Telekommunikationsrecht kompakt - Andreas Neumann - E-Book

Telekommunikationsrecht kompakt E-Book

Andreas Neumann

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Beschreibung

Das Werk bietet einen kompakten Überblick über drei zentrale Bereiche des Telekommunikationsrechts: Marktregulierung, Frequenzverwaltung und Netzausbaurecht. Es richtet sich damit sowohl an Studierende entsprechender Schwerpunktfächer als auch an Praktiker in Unternehmen, Kommunen, Behörden und Gerichten, die sich einen schnellen, aber zuverlässigen Überblick über die Materie verschaffen wollen. Dabei wird die aktuelle Novelle, die zu einer vollständigen Umgestaltung und einem erheblichen Ausbau des TKG geführt hat, genauso umfassend berücksichtigt wie Rechtsprechung und Anwendungspraxis zur bisherigen Rechtslage. Der Titel in Kürze: - Marktregulierung - Frequenzverwaltung - Netzausbaurecht - Inklusive der TKG-Novelle 2021 - Kompakter und zuverlässiger Überblick über Marktregulierung, Frequenzverwaltung, Netzausbaurecht nach der Reform 2021 - Für Studierende und auch für Praktiker in Unternehmen, Kommunen, Behörden und an Gerichten - Topaktuell: Inklusive der TKG-Novelle 2021

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Telekommunikationsrecht

kompakt

von

Andreas Neumann

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8005-1818-0

© 2022 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Mainwww.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang

Printed in Germany

Vorwort

Das beobachtbare Universum expandiert. Diese Eigenschaft teilt es mit dem Telekommunikationsrecht. Umfasste das Telekommunikationsgesetz (TKG) aus dem Jahr 1996 noch relativ schlanke 31 Seiten im Bundesgesetzblatt (BGBl. 1996 I, 1120), nahm das novellierte TKG 2004 bereits 54 Seiten ein (BGBl. 2004 I, 1190). Die Neufassung im ersten Artikel des Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes, die am 1. Dezember 2021 in Kraft treten wird, bringt es nun sogar auf stolze 109 Seiten (BGBl. 2021 I, 1858) – obwohl der durchaus umfangreiche Bereich des Telekommunikationsdatenschutzes aus dem Gesetz ausgegliedert wurde.

Diese Entwicklung erschwert eine zugängliche Darstellung der Grundzüge dieses Rechtsgebiets, will sie sich nicht dem Vorwurf der Lückenhaftigkeit aussetzen. Das wird auch ganz deutlich mit einem Blick auf den Umfang des von mir mitverfassten Lehrbuchs zum Telekommunikationsrecht. Dieses hatte in der ersten Auflage (mit Prof. Dr. Christian Koenig und Sascha Loetz) 2004 noch einen Umfang von 238 Seiten und war in der zweiten Auflage (mit Prof. Dr. Alexander Koch) 2013 bereits auf 536 Seiten angewachsen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es eines Neubeginns.

Diesem dient das vorliegende Werk. Es ist keine dritte Auflage des Lehrbuchs zum Telekommunikationsrecht, sondern ein völlig neu konzipierter Versuch, Studierenden wie auch Praktikern einen schnellen, aber zuverlässigen Überblick über die Materie zu geben. Dabei konzentriert sich die Darstellung auf drei Kernbereiche des Telekommunikationsrechts: die Marktregulierung, die Frequenzverwaltung und die im Folgenden als Netzausbaurecht bezeichneten Vorschriften, die auf eine Senkung der Kosten insbesondere für die Errichtung moderner Glasfasernetze abzielen. Wer Ausführungen zu anderen Aspekten des Telekommunikationsrechts sucht, wird hier nicht fündig werden.

Durch diese Fokussierung auf die praktisch besonders relevanten Teile des TKG soll eine Rückbesinnung auf diejenigen Bereiche des Telekommunikationsrechts erreicht werden, die es in besonderer Weise von anderen Rechtsgebieten abheben. Darüber hinaus beschränkt sich die Darstellung auf die wesentlichen Grundzüge, verzichtet auf theoretische Meinungsstreits weitestmöglich und richtet das Hauptaugenmerk auf eine Vermittlung praxisrelevanten Wissens. Dementsprechend wird die bereits ergangene Rechtsprechung – insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts – umfassend berücksichtigt. Dort, wo es noch an solcher Judikatur fehlt, orientiert sich die Darstellung demgegenüber vorrangig an Gesetzeswortlaut und -systematik sowie den Gesetzgebungsmaterialien einschließlich des darin aufscheinenden Regelungszwecks und der Spruchpraxis der Bundesnetzagentur.

Entstanden ist die so umschriebene Einführung begleitend zu zwei Blockvorlesungen, die ich in den Sommersemestern 2020 und 2021 im Masterstudiengang Medienrecht des Mainzer Medieninstituts gehalten habe. In Vorbereitung auf eine Schulung von Branchenpraktikern im November 2021 wurden die Ausführungen vertieft, ergänzt und vollständig auf die zwischenzeitlich verkündete Neufassung des TKG ausgerichtet. Allen, die an diesen Veranstaltungen teilgenommen und mit ihren Rückmeldungen zur Verbesserung der Darstellung beigetragen haben, gebührt mein Dank.

Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich darüber hinaus meiner Ehefrau Kristina Blohm und unseren Kindern sowie meinem Freund und Kollegen Alexander Koch, die mir den Rücken für die doch sehr kurzfristige Umsetzung dieses Projekts freigehalten und mich auch ansonsten bei der Arbeit in den Untiefen des Telekommunikationsrechts stets unterstützt haben. Zu danken habe ich auch dem Deutschen Fachverlag für seine Bereitschaft, die Herausforderung einer weiteren Buchveröffentlichung zum Telekommunikationsrecht anzunehmen, und Sebastian Lißek für die sorgfältige formale Durchsicht des Manuskripts in seinen verschiedenen Entwicklungsstadien. Verbleibende Fehler sind alleine von mir verantwortet. Insoweit freue ich mich stets über Hinweise auf noch verbliebene Defizite, aber auch über sonstige Rückmeldungen und Anregungen und bin hierfür unter [email protected] erreichbar.

Bonn, 19. November 2021

Andreas Neumann

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

B. Allgemeine Regulierungsziele und -grundsätze

C. Marktregulierung

I. Allgemeiner Regulierungsrahmen (§ 20 TKG)

II. Marktmachtabhängige Regulierung (§§ 10ff., §§ 24ff. TKG)

1. Ökonomischer Hintergrund

2. Marktdefinition und -analyse

a) Marktdefinition

b) Prüfung der potentiellen Regulierungsbedürftigkeit (erste Stufe der Marktanalyse)

c) Ermittlung beträchtlicher Marktmacht (zweite Stufe der Marktanalyse)

d) Verfahren

aa) Konsultationsverfahren

bb) Konsolidierungsverfahren

cc) Kontroll- bzw. Vetoverfahren

e) Rechtsschutz

3. Regulierungsverfügung

a) Gegenstand der Regulierungsverfügung

b) Verfahren

c) Rechtsschutz

d) Katalog der Vorabverpflichtungen

aa) Zugangsverpflichtungen (§ 26 TKG)

aaa) Vorabverpflichtung

bbb) Umsetzungsmaßnahmen

bb) Diskriminierungsverbot (§ 24 TKG)

cc) Transparenzverpflichtungen (§ 25 TKG)

dd) Standardangebotsverpflichtung (§ 29 TKG)

aaa) Vorabverpflichtung

bbb) Umsetzungsmaßnahmen

ee) Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung (§ 30 TKG)

ff) Entgeltregulierungsverpflichtungen (§§ 37ff. TKG)

aaa) Genehmigungspflicht (§ 38 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 40 TKG)

bbb) Nachträgliche Entgeltregulierung (§ 38 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 46 TKG)

ccc) Nachträgliche Entgeltregulierung mit Anzeigepflicht (§ 38 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 45 TKG)

ddd) Neu: Besondere Regelungen für Zustellungsentgelte (Art. 75 des Kommunikationskodex)

gg) Regulierung von Endnutzerleistungen (§ 49 TKG)

e) Weitere Vorgaben zur Ausgestaltung der marktmachtabhängigen Regulierung

aa) Funktionelle Trennung (§ 31 TKG)

bb) Freiwillige Trennung durch ein vertikal integriertes Unternehmen (§ 32 TKG)

cc) Neu: Reiner Vorleistungsanbieter (§ 33 TKG)

dd) Neu: Migration von herkömmlichen Infrastrukturen (§ 34 TKG)

ee) Neu: Verpflichtungszusagen insbesondere bei Ko-Investitionen (§ 18 TKG)

ff) Regulierungsgrundsätze (§ 17 TKG)

gg) Sektorspezifische Missbrauchsaufsicht (§ 50 TKG)

4. Überprüfung der marktmachtabhängigen Regulierung

III. Marktmachtunabhängige Regulierung

1. Ende-zu-Ende-Verpflichtungen für Teilnehmernetzbetreiber (§ 21 Abs. 1 TKG)

2. Neu: Interoperabilitätsverpflichtungen (§ 21 Abs. 2 TKG)

3. Neu: Replizierbarkeitsverpflichtungen (§ 22 TKG)

D. Frequenzverwaltung

I. Frequenzzuweisung

II. Frequenzplan

III. Frequenzzuteilung

1. Überblick

2. Allgemeinzuteilung

3. Einzelzuteilung

4. Vergabeverfahren

a) Vergabeanordnung

b) Ausgestaltung des Vergabeverfahrens

aa) Versteigerungsverfahren

bb) Ausschreibungsverfahren

c) Rechtsschutz

5. Spezifische Maßnahmen zur Förderung des Wettbewerbs und der Versorgung

a) Förderung des Wettbewerbs (§ 105 TKG)

b) Versorgungsoptimierende Zugangsverpflichtungen (lokales Roaming und Zugang zu Netzinfrastrukturen) (§ 106 TKG)

c) Möglichkeiten zur Versorgungsverbesserung (§ 99 Abs. 2 TKG)

6. Befristung und Verlängerung

a) Befristung

b) Verlängerung

7. Widerruf und Verzicht

8. Sonderregelungen für den Rundfunk

E. Netzausbaurecht

I. Synergieeffekte im Zusammenhang mit Versorgungsnetzen

1. Synergieeffekte bei der Durchführung von Bauarbeiten

a) Informationen über Bauarbeiten (§ 142 TKG)

aa) Ablehnungsgründe

bb) Informationsanspruch

cc) Bedingungen der Informationserteilung

dd) Anderweitige Veröffentlichung

b) Koordinierung von Bauarbeiten (§ 143 TKG)

aa) Recht auf Abschluss von Koordinierungsvereinbarungen (§ 143 Abs. 1 TKG)

bb) Recht auf Beantragung einer Koordinierung (§ 143 Abs. 2 S. 1 TKG)

cc) Anspruch auf Abschluss einer Koordinierungsvereinbarung (§ 143 Abs. 3 TKG)

aaa) Ausschlussgründe

(1) Überbauschutz

(2) Unzumutbarkeit

bbb) Bedingungen der Koordinierung

dd) Neu: Information der Bundesnetzagentur über Koordinierungsvereinbarungen (§ 143 Abs. 5 TKG)

c) Mitverlegung von Netzkomponenten (§ 146 TKG)

aa) Recht auf Mitverlegung

bb) Pflicht zur Sicherstellung der Mitverlegung (§ 146 Abs. 2 TKG)

aaa) Bedarfsgerechte Mitverlegung bei größeren Bauarbeiten an Verkehrsinfrastrukturen im Falle einer öffentlichen Mitfinanzierung (§ 146 Abs. 2 S. 1 TKG)

bbb) Mitverlegung bei der Erschließung von Neubaugebieten (§ 146 Abs. 2 S. 2 TKG)

ccc) Neu: Auskunftsanspruch (§ 146 Abs. 3 TKG)

2. Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze

a) Informationen über passive Netzinfrastrukturen (§ 136 TKG)

aa) Ablehnungsgründe

bb) Informationsanspruch

cc) Bedingungen der Informationserteilung

dd) Anderweitige Veröffentlichung

b) Vor-Ort-Untersuchung passiver Netzinfrastrukturen (§ 137 TKG)

aa) Ausschlussgründe

aaa) Ausdrückliche Ablehnungsgründe

bbb) Unzumutbarkeit

bb) Anspruch auf Vor-Ort-Untersuchung

cc) Bedingungen der Gewährung

c) Mitnutzung passiver Netzinfrastrukturen (§§ 138ff. TKG)

aa) Ablehnungsgründe

bb) Anspruch auf Mitnutzungsangebot

cc) Bedingungen der Mitnutzung

dd) Transparenz

II. Nutzung von Liegenschaften

1. Netzausbau auf Grundstücken und Anschluss von Gebäuden (§ 134 TKG)

a) Verträgliche Nutzung einer durch ein Recht gesicherten Leitung oder Anlage (§ 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG)

b) Keine unzumutbare Beeinträchtigung (§ 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TKG)

c) Neu: Nutzung eines Wirtschaftswegs (§ 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TKG)

d) Neu: Nutzung von Grundstücken im Eigentum eines Schienenwegebetreibers (§ 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 TKG)

e) Neu: Überfahren (§ 134 Abs. 2 TKG)

f) Ausgleichsansprüche (§ 134 Abs. 3 TKG)

2. Netzausbau in Gebäuden (§ 145 TKG)

a) Recht auf Abschluss des Telekommunikationsnetzes in den Räumen des Endnutzers (§ 145 Abs. 1 TKG)

b) Anspruch auf Mitnutzung der gebäudeinternen Netzinfrastruktur (§ 145 Abs. 2 und 3 TKG)

aa) Anspruchsverpflichteter

bb) Anspruchsgegenstand

cc) Materielle Anspruchsvoraussetzungen

dd) Bedingungen der Mitnutzung

ee) Neu: Gebäudeinfrastrukturbezogene Zugangsverpflichtung (§ 149 Abs. 6 TKG)

c) Ausstattungspflicht für Neubauten und umfangreiche Renovierungen (§ 145 Abs. 4 bis 7 TKG)

III. Streitbeilegung und Information

1. Nationale Streitbeilegungsstelle

2. Zentrale Informationsstelle des Bundes

a) Informationen über Infrastruktur (§ 79 TKG) („Infrastrukturatlas“)

aa) Gebietsbezogene, Planungszwecken dienende Übersicht über telekommunikativ nutzbare Einrichtungen (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 TKG)

bb) Informationen für die Mitnutzung passiver Netzinfrastrukturen öffentlicher Versorgungsnetze (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 TKG)

cc) Informationen für die Mitnutzung sonstiger physischer Infrastrukturen für drahtlose Zugangspunkte mit geringer Reichweite (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 TKG)

dd) Einsichtnahme

b) Informationen über Breitbandausbau (§ 80 TKG)

c) Informationen über künftigen Netzausbau (§ 81 TKG)

d) Informationen über Baustellen (§ 82 TKG)

e) Informationen über Liegenschaften (§ 83 TKG)

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A.

Auflage

a.A.

andere(r) Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

ABl.

Amtsblatt

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AG

Aktiengesellschaft

API

Application Programming Interface (Anwendungs-Programmierschnittstelle)

APL

Abschlusspunkt Linientechnik

Art.

Artikel

Az.

Aktenzeichen

BauGB

Baugesetzbuch

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BEREC

Body of European Regulators for Electronic Communications (Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation)

Beschl.

Beschluss

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BMVI

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

BR-Drs.

Bundesratsdrucksache

BSIG

Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

BSI-KritisV

Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts

CR

Computer und Recht (Zeitschrift)

DB

Deutsche Bahn

DECT

Digital Enhanced Cordless Telecommunications (verbesserte digitale Schnurloskommunikation)

d.h.

das heißt

DigiNetzG

Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze

DSL

Digital Subscriber Line (digitaler Teilnehmeranschluss)

EECC

European Electronic Communications Code (Europäischer Kodex für elektronische Kommunikation)

Einl.

Einleitung

EnWG

Energiewirtschaftsgesetz

EPG

Electronic Program Guide (Elektronischer Programmführer)

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

evtl.

eventuell

f./ff.

folgende

Fn.

Fußnote(n)

FreqV

Frequenzverordnung

FS

Festschrift

FTTB

Fibre To The Building (Glasfaser bis ans Gebäude)

FTTH

Fibre To The Home (Glasfaser bis in die Wohnung)

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GEREK

Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation

GG

Grundgesetz

ggf.

gegebenenfalls

GHz

Gigahertz

GIS

Geoinformationssystem

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Hrsg.

Herausgeber

Hs.

Halbsatz

IP

Internet Protocol (Internet-Protokoll)

IRNIK

Institut für das Recht der Netzwirtschaften, Informations- und Kommunikationstechnologie

ISA

Infrastrukturatlas

i.S.d.

im Sinne der/des

i.V.m.

in Verbindung mit

Kap.

Kapitel

K&R

Kommunikation & Recht (Zeitschrift)

lfd.

laufend(e)

lit.

litera (Buchstabe)

LTE

Long Term Evolution (Mobilfunkstandard der vierten Generation)

m. Anm.

mit Anmerkung

MHz

Megahertz

mil.

militärisch

MMR

Multimedia und Recht (Zeitschrift)

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NGA

Next Generation Access (Anschluss[netze] der nächsten Generation)

Nr.

Nummer(n)

N&R

Netzwirtschaften & Recht (Zeitschrift)

NRW

Nordrhein-Westfalen

NRWE

Entscheidungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift)

o.g.

oben genannt(e/en)

OTT

Over The Top (plattformunabhängig)

Rn.

Randnummer(n)

Rs.

Rechtssache

S.

Satz/Sätze/Seite(n)

SMP

Significant Market Power (beträchtliche Marktmacht)

SMS

Short Message Service (Kurznachrichtendienst)

sog.

sogenannte(n/r)

SSNIP

Small but Significant Non transitory Increase in Price (Preisheraufsetzung[stest])

TKG

Telekommunikationsgesetz

TKMoG

Telekommunikationsmodernisierungsgesetz

TV

Television (Fernsehen)

u.a.

unter anderem

UAbs.

Unterabsatz

UKW

Ultrakurzwelle

UMTS

Universal Mobile Telecommunications System (Mobilfunkstandard der dritten Generation)

Urt.

Urteil

usw.

und so weiter

u.U.

unter Umständen

v.

vom

VDSL

Very High Speed Digital Subscriber Line (sehr schneller digitaler Teilnehmeranschluss)

VG

Verwaltungsgericht

vgl.

vergleiche

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WWW

World Wide Web

z.B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer(n)

ziv.

zivil

ZNER

Zeitschrift für Neues Energierecht (Zeitschrift)

z.T.

zum Teil

A. Einleitung

Das Telekommunikationsrecht ist ein facettenreiches Rechtsgebiet. Es bildet den Ordnungsrahmen für einen dynamischen Wirtschaftsbereich, der sich in nicht einmal drei Jahrzehnten von einer staatsmonopolistisch ausgestalteten Daseinsvorsorge zu einem Wettbewerbsmarkt mit einer Vielzahl von Anbietern und einem jährlichen Außenumsatzvolumen von fast 60 Milliarden Euro1 in Deutschland entwickelt hat. Moderne VDSL-, Glasfaser- und Mobilfunkbreitbandnetze bilden die Lebensadern der Informationsgesellschaft. An die Stelle von Wählscheibentelefonen und öffentlichen Fernmeldehäuschen sind fast überall verfügbare mobile Kommunikationsmöglichkeiten und digitale Datennetze getreten. In diesen sind Sprachübertragungen nur noch eine Nutzungsmöglichkeit unter vielen, die in Umfang und Bedeutung zunehmend gegenüber der Übermittlung von Video- und Audioinhalten, Programmen, Bildern und Mitteilungen in sozialen Netzen in den Hintergrund rückt. In Unternehmen und Behörden wird – in Corona-Zeiten mehr denn je – über Datennetze kommuniziert, Firmen steuern ihre Produktion mit Hilfe von Telekommunikationsnetzen und das Internet der Dinge ist ohnehin auf die ständige Verfügbarkeit von Kommunikationsmöglichkeiten angewiesen.

Diese technisch-wirtschaftliche Dynamik und volkswirtschaftliche Bedeutung der Telekommunikation trifft jedoch auf ökonomische Besonderheiten. Denn bei der Errichtung und dem Betrieb von Netzen bestehen erhebliche Größen-, Verbund- und Dichtevorteile. Vereinfacht gesagt: Unternehmen, die viele Kunden in einem möglichst dicht besiedelten Gebiet mit möglichst vielen Dienstleistungen (Festnetzanschluss, Mobilfunkanschluss, Telefonie, Datenübertragung, TV) versorgen, können dies zu deutlich günstigeren Kosten pro Kunden leisten als Unternehmen mit einem kleineren, räumlich weiter verstreuten Kundenbestand und kleinerem Dienstportfolio. Da mit der Errichtung eines Fest- oder Mobilfunknetzes erhebliche Kosten (Tiefbauarbeiten für die Verlegung der Kabel, Kosten der Netzeinrichtungen/Funkmasten, Frequenzkosten usw.) verbunden sind, ist es für neue Anbieter schwer, mit eigener Infrastruktur am Markt tätig zu werden. Als reine Anbieter von Diensten sind sie aber auf die Nutzung der Netze anderer Unternehmen angewiesen, die in aller Regel mit ähnlichen Produkten um dieselben Endkunden konkurrieren, also einen starken Anreiz haben, ihren potentiellen Wettbewerbern die Erstellung eines wettbewerbsfähigen Angebots zu erschweren.

Darüber hinaus beruhen die zwei zentralen Festnetzinfrastrukturen – das bundesweite Kupferkabelnetz der Telekom Deutschland GmbH und das frühere Fernsehkabelnetz, das mittlerweile als modernes Breitbandkabelnetz von der Vodafone GmbH betrieben wird – zu einem erheblichen Teil auf Investitionen, die noch zu Zeiten der staatlichen Leistungserbringung und damit aus öffentlichen Mitteln getätigt wurden. Auch insoweit haben neue Wettbewerber somit zumindest tendenziell ungünstigere Startbedingungen als die etablierten Anbieter. Deshalb lag in der ersten Zeit nach Inkrafttreten des TKG der praktische Schwerpunkt auf der Schaffung und Förderung von Wettbewerb unter diesen schwierigen Voraussetzungen. Mit dieser Aufgabe wurde eine eigens hierfür eingerichtete Bundesoberbehörde betraut: die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, die heutige Bundesnetzagentur (für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen).

In den letzten Jahren hat sich jedoch eine neue Herausforderung ergeben: Neue Anwendungen und Nutzungsmöglichkeiten insbesondere im Internet (Video- und Musikstreaming, eGames, Videokonferenzen usw.) haben zu einem sprunghaften Anstieg des Bandbreitenbedarfs geführt, der auch künftig voraussichtlich weiter wachsen wird. Zugleich stößt das jedenfalls auf der „letzten Meile“ nach wie vor weitgehend auf einer Kupferkabelinfrastruktur basierende Festnetz zunehmend an seine Leistungsgrenzen, während die Verfügbarkeit von zukunftsfähigen Glasfaseranschlüssen gerade auch im internationalen Vergleich noch ausbaufähig ist. Ähnliche Entwicklungen sind im Mobilfunkbereich zu verzeichnen. Hier sind zwar Sprachtelefondienste weitgehend (wenn auch ebenfalls noch nicht vollständig) flächendeckend verfügbar. Bei hochleistungsfähigen Datenverbindungen weisen die bundesweiten Netze jedoch nach wie vor nicht unerhebliche weiße Flecken auf. Das Thema des Netzausbaus ist daher zunehmend auf die telekommunikationspolitische Agenda gerückt. Es tritt neben das Ziel der Wettbewerbsförderung und wird bisweilen als Argument für eine Neuausrichtung der Regulierung bemüht, in deren Folge die Schaffung und Erhaltung von Investitionsanreizen gegenüber der Intensivierung von Wettbewerb mit seinen preisdämpfenden Effekten priorisiert werden solle.

Das Telekommunikationsrecht befindet sich im Zentrum dieser komplexen Gemengelage aus öffentlichen und individuellen Interessen. Es muss die vielfältigen Herausforderungen u.a. für den Wettbewerb, für das öffentliche Interesse an einer grundlegenden Versorgung mit Telekommunikationsdiensten, aber auch an der Entwicklung hochleistungsfähiger Netze und für die Rechte der Verbraucher verarbeiten. Diese Vielschichtigkeit der gesetzlichen Zielsetzungen spiegelt sich auch in der Gliederung des TKG wider.

Abbildung 1: Übersicht über das TKG

Das vorliegende Übersichtsbuch stellt das so umrissene Recht der Kommunikationsnetze und -dienste nicht umfassend dar. Stattdessen legt es seinen Fokus auf ausgewählte Bereiche des Telekommunikationsrechts, die es aus dem Wirtschaftsverwaltungsrecht besonders hervorheben oder die von besonderer praktischer Relevanz sind. Als zusätzliche Herausforderung ist dabei zu berücksichtigen, dass sich das Telekommunikationsrecht derzeit in einer Umbruchphase befindet. Ende 2018 wurde der EU-rechtliche Rahmen für die elektronischen Kommunikationsnetze und -dienste, auf dem das TKG in wesentlichen Teilen beruht, auf ein völlig neues Fundament gestellt, den sog. europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation.2 Dieser Kommunikationskodex wäre nach seinem Art. 124 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 im Wesentlichen bis zum 21. Dezember 2020 in nationales Recht umzusetzen gewesen. Erst am 16. Dezember 2020 hat die Bundesregierung jedoch den Entwurf für ein Umsetzungsgesetz beschlossen, das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG).3 Am 7. Mai 2021 hat dann auch der Bundesrat dem vom Deutschen Bundestag am 22. April 2021 mit zahlreichen Änderungen4 verabschiedeten Gesetz5 zugestimmt.6 Es ist allerdings erst am 1. Dezember 2021 in Kraft getreten. Die folgende Darstellung basiert bereits auf dem neuen Gesetz, geht aber an geeigneter Stelle auch noch auf die frühere Rechtslage ein. Das alte Telekommunikationsgesetz wird dementsprechend als TKG 2004, das neue einfach als TKG bezeichnet.

1

Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2020, 2021, S. 50.

2

Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation; hierzu einführend

Kiparski,

CR 2019, 179.

3

Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 29/21.

4

Siehe hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, BT-Drs. 19/28865.

5

Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages, BR-Drs. 325/21.

6

Beschluss des Bundesrates, BR-Drs. 325/21 (Beschluss), 1.

B. Allgemeine Regulierungsziele und -grundsätze

Dem Telekommunikationsrecht liegt insgesamt nicht die überkommene Gesetzgebungstechnik zugrunde, die konditional programmierte Entscheidungsvorgaben vorsieht. Stattdessen enthält es wie zahlreiche moderne Rechtsakte, die in eine komplexe und multipolare Interessenlage eingebettet sind, ausdrückliche Zielvorgaben, mit denen die hoheitlichen Entscheidungen final überformt werden. Diese Zielvorgaben werden ergänzt durch Grundsätze der Regulierung, an denen sich die Bundesnetzagentur ausrichten muss, wenn sie Maßnahmen zur Verfolgung der allgemeinen Ziele der Regulierung ergreift. Diese Grundsätze haben im Gegensatz zu den Zielen der Regulierung selbst eher einen modalen als einen finalen Charakter.7 Eine trennscharfe Differenzierung ist jedoch nicht möglich.

Die Umsetzung des Kommunikationskodex hat eine erhebliche Neuausrichtung des Katalogs der Zielvorgaben mit sich gebracht. Bisher hatte der Gesetzgeber des TKG 2004 die bereits richtlinienrechtlich vorgesehenen Regulierungsziele noch durch eigenständige Zielvorgaben konkretisiert und arrondiert. Das neue TKG sieht nun aber eine stärkere Annäherung an die richtlinienrechtlichen Regelungsstrukturen vor, ohne sich freilich völlig von einer nationalen Ausgestaltung zu verabschieden. Die nachfolgende Tabelle gibt einen konzentrierten Überblick über die frühere und die neue Rechtslage, wobei die einzelnen Ziele und Grundsätze sprachlich z.T. erheblich verdichtet wurden.

Tabelle 1: Ziele und Grundsätze der Regulierung

Bisheriges Telekommunikationsrecht

Neues Telekommunikationsrecht

Regulierungsziele (§ 2 Abs. 2 TKG 2004)

Ziele der Regulierung (§ 2 Abs. 2 TKG)

1. die Wahrung der Nutzer-, insbesondere der Verbraucherinteressen auf dem Gebiet der Telekommunikation und die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses

2. die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation

3. die Förderung der Entwicklung des Binnenmarktes der Europäischen Union

1. die Sicherstellung der Konnektivität sowie die Förderung des Zugangs zu und der Nutzung von Netzen mit sehr hoher Kapazität

2. die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation

3. die Wahrung der Nutzer-, insbesondere der Verbraucherinteressen auf dem Gebiet der Telekommunikation indem

4. die Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten (Universaldienstleistungen) zu erschwinglichen Preisen

5. die Beschleunigung des Ausbaus von hochleistungsfähigen öffentlichen Telekommunikationsnetzen der nächsten Generation

6. die Förderung von Telekommunikationsdiensten bei öffentlichen Einrichtungen

7. die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen

8. die Gewährleistung einer effizienten Nutzung von Nummerierungsressourcen

9. die Wahrung der Interessen der öffentlichen Sicherheit

a) die Konnektivität, die breite Verfügbarkeit sowie der beschleunigte Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität wie auch von Telekommunikationsdiensten sichergestellt und deren Nutzung gefördert werden,

b) auf größtmögliche Vorteile der Nutzer in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität auf der Grundlage eines wirksamen Wettbewerbs hingewirkt wird,

c) die Interessen der öffentlichen Sicherheit gewahrt und die Sicherheit der Netze und Dienste gewährleistet werden,

d) gleichwertige Lebensverhältnisse in städtischen und ländlichen Räumen sowie ein hohes gemeinsames Schutzniveau für die Endnutzer sichergestellt werden,

e) sichergestellt wird, dass keine Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen im Bereich der Telekommunikation bestehen

4. die Förderung der Entwicklung des Binnenmarktes der Europäischen Union

5. die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen

Regulierungsgrundsätze (§ 2 Abs. 3 TKG 2004)

Grundsätze der Regulierung (§ 2 Abs. 3 TKG)

1. die Förderung der Vorhersehbarkeit der Regulierung durch Beibehaltung eines einheitlichen Regulierungskonzepts über angemessene Überprüfungszeiträume

2. die Gewährleistung der Diskriminierungsfreiheit für Betreiber von Telekommunikationsnetzen und Anbieter von Telekommunikationsdiensten unter vergleichbaren Umständen

3. der Schutz des Wettbewerbs zum Nutzen der Verbraucher und, soweit sachgerecht, die Förderung des infrastrukturbasierten Wettbewerbs

4. die Förderung effizienter Investitionen und Innovationen im Bereich neuer und verbesserter Infrastrukturen

5. die gebührende Berücksichtigung der vielfältigen Bedingungen im Zusammenhang mit Wettbewerb und Verbrauchern in den verschiedenen geographischen Gebieten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland

1. die Förderung der Vorhersehbarkeit der Regulierung durch Wahrung eines einheitlichen Regulierungskonzepts über angemessene Überprüfungszeiträume und im Wege der Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden und auf Unionsebene

2. die Gewährleistung der Diskriminierungsfreiheit für Betreiber von Telekommunikationsnetzen und Anbieter von Telekommunikationsdiensten unter vergleichbaren Umständen

3. die Anwendung des Unionsrechts in technologieneutraler Weise, soweit dies mit der Erfüllung der Regulierungsziele vereinbar ist,

4. die Förderung effizienter Investitionen und Innovationen im Bereich neuer und verbesserter Infrastrukturen

5. die gebührende Berücksichtigung der vielfältigen Bedingungen im Zusammenhang mit Infrastrukturen, Wettbewerb, Gegebenheiten der Endnutzer und insbesondere der Verbraucher in den verschiedenen geographischen Gebieten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland

6. die Auferlegung regulatorischer Vorabverpflichtungen nur dort, wo es keinen wirksamen und nachhaltigen Wettbewerb gibt, und die Lockerung oder Aufhebung dieser Verpflichtungen, sobald es einen solchen Wettbewerb gibt

6. die Auferlegung regulatorischer Vorabverpflichtungen nur dort, wo es keinen wirksamen und nachhaltigen Wettbewerb gibt, und die Lockerung oder Aufhebung dieser Verpflichtungen, sobald es einen solchen Wettbewerb gibt

Die vorstehend wiedergegebenen Zielsetzungen und Grundsätze stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind auf komplexe Weise miteinander verknüpft.8 Dabei können Maßnahmen, die einem Ziel dienen, zugleich dazu beitragen, auch andere der Ziele zu erreichen, etwa wenn durch eine Förderung des Wettbewerbs die Konnektivität verbessert und den Verbraucherinteressen gedient wird. Das Verhältnis der Ziele untereinander wirft jedoch auch die Frage nach etwaigen Zielkonflikten und – in einem nächsten Schritt – nach normativen Vorgaben zur Auflösung solcher Zielkonflikte auf. Dabei wird verbreitet davon ausgegangen, dass es zwischen den einzelnen Zielbestimmungen zu Zielkonflikten kommen kann.9 Insbesondere zwischen dem Ziel der Wettbewerbsförderung und den zu wahrenden Verbraucherinteressen in ihren unterschiedlichen Ausprägungen (etwa hinsichtlich des Verbraucherschutzes) werden solche Konflikte für relevant erachtet.10 Die Zusammenhänge sind jedoch alles andere als unterkomplex. Mangels abweichender Vorgaben sind alle Zielsetzungen prinzipiell gleichrangig. Etwaige Zielkonflikte sind daher grundsätzlich durch Abwägung im Einzelfall aufzulösen, sofern die jeweils einschlägigen Vorschriften Raum für eine solche Abwägung lassen. In deren Rahmen ist dann ein optimaler Ausgleich der einzelnen Ziele (im Sinne größtmöglicher praktischer Konkordanz) anzustreben.11

7

Hierzu und zum Folgenden: BVerwG, N&R 2019, 113, 115 Rn. 42 (Urt. v. 21.9.2018 – Az. 6 C 8.17).

8

Die nachfolgenden Ausführungen beruhen z.T. auf

Neumann/Sickmann/Alkas/Koch,

Reformbedarf des europäischen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikation, 2017, S. 18ff.

9

Sörries,

CR 2015, 162, 166; entsprechend zu den richtlinienrechtlichen Zielvorgaben

Gärditz,

N&R-Beilage 2/2011, 1, 4.

10

Vgl. etwa hinsichtlich des Verbraucherschutzes

Gärditz,

N&R-Beilage 2/2011, 1, 4.

11

Vgl. auch

Kleinlein/Schubert,

N&R 2013, 185, 192.

C. Marktregulierung

Die Vorschriften zur Marktregulierung bilden den Kern der wirtschaftsrechtlichen Regulierung des Telekommunikationssektors. Sie ergänzen den allgemeinen Ordnungsrahmen um spezifische Vorschriften in Bezug auf die ökonomischen Besonderheiten dieses Wirtschaftsbereichs.

I. Allgemeiner Regulierungsrahmen (§ 20 TKG)

Eine solche Besonderheit besteht allgemein in den sog. Netzexternalitäten: Insbesondere steigt der Wert eines Netzes für jeden daran angeschlossenen Teilnehmer, je mehr Teilnehmer über dieses Netz erreichbar sind. Man spricht insoweit von einer positiven Netzexternalität. Dieser Effekt hat jedoch zur Folge, dass Betreiber kleinerer Netze und insbesondere Neueinsteiger einen spürbaren Wettbewerbsnachteil haben.

Dieser Nachteil wird durch die Möglichkeit einer Zusammenschaltung mit anderen Netzen kompensiert. Hierunter ist die Verbindung zweier Telekommunikationsnetze zu verstehen, die es den Nutzern ermöglicht, mit Nutzern zu kommunizieren, die an ein anderes Telekommunikationsnetz angeschlossen sind, oder Dienste in Anspruch zu nehmen, die über ein solches anderes Netz erbracht werden (§ 3 Nr. 79 TKG). Damit wird insbesondere auch der Teilnehmerbestand eines großen Netzes für die an ein kleineres Netz angeschlossenen Teilnehmer erreichbar. Zusammenschaltungen sind daher aus telekommunikationsrechtlicher Sicht erwünscht.

Sie sind aber nur eine besondere – wenn auch prominente – Form des Zugangs zu einem Netz. Hierunter versteht man sehr weitgehend die Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten für ein anderes Unternehmen, um diesem die Erbringung von Telekommunikationsdiensten zu ermöglichen (§ 3 Nr. 74 TKG). „Zugang“ kann in diesem Sinne ganz verschiedene Leistungen umfassen. Eine praktisch sehr wichtige Form ist die Überlassung eines Teilnehmeranschlusses. Hierdurch können andere Unternehmen nicht nur den Teilnehmern des eigenen Netzes die Kommunikation mit den Teilnehmern eines anderen Netzes ermöglichen – was durch die Zusammenschaltung ermöglicht wird. Sie können nun vielmehr den Teilnehmern dieses anderen Netzes selbst ein Anschlussangebot machen, ohne eine zweite Anschlussleitung errichten zu müssen. „Zugang“ können aber auch andere Leistungen sein, etwa die Bereitstellung von Systemen zur Auftragserteilung oder Abrechnung (§ 3 Nr. 74 lit. d TKG) oder die Ermöglichung der Nutzung von Gebäuden, Leitungsrohren oder Masten (§ 3 Nr. 74 lit. b TKG). Gewährt ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes einem anderen Unternehmen in diesem Sinne Zugang zu seinem Netz, so wird dadurch die Möglichkeit der Erbringung von Telekommunikationsdiensten gefördert.

Diesem Umstand trägt der allgemeine Regulierungsrahmen der Marktregulierung Rechnung. § 20 Abs. 1 TKG verpflichtet zunächst alle Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, auf ein entsprechendes Verlangen über eine Zusammenschaltungsvereinbarung zu verhandeln. In Erweiterung der bisherigen Rechtslage nach § 16 TKG 2004 erstreckt sich diese Verpflichtung allerdings nunmehr über den Bereich der Zusammenschaltungen hinaus auf Verhandlungen auch über (sonstige) Zugänge. Es besteht dabei zwar keine Verpflichtung, eine Zusammenschaltungs- oder (sonstige) Zugangsvereinbarung auch abzuschließen (kein Kontrahierungszwang).12 Die Verhandlungen müssen aber nach Treu und Glauben geführt werden.13 Es dürfen daher keine Bedingungen gefordert werden, die eine Inanspruchnahme der über die Zusammenschaltung bzw. den Zugang erbrachten Dienste verhindern.14

Ergänzend zu dieser Verhandlungspflicht verankert § 20 Abs. 2 TKG einen besonderen Vertraulichkeitsschutz für Informationen im Zusammenhang mit Zugangsverhandlungen. Dieser besondere Schutz flankiert zum einen die gesetzliche Verhandlungspflicht aus § 20 Abs. 1 TKG und kompensiert die aus ihr erwachsenden Risiken für die verpflichteten Unternehmen. Zum anderen soll er aber auch die Aufnahme und zielorientierte Führung entsprechender Verhandlungen fördern.

Nach § 20 Abs. 3 TKG kann die Bundesnetzagentur schließlich als neutraler Vermittler die Verhandlungen begleiten, wenn die Beteiligten das beantragen und die Wettbewerbslage es erfordert. Diese förmlich verankerte Moderatorenrolle ist eine Neuerung gegenüber dem TKG 2004.

12

So zur richtlinienrechtlichen Grundlage der Vorschrift: EuGH, ECLI:EU:C:2009:696, Rn. 36 (Urt. v. 12.11.2009 – Rs. C-192/08)

– TeliaSonera Finland Oyj.

13

Vgl. EuGH, ECLI:EU:C:2009:696, Rn. 53 (Urt. v. 12.11.2009 – Rs. C-192/08)

– TeliaSonera Finland Oyj.

14

Vgl. EuGH, ECLI:EU:C:2009:696, Rn. 55 (Urt. v. 12.11.2009 – Rs. C-192/08)

– TeliaSonera Finland Oyj.

II. Marktmachtabhängige Regulierung (§§ 10ff., §§ 24ff. TKG)

Herzstück der telekommunikationsrechtlichen Marktregulierung ist jedoch die marktmachtabhängige Regulierung.

1.Ökonomischer Hintergrund

Ähnlich wie das Wettbewerbsrecht knüpft sie an eine wirtschaftlich herausgehoben starke Stellung von Unternehmen an, die es diesen erlaubt, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und der Marktgegenseite zu verhalten. Während das Wettbewerbsrecht eine solche Position als marktbeherrschende Stellung bezeichnet (vgl. § 19 Abs. 1 i.V.m. § 18 GWB), spricht das Telekommunikationsrecht von beträchtlicher Marktmacht (vgl. § 11 Abs. 4 S. 2 TKG). Diese terminologische Differenzierung macht bereits deutlich, dass die wettbewerbsrechtlichen Wertungen nicht unbesehen in das Telekommunikationsrecht übernommen werden können.

Das liegt in erster Linie an dem abweichenden Regelungsansatz. So geht das allgemeine Wettbewerbsrecht von grundsätzlich funktionsfähigen Wettbewerbsstrukturen aus, die lediglich punktuelle Interventionen im Falle eines ausnahmsweisen Marktversagens erforderlich machen.15 Demgegenüber haben die ökonomischen Besonderheiten der Telekommunikation16 als Netzwirtschaftsbranche zur Folge, dass der Wettbewerbsprozess in einigen Bereichen nachhaltig gestört ist und laufender regulatorischer Absicherung und Förderung bedarf.17 Diese Beeinträchtigung der normalen Wettbewerbsmechanismen war ursprünglich so gravierend, dass man lange von natürlichen Monopolen ausging, vor deren Hintergrund eine Betätigung konkurrierender Unternehmen gesamtwirtschaftlich ineffizient gewesen wäre. Dies war einer der wesentlichen Gründe, warum die Leistungserbringung im Bereich der Telekommunikation lange Zeit in Form eines sog. Staatsmonopols (Deutsche Bundespost) organisiert war.

Doch der technische und wirtschaftliche Fortschritt hat dazu geführt, dass jedenfalls in Teilbereichen des Sektors eine wettbewerbliche Betätigung möglich erschien. Das führte dann dazu, dass das Staatsmonopol geöffnet und eine wettbewerbliche Leistungserbringung (Liberalisierung) durch private Unternehmen (Privatisierung) ermöglicht wurde. Diese rechtliche Marktöffnung war jedoch nicht ausreichend, um tatsächlich Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten zu schaffen. Das lag zum einen an den ökonomischen Besonderheiten des Sektors, die jedenfalls tendenziell mit Kostenvorteilen für Betreiber großer, flächendeckender Netze einhergehen. Zum anderen standen die erheblichen Startvorteile des ehemaligen staatlichen Anbieters, der heutigen Deutschen Telekom AG mit ihrer für zentrale Bereiche des Endkundengeschäfts zuständigen Tochtergesellschaft Telekom Deutschland GmbH, einem chancengleichen Wettbewerb entgegen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es besonderer staatlicher Maßnahmen, die es Wettbewerbern ermöglichten, Teile des flächendeckenden Telekommunikationsnetzes für eigene Angebote mitzunutzen.

Zwar entfalten auch punktuelle Eingriffe der für die Überwachung des Wettbewerbsgeschehens zuständigen Aufsichtsbehörde in Reaktion auf ein missbräuchliches Ausnutzen besonderer wirtschaftlicher Macht – wie sie das allgemeine Wettbewerbsrecht vorsieht – eine gewisse Ausstrahlungs- und Steuerungswirkung. Denn alle Marktteilnehmer können davon ausgehen, dass in vergleichbaren Fällen ein neuerlicher Eingriff erfolgen wird. Der bloß reaktive Charakter des erstmaligen Eingriffs bei einem bestimmten (unzulässigen) Verhalten hat jedoch zur Folge, dass das marktmächtige bzw. -beherrschende Unternehmen einen zeitlichen Vorsprung vor entsprechenden Korrekturen hat. Das führt in einem dynamischen Sektor wie der Telekommunikation zu einem erheblichen Wettbewerbsvorteil. Darüber hinaus liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach allgemeinem Wettbewerbsrecht nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn das damit verknüpfte Unwerturteil gerechtfertigt ist.18 Hierdurch erhält das marktbeherrschende Unternehmen einen gewissen Handlungsspielraum. Dieser ist in grundsätzlich wettbewerblich strukturierten Märkten hinnehmbar. Denn seine Ausnutzung – etwa in Form (leicht) überhöhter Preise – setzt Anreize für Wettbewerber, sich auf dem betreffenden Markt zu betätigen. In Bereichen mit dauerhaft gestörten Wettbewerbsmechanismen erlaubt ein solcher Handlungsspielraum dem dominanten Unternehmen aber eine dauerhafte Benachteiligung der Marktgegenseite und damit letzten Endes der Verbraucher. Das allgemeine Wettbewerbsrecht wird daher den besonderen Herausforderungen nicht gerecht, die sich in den strukturell vermachteten Bereichen des Telekommunikationssektors stellen. Stattdessen bedurfte und bedarf es einer von konkreten Machtmissbräuchen unabhängigen Regelsetzung, die vorab steuernd in das Verhalten des marktmächtigen Unternehmens eingreift. Man spricht diesbezüglich von einer Vorab- oder Ex-ante-Regulierung.

2.Marktdefinition und -analyse

Während das erste, 1996 in Kraft getretene TKG (TKG 1996) insoweit relativ weitflächige Vorgaben bereits auf Gesetzesebene enthielt, folgen sowohl das bisher geltende TKG 2004 als auch das neue TKG einem passgenaueren Ansatz. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die fortschreitende Wettbewerbsentwicklung und Errichtung konkurrierender Netzinfrastrukturen in immer mehr Teilbereichen des Sektors zu funktionsfähigen Wettbewerbsprozessen geführt haben und auch weiter führen. Da dort das allgemeine Wettbewerbsrecht nunmehr ausreichend ist, kann (und muss) sich die marktmachtabhängige Regulierung mittlerweile auf diejenigen Bereiche konzentrieren, in denen ein grundsätzlich selbsttragender Wettbewerb (noch) nicht möglich ist. Dem eigentlichen Regulierungseingriff ist hierfür ein komplexes Verfahren vorgeschaltet, in dem der Bereich identifiziert wird, auf dem Maßnahmen der Vorabregulierung überhaupt notwendig und gerechtfertigt sind. Dieses Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren gliedert sich in mehrere Schritte, die aufeinander bezogen sind und sich inhaltlich überschneiden.

a)Marktdefinition

Zunächst werden die relevanten Produkt- und Dienstemärkte definiert. Diese Marktdefinition umfasst insbesondere eine Marktabgrenzung, wie sie auch aus dem allgemeinen Wettbewerbsrecht bekannt ist. Hierbei geht es darum, die Wettbewerbskräfte zu bestimmen, die auf Anbieter bestimmter Güter (Produkte und Dienstleistungen) einwirken. Je enger ein Markt abgegrenzt wird, desto eher lässt sich eine dominante Stellung eines Unternehmens feststellen. Bei der Marktabgrenzung wird üblicherweise zwischen der sachlichen und der räumlichen Marktabgrenzung unterschieden.19 Es werden also Märkte anhand ihrer sachlichen und räumlichen Reichweite abgegrenzt. Man spricht insoweit von sachlich und räumlich relevanten Märkten.

Die sachliche Marktabgrenzung dient der Bestimmung derjenigen Güter, die demselben relevanten Markt zuzuordnen sind. Von zentraler Bedeutung sind dabei die nachfrage- und die angebotsseitige Substituierbarkeit.20 Erstere fragt danach, welche Güter aus Sicht der Nachfrager hinreichend substituierbar sind. Das wird im deutschen Wettbewerbsrecht typischerweise anhand des sog. Bedarfsmarktkonzepts beantwortet. Auf seiner Grundlage kommt es darauf an, welche Güter aus Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preis zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind. Sind Güter aus Nachfragersicht austauschbar, kann der Anbieter des einen Gutes dessen Preis nicht erhöhen,21 ohne befürchten zu müssen, dass die Kunden stattdessen das andere Gut erwerben. Er kann insoweit also keine Marktmacht ausüben. Bei der angebotsseitigen Substituierbarkeit geht es demgegenüber darum, ob andere Anbieter als die der unmittelbar marktzugehörigen Güter ihre Produktion unmittelbar oder kurzfristig umstellen bzw. die relevanten Güter anbieten können, ohne dass ihnen erhebliche Zusatzkosten entstehen.22 Hier muss der Anbieter eines Gutes bei einer Preiserhöhung damit rechnen, dass jetzt andere Anbieter dasselbe Gut herstellen, da dessen Produktion nun lukrativer geworden ist. Auch hierdurch wird eine etwaige Marktmacht begrenzt.

Insbesondere im EU-Wettbewerbsrecht wird sowohl für die Nachfrage- als auch für die Angebotssubstituierbarkeit oftmals auf den sog. „hypothetischen Monopolistentest“ zurückgegriffen.23 Er unterstellt eine kleine, aber signifikante und dauerhafte Preiserhöhung24 bei einem bestimmten Gut (etwa im Bereich von 5 bis 10 % des Preises). Würden die Nachfrager bei einer solchen Preiserhöhung das Gut (z.B. einen VDSL-Anschluss) ohne weiteres durch ein anderes Gut (z.B. einen Kabelnetzanschluss) ersetzen, spräche das dafür, dass beide Güter demselben sachlich relevanten Markt zuzurechnen sind.25 Entsprechendes gilt für die Angebotsseite: Hätte eine kleine, aber signifikante und dauerhafte Preiserhöhung bei einem Gut zur Folge, dass Anbieter eines anderen Gutes kurzfristig in den Markt eintreten würden, spricht dies dafür, diesen Anbieter bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes zu berücksichtigen.26 Ein gravierendes Problem des hypothetischen Monopolistentests liegt allerdings in der zentralen Bedeutung des Preises für das ursprünglich betrachtete Gut. Sofern dieser überhöht sein sollte, führt der hypothetische Monopolistentest tendenziell zu einer zu weiten sachlichen Marktabgrenzung, in deren Folge Wettbewerbsdefizite als solche nicht erkannt werden (sog. „Cellophane Fallacy“).27

Auch die räumliche Marktabgrenzung erfolgt grundsätzlich anhand der Nachfrage- und Angebotssubstituierbarkeit.28 Gerade die nachfrageseitige Austauschbarkeit ist bei netzgebundenen Gütern jedoch räumlich naturgemäß begrenzt: Wer in Bonn wohnt, kann seinen privaten Festnetzanschluss nicht durch einen Anschluss in Köln ersetzen. In erster Linie geht es bei der räumlichen Marktabgrenzung daher darum, solche Gebiete zu identifizieren, in denen die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und von Nachbargebieten unterschieden werden können, in denen erheblich andere Wettbewerbsbedingungen herrschen.29

Bei der Abgrenzung der Märkte, die für eine telekommunikationsrechtliche Vorabregulierung in Betracht kommen, ist der vom allgemeinen Wettbewerbsrecht abweichende Regulierungsansatz zu beachten. Dieser beruht weit stärker auf einer vorausschauenden Analyse der erwarteten Marktentwicklung, als dies im allgemeinen Wettbewerbsrecht – jedenfalls im Bereich der Missbrauchskontrolle – üblich ist. Auch wenn die telekommunikationsrechtliche Marktabgrenzung also auf denselben Grundsätzen beruht wie die Marktabgrenzung nach allgemeinem Wettbewerbsrecht, kann sie im Einzelfall zur Abgrenzung anderer relevanter Märkte führen.30

Darüber hinaus ist bei der Bestimmung derjenigen Märkte, die für eine telekommunikationsrechtliche Vorabregulierung in Betracht kommen, die Unterscheidung von Vorleistungs- und Endkundenmärkten von zentraler Bedeutung. Endkundenmärkte sind diejenigen relevanten Märkte, auf denen Unternehmen oder Personen als Nachfrager Güter auf dem Bereich der Telekommunikation (Anschlüsse, Verbindungsleistungen usw.) beziehen, die sie selbst nicht für entsprechende Angebote an Dritte verwenden, sondern für andere (private oder berufliche) Zwecke nutzen. Vorleistungsmärkte sind demgegenüber solche Märkte, auf denen Telekommunikationsunternehmen (Netzbetreiber oder Diensteanbieter) von anderen Telekommunikationsunternehmen Güter auf dem Bereich der Telekommunikation beziehen, die sie dazu verwenden, um selbst Dritten andere Güter auf dem Bereich der Telekommunikation anzubieten. Solche Vorleistungen werden beispielsweise von Netzbetreibern in Anspruch genommen, die für ihre Endkundenangebote Leitungen oder Übertragungsleistungen der Telekom Deutschland GmbH nutzen.

Da die telekommunikationsrechtliche Vorabregulierung dauerhafte Wettbewerbsdefizite kompensieren soll, wird es – jedenfalls in der Theorie – in aller Regel ausreichen, die Vorleistungsebene zu regulieren. Denn wenn dort durch die Vorabregulierung wettbewerbsanaloge Bedingungen hergestellt werden, sollte es damit konkurrierenden Anbietern möglich sein, zu wettbewerblichen Bedingungen in den nachgelagerten Endnutzermärkten tätig zu sein. Die Regulierung der Vorleistungsebene soll insoweit regulatorische Eingriffe auf Endkundenebene entbehrlich machen.31 Die entsprechenden Endkundenmärkte bilden daher (lediglich) den Ausgangspunkt der wettbewerblichen Untersuchung der Telekommunikationsmärkte:32 Von den tatsächlich den Endkunden angebotenen Gütern ausgehend werden die zu ihrer Bereitstellung benötigten Vorleistungen identifiziert. Um diese herum können dann die jeweiligen sachlich und räumlich relevanten Vorleistungsmärkte abgegrenzt werden. Hierbei kann es sich angesichts des Ziels der Marktöffnung auch um rein „fiktive“ Märkte handeln, auf denen mangels entsprechender freiwilliger Angebote (noch) kein tatsächliches Marktgeschehen stattfindet.33

Dieser gesamte Vorgang wird jedoch unionsrechtlich überformt. Maßgeblich ist dabei die sog. Märkteempfehlung der Kommission.34 In dieser Empfehlung definiert die Kommission diejenigen Märkte für elektronische Kommunikationsprodukte und -dienste, deren Merkmale eine marktmachtabhängige Vorabregulierung rechtfertigen können.35 Hinter dieser Formulierung steht das Bemühen, über eine bloße Marktabgrenzung im dargestellten Sinne hinaus gerade diejenigen Märkte des Telekommunikationssektors zu identifizieren, deren Charakteristika eine sektorspezifische Wettbewerbsförderung notwendig machen können. Dies erfolgt anhand dreier Kriterien, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit ein Markt für eine Vorabregulierung in Betracht kommt (sog. Drei-Kriterien-Test):

1.Beträchtliche und anhaltende Marktzutrittsschranken: