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Die letzte "intakte" Lebensphase war die Pubertät, mein Jugendalter. Punk-Rock, Skateboard und Alkoholkonsum. Statt glücklicher zu werden, zog ich mich zurück. Der Rückzug brachte mich in die Welt der Bücher und Philosophien. Ich fand mich in einer neuen Welt, ohne je hinein gewollt zu haben. Die Kapitulation zeigte sich in meiner Bereitschaft, mir professionelle Hilfe zu holen. Der Weg aus diesem Albtraum führte mich durch Scham, Schuld und Peinlichkeit. Einen Ausweg, wie ich ihn mir vorgestellt hätte, gab es nicht. Bevor ich da rauskam, gab es noch einiges zu erleben.
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Seitenzahl: 266
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Manusch Hadizamani wurde 1989 nähe München, als erstes von fünf deutsch-iranischen Kindern geboren. 2010 schloss er seine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker ab. Seit 2015 gibt er Kurse für Kinder und Jugendliche in den Bereichen Elektronik und 3D-Druck. Sein Leben ist geprägt von psychischen Krankheiten. Heute macht er eine Ausbildung zum Ex-In-Genesungsbegleiter.
Das Versprechen an mich selbst.
Vorwort: Ein Buch als Standbein
1.1 Das eigene Gefängnis
1.2 Und nicht mal berühmt
Das ist nur eine Phase
2.1 Keine Alternative
2.2 Immer ein Dorn im Auge
2.3 Die Nacht mit dem „King“
2.4 Der richtige Mensch am richtigen Ort
2.5 Sehr stolz
2.6 All die lachenden Gesichter
Du bist verloren
3.1 Der Sündenbock
3.2 Die letzte Gruppe
Wenigstens einen Rat
4.1 Die erste Überwindung
4.2 Verantwortung abgeben
4.3 Das Seil greifen
4.4 Dicke Decke aus Tabus
4.5 Alles richtig machen
Was bedeutet „krank“?
5.1 Der Tank ist leer
5.2 Villa Kunterbunt
5.3 Ein guter Tag oder nicht
5.4 Anwesend, doch nicht dabei
5.5 Sport fürs Hirn
5.6 Wie der Stößel im Mörser
Im Haus der Depressiven
6.1 Das Leben ist kein Ponyhof
6.2 Fenster in die Seele
6.3 Wie eine Rosine im Schweinebraten
6.4 Eine Art Bühne
6.5 Ein Tritt zwischen die Beine
Die Leiter in ungeahnte Höhen
7.1 Broken Home
7.2 Depressionen für Dummies
7.3 Papillon
7.4 Vergnügen und Freude
7.5 Frieden tanken
Eine richtig fette Manie
8.1 Magnet aller Aufmerksamkeit
8.2 Ich bin kein Baum
8.3 Cocktail im Kopf
8.4 Der göttliche Funke
8.5 Verzicht auf die Axt
8.6 Ihr seid so ernst!
Mit einem Fuß in der realen Welt
9.1 Gefangenschaft oder Freiheit?
9.2 Unmessbarer Ausflug
9.3 Schwerbehindert
Irgendwie durchstehen
10.1 Das Hilfe-Paket
10.2 Stille Verwirrung
10.3 Durch den Schmerz hindurch
Die magische Manie
11.1 Im inneren Körper
11.2 Übergang in andere Dimensionen
11.3 Ein sehr sensibles Gespür
11.4 Wie ein Kind im Kindergarten
11.5 Die neue Uhr
11.6 Undurchsichtig
11.7 Stadt-Ausgang
11.8 Zum Verrücktwerden
11.9 In einer anderen Sphäre
Offen im Kopf
12.1 Alles nur Materie
12.2 Total verrückt, aber Eier in der Hose
12.3 Tauchen auf den Grund der Seele
Mann mit Visionen
13.1 Echt chillig
13.2 Erleuchtung und Kontemplation
13.3 Das Abschreib-Projekt
13.4 Das Licht anziehen
13.5 Eisbrecher
Der saure Apfel
14.1 Irgendwie durchkommen
14.2 Ehrliches Ergebnis
Nachwort: Kein Happy End
15.1 Magnet verschluckt
15.2 Der bunte Hund
15.3 Alles perfekt
15.4 Perfekte Bühne im Kopf
15.5 Neues Selbstbewusstsein
15.6 Ohne Plan und mit Idee
15.7 Ich werde Freelancer
15.8 Was es noch gibt
15.9 Die Corona Absagen
15.10 Ex-In-Genesungsbegleiter
Lange Zeit habe ich darüber nachgedacht, ein Buch über meine Krankheitsgeschichte zu schreiben. Ich fragte mich, ob ich das erfahrene Leid einmal der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte, und ob mehr Gründe dafür als dagegen sprechen würden.
Zunächst einmal bin ich stolz, mein Versprechen mir selbst gegenüber eingehalten zu haben, und freue mich, wenn du Erkenntnisse aus meinem Buch ziehst. Da es doch einen großen Teil an privaten Fakten über mich verrät, wog ich vor der Entscheidung, es zu veröffentlichen, gründlich ab, ob es wirklich meine Schreibtischschublade verlassen sollte. Der Nutzen einer Veröffentlichung, vor allem für andere Betroffene, wog für mich jedoch schwerer, als wenn ich es für mich behalten hätte. Denn dann hätte es lediglich eine Art therapeutischen Effekt für mich selbst. Veröffentlicht macht es jedoch anderen Mut, schenkt Weisheit und bietet dir als Leser das Gefühl, mit deiner Geschichte nicht allein zu sein. In dem du dich als Leser mit dem vergleichst, was mir passierte, kannst du selbst neue Erkenntnisse erlangen. Entweder, indem du erkennst, was ich hätte besser machen können, oder indem du dein eigenes Verhalten überdenken kannst.
Nicht zuletzt soll das Buch dir auch helfen, wenn du selbst in einer schwierigen Situation steckst. Bücher boten mir oft im Leben ein wichtiges Standbein – besonders bei Themen, die man gerne erst einmal für sich selbst behält. In einem Buch las ich über einen anderen Menschen, der viel schwierigere Zeiten überleben musste. Zum einen lernte ich, wie man Probleme lösen kann, und andererseits realisierte ich, wie klein meine Probleme im Verhältnis zu schwierigeren Krisen anderer Menschen waren.
Ich möchte dich dazu einladen, einem in einer Großstadt lebenden jungen Mann auf seinem Weg durch eine tiefe Krise zu begleiten. Über eine Wegstrecke hinweg, die das ganze Leid seiner Krise erkennen lässt, jedoch auch so weit, dass er wieder gesund werden konnte und mit einem Jahr Verlängerung die Ausbildung zum IT-Systemelektroniker abschließen konnte.
Das Buch ist auch geschrieben für Menschen, die nicht wissen, ob sie psychisch krank sind, und erfahren wollen, wie es ist, den ersten Schritt zu tun und sich professionelle Hilfe zu suchen. Genauso gut ist das Buch geeignet für Angehörige, die möglicherweise ähnliche Fragen haben.
Im Normalfall ist es so, dass man ins Gefängnis gesperrt wird, weil man im Außen eine Gefahr für die Menschen ist und sich zu viele Freiheiten herausgenommen hat (frei zu stehlen, zu schlagen, zu töten). War man erst einmal so frei und wurde aufgrund dessen schuldig gesprochen, muss man lernen, dass man nicht so frei sein darf, solche schlimmen Taten zu gehen. Ich vergleiche meinen Weg deshalb mit dem eines Verbrechers, weil auch für mich die Welt schwärzer und dunkler wurde. So dunkel, wie es sich vielleicht im schlimmsten Gefängnis anfühlt, in welches man eingesperrt werden könnte. Lebendig begraben, könnte man sagen. So düster war es in mir, dass ich viele Versuche begann, um aus diesem Gefängnis auszubrechen.
Innerlich so eingesperrt, entschloss ich mich, zu einer Fachärztin zu gehen und mir helfen zu lassen. Mehrere Wochen vergingen. Ich blieb mit ihr in Verbindung, mal kam ich vor Ort in ihre Praxis und mal besprachen wir nächste Schritte am Telefon. Eine Depression braucht man ja nicht wie körperliche Krankheiten vor Ort zu behandeln. Nach einigem Bemühen, die Seele wieder gerade zu biegen, nahm ich noch mehr Hilfe in Anspruch. Ahnend, was der nächste Schritt sein könnte, begab ich mich zur Ärztin, welche mich weitervermittelte, dieses Mal ins Zentrum fürs Eingemachte, wenn es um den Geist geht, in die Psychiatrie.
Anhand der vielen Gespräche, in die ich dort involviert wurde, erhielt ich jedoch viel mehr Hoffnung als man sie in einem klassischen Gefängnis erhält. An diesem Ort spürte ich das erste Mal, dass ich eine Chance hatte, mein inneres Gefängnis wieder verlassen zu können. Mein Bewusstsein entführte mich noch an andere Orte, zu denen ich dich auch mitnehmen will. Sogar bis an einen Ort, an dem ich – sowohl im Innen als auch im Außen – kein Gefängnis mehr spüren musste.
Ich danke allen Beteiligten, die mir halfen, ob gewollt oder nicht, mich wieder frei zu fühlen, wie es zu der Zeit, an dem ich das Buch schreibe, möglich ist.
Ich bin mir bewusst darüber, dass ich keine Berühmtheit bin. Eine solche mag vielleicht in ihrer Fangemeinde und ihren „Followern“ einen guten Dienst erweisen und (endlich) das stark nachgefragte Buch über ihre Krisenzeiten zu schreiben. Nein, so ist das bei mir nicht. In der Zeit der Influencer hat man scheinbar nichts mehr zu sagen, wenn man nicht in Social Media aktiv war. Ich bin mir sehr bewusst darüber, dass ich das Spiel von einer anderen Perspektive aus beginne. Der Grund, warum ich mich dennoch nicht vom Schreiben abhalten ließ, ist einfach zu erklären: Es ist einfach zu viel um mich herum geschehen. Zudem zeigt der Stapel meiner Tagebücher, wie gerne ich schreibe. Beim Schreiben habe ich mich an die Fragen erinnert, die mir mein Umfeld am meisten gestellt hat. Diese habe ich in das Buch mit aufgenommen und versucht, sie mit so viel Feingefühl wie möglich zu behandeln.
Alle in diesem Buch enthaltenen Geschichten sind ein Produkt meines Erinnerungsvermögens. Daher kann ich nicht garantieren, dass sich alles exakt so abgespielt hat wie beschrieben. Alle genannten Personen habe ich anonymisiert und somit mein Bestes gegeben, dass sich keiner mehr wiedererkennen kann.
Eines ist mir noch wichtig: Viele Stellen in diesem Buch mögen bitter schmecken. Natürlich könnten wir das Leid in diesem Buch hinnehmen, ohne einmal darüber gelacht zu haben. Doch was würde es uns denn bringen, ohne Humor all die schlimmen Phasen aufzudecken und dabei zu vergessen, auch einmal richtig zu lachen? Ich habe das Lachen nicht verlernt, und auch du kannst, so hoffe ich, bei der Lektüre dieses Buches unbesorgt manchmal befreiend auflachen.
Als ich 19 Jahre alt war, ging es nicht mehr ohne Unterstützung weiter. Ich hatte von meinen Kraft-Reserven bis zum letztmöglichen Limit Gebrauch gemacht. Für mich wurde erst in der dritten oder vierten Psychotherapiesitzung klar, dass ich es mit einer schweren Krankheit zu tun hatte. Ich erinnere mich, gesagt zu haben: „Das ist doch keine Krankheit. Ich bin nicht krank. Mir fehlt doch nichts. Das ist nur eine Phase.“ Alle Symptome, wie die Schlaflosigkeit, Angstattacken oder ewigen Gedankenkreise, wurden von mir selbst wieder dorthin zurückgeschoben, wo sie herkamen.
Nach dem Verdrängen wurde mir klar, dass ich nahezu keine produktive Arbeit mehr leistete. In der Programmierabteilung gefangen, jeden Tag aufs Neue bereit, alles zu geben, bemerkte ich jetzt, dass es nichts mehr zu geben gab. Ich stand da wie ein Bettler mit nichts in der Tasche. Es gab nichts zu säen und nichts zu ernten. Es war trocken, wohin ich auch schaute. In ein paar Monaten aber müsse ich eine Abschlussarbeit abgeben.
Doch blicken wir zunächst auf die Zeit vor dem Absturz ins Ungewisse, in die Kindheit und Jugend. Denn wie dieser Druck aufgebaut wurde, lässt sich in einem Rückblick in die Vergangenheit erklären.
Drei wichtige Bereiche gab es in meinem Leben, die für Zufriedenheit und Glück sorgten. Der erste war der Schulunterricht. Der zweite umfasste meinen Lieblingssport, das Skateboarden, und die dazugehörige Musik, die man im Skatepark zu hören bekam, den Punk-Rock. Im dritten Bereich war die Liebe zur Computertechnik, mit der ich mich ebenfalls in meiner Freizeit beschäftigte. Hier lernte ich alle meine Interessen zu kombinieren und mit den Möglichkeiten an der Maus und Tastatur zu verbinden.
Wenn ich auf meinem Skateboard die Straßen auf und ab fuhr, interessierte das weder meine Eltern noch einen einzigen Lehrer. Das war auch gerade deshalb so reizvoll, dadurch hatte ich viele Freiheiten. Niemand schaute mir hier „über die Schulter“. Wann immer Blicke aber auf Arbeitsergebnisse von mir geworfen wurden, wurden sie als Störfaktoren wahrgenommen. Meine Eltern sahen die schlechten Noten und vermuteten meine Tricks auf dem Skateboard als das verursachende Übel.
Daher suchte ich an anderer Stelle nach einer Zukunftsperspektive. Nun war eine Skateboarder-Karriere nicht so wahrscheinlich, doch immer noch besser, als dem Plan zu folgen, der mir durch die Schule geebnet werden sollte. Die Schule war in meiner Vorstellung so aussichtslos, dass ich den Aufwand, diesen Trümmerhaufen in Ordnung zu bringen, mit größtem Vergnügen durch eine Alternative ersetzte.
In der Schule fand ich das erste Mal einen Ort, der mir für das Entwickeln einer geistigen Hornhaut genug Möglichkeiten bot. Ich musste auch nie lange darauf warten, neue dazu zu bekommen. Die Schule war eine Art Fabrik der unangenehmen Situationen und ich der Arbeiter am Fließband – dazu eingeladen, alles Stück für Stück zu bearbeiten. Langweilig wurde es hier nicht. Es gab in meiner Schullaufbahn oft das Problem, dass ich Schulnoten unterschreiben lassen sollte. In der dritten Klasse meinte ich jedoch eine Art Impfung dagegen gefunden zu haben, indem ich die Unterschrift meiner Mutter fälschte.
Als die Lehrerin mich vor der gesamten Klasse zur Rede stellte, fand eine der unangenehmsten Situationen statt, die ich je erlebte. Die Lehrerin ließ es ruhig werden im Klassenzimmer. Alle sollten sich setzen. Nur ich nicht? Ja, ich stand noch vorne am Lehrerpult. „Manusch, wer hat das denn unterschrieben?“ Ich sah ins aufgeschlagene Hausaufgabenheft und verdrückte mir die Tränen. Mein Blick fiel auf die mit Bleistift gezeichnete Unterschrift, die ich selbst mit aller Professionalität aufgeschrieben hatte. Mir wurde heiß, ich blieb vorne stehen und ließ es über mich ergehen. „Sebastian, kannst du mir sagen, was passiert, wenn man Geld fälscht?“ – „Ja man kommt zur Polizei und dann ins Gefängnis“. Ich schwitzte jetzt so richtig, meine Körpertemperatur und mein Gefühl der Sicherheit schossen parallel nach ganz oben.
Jahre später nach einem Klassentreffen fuhren einige Mitschüler aus der Grundschule mit mir im selben Bus zurück in dieselbe Richtung. „Erinnert ihr euch noch dran, wie Manusch die Unterschrift gefälscht hat?“ Ein lautstarkes Lachen ertönte von den versammelten Ex-Grundschülern. Alle erinnerten sich noch genau an diese wahnsinnige Situation.
Mir wurde damals am Lehrerpult gesagt, dass meine Eltern einen Brief erhalten werden. Etwa eine Woche verging, bis ich einen Anruf erhielt, als ich gerade noch zu Besuch bei einem Freund war. Ich solle nach Hause kommen, so die Ansage. Für mich fühlte es sich an wie – Tod. Ich wusste nicht, was folgen würde, doch ich spürte von Schritt zu Schritt Richtung Heimat eine exponentiell immer größer werdende Hürde, je näher ich meinem Elternhaus kam. Ich lernte ein Gefühl der tiefen Enttäuschung meiner Eltern kennen. Es war ein traumatisches Erlebnis. Erst im seelischen Tal am Anfang des Erwachsenenalters wurde dieses Erlebnis aus der Grundschule übertroffen. Wann immer es um Unterschriften ging, ließ ich meine Bemühungen fallen, selbst Hand anzulegen. Unterschriften kamen ab jetzt, von wo auch immer Unterschriften herkommen sollten.
Es war zwar leicht, die benoteten Schulaufgaben der Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch in Empfang zu nehmen, doch sie unter Druck des Rückgabetermins mit den zwei Fünfen und einer Note sechs meinen Eltern zu zeigen, war alles andere als leicht. Unter Gedankenkreisen und hohem psychischen Stress zeigte ich meinen Eltern unter Tränen in der 8. Klasse, die ich schließlich wiederholen musste, meine Defizite des Schulunterrichts. Mein Vater war sehr mitfühlend und baute mich wieder auf, wenn er mich weinen sah. Doch mit der Zeit kam seine Unzufriedenheit mit mir zurück, und mir flogen die Vorwürfe um die Ohren. Es gab keinen Plan B. Ich musste zur Schule gehen. Meine zwei anderen Lebensbereiche, also meine Hobbys, hätte ich abbrechen können, doch die Schule musste ich weiter besuchen. Mir blieb keine Alternative.
Je mehr die Schule mich abstieß, desto stärker zog der Skatepark mich an. Jetzt war ich mir sicher: „Ich werde Profi-Skater!“ Das war für mich die einzige Zukunftsperspektive. Ein besonderes Ereignis, was diese Perspektive nur bestätigte, war meine Buchvorstellung im Deutschunterricht der 8. Klasse. Eigentlich waren nur deutsche Literaturklassiker erwünscht. Doch wo auch immer es in der Schule möglich war, versuchte ich mir die Zeit so angenehm wie möglich zu machen. Ich war sehr begeistert von meinem Hobby. Als Folge stellte ich die Autobiographie von Tony Hawk, dem bekanntesten Skateboarder der Welt, vor.
Ich fand es zu langweilig, einfach nur irgendeine Stelle vorzulesen. Deswegen wählte ich eine sehr lustige Szene aus, die ich mit dem Argument verteidigte, dass man an der Stelle ganz besonders die Ehrlichkeit des Autors spüren kann. Die Textstelle beschrieb, wie Hawk im Wald neben einem Skateboard Camp sein Geschäft unter freiem Himmel verrichtete. Dabei unterdrückte ich mir meinen starken Lachzwang, was eine große Herausforderung war. Das war der Grund, warum ich mich anschließend vor meiner Lehrerin dafür verantworten musste. Bei meinen Klassenkameraden kam ich sehr gut an und bekam anschließend einige Schulterklopfer, für das Referat aber bekam ich eine Vier minus.
Da mir der Unterricht nicht gefiel, stellte ich seinen Zweck oft in Frage. Ich versuchte, von mehreren Lehrern in Erfahrung zu bringen, wie die Unterrichtsinhalte mir im späteren Beruf helfen würden. Natürlich hing es vom Wunschberuf ab. Doch die Lehrer konnten mir meine Fragen nicht immer beantworten. Ich denke, wenn die Lehrer vor dem Lehramt in der Fachrichtung gearbeitet hätten, in der sie auch unterrichten, wäre es für sie einfacher gewesen, mir meine Fragen zu beantworten.
Wie bereits erwähnt, besuchte ich die achte Klasse zweimal. Beim ersten Versuch, die 8. Klasse zu überwinden, war ich sehr beschäftigt mit meinem Hobby, dem Skateboarden. Ich hatte einfach keine Zeit, mich um die Schule zu kümmern. Meine Noten wurden also immer schlechter. Einmal erfuhr ich, dass meine Deutschlehrerin persönlich bei meinen Eltern vorbeigefahren war. Damals war ich froh, zum selben Zeitpunkt nicht zuhause gewesen zu sein, sondern im Skatepark oder bei Freunden.
Man hätte mich mit einer Auszeichnung ehren können, falls es so etwas für Fünfen und Sechsen gegeben hätte. Was ich am Ende für mein weiteres Leben mitnahm, war weniger das Wissen, welches der Lehrplan für die Schüler vorgesehen hatte, als das, was in der Pause oder zwischen Tür und Angel stattfand, die gesamte soziale Dynamik, die ich nutzbringend für mich mitnehmen konnte. Mit sozialer Dynamik meine ich zum Beispiel Streitigkeiten kleinerer Art mit meinen Mitschülern. Einer klaut dem anderen die Mütze und ähnliche an Affenzirkus erinnernde Aktionen fanden in den Pausen statt.
Diese Dinge, die mir im späteren Leben weitaus mehr halfen als der tägliche vorprogrammierte Inhalt des Kultusministeriums, hätten eigentlich viel mehr Würdigung verdient. Dennoch bin ich der Schule dankbar für ihren Versuch, mir in möglichst kurzer Zeit möglichst viel beizubringen. Ganz besonders bin ich dankbar für den sozialen Rahmen, über den ich viele Freunde kennengelernt habe. Mit vielen von ihnen teilte ich den Lebensstil von Punkrockern. Die Hose also immer einen Tick zu weit unten, und immer dabei, den Lehrern ein Dorn im Auge zu sein.
In der Schule lernte ich, was es hieß, in der Gruppe zu leben. In meiner Jugendzeit war es für mich normal, anderen auf den Keks zu gehen. Ab und zu kam es dann auch zu körperlichen Auseinandersetzungen, über die mir die Schranken gezeigt wurden. Erst später in der Psychiatrie, in die ich aufgenommen wurde, erfuhr ich den wahren Grund, weshalb ich diese Art der Kommunikation zu meinen Mitschülern suchte. Ich war ein Meister des Ausreizens der Grenzen. Wenn ich auf sie stieß, überschritt ich sie durch meine verbale Wortfindung ganz gezielt. Es war wichtig, dass all die Konflikte zwischen mir und den anderen Schülern stattfinden konnten. Mal war ich das Opfer, das ein paar Schläge kassieren musste, und manchmal führte ich selbst Streitigkeiten herbei. So liefen die kleinen Pausen zwischen den Unterrichtsstunden ab.
Doch nachmittags hatte man selbst noch mehr Einfluss auf die eigene Freizeitgestaltung. Meine Freunde und ich begannen zu filmen. Wir versuchten das Gelingen von Skateboardtricks mit der Kamera meines Vaters festzuhalten. Nicht jeder hatte damals eine Film-Kamera. Insbesondere nicht im Jugendalter. Manchmal stürzten wir auch bei den Kunststücken, die wir zu filmen versuchten. Das war nicht weiter schlimm. Ein sauber gefilmter Sturz hatte seinen eigenen Charme. Zumindest war es auch eine Art von Unterhaltung. Man konnte in Zeitlupe sehen, wie das blutige Knie zustande kam.
Die TV-Serie „MTV-Jackass“ war ein Vorbild für uns. Der mit mir gleichaltrige Leser mag sich erinnern: In der Sendung wurden absichtlich gefährliche Stunts durchgeführt, bei denen nur zu 5 Prozent ein Gelingen möglich war. Es war also mehr so, dass ein Sturz erwartet wurde. Außerdem wurden besondere ekelerregende Aktionen bevorzugt, die ich hier nicht näher beschreiben will. Kurz gesagt, da gab es eine Hand voll junger Erwachsener, die sich perfekt für uns als Vorbilder eigneten. Die Sendung prägte uns und unseren „Lifestyle“ sehr.
Das Internet war technisch noch nicht so fortgeschritten wie heute bei YouTube und ähnlichen Video-Angeboten. Webcams sendeten durchschnittlich drei Bilder pro Sekunde durch das Netz. Ich fand heraus, wie ich Fotos im Netz veröffentlichen konnte. Daraus wurden dann Bilderserien und später auch Videos, die veröffentlicht wurden. Ein Mitschüler gab mir eine Anleitung aus einer Computerzeitschrift mit, aus der ich mir ableiten konnte, wie die Videos entsprechend verkleinert und komprimiert werden mussten, bevor sie jemand aus dem Internet herunterladen konnte.
Zu der Zeit war ich einer der schlechtesten Schüler des Jahrgangs. Mein Interesse am Internet und seinen Möglichkeiten wuchs von Jahr zu Jahr. Es entwickelte sich ein Tagtraum. Während ich im Skatepark meine Tricks übte, sah ich sie förmlich schon im Internet auf den Bildschirmen meiner Freunde und Bekannten. Da die Zeit von Social Media noch lange nicht gekommen war, musste man sich gut mit Bildbearbeitung auskennen. Hinzu kam Webprogrammierung, und man sollte ein Händchen dafür haben, Ordnung in den eigenen Dateien zu halten. Über Video-Tutorials eignete ich mir das nötige Wissen an und gab es später auch an Freunde weiter, meist in nächtlichen Sitzungen mit vier Augen hinter dem Bildschirm.
So wurde ich zum Multiplikator des Computer-Wissens. Wenn ich mit Freunden am Rechner saß, übermittelte wie ein alter Schamane das Wissen aus den Lernvideos, die ich studiert hatte. Folglich gab es viele Nachmittage, die ich mir sorgsam in „Skaten gehen“ und „Computerarbeiten erledigen“ einteilte. Entweder ich war im Skatepark oder im Keller meines Elternhauses, um dort am Computer zu arbeiten. Wie habe ich mir das damals eigentlich vorgestellt, mit dem Erfolg beim Skateboarding oder dem Erfolg am Computer? Eine Vorstellung war die „Erfolg über Nacht“-Fantasie. Jedoch war es nicht eine Nacht, in der sich alles zum Guten wendete. Verantwortlich für den Erfolg waren Monate, an denen ich mich mit den verschiedenen Computerprogrammen beschäftigte.
Ich erinnere mich an die Worte der Mutter einer meiner Freunde, die mich sehr motivierten: „Manusch, das, was du hier umsonst (finanziell) machst – wird einmal dein Beruf werden.“ Das Kompliment stufte ich zunächst als nicht so wichtig ein – doch je mehr ich in der Welt der IT heimisch wurde, desto wichtiger wurde es mir, desto deutlicher fand ich mich in der Rolle wieder, die mir zugeschrieben wurde.
Eine Nacht, die ich nicht mehr aus meiner Erinnerung streichen konnte, war geprägt von dem Versuch, den damals von der ganzen Familie benutzten Computer wieder zum Starten zu bewegen. Das Betriebssystem Windows XP lief damals auf dem Rechner. Zumindest im Normalfall, wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war, auf dem PC zu experimentieren. Wenn das Betriebssystem lief, waren auch Benutzer-Konten meines Vaters, meiner Mutter, meines Bruders und mein eigenes abgespeichert und abrufbar. Ich erinnere mich noch, wie ich versuchte, eine Neuinstallation zu beginnen, und irgendetwas mit den Partitionen nicht mehr zu funktionieren schien. Partitionen sind Unterteilungen der Festplatte. In Folge bekam ich Schweißausbrüche. Auf dem Spiel standen nicht nur die von meiner Familie eingerichteten Konten und ihre Programme, sondern auch deren Daten. Der PC trug den Namen „King“. Die anderen Computer im Haushalt hatten weniger hervorgehobene Namen.
Es dürfte gegen 4 oder 5 Uhr morgens gewesen sein, als ich eine Pause einlegen musste. Viele Versuche hatte ich bis hierhin schon unternommen, um das System wieder startbereit zu bekommen. Ich lag auf der Couch im Wohnzimmer und schwor mir: „Wenn das Scheißteil wieder startet, dann wars das mit meiner Karriere!“ Ich war so mitgenommen durch die Vorkommnisse, dass ich „das eine Ding“ beenden wollte, um nie wieder etwas damit zu tun haben zu müssen. Ich wollte nie wieder so eine dramatische Aktion erleben. Ich schwitzte, ich zitterte und ich war fern davon, schlafen zu können.
In diesem Alptraum glaubte ich in diesem Moment: „Was mir hier widerfährt, steht in keinem Verhältnis zu dem, was es zu gewinnen gibt.“ Da ich meinen Schwur nach einen paar Tagen wieder fallen ließ, wurde ich in bald eines Besseren belehrt.
In Wirklichkeit eignete ich mir Fähigkeiten an, welche ich Jahre später im Unterricht der Berufsschule noch einmal ganz im Detail und mit dem Wissen der dahinterliegenden Theorie erlernen durfte. In dem Moment, als der Lehrer uns die Theorien erklärte, konnte ich nicht glauben, was ich da hörte. Es war, als hätte er in das Gehirnareal meiner Erinnerungen geschaut, um der ganzen Klasse von meiner Horrornacht zu erzählen. Ich war zutiefst dankbar dafür, diese schlimme Nacht nicht umsonst durchgestanden zu haben.
Mir wurde damals der unschätzbare Wert von Erfahrungen bewusst, welche man vor dem Erlernen an einer Schule erleben darf. Bis zum Alter von etwa zwölf Jahren war ich begeisterter Computerspieler. Insbesondere das Kult-Computerspiel „Tony Hawks Pro Skater 2“ war die Krönung meiner Spiele-Zeit. Ungefähr mit Ausklingen der Popularität dieses Spiels erlosch bei mir auch das Interesse an Spielen. Dies nur vollständigkeitshalber, um die bei Jugendlichen bekannte Kurve zu erklären, die es zwischen Spielen (oder „Zocken“) und sinnvollem “in-den-Monitor-schauen“ gibt. Viele meiner Freunde spielten oder spielen immer noch (in sehr gesunden Zeiteinheiten), um „Abzuschalten“ oder ein bisschen auf andere Gedanken zu kommen.
In der 9. Klasse durfte ich ein Praktikum machen, bei dem ich das erste Mal wahrnehmen konnte, wie wichtig die IT für den Erfolg von Unternehmen ist. Das Wort „dürfen“ wurde eigentlich eher von Eltern und Lehrern benutzt. Aus meiner Sicht, wäre „ich musste“ eher angebracht gewesen. Zum Glück durfte ich selbst wählen, wo das Praktikum stattfinden sollte. Damals hatte ich keine Ahnung, was die IT-Abteilung in einem Unternehmen zu tun hatte. Mir wurden große Rollen gezeigt, auf die Netzwerkkabel aufgerollt waren. „Was zur Hölle soll damit jetzt passieren“, dachte ich mir. In der Firma wurden die zur Vernetzung der Computer nötigen Kabel selbst hergestellt. Ein Mitarbeiter nahm mir ein Netzwerkkabel aus der Hand und teilte es mit einer Zange in zwei Stücke. Jetzt holte er einen Lötkolben und wünschte mir viel Spaß dabei, das Kabel wieder zu reparieren. Hier lötete ich das erste Mal in meinem Leben an einem Kabel.
Ich war über die Vielzahl an Möglichkeiten beeindruckt. Das alles hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Nach und nach lernte ich noch weitere Werkzeuge kennen. Mit einer Crimpzange quetscht man die „Kabel-Stecker“ am Ende in das Kabel. Für Zuhause kaufte ich mir auch eine Crimpzange. Bevor ich weiteres bestellte, überlegte ich, in was ich mich sonst noch so verliebt hatte. Dann besorgte ich noch ein paar Stecker sowie ein Kabeltestgerät. Alles zusammen kostete ungefähr 20 Euro.
Viele weitere Handgriffe, welche man in der Ausbildung zum IT-Fachmann erlernt, hatte mir ein Auszubildender aus der genannten Firma beigebracht. Er war im ersten Lehrjahr, hatte jedoch schon viel Wissen. Aber vor allem war er motiviert für das, was er machen durfte. Einmal sollten wir ein paar Ordner vom Büro ins Archiv schleppen, was er nicht in Ordnung fand. Er war sehr damit beschäftigt mir alles beizubringen, was er selbst schon gelernt hatte. Er verteidigte mich daher: „Das könnt ihr selbst machen! Der Praktikant ist nicht gekommen, um unsere Ordner zu schleppen!“, teilte er seinen Kollegen mit. Während des viertägigen Praktikums wurde er zu meinem Vorbild.
Dieser Azubi zeigte mir, wie man auf einen Rechner, der zu Hause steht, über das Internet zugreifen konnte. Nach dem langen Arbeitstag setzte ich mich sofort an den erwähnten „King“-Rechner und lud mir alle Programme herunter, die man hierfür benötigte. Mit Hilfe meiner Notizen konnte ich eine Anleitung im Internet finden, in der alle Schritte genau bezeichnet waren. Meine Neugierde war jetzt groß. Ich war ergriffen von dem, was ich in der Firma gelernt hatte. Bis heute bin ich der Firma und meinem damaligen jungen Mentor zu viel Dank verpflichtet. In diesen vier Tagen erhielt ich eine sehr genaue Vorstellung davon, was mein Ziel sein würde. Insbesondere wurde mir in der Firma klar, dass das, was ich angefangen hatte, mir selbst am Computer beizubringen, keine brotlose Kunst war. Viel eher wurde mir klar, dass sehr wohl das Kompliment, das ich von der Mutter meines Freundes erhalten hatte, realistisch war: dass ich einmal mit meinem „Computer-Kopf“ Geld verdienen würde.
Nach zwei Tagen lud der IT-Leiter der Firma mich ein, in sein Büro zu kommen. Nervös und hilflos saß ich in dem Besprechungsraum. Er blätterte meine Bewerbungsunterlagen auf und begann mich gleich zu Beginn zu kritisieren. Denn ich hätte mein Ziel nicht deutlich genug formuliert. „So merkt man gar nicht, dass du da wirklich hinwillst“. Ein unangenehmes Gespräch. Rückblickend weiß ich, dass es gar nicht so schlecht war, wie er mich behandelte. Wenn man einen Menschen in meinem Leben hätte erlauben müssen, mich mit einem gezielten verbalen Schlag zu attackieren, so wäre das dieser Mann gewesen. „Du musst in Englisch und in Mathe besser werden ... sonst sehe ich für dich keine Chance“.
Das erste Mal seit langer Zeit wurde mir die Wichtigkeit der Schule wieder deutlich. Es war jedoch viel weniger der Schulstoff an sich, den ich als wichtig empfand. Viel mehr waren es jetzt die Noten, die mir als Eintrittskarte in eine echt coole Welt dienten. Meine Eltern und Lehrer hätten ihm vermutlich auch Geld dafür gezahlt, dass er mir diese Botschaft übermittelte. In dieser Angelegenheit war er einfach der richtige Mensch am richtigen Ort. Verzweifelt versuchte meine Umgebung mir klarzumachen, dass ich meine Noten verbessern sollte. Dieses Praktikum gab mir die nötige Disziplin und Motivation, um meine Noten ab diesem Zeitpunkt zu verbessern.
Wann immer ich sonst in der Schule eingeschlafen wäre, gab ich mir jetzt richtig Mühe, um mich zu verbessern. Mir wurde bewusst, welch eine Kraft dieses Praktikum auf mich ausübte und welche ich dadurch erhielt. Unabhängig davon, was am Ende dabei herauskommt, ist ein Praktikum in beiderlei Hinsicht eine geglückte Handlung. Es ähnelte ein wenig unseren Film-Absichten im Skatepark. Sowohl das erfolgreiche Landen eines Tricks als auch der Sturz ist hilfreich. Ein Praktikum ist ebenso, unabhängig davon, was am Ende dabei herauskommt, in jedem Fall ein Glücksfall. Ein junger Mensch, der Freude an einer Tätigkeit gewinnt, ist im Praktikum natürlich sowieso bestens aufgehoben. Schließlich eröffnet sich für ihn dann eine neue Perspektive.
Doch auch wenn die Freude ausbleibt und der Praktikant keinen Gefallen an der neuen Erfahrung verspürt, profitiert er am Ende davon. Vielleicht widerstrebt ihm die Arbeit mit Netzwerkkabeln und er wartet nur darauf, dass der Spuk ein Ende hat und er wieder nach Hause gehen darf, um Computern den ursprünglichen Sinn zurückzugeben, also ein paar Stunden zocken zu können. Doch am Anfang kann man ruhig eine halbe oder ganze Stunde damit verbringen, alle Fehler zu machen, die einem kein anderer abnehmen wird.
Möglicherweise verliert man beim Basteln die Geduld und will am liebsten alles hinwerfen. Im anderen Fall jedoch erholt man sich nach ein paar Minuten oder Stunden von den Schwierigkeiten wieder. Doch wie auch immer ein Praktikum zu Ende gehen mag, auch eine Entfremdungserfahrung bedeutet nur insofern Unglück, als man nicht bereit ist, weiter zu denken. Denn ein enttäuschter und vollständig unzufriedener Schüler kann jetzt jederzeit an einer anderen Ecke weitersuchen, um seinem Glück näher zu kommen.
Die Ausbildung eignet sich gut als chronologische Richtschnur, um über meine einzelnen Lebensstationen zu schreiben. Deshalb werde ich mich im Folgenden an diesen Leitfaden halten und die Ausbildung in den Mittelpunkt meines Lebens damals rücken. So erkennt man am einfachsten die Gründe für mein Handeln in der Zeit vor der Ausbildung.
Ich konnte es nicht mehr erwarten. Die drei Monate zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn der Ausbildung wurden für mich zu einer Zeit der Konzentration und Motivation. Zu Beginn zwar unangenehm, da ich nicht so viel mit der freien Zeit anzufangen wusste, doch dann wurde mir klar, dass ich mich, so gut es möglich war, auf die kommende Ausbildung vorbereiten konnte. Ein Freund, der auf ein Gymnasium in meiner Nähe ging, und ich holten uns gemeinsam zwei identische Ausgaben eines „Hackers Red Book“ – an den genauen Titel erinnere ich mich nicht mehr.