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Südkurier ist der erste Roman von Antoine de Saint-Exupéry und erschien 1929. Das Werk basiert auf den eigenen Erfahrungen des Autors als Luftpostpilot und zeichnet sich durch seine poetische, zugleich realistische Erzählweise aus. Im Mittelpunkt der Handlung steht Jacques Bernis, ein junger Pilot, der im Auftrag einer Luftpostgesellschaft die riskanten Strecken zwischen Frankreich, Spanien und Afrika überquert. Saint-Exupéry entwirft dabei nicht nur das Bild eines Pioniers der Luftfahrt, sondern auch das eines einsamen und nachdenklichen Menschen, dessen Leben zwischen Himmel und Erde von existenziellen Fragen durchdrungen ist. Die Geschichte beginnt mit den Herausforderungen und Gefahren, denen die Piloten bei ihren nächtlichen Flügen ausgesetzt sind: technische Pannen, Naturgewalten und die ständige Bedrohung durch den Tod. Bernis kämpft jedoch nicht nur mit äußeren, sondern auch mit inneren Konflikten. Seine Vergangenheit, insbesondere eine gescheiterte Liebesbeziehung, prägt seine Gedanken während der Einsamkeit des Fluges. In der Weite der Wüste sucht er nach einem Sinn, nach menschlicher Nähe und nach einem Ort, an dem er sich zugehörig fühlen kann. Revolutionär war "Südkurier" zu seiner Zeit durch die Verknüpfung von moderner Technik, individueller Erfahrung und existenzieller Reflexion. Saint-Exupéry war einer der ersten, der das Fliegen nicht nur als Abenteuer, sondern als Spiegel innerer Prozesse und als Metapher für die menschliche Suche nach Sinn und Bestimmung darstellte. Das Buch ist bis heute relevant, weil es grundlegende Fragen nach Identität, Einsamkeit, Mut und Verantwortung stellt. Das Vermächtnis von "Südkurier" liegt in seiner Verbindung von technischer Innovation, poetischer Sprache und zeitloser Menschlichkeit – ein Werk, das Leser immer wieder zur Selbstreflexion einlädt. Antoine de Saint-Exupéry (1900–1944) war ein französischer Schriftsteller, Pilot und Humanist, der durch sein abenteuerliches Leben und seine tiefgründigen Werke weltweite Bekanntheit erlangte. Als Luftpostpilot erlebte er die Weiten der Sahara und Südamerikas, was seine Literatur maßgeblich prägte. Neben seinen berühmten Romanen wie "Der kleine Prinz" setzte er sich in seinen Schriften für Menschlichkeit und Verantwortung ein. Während des Zweiten Weltkriegs diente er als Aufklärungsflieger und verschwand 1944 während eines Aufklärungsfluges über dem Mittelmeer spurlos. Sein Leben und Werk sind geprägt von der Suche nach Sinn, Freundschaft und Menschlichkeit. Diese Übersetzung wurde mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Über Funk. 6:10 Uhr. Von Toulouse mit Zwischenlandungen. Flug von Frankreich nach Südamerika startet um 5:45 Uhr.
* * *
Ein klarer Himmel wie Wasser tauchte die Sterne in ein Licht und ließ sie erstrahlen. Dann wurde es Nacht. Die Sahara breitete sich Düne für Düne unter dem Mond aus. Auf unseren Stirnen lag das Licht der Lampe, das die Gegenstände nicht offenbart, sondern sie komponiert, alles mit zarter Substanz nährt. Unter unseren gedämpften Schritten lag der Luxus des dicken Sandes. Und wir gingen mit bloßem Kopf, befreit von der Last der Sonne. Die Nacht: diese Wohnstätte...
Aber wie konnten wir an unseren Frieden glauben? Die Passatwinde wehten unermüdlich nach Süden. Sie streichelten den Strand mit einem seidigen Geräusch. Es waren nicht mehr diese Winde aus Europa, die drehen und nachgeben; sie lagen auf uns wie auf einem schnell fahrenden Zug. Manchmal berührten sie uns nachts so hart, dass wir uns mit dem Gesicht nach Norden gegen sie lehnten, mit dem Gefühl, weggetragen zu werden, zu einem unbekannten Ziel. Was für eine Eile, was für eine Unruhe!
Die Sonne drehte sich und brachte den Tag zurück. Die Mauren waren nicht sehr unruhig. Diejenigen, die sich bis zur spanischen Festung wagten, gestikulierten und trugen ihre Gewehre wie Spielzeug. Es war die Sahara hinter den Kulissen: Die ungehorsamen Stämme verloren ihr Geheimnis und lieferten ein paar Statisten.
Wir lebten dicht gedrängt vor unserem eigenen, engstirnigen Spiegelbild. Deshalb konnten wir uns in der Wüste nicht isoliert fühlen: Wir hätten nach Hause zurückkehren müssen, um uns unsere Entfernung vorzustellen und sie in ihrer ganzen Tragweite zu begreifen.
Wir gingen kaum weiter als fünfhundert Meter, wo die Dissidenz begann, gefangen von den Mauren und uns selbst. Unsere nächsten Nachbarn, die aus Cisneros und Port-Étienne, waren siebenhundert, tausend Kilometer entfernt, ebenfalls in der Sahara gefangen wie in einer Hülle. Sie kreisten um dieselbe Festung. Wir kannten sie mit ihren Spitznamen, ihren Marotten, aber zwischen uns herrschte dieselbe dicke Stille wie zwischen bewohnten Planeten.
An diesem Morgen begann sich die Welt für uns zu bewegen. Der Funker übergab uns endlich ein Telegramm: Zwei im Sand stehende Masten verbanden uns einmal pro Woche mit dieser Welt:
Post Frankreich-Amerika, Abfahrt Toulouse 5:45 Uhr. Alicante um 11:10 Uhr passiert.
Toulouse spricht, Toulouse, Leitstelle. Gott war weit weg.
Innerhalb von zehn Minuten erreichte uns die Nachricht über Barcelona, Casablanca und Agadir und verbreitete sich dann weiter nach Dakar. Auf einer Strecke von fünftausend Kilometern wurden alle Flughäfen alarmiert. Um sechs Uhr abends erhielten wir eine weitere Nachricht:
Flugzeug landet in Agadir um 21 Uhr, startet um 21:30 Uhr nach Cabo Juby, landet dort mit Michelin-Bombe, Ende. Cabo Juby bereitet die üblichen Lichter vor, Ende. Befehl, mit Agadir in Kontakt zu bleiben. Unterzeichnet: Toulouse.
Vom Observatorium in Cabo Juby, mitten in der Sahara, verfolgten wir einen fernen Kometen.
Gegen sechs Uhr abends wurde es im Süden unruhig:
Von Dakar nach Port-Étienne, Cisneros, Juby: Bitte dringend neue Nachrichten übermitteln.
Von Juby an Cisneros, Port-Étienne, Dakar: keine Neuigkeiten seit 11:10 Uhr in Alicante.
Irgendwo brummte ein Motor. Von Toulouse bis zum Senegal versuchten wir, ihn zu hören.
Toulouse. 5:30 Uhr.
Das Auto vom Flughafen hält abrupt vor dem Eingang des Hangars, der in die regnerische Nacht hinausgeht. 500 Glühbirnen beleuchten harte, nackte, präzise Objekte, wie auf einem Messestand. Unter diesem Gewölbe hallt jedes gesprochene Wort nach, bleibt hängen und erfüllt die Stille.
Glänzendes Blech, ein Motor ohne Schmutz. Das Flugzeug sieht aus wie neu. Die Mechaniker haben mit den Fingern von Erfindern an der filigranen Uhrwerkstechnik herumgebastelt. Jetzt treten sie von ihrem vollendeten Werk zurück.
„Beeilen Sie sich, meine Herren, beeilen Sie sich ...“
Sack für Sack verschwindet die Post im Bauch des Flugzeugs. Schnelle Überprüfung:
„Buenos Aires ... Natal ... Dakar ... Casa ... Dakar ... Neununddreißig Säcke. Stimmt alles?“
– Stimmt.“
Der Pilot zieht sich an. Pullover, Schal, Lederkombi, gefütterte Stiefel. Sein schläfriger Körper ist schwer. Man ruft ihm zu: „Los! Beeilen wir uns ...“ Die Hände voll mit seiner Uhr, seinem Höhenmesser und seiner Kartenmappe, die Finger taub in den dicken Handschuhen, hievt er sich schwerfällig und ungeschickt in den Cockpit. Ein Taucher außerhalb seines Elements. Aber sobald er sitzt, wird alles leichter.
Ein Mechaniker steigt zu ihm:
„Sechshundertdreißig Kilo.
– Gut. Passagiere?
– Drei.“
Er nimmt die Gepäckstücke entgegen, ohne sie anzusehen.
Der Vorfeldleiter dreht sich zu den Manöverfahrzeugen um:
„Wer hat diese Motorhaube festgesteckt?
– Ich.
– Zwanzig Francs Strafe.“
Der Flugleiter wirft einen letzten Blick darauf: alles ist ordentlich, die Bewegungen sind wie bei einem Ballett. Dieses Flugzeug hat seinen genauen Platz in diesem Hangar, so wie es in fünf Minuten seinen Platz am Himmel haben wird. Dieser Flug ist so gut geplant wie der Stapellauf eines Schiffes. Dieser fehlende Splint: ein eklatanter Fehler. Diese 500-Watt-Glühbirnen, diese präzisen Blicke, diese Härte, damit dieser Flug, der von Zwischenlandung zu Zwischenlandung bis nach Buenos Aires oder Santiago de Chile führt, ein ballistisches Meisterwerk und kein Zufallsprodukt ist. Damit trotz Stürmen, Nebel, Tornados, trotz der tausend Fallstricke der Ventile, der Kipphebel, des Materials alle Ziele erreicht, überholt, hinter sich gelassen werden: Expresszüge, Schnellzüge, Frachtschiffe, Dampfer! Und in Rekordzeit Buenos Aires oder Santiago de Chile erreichen.
„Los geht's.“
Dem Piloten Bernis wird ein Zettel gereicht: der Schlachtplan.
Bernis liest:
Perpignan meldet klaren Himmel, Windstille. Barcelona: Sturm. Alicante...
Toulouse. 5:45 Uhr.
Die mächtigen Räder drücken die Kufen in den Boden. Vom Wind der Propeller geschlagen, scheint das Gras bis zu zwanzig Meter hinter dem Flugzeug zu fließen. Bernis entfesselt oder bändigt mit einer Bewegung seines Handgelenks den Sturm.
Das Geräusch wird jetzt immer lauter, bis es zu einer dichten, fast festen Umgebung wird, in der der Körper gefangen ist. Als der Pilot spürt, wie etwas bisher Unerfülltes in ihm aufsteigt, denkt er: Das ist gut. Dann schaut er auf die schwarze Motorhaube, die sich vor dem Himmel abzeichnet, wie eine Granate. Hinter dem Propeller zittert eine Morgenlandschaft.
Nachdem er langsam gegen den Wind gefahren ist, zieht er den Gashebel zu sich. Das Flugzeug wird vom Propeller erfasst und schießt los. Die ersten Sprünge in der elastischen Luft werden gedämpft, und endlich scheint sich der Boden zu spannen und unter den Rädern wie ein Riemen zu glänzen. Nachdem er die Luft beurteilt hat, die zuerst ungreifbar, dann flüssig und nun fest geworden ist, stützt sich der Pilot darauf und steigt auf.
Die Bäume, die die Landebahn säumen, geben den Horizont frei und verschwinden. In zweihundert Metern Höhe neigt man sich noch über einen kindlichen Schafstall mit aufrecht stehenden Bäumen und bemalten Häusern, und die Wälder behalten ihre dichte Decke: bewohnte Erde...
Bernis sucht die Neigung des Rückens, die richtige Position des Ellbogens, die er braucht, um sich wohlzufühlen. Hinter ihm zeichnen die tief hängenden Wolken von Toulouse die düstere Halle des Bahnhofs. Jetzt widersteht er dem Flugzeug, das aufsteigen will, weniger und lässt die Kraft, die seine Hand zusammenpresst, ein wenig nach. Mit einer Bewegung seines Handgelenks gibt er jede Welle frei, die ihn anhebt und sich wie eine Welle in ihm ausbreitet.
In fünf Stunden Alicante, heute Abend Afrika. Bernis träumt. Er ist in Frieden: „Ich habe Ordnung geschaffen.“ Gestern verließ er Paris mit dem Abend-Express; was für ein seltsamer Urlaub. Er behält eine verschwommene Erinnerung an einen dunklen Tumult. Später wird er leiden, aber im Moment lässt er alles hinter sich, als würde alles außerhalb von ihm weitergehen. Im Moment fühlt er sich, als würde er mit der aufgehenden Morgendämmerung neu geboren werden, als würde er, oh Morgen, dabei helfen, diesen Tag zu gestalten. Er denkt: „Ich bin jetzt nur noch ein Arbeiter, ich bereite die Post für Afrika vor.“ Und jeden Tag beginnt für den Arbeiter, der mit dem Aufbau der Welt beginnt, die Welt neu.
„Ich habe aufgeräumt ...“ Letzter Abend in der Wohnung. Zeitungen um Bücherstapel gefaltet. Briefe verbrannt, Briefe sortiert, Möbel abgedeckt. Alles sortiert, aus seinem Leben gerissen, im Raum verteilt. Und dieses Durcheinander im Herzen, das keinen Sinn mehr machte.
Er hat sich auf den nächsten Tag vorbereitet wie auf eine Reise. Er ist in den nächsten Tag gestartet wie in ein Amerika. So viele unvollendete Dinge hielten ihn noch an sich selbst fest. Und plötzlich war er frei. Bernis hat fast Angst, sich so verfügbar, so sterblich zu entdecken.
Carcassonne, sein Zufluchtsort, schwebt unter ihm.
Was für eine ordentliche Welt – 3000 Meter hoch. Ordentlich wie die Schafhürde in seiner Kiste. Häuser, Kanäle, Straßen, Spielzeug der Menschen. Eine Welt, in der alles seinen Platz hat, eine Welt aus Fliesen, in der jedes Feld an seine Hecke grenzt, der Park an seine Mauer. Carcassonne, wo jede Kurzwarenhändlerin das Leben ihrer Großmutter nacherzählt. Bescheidenes Glück in Schach gehalten. Spielzeug der Menschen, ordentlich in ihren Vitrinen aufgestellt.
Eine Welt in einer Vitrine, zu sehr ausgestellt, zu sehr zur Schau gestellt, Städte in Ordnung auf der aufgerollten Karte, die eine langsame Erde mit der Sicherheit einer Flut zu sich trägt.
Er denkt, dass er allein ist. Auf dem Höhenmesser spiegelt sich die Sonne. Eine helle und eisige Sonne. Ein Schlag auf den Steuerknüppel: Die ganze Landschaft driftet davon. Dieses Licht ist mineralisch, dieser Boden erscheint mineralisch: Was die Sanftheit, den Duft, die Schwäche der Lebewesen ausmacht, ist ausgelöscht.
