Unheiliges Blut - Von Vampiren besessen - Alexandra de Leeuw - E-Book

Unheiliges Blut - Von Vampiren besessen E-Book

Alexandra de Leeuw

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Beschreibung

Phil hat nichts mehr mit dem Mädchen, das ich vor ein paar Wochen aus dem Keller holte, gemeinsam... Überrumpelt folgt Phil Rope nach Berlin. Doch die Pläne, die er für sie hat, gefallen ihr gar nicht, da ihr Rachefeldzug eben erst begonnen hat. Sie hat ihre Angst hinter sich gelassen. Sie kann den Seelensturm kontrollieren. Sie ist das unheilige Blut. Lest den letzten Teil der spannenden Vampir - Trilogie und taucht ein in eine seelenlose Welt voller Dunkelheit.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

Jason

Philomena

Rope

Jason

Rope

Philomena

Jason

Philomena

Rope

Philomena

Jason

Philomena

Jason

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Jason

Philomena

Jason

Philomena

Rope

Philomena

Rope

Philomena

In diesem Buch

Rope

Ich starre auf die Textnachricht auf meinem Handy. »Was hast du mit ihr vor?« »Das kommt ganz auf sie an, Jay.«, antworte ich ihm ehrlich. Er schreibt und der Messenger brummt. »Pass auf sie auf.« Meine Augenbraue schießt in die Höhe. »Ich werde tun, was notwendig ist.«, tippe ich. Es folgt ein »Fuck.«, dann geht er offline.

Es gefällt ihm nicht sie zurückzulassen, sie bei mir zu lassen. Das fühle ich, aber ich will mich nicht damit auseinandersetzen, es gibt wichtigeres, unseren Sieg über den Foedus beispielsweise, und Jason – wird darüber hinwegkommen. So ist es immer, wenn er das Interesse an einem Spielzeug verliert. Es hat ihn doch tierisch abgefuckt ihren Babysitter zu spielen und er setzt sie leichtsinnigen Gefahren aus, zieht sie mit hinein in diesen blutigen Krieg.

Damit muss Schluss sein. Ich will nicht, dass sie sich wahllos prügelt oder verletzt wird. An meiner Seite, unter meiner Kontrolle und mit meiner Liebe zu ihr, werde ich ihr zur Seite stehen, für ihre Sicherheit garantieren und sie verwöhnen, wenn das alles vorüber ist.

Alles in allem bin ich froh Paris endlich verlassen zu haben, auch wenn ich lieber zurück nach London geflogen wäre, als nach Berlin. Dennoch liegt die deutsche Hauptstadt strategisch zentraler. Nicht zuletzt, weil Venia sich wieder in Moskau aufhält und mich das, ähnlich wie Jay, zum Stutzen bringt. Seine Schwester Natalja ist mir hierher gefolgt.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich ihre einzige Aufgabe bin, denn weiterhin bleibt sie sehr rührig, scheint nach etwas zu suchen, aber bevor ich das nicht mit Sicherheit weiß, gibt es keinen Grund Alarm zu schlagen. Obwohl es wirklich ein bisschen den Eindruck macht, als hätte sie Lys, den Läppischen, dazu bekommen, mich persönlich beschatten zu dürfen.

Mir ist klar, dass ich früher oder später persönlich der unvergleichlichen Kassarova etwas auf den Pelz rücken muss, aber jetzt nicht. Jetzt will ich mich erst um Phil kümmern. Ich habe so viel Fragen an sie. Ich habe sie vermisst. Ihren Duft, ihr freches Wesen, ihre weiche Haut.

Ihr geht es da völlig anders und ganz im Gegensatz zu dem, was Jay mir erzählt hat, hat sie mich wohl nicht so sehr vermisst. Trotzig und stolz sitzt sie neben mir auf der Rückbank. Den Blick demonstrativ von mir abgewandt, zeigt sie mir mit jedem Zentimeter ihres Körpers, dass sie mich ablehnt.

Vorhin am Flughafen hätte ich sie am liebsten in meine Arme gezogen, aber seit ich meine Finger um ihre geschlossen habe, zeigt mir alles an ihr ihre Feindseligkeit und in ihren stürmischen Augen liegt gleisender Zorn, weil sie mir noch nicht verziehen hat.

Da ich nicht weiß, wie sich die Dinge entwickeln, weiß ich nicht, ob ich ihr die Zeit geben kann, mir freiwillig wieder zu vertrauen, aber wenn sie wirklich noch immer in mich verliebt ist, dann sollte das machbar sein.

Fuck. Jason ist der Experte für sie. Er kennt sie, als wäre sie ein Teil von ihm. Jay war kaum zu erreichen in den letzten Wochen und jetzt kann ich mich nur an dem Wenigen orientieren, was er mir über sie gesagt hat.

Vertrauen hin oder her. Gehorchen kann sie und ich will, dass sie in Sicherheit ist und heil aus der ganzen Geschichte rauskommt und daher muss sie sich mir jetzt unterordnen und tun was ich von ihr verlange, so wie alle Patroni. Wir werden gegen die Spitze des Foedus kämpfen, da ist kein Platz für Befindlichkeiten.

In einem Krieg müssen wir alle unsere Grenzen überschreiten und da wir diesen Krieg gewinnen wollen, müssen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, müssen zielorientiert bleiben, muss ich fokussiert bleiben und das werde ich. Jay hat getan, was ich verlangt habe. Hat sie geschützt, hat sie gut behandelt und sie trainiert.

Mehr noch. Er hat ihr Rache geschenkt an drei unwürdigen Dreckskreaturen, wohl um das Trauma zu bewältigen, das die Folter in ihr hervorgerufen hat. Ein Risiko, dass ich nicht eingegangen wäre, nachdem die Handys der drei Schwachmaten präpariert waren. Aber war das wirklich alles, was er für sie getan hat?

Es gab da so kurze Augenblicke in denen er sich am Telefon seltsam verhalten hat. Sekunden der Schwäche, in denen ich seine Liebe zu ihr fühlen konnte und die mein Monster mit scharfen Spitzen piesackten. Nachdenklich lasse ich meinen Blick über Philomena gleiten.

Gefasst und still sitzt sie neben mir. Jetzt ist ihr Blick leer, aber der wilde Schmerz in ihren Augen, als Jay vorhin ging, ist mir nicht entgangen und es hat mein Monster, das ich bis zu diesem Moment so hervorragend besänftigt hatte, blinzeln lassen.

Er ist mein bester Freund. Wenn er sagt, dass da nichts ist, dann muss ich ihm das glauben. Selbst wenn ich in seinem Blick seine Empfindungen für Phil gesehen habe. Andrerseits stand er auch immer auf der Seite von Marlies und auch damals hat er mich hintergangen. Nein! Halt! Phil hatte sich nicht für mich entschieden und ich habe es ihm freigestellt. Aber, wenn er sich doch verstellt hat? Willst du mich noch, Kleines?

Natürlich weiß ich, dass Jay einen anderen Stellenwert bei Phil hat als ich. Jetzt ohnehin. Er hat ihr zu ihrer Rache verholfen, er hat sie darauf vorbereitet und das Recht für sie vehement eingefordert. Ich fühle mich nicht minder stolz, als er sich fühlen muss, weil sie es geschafft hat.

Dass Gron, Sanders und Mc Clusky vernichtet sind, ist richtig beschissen für den Foedus. Dass uns so ihre Angriffspläne und sicher noch einige Infos mehr in die Hände gefallen sind, aus Sicht des Foedus vermutlich ein Supergau. Im Krieg den General zu verlieren ein harter Rückschlag. Gyllenhaal dürfte Declan, den lahmen Dackel, schon zum Toben gebracht haben, dann Dover, die Angriffe, seine Villa. Jay hat gut gearbeitet.

Auch wenn zum Teil unüberlegt und impulsiv wie immer. Seine einzige Erklärung: er hat es für Philomena getan. Das glaube ich auch. Weil er sie liebt. Jay wird wie er gesagt hat dafür sorgen, dass wir als Sieger aus diesem Krieg hervorgehen. Aber sie? Was ist mit ihr? Was hat er mit dir gemacht, Kleines? »Er hat es dir nicht gesagt, oder?«, spreche ich sie endlich an.

Sie ignoriert mich. »Aus deiner Reaktion eben auf der Gangway kann ich schließen, dass Jason dir nicht gesagt hat, dass wir uns heute wiedersehen, richtig?«, frage ich ausführlicher. Stille. Keine Regung. »Willst du mir nicht antworten?« Nichts. Stoische Ruhe, steter Atem, steter Herzschlag. Auf das Spiel werde ich mich nicht einlassen.

»Philomena, hör‘ mir gut zu, denn ich werde das nur einmal sagen: Wir sind im Krieg und ich bin für deine Sicherheit verantwortlich, daher wirst du, um mich zufrieden zu stellen, meine Regeln befolgen. Eine davon ist, dass du ohne zu zögern antwortest. Verstanden?«, erkläre ich ruhig und ernte ein kleines, abfälliges Schnauben.

Meine Finger schnellen vor, grob fasse ich ihr Kinn und zwinge sie dazu mich anzusehen. Wut steht in ihrem schmalen Blick. »Ob du mich verstanden hast, Philomena!« Meine Stimme klingt ruhig und autoritär, mein Griff ist fest. »Also? Hat Jay es dir gesagt?«, will ich wissen. »Nope, hat er nicht.«, faucht sie mich feindselig an.

»Und es ist keine schöne Überraschung, wie es aussieht?«, raune ich freundlich. Sie ringt sich ein leeres Lächeln ab, reißt dann ihr Kinn aus meinen Fingern und starrt weiter aus dem Fenster. »Ich bin nur überrascht, das ist alles.«, brummt sie leise. »Jay hat meinen Befehl befolgt. Ich wollte, dass du zu mir zurückkommst.« Sie verzieht ihr Gesicht kurz zu einer gönnerhaften Grimasse.

»Fühlst du dich von ihm verraten?«, will ich wissen. Phil presst die Lippen aufeinander und ballt ihre feingliedrige Hand zur Faust. »Nun?«, hake ich strenger nach, denn meine Kleine, du wirst mich ernst nehmen. Meine Hand zuckt, ihr Arm ebenfalls, - abwehrend. »Von ihm nicht, nein.« Ihre grauen Augen mustern mich abschätzig. »Aber von mir.«, kombiniere ich. »Das wird sich ändern, ich werde das wieder ändern.«, verspreche ich ihr.

»Mach dir keine Sorgen, Kleines. Was zwischen uns geschehen ist, ist völlig falsch gelaufen. Wir geben uns Zeit, ok? Du wirst sehen, wir gewinnen diesen Krieg. Declan, der Foedus, sie werden büßen.« Ihre Augen sind trüb, ihr Gedanken ganz woanders.

»Ich habe nicht vergessen, was du in London zu mir gesagt hast. Ich weiß einfach nicht, was mich jetzt erwartet.

Das ist alles, Rope.«, sagt sie müde und ihr Blick fliegt wieder zum Fenster, heftet sich an die Lichter Berlins. »Hat dir Amsterdam gefallen, Phil?«, frage ich sanft. Sie schnaubt leise. »Was genau?« »Na, wenn ich Jay richtig verstanden habe, hattet ihr eine Menge Spaß.«

Ihr Kiefer mahlt. »Es hat mir gefallen mich an den drei Wichsern zu rächen, die mich gefoltert haben. War ziemlich befreiend insgesamt.«, nickt sie. »Und euer Ausflug in diesen Club?« Kurz gleitet ein ehrliches Lächeln über ihre Züge.

»Das Nite Bite war schon eine krasse Nummer. 63 Foeduskrieger.« »Und du hattest deine Kraft im Griff?« »Sonst hätten wir es kaum da raus geschafft.« Klang bei Jay anders. Konsequent unterdrücke ich mein Misstrauen. Der Wagen kommt zum Stehen, ich öffne die Tür und strecke ihr meine Hand entgegen. »Komm, Kleines.« Sie denkt nicht daran sie zu nehmen.

Phil öffnet die Tür auf ihrer Seite und steigt aus wie eine Königin. Nobel und elegant. Ich erkenne eine erwachsene, stolze Frau. In der Gewissheit, dass sie mir folgen wird, drehe ich mich um und gehe auf das Haus zu. Phil tut es, mit großem Abstand und ich muss sagen, dass es mir schwer fällt sie einzuschätzen.

Mein Anwesen hier verfügt, wie alle Besitztümer der Patroni, über hohe und moderne Sicherheitsstandards. Ich tippe den Code in das Panel, das meinen Fingerabdruck nimmt und meine Netzhaut scannt. Die Tür springt auf und ich lasse ihr den Vortritt, nehme ihre Tasche von meinem Fahrer entgegen, dem ich noch Anweisungen für morgen gebe, bevor er sich verabschiedet, und betrete mein Haus.

***

Phils Schultern zucken unmerklich, als das Portal hinter mir ins Schloss fällt, weil ihr wohl die Endgültigkeit ihrer Situation bewusst wird. »Folge mir.«, weise ich sie an und gehe voran in mein Arbeitszimmer. »Schließ die Tür.«, verlange ich, öffne eine Schublade meines Schreibtisches und hole ein schwarzes Kästchen hervor.

Stumm wie eine Puppe steht sie mir gegenüber, den Blick auf ihren Zehenspitzen. Ich habe sie nur ein paar Wochen nicht gesehen und doch wirkt sie völlig verändert. Was hat Doktor Allingson mit dir gemacht, Kleines? »Komm zu mir und sieh mich an, Phil.«, tadle ich sie liebevoll. Sie gehorcht widerstandslos.

Jedenfalls hat sie an Jays Seite nichts verlernt. Sie weiß nach wie vor, wann es besser ist abzuwarten. Ihre schönen Augen blicken leer durch mich hindurch. »Ich habe eine Überraschung für dich, Kleines.«, sage ich lächelnd. Meine Finger finden den Schnappverschluss der Schatulle und ich hole das Band aus Titan heraus. Die fingerbreiten Glieder fließen weich über meine Haut, als ich ihr das Schmuckstück zeige.

»Da du jetzt wieder bei mir bist, wirst du wieder eine Collare tragen.« Ihr Kehlkopf hüpft, als sie schluckt. »Ich habe eingesehen, dass das Modell, welches ich in meinem Besitz hatte, aus der Mode ist, daher wird das hier jetzt diesen Zweck erfüllen.« Ich halte ihr das Schmuckstück hin, damit sie es betrachten kann.

Der alte Rubin ziert es mittig und im Verschluss ist ein Sender eingebaut, mit dem ich sie aufspüren könnte, sollte sie dumm genug sein und weglaufen wollen oder entführt werden. Eine Spur Verunsicherung legt sich über ihre Miene. »Nimm deine Haare hoch.«, weise ich sie charmant an.

Sie wäre nicht Phil hätte sie keinen Kampfgeist, damit habe ich gerechnet. »Ich bin nicht dein Blutmädchen.«, sagt sie nervös. »Das weiß ich. Ich will dir lediglich ein Geschenk machen.«, antworte ich freundlich. »Du hast mir schon diese fantastische Armschiene bezahlt, genügt voll kommen.«, murmelt sie.

»Philomena, ich wünsche mir, dass du es trägst, man soll sehen, dass du zu mir gehörst. Zu uns, den Patroni. Also: nimm die Haare hoch, bitte.«, erkläre ich geduldig. »Du wirst mir dieses verschissene Ding sicher nicht anlegen, ich bin doch kein Hund!«, zischt sie.

Schon fasse nach ihrem Handgelenk und ziehe sie an mich, weil ich keinen Widerstand dulden werde, ich liebe sie und das werde ich ihr beweisen. »Wir haben über Regeln gesprochen, Philomena. Hier eine weitere: du tust, was ich von dir verlange. Immer und ohne es zu hinterfragen, verstanden?« Ihr Kiefer verspannt sich.

»Und was, wenn nicht? Was, wenn ich keine Lust habe mich an deine verschissenen Regeln zu halten?«, faucht sie leise. »Strafe, Philomena. Ich werde dich bestrafen.«, antworte ich ihr knapp. Ein Schauer zuckt durch ihren Körper. Wehrlose Wut. Ich lasse sie los, sie fasst ihr Haar im Nacken zusammen und dreht sich um, ich sehe den Seelensturm, das Blitzen in ihrem Amulett, doch sie setzt ihre Kraft nicht ein, lässt mich gewähren.

»Mach doch was du willst, Rope.«, brummt sie herablassend, als der Verschluss einrastet. Das Band passt perfekt. Eng liegt es an ihrem zarten Hals, eng genug, damit sie es fühlen kann, wenn sie schluckt. Um sie an mich zu erinnern, an meine Liebe zu ihr. »Es ist aus Titan und mit einem Sicherheitsschloss versehen. Also weder zerstörbar, noch kann man es mit Gewalt öffnen. Nur ich habe einen Schlüssel.« Ich verschließe es und mein Finger hakt sich darunter ein. Ich ziehe Phil damit sanft an mich.

»Du bist kein Hund. Du gehörst mir, Kleines. Ich werde dich beschützen und das soll jeder sehen können.«, brumme ich leise und reibe meine Nase über ihr Haar, atme ihren verführerischen Duft ein, der mir echt gefehlt hat. »Ich bin froh, dass du wieder bei mir bist.«, raune ich sacht an ihrem Ohr und ihr kleines Herz pocht schneller.

»Ich habe mich nicht für dich entschieden.«, antwortet sie erstaunlich kontrolliert. »Ich zeige dir jetzt das Bad, danach suchen wir dir ein Zimmer.«

Meine Hand gleitet ihren Arm hinab und greift nach der ihren.

Philomena

Ich sitze im warmen, duftenden Wasser und fühle mich leer.

Mein Herz hat diesen fucking Flieger mit dir bestiegen, du Scheißparasit, und es mit nach London genommen. Du hast mich zerfetzt und neu zusammengesetzt, um mich jetzt hier zurückzulassen! Allein! Bei Rope!

Regeln! Rope kann sich seine verschissenen Regeln sonst wohin schieben und seine Strafen gleich dazu, das ist mir alles fucking egal, ich will einfach nur zurück zu Jay. An seine Seite. Zurück zu der Freiheit, die er mir gegeben hat. Will ihn reizen, will mich reizen lassen. Scheiße, ich vermisse ihn so sehr, wie soll ich das nur überstehen?

Ich fühle mich schwach und niemand ist da, um es zu hassen.

Rope hat mir frische Klamotten hingelegt und die Tür von außen versperrt. Strenggenommen kenne ich ihn kaum. Ich weiß nur, wie er die paar Tage in London war und das wenige, was ich von Jay und ihm selbst erfahren habe. Unterm Strich kommt er dabei nicht gut weg, denn auch wenn er zärtlich sein kann, hat er eine verfickt harte und unnachgiebige Seite, die mich schon richtig nervös macht. Fuck.

Hätte Jay mir nicht wenigstens nochmal sagen können, was er Rope alles gesagt hat? War er noch pissig auf mich oder geht er einfach davon aus, dass ich das schon schaffe? Rope weiß, was mir Declan angetan hat. Das hat Jay ihm berichtet, aber hat er auch gesagt, wie gut wir uns verstanden haben?

Weiß Rope, dass ich mit meinen Kräften umgehen kann oder habe ich da schon zu viel gesagt? Geht Rope wirklich davon aus, dass ich in ihn verliebt bin und dass ich ihn vermisst habe? Nach dem, was mein Lieblingdrecksack gesagt hat schon. Ein frustrierter Seufzer poltert durch meine Lunge, weil mir immer mehr Fragen in den Sinn kommen.

Du bist kein Hund. Du gehörst mir, Kleines und das soll jeder sehen können… Ich habe viele Gefühle empfunden, seit ich an seiner Seite den Flughafen verlassen habe, aber Liebe oder auch nur Wiedersehensfreude waren bestimmt nicht dabei. Ich will ihm nicht gehören, ich gehöre doch dir, du Scheißparasit!

Ich könnte mich natürlich gegen Rope auflehnen, meine Kräfte gehorchen mir und es käme auf den Versuch an und dann? Sicher eine Scheißidee. Fuck. Jay! Fuck! Was wird auf mich zukommen, für was muss ich alles kämpfen? Ich will nicht kämpfen. Ich bin so müde.

Ich habe mich vorhin geweigert einen Blick auf Ropes Herz zu werfen. Ich will nicht wissen wie es aussieht. Ich kann nicht, denn was, wenn es so wie deines, in meinem Takt pulsiert, du Scheißparasit? Geräuschvoll schniefe ich.

Jay hat also Ropes Befehl befolgt. Ich will ihn dafür hassen, dafür, dass er mich genauso von sich gestoßen hat wie Rope, aber ich kann nicht, weil ich weiß, dass er es nicht wollte, sondern tun musste. Im Nachhinein war es ihm den ganzen Abend über anzusehen. Er hat es nur genutzt, um uns beiden die Situation zu erleichtern.

Er wusste wahrscheinlich die ganze Zeit, dass diese Nacht irgendwann kommt. Hat uns beide erinnert, wem ich gehöre, wen ich lieben muss, weil er wusste, dass Rope mich zu sich holen würde und das passt auch ganz gut zu meiner Vermutung, dass Jay der Meinung ist Rope beschissen zu haben, weil er – naja zumindest mit mir gefickt hat. Fuck!

Und jetzt sitze ich hier, bei Rope. Unser Status ist kompliziert, schätze ich, und jetzt hat er mich auch noch den einzigen - Jay gekostet, den einzigen, den ich in all den Jahren hatte. Ein Stich durchzuckt mein Herz und es krampft sich ruckartig zusammen.

Bevor wir in dem Coffeeshop waren, hätte ich nicht geglaubt, dass Jay nochmal die Hüllen fallen lässt und dann diese unvergleichliche Nacht mit ihm. Dort will ich sein. Immer …Der endgültige Klang in seiner Stimme lässt mich jetzt noch erschauern.

Und Rope glaubt jetzt wirklich, dass ich ihm gehöre? Ich in ihn verliebt bin? Ich ihn vermisst habe? Fuck, dass kannst du mir doch nicht antun, du Scheißparasit!

Meine Finger fahren zu dem verschissenen Halsband. Ich versuche es zu öffnen, aufzureißen. Aber der Verschluss hält. Shit! Durchhalten, Phil. Rope hat mich alleingelassen, nachdem er alles verkackt hat, was man nur verkacken konnte! Aber er weiß ja auch, dass ich ihm noch nicht verziehen habe und dass ich mich nicht für ihn entschieden habe.

Ich blicke mich in dem kleinen, kahlen Raum um und kämpfe zittrig gegen die Kälte an, die sich in meine Beine schleicht. »Tja, Phil. Zurück auf Anfang.«, brumme ich.

***

Ich höre wie die Tür ins Schloss fällt und schrecke hoch. »Jay, fuck - was?!«, keuche ich erschrocken. Muss wohl eingenickt sein. Dann sehe ich Rope, der mich neugierig mustert und sinke wieder etwas tiefer ins Wasser.

Er hat mir ein fucking Halsband umgelegt, es ist kein Geschenk, er will damit nur wieder die Kontrolle über mich erlangen, mir meinen Platz zeigen. Hält er das echt für eine gute Taktik nach allem was war? Die Blase aus Selbstsicherheit in die mich seine Anwesenheit immer gehüllt hat, fühle ich nicht mehr, stattdessen fühle ich mich einsam und unsicher.

»Bist du eingeschlafen?« »Jap.« »Dann los, raus aus der Wanne. Ich bring dich ins Bett, Kleines.« »Kann ich erst den Rest des Hauses sehen? Ich wüsste gerne wo ich bin, bitte.«, verlange ich, weil ich mich nicht von Rope ins Bett bringen lassen will.

Er reicht mir ein Handtuch und eigentlich wehrt sich alles in mir aufzustehen, aber ich tue es dennoch; da ich ja ihm gehöre und eine Diskussion darüber, dass ich mich gerne alleine anziehen würde, sicher fucking fruchtlos wäre. »Gut, dann eben erst eine kleine Führung.«, nickt er, während er mich unverhohlen mustert.

Seine blauen Augen werden eine Spur dunkler, als er meinen Körper Zentimeter für Zentimeter scannt während ich mich abtrockne. »Was ist das an deiner Hüfte?« Fast zucke ich zusammen. »Durschuss.«, brumme ich knapp. Sein Kiefer verspannt sich und Wut zuckt durch seine Augen. »Und die Schnitte?«, fragt er dennoch ruhig weiter.

»Die hatten Messer und waren nicht zimperlich.«, antworte ich und trockne mich ab. »Schulter und Oberarm?« »Blutergüsse.«, sage ich und tausche das Handtuch gegen die weiche Jogginghose. »Du heilst schnell.« »So schnell wie du, Rope. So schnell wie ein Vampir. Jay hat das ausreichend getestet.«, schnaube ich und ziehe mir das Shirt über.

»Jay hat dich absichtlich verletzt?«, fragt er. »Wann nicht?«, entschlüpft es mir unabsichtlich, weil ich nur an Jay denken kann, wo er ist, was er macht, ob es ihm gut geht. »Wie meinst du das?« Fuck. »Egal.«, schnappe ich. »Antworte, Philomena.« »Das habe ich bereits.« Ich verdrehe die Augen, weil Rope nicht mit der Wimper zuckt und mich nur stumm ansieht.

»Nein. Hat er nicht. Jay hat sich gut benommen.«, antworte ich so ruhig, dass es bitter auf meiner Zunge schmeckt.

***

Das Haus ist sehr modern und irgendwie kahl. Weiße Lackmöbel mit Stahlrohren, schwarze Ledergarnituren und Sessel, grauer Granitboden. Die Kunst an den Wänden erinnert mich an Bilder, die ich als Kind gemalt habe. Es besteht aus einem weitläufigen Erdgeschoss mit einem verschissenen Atrium um das Trainingssaal, Arbeitszimmer, Eingang, Küche und Wohnzimmer angeordnet sind. Letzteres umschließt eine offene Galerie zum Obergeschoß.

Die Treppe in den ersten Stock selbst ist in der Eingangshalle. Oben gibt es sechs Zimmer und zwei Bäder. Rope und Jay bewohnen jeweils zwei der Räume und ich soll in Jays Zimmern wohnen, weil Rope mir Privatsphäre schaffen will und ehrlich gesagt, bin ich froh darüber.

Ich könnte nicht bei ihm im Bett liegen. Ich bin nicht bereit dazu, mich ihm hinzugeben. Nie wieder. Er ist nicht Jay. Er kennt mich nicht. Nicht so wie Jay. Rope kennt nur das verstörte Ding, dass er aus dem Keller in Glasgow geholt hat und das sich von ihm hat beeindrucken und flachlegen lassen.

Seither, und selbst wenn es nur wenige Wochen waren, ist verschissen viel passiert und ich habe noch mehr gelernt. Mich zu besinnen. Auf meine Kraft, die mir Selbstbewusstsein und innere Ruhe verleiht, die es mir erlaubt Dinge mit Abstand zu sehen, selbst wenn ich mittendrin im Chaos bin und durch die ich es geschafft habe Jay endlich zu verstehen und ihm auf völlig neue Art Widerstand zu leisten.

Ich habe Seite an Seite mit Vampiren gekämpft, Menschen verletzt, vielleicht sogar ermordet, weil sie auf der falschen Seite stehen, habe Vampire eiskalt vernichtet, ihre Herzen mit bloßer Hand aus ihren untoten Körpern gerissen, habe Rache genommen an den drei Wichsern, die mich gefoltert haben und Drogen konsumiert.

Ich habe mich verändert, bin mir meiner bewusster und habe die Kontrolle über meine Gefühle, meine Kräfte, meine Fähigkeiten und ich kann mir nicht vorstellen, dass Rope weiß, was auf ihn zukommt, ich weiß es ja noch nicht einmal selbst. Ich weiß nur, dass ich das alles dir zu verdanken habe, du Scheißparasit.

Im Gegensatz zum Rest des Hauses hat es mein Lieblingsdrecksack hier aber wenigstens gemütlich. Die Einrichtung besteht aus alten, wuchtigen und dunklen Holzmöbeln, überfüllten Regalen, vollgestopft mit Büchern, Kram, sogar Spielzeug findet sich darunter und an den Wänden sind Poster von alten Filmen.

Und so liege ich jetzt hier in Jays Bett, in Ropes Haus in Berlin und kann nicht pennen, weil du nicht neben mir liegst, du Scheißparasit, weil ich das Gefühl vermisse, dich hinter mir zu wissen, deinen Duft, deine fucking Bewegungen in deiner Ruhezeit.

Ich habe meine Nase tief in die Kissen geschoben in der Hoffnung wenigstens irgendwo eine Spur deines verschissenen Dufts zu finden, aber da ist nichts! Ich liege hier allein und sehe den Tag hinter den dunklen, schweren Vorhängen anbrechen.

Fuck!

FUCK!

Ich wünsche mir, dass es ihm genauso geht! Dass er auch nicht einfach zurück kann zu dem, was vor mir war und weiß, dass es nichts weiter als eine Illusion ist, denn er ist kalt genug dazu einfach so zu tun, als wäre nichts gewesen. Sicher, er wird es vorher noch an jemanden auslassen und der - oder diejenige tut mir echt leid, aber dann gilt das, was immer gilt: Jay ist Jay.

Stöhnend drehe ich mich auf die andere Seite. Wenn ich ihn irgendwie erreichen könnte. Ein Handy! Genau! Ich bin das unheilige Blut. Mir steht so ein Teil zu, finde ich. Wenn Rope sich querstellt, könnte ich versuchen ihm seines zu klauen oder an seinen Laptop zu kommen, um Jay eine E-Mail zu schreiben.

Egal wie: ich will ihn erreichen, ich will ihm schreiben, dass ich nicht sauer auf ihn bin, weil er einen fucking Befehl befolgt hat, ich will ihm sagen können, wenn ich den nächsten Foedusbeißer erledigt habe, ich will ihm sagen können, dass ich mich nicht für Rope entschieden habe, damit er das ja nicht vergisst, der kleine Pisser!

Rope

Mir ist klar, dass ich Philomena hätte sagen müssen, wie ich zu ihr stehe. Dass es vieles leichter gemacht hätte, wenn ich ihr gesagt hätte, dass ich sie liebe. Aber dazu war keine Gelegenheit und ich kann nur hoffen, dass es jetzt nicht zu spät ist.

Auch wenn es insgesamt ein schönes Gefühl ist Philomena wieder bei mir zu haben, selbst wenn sie selbst sich noch nicht damit abgefunden hat, wieder bei mir zu sein. Momentan fühlt sie sich wohl von meiner Gegenwart überrumpelt und sie scheint Jay zu vermissen. Die Sache auf der Gangway und im Bad schreckt sie auf und sagt seinen Namen.

Kam er etwa öfter zu dir ins Bad? Hat er dich beobachtet, Kleines, wenn du dich angezogen hast, wenn du dich geduscht hast? Ich räuspere mich und schüttle diese quälenden Gedanken ab, die mein Monster mir ins Gehirn pflanzen will. Nein, ich kontrolliere es. Eine Tatsache, die ohne Philomena in meiner Nähe wesentlich leichter war.

Sie hat sich nicht für mich entschieden, wie sie und Jay hat mir gesagt, dass da nichts war und das muss ich ihm glauben. Hätte ich nachgefragt, wäre er ohnehin nur ausgetickt und hätte mich für wahnsinnig erklärt. Er hat sich auf seine Aufgabe konzentriert, ganz sicher. Hat ihre verwundete Seele geheilt und ihren Geist gestählt für den Kampf.

An allem anderen hatte er sicher kein Interesse, denn für ihn ist sie mein Mädchen, das hat er immer wieder betont. Jay ist schwer zu beurteilen, doch seine mitunter heftigen Reaktionen, als wir gesprochen haben, dann die deutliche Sorge in seinen Worten oder seiner Stimme. Wer Jay versteht, der kann auch durch Null teilen.

Das einzige was ich von ihm mit Sicherheit weiß ist: er hat fucking Bindungsangst. Er hat noch nie eine Frau näher an sich herangelassen, nicht vor und ganz sicher nicht mehr nach der Geschichte mit Kassarov und seiner Mutter, und ich verlasse mich darauf, dass es ist wie immer.

Jay hat recht. Philomena hat mir definitiv noch nicht verziehen, was ich ihr angetan habe, aber das wird sich ändern. Das war kein hohles Versprechen. Ich werde das wieder ändern und dann wird sie mich wieder so ansehen, wie in den Tagen bevor das alles geschehen ist. Verliebt und glücklich und zufrieden.

Mit einem Glas Blut setze ich mich an den Laptop und sehe die Berichte der Angriffe durch und meine Laune wird schlechter. Auch wenn wir noch Gelegenheit hatten uns rudimentär vorzubereiten, hat der Foedus gewütet wie ein Orkan. Die Verlustzahlen sind hoch und wichtige Vertreter der Patroni vernichtet, Frank Gilbert und mein langjähriger Freund Ronan Mc Kinnen, um nur zwei zu nennen.

Ich versuche Jay zu erreichen, natürlich geht er nicht ran. Alles wie immer. Ich hoffe Frank konnte Jay noch vor seiner Vernichtung ins Bild setzen. Ich erreiche Steven, der mir von Boom ausrichten lässt, dass mein General zu tun hat und gerade die verkackten Kohlen aus dem Feuer holt und ich mich um meine Angelegenheiten kümmern soll.

Jays exakter Wortlaut. Also kontaktiere ich als nächstes Dimitry Karloff »Master Rope.« »Dimitry! Wie war die Nacht mit Natalja?« »Wenn ich ehrlich sein soll, ziemlich anstrengend, Master.« Ich grinse, weil er sich echt ein bisschen gequält anhört. »Adam beraumt für heute Nacht ein Meeting an. Wir sollten uns zusammensetzen, Dimitry.« »Selbstverständlich. Wo und wann?« »Bei ihm zu Hause, in zwei Stunden.« »Gut, Master Rope. Ich werde da sein.«

»Hey, Rope.«, grüßt Phil mich leise. »Guten Morgen, Philomena.«, antworte ich, als sie in die Küche schleicht, sich orientiert und dann am Kühlschrank bedient. »Wie ist es gelaufen?« »Was?« »Die Angriffe. Der Foedus. Wie ist es gelaufen? Hat Jay was geradebiegen können?«, fragt sie beiläufig.

»Es ist besser als erwartet, aber schlimmer als befürchtet.«, seufze ich und mustere sie. Ihre Statur, ihr feines Gesicht und ich fühle so unendlich viel für sie. Phil kommt zu mir und lehnt sich über meine Schulter, wirft einen Blick auf meinem Bildschirm und ich lasse sie, weil ich ihr ebenmäßiges Gesicht anstarre wie ein Vorschüler, da es meinem plötzlich so nahe ist.

Scheu scheint sie keine vor mir zu haben. Meine Augen fahren den sanften Schwung ihrer Ohren nach, ihrer Kinnlinie, ihrer weichen, leicht geöffneten Lippen und mein Schwanz strafft sich, weil ich sie so anziehend finde. »Frank Gilbert?«, fragt sie überrascht. »Er ist doch der Boss der Assassinen.« Ihre Mundwinkel zucken kurz amüsiert.

»Strenggenommen ist…« »…Jay das. Ich weiß. Hab ihn damit aufgezogen.« Das hat er ihr also inzwischen gesagt, soso. Eigentlich gibt er selten freiwillig etwas von sich preis. Er gesteht sich ja nicht mal selbst Schwächen ein. Hat er es getan, um zu prahlen? Nein! Sicher war es nur an der Zeit sie einzuweihen, sage ich mir fest.

»Hat ihn angepisst, würde ich wetten.«, brumme ich. Sie sieht mich kurz an und geht dann wieder auf Abstand, widmet sich den Lebensmitteln, die sie auf die Anrichte gelegt hat. »Das stimmt. Ist sicher ein schwerer Verlust für dich, also Frank.« »Für uns.« »Die Patroni.« »Nope. Auch für dich, Kleines. Hätte er die Assassinen nicht geführt, hätte Jay nicht so viel Zeit in dich investieren können.«, erkläre ich geduldig.

Ihre Schultern verspannen sich kurz. »Ich denke, da unterschätzt du ihn, Rope.«, stellt sie fest. Misstrauisch runzle ich die Stirn. Falls überhaupt möglich, ist sie Jay noch ähnlicher geworden. Die Kämpfe, ihre Rache haben die beiden noch enger zusammengeschweißt. Sie hat vom Besten gelernt. »Was ist mit Marietti, dem Drecksack, lebt er noch?«, fragt sie nebenbei.

»Jap.«, antworte ich knapp. »Und Jay?« »Was ist mit ihm?«, frage ich. »Geht’s ihm gut?« Ihr Organismus verrät mir eine Spur Nervosität und Trauer. Mein bester Freund würde ihre augenscheinliche Sorge um sich rigoros ablehnen. Ein weiterer Beweis, wie gut sich die beiden mittlerweile verstehen.

Marlies hat sich früher auch immerzu nach Jay erkundigt bis ich es ihr abgewöhnt habe. Bilder von einem blonden Engel in schwarzen Ledermanschetten durchzucken meine Gedanken. »Jedenfalls ist er nicht vernichtet worden.«, brumme ich. »Bei dem was er manchmal bechert, bekommt er das sicher auch noch alleine hin.«, sagt sie betont lässig. Skeptisch mustere ich sie.

»Wahrscheinlich.«, brumme ich und habe irgendwie den Faden verloren. Phil nickt und setzt sich mit ihrem Sandwich zu mir an den Küchentisch. Aber offenbar hat sie sich mit ihrer neuen Situation abgefunden. Zumindest versucht sie nicht dagegen zu rebellieren. Ich blicke auf meine Collare um ihrem schlanken Hals, das Band mit meinem Rubin.

Sie gehört mir, raunt mein Monster und ich stimme ihm zu, denn nichts weist auf das Gegenteil hin. »Und was steht an? Training? Irgendwo ein kleiner Angriff? Gibt es hier einen Club oder irgendwas, was dem Foedus gehört?«, fragt sie kauend. »Mehrere.«, antworte ich. »Fuck! Dann los!« Ich grinse, weil Kämpfen zu einem festen Bestandteil in ihrem Leben geworden ist, nicht nur in den letzten Tagen, aber das wird sich ändern.

Sie soll sich keiner Gefahr aussetzen, sie soll nicht verletzt werden und nur noch kämpfen, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt. Ihr Weg an meiner Seite ist wesentlich kultivierter als das, was sie bisher erlebt hat und ich freue mich darauf ihr das näher zu bringen. Sicher wird es ihr mehr Spaß machen auf Partys zu gehen, als Vampiren das Herz aus der Brust zu reißen. Mit bloßen Händen. »Das geht nicht, Kleines. Wir müssen zu einem Meeting.«, erkläre ich ihr ruhig.

»Einem – einer Lagebesprechung, bevor wir loslegen, klar.«, murmelt sie zustimmend und trinkt ihren Saft. »Nope. Es wird nur geredet, kein Kampf. Du musst nicht mehr kämpfen, Kleines. Nur im Notfall. Du solltest dich hübsch machen.«, erkläre ich ihr. Ausdruckslos liegen ihre Augen auf mir, als Phil ihren Stuhl zurückschiebt und die Stirn runzelt. »Ok.«, sagt sie gedehnt.

Ich versuche ihre Gedanken zu erraten. »Und dann Training?«, hakt sie nach. »Nope, kein Training.« »Aber Jay sagt, dass man jeden Tag trainieren muss.«, stellt sie fest. »Als Assassine muss er das.«, gebe ich ihr recht. »Jay gefällt es sicher nicht, wenn ich aus der Form bin, wenn wir uns wiedersehen.« Warum habe ich das Gefühl, dass sich unser ganzes Gespräch nur um meinen besten Freund dreht?

»Wir treffen uns heute Abend bei Adam Heuss mit einigen Patroni.«, sage ich entschieden und kurz kräuseln sich ihre Lippen missbilligend. »Cool, ok. Dann geh ich mich mal umziehen.«, nickt sie dann locker und ich bin ein bisschen baff, denn eigentlich habe ich damit gerechnet, dass es sie freuen würde, wenn sie nicht mehr jede Nacht kämpfen müsste.

»Ach und Rope?« In der Küchentür bleibt sie nochmal stehen und dreht sich zu mir. »Was?« »Kannst du mir bitte ein Handy geben?« Gleichgültig mustern mich ihre grauen Augen. »Ein – Handy?« »Jap. Jay hat mir eins in Dover gegeben, leider ist das Ding in Amsterdam geblieben.« »Was? Wozu hat er dir ein Handy gegeben?«, hake ich skeptisch nach. Davon wusste ich gar nichts, andrerseits kontrolliere ich auch nicht jeden Tag das Adressbuch nach Updates.

»Damit er mich kontaktieren konnte? Was, wenn wir bei einem der Kämpfe getrennt worden wären? In Dover hätte ich mich vielleicht noch zurechtgefunden, aber in Amsterdam?« Natürlich hat er das nicht erwähnt, weil er weiß, dass es mich verkackt sauer machen würde, wenn er sie verloren hätte, wenn er sie…

»Hat er dich allein gelassen, Phil?«, knurre ich leise, weil ich mir vorstellen kann, dass er fähig ist so ein fucking Risiko einzugehen. »Nicht, wenn er nicht musste.«, antwortet sie ohne zu zögern und streckt ihren Rücken durch. »Also? Bekomme ich ein Handy?« »Dieses Haus ist einbruchsicher, die Fenster aus verstärktem Sicherheitsglas, dir kann nichts passieren, sollte ich nicht hier sein. Du bist bei mir, du brauchst kein Handy, Kleines.«

Sie atmet ein und aus. Ihr Herzschlag geht ruhig und stetig. Sie verhält sich nicht mehr menschlich, aber sie ist auch kein Vampir.

»Ok. Dann bin ich jetzt oben.«

***

Als mein kleiner Derwisch eine gute halbe Stunde später die Treppen zu mir herunterkommt, kann ich meine Augen nicht von ihr nehmen. Enge Jeans, weißes Top mit einem, meiner Meinung nach, zu großzügigem Ausschnitt und eine taillierte Jacke. Ihre Haare sind ordentlich hochgesteckt, ihr Makeup dezent und sexy.

Ich balle meine Hände zu Fäusten, weil ich mich frage, wann dich Jay mit solchen aufreizenden Klamotten ausstaffiert hat und ob es ihn wirklich kalt gelassen haben kann dich so zu sehen, Kleines. Mich lässt es das jedenfalls nicht. Mein Monster leckt sich die Lippen und ich vergesse einen schwachen Moment, dass ich uns Zeit geben will.

Begierde durchzuckt meinen toten Leib, ich will sie küssen, ich will sie fühlen, ich will ihr befehlen sich mir zu unterwerfen, sich mir leidenschaftlich hinzugeben, so, wie sie es schon getan hat. Mein Blick heftet sich wieder an das Band um ihren Hals, auf den Rubin und dann auf ihre grauen, irgendwie kaltblütigen Augen.

»Du siehst bezaubernd aus, Philomena.«, raune ich leise. »Danke.«, ihr Lächeln charmant, aber gefühllos. Das verstörte Mädchen aus Glasgow ist einer bezaubernden Frau gewichen. Die Armschiene glänzt an ihrem linken Arm, es ist der einzige Schmuck neben meinem Halsband.

»Du musst die Schiene nicht tragen, niemand wird dir zu nahekommen.« »Mag sein, aber ich will es. Ich fühle mich sicherer, wenn ich sie angelegt habe.«, erklärt sie ehrlich. Sie lässt mich nicht an sich heran. »Komm.« Ich halte ihr den Arm hin, doch sie greift nicht danach.

»Ich kann alleine gehen.«, nickt sie stolz. »Das ist mir bewusst, dennoch will ich, dass du meinen Arm nimmst.«, fordere ich unnachgiebig freundlich. Sie seufzt leise und schiebt ihre schmale Hand in meine Armbeuge.

Wir müssen einmal quer durch die Stadt. Wieder sitzt Philomena stumm neben mir und starrt aus dem Fenster. »Interessiert es dich gar nicht, was heute Abend passiert?« »Was wird denn passieren?«, fragt sie. »Wir werden uns über die Fortschritte und weitere Taktik gegen die Krieger des Bösen besprechen.« »Ok.« »Hast du Fragen?« »Nein.«

»Es tut mir leid. Eigentlich hätte ich dich lieber ausgeführt. Zum Essen oder in eine Bar.« Endlich sieht sie mich an. »Vielleicht ein andres Mal.«, erwidert sie knapp und höflich, nicht schnippisch, sondern verbindlich. In ihren Augen Apathie. Sie erlaubt mir keinen Blick auf ihre Gefühle, auf ihre Seele. Jap, wird verkackt schwer ihr Vertrauen wieder zu gewinnen.

***

Mit erhobenem Haupt schreitet Philomena neben mir wenig später durch den Eingang von Adams Villa. Sie strahlt Stolz aus und Kraft. Keine Schwäche, keine Furcht, obwohl sie mehreren Vampiren begegnen wird. Sie braucht nichts mehr zu fürchten, sie ist das unheilige Blut, sie hat Macht über uns und das vermittelt sie selbstsicher.

Jay hat ganze Arbeit geleistet. Diese junge Frau hat nichts mehr mit dem gebrochenen, erschütterten Mädchen gemein, dass ich in London mit ihm geschickt habe. Sie ist perfekt, in jeder Hinsicht und doch flüstert mein Monster mir unablässig seine einfallsreichen Inspirationen eines Verrats ins Ohr.

Sie war traumatisiert, sie wurde gefoltert, sie haben sie sexuell missbraucht. Wie kann es sein, dass sie sich so gewandelt hat? Hartnäckig bemühe ich mich das zu ignorieren. Jay hat eben Ahnung von Psychologie, er versteht etwas davon, sonst hätte er keinen Titel und das respektiere ich! »Master Rope! Wie schön, dass du hier bist!«

»Thomas!« Ich klopfe Thomas Freiberg, dem Leiter der Patroni Berlin, auf die Schulter, der mich als erster begrüßt. »Adam hat das von Frank gehört. Es tut uns leid.«, sagt er anteilnehmend. »Jeder Patroni ist ein schwerer Verlust.«, nicke ich verbindlich. »Aber es sind immer noch mehr Krieger gefallen!«, schließt Robert Langer, Leiter der Patroni Deutschland, zu uns auf.

»Das ist wahr.« Ich schüttle ihm herzlich die Hand. »Darf ich euch Philomena vorstellen, meine Herren?« Respektvoll verbeugen sich beide knapp vor ihr. »Das unheilige Blut, es freut uns sehr, junge Dame, sie kennenzulernen.« Phil lächelt brav und schüttelt Hände. Stolz mustere ich sie, mein Mädchen. »Dankeschön. Mich freut es auch.«, sagt sie knapp.

»Rope!« Heuss schließt zu uns auf. »Adam!« »Was habe ich verpasst?«, fragt er. »Das unheilige Blut.«, antwortet ihm Thomas an meiner Stelle. »Oh.« Er mustert Phil und ihre Augen blitzen kurz auf, als sein Blick sich auf ihr Halsband heftet. »Adam Trojan. Leiter der Assassinen Berlin.«, stellt er sich schließlich zackig vor und streckt ihr die Hand entgegen, die sie nimmt.

»Assassinen. So wie Jay.«, lächelt sie und ihre Haltung verändert sich leicht. »Mr. Allingson ist unser Boss, aber in seiner Abwesenheit verfolgen wir hier eine mehr - strukturierte Strategie im Umgang mit Problemen.« Phil hebt zweifelnd eine Braue. »Ach tatsächlich? Weiß er davon?«, hakt sie ungläubig nach. »Philomena, …«, greife ich ruhig ein, »… Adam weiß, was er tut. Er hat diesen Posten schon lange.«

»Dann gab es hier also auch Kämpfe gegen den Foedus in den letzten Wochen?« »Wir haben uns natürlich an der Happy Hour beteiligt.«, sagt Heuss. »Erfolgreich?«, fragt sie nach, ganz eine loyale Assassine. »Selbstverständlich.«, antwortet Adam und mustert sie abschätzig. Doch daran stört sie sich kein bisschen. Philomena nickt huldvoll und eine unangenehme Spannung baut sich zwischen meinen Clanmitgliedern und ihr auf.

»Master Rope, guten Abend.«, die unterbrochen wird von Dimitry, der aus dem Esszimmer zu uns stößt. »Ich habe mich schon gefragt, warum hier alle im Eingang herumstehen.« »Dimitry, lerne Philomena kennen, das unheilige Blut.«, nickt Robert in Phils Richtung.

»Das unheilige Blut. Die Legende. Guten Abend, Madame. Es ist mir eine außerordentliche Ehre. Wir haben gehört, dass sie maßgeblich an der Vernichtung drei der wichtigsten Assassinen des Foedus beteiligt waren.«

»Es waren zehn Assassinen des Foedus, sieben Mitglieder in Dover und 63 in Amsterdam und das völlig - strukturlos.«, antwortet sie mit einem Seitenblick auf Heuss. Meine Braue schießt in die Höhe und ich werfe Adam einen warnenden Blick zu, als ich sein leises Knurren höre. »Kompliment, Madame. Das ist unglaublich.«, lobt Dimitry sie erstaunt.

»Nicht, wenn man bedenkt, wen ich als Lehrer habe.«, erwidert Phil charmant und ich erkenne, dass nicht nur Jay Philomena schützt wie ein Löwe sein Junges, sondern, dass auch sie sich ohne zu zögern vor ihn wirft.

Vor ihren Peiniger, vor ihren Folterknecht, vor meinen besten Freund.

***

Trotz der anfänglichen Spannungen verläuft das Meeting gut. Adam hat für Phil etwas zu Essen kommen lassen und sie macht sich begeistert über die Auswahl des Chinatempels vor ihr auf dem Tisch her, während wir die Geschehnisse der letzten Nacht und die Lage hier besprechen.

»Was hast du herausfinden können? Du warst mit ihr zum Essen verabredet.«, frage ich Dimitry schließlich. »Auch nicht viel mehr, als wir ohnehin vermutet haben. Sie scheint nach etwas Wichtigem auf der Suche zu sein.«, erzählt Dimitry. Großartig, soweit war ich auch schon.

»Sie hat mir viele Fragen über dich gestellt, Master Rope. Persönliche Fragen.«, er grinst und wirft einen raschen Seitenblick auf Philomena. »Sie wollte herausfinden, wie du zum unheiligen Blut stehst. Natalja hat offen ihr Interesse an dir kundgetan.« Ja, Natti will mich. Persönlich und in ihren Laken. Vorteil wie Nachteil.

»Das ist ja alles ganz nett, aber dem gilt doch nicht unser eigentliches Interesse, oder, Master Rope?«, fragt Robert. »Geht’s nicht etwas genauer?«, fragt auch Adam. »Sie ist vorsichtig.«, schmollt mein Russe, den mit Natti schon immer eine eigentümliche Freundschaft verband. Er hat sie als Freier kennengelernt, damals in St. Petersburg. »Und sie will dich. Konntest du diesen Umstand nicht nutzen?«, hakt Thomas ungeduldig nach und ich gebe ihm recht, denn auch Natti hatte immer eine kleine Schwäche für Karloff.

»Was ich genutzt habe, geht dich kaum etwas an, oder?«, erwidert Dimitry trocken und ich seufze innerlich, weil wir so nicht weiterkommen. Mein Blick fällt auf Philomena, die stumm unser Gespräch verfolgt und uns jetzt ungläubig ansieht. »Dimitry, niemand verurteilt dich. Wir wollen nur wissen, was du von ihr erfahren hast.«, rede ich auf ihn ein.

»Eben, wir müssen vorsichtig sein.«, stimmt er mir zu. »Fuck! Wozu?« Alle Augenpaare im Raum, auch meine, richten sich auf Phil. »Wie bitte?«, fragt Robert irritiert. »Wozu abwarten?«, will sie wissen. Ihr Körper spannt sich an. »Weil es diplomatisch geschickter wäre, sie jetzt in Ruhe zu lassen.«, erklärt Dimitry ruhig. »Warum?«, hakt Phil nach und ein düsteres Feuer schleicht sich in ihren gleichmütigen Blick.

»Weil wir nicht wissen, was sie plant. Zuerst müssen wir wissen, was sie vorhat.«, wiederhole ich. »Wir dürfen ihren Bruder nicht vergessen, Master Rope. Veniamin Kassarov ist ein gefährlicher und einflussreicher Mann.«, ergänzt Thomas. Philomena schnaubt leise und zuckt dann unbekümmert die Achseln. »Dann vernichten wir den eben auch. Soll er doch kommen! Wenn Natalja Kassarova in der Stadt ist, dann sollten wir sie erledigen. Jetzt!«

Mein bester Freund wäre stolz auf sie. Jay und sie ähneln sich so sehr, aber das ist nicht mehr der Weg, den ich für sie vorgesehen habe. »Philomena.«, meinem sanften Tadel folgt verhaltenes Gelächter der anderen. »Was?«, zischt sie und zum ersten Mal seit sie bei mir ist, erhasche ich einen Blick auf ihren Inneren Zorn. »Mich hast du einfach in diese fucking Löwengrube geworfen, aber bei ihr packen wir die Glacéhandschuhe aus?«, faucht sie.

Erwartungsvoll mustern meine Mitglieder den kleinen Disput. Sich gegen mich aufzulehnen kommt Königsverrat gleich. »Phil, du verstehst das nicht. Gerne erkläre ich dir später…« »Jay würde keine Sekunde zögern. Sag mir wo sie ist, dann erledige ich sie gleich selbst.«, unterbricht sie mich kalt und mustert mich herablassend.

Mein Monster peitscht nervös durch meinen Geist, weil ich es bin, der hier die Befehle gibt und nicht du, Kleines. Hast du vergessen, dass ich deine Verfehlungen bestrafen werde? Ich kann mich nicht erinnern dir eine Schonfrist gewährt zu haben. Du hast dich zu fügen, nicht ich. »Philomena, bitte.«, ermahne ich sie. Eine leise Drohung schwingt in meiner Stimme mit. Ihre Augen werden schmal »Fuck was? Hat Jay dir nicht gesagt, was sie mir angetan hat?«, fragt sie aufgebracht.

Jay.

Jay!

JAY!

»Ich will Rache an diesem verschissenen Miststück und ich werde sie bekommen, dass verspreche ich dir! Als Scharfrichter, als unheiliges Blut.«, schwört sie leidenschaftlich und die anderen starren uns verständnislos an. Ich erinnere mich an Jays Worte, dass ich nicht wissen will wo Natalja und Declan überall ihre Finger hatten. Deswegen verstehe ich den Zorn in ihrem Blick, aber das ist nicht der richtige Zeitpunkt.

»Du hättest sie vielleicht nicht Jason Allingsons alleiniger Obhut überlassen sollen, Master Rope? So ein Verhalten ist ja gänzlich inakzeptabel.«, schnaubt Adam verärgert. Ich hebe warnend eine Braue. Widersprechen spare ich mir, da auch ich ständig meinen besten Freund in ihr erkenne. »Inakzeptabel?!«, faucht Phil und die Luft im Esszimmer ballt sich zusammen.

Irgendwie scheint mir die Kontrolle zu entgleiten und das darf nicht passieren. Fuck. »Welches Verhalten wäre denn akzeptabel?« Ich räuspere mich und richte einen beschwörenden Blick in die Runde. Warum tue ich das? Ich sehe das Wirbeln des Gemma Veritatis. Sie hat einfach so ihre verkackte Kraft hochgefahren.

Ich muss dringend die Situation deeskalieren und hab keine Ahnung wie, denn ich habe einen Fehler gemacht, ich habe sie unterschätzt. »Soll ich unterwürfig meinen Kopf vor euch senken, euch mit Sir ansprechen und nur dann reden, wenn ich gefragt werde?«, schnappt sie kalt.

»Ich bin das unheilige Blut und ich sehe eure Herzen, ich weiß, was in jedem von euch steckt und ich weiß auch, wie man es vernichtet.«, präzisiert sie inbrünstig, respektlos, impulsiv wie ihr Mentor, wie der Vampir unter dessen Obhut sie steht, lässt sie keinen Zweifel daran, dass ihren Worten grausame Taten folgen werden.

Ich habe mich oft gefragt, wie sie es aus Declans Villa geschafft hat, habe versucht es mir vorzustellen, wie sie es geschafft haben kann gut 70 Vampire zurückweichen zu lassen. Doch jetzt, als ich die Furcht in den Augen meiner hochdekorierten Mitstreiter sehe, verstehe ich es - das wie. »Philomena! Es reicht.«, befehle ich leise, weil ich dem Einhalt gebieten muss.

»Nein! Es reicht, wenn du mir sagst, wo ich diese Schlampe finde und ich sie gerichtet habe. Zumindest fürs Erste.«, erwidert sie stur meinen Blick. Meine Faust schnellt auf den Tisch und schlägt das dicke Holz. Eine Geste, die Phil zwar nicht beeindruckt, aber wenigstens auf mich eine befreiende Wirkung hat.

»Es! Reicht!«, belle ich laut, weil ich die Kontrolle zurückerlangen muss, weil ich mich nicht einschüchtern lasse. Ihr Kiefer mahlt und ihre Augen stechen in die Meinen. Ich werfe die Serviette auf den Tisch und werfe einen Blick in die Runde. »Dieser Abend ist beendet, meine Herren. Philomena und ich werden jetzt gehen.«, erkläre ich knapp.

Ich stehe auf und strecke dir meine Hand entgegen, Kleines. Glaube mir, es ist besser, wenn du sie nimmst, denn ich habe keine Angst vor einem Kampf mit dir.

***

In der Limousine versuche ich erst gar kein Gespräch mit ihr anzufangen. Wir müssen runterkommen, beide, doch sobald mein Eingangsportal ins Schloss gerumst ist und sie die ersten Stufen nach oben nimmt, lege ich los. »Dazu hast du kein Recht, Philomena.« Sie lacht ungläubig auf. »Zu was?«, fragt sie nach, bleibt stehen und dreht sich zu mir.

»Ich bin Master der Patroni. Niemand untergräbt meine Autorität! Niemand!« Meine Augen halten ihren Blick fest. »Jay tut das ständig!«, antwortet sie gelangweilt und lässt mich auf der Stelle treten. »Auch Jason kennt seine Grenzen!«, fauche ich aufgebracht. Ständig geht es um meinen besten Freund. »Ich bin kein Patroni.«, argumentiert sie kalt.

»Nein! Du bist das verkackte unheilige Blut! Das gibt dir aber noch lange nicht das Recht dich wie der Hulk aufzuführen!« »Du kennst den Hulk?«, fragt sie ungläubig. »Vorsicht, Philomena.«, raune ich drohend. »Vorsicht, Rope!«, schnappt sie und mustert mich feindselig.

»Philomena. Ich werde aus diesem Krieg als Sieger hervorgehen, das passiert allerdings nur, wenn alle meine Mitstreiter meinen Befehlen gehorchen und wir zusammenarbeiten. Jay ist mein General, er ist für die aktive Seite des Kampfgeschehens verantwortlich. Meine Rolle ist die eines Herrschers. Dazu gehören Politik, Diplomatie und Zurückhaltung.«, erkläre ich ihr ruhig.

»Dann bin ich wohl eindeutig im falschen Lager gelandet.«, zischt sie und ich habe das Gefühl explodieren zu müssen. »Ich sagte, dass du nur noch im äußersten Notfall kämpfen wirst.« »Fuck, klasse!«, knurrt sie, da ihr das offensichtlich nicht gefällt. Sie hat die längste Zeit ihres Lebens gekämpft und sieht den Mehrwert nicht.

»Sie fühlen sich von dir bedroht! Die Patroni heute Abend.«, komme ich zurück zum Thema. »Das ist auch ganz gut so, weil ich das unheilige Blut bin.« Mein Kiefer mahlt. Ich erreiche sie nicht. Wenn sie noch in mich verliebt ist: warum erreiche ich sie dann nicht? Frustriert balle ich die Fäuste. »Wir stehen auf derselben Seite!«, setze ich ruhiger an. »Tun wir das?«, fragt sie schnippisch. Die Sehnen an ihrem Hals treten hervor.

»Was hat Natalja mit dir gemacht?«, erkundige ich mich vorsichtig nach dem Grund für ihren Auftritt heute Nacht. Ihre Schultern sacken zusammen. »Das weißt du doch von Jay.«, brummt sie und umfängt ihre Arme. »Keine Einzelheiten.«, gebe ich zu. »Fuck, glaub mir, die Details willst du gar nicht hören.«, verunsichert sieht sie sich um.

»Doch, Kleines.« Sie nickt, überlegt, kämpft mit sich. »Und dann? Darf ich dann losziehen und sie vernichten?«, will sie wissen. Das dunkle Verlangen nach Rache zieht blitzend durch ihre stürmischen Iriden. »Die Nacht wird kommen, das verspreche ich dir.«, antworte ich ihr, um sie zu beruhigen, um sie empfänglich dafür zu machen, sich meinem Willen zu beugen.

»Sie hat mir klar gemacht, wie gut sie dich kennt, wie gut du es ihr besorgt hast.«, setzt sie leise an und schluckt trocken. »Hat mir klar gemacht, dass du mich verstoßen würdest, wenn Declan mich – beschmutzt - hat… Es war demütigend. Ich musste mich vor ihr entkleiden. Sie hat mich mit einem Rohrstock traktiert und hat mir ihre untoten Drecksfinger in die Pussy geschoben, um zu prüfen, wie ich beschaffen bin. Das Ergebnis war zufriedenstellend. Genügt das?«

Verbittert presst sie ihre Lippen aufeinander. Meinem Monster genügt es, denn es tobt durch mein Innerstes, Kleines, und will irgendwas zerreißen. »Ich hätte dich nicht verstoßen. Das würde ich niemals tun.«, versichere ich ihr sofort. Unwillig spannt sie ihren Kiefer an, weil das nicht der Punkt ist. »Ich weiß, wie du dich fühlst, Kleines.«, brumme ich verständnisvoll.

»Fuck! Wie könntest du?«, zischt sie skeptisch. »Schlimmer als das, was sie dir angetan haben, war die Tatsache, dass du es klaglos über dich ergehen lassen musstest. Die Folter, die Demütigung, deine eigene Machtlosigkeit.« Phil schnaubt abwehrend, aber ich weiß, dass ich Recht habe. »Es ist auch kein Trost, dir zu sagen, dass ich selbst schon in ähnlichen Situationen war. Aber da du jetzt unsterblich bist, wirst du irgendwann erkennen, dass Zeit dir über jeden Schmerz hinweghilft. Jeden, Phil.«, besänftige ich sie weiter.

»Hast du das auch zu Marlies gesagt?«, spuckt sie kalt. Überrascht schießen meine Brauen in die Höhe. »Rede nicht über sie, als ob du wüsstest, was zwischen mir und ihr war. Wir liebten uns. Jahrhunderte lang.«, stelle ich klar. »Wohl eher hast du sie zu Tode geliebt.« Meine Finger zucken, denn ein Teil von mir will sie strafen, schon seit sie bei Heuss ihre Meinung kundgetan hat, will sie züchtigen für ihre Frechheit, ihre Respektlosigkeit, will ihren Widerstand brechen.

Mein Monster reibt sich die Hände. Aber ich besinne mich. Es muss anders gehen. »Du bist das unheilige Blut, Philomena, für die meisten von ihnen eine verkackte Legende! Du hilfst mir nicht, wenn du meinen Clanmitgliedern Angst machst! Ich brauche Loyalität und kein furioses Chaos.«, erkläre ich wieder. Ich erreiche sie nicht, ich sehe es in ihren Augen.

»Es tut mir leid, ich wollte ihnen keine Angst machen, Rope.«, sagt sie und es klingt hohl. »Wenn du erlaubst, gehe ich jetzt in mein Zimmer. Es war eine anstrengende Nacht.«, nickt sie knapp und geht. Ich mustere sie, studiere ihre Haltung, ihren Körper.

Nope. Ich erreiche sie nicht.

Philomena

Ich will kämpfen!

Ich will Rache nehmen! Ich will nicht von Rope in einen goldenen Käfig gesperrt werden, verdammt zum verschissenen Nichtstun! Jay fehlt mir so sehr! Ich fühle seine Abwesenheit in jeder Faser meines Körpers und es quält mich, wirft mich komplett aus der Bahn. Rope hat ihn mir genommen und will mir jetzt auch noch nehmen, was mich mit ihm verbindet. Das werde ich nicht zulassen.

Auch wenn ich gestern Abend meine Kräfte hochgefahren habe, bringe ich es noch immer nicht über mich auf Ropes Brust zu sehen. Fuck. Die Herzen der anderen habe ich mir angesehen und konnte einmal mehr feststellen, dass sie definitiv mehr Unterschiede aufweisen, als bei jedem bösen Krieger, den ich bisher gesehen habe, wobei die Herzen von diesem Adam und dem anderen, Dimitry, schon sehr düster geglüht haben, aber keines von ihnen hat so pulsiert wie Jays.

Noch so einen Abend wie gestern stehe ich nicht durch. Ich bin das unheilige Blut und keine fucking Trophäe! Ich will kämpfen und mir nicht von ein paar Idioten sagen lassen, was diplomatisch geschickter wäre, was auch immer das heißen soll. Was bilden sich diese untoten Fürze eigentlich ein? Dass Rope mir kein Handy genehmigt ist ein zusätzlicher Rückschlag.

Er ist nicht in der Küche. Ich nehme mir einen Joghurt und gehe schnurstracks in den Trainingssaal. Hier habe ich wenigstens Platz. Ich wärme mich auf und fange mit ein paar leichten Übungen an.

»Da steckst du!«, stört mich Rope nach einer Weile. »Jap und ich trainiere. Darf ich das oder soll ich das auch nicht mehr?«, antworte ich ihm schnippisch. Er war gestern ziemlich angepisst auf mich, aber das ist mir scheißegal. Ich habe keine Angst vor ihm! Ich habe keinen Grund mehr zu kuschen! Frustriert gleitet sein Blick an mir vorbei, bevor er mich eine Weile mustert.

»Hör zu, Kleines. Ich muss zu einer Versammlung.« »Wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich gerne hier in diesem sicheren Haus bleiben, bevor ich wieder jemandem Angst mit meinen inakzeptablen Aussagen mache.«, erwidere ich möglichst bissig. Rope ballt seine Hände zu Fäusten und ich sehe Wut in seinen Augen glühen, so wie gestern, bevor wir gegangen sind, als er mich in der Eingangshalle rund machen wollte.

Jay, zumindest die alte Variante, hätte mich längst büßen lassen, mich bestraft. Aber Rope nicht. Er ist kontrolliert, hält sich zurück und doch weiß ich, dass auch in ihm ein herzloses Monster steckt. »Gut – warte nicht auf mich.«, sagt er ruhig. Sogar als ich Marlies erwähnt habe ist er nicht ausgerastet. Stattdessen hat er das getan, was ich von ihm kenne.

Er ist mir ausgewichen, hat mich zu Natalja Täubchen befragt. Sein Verständnis hat sich wie ein fucking Balsam um meine Seele gelegt. Ich will nicht, dass er versteht, wie gedemütigt ich mich von dieser Schlampe fühle, denn das verschafft ihm Pluspunkte und die gönne ich ihm derzeit nicht. Ich ignoriere ihn, bearbeite den Sandsack vor mir, bis ich das Eingangsportal dieser Villa ins Schloss fallen höre.