. Er hatte Dirk van Veen aus Sumatra erwähnt, und Lady Derrington wollte nun wissen, ob er verlobt oder verheiratet wäre.
«Ich glaube, er ist noch zu haben», sagte Sir Robert und verbarg geschickt seine Ungeduld hinter dem Rauch aus seiner Pfeife.
«Du glaubst, er ist noch zu haben?» fragte Lady Derrington entrüstet. «So etwas weiß man! Es ist mir ein Rätsel, woran du den ganzen Tag denkst!»
Sir Robert hätte seine Frau zwar darüber aufklären können, aber er schwieg und blickte den Bericht aus Java so sehnsüchtig an wie ein Liebender eine unerreichbare Schönheit. Trotzdem wäre es ihm niemals in den Sinn gekommen, die Teestunde vorzeitig abzubrechen. Jane freute sich den ganzen Tag darauf, auch wenn sie sich bemühte, es ihn nicht merken zu lassen. Man durfte die Männer nicht verwöhnen. So begrüßte sie ihren vorbildlichen Ehemann jeden Tag zur Teestunde mit einem kühlen Lächeln, das ihm zeigen sollte, wie gut sie den ganzen Tag ohne ihn ausgekommen war. Natürlich hätte sie ihren Robert jederzeit eigenhändig aus einem brennenden Haus geschleppt. Dieses imaginäre «brennende Haus» war in Lady Derringtons Familie ein beliebter Gesprächsstoff und der Prüfstein der Zuneigung. Verwandte, Bekannte und Ehemänner wurden vornehmlich unter dem Gesichtspunkt betrachtet, ob sie es wert waren, aus einem brennenden Hause gerettet zu werden oder nicht. Was Linda betrifft, stand die Antwort im Augenblick nicht ganz fest …
«Dein armer Bruder wird enttäuscht sein, wenn wir Linda unverheiratet zurückschicken», bemerkte Lady Derrington hartnäckig.
«Dann werden wir sie eben hierbehalten, meine Liebe! Nichts einfacher als das.»
«Es ist durchaus nicht einfach. Ich bin die Sanftmut selbst, aber Linda kann einen Heiligen auf die Barrikaden bringen. Sie hätte sehr leicht den Professor de Witt heiraten können, der bei den Van Veens schon lange zu Besuch ist. Er sah sich zwar stundenlang Pflanzen im Botanischen Garten an, aber gelegentlich betrachtete er auch Linda. Jetzt fährt er nächste Woche in sein Laboratorium nach Buitenzorg zurück, und Linda hat die Chance ihres Lebens verpaßt.»
Sir Robert legte die Pfeife aus der Hand und betrachtete seine Frau. Sie war über irgend etwas sehr ärgerlich. Der holländische Gelehrte hatte sich in der Tat für Linda interessiert, und dann hatte er plötzlich jede Einladung von Lady Derrington höflich aber bestimmt abgelehnt. Wahrscheinlich war er mit seinen zweiundvierzig Jahren ein eingefleischter Junggeselle, und von Pferden verstand er auch nichts. Bei alledem waren Janes Pläne weitblickend gewesen. Professor de Witts Schwester Isabella war mit Cornelis van Veen in Batavia verheiratet – einem Vetter des jungen Mannes, der als «toller Bursche» galt und heute abend bei den John van Veens unter den Jungfrauen der Kronkolonie Umschau halten würde. Der stille, etwas trockene Professor de Witt gehörte durch die Heirat seiner Schwester zu den einflußreichsten holländischen Kolonialfamilien. Ein Ahnherr der Van Veens war Gouverneur von Java gewesen. John van Veen aus Washington hatte Sir Robert viele Anekdoten über den Gouverneur erzählt; er hatte sie offenbar bei seinen Familienbesuchen in Holland erfahren. Nun ja, wenn Paulus de Witt die liebe Linda nicht heiraten wollte, dann war Sir Robert der Gewinner bei der Partie …
Robert Derrington betrachtete seine Frau immer noch schweigend. Etwas wie Mitgefühl sprach aus seinen scharfen, hellen Augen. Er wußte, daß Jane an Linda herumnörgelte, weil sie sie tatsächlich sehr gern hatte. Sie hätte sie jederzeit aus dem berühmten brennenden Haus gerettet, auch wenn sie es nie zugegeben hätte. Nur hatte sie für das Mädchen nicht das geringste Verständnis. In ihrem Bestreben, für ihre Nichte das Beste zu tun, übersah Lady Derrington, daß Linda stolz und so empfindlich wie alle Töchter erfolgloser Väter war. Die Verhältnisse in einem Londoner Vorort und die Häuslichkeit, die ein kleiner Bankangestellter seiner Tochter bieten konnte, waren so verschieden von der Stellung und Lebensweise ihres Onkels in Singapore, daß Linda – ein Mädchen ohne Schönheit und Geld, nur mit Stolz und Pferdeverstand gesegnet – ihrer Tante gegenüber in eine Haltung erbitterten Protests geriet: Niemand sollte aus Mitleid einen Mann für sie suchen! Trotzdem zerbrach Lady Derrington sich den Kopf, warum ein Mädchen, das leise an ein Pferd erinnerte und seine goldbraune Mähne dementsprechend zurückwarf, so hartnäckig sein Glück in Singapore mit Füßen trat und keinen Wert auf hübsche Kleider und eine gute Versorgung legte. Lady Derrington hätte viel darum gegeben zu wissen, worauf Linda eigentlich Wert legte; aber es war ihr nicht gegeben, sich in andere Leute hineinzuversetzen. Die einzige Probe von Phantasie, die sie und ihre drei unverheirateten Schwestern je geliefert hatten, war die Erfindung jenes brennenden Hauses, aus dem sie gewisse Leute zu retten bereit waren …
Übrigens war Jane Derringtons Unfähigkeit, sich in andersgeartete Menschen hineinzuversetzen, der Grund ihrer großen Beliebtheit bei der malaiischen Bevölkerung der Kronkolonie. Ihr Mangel an Einbildungskraft hatte ihr zahlreiche ergebene Freunde vom Gärtner bis zu den Fürsten verschafft. Denn wenn die Malaien etwas aus tiefster Seele verabscheuen, dann ist es die Neigung, «ihre Gedanken essen zu wollen». Sie erwarten von ihrem Gesprächspartner, daß er sich mit verschleierten Andeutungen und mit durch Koransprüche gewürzten Unverbindlichkeiten begnügt. Genau das tat Lady Derrington während ihres jahrelangen Aufenthaltes in Singapore und Malaya. Es kam ihr nicht in den Sinn, daß ein vornehmer Malaie, der ihren Ansichten bei einem alkoholfreien Cocktail entzückt beistimmte, in Wahrheit anderer Ansicht über so erfreuliche Einrichtungen sein konnte wie das britische Kolonialreich und wirtschaftliche Privilegien der westlichen «Besucher» seines Landes, oder über weibliche Redefreiheit in Gegenwart von Männern. Für einen Muslim war eine Frau nur dann die «Frucht seines Herzens», wenn sie konsequent den Mund hielt.
Die Teestunde auf der Veranda war zu Ende. Sir Robert stand auf.
«Warum regt dich das auf, Jane?» fragte er liebevoll. «Wenn die arme Linda nicht heiraten will …»
«Du solltest lieber mich bedauern», sagte Lady Derrington kurz. Natürlich hätte sie weder Robert noch sonst irgend jemandem erlaubt, sie oder ihre drei Schwestern zu bedauern. Jane würde ihren Ärger herunterschlucken, da sich doch nichts an der Tatsache ändern ließ, daß Dirk van Veen nicht der einzige neue Cocktailgast in dem großen Tropenpalast sein würde, den die Van Veens aus Washington für die Zeit ihres Aufenthalts in Singapore von einem amerikanischen Freund übernommen hatten – mit der stereotypen Einrichtung, der Hausbar, den Dienern, dem Garten und den fremden Erinnerungen, die noch in der Luft hingen. Kurz und gut: Mildred van Veen hatte noch eine junge Nichte vor einer Woche vom Schiff geholt, die Tochter ihrer verstorbenen Schwester, ein blutjunges Ding von siebzehn Jahren aus Amsterdam. Sie hieß Jo van Swanenburgh – Lady Derrington fand den Namen exzentrisch – und wollte bestimmt den «tollen Kerl» aus Sumatra heiraten! Linda würde wieder das Nachsehen haben. Lady Derrington hatte das Foto des jungen Mädchens gesehen – Mildred schleppte die holländischen Verwandten ihres Mannes stets im Bilde in ihrer Handtasche mit – ein entzückendes Mädchen! Eleganter als die meisten Holländerinnen. Jo mußte ihren aparten Reiz von ihrer amerikanischen Mutter geerbt haben. Wenn Mildred van Veen, die ihre verstorbene Schwester offenbar abgöttisch geliebt hatte, auch nichts von Heiratsplänen für ihre Nichte Jo verlauten ließ – wozu lud man sonst ein Mädchen nach Singapore ein? Diese Jo war kaum der Schule entwachsen. Es kam Lady Derrington nicht in den Sinn, daß Mildred van Veen vielleicht Sehnsucht nach ihrer Nichte haben könnte. Lady Derrington hatte ihre drei Schwestern in Suffolk auch recht gern, konnte sich aber nicht erinnern, jemals Sehnsucht nach ihnen verspürt zu haben. Wenn man sich sah, war es furchtbar nett bei Tee und brennenden Häusern; aber wenn man sich nicht sehen konnte, dann ließ es sich ertragen …
Lady Derrington überlegte gerade, ob Linda heute abend das neue weiße Kleid anziehen würde und wo sie überhaupt stecke, als der Nummer-Eins-Boy ihr einen dicken Brief brachte. Der junge Chinese duftete bereits nach Sir Roberts Haarpomade und Lady Derringtons Parfüm, da Master und Missie heute abend eingeladen waren und Meng daher mit seiner «Flirtdame» den Vergnügungspark «Große Welt» aufsuchen wollte. In einer Stunde würden Master und Missie verschwunden sein: Zeit genug um noch Masters beste Socken und eine von Missies Spitzentüchern für die «Flirtdame» mitzunehmen. Meng war äußerst großzügig mit Geschenken, die ihn nichts kosteten … Er sparte sein großes Gehalt und das Teegeld, um später ein Restaurant in Singapores Chinesenstadt zu eröffnen. Selbstverständlich ohne die augenblickliche Flirtdame; Meng würde ein Mädchen heiraten, dessen Vater und Großvater bereits ein Speisehaus betrieben hatten. Man heiratete schließlich nicht zum Vergnügen.
Lady Derrington wollte gerade fragen, wo Miss Linda wäre, als sie den Brief näher betrachtete: Er war von Linda. Jane wurde sehr blaß. Sie bedeutete dem Boy mit dem energischen Kopfnicken, das Meng mehr fürchtete als sieben chinesische Höllen, daß seine geschätzte Gegenwart auf der Veranda nicht länger benötigt würde. Dann reichte sie den Brief ihrem Mann, da er an ihn adressiert war.
«Von Linda», sagte sie tonlos. «Sie ist uns davongelaufen.» Obwohl Lady Derrington keine Phantasie hatte und darauf sehr stolz war, schwebten ihr im Augenblick allerlei deprimierende Visionen vor: Linda als Wasserleiche im Singapore-Fluß, Linda allein in einem brennenden Haus, aus dem Lady Derrington sie nicht mehr retten konnte, Linda von einem indischen Geldverleiher geraubt (das arme Kind trieb sich so gern abseits der «Kolonie» in den Kampongs der tausendgesichtigen, völkergemischten Einwohnerschaft Singapores herum), Linda … Lady Derrington unterdrückte ein Stöhnen. Kein Zweifel, sie selbst hatte durch ihr Nörgeln und ihre wohlgemeinten Heiratspläne die unglückliche Nichte in einen unmanierlichen exotischen Tod getrieben.
Sir Robert blickte seine Frau scharf an, denn im Gegensatz zu vielen Europäern im Fernen Osten konnte er «Gedanken essen» wie ein oberschlaues Mitglied der Familie Tsui.
«Ruhig, Jane! Sie wird einen Ausflug gemacht haben, um der heutigen Cocktailparty zu entgehen.»
Er öffnete langsam den Brief, der von Bord eines Schiffes adressiert war. Linda hatte in der Tat einen Ausflug gemacht – und zwar war es ein unwiderruflicher Ausflug.
«Darling Onkel Bob» (schrieb Linda in ihrer steilen Schulmädchenschrift), «Du wirst Dich sicher wundern, einen Brief von mir zu bekommen, wo wir doch alle das Briefeschreiben verabscheuen. Aber ich glaube, es muß sein, um Tante Jane zu versichern, daß sie mich nicht eine Stunde vor der gräßlichen Cocktailparty aus einem brennenden Haus retten muß.
Ich bin hier auf einem reizenden Kahn der K.P.M. (Koninklijke Paketvaart Maatschappij, Königliche Paketfahrt-Gesellschaft) und segle nach Java. Natürlich bin ich nicht allein; das hätte ich Tante Jane niemals angetan. Sie hat mir immer eingeprägt, daß ein junges (oder älteres) Mädchen im Fernen Osten nicht ohne Begleitung irgendwohin fahren sollte. Aus diesem Grund habe ich rechtzeitig für männliche Begleitung gesorgt. Es ist Professor Paulus de Witt – mein künftiger Ehemann. (Ich nenne ihn natürlich ‹Polly›.) Wir sind seit drei Wochen außerordentlich heimlich verlobt. Polly kam auf meinen Rat nicht mehr in Euer Haus, damit Tante Jane ihm nicht mehr oder weniger deutlich zu verstehen geben konnte, daß ich die passende Frau für ihn wäre. Ich war der Ansicht, daß Polly das besser selber herausfinden sollte. Womöglich hätte Tante Jane ihm gesagt, ich sei leidenschaftlich am Haushalt interessiert, weil Holländer doch so rührend häuslich sind. Ich sagte Polly sofort, daß ich weder kochen könne noch wolle und daß wir zu Haus seit dem Tod der armen Mama fast nur aus Konservenbüchsen leben, wenn wir nicht ‹Fisch und Chips› (geröstete Kartoffelscheiben) im nächsten Laden kaufen. Polly lachte schrecklich, obwohl es sicher für einenHolländer das Abscheulichste von der Welt ist; aber in Buitenzorg haben wir ja einen Koch. So hoffe ich, mir Pollys Zuneigung noch längere Zeit zu bewahren.
Eigentlich fing es so an, daß ich Sekretärin bei Polly werden wollte, weil ich … nun ja, weil ich nun mal keine Zierde für Tante Janes Gartenfeste bin. Ihr müßt nicht glauben, daß ich Tante Janes Bemühungen, ein englisches Mädchen mit einem Rosenteint und einem Vergißmeinnicht-Gemüt aus mir zu machen, nicht zu würdigen wüßte; sie machten mich nur schrecklich mürrisch … Als ich nun bei Polly herumstotterte, daß ich furchtbar gern die Tapeten wechseln und seine Sekretärin werden möchte, wurde dieser ausgewachsene Mann von zweiundvierzig Jahren so rot wie ein Mädchen, dem man nachts auf der Straße unsittliche Anträge macht. Er war beinahe so schüchtern wie unsere eigenen Männer, die ja alle dazu gezwungen werden müssen, einem Mädchen einen Heiratsantrag zu machen. Aber Polly ist offensichtlich doch anders, denn er sagte nicht mit abgewandtem Gesicht, er müsse sofort weg wegen Tennis oder den Rennen oder Wasserpolo (was er nicht leiden kann, er spielt nur mit Ideen oder Badminton mit den Van Veens), nein, Polly rückte trotz seines Errötens sehr dicht an mich heran, legte den Arm um mich und sagte, er brauche keine Sekretärin in Buitenzorg, da er bereits drei sehr tüchtige Damen beschäftige. Mir kam gerade die grausige Idee, Polly sei ein Wüstling, der seine Neigungen hinter einer Gelehrtenmiene und einer Intelligenzbrille verberge – er ist natürlich wahnsinnig klug und ein Bücherwurm und weiß alles über Pflanzen, Tante Jane! – also, als ich diesen recht amüsanten Verdacht hegte, sagte Polly, der nun so nahe gerückt war, daß mir die Luft wegblieb, er brauche eine Ehefrau und seinetwegen dürfe sie auch Schreibmaschine schreiben, aber es wäre ihm egal. Der arme Polly trug sich bereits seit dem Tage, an dem ich in Tante Janes Empfangszimmer bei der großen Cocktail-Party drei Gläser fallen ließ und mich nicht frisiert hatte, mit dem Gedanken, mich zu heiraten. Könnt Ihr Euch so etwas Verrücktes vorstellen? Er dachte, er wäre mit zweiundvierzig Jahren ein alter Hagestolz und ich wäre viel zu jung für ihn. Wie findest Du das, Tante Jane? Er betrachtet mich als ein Frühlingsküken, und ich muß gestehen, daß es mir gefällt. Aber Frühlingsküken oder alte Jungfer – vor allem gefällt mir Polly selbst, denn er weiß trotz seiner Gelehrsamkeit, was ein Mädchen gern von einem Mann hören will, nämlich die entzückendsten Lügen, die mir jemals jemand aufgetischt hat. Er muß wirklich ein bißchen komisch sein, denn er findet mich hübsch und erfrischend und was sonst noch alles.
Natürlich ist Polly sehr konventionell, was Heirat und so weiter betrifft, und war kaum zu bewegen, mit mir in der Schiffsbar einige Cocktails zu kippen. Er bringt mich nach Batavia zu seiner Schwester Isabella, die ganz jung und mit dem merkwürdigen Cornelis van Veen verheiratet ist; wißt Ihr, das ist der Vetter von Dirk van Veen, den Ihr heute abend bei Johnny und Mildred kennenlernen werdet! Sie nennen diesen Cornelis immer den ‹Heiligen der Niederlande›; ich habe keine Ahnung, warum. Also: Isabella wird meine Hochzeit arrangieren, und ich werde alle Kolonialgötter bei dieser Gelegenheit kennenlernen: Exzellenz Polder, den Residenten in Djokjakarta; Mijnheer Bloemendaal aus Sumatra und eine Menge andere Leute. Ihr seid natürlich auch eingeladen, darlings! Es ist mir sehr lieb, daß Pollys Schwester Isabella, die ihm den Haushalt in Buitenzorg führte, nach Batavia geheiratet hat; sonst hätte ich sie lebenslänglich auf dem Halse gehabt. Ich habe das Gefühl, daß Polly in dieser Beziehung genau so ein Familienfanatiker ist wie alle Leute vom Kontinent. Als ich ihm sagte, daß wir natürlich unsere Familien auch recht gern hätten, aber sehr ungern im ersten Stock des Hauses zwei Tanten, im zweiten eine taubstumme Kusine (die viel besser in einem Heim aufgehoben wäre) und im dritten Stock den Urgroßvater mit Katze und Haushälterin beherbergten, sagte Polly, man hätte in Holland gern die ganze Familie auf einem Fleck. Dieser Gefahr bin ich durch Isabellas Heirat mit Cornelis van Veen entronnen. Polly hat noch einen sehr jungen Bruder namens Lukas, der in Den Haag von seiner Tante de Witt erzogen wird. Er soll entsetzlich musikalisch sein – nicht etwa nette Tanzmusik und so was, sondern Beethoven und das ganze klassische Zeug. Aber auf dem Foto – Polly schleppt die ganze Familie in der Westentasche mit sich herum – ist Lukas ein süßer Bengel von zwölf Jahren, unfrisiert und so große Augen wie ein kleines Mädchen. Er soll später auch herauskommen nach Java; ich glaube als Pflanzer.
Liebe Tante Jane, ich glaube nicht, daß unser lieber Polly im entferntesten so ein Krösus ist wie Cornelis van Veen oder die sagenhaften Polders, die die neugierigste Familie in ganz Holland sein sollen und immer vergnügt. Exzellenz Polder soll zum Piepen sein und wickelt die javanischen Fürsten um den kleinen Finger, sagt Polly – was wollte ich noch sagen, ich bin ganz durcheinander vor Zuneigung zu dem armen Polly, der die schlechteste Hausfrau von Java bekommt – ich glaube, Polly hat nur sein Regierungsgehalt, und ich will Mutters Schmuck verkaufen, damit Daddy zur Hochzeit nach Batavia kommen kann. Ich werde nicht erlauben, daß Du ihn einlädst, Onkel Bob! Ich weiß genau, daß Papa dann in London bleiben würde – mit seinen Konservenbüchsen, und so unglücklich, daß er schrecklich viel Scherze im Büro erzählt. Ich mag Polly natürlich nicht sagen, daß Daddy sehr störrisch in solchen Sachen ist – von mir hat er das bestimmt nicht! Im schlimmsten Fall müssen wir warten, bis Polly in einem Jahr seine kostbaren Tanten und den kleinen Lukas besucht; ich fahre dann zu Daddy, denn ich weiß aus trüber Erfahrung in Singapore, wie ungünstig ich mich in einem neuen Familienkreis ausnehme. Allerdings werde ich, wenn Daddy bei meiner Hochzeit fehlt, auch schrecklich viele Scherze machen müssen …
Also auf Wiedersehen in drei Monaten und vielen Dank für alles.
Eure Linda
PS: Polly versteht nichts von Pferden; ich finde das süß.»
Lindas treusorgende Verwandten sahen sich benommen an. Wer hätte das von Linda gedacht?
«Das ist ja eine Überraschung», sagte Sir Robert schließlich und bilckte angespannt in seine Teetasse.
Lady Derrington hüstelte – ein Zeichen ungewöhnlicher Gemütsbewegung – und bemerkte:
«Schade, daß Linda nicht wenigstens das neue weiße Kleid mitgenommen hat! Sie wird in ihren zerdrückten Sachen einen reizenden Eindruck in Batavia machen!» Da Sir Robert nicht antwortete, fügte sie hinzu: «Der arme Professor! Er wird sich wundern, wenn er das erste Mal einen Blick in Lindas Schränke tut.»
Lady Derrington hatte zwar selbst die englische Begabung, aus jedem Schrankinnern und jeder Schublade in kürzester Zeit einen Trödelladen zu machen – es wurde niemals etwas weggeworfen, und neue Erwerbungen wurden sorglos zu dem übrigen Inhalt gestopft –, aber im Vergleich zu Linda war Lady Derrington pedantisch.
«Die Holländer sind sehr ordentlich», sagte sie düster. «Aber es ist doch wirklich ein großes Glück für Linda, wenn der Professor auch auf mich wie ein ziemlich lebloser Fisch gewirkt hat.»
Lady Derrington war so beleidigt, daß Linda sich ohne ihre Assistenz einen Ehemann gesucht hatte, daß sie vergaß, wie wünschenswert ihr diese Heirat noch vor einer Stunde erschienen war. Sie redete jedoch vor allen Dingen weiter, weil Roberts Schweigsamkeit und Blässe ihr nicht gefielen. Sollte er wirklich so sehr an diesem schwierigen Mädchen hängen? Er hatte doch schließlich Lady Derrington und zwei sehr nette Söhne auf der Universität daheim … Nach näherer Bekanntschaft mit Roberts Nichte hatte Lady Derrington sich beglückwünscht, keine Tochter erziehen zu müssen. Natürlich war sie nie blind gegen Lindas gute Eigenschaften gewesen. Im Grunde hatten ihr Lindas Stolz, ihre Abenteuerlust und ihre scheue, innige Liebe zu ihrem Vater sehr gefallen. Aber das änderte nichts an der Tatsache, daß Linda nach Lady Derringtons Ansicht ein ungewöhnliches Talent besaß, den Menschen auf die Nerven zu fallen. Doch das war nun Professor de Witts Angelegenheit.
Es dämmerte. Die Palmen im Garten warfen violette Schatten, und die flammenden Blüten wurden so grau wie Sir Roberts Zukunft ohne Lindas lebenslängliche Anwesenheit in Singapore.
Robert Derrington fühlte ich zum erstenmal mit seinen fünfzig Jahren alt und müde. Er hätte am liebsten die Cocktail-Party bei den John van Veens abgesagt und über Linda nachgedacht; aber er wollte sich lieber bei John über Professor de Witts Vermögensverhältnisse und über sonstige Einzelheiten erkundigen. Linda war ein Kind in Geldangelegenheiten. Es sah ihr ähnlich, Hals über Kopf zu heiraten, anstatt an ihren Vater zu denken, der dringend einen vermögenden Schwiegersohn gebraucht hätte. Sir Robert versuchte, auf Linda böse zu sein, doch es gelang ihm nicht. Er fand nach wie vor, daß dieser stille Professor aus Buitenzorg ein beneidenswerter Mann war. Gewiß war Linda nicht gerade eine Schönheit; aber sie konnte sehr attraktiv wirken mit ihrer schlanken Gestalt, den goldbraunen langen Haaren und ihrem seltenen Lächeln, das süß und offenherzig war. Man vergaß über diesem Lächeln, daß die starken Kiefer ihr das Aussehen eines … eines Füllens gaben. Linda war immer voller Leben und Jugend – bis auf die Augenblicke, wo sie sich dank Janes wohlgemeinten Bemühungen hoffnungslos unbegehrt und ungeschickt vorgekommen war. Eine Frau sollte nicht allzu schön sein, dachte Sir Robert plötzlich. Seine Jane war auch nie eine Schönheit gewesen; aber sie hatte den berühmten Rosenteint gehabt und war von großer Eleganz in der Haltung. Sir Robert war immer noch stolz auf sie; man sah ihr ihre siebenundvierzig Jahre nicht im entferntesten an. Aber Linda – sie würde das merkwürdige Gesetz der Liebe erfüllen, das einem Mann sein Eheglück garantiert. Linda würde sich nicht lieben lassen; sie würde mit innerem Schwung und der rührenden Dankbarkeit der von Männern unverwöhnten Mädchen selber lieben … Als Frau würde Linda von edler Bescheidenheit sein. Das wußte Robert Derrington, während er sinnend die violetten Schatten der Tropendämmerung betrachtete.
Er stand auf und strich Jane über das blonde Haar. «Wir wollen noch etwas ruhen, bevor wir uns anziehen müssen! Von heute an brauchst du dich nicht mehr über Linda zu ärgern.» Dann fügte er augenzwinkernd hinzu: «Ich fürchte, wir sind wirklich eine ziemlich unangenehme Familie, meine arme Jane!»
«Ist das alles, was du zu sagen hast?» fragte Lady Derrington trocken. «Ich habe heute schon beim Frühstück gewußt, daß du deinen albernen Dienstag hast!»
Mildred van Veens Gartenfest, dem Linda mit knapper Not entronnen war, begann für die Gastgeberin viele Stunden vor Anfang. Sie war vor Gesellschaften stets so fieberhaft erregt und von Visionen des Mißlingens geplagt, daß John und das Kind Jaeoba ihr vorsichtig aus dem Wege gingen.
Wenn sie vor einer Party mit aufgerissenen Möwen-Augen durch die Räume und den Garten flatterte, zog John sich kopfschüttelnd in sein «Kabinett» zurück. Es erinnerte trotz der Tropenhelle irgendwie an den halbdunklen, getäfelten Raum in dem riesigen Stammhaus der Van Veens in Den, Haag, wo viele Generationen ihre berühmten Kameen gesammelt und stumm die «Stationen des Kreuzes» betrachtet hatten: primitive und eindringliche Visionen des Marterweges Christi, die ein unbekannter Meister des vierzehnten Jahrhunderts in Holz geschnitten hatte. In jenem Kabinett hatten Cornelis und Dirk van Veen mit ihrem Großvater gesessen; dort hatte auch John mit dem alten Mijnheern leise Gespräche geführt und die Reize der Meditation schätzengelernt. Seitdem schuf er sich überall in der Welt einen Raum der Stille. Denn John van Veen brauchte diese Stille in der hektischen Welt des großen Geschäfts. Vor seiner Karriere in Washington war der amerikanische Vetter der Van Veens in der Industrie tätig gewesen. Erdöl zwischen den USA und Palembang in Sumatra lag ihm noch heute am Herzen. Während seiner Studienreise durch den Fernen Osten wollte er weitere Möglichkeiten der Erdöl-Produktion und Raffinerie erforschen und die politische Situation näher kennenlernen: Insel-Indien war wie Malaya ein Paradies mit einigen politischen sauren Äpfeln.
Aber John van Veen war trotz der holländischen Abstammung ein Amerikaner der zwanziger Jahre: rastlos, in kühne Wirtschaftsabenteuer verliebt, ein Mann der Tat, aber zugleich ein Intellektueller. Er teilte mit Tausenden seiner Landsleute die Überzeugung, daß selbst ein undankbares, schäbig gewordenes, hygienisch rückständiges und zum Teil anarchisches Paris, das durch den Ersten Weltkrieg seines Glanzes beraubt war, immer noch das kulturelle Mekka der westlichen Welt blieb …
Mildreds gesellschaftlichem Versagen gegenüber blieb John van Veen so nachsichtig-freundlich, als ob Jupiter sich leutselig zu den Irdischen herabließe. Denn er liebte seine Frau aufrichtig. Und warum in aller Welt hätte er auch sonst eine kleine Sekretärin heiraten sollen? Warmherzig und großmütig wie er war, kämpfte er alle äußeren Schwierigkeiten und inneren Konflikte allein aus. Die kleine Möwe hätte ohnehin nichts davon verstanden, denn bei aller persönlichen Selbstverleugnung war sie davon überzeugt, daß Amerikaner auf der Seite der Engel geboren waren … Diese Überzeugung führte häufig zu Schwierigkeiten mit den Malaien. Ob Fürst oder Gärtner, ein Malaie verlor das lebenswichtige Gefühl des senang (Glück, geistiges und seelisches Wohlbefinden) in Mildreds Gegenwart, obwohl diese farblose nonja (Dame) zu ihrem eigenen Glück die Gedanken der Malaien nicht essen konnte. Dafür scheuchte sie aber die malaiischen Diener mit irgendeinem Auftrag aus ihren geflüsterten Konferenzen; und wie kann ein Malaie ohne beständige meshuarat (Ratsversammlung, Konferenz) in den Dienerquartieren oder in seinem Kampong glücklich sein? Das Leben bei Lady van Veen war sehr gefahrvoll, aber andererseits sehr einträglich, und so sah man über manches hinweg: sie konnte ja nichts dafür, daß Allah sie so rücksichtslos geschaffen hatte. Einmal allerdings hatte sie einen Diener so beleidigt, daß nur John van Veens Dazwischentreten eine kleine Generalprobe mit dem kris (Dolch) verhindert hatte. Tuan van Veen hatte den Trick, jeden Malaien senang zu machen; genau wie sein Freund Tuan Derrington, der heute abend mit dem Gärtner in der Höflichkeitssprache scherzen und ihn wegen seiner Blumendekoration loben würde … Auch der Gärtner Arifin ließ sich von niemandem kränken, weil dann seine Leber schwarz und bitter wurde … Wenn Tuan van Veen Gäste hatte, wobei leider eine Reihe unheiliger Getränke serviert wurden, reichte Arifin in seiner Festkleidung Limonaden herum und bekam viel freundliche Worte zu hören; denn er war jung, anmutig und hatte sanfte Augen.
John van Veen hatte Mildred vergeblich zu erklären versucht, daß ihre malaiischen Diener sich nicht «mit Schande zudecken» ließen. Vor jeder Gesellschaft herrschte Krisenstimmung; Van Veen konnte nicht begreifen, warum seine sonst so schüchterne und selbstlose Frau mit diesen sanften höflichen Malaien einen überlegenen oder scharfen Ton anschlug, den sie sich doch abzwingen mußte. Mildred konnte keine Fliege beleidigen, vorausgesetzt, daß sie amerikanischen Ursprungs war … Wenn John seine Frau mit ihren Dienern beobachtete, staunte er über die Kontraste in einer einzigen menschlichen Natur.
John van Veen, der in den USA geboren war, hatte als Student entscheidende Jahre in Holland auf der berühmten Universität von Leyden zugebracht. Der «alte Herr» im Haag hatte den Vorschlag gemacht, und Johns Eltern waren einverstanden. Es war von Nutzen, wenn ein junger Mann die Welt und seine Familie in Europa kennenlernte. Da Leyden nur fünfzehn Kilometer von Den Haag entfernt war, hatte der junge Amerikaner jedes Wochenende beim alten Herrn zugebracht. Er liebte heute noch Leydens enge Straßen und das Fluidum, das seine chinesischen Freunde, die Tsuis, als «den Duft der Gelehrsamkeit» bezeichneten. Doch hätte er diese Straßen in den Staaten nicht gern gesehen. Nur jenen Duft hätte er gern hinübergenommen und dazu sämtliche Bilder von Rembrandt, Jan Steen und Lucas van Leyden, die an diesen friedlichen Wassern, zwischen dem alten Viehmarkt und den Patrizierhäusern das Herz Hollands gemalt hatten.
Stärker als das Studium der Malerei und der Volkswirtschaft hatte aber etwas den jungen Amerikaner beeinflußt, was ihn in einen Kontrast zu den Frauen in seinem eigenen Lande brachte. In Europa bestimmten die Männer das Schicksal der Familie. Das moderne Matriarchat in den USA mit seiner aus Pionierzeiten entwickelten Glorifizierung der Frau, die von der Einrichtung der Zimmer bis zur Erziehung der Söhne alles im Hause bestimmte, erschien John van Veen nach seiner Heimkehr merkwürdig. – Der Einfluß der Frau und Mutter sollte leise sein, so wie er es in holländischen Familien beobachtet hatte. Aus der Zeit seines Studiums stammte seine Vorliebe für stille, anspruchslose Mädchen und Frauen. In stummem Protest gegen die entzückenden Mädchen seines Landes hatte John van Veen in einem plötzlichen, späten Impuls die junge Miss Jackson geheiratet: eine Kleinstädterin, deren Eltern mit ihr und ihrer Schwester Anne in New York vergeblich ein besseres Leben gesucht hatten. Mildred erfüllte ahnungslos ein Wunschbild, das er sich an einsamen Abenden aus Jugenderinnerungen und aus Abneigung gegen weibliche Herrschsucht gezimmert hatte. Ihre Schüchternheit und Bescheidenheit erweckten Liebesgefühle in ihm. So hatte der glänzende und verwöhnte John van Veen, für den das Beste gerade gut genug schien, eine Frau geheiratet, die Jane Derrington mit Erstaunen betrachtete. Wie war es nur möglich – ein Grandseigneur wie John und dieses dürftige, kopflose Hühnchen?
Mildred war Hotelsekretärin gewesen und hatte öfters für John van Veen gearbeitet, wenn er riesig, von rastlosen Ideen berstend, im Waldorf-Hotel in New York auftauchte. Er brachte einen Hauch von rätselhafter Unruhe und eine Ahnung von finanziellen Abenteuern mit. Daneben viel warmherzige Fürsorge für das kleine, dünne Ding, das so korrekt und grenzenlos ergeben sein Diktat aufnahm. Auch bestellte er jedesmal ein Essen für Miss Jackson, denn für ihn sah sie verhungert aus, was sie durchaus nicht war. –
Mildred besaß entsetzlichen Ehrgeiz für alle anderen, eine Neigung zu stellvertretendem Glück und entfaltete oft eine absurde Aktivität für die geliebten Menschen. So hatte sie versucht, John van Veen mit ihrer Schwester Anne zu verheiraten. Die wunderschöne Anne mit der Haltung einer Fürstin führte stets die großen Abendkleider vor. Sie war ein frigides Mannequin, das nichts von Liebe wissen wollte. Als John van Veen wieder einmal nach Mildred telefonieren ließ, da hatte Millie einen wahrhaft idiotischen Plan gefaßt und Anne so lange in den Ohren gelegen, bis sie achselzuckend nachgegeben hatte. Mildred wollte krank spielen, und Anne sollte ihre Botschaft im Hotel ausrichten. Millie konnte sich einfach nicht vorstellen, daß Annes Schönheit den schwerfälligen Grandseigneur nicht umwerfen würde.
Als Anne mit der Überzeugung, dorthin zu gehören, im Waldorf auftauchte, blickte John sie stumm an. Dann fragte er mit seiner tonlosen Stimme – eine Familieneigentümlichkeit der Van Veens –, was Miss Mildred fehle und ob sie einen guten Arzt hätte.
«Ich fahre selber hin», rief er und sprang auf. Anne war ratlos. Außerdem war sie ärgerlich. Aber es gab keinen Widerstand gegen diesen … diesen Holzklotz, der nicht einen einzigen Blick in ihr hochbezahltes Dekollete geworfen hatte. Seine leicht verschleierten Augen blickten über Anne hinweg. Die Gedanken hinter seiner hohen, gewölbten Stirn konnte sie nicht lesen.
Kopfschüttelnd betrat John das schäbige Zimmer in einem bescheidenen Viertel von New York. Mildred trug eine alte Strickjacke – stets das verhängnisvollste Kleidungsstück für unansehnliche Frauen – Talmi-Ohrringe, und dazu hatte sie rote Augen. Obwohl sie fünfundzwanzig Jahre war und das Leben kannte, oder es sich einbildete, hatte sie geweint, weil sie Jupiter durch eigene Schuld entbehren mußte. Millie hatte nicht einmal das Talent, hübsch zu weinen; ihre Nase wurde glühendrot, und ihre runden, glänzenden Möwenaugen wurden klein und glanzlos. So saß sie da und sprang mit einem Schrei auf, als John van Veen – damals achtunddreißig Jahre und strahlend elegant in seinem pelzgefütterten Mantel – das Zimmer betrat und beinahe mit dem Kopf an die Decke stieß.
«Tut es so weh?» fragte Mr . van Veen mit seiner seltsam tonlosen Stimme.
«Soll ich Diktat aufnehmen?» brachte Milli hervor.
«Haben Sie Fieber, oder können wir irgendwo essen gehen?» Mr . van Veen ergriff ihre Hand, um den Puls zu zählen. «Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen.» Er sah sich suchend um – wahrscheinlich suchte er Anne, die aber beleidigt ins Kino gegangen war.
Millie war wie berauscht mit ihrem Chef «irgendwo essen» gefahren. Es war ein Restaurant, das die Schwestern noch niemals von innen gesehen hatten. Beim Mokka wartete Mildred mit glänzenden Augen auf Mr . van Veens Enthüllungen. Sie hatte es gewußt: Anne hatte ihn bezaubert! Er war ja auch der einzige Mann, der für ihre wunderschöne Schwester gut genug war: machtvoll, elegant und sehr vermögend. Millie brausten diese Gedanken und der ungewohnte Champagner im Kopf herum, als Mr . van Veen ihre zarten Finger in seine riesigen, warmen Hände nahm – er trug einen Siegelring holländischer Arbeit – und abrupt sagte:
«Ich habe mich entschlossen, doch noch zu heiraten!»
«Ich wußte es», murmelte Millie. «Ich … ich bin so glücklich für Anne», stammelte sie und blickte John van Veen nicht an. Daher entging es ihr, daß er seine meerblauen Augen unter den schweren Lidern aufriß.
«Wer ist Anne?» fragte er zerstreut. «Warum zittern Sie? Wollen Sie eine Fiebertablette?»
Dann geschah etwas Unglaubliches. Mr . van Veen zog ein Etui aus der Tasche, öffnete es bedächtig und entnahm ihm ein Paar Ohrringe – kleine, platingefaßte Perlen mit einem rosa Schimmer und von enormem Wert. Mit einer Geschicklichkeit, die ihm niemand zugetraut hätte, löste er die entsetzlichen Imitationen aus Millies hübschen, kleinen Ohrläppchen und befestigte die Perlen. «Die Kette kommt zur Hochzeit; die Perlen waren nicht gleichmäßig genug; ich lasse sie zusammenstellen», murmelte er. «Was ist denn? Warum weinst du?» flüsterte er. Sie waren allein in dem Restaurant; es war sehr spät geworden. «Willst du mich nicht haben? Bin ich zu alt?»
Er blickte seine zukünftige Frau nicht an. Das war ja eine schöne Bescherung! Und die Perlen hatte sie schon in den Ohren. Aber die hatte er ihr in jedem Fall schenken wollen …
«Mich wollen Sie … mich?» stotterte Millie. «Nicht … nicht Anne?»
«Wer ist Anne?» fragte Mr . van Veen, diesmal bereits ungeduldig, denn sein rastloser Geist beschäftigte sich mit tausend Sachen: Millies Trousseau für Holland, Millies Gesundheit – warum zum Kuckuck schluchzte sie, als ob er ihr den Kopf abreißen wollte anstatt sie endlich mit dem Glück bekanntzumachen? Er hatte sich seine Verlobung nicht so wäßrig vorgestellt. Denn nun schluchzte Mildred zum Steinerweichen, als ob sie auf einer Beerdigung wäre. Aber gleichzeitig legte sie den Kopf an seine Schulter … hm, sie wollte ihn also offenbar doch haben?
«Natürlich will ich dich heiraten», sagte er und seufzte vor Ungeduld. «Hast du das nicht gemerkt? Eine New Yorkerin und so ahnungslos? Wo lebst du? Auf dem Mond?»
John van Veen hatte die Angewohnheit, in der Erregung seine Fragen wie Pistolenschüsse abzufeuern. Auf Antworten wartete er nicht. Er wußte fast alle Antworten.
«Aber Mildred –» er sagte damals und auch später niemals «Millie» – «beruhige dich doch! Es gibt doch Schlimmeres als heiraten. Hast du immer noch Kopfweh? Warum hast du kein Taschentuch? Hast du keinen dickeren Mantel? Du wirst dir den Tod holen in diesem ekelhaften New Yorker Regen!»
Er hatte in Windeseile bezahlt, Mildred in seinen Riesenpelz gehüllt und sie dann wie eine Mutter ihr Baby in seinen Wagen gepackt, der dieselben überlebensgroßen Maße hatte wie er. Ja, geküßt hatte er sie auch und die braune Strickjacke lachend zu Boden geworfen.
«Hast du keinen Farbensinn, Liebling? Wo gibt es solch entsetzliche Jacken? Zahlen die Leute noch etwas zu, damit man sie kauft?»
Da hatte Mildred plötzlich gelacht – sehr hell und jung. Und sie hatte im Dunkel des großen Wagens verstohlen die Tränen getrocknet.
«Oh … John … du weißt ja gar nicht …» Sie stockte. Sie hatte sagen wollen: «Was Armut ist!» Aber ein neuer Stolz verschloß ihr den Mund.
«Was weiß ich nicht, kleines Mädchen?» John van Veen hatte sich tief zu seinem Pelz hinabgebückt, in dem Mildred warm geborgen und sehr müde saß. «Du mußt als meine Frau Nachhilfestunden im Glücklichsein nehmen», sagte er zärtlich und tonlos. Er hatte mit dem Tiefenblick der Van Veens, die niemals die Wasserfläche für den Meeresgrund hielten, Mildreds Schönheit erkannt: ihre Bescheidenheit und das Bedürfnis, alle Menschen, die sie liebte, auf ihre Kosten glücklich zu machen … Aber er wußte auch in seinem unbestechlichen Wirklichkeitssinn, daß seine Frau Angst vor den Menschen seiner Kreise haben, daß sie das aufgeregte Herumflattern schwer ablegen würde und daß ihre Schwester Anne verheiratet werden mußte, wenn er etwas von seiner Frau haben wollte. Ein Plan schoß ihm bereits in dieser Stunde durch den Kopf: Er hatte bei seinem letzten Besuch in Holland seinen Freund, Professor van Swanenburgh, besucht: Witwer, eminenter Chirurg. Die Swanenburghs waren seit jeher Freunde der Van Veens gewesen. Vielleicht …
«Warum bist du so dünn, Kleines? Ißt du nicht genug? Für wen knappst du dir das Essen ab? Was ist denn? Kannst du nicht ruhig sitzen, Liebling, und dir einen Verlobungskuß geben lassen? Hmm.. Halte mal still jetzt! Wir sind gleich bei dir angelangt. Still … sage ich!»
So hatte Mildred van Veens Leben in der Welt der Wirtschaft und Politik begonnen; in einer Welt, die nicht ihre Maße hatte. Ihre Schwester Anne war von John verheiratet worden. Professor van Swanenburgh hatte sie sozusagen vom Fleck weg geheiratet. Und Annes einzige Tochter Jo war nun in Singapore angekommen. Mildred van Veen gab dieses Gartenfest für die siebzehnjährige Jo, die eigentlich nach Mildreds und Annes Mutter Joan hieß. Jo ähnelte Anne van Swanenburgh in einem einzigen Punkte: sie wollte sich von Mildred nicht lieben lassen.
Logiergäste waren für Mildred von jeher eine seelische Belastung gewesen; vor allem wenn sie sie nicht sehr nahe kannte. Ihre Schüchternheit, die mit den Jahren zu einer Kontaktschwäche geworden war – und das in der Welt des Fernen Ostens, welche die Schaffung von Kontakten mit unzähligen Menschen, Nationen und Rassen als Hauptaufgabe ansieht! –, war eine Prüfung für John van Veen. Er hatte zwar gewußt, daß Mildred unruhig umherflattern würde, hatte aber doch angenommen, daß seine beschützende Liebe und seine Stellung Mildred ein wenig Sicherheit geben würden. Mildreds Kontaktschwäche grenzte in den letzten Jahren an eine pathologische Furcht vor Menschen der internationalen Gesellschaft, die sie zu begrüßen und zu bewirten hatte. Sie war eine sehr liebevolle Frau und Mutter und dabei die unpassendste Gefährtin für John van Veen und die verhängnisvollste Erzieherin für die kleine Jacoba, die sie «Jackie» riefen. Mildred fühlte, daß ihre Gäste aus aller Welt als Frau eines prominenten Amerikaners etwas ganz anderes anzutreffen erwarteten, auch wenn sie zu wohlerzogen oder zu gleichgültig waren, Mildred ihre Überraschung fühlen zu lassen. Jane Derrington war ihre einzige Freundin. Sie ignorierte Mildreds Nervosität bei Parties und half ihr unauffällig, wo sie konnte. Sie hatte Mildred sehr gern und hätte sie wahrscheinlich auch aus einem brennenden Haus gerettet.
Dirk van Veen – fünfundzwanzig Jahre alt, Wirtschaftskorrespondent für bekannte holländische Zeitungen und Zeitschriften, groß, elegant und spöttisch – jagte Mildred schon am Hafen von Singapore einen mit Staunen gemischten Schrecken ein. Er war ihr so fremd wie Jo, ihre einzige Nichte. Jo schien kapriziös und egozentrisch zu sein. Aber das hätte Mildred, die bereits hochfliegende Pläne für Jos Zukunft schmiedete, nicht einmal sich selbst eingestanden. Sie war die ganzen Jahre nicht in Amsterdam gewesen, nachdem Anne eines Tages die Flucht ergriffen hatte. Hatte sie niemals an ihre beiden Kinder – ihre Tochter Jo und den kleinen Willem – gedacht?
Es war ungünstig, daß Mildred drei Stunden vor ihrer Cocktail-Party – zu der sie wieder viel zu viele Leute eingeladen hatte, mit denen sie nachher nichts anzufangen wußte – an die alten Geschichten in Amsterdam dachte. Jo war jahrelang in Pensionaten erzogen worden und gehörte daher zu jenen Familienmitgliedern, welche die Swanenburghs als «die Abwesenden» bezeichneten, wobei es Außenstehenden unklar blieb, ob die Abwesenden verreist oder tot waren oder in der Verbannung lebten. Der Professor und sein Sohn aus erster Ehe waren sowieso den ganzen Tag und die halbe Nacht als Chirurgen beruflich beschäftigt; sie merkten kaum, wer in dem riesigen, kalten Haus in Amsterdam an- oder abwesend war. Mildred hatte die Swanenburghs nur kennengelernt, als John van Veen dem zerstreuten Professor – mit der sirenenhaften Beredsamkeit amerikanischer Senatoren – seine Schwägerin Anne zwischen zwei Operationen als Ehefrau vorschlug. Er wußte, daß Swanenburgh ein Auge für Frauenschönheit hatte und wenig weibliche Leidenschaft brauchte – da erschien Anne gerade die Richtige. Daß dann alles anders gekommen war – wer konnte dafür?
Nun war Mildred entschlossen, Jo, die so lange als «Abwesende» in Mädchenpensionaten gelebt hatte, am Beispiel von Tante Mildred und Onkel John vorzuführen, was Familienliebe ist. Aber Mildred fühlte dunkel, daß das Mädchen Jo für ihre siebzehn Jahre viel zu selbstsicher und verschlossen war. Überdies hatte sie zu elegante Kleider – wenn man bei Swanenburghs Geld oder wieder eine Erbschaft in Aussicht hatte, wurde alles schnell ausgegeben. Offenbar hatte der Professor sich dunkel aus seiner Tropenpraxis in Batavia erinnert, daß die Damen sich beständig neue und elegante Kleider anzogen, und hatte seiner einzigen Tochter eine Garderobe für Singapore gekauft, die für eine Weltdame von fünfunddreißig Jahren richtig gewesen wäre. Es waren Kleider, die seine bildschöne Frau getragen haben würde, wenn sie sich nicht nach zwölf Ehejahren wortlos unter «die Abwesenden» begeben hätte … Dazu hatte Jo eine tiefe Schiffsjungenstimme und keine Ahnung von Rücksicht oder Pünktlichkeit. Im Hause Swanenburgh wurde zu den verrücktesten Zeiten soupiert oder gefrühstückt; in ihren Kinderjahren hatte der Professor Jo manchmal spät abends aus dem Bett geholt und sie bei Kerzenlicht in dem großen unordentlichen Speisesaal mit unbekömmlichen Leckerbissen gefüttert. Anne hatte oft im großen Abendkleid reglos dabeigesessen, wenn sie aus einem Konzert gekommen war, wo sie ihren eigenen Gedanken nachgehangen hatte. –
Millie hatte nicht nur einen ängstlichen Ordnungssinn und eine korrekte Sekretärinnenseele, sie hatte auch noch niemals ein solches Milieu gesehen. In der Wohnung der Swanenburghs standen Schätze von einzigartigem Wert – Mingvasen oder eine Tang-Gruppe von Pferden, die chinesische Patienten dem Professor noch in Batavia geschenkt hatten – unbeachtet und leicht angestaubt neben künstlichen Blumen, angestoßenen Delfter Kacheln und grauenhaften Schäferpaaren aus Steingut. Denen durfte kein Haar gekrümmt werden, da sie von blindergebenen Patienten stammten, die sie mit finanziellen Opfern gekauft hatten. Die Swanenburghs aßen genauso gern von Holztellern wie von Delfter Servicen. Millie sah staunend, daß die Swanenburghs ihrer Umgebung den Stempel des Unmöglichen und Phantastischen aufdrückten. Sie waren gleichzeitig so exakt und so hintergründig, daß man an Mathematikstunden im Irrenhaus denken mußte. Aber bei alledem waren der Professor und sein Sohn Vincent meisterhafte Chirurgen, würdig der Dynastie, die sie fortsetzten. Jo sollte auch Medizin studieren, nachdem sie Tante Mildred in Singapore zur Verzweiflung gebracht haben würde. Der Professor hatte allerdings John van Veen gewarnt; «Jo wird euch nur Kummer machen», hatte er geschrieben. Damit hatte Professor van Swanenburgh seiner Meinung nach seine Pflicht getan. Die arme Mildred, die bereit war, sich für dieses schwierige Mädchen in Stücke zerhacken zu lassen, hatte auch nach ihrem weit zurückliegenden Besuch in Holland keine Ahnung, wer die Swanenburghs eigentlich waren, die berühmten und exzentrischen Swanenburghs, die sich neben blind ergebenen Trabanten – wie der Professor alle Leute nannte, die ihm Unbequemlichkeiten abnahmen – eine große Anzahl von Feinden dadurch geschaffen hatten, daß sie allen Leuten genau sagten, was sie von ihnen dachten … Einmal hatte Mildred während der zwei Monate vor Annes Hochzeit dem Professor einen guten Ratschlag gegeben, und er hatte sie mit unergründlichem Lächeln betrachtet und «Ah … · die Stimme der Vernunft!» gerufen. Millie hatte nicht gewußt, ob es eine Anerkennung oder eine Beleidigung war … Aber selbst sie hatte sich dem Charme des Professors und seines Sohnes Vincent nicht ganz entziehen können, wenn sie es auch mißbilligte, daß die beiden Herren meistens vergaßen, Rechnungen nach Operationen zu schicken, und mit Frau und Kind, Mann und Maus in dürren Zeiten fröhlich dorthin reisten, wo es am schönsten, amüsantesten und teuersten war. Das Kind Jo hatte einen Teil seiner Schulzeit in Luxushotels in Europa verbracht, wo es wohl seine Selbstsicherheit und Verschwendungssucht erworben hatte. Außerdem hatte dieses siebzehnjährige Mädchen, dem die berechnende Kühle seiner verstorbenen Mutter Anne weltenfern war, eine glanzvolle und bezaubernde Sorglosigkeit, der Mildred hilflos gegenüberstand. Übrigens hatte sie von Jo erfahren, daß der «Zauberkünstler», wie diese ihren Vater nannte, eigentlich von ungeheuren Erbschaften lebte, die ihm in regelmäßigen Abständen von verwandten oder bekannten Trabanten und Randfiguren Übermacht wurden. Der Professor erbte auf Grund seines persönlichen Charmes; weder er noch Vincent oder Jo hätten sich jemals um einen Millionär gekümmert, wenn er mit der Stimme der Vernunft zu ihnen gesprochen hätte. Er hätte sie zum Kofferpacken gelangweilt. Aus diesem Milieu stammte Mildreds einzige Nichte, die sie in der einen Woche, die ihr Singapore-Aufenthalt währte, zerstreut betrachtete, als frage sie sich verwundert, wer Mildred eigentlich wäre.
Zu dem Kind Jacoba war Jo freundlich: sie wollte ja Kinderärztin werden. Dieses spätgeborene Kind flatterte sorgenvoll herum; es spürte, daß seine Mutter sich ein fröhliches, allgemein beliebtes und bewundertes Bilderbuch-Kind wünschte, das vor niemand scheu in einen Winkel lief, vielmehr drollige, gescheite Antworten gab. Kein Abbild von Mildred selbst – um Himmels willen! Jacoba war aber schon als Baby höchst sorgenvoll gewesen; als ob das Würmchen ahnte, daß seine Mutter mit selbstlosem und gefährlichem Ehrgeiz ein amerikanisches Luftschloß baute, in dem Jackie später herrschen sollte – amüsant, elegant, schlagfertig und so strahlend gelaunt wie jene Illustrierten-Familien, die das Leben wegen eines neuen Eisschranks oder Autos im höchsten Maße lebenswert finden. Leider litt die stille, scheue Jacoba mit ihren neun Jahren an Schlaflosigkeit und einer Geisterfurcht, die ihr ihre malaiische Kinderfrau sorgfältig als erstes Bildungselement eingeflößt hatte. Jackie schrie öfters des Nachts spitz auf, weil der pawang (Beschwörer) seine Puppen an ihr Bett brachte und schaurige Schattenspiele aufführte. Vor Mildreds Parties war Jacoba besonders aufgeregt, weil sie manchmal den Gästen guten Abend sagen mußte und einen Pawang unter ihnen vermutete. John van Veen blickte seine einzige Tochter manchmal erstaunt an: was für ein furchtsames Hühnchen! Doch Jacobas Ängstlichkeit und Zartheit – sie hatte den durchsichtigen Teint von Tropenkindern aus dem Westen, dazu goldblonde Locken und sehr helle, blaue Augen, die sie angstvoll aufriß –, Jacobas Winzigkeit und Schlaflosigkeit waren nur ein Grund mehr, ihr die Fürsorge und die seltsam barmherzige Liebe ihres riesigen, robusten Vaters zu sichern. Alle Van Veens hatten diesen Zug der mit-leidenden Liebe; bis auf Dirk, der übrigens die bevorstehende Cocktail-Party für die junge Jo als Vorwand benutzte, seit dem Frühstück durch Abwesenheit zu glänzen. Es war vier Uhr nachmittags. John van Veen verließ sein Kabinett, in dem allerhand holländische Schatten spukten. Er reckte sich und stieg langsam in den ersten Stock des großen Tropenhauses, um seiner Nichte Jo eine Gardinenpredigt zu halten. Er würde nicht gestatten, daß dieses naseweise und unwissende junge Geschöpf seine Frau ignorierte … Mildred war die Dame des Hauses, auch wenn sie sich hinter Johns mächtigen Rücken verkroch.
Vom Garten drang Mildreds erregte Stimme. Sie gab dem Gärtner Arifin Anweisungen, wie er die chinesischen Blumenvasen um das große Zelt im Garten arrangieren solle, obwohl Arifin das bedeutend besser wußte als «Lady» van Veen. Arifin erwiderte sanfte Förmlichkeiten, doch John hörte seiner Stimme an, daß er bereits sakit hati (verärgert) war … John seufzte. Er beschloß in diesem Augenblick, seine Frau und das übernervöse Kind in die Staaten zurückzuschicken.
Jo van Swanenburgh lag seit zwei Stunden mit verschränkten Armen unter ihrem Moskitonetz. Das Buch über Chirurgie, das ihr Stiefbruder Vincent ihr als Abschiedsgeschenk verehrt hatte, lag auf der Bambusmatte. Vincent hatte gewußt, daß ein medizinisches Werk ein vernünftiges Mädchen mehr erfreut als Konfekt oder anderer Weiberkram. Jo hatte sich, seit sie zwei Jahre nach dem «Ereignis» den Platz ihrer Mutter am Familientisch übernahm – vierzehn Jahre alt und naseweis –, an Unterhaltungen über Knochenbrüche und entzündete Harnblasen beteiligt. Alle Swanenburghs hielten diese Themen für bezaubernden Gesprächsstoff. Und nun war Anne ja nicht mehr dabei, um sie zu stören, Anne mit ihrem kalten, gelangweilten Lächeln, ihrem albernen Dekollete und ihren geheimen, niederträchtigen Fluchtplänen. Man sprach im Hause Swanenburgh fast nie von ihrem Verschwinden; notfalls nannte man es «das Ereignis»; Skandal klang melodramatisch, und Melodrama hatte keinen Raum in dem Amsterdamer Heim der Wissenschaft.
Jo dachte selten an ihre verstorbene Mutter. Anne hatte sie in die Verbannung geschickt, als sie elf und der kleine Willem fünf Jahre gewesen war. Sie hatte wohl gemeint, daß der Lebensstil ihres Mannes und Stiefsohnes die junge Tochter ungünstig beeinflussen würde; die Extravaganz der Reden und Taten, die Anne hassen gelernt hatte, das Medizingeschwätz – unappetitlich und zum Sterben langweilig – und alles andere … Niemand bewunderte Annes Schönheit. Ein trostloses Leben! Und Jo war ein schwieriges, altkluges Kind mit langen Beinen, kurzen Haaren und einer rauhen Schiffsjungenstimme. Jo sollte in einem englischen Pensionat eine Dame werden, wie Anne sie oft in New York gesehen hatte, wenn sie große Abendkleider vorführte. Doch der Professor hatte die Erziehungspläne immer wieder durchkreuzt. Er fuhr nach England, lud seine Tochter nach London ein und nahm sie kurzerhand auf einen Bummel nach Paris mit – ein dreizehnjähriges Kind, das von Anatomie und Operationen schwatzte und abends mit dem Papa großäugig in der Oper saß. Eine feine Erziehung! Jo bedauerte, daß sie durch ihre Mutter dazu verurteilt war, unter den «Abwesenden» zu rangieren; denn manchmal schien Papa ihre Existenz auf Wochen hinaus zu vergessen. Nur Vincent – der beste Assistenzarzt, den sein Vater jemals gehabt hatte – schrieb dem Kind freundliche Stenogramme zwischen zwei Operationen, die er kurz, genau und liebevoll beschrieb. Vincent van Swanenburgh war zu jener Zeit dreiundzwanzig Jahre alt, sah seiner verstorbenen Mutter ähnlich – sie war Ärztin gewesen – und wollte nach den Erfahrungen, die sein Vater mit seiner zweiten Frau machte, nicht heiraten. Wer garantierte ihm, daß es noch eine Frau gab, die so vernünftig und nett wie seine tief betrauerte Mutter oder seine Stiefschwester Jo war? «Die Amerikanerin», wie Anne in Amsterdamer Freundeskreisen genannt wurde, hatte aus Vincent zu Beginn ihrer Ehe einen «Trabanten» machen wollen. Da war sie allerdings bei der zukünftigen Weltberühmtheit am Operationstisch schön angekommen. Doch der jungen Jo und dem kleinen Willem – der auch schon gern ein Skelett streichelte – war Dr. Vincent van Swanenburgh ein wahrer Bruder und Freund. Die Briefe an Jo schrieb er nachts; tagsüber war er mit konsequenter und mirakulöser Lebensrettung beschäftigt. –
Jo blickte vage in dem luftigen Tropenzimmer umher. Sie hatte das Buch beiseite geworfen, weil sie durch das ungewohnte Klima müde war und überhaupt lieber mit Papa und Vincent über chirurgische Abenteuer gesprochen hätte, als zu lesen. Es war eine Kateridee von Papa gewesen, sie zu ihrer Tante zu schicken. Jo hatte bei der Ankunft vor einer Woche mit einem halben Blick gesehen, daß Tante Mildred zu dem Menschenschlag der «Trabanten» gehörte; sie brachte sich täglich hundertmal um im Bestreben, Jo glücklich zu machen – wie langweilig! Trabanten mußten zum mindesten operationsreif sein, um zärtliche Gefühle in den Swanenburghs zu erregen … Onkel John war allerdings sehr famos, aber er schien Jo nicht leiden zu können. Warum nur? Und Jacoba war auch schon ein winziger Trabant. Jo gähnte und schloß die Augen. Sie wollte verdammt sein, wenn sie nicht ihre Passage nächste Woche buchen und ihre Vorbereitung für das Universitätsstudium betreiben würde.