Struktur und Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens- Ein kompakter Überblick - Bärbel Held - E-Book

Struktur und Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens- Ein kompakter Überblick E-Book

Bärbel Held

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Beschreibung

Das Gesundheitswesen (GW) in Deutschland ist von beträchtlicher Größe. Hierfür sind sowohl der hohe Beschäftigtenanteil der Erwerbstätigen in Deutschland (ca. 5 Mio. Beschäftigte) als auch die Ausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt charakteristisch. Die Ausgaben für Gesundheit und Pflege haben im Jahr 2019 die 400-Milliarden-Euro-Marke überschritten. Ein weiteres Merkmal für die Besonderheit des Gesundheitswesens ist seine hohe Regulierung. Charakteristika sind hierfür u.a. die Versicherungspflicht, der damit verbundene Grundsatz des einheitlichen Beitrages (Kontrahierungszwang) als auch das Diskriminierungsverbot; die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Leistungskataloge der sozialen Krankenversicherung und die dazu gehörende Gebührenordnung für ärztliche Leistungserbringung. Für das "Gut" Gesundheit gelten besondere Eigenheiten und gleichzeitig unterliegt das Dienstleistungsangebot den Bedingungen des sogenannten Gesundheitsmarktes für den keine Ausnahmen von den wirtschaftlichen Prinzipien der Leistungserbringung gelten. Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht immer wieder in der gesundheitspolitischen Debatte. Reformvorschläge verbunden mit einem Systemwechsel in Richtung eines überwiegend steuerfinanzierten oder marktwirtschaftlichen Systems werden diskutiert.

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Seitenzahl: 56

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Struktur und Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens-

Ein kompakter Überblick

Bärbel Held

Lehrheft für die Weiterbildung

Mit Lernzielen und Merkboxen

Über die Autorin:

Die Autorin kann auf eine langjährige Erfahrung im Gesundheitswesen zurückgreifen.

Prof. Dr. Bärbel Held war bis Mitte 2021 langjährig als Geschäftsführerin in einem Schwerpunktkrankenhaus als auch in einem Universitätsklinikum tätig.

Als Professorin für Betriebswirtschaft, Rechnungswesen und Controlling hat sie seit 2004 an verschiedenen Hochschulen gearbeitet und Projekte im Gesundheitswesen durchgeführt. Als Business-Consultant bei einer großen Softwarefirma war sie Vertriebsleiterin für das Thema Healthcare. Außerdem hat sie als Leiterin für Controlling an einer Universität gearbeitet und war Krankenhausplanerin bei der Gesundheitsbehörde in Hamburg.

Struktur und Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens-

Ein kompakter Überblick

Einführung und Lernziele

Das Gesundheitswesen (GW) in Deutschland ist von beträchtlicher Größe. Hierfür sind sowohl der hohe Beschäftigtenanteil der Erwerbstätigen in Deutschland (ca. 5 Mio. Beschäftigte) als auch die Ausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt charakteristisch. Die Ausgaben für Gesundheit und Pflege haben im Jahr 2019 die 400-Milliarden-Euro-Marke überschritten.

Ein weiteres Merkmal für die Besonderheit des Gesundheitswesens ist seine hohe Regulierung. Charakteristika sind hierfür u.a. die Versicherungspflicht, der damit verbundene Grundsatz des einheitlichen Beitrages (Kontrahierungszwang) als auch das Diskriminierungsverbot; die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Leistungskataloge der sozialen Krankenversicherung und die dazu gehörende Gebührenordnung für ärztliche Leistungserbringung.

Für das „Gut“ Gesundheit gelten besondere Eigenheiten und gleichzeitig unterliegt das Dienstleistungsangebot den Bedingungen des sogenannten Gesundheitsmarktes für den keine Ausnahmen von den wirtschaftlichen Prinzipien der Leistungserbringung gelten.

Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht immer wieder in der gesundheitspolitischen Debatte. Reformvorschläge verbunden mit einem Systemwechsel in Richtung eines überwiegend steuerfinanzierten oder marktwirtschaftlichen Systems werden diskutiert.

Das vorliegende Heft soll dem Leser einen schnellen Überblick zur Gesamtproblematik liefern und somit Argumente und Wissen zur eigenen kritischen Auseinandersetzung zur Thematik an die Hand geben und folgende Inhalte und Lernziele abdecken.:

Welche Strukturen kennzeichnen das deutsche Gesundheitswesen, wer sind seine wichtigsten Akteure?

Welche Rolle spielen Staat und Politik im Kontext der Selbstverwaltung?

Wie funktioniert die Finanzierung des deutschen Gesundheitssystems, insbesondere die der ambulanten und stationären Versorgung?

Wie sind die Versorgungssysteme strukturiert und geregelt und wie werden z.B. Kapazitäten der ambulanten als auch der stationären Versorgung geplant?

Wie gestaltet sich hier der Unterschied zwischen den gesetzlichen und den privaten Versorgungssystemen?

Wie wird die Qualität bei den Leistungserbringern gemessen und gesichert?

Inhaltsverzeichnis

1Gesundheitssysteme

2Die gesetzliche Krankenversicherung

3Akteure und Beteiligte im Gesundheitswesen

3.1Staat und Politik

3.2Verbände und Körperschaften

3.3Institutionen und Interessensvertretungen

4Strukturen und Finanzierung

4.1Ambulante ärztliche Versorgung

4.2Stationäre Versorgung

4.3Qualitätssicherung und Qualitätsmessung

5Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schaubild Gesundheitssystem Deutschland-Auszug 7

Abbildung 2: Grundelemente der vertragsärztlichen Vergütung17

Abbildung 3: Gesundheitsausgaben der GKV 2020, entnommen: VDEK21

Abbildung 4: Anzahl der Krankenhäuser nach Trägerschaft, Quelle: 23

Abbildung 5: Beispiel zur Krankenhausplanung-Sachsen, Stand 201727

Abbildung 6: Entwicklung der Krankenhausvergütung30

Abbildung 7: Beispiel für eine DRG-Klassifizierung: B70-Apoplexie (Schlaganfall), mittlerer Schweregrad32

Abbildung 8: Beispiel für einen QS-Monitor zum Controlling der Qualitätsindikatoren, hier Fa. Saatmann37

1 Gesundheitssysteme

Gesundheitssysteme der Länder sind komplexe Gebilde, mit denen die Gesundheits-versorgung der Bevölkerungen sichergestellt werden soll. Eine große Zahl an Institutionen und Akteuren unterhalten hierzu vielfältige und komplizierte Beziehungen.

Die Strukturen und Funktionsprinzipien der verschiedenen nationalen Gesundheitssysteme unterscheiden sich deutlich. Die Ursprünge liegen überwiegend im 19. Jahrhundert. Sie entstanden aufgrund spezifischer sozialer, gesundheitlicher, politischer und ökonomischer Problemlagen, in deren Resultat heute allein in der Europäischen Union 27 verschiedene nationale Gesundheitssysteme nebeneinander existieren.

Das Gesundheitssystem stellt das (öffentliche) System dar, nach welchem die medizinische Versorgung der Bevölkerung auf politischer, sozialer und finanzieller Ebene geregelt ist. Um die Gesundheitssysteme weltweit miteinander zu vergleichen, als auch das deutsche Gesundheitswesen zu charakterisieren, bieten sich daher auch diese drei Ebenen für die Beschreibung an:

Finanzierung und damit verbunden, die Trägerschaft der Institution,

Leistungserbringung und

die Regulierung,

was damit zu einer Einteilung in drei Idealtypen von Gesundheitssystemen führt.

Staatlicher Gesundheitsdienst

Der erste Typus ist der staatliche Gesundheitsdienst, in dem die Finanzierung über Steuern gewährleistet wird, die Leistungserbringung über öffentliche Versorgungseinrichtungen geschieht und die Regeln des Systems durch die Akteure des Staates beziehungsweise der Politik gesetzt werden. Die staatlichen Gesundheitsdienste werden auch als "Beveridge-Systeme" bezeichnet, benannt nach dem Ökonomen William Henry Beveridge, der als "Architekt" des britischen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) aus dem Jahre 1946 gilt.

Sozialversicherungssystem

Die Finanzierung in diesem Typus ist durch Sozialversicherungssysteme geregelt, deren Beiträge durch z.B. die Unternehmen und ihre Beschäftigten aufgebracht werden, wie dies in Deutschland der Fall ist. Allerdings reichen in Deutschland die Beträge nicht mehr aus, weshalb eine weitere Zuwendung über Steuereinnahmen erfolgt. (siehe Abschnitt Finanzierung) In der Leistungserbringung sind Akteure aus dem privaten Bereich neben öffentlichen Anbietern tätig. Die Regulierung von Sozialversicherungssystemen ist dadurch geprägt, dass die nicht staatlichen Akteure ihre Beziehungen in gewissem Umfang in Eigenregie gestalten können (Selbstverwaltungsprinzip). Da die im Deutschen Reich unter Reichskanzler Bismarck 1883 eingeführte gesetzliche Krankenversicherung für Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit die erste Sozialversicherung war, spricht man bei Sozialversicherungssystemen auch von "Bismarck-Systemen".

Privatwirtschaftliche Systeme

Sie stellen den dritten Typus dar. In privaten Systemen zieht sich der Staat weitgehend aus der Finanzierung, Organisation und Steuerung des Gesundheitssystems zurück und überlässt diese Aufgaben privaten Akteuren. Die Finanzierung erfolgt überwiegend über private Versicherungen und Aufwendungen der privaten Haushalte. Die Versorgung beruht auf privaten Anbietern, die im Wettbewerb mit anderen Leistungserbringern stehen, und die Regulierung des Systems wird zu einem beträchtlichen Teil den Mechanismen des Marktes überlassen.

Anzumerken ist, dass man in der Praxis niemals vollständig einen der drei Idealtypen vorfindet. So findet man auch in staatlichen Gesundheitsdiensten Finanzierungsanteile, die nicht aus Steuermitteln stammen oder private Leistungserbringer. Und auch privatwirtschaftlich organisierte Systeme weisen in der Realität einen nicht unerheblichen Anteil an staatlicher Finanzierung, Leistungserbringung und Regulierung auf. Dennoch lassen sich die verschiedenen Gesundheitssysteme hinsichtlich einer bestimmten Grundstruktur überwiegend dem einen oder dem anderen Typus zuordnen.

In den Mitgliedsländern der Europäischen Union überwiegen staatliche Gesundheitsdienste und Sozialversicherungssysteme und werden in den gesundheitspolitischen Reformdebatten immer wieder als (positive oder negative) Vergleichsmodelle herangezogen. So sind beispielsweise Schweden und Großbritannien Systeme, die über einen staatlichen Gesundheitsdienst verfügen. In den Niederlanden, der Schweiz und in Frankreich und Deutschland finden wir dagegen Sozialversicherungssysteme vor.

MERKBOX

Staatliches System

Sozialversicherungs-system

Privatwirtschaftliches System

Finanzierung

Steuern

Versicherungssysteme (z.B. Gesetzliche Kranken-versicherung)

Private Versicherungen/ Privathaushalt

Leistungs-erbringung

Öffentliche Versorgungseinrichtungen

Öffentliche und/ oder private Versorgungs-einrichtungen

Private Versorgungs-einrichtungen

Regulierung

Staat und Politik

Selbstverwaltungs-prinzip

Marktmechanismen

2 Die gesetzliche Krankenversicherung

Als Teil der durch Reichskanzler Otto von Bismarck initiierten Sozialgesetzgebung wurde 1883 die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) begründet. Eines der wichtigsten Charakteristika des deutschen Gesundheitswesens ist mit diesem Gründungsakt verknüpft: die Finanzierung der medizinischen Versorgung des größten Teils der Bevölkerung durch eine Sozialversicherung. Die gesetzliche Krankenversicherung spielt im deutschen Gesundheitswesen eine dominierende Rolle.