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Kannst Du Dir vorstellen, die Wahrheit vor allen verbergen zu müssen? Kannst Du dir vorstellen, plötzlich fortzugehen und alles zurückzulassen? Kaum hat sich Lara an ihr neues Leben in Charleston gewöhnt, zwingen die Umstände sie, mit James nach Europa zu fliehen. Doch kaum in Sicherheit, drohen der Heilsbringerin und ihrem Vampir neue Probleme. Kann Lara ihr Schicksal annehmen? Finde es heraus im zweiten Teil der Heilsbringerin.
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Seitenzahl: 535
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Trilogie »Unheiliges Blut«Von Vampiren entführt Von Vampiren beschützt Von Vampiren besessen
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Über die Autorin
Alexandra de Leeuw entwickelte schon früh eine Leidenschaft für das Schreiben. Sie bewegt sich in verschiedenen Genres und fesselt ihre Leser mit Herz, Humor und Ungewissheit.
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Aufgeregt flackerte die Talkumkerze im windstillen Zelt. Es war an der Zeit sich mit Oriane zu besprechen. Sarina hatte der Schwarzmagierin einen Brief geschrieben und heute Nacht war der Zeitpunkt gekommen.
Gleich würde sich herausstellen, ob ihr Brief Oriane erreicht hatte. Sarina atmete durch, kanalisierte ihre Gedanken, überantwortete sich ihrer Macht und setzte ihren Geist frei.
Es dauerte einen Moment, bis sie fühlte, wie sich der Raum um sie veränderte, sich unsichtbare Türen öffneten und sie eine weitere Präsenz wahrnehmen konnte. »Oriane, ich grüße dich.«, eröffnete Sarina das Gespräch.
»Sarina? Sarina! Da bist du ja endlich.«, hörte sie Orianes Stimme. Ein undeutliches, flackerndes Ebenbild der Französin erschien ihr gegenüber. »Dieses Treffen ist eine Zumutung. Wieso bist du nicht nach Paris gekommen?«, beschwerte Oriane sich und ihr astrales Abbild wurde deutlich.
»Weil ich hier nicht einfach so fort kann. Ich habe einen Stamm, Verpflichtungen, Familie. Das weißt du doch. Ich wäre Monate unterwegs. Meine Nichte entbindet bald und die Nixhatz steht bevor und was ist, wenn etwas bei unserem Zauber schief geht und ich bin nicht hier?«
»Schief geht? Was ist los? Hat Bardunov etwas über unseren Zauber herausgefunden?«, fragte Oriane sofort misstrauisch. »Nein, Oriane, beruhige dich.« »Was ist es dann? Entfaltet der Zauber sich nicht?«, hakte die Französin nach.
Sarina presste die Lippen aufeinander. »Sarina?« »Das ist schwer zu sagen, Oriane. Dazu ist es noch zu früh.« »Also wirkt er.«, urteilte die Französin vorschnell.
»Ich gehe davon aus. Die Bestia zeigt Gefühle für das Mädchen. Daher denke ich auch, dass unser Plan in die richtige Richtung geht.«, erwiderte Sarina ehrlich.
»Ein Mädchen? Die Arme! Und sie ist wirklich – sie besitzt die Gabe?« »Ja, sie ist die Heilsbringerin. Irrtum ausgeschlossen«, bestätigte Sarina. »Oh lala, Sarina, du böses Mädchen! Du hast einen unschuldigen geopfert.« »Es war für die Sache!« »Qui, ich verstehe. Ist sie ansehnlich?«, bohrte Oriane weiter.
»Das ist zwar unerheblich, aber sie ist hübsch. Rothaarig.« »Qui. Rothaarig. Wie seine Geliebte Caylin?« »So ist es.« »Dann hör‘ endlich auf dir Sorgen zu machen! Damit vergeudest du nur meine Zeit.«, fauchte die Französin.
»Das ist eine Äußerlichkeit. Das muss nichts bedeuten.«, erwiderte Sarina stoisch »Muss es nicht, aber ich werde dir erzählen, was etwas bedeuten kann.« »So?«, entgegnete Sarina überrascht.
»Ich habe mich nochmal auf die Suche nach der Feder gemacht.«, verkündete die Französin. »Der Feder? Welcher Feder?« »Sarina! Die Feder, die einen Bewahrer erschaffen kann.«, antwortete Oriane ungeduldig.
»Was? Warum? Die Feder ist nicht länger von Bedeutung, Oriane.« »Da du Zweifel an der Wirksamkeit unseres Rituals hast, war es doch keine schlechte Idee, no?« »Ich habe keine Zweifel. Ich sage nur, dass wir abwarten müssen, wie sich die Lage entwickelt.«, antwortete Sarina geduldig.
»Aber wenn ich die Feder finden würde, dann könnten wir…« »Hör‘ auf! Du suchst doch nicht aus Selbstlosigkeit danach. Die Feder ist verloren und nicht mehr von Bedeutung.«, schnappte Sarina. »Aber…«
»Du willst sie nur in die Finger bekommen, um selbst die unglaubliche Macht zu erlangen, die ihr Inne wohnt, aber ich verspreche dir Oriane, du verschätzt dich, du würdest von der gewaltigen Kraft zerrissen werden.«
»Das weiß ich! Halt mich nicht für dumm, Sarina. Ist es dir nicht lieber zu wissen, wo dieses Relikt ist? Mit der Feder könnte man einen echten Bewahrer erschaffen.«, schnappte Oriane. »Und auch noch eine Menge anderen Unsinn anstellen! Lass ab von diesem Thema.«, schimpfte Sarina weiter.
»Na gut, wie du willst. Dann reden wir nicht mehr davon. Gibt es sonst noch etwas? Denn wenn nicht, würde ich jetzt wieder meine eigenen Interessen verfolgen. Ich muss einkaufen gehen und zum Coiffeur.«, erklärte die Französin seufzend und zupfte an ihren Locken.
»Bitte, geh nur. Ich melde mich.« »Qui, qui, du tust dir ohnehin keinen Zwang an.«, antwortete die Französin und ihr Ebenbild löste sich auf.
Sie war jetzt verheiratet. Ehefrau. Die junge Lady Russel. Dabei hatte Lara so sehr gehofft, dass vielleicht ihr Schicksal als Heilsbringerin diese Hochzeit noch verhindern könnte. Aber so war es nicht. Sie hatte ihr Gelübde abgelegt und die Ehe sogar vollzogen.
Konsequent verdrängte Lara die abstoßenden Erinnerungen an ihre Hochzeitsnacht, immer wenn sie aufkommen wollten, und schloss sie tief in sich ein. Nie wieder wollte sie etwas so Widerliches tun müssen. Nie wieder wollte sie von einem anderen Mann berührt werden als James.
Nachdem sie sich von ihren Eltern verabschiedet hatten, machte Lara sich mit Alex auf den Weg nach Charleston in ihr neues zu Hause. Sie verhielt sich höflich und still. Fügsam und zurückhaltend. Sie verhielt sich, wie man es erwarten würde. Eine perfekte Lady.
Da Lara kein Interesse an einer Wiederholung ihrer Hochzeitsnacht oder jeglicher Intimität hatte, ließ sie Alex gleich nach ihrer Ankunft wissen, dass sie eines der Kinderzimmer beziehen würde.
Sie wollte allein schlafen und erteilte ihm die Erlaubnis, sein Bett zu teilen, mit wem er wollte, solange er es nicht mit ihr tat.
Zuerst wehrte er sich gegen ihren Vorschlag, natürlich hatte er sich ihre Ehe anders vorgestellt, doch Lara war das egal, verwarf seine Einwände, ob das schicklich war oder unüblich und ließ ihren Worten Taten folgen.
Es gab nur zwei Dinge, die sie interessierten, ihr Gartenhaus und wann sie James endlich wiedersehen würde, damit sie ihm von der letzten Vision erzählen konnte und – weil sie ihn schrecklich vermisste.
Aber als sie, bewaffnet mit einer Werkzeugkiste, einen ersten Blick in ihr neues Refugium warf, konnte sie feststellen, dass jemand den Raum bereits überaus gemütlich eingerichtet hatte.
Die Flasche Armagnac, die auf dem Couchtisch in der Mitte einer der wuchtigen Sitzgruppe platziert war, legte den Verdacht nahe, dass das James‘ Werk war. Lara grinste selig und seufzte verliebt. James war in der Nähe. Wie hatte er das in der kurzen Zeit geschafft?
Selbstverständlich hatte er ihre Waffen dekorativ über dem Kamin aufgehangen. Genauso, wie es eigentlich nicht hätte sein sollen. Stolz betrachtete Lara ihr Arsenal.
Den Pflock aber sah sie nicht, dafür einen Paravent, der Farbton exakt zu den Sitzmöbeln passte. Dahinter entdeckte sie einen Spiegel und Bretter mit ihren Kleidern.
Zufrieden sah Lara sich um. Auch wenn es winzig war im Vergleich zu dem, was sie bisher für ihr Fechttraining zur Verfügung gehabt hatte, hatte sie genug Platz für ein paar Paraden.
Als Alex kam, um zu fragen, ob sie mit ihm Essen gehen wollte, lehnte Lara dankend ab, ebenso ignorierte sie seine Frage, woher denn die Einrichtung hier stammte. Also verließ ihr frisch Angetrauter allein das Anwesen und ließ sie zurück.
Lara entzündete ein Feuer im Kamin in ihrem Gartenhaus, tauschte Kleid gegen Hose und ging mit ihrer Armbrust bewaffnet hinaus in die Dämmerung, um noch etwas schießen zu üben.
Mit einem »Pock« versenkte sich der Bolzen im Holz des Baumes vor ihr. Lara atmete zufrieden durch. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie die Waffe justiert hatte, doch endlich wurden die Treffer genauer.
Motiviert spannte Lara die Feder nochmals etwas nach, legte einen neuen Bolzen ein, schoss und erwartete auf das »Pock« - doch es kam nicht. »Gut gezielt.«, lobte James sie stattdessen grinsend und kam, den Bolzen in der Hand, auf sie zu.
»James!« rief Lara freudig und genoss das warme Gefühl verliebt zu sein, das ihren Körper flutete, als sie zu ihm rannte.
James hatte kaum geschlafen. Zu wissen was das Lara und das unreife Jüngelchen, das sie geheiratet hatte, die Ehe vollziehen mussten, hatte zwei Menschen das Leben gekostet. Er hob sie in seine Arme und küsste sie zärtlich.
»Willkommen in Charleston.« »Danke! Und danke, für die Einrichtung meines Gartenhauses. Ich war ganz schön überrascht.«, sprudelte es aufgeregt aus ihr heraus.
»Das ist es doch, was ein Beschützer tut, oder?«, fragte er unschuldig. »Nein, eigentlich tut das ein Innenausstatter.« »Ich wollte nicht Nachdenken und du sollst es hier schön haben.«, erklärte er ehrlich und schnappte sich ihre Armbrust.
»Die ist gut ausbalanciert.«, stellte er fest und ging voran zum Gartenhaus. »Papa hat sie Tristan aus Italien mitgebracht, aber er hat er sie mir geschenkt.«, erzählte sie ihm stolz. »Tristan ist gleich nach unserem Gespräch aufgebrochen.«, ergänzte sie nach einer Pause.
»Er wird sich beruhigen. Er braucht Zeit.«, sagte James und nahm neben ihr auf dem Sofa Platz. »Er hat mir ausrichten lassen, dass wir uns in Charleston sehen werden. Ich bin gespannt, wie lange er sich Zeit lässt. Ich für meinen Teil habe viel vor.«, erwiderte Lara entschlossen.
»Ist das so? Was sagt da dein Mann dazu? Wo ist er überhaupt?«, erwiderte James. »Das ist mir gleich. Er ist ausgegangen, weil wir nichts zu essen hier haben. Ich glaube nicht, dass ich ihn heute nochmal sehe.«, sagte sie überzeugt.
»Außerdem habe ich mein eigenes Zimmer bezogen und werde nicht mehr neben Alex schlafen. Einmal war mehr als genug.«, erklärte Lara ernst und versuchte erfolglos die aufkommenden Gedanken an ihre Hochzeitsnacht aufzuhalten.
James unterdrückte ein Knurren und kämpfte gegen aufflammende Mordlust an. »War er wenigstens vorsichtig?«, fragte er rau. »Ich habe es kaum wahrgenommen. Dennoch werde ich alles dafür tun, damit das nicht noch einmal passiert.«, versicherte sie überzeugt.
»Das kannst du nicht. Es ist sein Recht, mein Herz.«, schnappte er zähnefletschend. »Es wird nicht noch einmal passieren. Er kann mich nicht dazu zwingen.«, wiederholte Lara fester und konnte ihren Ekel vor dem Geschehenen nicht mehr aus ihren Gedanken halten.
»Du bist sehr tapfer, Heilsbringerin.«, brummte James und zog sie in seine Arme. »Und was hast du denn jetzt alles vor?«, wechselte er das Thema. »Gleich morgen früh muss ich zur Bank, um mir meine Mitgift zu sichern. Die will ich dann in Platz investieren.«, stellte sie fest.
»Platz? Du hast ein Haus und dieses Gartenrefugium.«, gab James zu bedenken. »Nein, das meine ich nicht. Ich will ein Grundstück kaufen. Vielleicht eine Lagerhalle im Hafen. Ich möchte auf eigenen Beinen stehen.« »Ist das so?«, hakte er nach. »Aber selbstverständlich. Du wirst schon sehen. Wo wohnst du eigentlich, wenn du in Charleston bist?«, wollte sie dann wissen.
James kratzte sich im Nacken. »In einem Keller unter einer Kneipe. Jimmy, ein Ire. Ruhiger Typ, stellt kaum Fragen. Er kennt mich seit zehn Jahren.« »Seit zehn Jahren? Wundert er sich nicht, dass du nicht älter wirst?« »Vielleicht. Er bekommt sein Geld, ich zahle gut und es ist ihm egal.«, antwortete er und Lara nickte.
»Übrigens: ich hatte eine neue Vision.« »So?« »Ja. Es war schaurig. Wir waren am Strand. Einige der Yakush und Sarina waren da.« »War es ganz sicher eine Vision oder war die Hexe wieder in deinem Kopf?«, hakte James zweifelnd nach.
»Eindeutig eine Vision. Du hast mich gewarnt, nicht zu nah ans Wasser zu gehen, als mich plötzlich etwas packte und mit sich ins Wasser zog. Als ich versuchte mich zu befreien, habe ich zwei schillernde Augen aus der Tiefe angesehen.«, erzählte Lara und rieb sich unbehaglich die Oberarme
James runzelte die Stirn. »Was ist? Weißt du was es war?«, wollte sie wissen. »Es könnte eine Nixe gewesen sein.« »Eine Nixe? Eine Meerjungfrau?« »Nein, das ist ein Unterschied.«, erwiderte er sofort. »Vielleicht sollten wir zu Sarina gehen und sie fragen, ob sie mehr darüber weiß.«, schlug sie vor.
Da die Hexe sie beide ohnehin sehen wollte, würde das zwar gut passen, dennoch hatte James arge Bedenken der Hexe zu begegnen. Immerhin hatte er weit mehr getan, als Lara nur ein Lehrmeister oder Beschützer zu sein.
»Vielleicht.«, räumte James dennoch ein. Er hatte mit der Heilsbringern geschlafen und er hatte sie gebissen, Letzteres zwar unabsichtlich, aber das machte für Sarina sicher keinen Unterschied.
Wenn sie davon erfuhr, würde sie ihn ganz sicher vernichten und dieser Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht. »Denkst du nicht, dass Sarina von der Vision erfahren sollte?«
»Ich bin mir sicher, dass sie sich bei mir melden wird, falls es so wichtig ist. Bis dahin sollten wir uns lieber auf deine Ausbildung als Heilsbringerin und deine Fähigkeiten konzentrieren.
Lara grinste. »Das hier funktioniert schon recht gut.«, antwortete sie augenzwinkernd und aktivierte ihren Schild, dehnte es langsam aus und ließ es wieder in sich zusammenfallen. »Ich bin beeindruckt. Bravo.«, rief James stolz.
»Es funktioniert immer besser. Aber ich übe auch bei jeder Gelegenheit.«, gab sie zu. »James?« »Aye, mein Herz.« »Was hältst du von meinem Plan in mehr Platz zu investieren?«
»Ich finde ihn gut. Ich bin mir zwar sicher, dass du als Frau Probleme bekommen wirst, doch die wirst du meistern.«, erwiderte er.
»Wirst du mir helfen?« James huschte ein Lächeln übers Gesicht. »Ich fürchte, dazu bin ich geschaffen.«, antwortete er. »James?« »Aye, mein Herz.« »Ich denke, dass wir etwas finden müssen, was kein Tageslicht reinlässt.«
»Ist das so?«, wollte er wissen. Lara nickte und kuschelte sich an ihn. »James?« »Aye, mein Herz?«, antwortete er und küsste ihr zärtlich das Haar. Er war machtlos gegen ihre unverfälschte Art. »Wo ist eigentlich der Pflock?« »Aye. Dein Gartenhaus birgt ein kleines Geheimnis.«, erklärte er ihr, stand auf und ging um den Paravent herum.
»Ich fühlte inspiriert von deiner Idee, Sachen unter den Dielen zu verstecken, deswegen gibt es hier ein Fach.«, erklärte er, griff nach ihrem Sonnenschirm und schob ihn vor sich in ein Astloch.
Es klackte kurze und eine Diele sprang hoch. Das Dämonenbuch und zwei neue Bücher über Rituale kamen zum Vorschein. »Oh! Überraschend!«, rief Lara verblüfft und klatschte in die Hände. »Nun, das ist der Sinn eines Verstecks.«, antwortete er und hielt ihren Blick fest.
»Der Pflock, James.«, hakte sie nochmals grinsend nach. »Hier.«, zwinkerte er knapp und griff an eines der Regalbretter, um ein weiteres verborgenes Fach zu öffnen. »Das ist ja fantastisch, es ist nicht zu sehen. Ich will es probieren!«, verlangte Lara und er zeigte ihr, wie sie die kleinen verborgenen Hebel bediente. »Zufrieden?« »Sehr!«, antwortete sie glücklich und küsste ihn.
»Aye. Aber morgen ist Schluss mit dem Faulenzen. Hier in Charleston herrscht mehr übernatürliche Aktivität als auf dem Land. Wir werden mit Äxten trainieren. Am Strand.« »Am Strand? Aber meine Vision?«
»Wir gehen einfach nicht ins Wasser. Ich hol dich ab.«, brummte er »Und jetzt gehe ich, nicht das uns noch einer deiner Nachbarn siehst und du ins Gerede kommst, aye.«, stellte er grinsend fest, bevor er sie noch einmal zärtlich küsste und verschwand.
Verträumt blickte Lara ihm hinterher. Alles prickelte, wenn James sie berührte. Grinsend schüttelte sie den Kopf und ging hinüber ins Haupthaus.
Sie vermisste Tristan. Gerne hätte sie auch ihrem Bruder von ihren Plänen berichtet. Doch das wäre sicherlich falsch. Er würde es nicht verstehen und Lara hatte keine Zeit, es ihm zu erklären. Sie musste sich auf wesentliches konzentrieren. Auf die Bank und verfügbare Immobilien.
Am nächsten Morgen benahm sich Lara wie eine formvollendete Hausherrin. Fügsam und gehorsam küsste sie Alex auf die Wange und hieß ihre neue Köchin willkommen. Ihr Benehmen veranlasste Alex, einen neuen Versuch zu starten, sie zu überzeugen, zu ihm ins Schlafzimmer zu ziehen, doch davon wollte Lara nichts hören. Ihr war egal, ob er unglücklich darüber, sie würde nicht nachgeben.
Als sie später nach ihm das Haus verließ, um sich auf den Weg zur Bank zu machen, war sie wieder ganz Lara Duvall. Selbst wenn sie ein Reitkostüm trug und keine Hosen.
»Sie haben was getan?«, fauchte Lara ungläubig und der schmalschulterige Bankangestellte begann sichtlich zu schwitzen. »Aber Lady Russel, das ist durchaus so üblich!«, verteidigte er sich. Wütend kniff Lara die Augen zusammen.
»Wie heißen Sie?«, fauchte sie zähnefletschend. »Mr. Banks.«, antwortete der lange Kerl. »Sie arbeiten in der Bank und heißen Banks?«, hakte Lara ungläubig nach. »Ja, Ma’am.« Sie atmete durch.
»Gut, Mr. Banks. Mein Vater, Maximilian Duvall, hat doch meine Mitgift auf meinen Namen hinterlegt. Alles was ich möchte ist, dass sie mir dieses Geld geben oder mich ein Konto auf meinen Namen eröffnen lassen, um diesen Betrag darauf gut zu schreiben.«, erklärte sie.
»Das ist - unüblich, Ma’am.«, antwortete der Bankangestellte, um höfliche Worte bemüht. Lara wollte explodieren. »Es interessiert mich nicht, ob das unüblich ist. Das Geld hätte meinem Gatten gar nicht gutgeschrieben werden sollen.«, schnappte Lara erbost.
»Unser Haus ist integer, Lady Russel, glauben sie mir. Alles ist korrekt verlaufen. Sie müssen nur den Erhalt bestätigen.«, erwiderte der Angestellte stur und Lara verdrehte die Augen.
»Großartig und wenn ich etwas davon benötige?«, fragte Lara schnippisch. »Wenn sie etwas davon benötigen, dann werden wir die Rechnung selbstverständlich in ihrem Namen begleichen, Ma’am.«, antwortete er.
»Sehr schön. Mr. Banks, ich benötige fünfundfünfzig Tausend Dollar, um eine Rechnung zu begleichen.«, verlangte Lara spitzfindig. »Darf ich sie um die Rechnung bitten, Lady Russel?«, fragte der Bankangestellte prompt.
»Die habe ich nicht bei mir, aber ich reiche sie nach, Mr. Banks.« Der schmalschulterige Mann rückte seine Brille zurecht. »Das ist nicht erlaubt. Erlaubt ist es mir, ihnen ein Taschengeld von täglich maximal fünfzig Dollar per diem auszuzahlen.«, erklärte er trocken.
»Gut, dann geben sie mir die fünfzig Dollar, Mr. Banks.«, sagte Lara und gab sich fürs Erste geschlagen. Für dieses Dilemma brauchte sie rasch eine Lösung. Wenn ihre Rechnungen von Alex‘ Konto abgingen, würde er Einsicht nehmen wollen. Das brachte ihr ganzes Vorhaben in Gefahr.
Sicher würde es bei einem der ihr bekannten Architekten oder Immobilienhändler auch nicht besser laufen. Sowohl der, den Tristan kannte, als auch der Freund der Russels, würde Alex sicher sofort in ihren Plan einweihen.
Missmutig lief sie durch Charlestons Straßen und dachte angestrengt nach, wie sie ihre Problem lösen könnte. Bald kam sie in die Hafengegend, wo sie das neue Casino in Augenschein nahm.
Es war sehr einladend. Weiß getüncht und mit grünen Sonnendächern über den Fenstern. Die Gegend war immens angesagt. Die Wohnhäuser und kleinen Läden dazwischen waren größtenteils sauber gestrichen und hergerichtet.
Als Lara plötzlich in einer Gasse ein Gebäude im Schatten anderer Häuser liegen sah. Es war groß und hoch. Neugierig lenkte sie Krösus in die Häuserflucht. Vor dem Gebäude verbreiterte sich der Weg zu einem kleinen Vorplatz, auf dem Kutschen Platz fanden zum Wenden.
Es könnte nett sein, entschied Lara und stieg ab. Eine Ratte huschte an ihr vorbei. Auch wenn einiges zu tun wäre. Naserümpfend ging sie weiter. Was mochte das hier gewesen sein? Von Nahem sah das Gebäude aus wie eine riesige Lagerhalle. Aber hier oben? Der Hafen lag noch ein gutes Stück den Platz hinunter.
»Hallo? Ist da jemand?«, rief Lara, aber niemand antwortete ihr. An der Tür entdeckte Lara ein abgerissenes Schild »Bates & Son«. Wer das war und ob er ihr das Haus verkaufen würde? Vielleicht wusste James etwas darüber?
Denn wenn sie die Möglichkeit hätte diese Liegenschaft privat zu erwerben, wäre die Gefahr wesentlich geringer, dass jemand davon erfuhr.
Der Abend verlief wie das Frühstück. Ehegerecht und vorbildlich. Dinner begleitet von höflichen Wortwechseln. Höfliches beisammensitzen im Salon. Lara vertiefte sich in ein Buch, woraufhin Alex die Konversationsversuche einstellte und zu Bett ging. Lara selbst zog sich um und schlich sich aus dem Haus, um ihr Pferd zu satteln.
James witterte sie im Stall. »Ich denke nicht, dass du Krösus mitnehmen musst. Das wäre viel zu auffällig.«, raunte er ihr zärtlich zu und überraschte sie mit seiner plötzlichen Nähe, denn sie zuckte zusammen und ihr Herzschlag beschleunigte.
»Ist es denn weniger auffällig, wenn wir zu zweit auf deinem Pferd sitzen, James?«, fragte sie lächelnd und küsste ihn sanft zur Begrüßung. »Du bist nie unauffällig, mein Herz. Aber dein Mann könnte hören, dass dein Pferd das Grundstück verlässt.«, erklärte er grinsend und legte ihren Sattel zurück, bevor er einen Seidenschal aus seiner Jacke zog.
»Hier. Für deinen Hals.« »Wegen der Bisswunde?« Denkt er, wir begegnen Sarina?, dachte sie. »Nur gewöhnliche Sorge. Wir reiten an den Strand, mein Herz. Der Wind ist dort frisch. Ich will nicht, dass du dich erkältest.«, erwiderte er und half ihr auf sein Pferd.
James‘ Hengst sah aus, als würde er in eine Schlacht reiten. Seitlich am Sattel prangten zwei doppelköpfige Streitäxte. Lara beachtete die Waffen gar nicht. Sie lehnte sich genießerisch an ihn. »Hattest du einen erfolgreichen Tag?«, fragte er sanft.
»Erinnere mich bloß nicht. Dieser Bankangestellte!«, stöhnte sie. »Mein Vater hat das Geld direkt Alex überschrieben. Wenn ich größere Ausgaben habe, muss ich die Rechnung zur Bezahlung einreichen. Ich kann pro Tag maximal fünfzig Dollar abheben. Das ist ärgerlich, weil ich ja nicht möchte, dass jemand von meinem Vorhaben erfährt.«, erklärte sie aufgebracht.
»Und wenn ich dafür bezahle?«, erwiderte James ohne mit der Wimper zu zucken und prüfte, ob sich sein Vorschlag seltsam anfühlte. Aber das tat er nicht. Es war richtig. In ihm waren mehr Empfindungen für sie. Sie war mehr als nur sein Schützling. Falsch oder nicht.
Lara grinste, aber schüttelte den Kopf. »Ich will etwas Eigenes auf die Beine stellen. Ich schaffe das schon. Es muss einen anderen Weg geben. Ich habe da auch schon etwas gefunden.«, ließ sie ihn entschlossen wissen.
James fühlte Stolz. Für ihr Selbstbewusstsein konnte man sie nur bewundern. In seiner Heimat, zu seinen Lebzeiten, wäre diese Frau ein absoluter Hauptgewinn gewesen. »Das Gebäude liegt in der Nähe des Casinos. Ein wenig abseits, hinter einem Café. Bates & Son.«, erzählte sie unterdessen.
»Aye, ich kenne es. Es ist perfekt. Leider weiß ich nicht in wessen Besitz das Gebäude ist.«, antwortete James und lenkte seinen Hengst den Pier hinunter. »Aber wie soll ich herausfinden, wem es gehört?«, wollte sie wissen. Aber sobald Satan Sand unter seinen Hufen spürte, beschleunigte er sprunghaft. James schloss die Arme ein wenig fester um sie und drückte sie mit sich nach vorne.
»Festhalten, ich werde Satan laufen lassen, mein Herz.«, warnte er sie und Lara schloss die Unterschenkel fester um die Flanken des Hengstes, gerade noch rechtzeitig bevor die gut achthundert Kilogramm pure Energie unter ihnen explodierten.
Sie hielten in einer der kleinen Buchten westlich vom Leuchtturm. Es war dunkel, nur der Mond leuchtete den Platz ein wenig aus. Die See war ruhig. Regelmäßig rollten die Wellen an den Strand. James stieg ab und band die Äxte los, während Lara sich streckte und aus dem Sattel gleiten ließ.
»Bates & Son waren das größte Bestattungsunternehmen in Charleston. Sie sind durch den Bürgerkrieg reich geworden. Ich vermute mal, die Halle, die du gesehen hast, war ihr Lager für Särge. Wahrscheinlich wurde der Betrieb einfach stillgelegt, weil mit dem Kriegsende auch das Geld zu Ende ging.«, überlegte James.
»Ich frage mich, warum es noch keiner haben wollte.«, fragte sie. James verzog den Mund. »Die Menschen mögen den Tod nicht, deswegen steht es leer.«, erklärte er. »Mir ist das gleich.« »Dein Zugang zum Tod und dem Übersinnlichen ein Anderer. Das macht eine Heilsbringerin aus.«
»Kannst du herausfinden, ob es zum Verkauf steht? Das Gebäude wäre wirklich perfekt.«, seufzte Lara. »Aye, das kann ich. Aber es könnte auffällig sein, dass eine Frau dort ein und ausgeht. Es ist dort recht – belebt. Gerade nachts. Du brauchst eine Tarnung.«, gab James zu bedenken und ließ eine der beiden Äxte vor ihr in den Sand fallen.
»Tarnung…«, murmelte Lara, doch er ließ ihr keine Zeit mehr darüber nachzudenken. »Das hier ist eine Axt. Die Schneiden, die Stoßspitze, Parier Stange und diese hier hat auch noch einen Parier Dorn.«, erklärte er ihr die Waffe in seiner Hand und deutete dann auf die Axt am Boden.
»Mit der wirst du kämpfen. Du kannst damit auf drei Arten angreifen. Schneiden, Stechen und Pfählen. Eine Axt ist wuchtiger als ein Schwert oder Degen. Die Kraft liegt im Axtkopf.«, erklärte er, machte eine Drehung und trieb dabei die Axt von unten nach oben.
»Selbst, wenn die Schneiden stumpf wären könntest du noch erheblichen Schaden damit anrichten. Du kannst die Richtung des Schlages kaum noch korrigieren. Beachte das.« Singend sauste das Blatt durch die Luft.
Lara stelle sich neben James und ahmte seine Bewegungen nach. »Eigenwillig.«, brummte sie. »Einschlägig. Wenn man eine Axt in die Hand nimmt, mein Herz, sollte man auch töten wollen.«, antwortete er eindringlich und Lara runzelte die Stirn.
»Was könnte ich damit töten müssen?« »Einen Ghul, einen Wiedergänger oder einen Vampir. Darauf kommt es gar nicht an. Wichtig ist, dass du mit so vielen Waffen wie möglich vertraut bist.«, ließ er sie wissen.
»Deine Kräfte noch nicht voll entwickelt. Du musst nutzen können, was gerade zur Verfügung ist. Trotz allem bist du ein Mensch und sterblich.«, rief er Lara ins Gedächtnis.
»Du könntest das ändern. Du kannst mich unsterblich machen.«, stellte sie sachlich fest. Da sie in seiner Gegenwart Gedanken ohnehin nicht denken konnte ohne, dass er es mitbekam, war Lara dazu übergegangen sie auszusprechen.
Umgehend flammten seine schwarzen Augen düster auf. »Das wird nicht geschehen, Lara. Ich mache dich keinesfalls zu einem Vampir. Hast du mich gehört?«, knurrte er kalt. »Aber es würde einiges an Problemen lösen.«, trotzte Lara ihm.
»Es würde nur Probleme schaffen.«, griente er und deutete einladend auf die Axt. »Lass uns kämpfen.« »Und wenn ich das anders sehe? Wenn ich lieber unsterblicher Vampir als Heilsbringerin wäre?«, fragte Lara, holte aus und stieß das Blatt mit der Stoßspitze nach vorn.
»Wenn du nicht damit aufhörst, bitte ich Sarina, dass sie selbst deine Ausbildung übernimmt.«, beendete er das Thema. »Vertraue dem Gewicht des Axtkopfes, er zieht dich in die Richtung, die du einschlägst, du musst ihm nur folgen.«, erläuterte James dann.
Schmollend schwang sie die Axt durch. »Greife die Waffe mittiger, damit du sie drehen und wenden kannst und du Platz hast für deine Hände.«, erläuterte er. Lara macht eine Drehung und ließ die Axt im Kreis sausen. Die scharfe Schneide pfiff im Wind.
»Aber wäre ich ein Vampir, dann wäre der Geruch meines Bluts vielleicht weniger schlimm für dich.« »Es ist nicht schlimm.« »Er macht dich hungrig.« »Es wird besser werden.«, erwiderte er zuversichtlich. »Aber wenn ich wie du wäre, dann müsstest du nicht mehr auf mich aufpassen. Du wärst frei.«, schnappte sie.
James Lippen verzogen sich zu einem nachsichtigen Lächeln. »Dich zu beschützen ist ein Vergnügen, ich bin frei.«, versicherte er ihr und verbeugte er sich galant.
Lara grinste breit. »Ich sehe schon, ich bin machtlos. Kommen wir zurück zu meiner Tarnung. Wie soll ich denn nun als Frau unauffällig in diesem Lagerhaus meine Ruhe finden?«, fragte sie gespielt ungeduldig.
James grinste und hob die Axt. »In einer Stadt, mein Herz, versteckt man sich am besten unter Menschen. Vielen Menschen.«, erwiderte er und schwang die Axt zum Angriff nach oben.
Lara brauchte ein paar Paraden um ein Gefühl für die Axt zu bekommen, aber sie wurde besser und allmählich ließ James ihr Training zu einer Herausforderung werden.
Blitzschnell sauste seine Axt in ihre Richtung. Lara wehrte den Angriff ab, verhakte ihr Blatt mit James‘ und zog die Waffe mit einem Ruck an sich. Tatsächlich ließ ihr Vampir die Axt los – wenn auch nicht unfreiwillig, wie sie sofort verstand.
»Bravo, Lara, ich sehe du machst dich!«, hörte sie Sarinas Stimme lobend, als James Gedanke sie zeitgleich erreichte. Die Yakush! Sarina ist hier und sie ist nicht allein!
Lara verzog die Lippen zu einem Grinsen. Ich dachte schon, ich habe es tatsächlich geschafft, dich zu entwaffnen., erwiderte sie stumm. »Guten Abend, Sarina.«, grüßte Lara die Hexe, während James ihr nur knapp zunickte. Sarina ist sicher nicht zufällig hier und sie ist in Begleitung., ließ er sie wissen.
»Schön zu sehen, welche Fortschritte die Heilsbringerin macht.«, verkündete Sarina und kam näher. James ließ weder sie, noch den Dünenkamm hinter der Hexe aus den Augen, über den weitere Clanmitglieder in die Bucht kamen.
Was kann sie hier wollen?, dachte Lara und drängte sich dichter an James. Sarinas Männer waren ihr schon bei ihrer ersten Begegnung nicht geheuer gewesen.
Wir werden sehen. Sicherlich nicht deine Leistungen überprüfen., erwiderte er mit stummen Sarkasmus. Hauptsächlich die jungen Männer waren bei der Hexe. Ihre nackten Oberkörper waren mit rituellen Symbolen bemalt und er erkannte Harpunen und Netze in ihren Händen.
»Was hat euch aufgehalten?«, fragte die Hexe freundlich. »Was meinst du?«, brummte James. »Es ist schon eine Weile her, seit ich Lara auf der Straße begegnet bin. Die Nacht, in der ich dir zuletzt erschienen bin, Bardunov, schon einige Wochen.«
»Ich bin erst seit gestern in der Stadt. Damit liegt das wohl an mir.«, mischte sich Lara entschuldigend ein. Auch sie machte sich ihre Gedanken über die scharfen, langen Spieße und die mit Widerhaken versehenen Netze, die Sarinas Männer für die Jagd bei sich hatten.
»Oh. Dann herzlich Willkommen in Charleston, Mädchen. Hast du dich schon eingelebt?«, erkundigte sich die Hexe fürsorglich. James hasste es. »Nicht wirklich. Aber es wird schon werden.«, gab Lara zu und versuchte sich auf Sarina zu konzentrieren.
»Was willst du, Hexe?«, ging James möglichst unfreundlich dazwischen. »Du willst uns doch nicht nur sehen, um uns hier willkommen zu heißen und zum Fischen seid ihr auch nicht hier, aye? Was brauchst du?« Sarina schmälerte die Augen.
»Hat das mit meiner Vision zu tun?«, wollte Lara wissen. »Du hattest eine Vision, Mädchen?«, fragte Sarina. »Ja, wir waren hier am Strand und du und deine Männer wart auch da und dann hat mich etwas ins Wasser gezogen.«, erzählte Lara.
»Ins Wasser gezogen? Hm…«, brummte Sarina wissend. »Erkläre es ihr Hexe.«, verlangte James, der bereits ahnte, was für eine Nacht heute für die Yakush war und warum Sarina so dringend Kontakt zu ihnen aufnehmen wollte.
»Es ist die erste Nacht des sechsten Vollmondes im dreizehnten Jahr.«, fing Sarina an. James polterndes Stöhnen unterbrach sie. »Aye. Die Nixhatz steht an. Ich wusste es. Das geht nicht. Daran wird Lara keinesfalls teilnehmen. Das ist zu früh, Hexe.«, ergänzte er sofort.
»Nixhatz?«, wiederholte Lara. »James hat auch schon von Nixen gesprochen, als ich ihm von meiner Vision erzählt habe.« »Die Hatz ist der Grund, warum ich euch sehen wollte. Bardunov hilft uns nicht zum ersten Mal. Er kennt die Prozedur.«
»Die grausame Prozedur!«, betonte er. »Was kümmert es dich? Du hast keine Seele, Bestia.«, erinnerte Sarina ihn kalt. »Erkläre es ihr, Hexe.«, verlangte James nochmals. Lara runzelte die Stirn über die beiden.
»Ist das Teil meiner Aufgabe?«, fragte sie. »Nein.«, erwiderten James und Sarina gleichzeitig. »Es ist Teil meiner Aufgabe und - Seiner.«, wies Sarina mit dem Kinn auf James. »Aber es wäre von Vorteil, wenn wir auch deine Unterstützung hätten.« »Was müsste ich denn tun?«, wollte Lara sogleich wissen.
»Keinesfalls! Sie ist noch nicht soweit.«, knurrte James. »Du sorgst dich umsonst, Bardunov. Lara wird mir helfen.«, versuchte die Hexe ihn für diese irrwitzige Idee zu gewinnen. »Du verstehst nicht, Sarina, in ihrer Vision wurde Lara unter Wasser gezogen, wenn es ein Nix an Land schafft…«
Ungeduldig schnalzte Sarina mit der Zunge. »Du weißt so gut wie ich, dass Visionen nur eine mögliche Zukunft aufzeigen. Was Lara sieht, muss sich nicht bewahrheiten.« »Ich halte mich einfach vom Wasser fern. Das war doch ohnehin unser Plan. Außerdem habe ich eine Axt.«, schlug Lara vor. In ihren Augen blitzte Abenteuerlust.
Du machst dir keine Vorstellung, mein Herz. Das ist nicht nur ein Abenteuer., warnte er sie. Oh bitte, James. Ich bleibe direkt an Sarinas Seite., flehte sie stumm. »Aye. Jagen wir Nixen.«, brummt James schließlich geschlagen.
Aufgeregt klatschte Lara in die Hände. »Was müssen wir tun?« »Warten.«, erklärte Sarina. »Warten? Das klingt nicht besonders aufregend.«, murmelte Lara. »So ist die Jagd. Das lässt sich nicht erzwingen, Bonnie. Das erfordert Geduld.«
»Hör‘ auf die Bestia. Er war immer ein großer Jäger«, forderte die Hexe und grinste listig. »Hier sind sie nicht. Vielleicht in der nächsten Bucht.«, sagte sie dann und setzte sich in Bewegung.
»Die Weibchen bleiben im Wasser zurück, während die Fischmänner an den Strand müssen, denn dort hinten, in einem der Wäldchen, wächst eine wilde Franklinia alatamaha mit blauvioletten Blüten. Die einzige weit und breit.«, erklärte Sarina bedeutungsvoll.
Lara runzelte die Stirn. Eine – in blau?, fragte sie sich. »Ein seltener Strauch.«, warf James ein. »Ich weiß. Die Baumwollzucht schädigt diese Pflanzen. Ein Pilz. Es gibt nur noch wenige. Aber normalerweise blüht sie weiß.«, erwiderte sie.
»Das ist der letzte farbige Strauch, den ich hier in der Gegend kenne. Alle dreizehn Jahre verwelken seine Blüten nicht, sondern bilden Früchte aus und diese Früchte ziehen die Nixen bei Vollmond magisch an und das Nutzen wir.«, erläuterte Sarina.
»Nutzen? Wozu?«, hakte Lara nach. »Weißt du, Mädchen, meine Zauberkraft…« »Die Hexe braucht Schuppen einer Nixe, um ihre Kräfte zu erhalten.«, unterbrach James unhöflich, bevor Sarina Gelegenheit hatte etwas an dieser Sache schön zu reden.
Im Gegensatz zu den hinterhältigen Meerjungfrauen, die von jeher Seemännern nach dem Leben trachteten, waren Nixen friedliebende und scheue Wesen, die nur die Ordnung in den Weltmeeren aufrecht hielten und den Lebensraum für alle Meeresbewohner schützten.
Ein unregelmäßiges gurgeln in den Fluten erregte James Aufmerksamkeit. »Hexe, Jaro soll einen Flimmerpfeil werfen.« Die Hexe blieb kurz stehen. »Flimmerpfeil?«, fragte Lara unterdessen. »Die Pfeile sind präpariert, dass Wasser leuchtet kurz auf.«, erklärte James, als der Pfeil bereits über und dann ins Wasser schoss.
Lara traute ihren Augen nicht. Kurz offenbarte das weiß- bläuliche Licht große Fischschwänze und sich windende geschuppte Leiber, die auseinanderstoben und nach Deckung suchten. »Unglaublich.«, stieß sie hervor. »Sie sind früh dran. Eigentlich dachte ich, dass sie sich erst morgen Nacht blicken lassen.«, ließ Sarina sie wissen.
»Hier ist nah genug für euch, Hexe.«, entschied James. Seine Augen lagen weiter auf den schwarzen Fluten. »Natürlich, Bardunov. Näher müssen wir nicht ans Wasser. Sieh zu, dass du zu den Anderen kommst.«, verlangte Sarina von ihm und stellte ihren Beutel ab.
Was tut sie da nur?, fragte sich Lara unterdessen. Sie reinigt den Ort und wird dann die notwendigen Utensilien in Reichweite auslegen., erklärte James ihr stumm. »Nimm meine Axt auch noch. Pass auf dich auf. Bleibe bei Sarina.«, sagte er dann eindringlich. »Das tue ich.«, versprach Lara und nahm seine Waffe. Ich liebe Dich, James., ergänzte sie in Gedanken.
Das tue ich., hörte sie noch seine Antwort, dann war er weg. Verblüfft starrte Lara ihm hinterher. Sie war sich zwar sicher, dass James tiefe Gefühle für sie hatte, aber gesagt hatte er ihr das bisher noch nicht.
Er wollte sie schützen, auch vor sich selbst und hielt sich nicht für den richtigen Partner. Sein zögerliches Geständnis wunderte sie. Lara zupfte sorgsam das Halstuch zurecht, das James Biss verbarg. Sie selbst sah das vollkommen anders. Er wäre der Mann, mit dem sie ihr Leben verbringen wollte.
»Was geschieht jetzt?«, fragte sie Sarina, die fertig war mit ihrem Aufbau und hielt sich erschrocken die Ohren zu, als ein schriller Ton die Nacht zerriss. »Was war das?«, fragte Lara erschrocken und blickte zu den Männern, die sich Befehle zuschrien und am Ufer verteilten.
»Wir müssen sie zusammentreiben.«, rief Sarina gegen die gellende Geräuschkulisse an. »Was? Wie?«, erwiderte Lara und suchte den Strand nach James ab. »Harpunen! Sie verursachen kreischende Töne, wenn sie auf das Wasser treffen.«, antwortete Sarina.
Lara entdeckte James. Er schnappte sich eins der Netze und schleuderte es ins Wasser. Harpunen und Flimmerpfeile fuhren daneben in die Wellen. Weitere Netze folgten.
Ein Mann schrie auf, als ihn etwas rücklings in die Fluten riss. Er verschwand in Sekunden schnelle. »Janosch! Nein!«, keuchte Sarina erschüttert und griff ihr Amulett. »Hol‘ ihn, Bardunov!«, hörte sie den Befehl der Hexe. Eine Pause entstand. »Dann solltest du schnell handeln!«, schnappte Sarina kalt.
Was? Das konnte sie doch unmöglich von James verlangen?! Lara blickte zu ihrem Vampir, der ein Netz aus der Brandung zog und sich damit ohne zu zögern in die schäumenden Fluten warf. Kreischende Harpunen folgten ihm. Flimmerpfeile offenbarten silbriges Wogen und schlammiges Wallen.
Schockiert hielt Lara die Augen auf dem Meer, doch James blieb verschwunden. »Sarina, James…« »Die Bestia wird überleben.«, brummte die Hexe, aber das überzeugte Lara nicht. Auch Sarinas Männer hielten Inne und starrten in die Fluten.
»Ich werde jetzt nach ihm sehen!«, entschied Lara. »Du bleibst!«, hielt Sarina sie zurück. »Ich habe zwei Äxte, ich werde…«, etwas in der Dunkelheit hinter der Hexe erregte Laras Aufmerksamkeit.
»Mein Cousin ist wichtig für den Stamm. Er muss gerettet werden.«, hörte sie die Hexe sagen, aber mehr interessierten Lara die Staturen, die sich aus dem Schutz der Nacht schälten. Es waren Männer. Ihre Haare lang und hell, ihre Oberkörper nackt und muskulös, ihre Haut grau, ihre Augen – unnatürlich starr und unmenschlich.
»Sarina? Wer sind die? Sind das etwa die Männchen?«, fragte Lara zögerlich, als die seltsamen Figuren jetzt eindeutig schneller auf sie zu kamen. »Große Mutter, sei uns gnädig!«, murmelte Sarina und rief ihren Männern etwas in ihrer Muttersprache zu.
»Das sind die Männchen.« »Sollten die nicht im Wasser sein?« »Nimm besser deine Äxte hoch, Mädchen.«, raunte Sarina. Das ließ Lara sich nicht zweimal sagen. Fest umspannte sie die Waffen, als die Fischmänner, ohne ihr Tempo zu mindern, auf sie zu hielten.
Als der erste Nix nah genug war, streckte Lara beide Arme von sich und drehte sich. Die scharfen Schneiden sausten durch den Wind. Der Nix wich zurück, doch Andere ließen sich nicht abhalten.
Sie kommunizierten mit lauten, langgezogenen Klängen und Lauten, agierten überraschend behände, dafür, dass sie im Wasser lebten und umringten Lara in Sekunden.
Sie hörte Sarinas Männer, sah, dass auch sie sich auf die Nixen warfen und schwang selbst die Äxte, um sich die Fischmänner vom Leib zu halten, die sie immer weiter Richtung Ufer drängten.
Einer erwischte eine der Äxte, Lara wollte sie ihm nicht überlassen, doch der Nix zog sie ihr mühelos aus der Hand und schleuderte sie fort. Panisch griff Lara die verbliebene Waffe fester, doch das half ihr nichts. Kalte, schwammige Finger griffen nach ihrem Oberarm. Sie wurde kurzerhand entwaffnet. Wild schrie sie auf, als die Fischmänner sie einfach mit sich schleppten.
Lara rief ihr Schild, trat wild um sich, wurde erneut gepackt. Schlug, kratzte, biss. Nach Leibeskräften wehrte sie sich, starrte in Mäuler mit vielen messerscharfen Zähnchen und zappelte noch wilder, als sie das Wasser erreichten.
»James!«, rief sie panisch. Ihr Kopf flog herum, aber Lara sah ihn nicht. Offenbar hatte er es nicht wieder aus dem Wasser geschafft. »James, hilf mir!«, schrie sie dennoch aus Leibeskräften gegen das Tosen der See an.
Erneut platzte ihr Schild aus ihr heraus, doch die wenigen Sekunden, die sie nicht gefangen war, genügten nicht, um zu entkommen. Emotionslos nahmen die Fischmänner sie mit sich. Ihre Vision drohte Wirklichkeit zu werden.
Im Wasser wandelten sich der Unterleib ihrer Entführer, verwuchs zu einem schuppigem Schwanz mit Flossen und Finnen. Lara kämpfte weiter, wand sich, strampelte, versuchte zu entkommen, schluckte Wasser, als salzige Wogen wieder und wieder über ihr zusammenschlugen. Gnadenlos zogen die Nixen tiefer ins offene Meer.
Laras Lungen brannten. Sie verlor die Orientierung und würde das Bewusstsein verlieren. Etwas riss sie in eine Richtung. Lara glaubte zu fühlen, dass sie losgelassen wurde, dass sie erneut gepackt wurde. Am Fußgelenk, so wie in ihrer Vision.
Halte durch, mein Herz., glaubte sie James Stimme zu hören. Sie wehrte sich nicht mehr, sie erwartete den Tod.
James fühlte das brennende Salzwasser in den Bisswunden nicht mehr. Auch, dass Sarina ihn vernichten würde, war ihm egal. Laras Gedanken waren verstummt. Er hatte Janosch nicht retten können, aber eine geschlechtsreife Nixe war ihm ins Netz gegangen.
Als er sie auf den Strand schleppte, sah er gerade noch, dass die Fischmänner Lara mit sich ins Wasser zerrten. Also hatte er Sarinas Männern die Nixe vor die Füße geworfen und sich sofort wieder in die Fluten gestürzt, um seinen Rotschopf aus den Fängen der Wassermänner zu befreien.
Doch als er ihrer endlich habhaft wurde, verstummten Laras Gedanken. James durchbrach die Wasseroberfläche und trug sie den Strand hinauf. »Hexe!«, rief er ohne auf das vor sich gehende Chaos zu achten.
Ein Teil der Yakush bewachte noch immer das Ufer, damit keiner der Nixen an den Strand kommen konnte, und der Rest der Männer schützte Sarina, die noch immer damit beschäftigt war, der Nixe Schuppen aus dem lebendigen Leib zu schälen.
»Sarina! Sie atmet nicht. Was soll ich tun?«, knurrte er verzweifelt. Die Yakush hatten die gefangene Nixe weitgehendst aus dem mit scharfen Haken gespicktem Netz geschält und auf dem Boden fixiert. »Sie braucht Luft. Beatme sie. Das Wasser muss aus Magen und Lunge!«, erwiderte die Hexe und ignorierte ebenso kalt wie er den gellenden Schrei der Nixe, als die Knochenklinge in die Fischhaut schnitt.
Ohne zu zögern setzte James seine Lippen auf Laras und blies ihr seinen toten Atem in die Lunge. Einmal. Zweimal hob sich der Brustkorb. Im nächsten Augenblick bäumte sich ihr Körper auf. James fiel ein Stein vom Herzen, als sie sich die Seite drehte, hustete und Wasser erbrach.
»J- James.«, brachte sie keuchend hervor. Wo bin ich? Was ist ge – die Nixen. Der Strand… Er war unglaublich dankbar, wieder ihre Gedanken zu hören. »Ganz ruhig, mein Herz. Ich bin hier.«, raunte er leise und zog sie an sich, als der nächste wilde Schrei der Nixe die Nacht zerriss.
»W- Was war d- das d-denn?«, fragte Lara und versuchte sich aufzurichten. Die Panik, das kalte Wasser und der Wind ließen sie zittern. »Die Hexe hat noch nicht alle Schuppen zusammen.«, brummte James. »Ihr habt Eine? Was meinst du?«, hakte Lara zähneklappernd nach.
Dann erinnerte sich Lara, dass James erwähnt hatte, dass die Prozedur schmerzhaft wäre. »Ich will sie sehen!«, sagte Lara sofort und rappelte sich hoch. »Ich denke nicht, dass du das sehen willst.«, antwortete James gelassen, aber half ihr dennoch auf.
»Haltet sie fester!«, schalt Sarina in diesem Moment die beiden Männer, die bei ihr waren und beugte sich erneut über die sich windende Gestalt in dem Netz zu ihren Füßen.
Lara traute ihren Augen nicht, als sie das Wesen halb Mensch, halb Fisch sah. Tanggrünes langes Haar, weitaufgerissene starre Augen in unnatürlich großen Höhlen, fahle weiße Haut und ein schillernder, zum Teil blutender, sich windender Fischschwanz.
Die Wunden sahen schrecklich aus. Schockiert starrte Lara auf die vielen Haken, die in das Netz geknüpft worden waren und die seltsame Klinge, die Sarina in ihrer Hand hatte. »Geht’s dir gut, Mädchen?«, fragte Sarina besorgt. »Ja. Alles in Ordnung.«, sagte Lara und rieb sich die Arme.
James legte ihr eine Decke um die Schultern, die Lara dankbar enger um sich zog. »Die Nixe ist genau richtig. Sie ist gerade geschlechtsreif. Man erkennt es an ihren geröteten Geschlechtsorgangen.«, teilte die Hexe ihr Wissen mit ihr und setzte die Klinge erneut an. Gequält schrie die Nixe auf, als Klinge in den zähen fuhr. »Oh mein Gott!«, keuchte Lara leise und biss sich auf die Lippe, als Sarina mit einem Ruck die Schuppe aus der Fischhaut zog.
Ich will hier weg. Sofort., dachte Lara erschüttert und barg ihr Gesicht an James Brust. Ihr Magen zog sich zusammen und trotz der Decke wurde ihr nicht mehr wärmer. »Die Heilsbringerin ist nass und friert. Ich werde sie jetzt nach Hause bringen. Du brauchst uns hier nicht mehr.«, stellte James fest.
»Du könntest den Männern noch helfen. Die Nixen…« »Aye. Ich habe mehr als genug getan. Guten Abend, Hexe.«, unterbrach James sie resolut, hob Lara auf seine Arme und ging mit ihr davon.
Das Training mit James hatte es in sich gehabt. Aber, dass ihre Muskeln dermaßen stachen lag sicher in erster Linie an der Nixjagd. Es kostete sie fast Kraft, beim Frühstück die Kaffeetasse ruhig zu halten.
James hatte sie ohne Umschweife nach Hause gebracht. Hätte er sie nicht gerettet, wäre sie mit Sicherheit ertrunken. Lara war ihm unglaublich dankbar dafür und hatte mehrfach beteuert, dass sie das nächste Mal ganz sicher auf ihn hören würde, denn was sie gestern erlebt hatte, war alles andere als eine angenehme Erinnerung.
Ihre Finger bebten noch immer, wenn sie an die Geschehnisse zurückdachte. Wegen dem, was ihr zugestoßen war und dem, was Sarina der Nixe angetan hatte. Zwar hatte Lara unter vier dicken Decken geschlafen und ein heißes Bad genommen, aber noch immer das Gefühl, sie würde frieren. Gott sei Dank war sie nicht krank geworden. Sie hätte nicht gewusst, wie sie das Alex hätte erklären sollen.
Nachdem Alex gegangen war, versuchte Lara sich auf ihre Geschäftsidee zu konzentrieren und beschäftigte sich eingehend mit der Frage, wie man sich unter Menschen verstecken konnte. Sie setzte sich dazu in den Salon, doch dort verfolgten sie die grausigen Schreie der Nixe, also sattelte sie Krösus und ritt in die Stadt.
Sie wollte nochmals zu dem dunklen, hohen Gebäude, das sie vielleicht bald ihr Eigen nannte, und überlegte dabei angestrengt, wann man in der Gesellschaft anderer Menschen ungestört war.
Sie verstand natürlich, dass ihr Versteck, verbunden mit einem öffentlich zugänglichen Geschäft, vollkommen unauffällig sein könnte, da Menschen einund ausgehen würden. Aber deswegen konnte sie auch keine Drogerie oder ein Caféhaus eröffnen. Letzteres gab es bereits in unmittelbarer Nähe.
Sie rief sich die Gegend in Erinnerung. Was könnten die Menschen dort aufsuchen wollen? Ein Theater gab es bereits. Ein weiteres würde wenig Sinn machen, ganz abgesehen davon, dass sie keine Ahnung hatte, wie man so etwas managen sollte. Nein. Was auch immer sie machte, musste mit Handel zu tun haben, nur das traute sich Lara zu.
»Du solltest nicht so viel grübeln, das macht nur Falten, Mädchen.«, hörte Lara plötzlich eine Frau sagen und blickte auf. »Sarina, guten Tag.«, erwiderte Lara und verdeckte unauffällig James Bisswunde mit ihrer Hand. Sie hatte nicht damit gerechnet die Hexe so schnell wiederzusehen und jetzt wusste Lara nicht, wie sie damit umgehen sollte.
»Seid ihr gestern…hast du alle Schuppen bekommen?«, fragte sie schließlich zögernd. »Das habe ich. Auch wenn Janosch ein großer Verlust ist. Er war ein wichtiger Mann für meinen Stamm. Dir geht es gut, Mädchen?« »Danke, ja. James hat mir sicher nach Hause gebracht. Er hat mir das Leben gerettet.«
»Keiner konnte damit rechnen, dass die Wassermänner bereits an Land waren. Die Umstände waren schwierig. Gut, dass Bardunov da war, um zu helfen.«, räumte Sarina ein. Lara nickte. »Ohne seine Unterstützung hätte ich sicher schon gegen den Wiedergänger alt ausgesehen.«
»Das mag sein.«, antwortete Sarina und musterte sie. »Samstagnacht feiern wir die erfolgreiche Nixhatz. Außerdem den Geburtstag meines ältesten Sohnes. Kommt vorbei. Sag Bardunov, er muss nichts befürchten, da er dich gut behandelt.«, versicherte Sarina ihr. Lara nickte und zog den Kragen ihrer Bluse noch etwas höher.
»Wir - ich werde versuchen zu kommen. Mein Ehemann soll von Alledem nichts mitbekommen. Daher weiß ich nicht mit Sicherheit, ob ich mich davonstehlen kann.«, sagte Lara entschuldigend.
»Du musst einen dauerhafte Ausrede finden für dieses Problem. Sag doch, dass du des Nachts von Zeit zu Zeit bei den barmherzigen Schwestern aushelfen wirst oder im Waisenhaus, um zu lernen mit kleinen Kindern umzugehen. Auch wenn ich an deiner Aura erkenne, dass du den Trank richtig eingenommen hast, könnte das als Ausrede dienen.«, riet Sarina ihr listig und traf damit den Nagel auf den Kopf.
»Du hast vollkommen Recht, Sarina. Ich werde mir etwas überlegen.«, stimmte Lara zu ohne weiter zu erwähnen, dass sie bereits an einem Versteck für James und sich arbeitete. »Gut. Dann sehen wir uns am Samstag, Mädchen.«, verabschiedete sich die Hexe und tauchte in der Menge unter, bevor Lara etwas erwidern konnte.
Es war bereits früher Abend als sie nach Hause kam. Aus dem Salon hörte sie Stimmen. Zuerst beschleunigte sie erfreut ihre Schritte, da sie hoffte, Tristan wäre zu Besuch. Doch nicht ihr Bruder war gekommen, sondern Alex‘ Bruder Christian. Schnell senkte Lara den Blick, um ihre Enttäuschung zu verbergen und ging den beiden Männern Gesellschaft leisten.
Lara verhielt sich so vorbildlich und sittsam, wie ihr nur möglich, aber auch das brachte ihr nur missbilligende Blicke von Chris ein. Daher ignorierte sie ihn genauso wie Alex‘ nochmalige Bitte doch endlich bei ihm im Ehebett zu schlafen und schlug auch die eine Einladung zum gemeinsamen Abendessen im Grand Hotel aus.
Bevor die Männer aufbrachen, ließ Alex sie noch wissen, dass er entschieden hatte, am Freitag mit seinem Bruder nach Russels Hall aufzubrechen, um dort das Wochenende zu verbringen. Das war Lara nur recht und da ihr Ehemann scheinbar nicht davon ausging, dass Lara ihn begleiten wollte, denn Alex fragte nicht, ob sie mit ihm kommen wollte, war sie noch nicht einmal gezwungen, ihm eine Absage zu erteilen.
Lara hatte James seit der Nixjagd nicht gesehen, aber eine Nachricht von ihm hatte sie gefunden. Seinem Wunsch entsprechend, wartete sie zurechtgemacht in einem eisgrauen Abendkleid am Gartentor auf ihn. Überraschenderweise kam er zu Fuß.
»Wo haben sie ihr Pferd gelassen, Mylord. Hat es sie abgesetzt?«, raunte Lara leise lachend. »Es hat heute frei, mein Herz.« »So?« »Aye. Wir brauchen es nicht, wir haben einen Termin mit Eugen Gilbert.« »Wer ist das?« »Ein Zwielichtiger Spieler, dem die Immobilie gehört, für die du dich interessierst. Du siehst ganz bezaubernd aus, mein Herz.«, schloss er und küsste galant ihre Hand, bevor er sie in seiner Armbeuge barg.
Er war jagen gewesen und ihr Blut duftete noch verlockender als sonst. »Hast du die Nixjagd gut überwunden?« »Einigermaßen. Es war schon sehr erschreckend. Sarina habe ich gleich am nächsten Tag in der Stadt getroffen.« »Was wollte die Hexe?« »Sehen, wie es mir geht.« »Es war zu früh. Du hättest nicht dabei sein dürfen.«, brummte James.
»Jedenfalls hat sie uns eingeladen. Wir sollen Samstagnacht zum Lager kommen. Ihr ältester Sohn feiert Geburtstag. Sie sagte, dass ich dir ausrichten soll, dass du nichts zu befürchten hättest.«, erzählte Lara. »Aye. Aber erst: Das Bates und Son.«, entschied James und half ihr in eine Droschke, die er gestoppt hatte.
»Das heißt wir treffen wirklich diesen Gilbert?«, fragte sie aufgeregt. James Augen funkelten. »Aye. Er soll heute Abend im Casino spielen.«, eröffnete er ihr, als die Kutsche anfuhr. »Wir gehen ins Casino!?«, fragte Lara und klatschte aufgeregt n die Hände. »Aye, Mylady.« »Großartig! Und wie wollen wir ihm unser Angebot unterbreiten?« »Gar nicht.« »Gar nicht?«
»Ich werde versuchen mit ihm darum zu spielen. Wenn er das Gebäude an mich verliert, dann müssen wir den Besitz nur noch auf deinen Namen umschreiben lassen.«, erklärte James und Lara schaute ihn überrascht an. »Kein Notar? Kein großes Aufsehen?« »Aye. Nichts von alledem.« »Das wäre perfekt.«, rief Lara und küsste James glücklich.
James genoss ihre Liebkosung und zog sie dichter an sich. Der Moment, in dem er ihre Gedanken nicht mehr gehört hatte, war zu schrecklich gewesen. Die Vorstellung, sie nicht mehr um sich zu haben, Sekunden blanker Folter.
»Wo ist dein Mann heute Abend?«, fragte er. »Er ist bereits zu Bett gegangen. Er muss am Freitag nach Russels Hall für ein paar Tage um Unterlagen zu holen für seine Anstellung.«, erklärte Lara grinsend.
»Tatsächlich? Und er hat dich gar nicht gefragt, ob du ihn begleiten willst? Lässt dich einfach allein in dieser großen, gefährlichen Stadt?«, raunte er und sog den Duft ihres Haares ein. »Einen besseren Beschützer als dich, könnte ich mir kaum wünschen.«, erwiderte Lara und fühlte, dass er zärtlich ihr Haupt küsste.
»Ich bin schon so aufgeregt wegen unseres Verstecks. Die Anschaffungen werden vielleicht gar nicht so teuer. Was die Möbel für meine Wohnung kosten werden weiß ich zwar nicht, aber…« »Lass mich das erledigen, mein Herz.«, unterbrach er sie. Fragend blickte sie ihn an.
»Da ich die meiste Zeit in der Wohnung verbringen werde, ist es nur fair, wenn ich auch für die Einrichtung aufkomme.«, erklärte James und musste fast lachen, weil die Vorstellung, wieder mit einer Frau zusammen zu leben und noch dazu einer Heilsbringerin, seltsam ungewohnt für ihn war.
James war ohnehin schleierhaft, wie sie sich in sein untotes Herz gestohlen hatte. Eigentlich hätte er sich gar nicht in sie verlieben dürfen. Ihre Beziehung hatte – nüchtern betrachtet – keine Zukunft, auch wenn Lara keinen Gedanken daran verschwendete. Seine Liebste war in jeder Hinsicht euphorisch.
»Hast du denn inzwischen einen Plan, was du mit dem Gebäude machen wirst?«, erkundigte sich James. Lara schüttelte frustriert den Kopf. »Sarina hat Vorgeschlagen, dass ich mich bei den barmherzigen Schwestern melden könnte.« »Du hast mit der Hexe darüber gesprochen? Auch über uns?«
»Nein.«, beruhigte Lara ihn sofort. »Aber auch sie hat mich auf diese Notwendigkeit aufmerksam gemacht. Aber was ich damit mache…? Vielleicht fällt mir etwas ein, wenn ich es von Innen sehe.« Das Casino kam in Sichtweite und die Kutsche hielt an. »Darf ich bitten, Mylady.«, charmant half James Lara aus dem Gefährt und sie betraten das Casino.
Die Einrichtung traf nicht genau Laras Geschmack, aber dennoch beeindruckte Lara das Innere des Vergnügungstempels. Große Lüster tauchten den Saal in stimmungsvolles Licht. Überall standen Menschen in Gruppen um Spieltische herum, lachten, unterhielten sich. Zwischen ihnen Kellner, die emsig servierten und Bestellungen entgegennahmen und ein Quartett, das belebte Musik spielte.
»Mach den Mund zu, mein Herz. Du starrst.«, rügte James sie zärtlich und gab ihr ein Glas Brandy. »Entschuldige, aber ich bin das erste Mal hier. Wo finden wir Gilbert?«, sammelte sich Lara. Es dauerte nicht lange und sie hatten Eugen Gilbert ausfindig gemacht. Er war untersetzt und hatte braunes, schmalziges Haar.
James nahm sich ein paar Runden Zeit und studierte seinen Gegner und setzte sich schließlich selbst an den Tisch. Lässig griff er in seine Brusttasche und zählte offensichtlich Geld von einem dicken Bündel ab. Die anderen Spieler, besonders Gilbert, bekamen sofort Stielaugen.
Um Gilbert und auch die andern bei Laune zu halten verlor James vorerst. Sein Geld war fast weg und er zückte erneut sein Bündel und zählte großzügig Scheine auf den Tisch. Natürlich fragte sich Lara unwillkürlich, wieviel Geld James eigentlich besaß. Ihr Liebster zwinkerte ihr lediglich zu.
Alles nur Show, Bonnie. Jetzt machen wir ernst., sagte er stumm und Lara verstand, was er damit meinte, als er den anderen Spielern Runde für Runde sein Geld wieder aus der Tasche zog.
Die Herren am Tisch wurden zusehends nervöser. Eugen Gilbert nicht. Er war Vollblutspieler. Er wollte das viele Geld haben, dass er bei James gesehen hatte, und ging weiter mit. Dann verlor, verlor wieder und gewann immer seltener, aber James wusste ihn bei der Stange zu halten.
Damit werden wir gewinnen, mein Herz, dachte James, nachdem er seine neuen Karten gesehen hatte. Lara kreuzte aufgeregt die Finger, als die Einsätze nach oben gingen. Scheinbar war ihr Vampir sich sicher, dass Gilbert sein Blatt nicht toppen konnte. Dennoch bluffte James und zögerte einen Augenblick, bevor er mitging.
Da witterte der kleine Mann seine Chance. Er wollte das Blatt unbedingt sehen, obwohl er kein Geld mehr zur Verfügung hatte. James Miene hellte sich unmerklich auf. Du bekommst deine Lagerhalle., dachte er. Was? Woher weißt du…, erwiderte Lara stumm und unterdrückte ein Keuchen.
»Mylord, leider habe ich kein Bargeld mehr bei mir. Aber: Ich möchte ihnen gerne einen Handel vorschlagen, wenn sie einverstanden sind?«, fragte er. Seine Gedanken, Bonnie., erinnerte James sie knapp, bevor er Gilbert mit einem Nicken aufforderte fortzufahren. »Bitte.« Das ist unglaublich, James! Du hast es geschafft!, hörte er ihre stille Freude.
Lara platzte fasst vor Glück. »Ich besitze eine Lagerhalle hier in der Nachbarschaft. Das Gebäude ist nichts wert, aber der Schätzwert des Grundes entspricht in etwa dem fehlenden Einsatz.«, erklärte Gilbert und Lara bekam weiche Knie, als er in seinen Revers griff.
»Hier habe ich Besitzurkunde und den Leumund der Stadt. Wenn sie einverstanden sind, setze ich beides.«, schloss er und übergab die Dokumente dem Croupier, der Gilberts Aussage bestätigte. James zögerte noch einen Moment, als Gilbert nachsetzte: »Bitte, Mylord. Ich will sehen.« »Aye.«, nickte James dem Croupier zu und legte seine Karten auf. Trickser, dachte Lara schmunzelnd. Natürlich, mein Herz, war James‘ prompte Antwort.
Eugen Gilbert verlor augenblicklich jegliche Gesichtsfarbe. »Das ist unmöglich!«, jammerte er und sah dem Haufen Geld und der Besitzurkunde, samt den Schlüsseln für das Gebäude hinterher, als James alles einsteckte und aufstand. Aber er verhielt sich wie ein Gentleman.
Lara strahlte als sie wenig später das Casino verließen. Am liebsten wäre sie James gleich drinnen vor allen Leuten um den Hals gefallen. Sie wollte tanzen. Sie wollte springen vor Glück. »Das war fantastisch! Nie hätte ich gedacht, dass er das Grundstück tatsächlich hergibt, James. Du hast gewonnen! Das Gebäude gehört wirklich dir!«
»Es gehört nicht mir. Es gehört dir, mein Herz.«, sagte James lachend und drehte sie an seinem Arm im Kreis. Ihre wunderschönen Augen strahlten ihn an. »Danke, James! Wie kann ich dir dafür danken?«, fragte sie. Er küsste sie zärtlich. »Mir fallen da schon ein paar Sachen ein.«, raunte er an ihren Lippen und Lara kuschelte sich an ihn. »Jederzeit, James.«, erwiderte sie bereitwillig.
»Ganz schön kokett, Bonnie.«, grinste er und erntete ihr Stirnrunzeln. »So hast du mich schon öfter genannt, was bedeutet das?« »Es ist ein schottischer Ausdruck. Er bezeichnet ein hübsches Ding, wie du es bist. Willst du noch einen Blick in dein neues Haus werfen, bevor ich dich nach Hause geleite.«, fragte er und klimperte mit dem Schlüsselbund vor ihren Augen. Das wollte Lara sich nicht nehmen lassen.
»Du hast nicht übertrieben. Es ist groß.«, sagte James, als er wenig später die maroden Türen zu Bates & Son aufstieß. »Die Ratten verschwinden, wenn es hier belebter ist.«, beruhigte er sie, denn einige der hässlichen Nager suchten im Lampenschein das Weite. Langsam folgte Lara ihm nach drinnen, blickte nach oben und versuchte im Dunkeln die Decke zu sehen.
»Und? Was denkst du?«, wollte er wissen. Lara klatschte in die Hände. »Es ist großartig. Was meinst du? Könnte man einen weiteren Stock einziehen lassen?«, überlegte sie und drehte sich im Kreis. Teilweise stand altes Gerümpel herum, Kisten und Bretter und sogar noch ein Stapel Särge.
»James! Es hat einen Keller! Sieh doch! Eine Treppe.«, rief sie, als sie eine Treppe am Ende der Halle entdeckte. Auch das Untergeschoß war riesig. Die Wände hier waren gemauert, damit die Feuchtigkeit draußen blieb.
James nickte zufrieden. Sicher wäre ein Zwischenstock kein Problem und hier unten könnten sie Trainieren oder den Raum als Lagerraum nutzen. »James!«, rief sie plötzlich aufgeregt. »Aye?« »Ich weiß jetzt, was wir daraus machen werden!«
Ihre weltfremde Idee entlockte James ein düsteres Grinsen. Ihr Einfall war weit weg von allem, was schicklich für eine Frau war. Weit entfernt von dem, was Lara Duvall war. So, dass man es niemals mit ihr in Verbindung bringen würde. »Ein Nachtclub also.«, fasste James ihre wildaufblühenden Gedanken zusammen.
»Ja! Etwas Stilvolles. Eine lange Bar, eine Bühne mit Klavier, Sitzgelegenheiten, Separees, eine Tanzfläche. Spiegel! Große Spiegel! Es muss lauschig und gemütlich sein. Vielleicht ein Billardtisch? Hübsche Mädchen, die den Herren der Getränke und Zigarren servieren, um den Verlust, den sie im Casino erdulden mussten, zu überwinden.«, malte Lara ihre geistigen Visionen auf.
»Du meine Güte, Vater verstößt und enterbt mich, wenn ans Licht käme, dass seine Tochter einen Nachtclub führt!«, stöhnte sie, als ihr Blick auf James fiel, der sie mit offenem Mund anstarrte. »Es gefällt dir nicht?«, stellte sie enttäuscht fest.
»Im Gegenteil. Ich finde die Idee großartig. Du hast ein gutes Gespür fürs Geschäft. Genau so etwas fehlt hier. Es sollte nur wirklich nie auffliegen. Das wäre ein Skandal! Die Frage ist jetzt nur, wie du das anstellen möchtest. Außerdem ist es mit der Einrichtung und dem Amüsement nicht getan, Bonnie.
Du brauchst einen Namen, ein Schild, Werbung, um auf den Club aufmerksam zu machen. Der Platz davor muss bepflanzt werden und mit Lampen versehen werden und das ist noch nicht alles.«, brachte James seine Anmerkungen an.