Strategic Value Management - Patrick Ulrich - E-Book

Strategic Value Management E-Book

Patrick Ulrich

0,0

Beschreibung

Im Mittelpunkt des Einführungslehrbuchs steht die Verknüpfung von strategischer und operativer Unternehmensführung mit besonderem Augenmerk auf die Unternehmenswertsteigerung. Während in der Literatur bisher vornehmlich markt- und ressourcenorientierte Strategieansätze vorherrschen, können Unternehmen durch die Verknüpfung von Performance- und Value-Orientierung ihren Erfolg steigern und somit langfristig die Überlebensfähigkeit sichern. Neben klassischen Aspekten des strategischen Managements aus Planung, Diagnose, Wahl, Implementierung und Kontrolle wird die Bedeutung wertorientierter Strategiekonzepte und -instrumente herausgearbeitet.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 267

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wolfgang Becker, Patrick Ulrich

Strategic Value Management

Theorien, Methoden und Konzepte

unter Mitarbeit von Eva Reitelshöfer und Alexandra Fibitz

Verlag W. Kohlhammer

1. Aufl. 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-022147-5

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-030013-2

epub:    ISBN 978-3-17-030014-9

mobi:    ISBN 978-3-17-030015-6

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Vorwort

1 Terminologische Grundlagen des Strategischen Managements

1.1 Unternehmerisches Handeln als Objekt des Strategischen Managements

1.2 Aktuelle Herausforderungen für die Unternehmensführung

1.3 Instrumentelle Zwecke des Handelns von Unternehmen

1.4 Sicherung der Existenz als übergeordnete Zielsetzung von Unternehmen

1.5 Wertschöpfungshandeln und bedeutsame Führungsgrößen

1.5.1 Unternehmen als Institutionen ökonomischen Handelns

1.5.2 Führungsgrößen des unternehmerischen Handelns

1.5.3 Begriff und Wesen der betrieblichen Wertschöpfung

1.5.4 Begriffs- und Wesensmerkmale des Strategischen Handelns

2 Value und Performance Management

2.1 Bedeutung der Unternehmenswertsteigerung in der Praxis

2.1.1 Unterschiedliche Perspektiven auf den Unternehmenswert

2.1.2 Mergers & Acquisitions

2.1.3 Gesamtzusammenhang von Value und Performance Management

2.2 Empirische Erkenntnisse zum Performance Management

2.2.1 Auswirkungen von Performance Measurement auf den Erfolg

2.2.2 Performanceverluste und deren Ursachen

2.3 Performance und Performance Management

2.3.1 Begriff und Begriffsbestandteile

2.3.2 Performance Management und Performance Measurement

2.3.3 Methoden und Instrumente

2.4 Balanced Scorecard als Instrument

2.5 Instrumente des Performance Measurements im Vergleich

3 Entwicklungslinien, Modelle und Konzepte des Strategic Value Managements

3.1 Entwicklungslinien der Strategischen Unternehmensführung

3.2 Strategiekonzepte

3.2.1 Market based view

3.2.2 Resource based view

3.2.3 Value based view

3.3 Grundzüge der Corporate Governance und der Unternehmenspolitik

3.4 Konzeption des Strategic Value Managements

4 Strategische Diagnose als Voraussetzung des Handelns von Unternehmen

4.1 Überblick über das Aktivitätsfeld der Strategischen Diagnose

4.1.1 Strategische Analysen und Prognosen

4.1.2 Szenariotechnik

4.1.3 Lückenanalyse (Gap-Analyse)

4.1.3 SWOT-Analyse

4.2 Strategische Entwicklungen in der globalen Unternehmensumwelt

4.2.1 Segmente der globalen Umwelt

4.2.2 Aufgaben der globalen Umweltbeobachtung

4.2.3 Strategische Entwicklung in der wettbewerblichen Unternehmensumwelt

4.2.4 Kategorien von Branchen

4.2.5 Ansatzpunkte der Branchenanalyse

4.2.6 Ansätze zur Erklärung des unternehmerischen Erfolges

4.3 Strategische Entwicklungen in Unternehmen

4.4 Unternehmerisches Handeln als Zusammenspiel unterschiedlicher Handlungssphären

4.5 Benchmarking als umfassendes Instrument des strategischen Vergleichs von Unternehmen

5 Strategische Option des Handelns von Unternehmen

5.1 Betriebswirtschaftliche Bedeutung und terminologische Abgrenzung strategischer Handlungsoptionen von Unternehmen

5.2 Typologische Systematisierung ausgewählter Strategien

5.3 Differenzierung institutioneller Strategien

5.3.1 Übersicht

5.3.2 Strategisches Management in Mehr-Geschäfts-Unternehmen (MGU)

5.4 Differenzierung alternativer Wachstumsstrategien

5.4.1 Portfolio-Konzepte zur Ableitung strategischer Normempfehlungen für das Handeln von Unternehmen

5.5 Differenzierung alternativer Wettbewerbsstrategien

5.5.1 Kostenmanagement

5.5.2 Strategische Wettbewerbsposition von Unternehmen

6 Strategieimplementierung und Strategische Kontrolle des Handelns von Unternehmen

6.1 Aktivitäten der Strategieimplementierung

6.2 Phasenschema zur Strategieimplementierung

6.3 Problemfelder der Strategieimplementierung

6.3.1 Empirische Erkenntnisse

6.3.2 Organisationaler Wandel

6.4 Konzept der Strategischen Kontrolle

6.5 Prämissenkontrolle

6.6 Durchführungskontrolle

6.7 Strategische Überwachung

6.7.1 Strategische Frühaufklärung

6.8 Balanced Scorecard als Instrument zur Verknüpfung von Strategischer Planung und Strategischer Kontrolle

6.8.1 Aspekte der Implementierung einer Balanced Scorecard

6.8.2 Projektprozess zur Einführung einer Balanced Scorecard

6.8.3 Zielbildungsprozess, Indikatorenbildung und Maßnahmensuche

6.8.4 Integration des Risikomanagements in eine Balanced Scorecard

6.8.5 Rollout der Balanced Scorecard

6.8.6 Review der Balanced Scorecard

7 Strategie im digitalen Zeitalter

7.1 Einführung

7.2 Agilität und Digitalisierung

7.3 Aktuelle Herausforderungen

7.4 Digitale Ökosysteme

7.5 Virtuelle Netzwerke

7.6 Auswirkungen der Digitalisierung auf die Strategie

7.7 IT-Strategie und Digitalstrategie

7.8 Chief Digital Officer (CDO)

7.9 Trends

Informationen zu den Autoren und Mitarbeiterinnen

Stichwortverzeichnis

 

Vorwort

 

 

 

Im aktuellen Unternehmensumfeld, das durch die verstärkte Globalisierung, den demographischen Wandel und nicht zuletzt die Digitalisierung gekennzeichnet ist, verändert sich auch die Betriebswirtschaftslehre ständig. Das Themenfeld des Strategischen Managements, das sich in den USA sowie Deutschland relativ gleichzeitig, aber unter anderen Rahmenbedingungen entwickelte, ist von diesen Veränderungen ebenfalls betroffen. In den USA dominierten in den 70er, 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts die Diskussionen der Vertreter des marktorientierten (z. B. Michael E. Porter) und des ressourcenorientierten Ansatzes (z. B. Jay Barney). Parallel fand eine Diskussion darüber statt, ob und inwieweit geplante Strategien besser und erfolgreicher sind als nicht geplante (sogenannte emergente) Strategien. Hier sind die Vertreter Igor Ansoff (für die »Planungsschule«) und Henry Mintzberg (für die »emergente Schule«) zu nennen. Durch Michael Rappaport und andere Vertreter des Value Based Management wurden um 1990 Gedanken aus Controlling und wertorientierter Unternehmensführung in das Strategische Management eingeführt, die zu einer Erweiterung der Diskussion geführt haben. In Deutschland wurde Strategie lange mit Planung assoziiert – so firmierte der Titel von Welge/Al-Laham (der mittlerweile in der Autorenkombination Welge/Al-Laham/Eulerich erscheint) in den ersten Auflagen noch als »Strategische Planung«, ebenso das Werk von Kreikebaum/Gilbert/Behnam, das im Verlag W. Kohlhammer erscheint. Ähnlich wie andere Teildisziplinen der Betriebswirtschaftslehre hat sich das Strategische Management seit 1990 deutlich emanzipiert. Dies ist an einer gestiegenen Internationalität der Diskussion in Deutschland, mehr Lehrstühlen und Professuren an Universitäten und Hochschulen, mehr Drittmitteln, Projekten und Publikationen und letztlich der Gründung einer eigenen Wissenschaftlichen Kommission (WK) Strategisches Management im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB) festzumachen. Die Themen, mit denen sich das Strategische Management heute befassen muss, sind durch Disruption, Diskontinuitäten und eine gewisse Panik gekennzeichnet, die an die Dotcom-Blase Anfang der 2000er Jahre erinnert. Viele Experten in Theorie und Praxis vertreten Meinungen, die von dem »Ende der Old Economy« und der Herrschaft von Unternehmen wie Facebook, Amazon, Google und Uber berichten. Natürlich sollten sich Forscher, Lehrende und Unternehmen mit aktuellen Veränderungen in der Praxis befassen. Aus unserer Sicht sind die Veränderungen jedoch nicht so dramatisch, wie sie vielleicht auf den ersten Blick zu sein scheinen. Vielmehr haben sich die Themen nicht grundlegend verändert, sondern vielmehr die Veränderungsgeschwindigkeit. Aus diesem Grund haben wir uns auch entschieden, in diesem Buch ein eigenes Kapitel zu Digitalstrategien zu inkludieren.

Die Idee zu einem Lehrbuch über Strategic Value Management besteht schon seit vielen Jahren. So wird die Lehrveranstaltung Strategisches Management an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg mittlerweile seit mehr als 20 Jahren mit stets weiterentwickelten thematischen Fokussierungen angeboten. Der Titel der Veranstaltung hat sich in dieser Zeit vom Strategischen Management über das Strategische Performance Management bis zum Strategic Value Management gewandelt. Dies kann als Indiz für den Wandel des aufgegriffenen Themenfelds gewertet werden. Das nunmehr vorliegende Lehrbuch richtet sich an Studierende und Dozierende der Fächer Management, Unternehmensführung und Strategisches Management an Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Dualen Hochschulen. Zudem war es uns im Rahmen der Erstellung des Buchs auch ein Anliegen, dass das Werk »stand-alone-fähig« ist. Das Buch soll also auch für sich alleine stehen und Entscheidern im Strategischen Management in der Praxis wertvolles Wissen sowie entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln.

Der Aufbau des Buchs folgt dem folgenden Muster: Im ersten Kapitel werden wir in das Strategic Value Management einführen. Kapitel 2 diskutiert den Zusammenhang von Value und Performance Management. Kapitel 3 verdeutlicht Entwicklungslinien, Modelle und Konzepte des Strategic Value Management. Kapitel 4 widmet sich der Diagnose, also der Analyse und Prognose der unternehmerischen Umwelt. Kapitel 5 zeigt die prinzipiellen strategischen Optionen von Unternehmen auf. Die in Theorie und Praxis oft vernachlässigten Themen der Strategieimplementierung und Strategischen Kontrolle finden sich in Kapitel 6. Kapitel 7 widmet sich abschließend mit spezifizierter Fokussierung den bereits zuvor erwähnten Digitalstrategien.

Im Rahmen der Entstehung dieses Buchs haben uns zahlreiche Personen unterstützt, denen wir zu Dank verpflichtet sind. Zunächst ist an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des dortigen Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensführung und Controlling, Frau Eva Reitelshöfer zu danken. Darüber hinaus ist auch den Mitarbeiterinnen, ganz besonders Frau Alexandra Fibitz, an der Hochschule Aalen, Professur für Unternehmensführung und Kontrolle zu danken. Sie haben an der Erstellung zahlreicher Textpassagen mitgewirkt und uns sehr tatkräftig unterstützt. Zudem gilt unser Dank auch den jeweils beteiligten studentischen Hilfskräften, die unsere Arbeit an dem Buch ebenfalls mit hohem Engagement begleitet haben. Besonderen Dank möchten wir schließlich unserem Lektor Dr. Uwe Fliegauf vom Verlag W. Kohlhammer aussprechen, mit dem uns eine langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit verbindet. Er hat uns in unserer Buchidee gestärkt und uns verlagsseitig stets die notwendige Unterstützung in formalen wie inhaltlichen Fragen zukommen lassen. Wir glauben, dass es stets einen richtigen Zeitpunkt für ein neues Buch gibt. Wenn man sich die aktuelle Entwicklung der Unternehmenslandschaft anschaut, könnte dies genau der richtige Moment für ein Lehrbuch zum Strategic Value Management sein. Wir wünschen den Leserinnen und Lesern des Buchs die erhöhten inhaltlichen Anregungen und – für unsere Studierenden – den erwünschten Lernerfolg. Für formale wie inhaltliche Anregungen zum Buch sind wir ebenso dankbar wie Lob und positives Feedback.

 

Bamberg und Aalen, im Oktober 2018

Wolfgang Becker und Patrick Ulrich

 

1          Terminologische Grundlagen des Strategischen Managements

 

 

Die Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Strategic Value Management setzt zunächst die Klärung des zugrundeliegenden Verständnisses von Unternehmen voraus. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, was ein Unternehmen überhaupt ist. Im Zusammenhang damit muss geklärt werden, durch welche Zwecke und Ziele sich unternehmerisches Handeln kennzeichnen lässt.

Das erste Kapitel greift diese Probleme in drei Abschnitten auf. Der erste Abschnitt zielt darauf ab, das unternehmerische Handeln vor dem Hintergrund unterschiedlicher Zwecke und Ziele darzustellen. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit den Führungsgrößen des Wertschöpfungshandelns von Unternehmen. Der dritte Abschnitt setzt sich schließlich mit der Abgrenzung zwischen operativen und strategischen Handlungshorizonten auseinander, um die Besonderheiten des »Strategischen Managements« herauszustellen. Die stets fließenden Übergänge zwischen beiden Handlungshorizonten schränken notwendigerweise eine präzise Abgrenzung ein.

1.1       Unternehmerisches Handeln als Objekt des Strategischen Managements

Jeder Mensch und auch jedes Unternehmen ist in ein gesamtwirtschaftliches Umfeld eingebettet (vgl. Kosiol 1932, S. 20 ff.; Käppeli 2011, S. 16). Wir als einzelne Personen versuchen, uns einen gewissen Lebensstandard aufzubauen und agieren dafür am Markt, indem wir u. a. Produkte konsumieren, die von unterschiedlichen Unternehmen angeboten werden. Unternehmen sind somit Bestandteil der volkswirtschaftlichen Versorgungs- und Wertschöpfungskette und leisten darin einen Beitrag zum Wohlstand der Gesellschaft (vgl. Käppeli 2011, S. 16). Dieser Wohlstand entsteht auch dadurch, dass die konsumierenden Personen oftmals Teil bzw. Mitarbeiter eines Unternehmens sind und durch ihre Tätigkeit Entgelt erzielen. Es ist einer einzelnen Person allein nicht möglich, alle eigenen Bedarfe und Bedürfnisse zu befriedigen, weshalb Hilfsmittel genutzt werden müssen. Die Unternehmen (der Begriff Betrieb steht hier synonym für produzierende Wirtschaftseinheiten) bilden besondere Institutionen und können als offene, zweckorientierte, strukturierte, komplexe, produktive und soziotechnische Systeme charakterisiert werden, die als ein solches Hilfsmittel dienen.

Ein System ist in diesem Zusammenhang als Gesamtheit von Elementen mit Eigenschaften und Beziehungen zu verstehen (vgl. Ulrich 1968, S. 153 ff.; Bleicher/Meyer 1976, S. 14 ff.). Unternehmen sind, wenn ihre Führungskräfte sich ihrer gesellschaftlichen Funktion bewusst sind und nicht nur aus (ökonomischem) Selbstzeck handeln sowie auf die Maximierung des Gewinns ausgerichtet sind, erfolgreiche Motoren der Wirtschaft (vgl. Käppeli 2011, S. 16).

Institution wird als Oberbegriff sowohl für Regelsysteme (Ordnungen) als auch für Handlungssysteme (Organisationen) benutzt. Im Vordergrund der folgenden Betrachtung steht das Handlungssystem von Unternehmen.

Grundsätzlich sind Handlungen natürlich nicht durch das Unternehmen an sich umzusetzen, sondern die Entscheidungen über das Agieren am Markt werden von der Unternehmensleitung getroffen. Die Unternehmensleitung, auch Management genannt, besteht aus einzelnen oder mehreren Personen, die die Entscheidungen treffen. Diese Personen sind ebenfalls Teil der Gesellschaft und nehmen in ihr unterschiedliche Rollen ein. Sie können Vater/Mutter, Vereinsmitglied, Partner sein oder andere Rollen einnehmen. In unserem betriebswirtschaftlichen Kontext haben Personen im Unternehmen die Rolle des Mitarbeiters, des Mitglieds des Aufsichtsrats etc. Je nach Rolle sind den einzelnen Personen unterschiedliche Aufgaben zugewiesen.

In der Rolle der Unternehmensleitung haben sie nicht nur Entscheidungen darüber zu treffen, welche Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, sondern stehen auch in der Verantwortung für diese. Sie müssen das Personal führen und den Gesamtblick über das Unternehmen behalten. Zudem müssen sie ihre Entscheidungen anhand unterschiedlicher Dimensionen und vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen abwägen.

1.2       Aktuelle Herausforderungen für die Unternehmensführung

Die zuvor genannte Institutionalisierung begründet jedoch für die Unternehmensführung besondere Herausforderungen. Während die Unternehmensentwicklung bis in die 1990er Jahre noch eher durch lineares Wachstum und Planbarkeit gekennzeichnet war, deren Innovationskraft auf die Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte und Dienstleistungen sowie Technologien konzentriert werden konnte, sind Unternehmen heute einem zunehmenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt (vgl. Brunner 1999; Jetter 2004, S. 4). Als Handlungssysteme stehen Unternehmen in ständiger Interaktion mit anderen Marktteilnehmern sowie der allgemeinen Umwelt (vgl. Macharzina/Wolf 2008, S. 19 ff.). Diese Unternehmensumwelt ist durch eine hohe bzw. tendenziell zunehmende Dynamik und Komplexität gekennzeichnet. Unternehmensumwelt ist nicht allein der Markt, auf dem ein Unternehmen agiert, sondern auch der Kulturraum, in dem es sich bewegt, die politische und soziale Struktur sowie die gesetzlichen Regelungen, die es betreffen.

Insbesondere die fortschreitende Globalisierung, Technologisierung und Ökologisierung des Wirtschaftssystems sowie der zunehmende Druck zur sozioökonomischen Angleichung der Bedürfnisse in der Wirtschaft sind der Grund für eine immer stärkere Abhängigkeit des unternehmerischen Handelns von den mit diesen Interessen in Verbindung stehenden Kontextfaktoren ( Abb. 1). Die wohl größte Veränderung der jüngeren Vergangenheit ist die Digitalisierung: Diese eröffnet den Unternehmen sehr große Möglichkeiten, bspw. im Rahmen von Industrie 4.0, effiziente Geschäfts- und Produktionsprozesse zu gestalten. Die Unternehmen müssen aufgrund dieser wechselseitigen Beziehungen sowohl auf Umweltveränderungen reagieren als auch die Umwelt (idealerweise proaktiv) selbst beeinflussen (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 552).

Abb. 1: Herausforderungen für die Unternehmensführung (in Anlehnung an Hahn 1998, S. 563-579)

Das bedeutet, dass Veränderungen sofort in die zukünftige Entscheidungsfindung einbezogen werden müssen. Unternehmen haben aber auch im Rahmen der Lobbyarbeit die Möglichkeit, auf drohende Veränderungen, z. B. im Bereich gesetzlicher Neuregelungen, reagieren zu können.

Neben der Vertretung eigener Interessen, agieren Unternehmen zunehmend als dauerhafte Instrumente wirtschaftender Interessenträger ( Abb. 2). Die Interessenträger nutzen Unternehmen, um individuelle oder kollektive sowie überwiegend ökonomische, aber auch andere Ziele zu erreichen, die sie ohne ein Unternehmen schlechter oder aber überhaupt nicht realisieren könnten (vgl. Becker 1996, S. 24 f.). Die Institutionalisierung des Handelns in Unternehmen ermöglicht somit eine Reduktion von Unsicherheit für die Interessenträger. Jeder Mensch strebt im Kern danach, seine Grundbedürfnisse zu befriedigen und dadurch das eigene Leben zu erhalten.

Abb. 2: Unternehmen im Spannungsfeld berechtigter Interessen der Stakeholder

Zur Sicherung der eigenen Existenz müssen Unternehmen die komplexe Außensituation in einer komplexitätsreduzierenden Innensituation internalisieren. Es muss dementsprechend Instrumente und Möglichkeiten geben, die bei diesem Abbildungsprozess helfen und die Entscheidungsfindung unterstützen (solche Instrumente und Methoden werden in den folgenden Kapiteln thematisiert). Nur so kann die Unternehmensführung Entscheidungen treffen, die sowohl die allgemeinen Anforderungen aus dem Unternehmensumfeld als auch die eigenen Interessen und Ziele erfüllen.

Ein wesentliches Ziel eines Unternehmens ist zunächst die Sicherung der eigenen Existenz. Da die Unternehmensumwelt und ihre Entwicklung unsicher sind, muss – um die langfristige Existenzsicherung eines Unternehmens gewährleisten zu können – die Unsicherheitsreduktion durch das Aufstellen handlungsleitender Regeln im Rahmen der Institutionalisierung gewährleistet sein (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 552). Handlungsleitende (= institutionelle) Regeln stellen ein Grundgerüst für das unternehmerische Handeln dar, innerhalb dessen der Entscheidungsträger einen gewissen Spielraum hat. Er muss bei der Entscheidungsfindung immer abwägen, ob die Durchsetzung in seinem eigentlichen, optimalen Sinne auch mit den Erwartungen der Umwelt konform ist. Solange die Missachtung dieser Regeln direkt oder indirekt sanktioniert wird, ist das unternehmerische Handeln und Agieren im Interessenverbund (besser) vorhersehbar. Das gilt sowohl für die Sicht der externen Interessenträger, als auch aus Perspektive der Unternehmen selbst. Für die angestrebte Unsicherheitsreduktion ist allerdings grundsätzlich der dauerhafte, zumindest aber langfristige Bestand von Unternehmen eine wesentliche Voraussetzung. Dies wiederum setzt die kontinuierliche Wertschaffung eines Unternehmens voraus.

1.3       Instrumentelle Zwecke des Handelns von Unternehmen

Die Zwecke unternehmerischen Handelns können nicht aus dem unternehmerischen Handeln selbst, sondern nur durch die Betrachtung des Handelns aus einer übergeordneten Sphäre bestimmt werden. Die Gesellschaft als ein dem Unternehmen übergeordnetes System weist unternehmerischen Institutionen primär wertschöpfende Funktionen zu, die unter der Bedingung der Knappheit von Ressourcen erfüllt werden müssen (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 553). Der Unternehmenszweck bezeichnet die dem Unternehmen zuerkannten Rollen, die es in der Gesellschaft einnimmt (vgl. Ulrich 1970, S. 114 f.) und die die Erwartungen der Interessengruppen widerspiegeln.

Als vorrangige Zwecke des unternehmerischen Handelns ( Abb. 3) erschließen sich aus dieser Betrachtung die nahezu untrennbar miteinander verknüpften Zwecke der Bedürfnisbefriedigung, Bedarfsdeckung und Entgelterzielung (vgl. Krüger 1981, S. 932). Ist das Unternehmen nicht dazu fähig, diese Zwecke zu erfüllen, wenden sich die Interessengruppen u. U. ab, was langfristig zur oben erwähnten Existenzgefährdung führen kann. Dauerhaft überlebensfähig sind Unternehmen nur dann, wenn sie kontinuierlich Wert schaffen, also wertschöpfend tätig sind. Die drei Zwecke können als Facetten der Wertschöpfung bezeichnet und unter diesem Begriff subsummiert werden (vgl. Becker 1996, S. 29 ff.).

Unternehmen decken gemäß dieser Perspektive durch ihre Entwicklung, Erzeugung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen vorrangig fremde Bedarfe (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 551 f.). In der Bedarfsdeckung steckt auch der Mechanismus von Angebot und Nachfrage. Ein Bedarf ergibt sich zur Erfüllung eines bestimmten, individuellen Ziels, das allerdings nicht selbst erfüllt werden kann. Personen fragen deshalb Dienstleistungen und Produkte nach, Unternehmen stellen diese her und decken damit einen Bedarf (vgl. Kosiol 1932, S. 20 ff.).

Die Produktion kann als Transformationsprozess bezeichnet werden, da durch Hinzufügen eines Mehrwerts im Produktionsprozess zu einer am Beschaffungsmarkt erworbenen Vorleistung wirtschaftlicher Wert durch das Unternehmen geschaffen wird. Dieser Mehrwert kann wiederum am Absatzmarkt auf die Interessengruppen verteilt werden und befriedigt somit deren Bedürfnisse.

Ein weiterer, sich daraus ergebender Zweck liegt in der Entgelterzielung. Menschen agieren in Unternehmen, um Entgelt zu erzielen und sich dadurch ihre Bedürfnisse zu

Abb. 3: Zwecke des unternehmerischen Handelns

erfüllen. Unternehmen selbst streben ebenfalls nach Entgelterzielung, um die Vorleistungen beziehen und Steuern, Löhne und Zinsen begleichen zu können. Durch Entgelterzielung und Bedarfsdeckung werden sachökonomische Zwecke durch das unternehmerische Handeln erfüllt. Neben diesen existieren aber auch verhaltensökonomische Zwecke. Schon Kosiol beschreibt die Bedürfnisbefriedigung des Menschen als Erreichung materieller und geistiger Zwecke (vgl. Kosiol 1932, S. 19).

Diesen verhaltensökonomischen Bedürfnissen liegt die Bedürfnispyramide nach Maslow zugrunde. Maslow beschreibt die Bedürfnisse und Motivationen von Menschen in hierarchischer Form. Diese Pyramide stellt ein Inhaltsmodell zur Motivation dar, die ein Mensch hat, um eine Arbeit zu erfüllen. Dabei stellt Maslow fest, dass manche Bedürfnisse mehr Priorität haben als andere. Deshalb sind hier fünf größere Kategorien gebildet. Er beginnt unten mit den grundlegendsten physiologischen Bedürfnissen wie Wasser, Luft, Nahrung usw. Die Pyramide entwickelt sich dann hin zu den kognitiv und emotional hochentwickelten humanen Bedürfnissen wie Geltungs- und Selbstverwirklichungsbedürfnissen. Um diese zu erfüllen, nutzen Interessenträger Unternehmen, weshalb diesen der Zweck der Bedürfnisbefriedigung zugeteilt wird. Unternehmen ermöglichen darüber hinaus im Einklang mit der Wirtschaft die Befriedigung kultureller und existenzieller Bedürfnisse (vgl. Kosiol, 1966, S. 20).

Wie zu erkennen ist, stellen die Zwecke Anforderungen dar, die von den Interessenträgern an ein Unternehmen gerichtet werden. Als Teil einer Gesellschaft fließen dementsprechend die gesellschaftlichen Motivkomplexe und Wertvorstellungen bewusst und unbewusst in die unternehmerischen Willensbildungsprozesse ein und determinieren somit auch ein Stück weit die konkrete Ausgestaltung des unternehmerischen Handelns.

Abb. 4: Wettbewerbsvorteile und andere gesellschaftliche Themen (in Anlehnung an Porter/Kramer 2011, S. 62-77)

Einen immer stärkeren Einfluss entfalten dabei gesellschaftliche Wertvorstellungen in Form der Gesellschafts- und Wirtschaftsethik, die sich konkret in einer Unternehmensethik manifestieren. Im ökonomischen Streben nach Wert versuchen Unternehmen vor allem soziale Legitimität und Konformität zu schaffen. Dazu internalisieren sie die Wertvorstellungen der Gesellschaft, um innerhalb derer Akzeptanz für das unternehmerische Handeln zu schaffen. In Verbindung mit der Unternehmenskultur bildet sie eine bedeutsame Grundlage des unternehmerischen Handelns.

Um die Unternehmensethik zu verstehen, muss zuerst ein Verständnis für Ethik im Allgemeinen entwickelt werden. Ethik behandelt moralische Probleme und hat die Reflexion von handlungsleitenden Regeln zum Gegenstand (vgl. Pieper 1991, S. 17 ff.; Grabner-Kräuter 2000, S. 292 f.). Somit beschäftigt sich Ethik mit dem Soll-Zustand der Normen, während sich Moral auf den Ist-Zustand der vorherrschenden Normen bezieht. Im weitesten Sinne umfasst Ethik demnach das Nachdenken und Begründen von Normen und Werten.

Das enger gefasste Verständnis von Unternehmensethik dagegen zielt eher auf die Verhältnisse zwischen Moral und ökonomischem Gewinnstreben ab (vgl. Küpper/Picot 1999, S. 136; Homann/Meyer/Waldkirch 2002, S. 495). In der Unternehmenskultur sind die spezifischen Werte und Normen, die sich durch das Interagieren der unterschiedlichen Individuen im Unternehmen gebildet haben, festgelegt. Die Unternehmenskultur ist dabei nicht nur von den Moral- und Wertvorstellungen der Personen geprägt, sondern auch von den ihr entgegengebrachten Erwartungen der Gesellschaft. Erwartungen müssen im Unternehmen entsprechend internalisiert werden und beeinflussen das unternehmerische Handeln sowie die Entscheidungsfindung.

Unternehmen selbst sind nicht fähig, moralisch zu handeln bzw. überhaupt zu agieren. Die Entscheidungen werden von der Unternehmensführung getroffen, die zugleich für das unternehmerische Handeln verantwortlich gemacht wird. Wie Friedman (1970) beschreibt, kann nur derjenige zur Verantwortung gezogen werden, der die Entscheidungen trifft. Für moralisch oder ethisch korrektes Verhalten müssen deshalb gewisse Grenzen abgesteckt werden, damit alle Interessen Berücksichtigung finden.

Diese gesellschaftskonformen Rahmenbedingungen unternehmerischen Handelns finden sich auch explizit als Corporate Governance-Grundsätze bei der Begründung einer verantwortungsvollen Unternehmensführung wieder. Der Deutsche Corporate Governance Kodex dient als Rahmenordnung für gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung, indem er wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften darstellt und sowohl national als auch international anerkannte Standards enthält (vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex 2015, S. 1). Innerhalb dieses Kodex’ sollen die Verpflichtungen des Vorstands und Aufsichtsrats verdeutlicht und in Einklang mit den Bedingungen der sozialen Marktwirtschaft gebracht werden. Es ist somit gewährleistet, dass ein den Grundsätzen der Corporate Governance folgendes Unternehmen nicht nur die Eigentümer-, sondern auch die Interessen der anderen Anspruchsgruppen berücksichtigt. Im Rahmen dieser Bedingungen ist zusätzlich die Unterscheidung der beiden Formen der Corporate Social Responsibility (CSR) und des Corporate Social Value (CSV) zu treffen ( Abb. 5).

Während die Corporate Social Responsibility vor allem der Außendarstellung von Unternehmen dient, bezeichnet der Corporate Social Value die Innenwirkung (vgl. hierzu und im Folgenden Porter/Kramer 2011, S. 65 ff.). Unternehmen müssen sich mit den erwirtschafteten Mitteln nicht nur um soziale Aspekte ihrer Wertschöpfungskette kümmern, sondern ihre Wertschöpfungskette zusätzlich darauf ausrichten, dass sozialer Wert (Social Value) entstehen kann. Social Value sind Profite, die soziale Vorteile bringen. Durch die Schaffung sozialer Werte wird nicht nur das Unternehmen profitabler, sondern es wird zudem ein Nutzen für die Gesellschaft erzeugt. Dabei müssen die Überlegungen und Entscheidungen der Manager über die CSR-Vorgaben hinausgehen und ebenfalls soziale und umweltbasierte Aspekte in unternehmerische Entscheidungen einbeziehen.

Abb. 5: Unterschiede zwischen Corporate Social Responsibility und Corporate Shared Value (in Anlehnung an Porter/Kramer 2011, S. 62-77)

Maßnahmen zur Schaffung von Corporate Shared Value (Porter/Kramer 2011):

 

•  Bildung und Entwicklung lokaler Cluster

–  Cluster als Treiber für Innovation und Produktivität

–  Enge Zusammenarbeit von regionalen Bestandteilen der Wertschöpfungskette (Lieferanten, Logistik, staatliche Institutionen)

•  Verbesserung der Produktivität in der Wertschöpfungskette durch neue Vision

–  Optimierung der Transportwege zur Reduzierung von Kosten und Emissionen

–  Verbrauchsoptimierung natürlicher Produktionsfaktoren im Produktionsprozess – Reduktion von Kosten und Emissionen

–  Enge Zusammenarbeit mit Lieferanten zur Verbesserung der Qualität und des Kundennutzens

•  Neubewertung von Produkten und Märkten

–  Angebot von Produkten für Konsumenten aller Einkommensschichten zur Realisierung von Umsätzen und Erfüllung von differenzierten Kundenbedürfnissen (Produktanpassung an spezielle Märkte)

–  Unterentwickelte Massenmärkte als Chance der Erweiterung von Umsätzen

Ein Unternehmen, das den Balanceakt zwischen reiner Kostenorientierung unter Inkaufnahme von Missständen in den Produktionsländern und der sozialen Verantwortung, die ihm durch die Abnehmer zugesprochen wird, erfolgreich bewältigt, baut Vertrauen und dadurch ein positives Markenimage auf. Im Wettbewerb kann es sich dadurch besser positionieren und wirtschaftlich handeln.

1.4       Sicherung der Existenz als übergeordnete Zielsetzung von Unternehmen

Während der Unternehmenszweck also diejenigen Rollen bezeichnet, die Unternehmen zugewiesen und vorgegeben werden können, erfolgt die Festlegung der Unternehmensziele im Rahmen des Willensbildungsprozesses (Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 555). Die Existenzsicherung stellt die übergeordnete Zielsetzung des Unternehmens dar, das nur erreicht werden kann, wenn verschiedene Bedingungen erfüllt sind (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 552). Zu diesen gehört kurzfristig die Sicherung hinreichender Liquidität, um Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Schon die drohende Zahlungsunfähigkeit kann zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemäß § 18 Insolvenzordnung führen ( Abb. 6).

Außerdem muss das Unternehmen langfristig eine angemessene Rentabilität aufweisen, d. h. es müssen aus der unternehmerischen Tätigkeit Gewinne generiert werden, die auf die Anspruchs- bzw. Interessengruppen (hier u. a. Eigentümer, Aktionäre, Kreditgeber) verteilt werden können. Die Investition in ein Unternehmen muss sich für die externen Anspruchsgruppen lohnen, ansonsten werden sie dem Unternehmen keine finanziellen oder anderen Mittel zur Verfügung stellen. Zu den Mitteln gehören neben den monetären auch Sachgüter oder Vorleistungen von z. B. Lieferanten oder die Arbeitskraft der Mitarbeiter. Auch diese verlangen eine angemessene Entlohnung für ihre Leistung. Die Unternehmen müssen deshalb immer so wirtschaften, dass im Leistungserstellungsprozess genug Mehrwert entsteht, um die eigenen internen und auch die externen Leistungen zu begleichen. Diese Aufgabe obliegt dem Management und dem Controlling, das im Entscheidungsprozess geeignete Informationsinstrumente, Abstimmungsinstrumente und Kontrollinstrumente nutzen muss, um die Leistung zu steuern und zu lenken.

Abb. 6: Existenzsicherung und deren Bedingungen als übergeordnete Zielsetzung von Unternehmen

Exkurs

Das Zentrum für Insolvenz und Sanierung (ZIS) an der Universität Mannheim führte im Jahr 2006 eine Untersuchung zu den Ursachen von Insolvenzen durch (Bitter/Falk 2006). Im Rahmen dieser Studie wurden durch das ZIS 124 ausgewiesene Experten im Bereich Unternehmensinsolvenzen in standardisierten Interviews befragt. Die wichtigsten Insolvenzursachen werden in absteigender Reihenfolge in den folgenden Faktoren gesehen: fehlendes Controlling (79%), Finanzierungslücken (76%), unzureichendes Debitorenmanagement (64%), autoritäre und rigide Führung (57%), ungenügende Transparenz und Kommunikation (44%), Investitionsfehler (42%), falsche Produktionsplanung (41%), Dominanz persönlicher über sachliche Motive (33%), ungenügende Marktanpassung (29%), Egozentrik und fehlende Außenorientierung (28%), Mangel an strategischer Reflexion (27%), Personalprobleme (25%), unkontrollierte Investition und Expansion (21%), zu viel Wechsel (21%).

In stark und vor allem relativ schnell veränderlichen Marktsegmenten, in denen sich die meisten Unternehmen befinden, muss ein stabiles, mindestens durchschnittliches Wachstum angestrebt werden. Ansonsten können sich die Unternehmen nicht gegen die zunehmende (in Zahl und Größe) Konkurrenz durchsetzen und erliegen dem Konkurrenzdruck.

Auch die Ansprüche und Anforderungen der Abnehmer verändern sich im Zeitverlauf. Ein Unternehmen kann deshalb nicht über einen langen Zeitraum immer die gleiche Leistung erstellen, sondern muss diese an die Veränderungen anpassen. Neben den Abnehmern, deren Ansprüche sich verändern, gelten auch die Konkurrenten als wichtiger Einflussfaktor. Heute stellen mehrere Unternehmen ähnliche oder gleiche Leistungen her. Ist ein Unternehmen in der Lage, diese Leistung effizienter und effektiver herzustellen als seine Konkurrenz, dann wird es sich im Wettbewerb durchsetzen und die anderen an den Rand der Existenz zwingen. Unternehmen müssen deshalb immer versuchen, in einem angemessenen Maß zu wachsen und sich weiterzuentwickeln, um dem Konkurrenzdruck nicht irgendwann zu erliegen. Das Management strebt ein wertschöpfendes Handeln an, das sich in Wertzuwachs ausdrückt und zur langfristigen Zielerreichung beiträgt.

1.5       Wertschöpfungshandeln und bedeutsame Führungsgrößen

Die volkswirtschaftliche Wertschöpfungskette wird durch unterschiedliche Unternehmen gestaltet, die koordiniert und in logischer Reihenfolge zusammenarbeiten. Am Ende entstehen in dieser Kette Produkte und Dienstleistungen, die dem Verbraucher am Markt angeboten werden können (vgl. Käppeli 2011, S. 16). Ein Unternehmen erreicht Wertschöpfung, wenn dieses Handeln innerhalb der Wertkette zielgerichtet (effektiv) und ressourcensparend (effizient) ist. In jedem Schritt der Kette wird der Nutzen für die Abnehmer erhöht und damit auch der Marktwert der Güter und Dienstleistungen (vgl. Käppeli 2011, S. 16). Dieser Logik folgend kann das Unternehmen den eigenen Wert erhöhen, wodurch die zuvor beschriebene Existenzsicherung gewährleistet wird.

1.5.1     Unternehmen als Institutionen ökonomischen Handelns

Unternehmen wird ein gesellschaftsbezogener Charakter zugesprochen, da sie nicht nur Produkte und Dienstleistungen herstellen, sondern auch Wissen entwickeln, das der Gesellschaft zugutekommt. Unternehmen bilden Mitarbeiter aus, unterstützen karitative, kulturelle und sportliche Aktivitäten und übernehmen somit Aufgaben des Staates oder der Kommunen (vgl. Macharzina/Wolf 2012, S. 15). Unternehmen unterliegen aber nicht direkt staatlichen Einflüssen, sondern sind autonom. Sie unterliegen dem Prinzip der Alleinbestimmung, d. h. die Anteilseigner haben die Verfügungsgewalt. Außerdem streben sie nach Rentabilität, verfolgen demnach das erwerbswirtschaftliche Prinzip (vgl. Macharzina/Wolf 2012, S. 17). Unternehmen agieren nicht nur innerhalb ihrer Grenzen, sondern sind durch In- und Outputbeziehungen eng mit der Umwelt und den relevanten Märkten verflochten (vgl. Macharzina/Wolf 2012, S. 18). Vorleistungen beziehen sie über den Beschaffungsmarkt, Leistungen bieten sie am Absatzmarkt an, liquide Mittel erhalten sie über die Finanz- und Kapitalmärkte.

Um eine spezifische Dienstleistung oder ein Gut auf den Markt bringen zu können, muss ein Unternehmen die eigenen Stärken und Schwächen kennen. Auf den Beschaffungsmärkten werden dann die zur Erstellung der angebotenen Leistung benötigten vorgelagerten Produktionsfaktoren und Betriebsmittel (Ressourcen) beschafft und im Unternehmen weiterverarbeitet. Durch diesen Verarbeitungsprozess wird der Leistung ein unternehmensindividueller Wert zugefügt.

Als Anbieter veräußert das Unternehmen nach dem Hinzufügen der eigenen Leistung zur Vorleistung das Produkt oder die Dienstleistung am Markt zu einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis. Dieses muss so gestaltet sein, dass es die Interessen der Anspruchsgruppen befriedigt und sie es als der Konkurrenz gegenüber vorteilhaft ansehen (vgl. Käppeli 2011, S. 18). Die Unternehmensführung hat hierzu den Dualismus von Handlungsstrukturen und -prozessen zu beachten, da nur eine gleichzeitige Betrachtung der Interaktions- und der Gütersphäre die Erbringung von Wertschöpfung als Handlungsergebnis nach sich zieht ( Abb. 7).

Abb. 7: Modell des wirtschaftlichen Handelns

Hierzu leisten Unternehmensführung und Controlling einen zentralen Beitrag, indem sie in der Erfüllung ihrer sachbezogenen Funktionen die Strukturen und Prozesse gestalten, regelnde und steuernde und somit insgesamt lenkende Aktivitäten ausführen sowie durch die Sicherstellung der Lokomotionsfunktion die Wertschöpfungsorientierung des Handelns sicherstellen (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 556). Zudem obliegt der Unternehmensführung und dem Controlling die Führung als verhaltensbezogene Funktion, welche als Leitung im engeren Sinne bezeichnet werden kann ( Abb. 8).

Das unternehmerische Handeln enthält strategische und operative Aspekte, die in den Entscheidungs- und Handlungsprozess einbezogen werden müssen. Sach- und verhaltensbezogene Funktionen finden nicht losgelöst voneinander statt, sondern bedingen

Abb. 8: Grundlegende Funktionen von Unternehmensführung und Controlling

sich gegenseitig. Sie müssen durch die Unternehmensführung immer als Gesamtheit des unternehmerischen Handelns angesehen werden.

Die Orientierung an der Wertschöpfung erfolgt entlang des gesamten Managementprozesses. Das bedeutet, dass in jedem Prozessschritt und in der Erfüllung jeder Funktion das Ziel der Existenzsicherung sowie die Erfüllung des Unternehmenszwecks beachtet werden muss.

1.5.2     Führungsgrößen des unternehmerischen Handelns

Die inhaltliche Umsetzung einer auf die Existenzsicherung ausgerichteten Stabilitätspolitik spiegelt sich vor allem in der Aufrechterhaltung des von Aloys Gälweiler beschriebenen Wirkungskreislaufes aus Erfolgspotentialen, Erfolg und Liquidität wieder (vgl. hierzu und im Folgenden Gälweiler 2005, S. 23 ff.), der durch Wolfgang Becker zur Balanced Value Map als generalisiertem Geschäftsmodell erweitert wurde. Im Rahmen des Strategischen Managements geht es dabei um Aufbau, Erhaltung und Nutzung strategischer Erfolgspotentiale ( Abb. 9).

Aloys Gälweiler differenziert zwischen operativen und strategischen Führungsgrößen, die durch den Wirkungskreislauf untereinander verbunden sind. Als operative Führungsgrößen klassifiziert er Erfolg und Liquidität, die ihrerseits ein interdependent vernetztes Spannungsfeld in der Wertsphäre der Unternehmung bilden. Erfolgspotentiale bilden als Vorsteuergrößen des Erfolgs die strategischen Führungsgrößen.

Abb. 9: Balanced Value Map (BVM) – ein generalisiertes Geschäftsmodell

Erfolgspotentiale stellen die Voraussetzung für den zukünftig dauerhaften Erfolg einer Unternehmung dar. Die Führungsgrößen dienen dem Management vornehmlich als Zielvorstellungen in Lenkungsprozessen. Erfolgspotentiale können als Kongruenz zwischen marktlichen Chancen-Risiken-Konstellationen und betrieblichen Fähigkeiten verstanden werden (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 556). Sie begründen regelmäßig Wettbewerbsvorteile und realisieren somit Erfolg. Als periodisierte Größe schlägt sich der Erfolg früher oder später als Ein- und Auszahlungen nieder, wodurch sich die Liquiditätssituation verändert (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 556).

Da sich Erfolgspotentiale mit der Zeit abnutzen, müssen sie durch geeigneten Einsatz von Liquidität erneuert, erhalten und weiterentwickelt werden.

Die Bedeutung der operativen Führungsgrößen für eine stabilitätspolitische Lenkung des unternehmerischen Handels gilt als angezeigt. Sowohl Illiquidität als auch Überschuldung infolge von Verlusten sind Ursachen für Konkurse ( Kap. 1.4). Die operativen Führungsgrößen besitzen daher auch große Bedeutung für die strategische Führung. Es ist einerseits sowohl ein finanz- bzw. erfolgswirtschaftliches Gleichgewicht anzustreben und andererseits ein operatives Gleichgewicht zwischen Erfolg und Liquidität herzustellen. Der Aufbau, der Erhalt und die Nutzung von Erfolgspotentialen, aus denen der unternehmerische Erfolg resultiert, ist eine wesentliche Aufgabe des Strategischen Managements.

Erfolgspotentiale sind damit die tragenden Führungsgrößen im Prozess des Strategischen Managements. Sie stehen in enger Wechselwirkung zu den operativen Führungsgrößen, da der Aufbau von neuen Erfolgspotentialen Liquiditätsreserven voraussetzt und die Nutzung von bestehenden Erfolgspotentialen erst den Erfolg ermöglicht ( Abb. 10).

Abb. 10: Erfolgspotentiale als Voraussetzung für dauerhaften Erfolg

Im Sinne einer stabilitätsorientierten Steuerung ist es daher das Ziel der Unternehmensführung, den im unternehmerischen Handeln inhärenten Wirkungskreislauf aus Erfolgspotentialen, Erfolg und Liquidität herzustellen, aufrechtzuerhalten sowie zu harmonisieren (vgl. Becker/Baltzer/Ulrich 2013, S. 557) ( Abb. 11).

Erfolgspotentiale und Erfolgsfaktoren sind nicht synonym zu verwenden. Zwischen den beiden Begriffen muss eine klare Abgrenzung erfolgen. Erfolgspotentiale lassen sich anhand wesentlicher Eigenschaften charakterisieren: Sie sind bewusst aufbaubar, abbaubar, nutzbar, werden vom Kunden direkt wahrgenommen und sind zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen nützlich. Zu beachten ist, dass Erfolgspotentiale im Zeitverlauf vergänglich sind, was für die Unternehmensführung bedeutet, dass sie diese erkennen und nutzen bzw. fördern, aufbauen und weiterentwickeln muss. Während Erfolgspotentiale somit Garant für den dauerhaften und überdurchschnittlichen unternehmerischen Erfolg sind, unterscheidet man bei Erfolgsfaktoren in konkretisierte und generalisierte.

Die Erfolgsfaktoren