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Was wie ein Prinzessinnentagtraum beginnt, endet für Kassandra Alighieri in einem hermetischen Chaos! Als die attraktive Kunstsachverständige auf das Schloss Werode eingeladen wird, um die Echtheit eines uralten Artefakts zu bestätigen, ahnt sie nicht, was auf sie zukommt und wie der geheimnisvolle Noah Rosencreutz in diesen Wahnsinn passt.
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Seitenzahl: 372
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Geheimnisvolle Verwechslungen
Die Einladung zur Hochzeit
Die Wanderung zum Schloss
Die Wäge Zeremonie
Theateraufführung
Die schlafende Venus
Alchemistische Experimente
Ritter vom Goldenen Stein
Chymische Umstände
Personenverzeichnis
Personenverzeichnis
Von der chymischen Hochzeit des Rosencreutz und seinem Versagen. Wenn eine Geschichte beginnt weiß man nie, wie sie endet.
Missmutig starrte Noah hinunter auf die Straße. Menschen eilten betriebsam umher. Autos schlängelten sich aneinander vorbei, hielten, fuhren weiter. Er hasste es von seinem Onkel gerufen zu werden, als ob er noch ein kleiner Junge wäre. Seine Stimmung war genauso trist wie das Wetter. »Hast du mir nicht zugehört, Junge? Wir reden hier nicht von irgendeinem kleinen Geschäft.« »Und was habe ich damit zu tun? Schick doch Gruber oder Wolf.«, brummte Noah und fuhr sich mit der Hand durch die dunklen, kurzen Locken. »Es handelt sich hier um ein Artefakt, das uns allen genug Geld bringen könnte, um uns zur Ruhe setzen können. Damit beauftragt man niemanden, der nicht zur Familie gehört.«
Familie. Ein Wort, das für Noah vor einer gefühlten Ewigkeit seine Bedeutung verloren hatte. »Es ist wirklich ungünstig momentan. Viel zu tun.« Streng blickte ihn sein Onkel an. Nein, so leicht kam man ihm nicht davon. »Viel zu tun, dass ich nicht lache. Hast du vielleicht auf dem Grund des Jacuzzi im Adlon nach Hummern getaucht? Die beiden Damen, die in deiner Gesellschaft waren, sind dir dabei sicher gut zu Hand gegangen.« »Sind sie, aber ich wüsste nicht, was dich das angeht.« »Tut es nicht. Was mich aber etwas angeht ist dieses Artefakt. Wir müssen den Caduceus in unseren Besitz bringen.« Noah schnaubte.
»Natürlich. Warte! Ich sattle nur schnell Pegasus, dann können wir los. Sagst du Zeus und den anderen Bescheid? Dem Weihnachtsmann vielleicht? Sorry, ich bin echt zu alt, um an diese Märchen zu glauben.« »Dein Sarkasmus ist unangebracht, wenn man bedenkt, dass dir die Jagd nach Artefakten solcher Art deinen ausschweifenden Lebensstil finanziert.« »Onkel, der Caduceus, der Hermesstab, ist nur ein Märchen. Was hoffst du denn, dass ich finde? Einen goldenen Stab mit Flügeln, um den sich Schlangen winden, der die Welt nach Gut und Böse richten wird? Das ist doch sinnlos. Du verschwendest meine Zeit.«
»Und sie sind sich ganz sicher, dass es sich hier um den Originaldruck von Basilius Valentinus handelt, Frau Alighieri.« Kassandra nickte und eine Strähne ihres schwarzen Haares löste sich aus dem lockeren Knoten in ihrem Nacken. »Jawohl, eure Eminenz. Wir haben das Schriftstück mehreren Tests unterzogen, um wirklich ganz sicher zu gehen, Kardinal Vorknitz. Unseren Erkenntnissen nach ist es echt. Alle im Labor sind sich in diesem Punkt absolut einig. Selbstverständlich erhalten sie von uns bei Kaufabschluss ein Echtheitszertifikat ausgestellt.« Zufrieden nickte der beleibte Mann mit der grauen Tonsur, seine kurzen Stummelfinger strichen fast ehrfürchtig über den Bericht, den sie ihm vorgelegt hatte.
Verstohlen warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. Eine Stunde noch, dann konnte sie endlich raus aus dem Büro. Sie konnte es kaum noch erwarten sich mit Saskia, ihrer frisch geschieden Freundin und wiedergewonnenen Mitbewohnerin, ins Getümmel zu stürzen. Vor einem halben Jahr war sie mit allen ihren Koffern nachts vor Kassandras Wohnungstür aufgetaucht, weil sie Peter, diesem Versager, endlich den Laufpass gegeben hatte und zog wieder bei ihr ein. Gestern wurde die Scheidung endlich amtlich und sie wollten ihre wiedergewonnene Freiheit feiern. So wie früher. Frankfurt würde ihnen gehören!
»Die alchemistischen Werke von Valentinus sind für die damalige Zeit äußerst weit gewesen, wussten sie das, Frau Alighieri? Er war mehr als nur ein Benediktinermönch. Er war Vertreter der drei Prinzipien Lehre.« Kassandra nickte höflich und lächelte. »Mercurius, Sulfur und Sal.«, gab sie die passenden Fakten aus der Akte des Objekts zum Besten. Sie war recht gut in ihrem Job, der zu Anfang eigentlich nur dazu gedacht war, ihr die Ausgaben während ihres Studiums zu decken. Kassandra wollte Künstlerin werden und irgendwann, da war sie sich sicher, würde ihr schon ein Durchbruch gelingen und ein wichtiger Kunstkritiker und Philanthrop würde ihre Talente sicher erkennen und fördern. Die wilden Fantasien, die sie zu dem wie und wo entwickelt hatte, ließen sie sachte schmunzeln.
»Aber natürlich ist die Kirche weniger an der Alchemie interessiert, junge Frau, als daran sie aus dem Verkehr zu ziehen. Das sollte auch ihnen ein Anliegen sein. Der Glaube an Gold, die Gier - eine Todsünde, hat schon so manche Seele verdorben.« Der Kardinal faltete seine weichen Finger und wandte seinen Blick kurz gegen die Decke ihres Büros.
Irritiert folgte Kassandra seinem Blick, um dann festzustellen, dass der Geistliche diese Geste wohl an Gott gerichtet hatte und nicht etwa, weil dort eine Fliege saß. »Ja, selbstverständlich, da gebe ich ihnen recht, Kardinal Vorknitz.«, nickte sie. »Der Glaube an Gott sollte immer vor allem stehen.« Ergänzte sie schnell, als der Geistliche vor ihr keine Miene verzog. »So ist es, Frau Alighieri. Die Abbildung ist wirklich einzigartig. Sehen sie doch nur wie detailverliebt Valentinus die Platten vor dem Druck vorbereitet haben muss.« »Wirklich schwierig, wenn man die Zeit bedenkt und die zur Verfügung stehenden Mittel.«, ergänzte Kassandra schnell. Wenn sie ehrlich war hatte sie keinen ausführlichen Blick auf das Kunstwerk geworfen. Sie wollte den Verkauf endlich abschließen.
Der Kardinal nickte. »Wussten sie, dass es geheime Orden und Logen gab, die tatsächlich glaubten, es gäbe dieses Artefakt, dessen Abbildung wir hier sehen?« Irgendwie unangenehm eindringlich musterten Vorknitz kleine Schweinsäuglein sie und Kass rieb ihre Hände an ihrem Bleistiftrock. »Wirklich? Reden sie hier von den Freimaurern?« »Auch. Aber das ist nicht die einzige Loge, die es gibt, Frau Alighieri. Jedenfalls glauben diese Vereinigungen, dass es mit Hilfe des Stabs hier möglich sein sollte, einen reinen, gottgleichen Menschen zu erschaffen, der das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse in den Händen hält. Die Kirche glaubt selbstverständlich nicht an diesen Humbug.« »Selbstverständlich, Kardinal Vorknitz.«, wiederholte sie in einem, wie sie hoffte, respektvollem Tonfall. »Allerdings hat auch uns die Vergangenheit gelehrt, dass Gott den Menschen wohl nicht genug ist. Glauben sie, dass es diesen Stab, dieses Artefakt tatsächlich geben könnte?«
Kassandra verstand nicht so ganz, warum Vorknitz ihr das alles erzählte, andererseits erzählten Kunden oft Dinge, die mit dem eigentlichen Geschäft wenig zu tun hatten, um sie so abzulenken und einen besseren Preis erzielen wollten. »Ich arbeite in einem Auktionshaus, Kardinal Vorknitz. Ich habe schon viele seltsame Artefakte und sogenannte Kunstobjekte gesehen, aber ich denke, wenn es diesen Stab oder diese Smaragdtafel wirklich gibt, ist Valentinus‘ Druck im Vergleich ja ein wahres Schnäppchen.«, schloss sie keck.
Der Geistliche kicherte auf. »Das ist wohl war. Gut, Frau Alighieri, dann schlage ich vor, dass sie die Papiere für mich fertigmachen und vergessen sie nicht mir Bescheid zu sagen, sollte der Hermesstab in ihrem Auktionshaus auftauchen.« Widererwarten zwinkerte der Kardinal ihr vergnügt zu. Etwas hölzern stand Kassandra auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Sagten sie nicht gerade, das wäre Humbug?« Seine Hand umfasste die ihre widerlich weich und feucht. »Das heißt aber nicht, dass wir kein Interesse daran haben.« Auch wenn es nicht nach einem Scherz klang, lachte Kassandra höflich. Sie wollte endlich hier raus.
Wenn eine Geschichte beginnt, dann weiß man nie, wie sie endet. Der Abend für Kass begann mit einem genervten Stöhnen, als sie erst im Taxi bemerkte, dass sie, einer verqueren inneren Routine nach, ihren Aktenkoffer mit sich genommen hatte. Natürlich war es zu spät umzukehren, da es sich für sie, bis vor einigen Sekunden, ganz normal angefühlt hatte. Sie war eben zerstreut. Eine gute Stunde später stolperte Kassandra ziemlich unelegant in die Luna Bar. Selbstverständlich war sie zu spät dran und Saskia, durchgestylt und gewohnt sexy, hielt bereits von diversen Männern umgeben bei einem Cosmopolitan Hof.
»Kass! Da bist du ja endlich! Jungs! Das ist Kass! Kass - die Jungs!« Kia sagte es mit vielsagend wackelnden Brauen, was hieß, dass sie die beiden längst abgecheckt hatte und sie ihrer Meinung nach perfekt wären, ein paar Cocktails zu spendieren. »Hallo Jungs!«, winkte Kassandra dienstbeflissen lächelnd in Richtung der beiden Männer und drückte ihre Freundin an sich, während sie ihr ein »Ist das dein Ernst?« zuraunte. Saskias Dackelblick angereichert mit einer Portion Lass uns den Spaß ließ Kass leise schnauben. »Das sind Markus und Jens.« Jens!? - Kia! Jemand der Jens heißt!? Kam das nicht gleich nach Kevin? Ihre schrägen Gedanken brachten Kass erneut zum Grinsen »Hi.« »Sie arbeiten für ein Auktionshaus?« »Ja, tue ich und sie?« Bankwesen. Natürlich. So wie die meisten männlichen Wesen hier in Frankfurt, war es nicht das, dann Versicherungen oder Anwälte. Sie hielten die Unterhaltung flach, aber aufrecht, bis die beiden Jungs sich schließlich verabschiedeten, als sie merkten, dass Kass und Kia nicht an mehr als Drinks interessiert waren.
»Was denkst du? Sollen wir uns heute Nacht mal wieder eine Runde extra Spaß gönnen oder musst du nochmal ins Büro?« »Was?« »Na, warum schleppst du sonst deinen Aktenkoffer mit dir rum?« Kass verdreht die Augen. »Weil ich ein zerstreutes Huhn bin.« Die Freundinnen kicherten. »Na wenn das so ist.« Saskia schob Kassandra eine kleine Schachtel hin. Sofort zog sich ein breites Grinsen über ihr Gesicht. »Du meinst…«, verstohlen sah sie sich kurz um. »Du hast einen Joint?« »Aber selbstverständlich. Schließlich feiern wir meine Scheidung und du hast doch ein großes Geschäft abwickeln können, wie man so munkelt.« »Was? Das ist gerade mal ein paar Stunden her, wer sollte das jetzt schon munkeln können? Das ist doch ein Schuss ins Blaue, du Starreporterin.«, lachte Kass auf und nahm einen Schluck von ihrem Caipi.
»Hab‘ ich denn getroffen?« Fragte ihre Freundin unschuldig und schlürfte an ihrem Strawberry Daiquiri. »So nicht, junge Dame! Denkst du wirklich, dass ich dir das brühwarm auf die Nase binden würde? Die würden mich sofort rausschmeißen und dann könnte ich keine schicken Cocktails mehr mit dir trinken gehen, meine Liebe.« »Na gut, dann gibt es wohl auch keinen Grund, dass wir uns amüsieren.« »Was? Wer sagt das? Deine Scheidung reicht doch!« Lachend griff Kassandra Kia‘s Hand und eine Schachtel Streichhölzer aus einem großen Glas, das auf der Theke stand, und verließ mit ihrer Freundin und ihrem Koffer die Bar. »Komm, wir suchen uns draußen eine dunkle Ecke.«, zwinkerte Kass, reichte dem Bartender 20 Euro und zog ihre Freundin mit sich.
Der Caduceus. Wie schlicht und unscheinbar er doch war. Er sah völlig anders aus, als auf den meisten Abbildungen. Wenn er es denn war. Bestätigen konnte man ihm die Echtheit des Artefakts nicht, laut seinem Onkel, war dies aber auch noch nicht von Belang. Erst wenn absolut klar war, dass es sich um keine Fälschung handelte, die er hier auf seinem Schoß hatte, würde ein ansehnlicher Batzen Geld von Giovannis Konten auf das des Verkäufers wandern und keinen Augenblick vorher. Praktisch, da ohne Kauf auch der Zoll aus dem Spiel blieb. Noah schüttelte lächelnd den Kopf und schloss den Aktenkoffer auf seinem Schoß wieder.
Als sein Onkel davon angefangen hatte, wollte er ihn zum Teufel jagen, weil er so an diesem Ammenmärchen festhielt. Als er dann von seinem Kontaktmann in Paris einen Tipp bekommen hat, dachte Noah zuerst, der Mann würde ihn aufs Korn nehmen und jetzt, eine knappe Woche später, hatte er das Artefakt tatsächlich in seinem Besitz. Er war schon vielen Kunstobjekten hinterhergejagt. Verschollenen Monets, Lincolns Zylinderpistole, dem Zepter des Herodes, diversen griechischen und ägyptischen Texten und Tafeln, aber das hier würde seine Reputationen ins unermessliche treiben. Zufrieden streichelte Noah nochmal den Koffer, bevor er ihn wieder in das Fach für das Handgepäck oberhalb seines Platzes legte und sich dann anschnallte, da die Maschine in Kürze in Frankfurt landen würde. Er zückte sein Handy, scrollte durch die Kontakte, tippte darauf und wartete bis abgehoben wurde. »Ich brauche dringend einen Drink.« »Und ich weiß, wo du den bekommst, Süßer.« Noahs Lippen verzogen sich zu einem Grinsen.
Die beiden Freundinnen hatten sich in die nahegelegene Parkanlage verzogen, um dort in aller Heimlichkeit schnell ihren Joint durchzuziehen. Nach diversen Hustenanfällen, denen konsequent mehr und mehr Kicheranfälle folgten, war es dann auch geschafft. Kass hatte nie wirklich geraucht, alle paar Monate einen zu Kiffen war alles, was sie bereit war, ihrer Gesundheit anzutun und Kia, - die hatte seit sie Peter kennengelernt hatte, die Existenz von Rauchwaren und Nikotin schlichtweg ignoriert, ebenso wie die Tatsache, dass sie seit mehr als fünf Jahren mal öfter, mal seltener rauchte, und nicht nur Gras.
»Maaann, Alter, Kia!« Sie saßen sich gegenüber in mitten von ein paar Büschen und starrten in den Himmel. »Wo treibst du nur immer dieses Zeug auf.« Was wollte sie eigentlich damit sagen? War es wichtig? »Ich mein, ist schon stark.« Ihre Freundin lachte. »Von Randy Dandy – Reinhard aus unserer EDV.« »Randy Dandy – Reinhard?« Kass fühlte wie sich ihr Zwerchfell bereit machte, erneut einem Lachanfall standzuhalten. »Was? Der ist voll die Schnitte, der Kerl, irgendwie so nerdich sexy eben und macht einen auf unnahbar, aber eigentlich ist er voll der alternative Langweiler.« Und Kass Zwerchfell machte sich an die Arbeit. »Du hast so einen an der Klatsche, Mädel.«, keuchte Kass und ihre Freundin blitzte sie lachend an. »Das merkst du erst jetzt? – Uhh! Ich krieg grad voll Lust auf Döner!« »Oh ja! Geile Idee.«
Die beiden Frauen rappelten sich umständlich auf und klopften sich übertrieben sauber. »Eis hätte ich Bock drauf!« Fiel Kass plötzlich ein, eigentlich wusste sie gar nicht mehr, wovon sie beide eben noch gesprochen hatten, aber Essen passte doch immer. »Maaann! Krasse Idee!«, stimmte Kia ihr begeistert zu. »Los geht’s!« »Wohin?« »Na nach Hause! Erstens haben wir da noch Bier und zweitens: Cookies Eiscreme!« »Gute Idee! Nach dir!« Kichernd hängte sich Kass bei ihrer Freundin ein. Bier! Ihr Mund war trocken wie die Wüste Gobi, aber Eis?! Kia hatte immer die schrägsten Ideen, wenn sie dicht waren.
Kichernd bahnten sich die Freundinnen ihren Weg aus den Büschen und zurück auf den Fußgängerweg. »Pscht. Still, da vorne kommt einer.«, kicherte Kia. »Wir müssen uns normal verhalten.« »Ich bin cool.« Antwortete Kass überzeugend, musste aber ein Lachen unterdrücken und richtete sich auf, als sie dem Mann näherkamen. Dann ging alles sehr schnell und doch verlief es irgendwie wie in Zeitlupe. Der Kerl zückte ein Messer und machte einen schnellen Schritt auf die beiden zu.
»Stehenbleiben! Geld her!«, verlangte er ohne Umschweife. Während Kia noch erschrocken quietschte, jagte Kass der Schock ernüchterndes Adrenalin in die Adern. »Kia lauf!« Sie gab ihrer Freundin einen Schubs und lief selbst in eine andere Richtung davon. Ihr Plan ging auf, allerdings mit dem Nachteil, dass der Widerling ihr folgte. Ihr Zustand ließ sie alles so überzeichnet fühlen. Ihre Angst, ihr Herzschlag, der schnell in ihren Ohren dröhnte, ihr Atem, der sich in einen Rhythmus mit dem schneller werdenden Geräusch ihrer Füße fügte.
»Hilfe!«, schrie sie verzweifelt. »Hilfe! Ein Überfall!« Brachte es eigentlich etwas, das zu tun? Gab es nicht Statistiken darüber, dass Menschen sich bei einem Hilferuf sogar bewusst abwendeten? So schnell sie konnte lief sie auf ihren Stöckelschuhen davon, bis sich einer ihrer Absätze in einem Gullideckel verfing und Kass der Länge nach auf den Kiesweg schlug. So ein Mist! Ihr Aktenkoffer rutschte ihr aus der Hand. Schnell blickte sie über die Schulter, der Verbrecher war bereits hinter ihr und wollte nach ihrer Handtasche greifen, die ihr wohl beim Sturz von der Schulter gerutscht war, als sie eine weitere Gestalt hinter dem Angreifer im Dunkeln auftauchen sah, die nach dem Widerling griff und sofort zuschlug.
Noah hatte beschlossen ein Stück zu Fuß zu gehen, schließlich war er den ganzen Tag gesessen, beim Abschluss des Deals, im Flugzeug, beim Abendessen. Also hatte er Franco, seinen Fahrer, angewiesen am Opernplatz auf ihn zu warten und ihn da wieder einzusammeln. Kaum hatte er den Bürgerpark betreten, hörte er eine junge Frau um Hilfe rufen und rannte los. Da er sportlich war, dauerte es nicht lange und er sah den verwahrlosten Kerl vor sich rennen. Sah, wie dessen Opfer fiel und der Kerl sich auf die Handtasche der Dame stürzen wollte. Noah ließ seinen Aktenkoffer fallen, packte den Kerl, ohne auch nur darüber nachzudenken an der Schulter und versetzte ihm einen Schwinger. Erst jetzt sah er, dass der Kerl ein Messer gehabt hatte, da es zu Boden fiel. Schnell stellte Noah seinen Fuß auf die Klinge.
»Verschwinde du Arschloch! Das geht dich nichts an.«, schrie der Dieb jammernd auf. »Oh – wow! Wo hast du das denn gelernt? Gabs das bei Primark im Angebot?« Geistesgegenwärtig duckte sich Noah zur Seite, fing die Faust seines Angreifers ab und stieß ihm seine eigene erneut gegen den Kiefer, packte den Kerl schnell am Kragen und zog ihn an sich. »Und jetzt verschwinde, sonst ruf ich die Polizei, du lächerliches Würstchen.« Noah stieß den Kleinkriminellen mit Nachdruck von sich und machte ihm noch einen Schritt hinterher, um seine Drohung zu verdeutlichen. Der Kerl zog den Kopf ein und nahm die Beine in die Hand.
Zittrig blickte Kassandra sich um. Offensichtlich hatte Kia es zur U bahn geschafft, denn von ihrer Freundin fehlte jede Spur. Während sie mit einer Hand versuchte ihre Haarsträhnen zu bändigen streckte sie ihre andere nach ihrer Tasche aus, doch sie war ein paar Zentimeter zu weit entfernt. Etwas kitzelte sie am Knie. Ihre Strumpfhose war zerrissen und die Haut darunter aufgeschürft und blutig. Ihre Beine zitterten und als sie sich aufrichten wollte streckte sich eine Hand in ihr Sichtfeld. Eine männliche Hand, gepflegt und mit langen, schlanken Fingern. Verunsichert blickte Kassandra am Arm der Hand entlang und in das Gesicht eines Mannes. »Kommen sie, ich helfe ihnen auf. Geht es ihnen gut?« »Danke. Ja.«, murmelte sie, wurde auf die Beine gezogen und fühlte, wie der Mann ihr ihre Handtasche in die Arme drückte. Mechanisch hängte Kass sie über ihre Schulter.
»Kein Problem. Und gehen sie besser nicht allein im Dunkeln durch einen Park.« Benebelt versuchte Kassandra das Gesicht des Mannes vor sich zu erkennen. »Ich war nicht allein. Meine Freundin war bei mir, sie ist in eine andere Richtung gelaufen.« Er war recht groß und hatte dunkles Haar. »Sicher ist es jedenfalls nicht, der Kerl hatte immerhin ein Messer und sie lagen am Boden.« Das wusste sie selbst. Hohe Wangen, trotzige Nase, fordernder Mund. »Sie sollten jetzt besser nach Hause gehen, junge Frau.« »Wer sind sie! Mein Vater? Vielleicht will ich noch gar nicht nach Hause!«
Noah hatte mit vielem gerechnet, aber mit Trotz? Als ihm der glasige Blick und der torfige Geruch an der jungen Frau auffiel. »Sie sind bekifft und haben wohl den Ernst der Lage nicht so ganz erfasst? Der Kerl hätte sie ausgeraubt und wahrscheinlich schlimmeres.«
»Ich bin nicht bekifft! Nur betrunken.«, log Kassandra schnell und, wie sie glaubte, überzeugend.
Noah musterte die junge Frau mit den schwarzen Haaren belustigt, machte einen Schritt auf sie zu und fasste ihren Oberarm, damit sie gezwungen war ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken. »Sie haben gekifft. Glauben sie mir, ich kenne den Unterschied. Es ist in ihren Augen zu sehen und man kann es riechen.«
Irritiert blickte sie dem Mann in die Seinen. Sie schimmerten hellgrau, fast silbern. Erstaunlich, dachte Kass, bevor sie unbeholfen versuchte sich seinem Griff zu entwinden. »Pfff. Egal. Ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.«, brummte sie. Irgendwie passte die Farbe der Iriden des Mannes nicht zu seinem dunklen Typ und irgendwie wirkte der so groß und bedrohlich. Überhaupt wurde ihr die Situation zunehmend unangenehmer, sie war Hilfe nicht gewohnt und auch nicht, dass man ihr ihren Zustand vorwarf. »Ich werde ihnen ein Taxi rufen.« Kassandra machte sich endgültig los oder besser gesagt verschwanden seine Finger nach einem giftsprühenden Blick in deren Richtung endlich von ihrem Arm. »Das wird nicht nötig sein. Nochmals danke für ihre Hilfe.« Sie schulterte ihre Tasche nach, bückte sich nach ihrem Aktenkoffer und ging.
»Was soll das heißen: der Vertrag ist nicht in deinem Fach, Bert?« Kass wurde am darauffolgenden Morgen vom enervierenden Läuten ihres Handys geweckt. Robert Brühtner, ein agiler mitfünfziger und ihr direkter Vorgesetzter, gratulierte ihr zum Verkauf der Smaragd Tafel und erkundigte sich nach den Dokumenten, von denen Kassandra glaubte sie gestern vor Dienstschluss noch in seinen Vorsortierer gelegt zu haben. »Aber da ist er nicht. Kann es nicht sein, dass du ihn mitgenommen hast?« Kass schälte sich aus dem Bett und ging hinüber in ihr Wohnzimmer, wo sie ihren Aktenkoffer und die Handtasche letzte Nacht abgestellt hatte und machte sich am Schnappverschluss ihres Koffers zu schaffen. »Dann ist er vermutlich noch hier bei mir.«, sagte sie, als sie ihn nicht sofort aufbekam. »Ich bringe ihn dann gleich mit ins Büro.«, versicherte sie noch schnell, bevor sie auflegte.
»Guten Morgen! Kaffee?«, flötete Kia mit einem frisch duftenden Kaffee in der Hand von der Küchentür aus. »Bin ich froh, dass du es auch gesund nach Hause geschafft hast. Noch fünf Minuten länger und ich hätte die Bullen angerufen. Ich konnte erst einschlafen, als ich die Türe gehört habe, aber ich war zu faul nochmal aufzustehen. Bist den Kerl losgeworden, was?« »Ja.« »Wars schwer? Also: ist der dir noch lange gefolgt?« Kass nahm einen Schluck Kaffee und widmete sich wieder dem Aktenkoffer. »Ne, wohl nicht so lange. Ein Mann ist aufgetaucht und hat mir geholfen, hat diesen Verbrecher vertrieben.«
Warum bekam sie das Ding denn nicht auf? Ungeduldig fuhren ihre Finger über den Zahlencode. »Oh cool! So richtig mit harter Männeraction?« Kass runzelte die Stirn und drehte die Ziffern mit viel Gefühl weiter, während ihre Freundin neben ihr jubelnd ausflippte. »Was soll daran schon cool sein?« »Also Kass!«, setzte Kia tadelnd an. »Zivilcourage ist heutzutage selten! Edle Ritter gibt es nicht mehr.« Kass schnaubte. »Na so edel. Er hat dem Kerl ein paar geknallt und ihn dann verjagt, das war es auch schon. Dann hat er mir vorgeworfen bekifft zu sein und dass ich nach Hause fahren soll.« »Was ja auch richtig war.«
Kass warf ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu, doch Kia ignorierte ihn, wie meistens, gekonnt. »Jetzt erzähl schon! Wie war der Typ, dein Retter, war er sexy? Jung? Gutaussehend?« »Kia, ich bitte dich! Es war ein normaler Mann, der mir eben geholfen hat. Nicht mehr und nicht weniger.«, antwortete sie angestrengt, als endlich das Schloss ihres Aktenkoffers aufsprang und sich dessen Inhalt über dem Sofa ergoss. Neugierig trat ihre Freundin näher. »Was ist das für ein seltsames Buch?«
Überrascht riss Kassandra die Augen auf. »Das weiß ich nicht! Das…« Sie griff nach ein paar Dokumenten und sah sie durch. »Das ist nicht meiner! Ich muss ihn verwechselt haben!« Ungläubig starrte sie wieder auf den Haufen Papier und den Koffer. Sie konnte sich auch wirklich nicht erinnern den Code auf drei, fünf, eins – neun, acht, acht geändert zu haben. Es musste ein Datum sein. Der 03. Mai 1988. »Mit dem von einem deiner Kunden?« Kass zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich.« »Na dann überleg mal, wer von deinen Klienten deinen eingepackt haben könnte, du kleines Chaos.«, grinste Kia und verschwand wieder in die Küche.
»Ja doch! Ich kriege meinen Koffer schon wieder, Onkel! Schließlich habe ich auch ihren!« Verzweifelt drehte Noah sich im Kreis. »Das will ich auch hoffen! Dass dir das überhaupt passieren konnte, ich hatte wirklich mehr von dir erwartet, Noah!« Er schnitt eine Grimasse und widerstand dem unbändigen Drang sein verdammtes Smartphone auf den Boden zu donnern, nur um diese paar Sekunden der Genugtuung genießen zu können, die es seinen Nerven bescheren würde, dann ging er weiter. »Auch die Besten haben mal Pech.«, knurrte er, um endlich seine Ruhe zu haben, damit er sich wieder voll und ganz auf die Suche konzentrieren konnte.
An der Stelle, wo er die junge Frau letzte Nacht gerettet hatte, war er schon vorbei, doch von seinem Koffer oder der Frau fehlte natürlich jede Spur. »Finde du lieber raus, wer dahintersteckt. Ich will alles über diese Frau und ihre Hintermänner wissen.« »Das ist vorerst unwichtig, Noah! Wenn du sie in die Finger bekommst, dann kannst du dich selbst darum kümmern, si? Das Weibsbild hat dich entweder aufs Kreuz gelegt oder du siehst Gespenster, und jetzt hol uns endlich das Artefakt zurück und zwar subito!« Dann war die Leitung tot.
»Naturalmente subito! Was denn auch sonst!«, brüllte er noch frustriert in sein Telefon und ließ es dann in seine Hosentasche gleiten, bevor er sich die Haare raufte. Als er die Hände wieder nach unten nahm, traute er seinen Augen nicht. Ungläubig weitete er sie und fokussierte nochmals die zarte, dunkelhaarige Gestalt, die da vorne in dem Café am Fenster saß und in ein Notebook stierte.
»Sie haben meinen Aktenkoffer!« Es war eine zornige Anschuldigung und Kass zuckte erschrocken zusammen, als die aufgebrachte Männerstimme sie aus dem Artikel über Salvatore Dali, in dem sie völlig vertieft gewesen war, riss. Eingeschüchtert sah sie auf und musterte den Mann jetzt im Licht, der ihr gestern Nacht so ritterlich geholfen haben dürfte. Sie erkannte die hellgrauen Augen, die sie verärgert anblickten. Kassandra versuchte sich entspannt zurückzulehnen, aber umfing nervös ihre Ellenbogen mit den Händen dabei.
Dass er groß war, hatte sie sehen können, doch jetzt, wieder nüchtern, sah sie auch, dass der Typ ziemlich gut gebaut war. Unter einer saloppen Jacke, die wie ein Sakko geschnitten war, ein weißes Hemd über einem breiten Brustkorb, eine schmale Taille, die in einer eleganten, grauen Hose steckte. »Das ist richtig!«, bestätigte sie schließlich bedächtig.
Da relativ schnell klar war, dass keiner ihrer Klienten ihren Koffer versehentlich mit dem eigenen verwechselt hatte, blieb nur noch ihr heldenhafter Retter. Für Kia ein gefundenes Fressen, die ständig etwas von Schicksal und glücklicher Fügung faselte. Da in dem Koffer allerdings weder ein Kontakt oder ähnliche persönliche Unterlagen waren, wusste Kass nicht, wo sie ihn suchen sollte. Also war ihre Idee in dieses Kaffee in der Nähe des Parks zu gehen und einfach abzuwarten, ob er vielleicht zufällig auf dieselbe Idee kam und so war es wohl. »Und sie haben wohl meinen.«, fügte sie schnell hinzu.
Noah stutzte. Eigentlich hatte er fest damit gerechnet, dass sie es abstreiten würde, dass sie vielleicht versuchen wollte zu fliehen. Sobald sein Blick heute Morgen auf den Koffer gefallen war, wusste er, dass es nicht der war, den er am Abend zuvor nach Frankfurt gebracht hatte. Er hatte den wenig geistreichen Code, 666 – 999, geknackt und den Koffer nach dem Caduceus durchwühlt. »Sie meinen diesen Haufen wertloses Papier und diese Kritzeleien?« Dabei hatte er sich nicht damit aufgehalten, dem Mappenchaos seine Aufmerksamkeit zu widmen. »Nichts davon ist wertlos! Was bilden sie sich eigentlich ein!«, zischte sie empört auf.
Noahs Geduld neigte sich dem Ende. »Wo ist der Koffer?« »In Sicherheit.« Jetzt war er sich sicher, dass der Überfall nur eingefädelt war, um ihn abzulenken und ihm den Koffer samt wertvollen Inhalt zu stehlen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ihm so etwas passierte. Wenn er da an die Geschichte in Madrid dachte oder in New York. »Was ich mir einbilde? Jetzt passen sie mal gut auf, Fräulein! Ich werde hier warten und sie bringen mir meinen verdammten Aktenkoffer und zwar pronto, capito?«
Pronto? War das etwa sein Ernst? Der Inhalt von dem Ding sah einigermaßen wichtig aus, deswegen hatten Kia und sie beschlossen, dass es das Beste wäre den Koffer zu Hause zu lassen. Kass schleppte sich ohnehin schon mit ihrer Tasche ab und, realistisch gesehen, wie hoch war die Chance, dass sie den Kerl wirklich wiedersah. Plan B wäre gewesen, das Ding zur Polizei zu bringen. Aber so musste sie sich auch nicht behandeln lassen. »Wie wäre es, wenn ich hier warten würde und sie bringen mir zuerst meinen Koffer wieder!«, zischte sie und kniff herausfordernd die Augen zusammen. »Warum haben sie meinen denn nicht dabei?«
Noah runzelte die Stirn. Wahrscheinlich, weil er gar nicht damit gerechnet hatte sie hier wirklich wiederzutreffen oder überhaupt so schnell eine Spur zu finden. »Mir reichts jetzt, ich werde jetzt gehen.« »Oh nein, sicher nicht! Hältst du mich für so dumm? Damit du dich endgültig aus dem Staub machen kannst? Wer schickt dich? Die jüdische Gemeinde? Die Muslime oder sind es die Katholiken?« Aufgebracht stützte er seine Hände auf die Tischplatte und lehnte sich drohend in ihre Richtung.
Die Zeit für Höflichkeiten war wohl vorbei, doch damit konnte Kass umgehen, seit sie damals hinter der Shotbar im Tresor gearbeitet hatte, um sich eine Wohnung und Möbel finanzieren zu können. Der Kerl, so ritterlich er sich auch verhalten hatte, hatte offensichtlich einen gewaltigen Knacks. »Jetzt pass mal gut auf, Sir Lanzelot, mich schickt niemand und du kannst deinen dämlichen Koffer wiederhaben, sobald du mir meinen bringst und bis dahin solltest du vielleicht eine Runde schlafen um, was auch immer für Drogen du genommen hast wieder aus deinem Organismus zu kriegen!«, schloss sie betont cool und war stolz auf sich.
Sie spielte ihre Unschuldsrolle gut, das musste er ihr lassen und wie arrogant sie ihr schwarzes Haar in den Nacken warf. »Sagt die Kifferin. Ich nehme keine Drogen.«, schnaubte Noah. »Gut, dann eben anders.«
Ruckartig richtete sich der Fremde auf und winkte dem Kellner. »Die Dame will zahlen!«, rief er quer durch das Lokal und der junge Ober reagierte sofort.
»Was soll das!?«, hörte Kass sich aufquietschen, als der Kerl jetzt grob ihr Handgelenk ergriff. »Pack deine Sachen zusammen, du wirst mich begleiten!« »Das werde ich sicher nicht tun!«, wehrte sie sich vehement und machte sich los, um diesem Idioten ein für alle Mal die Meinung zu sagen, als der in seine Jacke griff, sein Portemonnaie hervorholte und dem angedackelten Kellner die Rechnung aus der Hand nahm. Hätte sie gewusst, dass sie eingeladen werden würde, hätte sie nicht nur Wasser und Kaffee bestellt, dachte Kass schmollend, als sich der Kerl wieder zu ihr umdrehte. »Können wir gehen?« Hatte er ihr nicht zugehört? »Ok, nochmal zum Mitschreiben: ich werde sie nirgendwohin begleiten. Sie müssen mich für ziemlich bescheuert halten, wenn sie denken, dass ich einen wildfremden Kerl, der anscheinend an einer Persönlichkeitsstörung leidet, einfach so begleite!« Stur drückte sich Kassandra tiefer in das Sitzkissen.
Natürlich, als ob das Miststück nicht ganz genau wüsste, wer er war. Eine Schauspielerin par excellence, mit ihren unschuldigen blauen Augen. Grinsend blickte Noah sie an. »Mein Name ist Noah Rosencreutz und wenn du deinen Laptop wiederhaben willst, dann folgst du mir jetzt besser.« Schnell klappte er das Ding zu, schob es sich unter den Arm und ging selbstsicher davon. »Hey! Hallo! Was bilden sie sich ein!«, rief Kassandra aufgebracht, sprang auf und beeilte sich ihre Tasche und ihr Handy zu greifen, um dem unverfrorenen Typen so schnell wie möglich nach draußen zu folgen.
Leise lachte Noah in sich hinein, als sie nach kurzer Zeit neben ihm auftauchte, laut und saftig fluchend. »Jetzt machen sie nicht so schnell! Ich habe mir gestern das Knie aufgeschlagen! Was sind sie eigentlich für ein seltsamer Mensch! Erst helfen sie mir aus der Patsche, dann attackieren sie mich wegen ihres bescheuerten Koffers, den ich ihnen, wie ich betonen will, ohnehin wiedergeben wollte, und dann stehlen sie mein Notebook und machen sich einfach auf und davon, um mir vermutlich – weiß Gott was - anzutun!«
Noah warf dem aufgeregten Energiebündel neben sich einen Blick zu. »Ich will dir nichts antun. Wir fahren jetzt in mein Hotel, da holen wir deinen Koffer und danach begleite ich dich zu dir, damit du mir meinen aushändigen kannst. Dann trennen sich unsere Wege und ich will dir raten, mir künftig nicht mehr unter die Augen zu kommen, denn ich vergesse nie das Gesicht eines Spions.« »Eines was?«
Bisher hatte sein Vorschlag ja noch halbwegs vernünftig geklungen, doch das Finale driftete erneut in eine bizarre Richtung. »Entschuldigung, Spionin. Entspricht das eher deiner vermutlich emanzipierten Grundgesinnung?« Meinte dieser irgendwie verstörende Kerl das etwa ernst? Kassandra schüttelte den Kopf und lachte auf. »Was ist denn jetzt so komisch?«, hakte er verständnislos nach. »Dass sie denken, ich wäre ein Spion oder eine Spionin, wenn das ihrer emanzipierten Grundgesinnung besser gefällt.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin nur eine einfache Assistentin. Ihren Aktenkoffer habe ich gestern Nacht im Park aus Versehen an mich genommen, so wie sie auch meinen. Ist ihnen das nicht klar?«
Natürlich versuchte sie jetzt einzulenken dachte Noah. »Eine Assistentin, natürlich.« Wahrscheinlich würde sie ihn geradewegs in irgendeine Falle locken, eine unangenehme, mit Schmerzen verbundene Falle, so wie damals in Tiflis, als Al Fayid, dieser Sohn einer Ziege, ihm nicht glauben wollte, dass er die Amphore der Uto nicht bei sich hatte. Immerhin war diese Falle hübsch anzusehen.
Er warf ihr einen ungerührten Blick zu und hob den Arm, um ein Taxi zu stoppen. Es dauerte nicht lange und ein schwarzer Mercedes hielt an. »Das ist kein Taxi.«, sagte Kassandra mit einem Blick auf die edle Limousine, die angehalten hatte.
Noah öffnete die hintere Tür und wies einladend hinein. »Doch, Assistentin, es ist ein Taxi, mein ganz privates Taxi. Nach dir.« Charmant verneigte er sich leicht.
Unsicher blickte Kass sich um. Was, wenn er ihr doch etwas antat? Wenn er sie entführen wollte. Würde Kia nach ihr suchen? Ihre Eltern? »Na los, du willst doch dein Notebook zurück.« Ja, das wollte sie und ihre Unterlagen, allen voran den Kaufvertrag. Sie atmete zweimal tief durch und stieg in den noblen Wagen.
»Franco, per l'hotel per favore.”, beauftragte Noah seinen Fahrer und schloss die Tür, nachdem er hinter der Schwarzhaarigen in den Benz gestiegen war. Kass drückte sich so schnell wie möglich auf die andere Seite der ledernen Sitzbank, möglichst weit weg von dem seltsamen Kerl, der offenbar italienische Wurzeln hatte. Und wenn der Kerl von der Mafia war? Wenn sie es tatsächlich mit der Mafia zu tun hatte? Ihr Vater hatte sie immer gewarnt vor la familia. War es so, dann würde sie vermutlich nicht in einem Stück aus dieser dummen Verwechslung herauskommen! In diesem Koffer waren vielleicht irgendwelche belastenden Beweise und weil die Spinner dachten, sie hätte sie gelesen und könnte sie gegen sie verwenden, waren die jetzt hinter ihr her.
Schwachsinn, rief sie sich schnell wieder zur Ruhe, gar nichts hatte sie gelesen und ganz sicher gehörte so ein Typ nicht zu Mafia, oder? Sie hatte sich den Inhalt des Aktenkoffers ja nicht einmal genau angesehen, nachdem sie festgestellt hatte, dass es nicht ihrer war. »Hören sie, Herr Rosencreutz, ich kann ihnen nur versichern, dass es sich um ein Versehen handelt, ich war – der Überfall, er ist mir dabei aus der Hand gerutscht und dann...« Selbst wenn ihre Fantasie nur mit ihr durchging, sie hatte schon etwas Schiss, auch wenn sie sich das nur ungern eingestand. Wäre sie der abenteuerlustige Typ, hätte sie sicher ihre Karriere als Künstlerin nach dem Studium nicht auf die lange Bank geschoben. »Jedenfalls können sie mir glauben, dass ich keine Auftraggeber habe.« Kass konnte ein zittern ihrer Hände nicht unterdrücken.
Noah musterte die junge Frau, die ihre zartgliedrigen Finger zu Fäusten ballte und in ihren Schoß presste. Anscheinend wurde ihr endlich der Ernst ihrer Lage bewusst. »Aber Interessenten hast du doch sicher. Von irgendjemandem musst du doch einen Tipp bekommen haben? Du kannst es mir ruhig sagen.« Er hielt seine Stimme betont lässig und freundlich.
Irritiert schüttelte Kassandra den Kopf und blickte aus dem Fenster. »Nochmal: es war ein Versehen. Ich habe ihren Aktenkoffer nicht absichtlich genommen, es war eine Verwechslung, mehr nicht.«
Versicherte sie ihm wieder. So überzeugend, dass Noah tatsächlich fast begonnen hätte zu zweifeln. »Du brauchst keine Angst zu haben, Assistentin.«, sagte er ruhig. »Ich will nur meinen Koffer.« Um seine Mundwinkel zuckte es kurz. »Dir etwas zu tun bevor ich ihn zurückhabe, wäre ziemlich dumm, oder? Denn schließlich brauche ich dich, denn ich weiß ja nicht, wo du ihn hast.«
Er sagte es ruhig und abweisend zugleich, befand Kassandra. Hieß das jetzt, dass sie in Gefahr war, weil er sie danach nicht mehr brauchte? Nachdenklich blickte sie ihn an. Er war gutaussehend, vielleicht eine Spur zu perfekt. Unter anderen Umständen hätte er ihr vielleicht sogar gefallen. Schnell verbannte sie den Gedanken wieder aus ihrem Kopf und ersetzte ihn durch die Frage ‚wie schnell leidet man unter dem Stockholm – Syndrom, als der Wagen schon hielt. Kassandra blickte sich um. Sie waren in der Altstadt. »Wir sind da.«, kommentierte der Kerl, öffnete die Wagentür und stieg aus. Sie rutschte ihm hinter her über die glattlederne Sitzbank und ignorierte die Hand, die er ihr entgegenstreckte. Mit Manieren brauchte ihr dieser Rosencreutz gar nicht mehr zu kommen, selbst wenn sie vor dem Frankfurter Hof gehalten hatten.
Das Hotel war eines der teuersten in der Stadt. Kass stolperte ihrem Notebook hinterher in die mondäne Eingangshalle. Die teuren, schweren Kronleuchter schienen ihre einfache Aufmachung in einem besonders schlechten Licht erstrahlen lassen zu wollen. In Gegenwart von so viel Pracht fühlte sie sich mit einem Mal schrecklich unwichtig und klein. Als junges Mädchen hatte sie davon geträumt in Häusern wie diesem als berühmte Künstlerin empfangen zu werden. Der Concierge hätte sie an der Türe in Empfang genommen, sie ehrfürchtig angesprochen, sie auf den Weg zur Rezeption vielleicht nach einer ihrer Werke gefragt oder sich erkundigt, wie ihre Vernissage verlaufen war, ob sie bereit wäre, ihre Kunstwerke auch hier im Hotel auszustellen. Man hätte ihr den Schlüssel zur Royal Suite angeboten, doch sie hätte ganz gönnerhaft und bescheiden abgelehnt und sich auch mit der Präsidenten Suite zufriedengegeben.
»Wo bleibst du denn?« Seine ungeduldige Stimme riss sie aus ihrem Jugendtraum und brachte sie zurück auf den Boden der Tatsachen. »Ein Mann wie sie kann sich hier ein Zimmer leisten?« Der Kerl schnaubte nur abfällig. »Und du? Altstadt Loft, dreihundert Quadratmeter, Stuckverzierungen und Carrara Marmor?« Zu gern hätte sie einfach ja gesagt, als sie dabei an ihre sechsundachtzig Quadratmeter in Eckenheim dachte, die sie sich mit Saskia teilte. Immerhin hatten sie einen Balkon. »Komm, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.« Er fasste sie am Oberarm und zog sie mit sich zum Portier.
»Herr Rosencreutz, willkommen zurück.« Wie selbstverständlich griff der Mann, der ihren Entführer soeben mit dem Namen angesprochen hatte wie einen alten Stammgast, hinter sich und schenkte ihr im nächsten Moment dasselbe professionelle Lächeln, wie dem Kerl an ihrer Seite. »Sie haben einen Gast mitgebracht?« »Ja. Frau…« Er machte eine Pause, als ihm wohl auffiel, dass Kassandra ihm ihren Namen bisher noch nicht genannt hatte und er fuhr fort, als er merkte, dass sie diesen Umstand auch jetzt nicht gewillt war zu ändern. »Sie ist die Assistentin eines Geschäftsfreundes. Wir sind in ein paar Minuten wieder weg.«
Der freundliche Mann nickte und händigte ihm eine Zimmerkarte aus. Kurz darauf fühlte sie wie sich seine Hand erneut, fast besitzergreifend, um ihren Oberarm legte. »Vielen Dank, Herr Alfred.«, verabschiedete sich der Kerl höflich und wandte sich zum Gehen. Kassandra blieb gerade noch genug Zeit, um dem Portier höflich zu zunicken, bevor sie erneut mitgezogen wurde.
Durch die Halle, zu den Aufzügen, hinauf ins oberste Stockwerk. Die Suiten. »Wie heißt du, Assistentin?« Er führte sie unbeirrt den Gang entlang. Der weiche Teppichboden unter ihren Füßen verschluckte jegliches Geräusch, das ihre Schuhe machten. »Ich glaube kaum, dass sie das etwas angeht.«
Noah blieb stehen und nickte schließlich. »Gut, tu ruhig geheimnisvoll. Ich werde es so oder so erfahren.« Er wandte sich der Flügeltür vor sich zu und zog die Karte durch das Türschloss, das mit einem Klicken aufsprang. »Willkommen in der Royal Suite des Frankfurter Hofs.« Sagte er galant und schwang die Türen auf.
Natürlich wohnte ausgerechnet dieser Idiot in ihrem Traum. »Geh nur vor.« Kass konnte nicht verhindern, dass ihr Unterkiefer staunend nach unten klappte. Die Suite war riesig, die Einrichtung geschmackvoll und modern. Langsam, fast ehrfürchtig ging sie weiter hinein, in diesen einem Einrichtungskatalog entsprungenen Wohntraum. »Du meine Güte! So luxuriös.«, flüsterte sie unabsichtlich.
Noah beobachtete die junge Frau aufmerksam und musste schmunzeln. Dass sie der Anblick der Räumlichkeiten überwältigte war zu sehen. Irgendwie gefiel es ihm, dass er sie damit beeindrucken konnte. Sie hatte wohl noch nicht viel von der Welt gesehen. Irritiert schüttelte er den Kopf. »Und dabei stehen wir hier nur im Eingangsbereich. Ich hole deinen Koffer, wir sollten uns nicht unnötig aufhalten. Du bleibst genau wo du bist, Assistentin, verstanden?« Er deutete mit ihrem Notebook unter seinem Arm in ihre Richtung und ging an ihr vorbei in das nächste Zimmer.
Vorsichtig schlich Kass weiter. Ehrfürchtig berührte sie ein rauledernes Sitzmöbel das in ihre Nähe kam. Es fühlte sich weich wie Seide an, als sie es an ihren Fingern fühlte. Lilien dufteten aufdringlich von einem kleinen Tischchen. Vermutlich Teak oder Mahagoni. Doch ihre volle Aufmerksamkeit galt dem Gemälde, dass darüber hing. Das konnte doch unmöglich ein echter Kandinsky sein! Es war eines seiner abstrakten Aquarelle. Pure Leinwand, auf der sich schwarze, klare Linien und kantige Muster mit Kreisen in karmesin, purpur, königsblau oder kanariengelb paarten zu einer Symphonie russischer Moderne. Eine Tür fiel ins Schloss und Kass drehte sich um. »Sagte ich nicht, dass du hier nicht herumschleichen sollst?« Der Kerl war zurück. Nicht eine Tür war ins Schloss gefallen, er hatte ihren Koffer mit Nachdruck auf ein Sideboard gelegt.
Noah war oft zu Gast hier im Frankfurter Hof. Für ihn war dieser Lebensstandard gewöhnlich, gerade das, was gut genug für ihn war. Sein Onkel hatte dahingehend früh sein Bewusstsein geprägt. Rein äußerlich betrachtet hatte sich Noahs gesamte Lebenssituation mit seinem zehnten Lebensjahr geradezu exorbitant verbessert. Diese junge Frau jedoch schien sich ein gutes Stück unter dieser Klasse zu bewegen. Aber wie sollte das auch anders sein, wenn sie wirklich nur die Assistentin von wem auch immer war. Jüdin war sie nicht. Ihr fehlten die Merkmale in Statur und Gesicht. Zu klein, zu schmale Nase. Ob sie aber von den Muslimen auf ihn angesetzt wurde oder den Katholiken war schwer zu sagen. Wenn er seinem Bauchgefühl vertraute, würde er auf letztere Gruppe tippen. »Haben sie Angst, mich in diesem Apartment nicht mehr wieder zu finden?«, entgegnete sie schnippisch. »Ich vermute mal, dass das passieren könnte. Dann trage ich noch die Schuld daran, wenn du verhungerst.«, raunte er grinsend.
Jetzt versuchte er wohl witzig zu sein. Kass verdrehte die Augen und deutete auf das Bild hinter ihr. »Das ist ein echter Kandinsky!« »Das will ich doch hoffen, genauso, wie das da vorne ein echter Begas ist. Schließlich muss das Hotel etwas bieten für mein Geld.« Er klopfte mit der Hand auf ihren Aktenkoffer. »Also, können wir los, Assistentin?« Und ein Angeber war er auch noch. »Ich hab’s nicht so mit Verschwendungssucht.«, entgegnete sie gleichgültig und ging auf ihn zu. »Zumindest nicht, solange es Menschen, auch hier in Frankfurt gibt, die hungern müssen.« Kassandra wies mit dem Kinn auf ihren Koffer. »Ich will erst sehen, ob alles da ist.«
Noah entgleisten die Gesichtszüge. »Glaubst du allen Ernstes, dass ich etwas von dem Kram da drin genommen hätte?« Immerhin lag unter diesem Kram der Kaufvertrag für die Smaragd Tafel. Den Druck, den Kardinal Vorknitz erstanden hatte, von dem ihr Job abhing und damit die ihren, bescheidenen Annehmlichkeiten, erheblich gefährdete. Selbstsicher streckte sie ihr Kreuz durch und öffnete ihn. »Was für ein Chaos!«, schimpfte sie drauflos. »Ihnen muss doch gleich aufgefallen sein, dass das nicht ihr Koffer ist.« Emsig begann sie die Papiere durchzusortieren, trennte grob privates wieder von geschäftlichen.
»Ist mir aufgefallen.« Dass er den beschissenen Koffer auf dem Boden gelehrt hatte, um festzustellen, dass der Stab tatsächlich nicht mehr da war, verschwieg er.
»Und da dachten sie sich, wenn das schon nicht mein Koffer ist, mache ich wenigstens ordentlich Chaos?!« Da war er, der Kaufvertrag. Zufrieden atmete sie aus und sortierte ihn wieder in das richtige Fach ein. »Mir ist kein erkennbares System aufgefallen.«, reagierte Noah bissig. »Nachdem du gesehen hast, dass alles noch da ist, wäre ich dir wirklich dankbar, wenn wir jetzt endlich meinen Koffer holen könnten.«
»Erst mein Notebook.«, verlangte Kass und streckte ihre Hand fordernd in seine Richtung. Aber der Kerl grinste nur abschätzig auf. »Nein, erst mein Koffer, Bella, und jetzt los.« Bella – Schöne. Kassandra unterdrückte einen Kommentar, nahm sich ihren Koffer und wandte sich zum Gehen.
»Von mir aus.«, arrogant, ihren Koffer fest umklammert, verließ die junge Frau die Suite. Irgendwie verhielt sie sich unberechenbar und das ärgerte Noah. Schweigend folgte er der dunkelhaarigen Frau in den Röhrenjeans und dem verwaschenen Band- T-Shirt.
Natürlich wartete die schwarze Limo abfahrtbereit vor dem Hotel. Was hatte sie auch anderes erwartet. Und selbstverständlich schaffte es dieser Rosencreutz auch wieder vor ihr am Wagen anzulangen, um ihr die Tür zu öffnen. Es schien schon fast zwanghaft. Ohne lange auf seine Aufforderung zu warten stieg Kassandra in den Benz.
Noah schloss die Tür und blickte sie erwartungsvoll an. »Wohin solls gehen, Assistentin?« »Schottener Straße, Nummer dreiundzwanzig.«, antwortete Kassandra. »Franco?«, fragte Noah seinen Fahrer, der die Adresse bereits ins Navi eingab und dann nickte.
»Ein Hotel in Eckenheim?«, fragte Noah. »Mehr war wohl nicht drin.« Der Weg in den Bezirk, den die Frau genannt hatte, konnte sich unter Umständen um diese Tageszeit ziehen, darauf hatte er nun wirklich keine Lust. Er wollte seinen Koffer, seinen Onkel beruhigen und sich dann duschen, umziehen, vielleicht um die Häuser ziehen. Endlich mal wieder tun, wonach ihm der Sinn stand, wenn er diesen lästigen Auftrag endlich erledigt hatte.