Tapen und Trainieren - Stephan Mogel - E-Book

Tapen und Trainieren E-Book

Stephan Mogel

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Beschreibung

Kombiniert therapieren. Testen, tapen, trainieren – nach diesem Motto beschreibt Stefan Mogel, wie Sie Muskeldysfunktionen identifizieren, die betroffenen Muskeln mit Kinesiotape aktivieren und dann effektiv trainieren können. Der Autor geht auf die Symptomatiken ein, die eine schlechte Ansteuerung einzelner Muskeln auslösen können. Er beschreibt detailliert die spezifischen Tapeanlagen und zeigt anschließend verschiedene Übungen inkl. Progressionen, mit denen Patienten die Muskelfunktion aktiv rehabilitieren können. Profitieren Sie von: - einem praxisorientierten Leitfaden für die Diagnostik muskulärer Dysfunktionen - sorgfältig ausgesuchten Übungen und Tapeanlagen - Tipps zur Unterstützung Ihrer Therapie - zahlreichen Abbildungen, die das Vorgehen veranschaulichen

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Seitenzahl: 292

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Tapen und Trainieren

Muskuläre Defizite identifizieren und beheben

Stephan Mogel

530 Abbildungen

Der Autor

Der Autor dieses Buches ist Stephan Mogel. Er ist MAS-Physiotherapeut, Sportphysiotherapeut, Sportosteopath in eigener Praxis. Gründer der Regenbogenpraxis GmbH und Kinesio Schweiz GmbH, Athletiktrainer von diversen Nationalteams und Leistungssportler sowie Buchautor. Seit 2004 doziert er an zahlreichen Ärztefortbildungen und physiotherapeutischen Fortbildungsinstituten im In- und Ausland. Er arbeitet unter anderem mit innovativen physiotherapeutischen Behandlungsstrategien wie Vitality Flossing und Kinesio-Taping.

Abb. 0.1 Autor Stephan Mogel und Model Marisa Bianco

(Foto: Kirsten Oborny)

Lebenslauf

2001: Staatsexamen an der SRH Gruppe Karlsbad-Langensteinbach

2001–2003: Physiotherapeut in der RehaClinic Freihof Baden

2003: Manual Therapie

2003–2011: Chefphysiotherapeut im Medizinischen Zentrum Baden

2004: SPT Education Sportphysiotherapeut

2004: Instruktor für Kinesio-Taping

2005: Gründung der Kinesio Schweiz GmbH

2006: Swiss Volley National Mannschaft

2006: Sportosteopathie

2007: Golfphysiotherapeut

2011: MAS in Health & Fitness an der Universität Salzburg

2011: Swiss Ice Hockey National Team

2011–2013: Reha Aktiv Dättwil

2013: Co-Autor Kinesiologisches Taping in der manuellen Therapie und Osteopathie

2014: Gründung der Regenbogenpraxis GmbH

2015: Master in Vitality Flossing

2018: Autor von Tape und Training

Die Kinesio IP, LLC und die Kinesio Holding Corporation (Albuquerque, New Mexico, USA) sind Eigentümer des weltweit eingetragenen Warenzeichens und der weltweit eingetragenen Dienstleistungsmarken Kinesio®, Kinesio Taping®, Kinesio Tex® und anderer Kinesio®-prägender Marken sowie der Kinesio-Taping-Methode.

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Der Autor

1 Einleitung

1.1 Geschichte zum Kinesio-Tape

1.2 Wirkungsweisen des Kinesio-Tapes

1.2.1 Normotonisierung der Skelettmuskulatur

1.2.2 Verbesserung der Mikrozirkulation und des lymphatischen Abflusses

1.2.3 Reduktion der Schmerzafferenzen aus dem Applikationsgebiet

1.2.4 Unterstützung der physiologischen Gelenkstellung und Förderung der Propriozeption

1.3 Körperballontheorie

1.4 Screeningtests mit Hautverschiebung

1.5 Kinesio-Tape-Techniken

1.5.1 Muskeltechnik

1.5.2 Spacetechnik

1.5.3 Faszientechnik

1.5.4 Korrekturtechnik

1.5.5 Lymphtapetechnik

1.6 Wichtigste Fakten zur Bindegewebsphysiologie nach Frans van den Berg

1.6.1 Wundheilung und deren Phasen

1.6.2 Zusammenfassung der verschiedenen Bindegewebs-Wundheilungsphasen

1.6.3 Kollagen und seine Bedeutung fürs Training

1.7 Bewegungsanalyse

1.8 Anleitung zum zielorientierten individuellen Training

1.8.1 Die Trainingsprinzipien und ihre Bedeutung

1.8.2 Das Belastungsgefüge im Training (Pudi)

1.8.3 Die Trainingsmodalitäten

1.8.4 Training und seine Bedeutung

1.8.5 Muskelfunktionstest nach Janda und seine Bedeutung

1.8.6 Das Kraftdefizit

2 Tape und Training der oberen Extremität

2.1 M. infraspinatus

2.1.1 Anatomie in vivo

2.1.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

2.1.3 Kinesio-Tape-Applikation Muskeltechnik M. infraspinatus

2.1.4 Training für den M. infraspinatus

2.2 M. latissimus dorsi

2.2.1 Anatomie in vivo

2.2.2 Mögliche Beschwerden bei einer Dysfunktion des Muskels

2.2.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. latissimus dorsi

2.2.4 Training des M. latissimus dorsi

2.3 M. trapezius pars descendens

2.3.1 Anatomie in vivo

2.3.2 Mögliche Dysfunktion des M. trapezius pars descendens

2.3.3 Kinesio-Tape-Applikation – funktionelle Korrektur M. trapezius pars descendens

2.3.4 Training für den M. trapezius pars descendens

2.4 M. triceps brachii

2.4.1 Anatomie in vivo

2.4.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

2.4.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. triceps brachii

2.4.4 Training für den M. triceps brachii

2.5 Mm. extensor carpi radialis longus und brevis

2.5.1 Anatomie in vivo

2.5.2 Mögliche Dysfunktion der Mm. extensor carpi radialis longus und brevis

2.5.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik Mm. extensor carpi radialis longus und brevis

2.5.4 Training für die Mm. extensor carpi radialis longus und brevis

2.6 M. biceps brachii

2.6.1 Anatomie in vivo

2.6.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

2.6.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. biceps brachii

2.6.4 Training für den M. biceps brachii

2.7 M. pectoralis major (Pars sternocostalis und clavicularis)

2.7.1 Anatomie in vivo

2.7.2 Mögliche Beschwerden bei Dsyfunktion des Muskels

2.7.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. pectoralis major

2.7.4 Training für den M. pectoralis major

3 Tape und Training der Wirbelsäule

3.1 M. quadratus lumborum

3.1.1 Anatomie in vivo

3.1.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktionen des Muskels

3.1.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. quadratus lumborum

3.1.4 Training für den M. quadratus lumborum

3.2 M. trapezius pars ascendens

3.2.1 Anatomie in vivo

3.2.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

3.2.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. trapezius pars ascendens

3.2.4 Training für den M. trapezius pars ascendens

3.3 M. rectus abdominis

3.3.1 Anatomie in vivo

3.3.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunkion des Muskels

3.3.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. rectus abdominis

3.3.4 Krafttraining für den M. rectus abdominis

3.4 Mm. obliquus abdominis externus und internus

3.4.1 Anatomie in vivo

3.4.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion der Muskeln

3.4.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik Mm. obliquus abdominis externus und internus

3.4.4 Training für die Mm. obliquus abdominis externus und internus

3.5 M. sternocleidomastoideus

3.5.1 Anatomie in vivo

3.5.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

3.5.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik M. sternocleidomastoideus

3.5.4 Training des M. sternocleidomastoideus

3.6 M. piriformis

3.6.1 Anatomie in vivo

3.6.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

3.6.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für den M. piriformis

3.6.4 Training des M. piriformis

3.7 Mm. rhomboideus major und minor

3.7.1 Anatomie in vivo

3.7.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion der Muskeln

3.7.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für die Mm. rhomboideus major und minor

3.7.4 Training für die Mm. rhomboideus major und minor

3.8 M. cervicospinalis

3.8.1 Anatomie in vivo

3.8.2 Mögliche Beschwerden bei Dysbalance des Muskels

3.8.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für den M. cervicospinalis

3.8.4 Training des M. cervicospinalis

3.9 M. iliopsoas

3.9.1 Anatomie in vivo

3.9.2 Mögliche Beschwerden bei Dysbalance des Muskels

3.9.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für den M. iliopsoas

3.9.4 Training für den M. iliopsoas

3.10 M. erector spinae

3.10.1 Anatomie in vivo

3.10.2 Mögliche Beschwerden bei Dysbalance des M. erector spinae

3.10.3 Kinesio-Tape-Applikation für den M. erector spinae

4 Tape und Training der unteren Extremität

4.1 M. vastus medialis obliquus femoris

4.1.1 Anatomie in vivo

4.1.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

4.1.3 Kinesio-Tape-Applikation des M. vastus medialis obliquus femoris

4.1.4 Training des M. vastus medialis obliquus femoris

4.2 M. quadriceps femoris

4.2.1 Anatomie in vivo

4.2.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

4.2.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für den M. quadriceps femoris

4.2.4 Training des M. quadriceps femoris

4.3 Die Hamstrings

4.3.1 Anatomie in vivo

4.3.2 Mögliche Beschwerden bei Dysbalancen des Muskels

4.3.3 Kinesio-Tape-Applikation für die Hamstrings

4.4 Adduktoren der Hüfte

4.4.1 Anatomie in vivo

4.4.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

4.4.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für die Adduktoren

4.4.4 Training für die Adduktoren

4.5 Die Glutäen

4.5.1 Anatomie in vivo

4.5.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

4.5.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für die Glutäen

4.5.4 Training für die Glutäen

4.6 M. gastrocnemius

4.6.1 Anatomie in vivo

4.6.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion des Muskels

4.6.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für den M. gastrocnemius

4.6.4 Training für den M. gastrocnemius

4.7 Mm. peroneus longus und brevis

4.7.1 Anatomie in vivo

4.7.2 Mögliche Beschwerden bei Dysfunktion der Muskeln

4.7.3 Kinesio-Tape-Applikation – Muskeltechnik für die Mm. peroneus longus und brevis

4.7.4 Training für die Mm. peroneus longus und brevis

5 Symptomatiken

5.1 Ventrale Schulterschmerzen (Werferschulter)

5.2 Vordere Kreuzbandruptur

5.3 Haltungsschwäche bei mangelnder BWS-Mobilität

5.4 Hallux valgus

5.5 Rektusdiastase und Rückbildung in der Schwangerschaft

5.6 Sehnenscheidenhygrom an der Achillessehne

5.7 Tennisellenbogen

5.8 SIG-Blockade

5.9 Migräneartiger Kopfschmerz

5.10 Hüftarthrose

6 Danksagung

7 Literaturverzeichnis

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum

1 Einleitung

1.1 Geschichte zum Kinesio-Tape

In vielen medizinischen Berufen, ob Arzt, Physiotherapeut, Osteopath, medizinische Praxisangestellte, Ergotherapeut, Masseur, Kinesiologe oder Hebamme, ist das Kinesio-Tape nicht mehr wegzudenken. Beim Kinesio-Tape geht es um einen sehr alten und traditionellen Therapieansatz. Die Kinesio-Tape-Methode wurde in den frühen 70er-Jahren von Dr. Kenzo Kase entwickelt. Dr. Kenzo Kase ist Chiropraktiker, zertifizierter Akupunkteur und Moxatherapeut. Er erkannte, dass seine manuellen Behandlungen zwar effektiv waren, aber leider meist nur temporär anhielten. Aus diesem Grund wollte er seinen Patienten ein Rezept anbieten, mit welchem er ihnen auch zwischen den Behandlungen wirksame Hilfe gewähren konnte. Sein Ziel war es, die Wirkung seiner Behandlung über mehrere Tage hinauszuzögern. Somit begann er, nach einer erfolgreichen Lösung zu forschen, und erfand 1979 das Kinesio-Tape. Es handelt sich dabei um ein elastisches Klebeband aus Baumwolle, Elastin und einer Acrylklebebeschichtung. Grundlage für diese Technik waren die Kenntnisse über die Funktion unserer Haut als größtes Reflex- und Sinnesorgan und die Anpassungsfähigkeit unserer Muskulatur. Ziel des Tapens ist es, körpereigene Heilungsprozesse zu nutzen. Es handelt sich beim Kinesio-Tape um ein speziell angefertigtes Produkt aus Baumwolle, welches eine maximale Dehnbarkeit von 130–140 % aufweist, dies soll der Elastizität der menschlichen Epidermis entsprechen. Bei der Produktion orientiert sich der Erfinder an Struktur und Charakter der Epidermis. Diese Eigenschaften lassen verschiedene Anlagetechniken zu, welche sich durch das Maß an Vordehnung des Tapes und des Applikationsgebiets unterscheiden. Durch die hautähnliche, elastische Beschaffenheit sind selbst bei zirkulären Applikationen keine vaskulären Stauungen oder neuralen Kompressionen zu erwarten. Dr. Kenzo Kase verfolgte das Ziel, körpereigene Heilungskräfte zu aktivieren und im übertragenen Sinne seine Hände dem Patienten mit nach Hause zu geben.

Die fünf Wirkungsweisen des Tapes bestehen aus der Normotonisierung, der Verbesserung der arteriovenösen Mikrozirkulation, der gesteigerten Lymphabflussaktivität, der Schmerzlinderung und der positiven Beeinflussung der Gelenkfunktionen. Die Wirkung erklärt sich v.a. durch die Aktivierung der Exterozeptoren und Propriozeptoren, welche zu einer Verbesserung der Körperwahrnehmung führen. Eine neutrale Acrylklebebeschichtung, welche auf der Klebeseite des Tapes in regelmäßiger Schicht wellenförmig aufgetragen ist, gewährleistet die Haftung auf der Haut. Die Klebeeigenschaft dieser Beschichtung wird durch Körperwärme verstärkt und lässt in der Regel weder im Kontakt mit fließendem Wasser noch in einer Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit nach. Die Haut nimmt auf Grund der Luft- und Wasserdurchlässigkeit des Kinesio-Tapes keinen Schaden und allergische Reaktionen sind eher selten. Eine Applikationsdauer von mehreren Tagen ist daher, wenn indiziert, durchaus möglich. Häufig dauert die Anwendung vier Tage bis eine Woche, das Kinesio-Tape kann aber auch abhängig von der Belastung nur einige Stunden – z.B. bei sportlicher Belastung – eingesetzt werden ( ▶ Abb. 1.1). Das originale Kinesio-Tape ( ▶ Abb. 1.2) existiert in vier verschiedenen Farben: Pink, Hellblau, Schwarz und Beige.

Abb. 1.1 Seitstütz mit abduziertem Bein, Tape zur Stabilisationsunterstützung für Schulter und Rumpf (Deltamuskel und M. obliquus externus)

(Foto: Stephan Mogel)

Abb. 1.2 Die beschriebenen Techniken im Kap. ▶ 1.2 funktionieren vor allem durch die perfekt abgestimmten Verhältnisse von Baumwolle und Elasthan in dem von Dr. Kenzo Kase entwickelten Kinesio Tex Tape

(Quelle: Kinesio IP, LLC, mit freudlicher Genehmigung)

1.2 Wirkungsweisen des Kinesio-Tapes

Die von Kenzo Kase beschriebenen Wirkungsweisen lauten wie folgt:

Normotonisierung der Skelettmuskulatur

Verbesserung der Mikrozirkulation

Verbesserung des lymphatischen Abflusses

Reduktion der Schmerzafferenzen aus dem Gebiet

Unterstützung der physiologischen Gelenkstellung

1.2.1 Normotonisierung der Skelettmuskulatur

Die Tonusregulation muskulärer Strukturen erfolgt durch Applikation der Muskeltechnik im Verlauf einer muskulären Struktur ( ▶ Abb. 1.3). Sie kommt zustande durch die sogenannten „Convolutions“ – wellenförmige Abhebungen ( ▶ Abb. 1.4) der bei Applikation gedehnten Haut unter dem ungedehnt applizierten Tape. Nachvollziehbar sind Zug- und Druckeinwirkungen unmittelbar auf die Epidermis und, wahrscheinlich in abgeschwächter Form, auf weiter subkutan gelegene Gewebsschichten, wie z.B. oberflächliche Muskelfaszien. Die Erklärung, dass subkutan gelegene Muskelfaszien die mechanischen Reize des Tapes aufnehmen und auf den Muskel übertragen, erscheint plausibel. Hypothetisch werden dadurch im Muskelgewebe enthaltene Propriozeptoren und in der Haut liegende Exterozeptoren aktiviert und setzen eine Tonusregulation des Muskels in Gang. Die Verbesserung der muskulären Eigenschaften beruht v.a. auf der intra- und intermuskulären Koordinationssteigerung. Hierbei werden v.a. die Rekrutierung, Frequentierung und Synchronisierung der Muskelfasereigenschaften beeinflusst. Auch werden der Muskelspindelreflex und die inhibitorische Eigenschaft des Golgi-Sehnenapparates positiv unterstützt.

Abb. 1.3 Mögliche durch die therapeutischen Reize ausgelöste Abläufe im Bindegewebe

(Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015)

Abb. 1.4 Verbesserung der Mikrozirkulation. a Wirkung des Tapes auf veränderte, schmerzhafte Hautbereiche (Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015). b Tape an HWS mit Convolutions. c Wirkung – Hyperämisierung durch mechanischen Effekt

1.2.2 Verbesserung der Mikrozirkulation und des lymphatischen Abflusses

Bei entsprechender Applikation, Muskeltechnik oder Lymphtapetechnik kommt es zu sogenannten „Convolutions“ ( ▶ Abb. 1.4) der Haut unterhalb des Tapes. Jene gewellte Abhebung der Haut bewirkt eine Vergrößerung des subkutanen Raumes, wodurch die Gefäße hypothetisch auseinandergezogen werden („artifizielle Dilatation“) und dadurch der Abtransport von entzündungsfördernden und neuroaktiven Stoffen im subkutanen Gewebe begünstigt werden soll. Gleichzeitig kommt es zu einer Druckentlastung auf die darunter liegenden Exterozeptoren. Die Technik zur Aktivierung des lymphatischen Systems folgt ebenfalls dem Prinzip der „Convolutions“, allerdings mit anderer Applikationstechnik. Ein Tape wird in Tentakelform ( ▶ Abb. 1.5) auf einer Seite mehrmals der Länge nach eingeschnitten, so dass auf der anderen Seite nur noch ein kurzes Stück als Basis belassen wird. Die Basis wird im Verlauf der Lymphbahnen am nächstgelegenen Hauptlymphknoten angebracht und die einzelnen Zügel der „Lymph-Tape-Applikation“ werden in distaler Richtung ebenfalls im Verlauf der Lymphbahnen geklebt. Physiologisch gesehen fördert der Prozess die Ausschwemmung von Abfallpartikeln aus dem Gewebe und steigert die Resorption ebendieser in venöse Kapillarschenkel oder Lymphkollektoren. Die Lymphkollektoren, welche die lymphpflichtige Last aufnehmen und an die proximalen Lymphkapillaren weiterleiten, werden gemäß ihren anatomischen Eigenschaften durch die schwellungsbedingte Raumerweiterung, also durch einen überhöhten Flüssigkeitsgehalt im interstitiellen Gewebe, geöffnet. Ein anderer Erklärungsansatz wäre, dass die Lymphkollektoren über die Exterorezeptoren in der Haut, welche durch das Kinesio-Tape stimuliert werden, durch den lympheeigenen Schrittmacher aktiviert werden. Das wird auch als Frank-Starling-Mechanismus bezeichnet.

Abb. 1.5 Lymphanlage mit F-Shape

(Foto: Stephan Mogel)

1.2.3 Reduktion der Schmerzafferenzen aus dem Applikationsgebiet

Das Prinzip der Schmerzreduktion wird einerseits mit dem Effekt des Gate Control von Melzack und Wall erklärt (Melzack u. Wall 1965). Der Gate-Control-Effekt kommt zustande, indem das auf der Haut haftende Tape die subkutanen Rezeptoren mit konstantem Druck stimuliert. Die schnell leitenden Aδ-Nervenfasern jener Rezeptoren, welche unter anderem den Druck des Kinesio-Tapes registrieren, verursachen im Hinterhorn des Rückenmarks eine Überlagerung der weniger schnell leitenden Schmerzafferenzen der C-Nervenfasern aus demselben Gebiet. Dadurch könnten nozizeptive Kreisläufe unterbrochen oder vermindert werden. Der Effekt des Gate Control bildet die Grundlage vieler therapeutischer Interventionen. Zusätzlich soll wiederum die Erweiterung des subkutanen Raumes unterhalb der Applikation des Kinesio-Tapes eine Reduktion des Drucks auf subkutane Nozirezeptoren bewirken.

1.2.4 Unterstützung der physiologischen Gelenkstellung und Förderung der Propriozeption

Als eine weitere Wirkungsweise des Kinesio-Tapes werden eine verbesserte Exterozeption und Propriozeption durch vermehrte sensible Afferenzen in der Applikationsregion beschrieben. Das Gelenk wird schon stark positiv beeinflusst durch die bereits erläuterten Wirkungsweisen. Vor allem mit der Normotonisierung, der Beseitigung der Muskeldysbalancen, wird die Funktion des Gelenks deutlich verbessert. Die Durchblutungsverbesserung und die Schmerzlinderung unterstützen diesen Vorgang. Ein Gelenk, welches in einer funktionellen Einschränkung reduziert ist, ist meistens auf eine muskuläre Dysbalance zurückzuführen. Das Gelenk verändert seine Funktion nicht ohne muskuläre Beteiligung, es sei denn, es ginge ein traumatisches Ereignis voraus. Dem Kinesio-Tape wird eine unterstützende Wirkung auf das Bewegungsausmaß eines Gelenks zugeschrieben. Damit das Bewegungsausmaß eines Gelenks durch die Applikation eines elastischen Tapes unterstützt wird, muss die Applikation großflächig ausfallen, um so viele Exterozeptoren wie möglich zu stimulieren. Mit dem Tape soll mechanisch, funktionell oder passiv ein Gelenk in seiner pathologischen Stellung in die physiologisch korrekte anatomische Stellung bewegt werden. Mechanisch wird auf das Tape maximaler Zug ausgeübt, welcher das Gelenk dann in die entsprechende Stellung drückt oder es daran hindert, in eine pathologische Stellung zu gehen. Kenzo Kase spricht dann von den Korrekturtechniken.

1.3 Körperballontheorie

Abb. 1.6 Luftballon als Symbol für die menschliche Haut

(Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015)

Abb. 1.7 Überdehnungen (Expansionen) und Einziehungen (Shrinking) der Haut anhand eines Luftballons verdeutlicht

(Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015)

In der Osteopathie findet man in der Befundung von Muskelsystemen häufig Parallelen zur Körperballontheorie. So hat z.B. Struyf-Denys (2000), die als erste die den ganzen Körper umfassenden Muskelketten beschrieben hat, auch festgestellt, dass die äußere Form des Körpers von den inneren Einflüssen geprägt wird ( ▶ Abb. 1.8). Ausdehnungen der Haut kommen häufig vor bei: Humeruskopfvorstand, intraartikulären Ergüssen, Ödem, Hämatom, Triggerpunkten, Plattfuß, Knickfuß, Hallux valgus, X-Bein und O-Bein, Skoliose, Hyperkyphose, BWS etc. Einziehungen der Haut kommen häufig vor bei: Narben, Trichterbrust, faszialen Verklebungen, hypertonen Muskeln, Fascia thoracolumbalis.

Abb. 1.8 Die verschiedenen Körperformen und Haltungen sind Ausdruck der vielen Kompensationen, die der Organismus besitzt

(Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015)

1.4 Screeningtests mit Hautverschiebung

Der Screeningtest ist eine Überprüfung der aktiven und passiven Beweglichkeit. Ziel dabei sollte sein, die Bewegung festzustellen, welche in Bezug auf das Beschwerdebild des Patienten am meisten eingeschränkt ist. Das können Bewegungen sein wie z.B. das Laufen, eine Kniebeuge, der Einbeinstand, das Hinsetzen und Wiederaufstehen, des Schlüpfen mit dem Arm in den Ärmel einer Jacke, die Ausholbewegung beim Werfen, das Vorbeugen des Rumpfs oder die Überprüfung der Beweglichkeit nach der „Neutral-Null-Messmethode“. Durch die Inspektion und das Feststellen von Überdehnung und/oder Einziehung kann schon die Region festgelegt werden, welche dadurch eingeschränkt sein könnte. Wenn die eingeschränkte Bewegung erkannt ist, wird als Nächstes getestet, ob diese Bewegung mittels Hautverschieblichkeit faszilitiert und verbessert werden kann. Dabei wird mit der Hand leicht die Körperregion berührt, welche vermutlich die Bewegung am meisten begrenzt. Die Haut (Epidermis) wird dann in verschiedene Richtungen geschoben, bis die Richtung der Hautverschieblichkeit herausgefunden wird, welche die Bewegung am meisten fördert. Findet man nicht direkt die entsprechende Hautregion, dann muss dies so oft auf verschiedenen Körperregionen wiederholt werden, bis die entsprechende Region gefunden ist (Hilfestellung gibt uns dabei die Körperballontheorie). Die Verschiebung gibt dann Auskunft darüber, welche Tapetechnik erforderlich ist und wo der Beginn des Tapes liegt. Für die Muskeltechnik (Grundtechnik) bedeutet das: Dort, wo der Schub der Haut zur Verbesserung führt, dort ist der Beginn (Anker) des Tapes.

Hier ein paar Screeningtests als Beispiel:

Der Upper-Spine-Test Der Upper-Spine-Test umfasst die Flexion und Extension in der Halswirbelsäule (HWS). Geprüft werden Qualität und Quantität der Bewegungen. Der Patient steht oder sitzt und führt die Bewegung selbstständig durch; dabei wird beobachtet, ob der Patient die Bewegung spontan, flüssig und vollständig durchführt. Ein zögerliches Verhalten oder eine zahnradartige Bewegung wie auch eine Bewegungseinschränkung gibt einen sicheren Hinweis auf eine Funktionsstörung in der HWS. Jetzt wird diese Bewegung abermals untersucht, aber dabei verschiebt der Therapeut verschiedene Hautareale so lange in verschiedene Richtungen ( ▶ Abb. 1.9), bis er eine Region ausmacht, bei der er mit der Verschiebung der Haut die Bewegungsstörung deutlich verbessert. Das wird durch weniger zögerliche Bewegung deutlich, weniger zahnradartig und deutlich größeres Bewegungsausmaß. Die häufigsten Regionen dafür liegen v.a. im Bereich der kurzen Nackenflektoren, des M. sternocleidomastoideus, der Mm. scalenii, des M. splenius cervicis und der supra- und infrahyoidalen Muskulatur.

Abb. 1.9 Upper-Spine-Test mit HWS-Flexion und Verschiebung der Haut im zervikothorakalen Übergang

(Foto: Kirsten Oborny)

Der Wright-Test Dieser Test wird zur Überprüfung des Glenohumeralgelenks, des skapulothorakalen Gelenks und allen Schultermuskelketten eingesetzt. Der Patient sitzt auf einem Stuhl oder einer Behandlungsbank. Der Arm ist adduziert und im Ellenbogen 90° gebeugt. Der Therapeut nimmt die Hand des Patienten mit einem Lumbrikalgriff. Dann wird eine Dorsalextension im Handgelenk eingestellt und der Arm in eine horizontale Abduktion und Außenrotation geführt (Cocking Position, ▶ Abb. 1.10). Beurteilt wird die Bewegung im Seitenvergleich und nach Qualität und Quantität. Die Endposition entspricht der verriegelten Stellung (Maximale Closed Packed Position) des Glenohumeralgelenks. So erhält man eine gute Aussage über die Stabilität der kapsulären Strukturen der Schulter. Ziel ist es, eine Möglichkeit der Bewegungsverbesserung zu finden. Zielgebiet des Kinesio-Tapes ist die Region, welche mit der Hautverschieblichkeit zur Verbesserung geführt hat. Die häufigsten Muskelregionen sind die Bereiche vom M. infraspinatus, M. supraspinatus, M. pectoralis major, M. latissimus dorsi, M. serratus anterior und superior, die ventralen und dorsalen Kapselanteile und der M. biceps brachii.

Abb. 1.10 Wright-Test mit Verschiebung der Haut an der Skapula

(Foto: Kirsten Oborny)

Der Lower-Spine-Test Der Lower-Spine-Test wird eingesetzt, um die LWS zu überprüfen. Dabei liegt der Patient entspannt auf dem Rücken. Der Patient sollte eigenständig aus dieser Position hoch in den Langsitz kommen; dabei versucht er, sich so weit zu krümmen, wie ihm das möglich ist. Beurteilt werden wieder die Qualität und Quantität der Bewegungsausführung. Anschließend versucht der Therapeut wieder, mit seiner Hand herauszufinden, auf welcher Haut-Muskel-Region und in welche Richtung er die Haut zur Bewegungsverbesserung verschieben muss. Eine Testvariante kann der Finger-Boden-Abstand sein ( ▶ Abb. 1.11), sehr gut geeignet für Patienten in stehenden Berufen. Mögliche Teststrukturen sind M. sacrospinalis, Fascia thoracolumbalis, M. quadratus lumborum, M. iliopsoas, M. rectus abdominis, Mm. obliquus abdomimus externus und internus und M. biceps femoris.

Abb. 1.11 Test des Finger-Boden-Abstands mit Verschiebung der Haut am thorakolumbalen Übergang

(Foto: Kirsten Oborny)

Der SLR-Test Dieser Test beurteilt die Bewegung und Spannungsverhältnisse der dorsalen Faszienstrukturen (inkl. der LWS). Der Patient liegt auf dem Rücken und der Therapeut hebt das Bein passiv/assistiv über die Ferse in Richtung maximaler Hüftflexion bis zum ersten Gewebswiderstand. Bei ca. 45°–70° wird die Bewegung häufig gebremst, der Patient spürt in der Kniekehle ein leichtes Ziehen und reagiert mit Abwehrspannung oder Ausweichbewegung über eine Knieflexion. Wichtig ist dabei wiederum sowohl der Seitenvergleich als auch die Beurteilung über die Bewegungsqualität und -quantität ( ▶ Abb. 1.12). Der Therapeut versucht wieder, mittels Hautverschieblichkeit herauszufinden, wo er die Bewegung am meisten faszilitiert. Die dafür häufigsten Regionen sind der Tractus iliotibialis, der M. biceps femoris, die Lumbalfaszie, die Achillessehne, die Adduktoren, die Abduktoren, der M. iliopsoas und die Bauchmuskeln.

Abb. 1.12 SLR-Test, Bein gestreckt aus Rückenlage abheben mit Verschiebung

(Foto: Kirsten Oborny)

Krafttest Krafttests dienen der Bestimmung der Kraftfunktion einzelner Muskeln und helfen dabei zu erkennen, wie gut oder schlecht ein einzelner Muskel arbeitet. Es gibt sowohl manuelle als auch maschinelle Tests. Ich bevorzuge manuelle Tests, z.B. Muskelfunktionstests nach Janda ( ▶ Abb. 1.13) (s. Kap. ▶ 1.8.5).

Abb. 1.13 Krafttest Quadrizeps im Sitz

(Foto: Kirsten Oborny)

Mobilitätseinschränkung und Kraftdefizit führen häufig zu Krankheit und Isolation. Somit war es schon immer ein Ziel oder Teil der Medizin, Bewegung und Kraft zu fördern, um das maximale Potenzial unseres Körpers ausnutzen zu können. Durch verschiedene Veränderungen in unserem Körper kommt es im Sinne der Ökonomisierung häufig zur Abschwächung verschiedener Skelettmuskeln. Gründe dafür können sein: Unterforderung, Nichtgebrauch dieser Strukturen, ständige Überlastung, schlechtes oder inkorrektes Bewegungsverhalten, einseitiges Training und zu monotones Verhalten im Alltag. Unsere geistige Situation spielt hierbei auch eine große Rolle, Stress ist oft die Ursache von geistiger Überforderung und muskulärem Abbau. Auch die Art und Weise, wie wir uns ernähren, liefert unserem Körper den Nährboden für Abbau oder Aufbau.

1.5 Kinesio-Tape-Techniken

Das Kinesio-Tape hat mechanisch gesehen auf Grund seiner Eigenschaften (Baumwolle und Elastin) drei Wirkungsweisen. Es kann die Epidermis abheben, verschieben und/oder Druck geben.

Kenzo Kase beschreibt daher fünf Kinesio-Tape-Techniken:

Muskeltechnik

Spacetechnik

Faszientechnik

Korrekturtechnik

Lymphtapetechnik

1.5.1 Muskeltechnik

Anker Der Anker wird in neutraler Position geklebt. Er wird dort gesetzt, wo der Schub der Haut/Faszie zur Verbesserung geführt hat (Beispiel: Die Nackenflexion wird besser durch Schub der Haut im Nacken nach kranial, dann ist der Anker kranial). Der Anker bei der Muskeltechnik sollte mindestens 5 cm lang sein und bei längeren Tapes, wie z. B. beim M. trapezius pars ascendens, eher sogar 10 cm. Der Anker ist das Punctum fixum.

Zügel Der Zügel wird über den zugehörigen Muskel geklebt. Er entspricht dem Zielgewebe, auf welches am meisten Einfluss genommen wird. Der Teil vom Tape wird unter maximaler Vordehnung des Muskels ohne Zug auf dem Tape auf die Haut geklebt ( ▶ Abb. 1.14). Die Länge des Zügels ist abhängig von der Länge des dazugehörigen Muskels. Der Zügel ist das Punctum mobile und zieht daher zum Anker hin.

Abb. 1.14 Beispiel für eine Muskeltechnik: Anlage des Zügels auf vorgedehnter Haut an der LWS (M. sacrospinalis)

(Foto: Kirsten Oborny)

Ende Die Enden werden ohne Zug auf die vorgedehnte Muskulatur geklebt. Das Ende ist 5cm lang und schließt das Tape ab. Anker und Ende werden mit der Schere abgerundet, was einen längeren Tragekomfort gewährleistet.

Ziel Die Muskeltechnik ist die Grundtechnik und sollte immer geklebt werden. Ihre Wirkung auf die Epidermis besteht im Verschieben und Abheben. Sie verbessert die inter- und intramuskuläre Koordination des geklebten Muskels. Durch die anlagebedingten Convolutions ( ▶ Abb. 1.15) kommt es zur einer Druckentlastung der Exterozeptoren und damit zu einer Durchblutungsförderung und Lymphabflusssteigerung.

Abb. 1.15 Durch die Rückkehr in die aufrechte Position entstehen sogenannte Convolutions

(Foto: Kirsten Oborny)

1.5.2 Spacetechnik

Anker Einen klassischen Anker gibt es bei dieser Technik nicht, gestartet wird direkt über dem Zielgewebe mit dem Zügel.

Zügel Der Zügel wird mit maximal 50% Zug auf dem Tape auf sein Zielgewebe geklebt. Das Zielgewebe sollte in neutrale Position eingestellt sein, so dass die Haut in der Region eine glatte Oberfläche darstellt ( ▶ Abb. 1.16). Der Zügel ist das Punctum fixum. Der Zügel entspricht der Größe der dazugehörigen Region.

Abb. 1.16 Beispiel für eine Space-Technik: Dehnung des Tapes auf maximal 50%; das Zielgewebe befindet sich in neutraler Position, sodass die Haut eine glatte Oberfläche bildet

(Foto: Kirsten Oborny)

Enden Die Enden werden ohne Zug auf das Tape auf die entspannte Haut geklebt. Die Enden sind das Punctum mobile und ziehen auf den Zügel zurück. Sie sind 5cm lang.

Ziel Die Spacetechnik ist eine Technik, die eine abhebende Wirkung hat. Diese Technik verstärkt die abhebende Funktion der Muskeltechnik, wird aber nie ohne ein Muskeltape appliziert. Hauptansatzpunkt dieser Technik sind alle Regionen, die mehr Platz brauchen, z.B. Schwellung, eingezogenes Gewebe (Faszie), Golgi-Sehnenapparat.

1.5.3 Faszientechnik

Anker Bei der Faszientechnik ist der Anker im Vergleich zur Muskeltechnik klein (2cm).

Der Anker wird etwas hinter das Zielgewebe in neutraler Haltung geklebt. Bei dieser Technik wird der Anker mit dem Zügel gezogen und somit wird der Anker im Gegensatz zur Muskeltechnik in die Richtung angelegt, in die man ziehen will (Beispiel: Wenn der Zug am Ellenbogen nach medial die gewünschte Verbesserung bringt, dann ist der Anker lateral zu setzen; ▶ Abb. 1.17). Der Anker ist somit das Punctum mobile.

Abb. 1.17 Beispiel für eine Faszientechnik am Ellenbogen: Anker angeklebt, Zügel auf maximal 50% Spannung gebracht

(Foto: Kirsten Oborny)

Zügel Die Zügel werden nun in neutraler Stellung mit maximal 50% Zug, ohne die Haut in merkliche Falten zu legen, aufgebracht. Der Zug sollte immer tangential zur Oberfläche ausgeübt werden ( ▶ Abb. 1.18). Die Zügel bilden das Punctum fixum und ziehen den Anker in die gewünschte Position. Die größte Wirkungsstelle des Tapes liegt genau am Übergang vom Anker zum Zügel. Meistens wird als Schnitttechnik ein Y-Cut benötigt.

Abb. 1.18 Bei der Faszientechnik werden die Zügel tangential zur Oberfläche aufgeklebt, ohne die Haut merklich in Falten zu legen

(Foto: Kirsten Oborny)

Enden Die Enden werden in neutraler Position ohne Zug abgelegt. Sie sollten ebenso wie der Anker 2cm lang sein.

Ziel Die Faszientechnik ist die Technik, mit der die Haut am meisten in die gewünschte Richtung verschoben werden kann. Mit dieser Technik können Spannungszonen entlastet und Gewebe in unterschiedlicher Tiefe modelliert werden. Sie wird als Unterstützung zur Muskeltechnik eingesetzt.

1.5.4 Korrekturtechnik

Anker Bei der Korrekturtechnik ist der Anker 5cm groß und wird auf die neutrale Hautposition geklebt. Er wird neben das Zielgewebe gesetzt und kann, während der Zügel angelegt wird, in die Gegenrichtung geschoben werden. Anker und Zügel bilden das Punctum fixum.

Zügel Die Zügel werden mit maximalem Zug auf dem Tape (100% Zug, siehe ▶ Abb. 1.19) auf die Haut geklebt. Die zu beklebende Struktur ist in neutraler Position eingestellt und die Länge des Zügels ist abhängig von der betroffenen Struktur. Der Zügel bildet das Punctum fixum.

Abb. 1.19 Beispiel für eine Korrekturtechnik am Schultergelenk: Das Tape wird am Zügel zu 100% gedehnt; dadurch wird der Humeruskopf nach dorsal gezogen

(Foto: Kirsten Oborny)

Enden Die Enden werden ohne Zug auf die Haut abgelegt und sind 5cm lang.

Ziel Die Korrekturtechnik gibt durch den maximalen Zug auf dem Tape einen Druck in das entsprechende Gewebe. Diese Technik wird v.a. eingesetzt, um Sehnen zugzuentlasten, um Stellungen von Knochen zu verändern (z. B. Humeruskopf nach dorsal drücken).

Abb. 1.20 Beispiel für eine Lymphtapetechnik am Oberarm

(Foto: Kirsten Oborny)

1.5.5 Lymphtapetechnik

Anker Der Anker ist immer beim nächstgelegenen Lymphknoten anzubringen. Der Anker wird auf die entspannte Haut geklebt und gut angerieben, um den Kleber zu aktivieren. Der Anker ist das dicke Ende des Tapes und wird nicht eingeschnitten, er bildet das Punctum fixum ( ▶ Abb. 1.20).

Zügel Die Zügel werden aufgefächert in 4–6 Zügel und werden in das angeschwollene Gebiet gelegt. Sie sollten dieses großflächig abdecken und werden einzeln nacheinander auf die gedehnte Haut, ohne Zug auf dem Tape, angeklebt. Durch die dadurch entstehenden Abhebungen (Convolutions) bekommt man eine Druckentlastung der Exterozeptoren und somit die Verbesserung der Angiomotorik ( ▶ Abb. 1.21). Je nach Größe der Schwellung müssen evtl. mehrere Lymphfächer gelegt werden.

Abb. 1.21 Auffächerung der Zügel beim Lymphtape

(Foto: Kirsten Oborny)

Enden Die Enden werden ebenfalls ohne Zug auf das Tape auf die gedehnte Haut geklebt.

Ziel Ziel dieser Technik ist es, alle abschwellenden Mechanismen zu aktivieren und die Fließeigenschaften des Lymphsystems zu fördern. Auch können Wasserscheiden überbrückt werden, indem die rudimentär noch vorhandenen Anostomosen im Bauchnabelbereich und im Sternumanfang reaktiviert werden. Die Angiomotorik im lymphatischen System wird gefördert und ein bestehender Lymphstau wird aufgehoben.

1.6 Wichtigste Fakten zur Bindegewebsphysiologie nach Frans van den Berg

1.6.1 Wundheilung und deren Phasen

Die Wundheilung wird in vier Phasen eingeteilt, welche Frans van den Berg wie folgt beschreibt. Die Phasen von fan den Berg heißen:

Entzündungsphase

Proliferationsphase

Remodelierungsphase/Konsolidierungsphase

Umbauphase

Vaskuläre Entzündungsphase Hauptziel dieser Phase ist es, die Blutung durch das Auslösen einer Blutgerinnung zu stoppen. Wichtig ist jetzt, den Druck auf das Gefäßsystem so gering wie möglich zu halten, damit zuerst die Gefäßkontraktion und später der Thrombus das Gefäß verschließen können. Aus diesem Grund ist die geschädigte Struktur in dieser Phase höher zu lagern als das Herz – zur Blutdrucksenkung –, ebenso ist eine leichte Kompression sinnvoll. Kontraproduktiv wären zu diesem Zeitpunkt die Applikation von Wärme sowie auch alle anderen Faktoren, die den Blutdruck ansteigen lassen. In dieser Phase kommen alle bekannten Zeichen einer Entzündung vor wie Rötung, Erwärmung, Schwellung, Schmerzen und eine gestörte Funktion. Diese Veränderungen sind normale Zeichen eines physiologischen und vom Gewebe gewollten Prozesses und werden durch die Freisetzung von Schmerz- und Entzündungsmediatoren – Prostaglandin 2, Histamin, Substanz P, Bradykinin, Thromboxan, Prostacyclin, Serotonin usw. – verursacht.

Zelluläre Entzündungsphase In der zellulären Phase kommt es zu einer Einwanderung von Zellen ins Verletzungsgebiet. Diese Myofibroblasten sind im Gegensatz zu den normalen Bindegewebszellen mobil.

Proliferationsphase Die zweite Phase der Wundheilung ist die Proliferationsphase, sie liegt etwa zwischen dem 5. und 21. Tag. In dieser Phase wird durch die stark gesteigerte Produktion von Matrixkomponenten – überwiegend Kollagen Typ III – die Wunde geschlossen. Damit das Gewebe wieder den gleichen Aufbau wie vorher erhält, muss es mit normalen physiologischen Belastungsreizen konfrontiert werden. Auch in dieser Phase der Therapie ist es weiterhin wichtig, Schmerzgrenzen zu respektieren. In der Medizin und auch in der Physiotherapie gibt es immer noch die Meinung, dass man Gewebe zur Heilung „zwingen“ kann. Äußerungen wie „Therapie hilft nur, wenn sie wehtut“ oder „Böses mit Bösem vertreiben“ existieren leider noch immer und oft werden Therapien unter Schmerzen durchgeführt. Oder Patienten bekommen vor der Therapie schmerzhemmende Medikamente, damit sie die Behandlung besser aushalten, mit der Begründung, dass man der Schmerzchronifizierung vorbeugen möchte, die bekanntlich dann entsteht, wenn Patienten ständig oder immer wieder mit starken Schmerzen konfrontiert werden. Ein Argument für die Durchführung von Therapien unter Schmerzen ist, man wolle der Bildung von Narben vorbeugen. Diesen beugt man aber viel besser vor, wenn man den Patienten dazu animiert, sich selbst regelmäßig im schmerzfreien Bereich zu bewegen. Merkt der Patient, dass die Bewegungen schmerzfrei möglich sind, wird er viel eher bereit sein, sie oft am Tag zu wiederholen. Zudem wird der Patient sehr schnell merken, dass der schmerzfreie Bewegungsbereich ständig größer wird. In der Proliferationsphase wird die Wunde stabilisiert und durch die Aktivität der Myofibroblasten zusammengezogen. Man spricht von einer Wundkontraktion, die man auch bei größeren Verletzungen der Haut sehen kann. Die Wundränder werden zusammengezogen und die Wunde wird dadurch schneller geschlossen. Narben im Bindegewebe, der Sehnen, Bänder und Bandscheiben – nicht zu vergleichen mit Hautnarben – entstehen, wenn in der Proliferationsphase die normalen physiologischen Belastungen nicht auf das heilende Gewebe einwirken konnten. Es kommt dann zu einer Ablagerung von kollagenen Molekülen ohne jegliche Ausrichtung und Organisation. Wichtig ist daher ab Mitte der Proliferationsphase, die Reize auf das jeweilige Gewebe anzupassen. Das bedeutet Zugbelastungen für ein Kollagengewebe vom Typ I und Druckbelastung für ein Kollagengewebe vom Typ II.

Konsolidierungsphase und Umbauphase In der Umbauphase wird manchmal neben der Proliferations- und Umbauphase noch von einer Konsolidierungsphase gesprochen. Grundsätzlich sind die Übergänge im Rahmen der Wundheilung fließend. Am Ende der Proliferationsphase ist die Wunde mit dem Kollagen Typ III geschlossen. In der anschließenden Umbauphase wird Kollagen Typ III in Kollagen Typ I umgebaut. Das Kollagen Typ III ist viel dünner als Kollagen Typ I und hat demzufolge natürlich eine deutlich geringere Belastbarkeit. Damit Kollagen Typ III in Kollagen Typ I umgebaut werden kann, muss das Gewebe langsam stufenweise mit einer ansteigenden Belastung konfrontiert werden. Für die Zelle bedeutet diese Belastung eine potenzielle Bedrohung, auf die sie mit einer Schutzreaktion reagiert, in diesem Fall mit einer verstärkten Kollagenproduktion. Wie weit man in der Therapie die Belastung steigern sollte, ist sehr stark davon abhängig, welche Belastbarkeit das Gewebe des Patienten braucht. Unsportliche Menschen, deren Beruf auch nicht mit körperlicher Belastung verbunden ist, brauchen weniger Belastung als Sportler und Bauarbeiter. Damit das Gewebe auf die applizierten Belastungsreize mit einer adäquaten Wundheilung und Reparatur reagiert, müssen bestimmte Bedingungen im Gewebe erfüllt werden.

1.6.2 Zusammenfassung der verschiedenen Bindegewebs-Wundheilungsphasen

Wie lange die Wundheilungsphasen dauern, hängt stark von dem verletzten Gewebe ab. ▶ Tab. 1.1 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Gewebearten.

Tab. 1.1

 Heilungsphasen verschiedener Strukturen.

Struktur

EPV (in d)

EPZ (in d)

Proli. (in d)

Konsolidierungsphase (in d)

Umbauphase (in d)

Meniskus

2

3

65

0

500

Bandscheibe

2

3

16

7

500

Kapsel

2

3

37

0

300

Bänder

2

3

37

0

300

Sehnen/Knochen

3

2

23

14

300

Sehne extrinsisch

3

2

7

21

500

Sehne intrinsisch

0

0

63

21

500

Muskel

2

3

0

11

300