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Was erwartet Deutsche, wenn sie auf der kanarischen Insel Teneriffa sesshaft werden wollen und wie ist es um die Insel und ihre Einwohner bestellt? In ihrem illustrierten und unterhaltsamen Reisetagebuch "Teneriffa - meine zweite Heimat" schildert Helga Koch in lebendigen Bildern, was sie und ihr Mann in 17 Jahren in den Wintermonaten auf Teneriffa gesehen und erlebt haben. Ihre Eindrücke, die Szenen und Begegnungen von Land und Leuten geben damit gleichzeitig einen repräsentativen Einblick in das Leben auf der "Insel des ewigen Frühlings" und die Mentalität der Leute.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2015
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In Liebe und Dankbarkeit für alle meine Freunde und die deutsch-spanische Freundschaft
Prolog
Der erste Urlaub auf einer kanarischen Insel
Es war im Juli 1997 – an einem „13.“
Costa del Silencio – der Ort, an dem wir die Chancen unseres Lebens erkannten
Neugierig auf das Teneriffa-Leben
Im Schein der Abendsonne schlug ich beide Hände über dem Kopf zusammen
Gemeinsam waren wir dann stark
Kirche - wie sie am Anfang in Spanien war
Die tüchtigen Mitarbeiter
Wie das Leben im neuen Haus gelingt
Über die einfachen Dinge
Helfen statt trösten
Die Hände in die Strömung halten
Eine Seefahrt ist nicht immer lustig
Die Kräfte des Himmels
Wie gelingt das Leben dort im Allgemeinen?
Der Flohmarkt wurde zu meiner Freizeitbeschäftigung
Heute ist Santa Cruz die Inselhauptstadt
Wissenschaft und Forschung sind auf den Kanaren nichts Neues
Endlich zum Teide mit 3718 Höhenmetern
Freizeitbeschäftigung Golf und Yoga
Einmal in der Woche ist Frauentag
Osterferien - Osterfreuden
Sicher nur „einmal“ Straußenfarm
Freuden und Schrecken des Internet
Telefon, Anrufbeantworter und Fernsehen
Allgemeine Preisvergleiche
Einfach unglaublich
Spontaner Entschluss
Wer den Schaden hat...
Ganz andere „Inselfreuden“
Erst nach Weihnachten kam die Bescherung
Mein Geburtstag - Rosenmontag 2014
Was uns wohl immer in Erinnerung bleiben wird
Welche „Überraschungen“ erwarten uns noch?
Immer noch alles offen
Was hat mich bewogen, ein Buch über unser Leben und Treiben im Winter auf der wunderschönen Insel zu schreiben? Eine kleine Schar von Getreuen motivierte mich, nachdem ich den zweiten Teil meines Lebenswerks „Späte Jahre“ an die Öffentlichkeit gebracht hatte. Man muss seine Ideen verwirklichen, sonst wuchert Unkraut darüber.
Nach dem Buch ist vor dem Buch. Die Reisende heißt Ich, und an ihrer Seite ist der - wie ich meine – geduldige Ehemann Hermann zu finden.
Ein Reisetagebuch, bei dem es nicht auf die einzelnen Tage ankommt, sondern auf Begegnungen, Szenen und Bilder, auf Landschaften und Leute. Dieses Buch enthält, wie schon in meinem Buch „Späte Jahre“, kleine Geschichten, Momentaufnahmen, Eindrücke, Überzeugungen und Zitate, die mir bei meiner Lebensgeschichte helfen, diese zu deuten. Die Reihenfolge wird nicht immer einer inneren Logik folgen.
Ich setze mich hin und fange an. Mir fällt immer etwas ein. Früher ohne lange nachzudenken, heute brauche ich Geduld und Zeit. Später überarbeitet, habe ich allerdings oft etwas gelöscht. Der erste Entwurf ist meist der beste, der natürlichste.
Zuerst habe ich gezögert, dann dachte ich, dass es doch schade wäre, wenn all das Erlebte, ja, das Wunderbare, nicht festgehalten würde: Gewohntes zu verlassen, aufzubrechen und auszubrechen aus den eigenen Gleisen. Bewusst einmal den Alltag unterbrechen, mutig einen Schritt wagen, sich neu orientieren – das kann so gut und so hilfreich sein. Und Papier ist geduldig.
Diese kanarische Insel gleicht einem Chamäleon. Eben hat man sich noch inmitten eines von Nebelschwaden durchzogenen Kiefernwaldes befunden, da verwandelt sich die Teide-Landschaft kurze Zeit später und wechselt zu blauem Himmel und Sonnenschein. Nach einem ausgiebigen Sonnenbad an den herrlichen Stränden lohnt es sich, sich eine Abkühlung in den Fluten zu gönnen.
Ich werde von manchem Herzklopfen in der „Fremde“ berichten, aber auch von Freude auf Neues. Vor allen Dingen stand am Anfang das Lernen der Sprache.
Überall in Teneriffa sind diese herrlichen Blumen zu finden.
Angefangen hatte es auf der Insel Fuerteventura. Diese Insel besuchte ich mit meiner Cousine Wally. In kleinen Schritten die eingefahrenen Alltagsgleise zu verlassen, das war damals unser Ziel. Beide hatten wir es aus gesundheitlichen Gründen nötig, sich mal nicht treiben zu lassen, sondern bewusst gegenzusteuern, langsam zu gehen, stehen zu bleiben, Ausschau zu halten. In der wärmenden Sonne der Kanaren ein paar Stunden am Meer zu sitzen und zu genießen.
„Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden“ - so bringt es der englische Schriftsteller Mark Twain auf den Punkt.
Wir liebten den Oktober mehr denn je. Obwohl wir gleich alt sind, hatten wir noch nie viel Zeit miteinander verbracht. Auch waren wir sehr verschieden. Einst, in der fernen Heimat Ostpreußen, hatten wir lediglich die Geburtstage zusammen gefeiert. Die Flucht 1945 hatte alle Familien auseinander gerissen, man hatte sich förmlich verloren. Endlich konnten wir Kindheitserinnerungen austauschen, wir waren rund um die Uhr mit Erzählen beschäftigt. Oft schlossen wir die Augen und träumten vor uns hin. Mit frisch gepresstem Orangensaft stillten wir mehrmals täglich unseren Durst.
Die Zeit kam sanft und langsam auf uns zu. Eine Weile blieb sie für uns stehen. Beim Abschied gingen wir eine Weile wortlos nebeneinander her. Wir hatten uns nichts Neues mehr zu erzählen.
Noch im gleichen Jahr zu Weihnachten schenkte mir mein Mann einen Urlaub auf der Insel Gran Canaria. Diesmal mit ihm zusammen. Wir wollten ein Zeitfenster füreinander öffnen. Beide merkten wir, dass uns das Klima auf den Kanaren verwandelt. Ärzte hatten seit langem empfohlen, den Jahresurlaub auf den Inseln des ewigen Frühlings zu verbringen. Auf Gran Canaria lernten wir ein nettes Ehepaar aus Görlitz kennen.
Mit Inge und Horst fing dann der Urlaub auf Teneriffa an. Drei Jahre hintereinander verbrachten wir gemeinsam wunderschöne Urlaubstage in wirklich guten Hotels in Las Americas. Im dritten Jahr besuchten wir mit einem Mietauto unter anderem auch die Costa del Silencio. Der Zufall wollte es, dass wir einer alten Dame aus Markdorf begegneten, die dort im Hause Chasna C seit Jahren ein Appartement besaß. Für uns aus Friedrichshafen hoch interessant, Markdorf ist etwa neun Kilometer von unserem Wohnsitz in Deutschland entfernt. Jedenfalls verbrachten wir im Jahr darauf unseren Urlaub in diesem Gebäude, das auf den ersten Blick einem Seniorenheim ähnelt. Die Wohnung hatte uns Johanna Nedela, eine Markdorferin, vermittelt. Diese Bleibe war primitiv, aber sauber und preisgünstig.
Das Haus ist direkt am Meer gelegen und verfügt auch über einen eigenen Pool. Hausmeister, Gärtner und eine sehr fleißige Putzfrau sind vorhanden. Es herrscht eine wunderbare Ruhe, besonders abends. Die meist älteren Leute ziehen sich gerne zum Fernsehen oder Spielen in ihre Wohnungen zurück.
Mindestens dreihundert Sonnentage gibt es im Jahr, das Klima bleibt mild und angenehm, weshalb auch die Insel den Beinamen „Insel des ewigen Frühlings“ erhielt. Das Eiland ist ein wahres Paradies für Erholungssuchende, aber auch für Aktive wird sehr viel geboten. Die Liste der Sportangebote ist sehr lang. Und wer gerne wandert, kommt immer wieder nach Teneriffa zurück, ob Jung oder Alt. Man kann hier wirklich von einem Wanderparadies sprechen.
Meine Osteoporose war inzwischen weit fortgeschritten, ich lebte nur noch mit Schmerzen und musste befürchten, nicht mehr lange ohne Rollstuhl auszukommen. Meine Haltung verschlechterte sich, meine Schaffenskraft nahm rapide ab.
Auch Hermanns Asthma hatte sich bedeutend verschlechtert, obwohl er das Rauchen längst aufgegeben hatte. Auf der wunderbaren Insel lernten wir viele Leute kennen, die sehr gebrechlich waren und dort wieder neue Lebensfreude gewinnen konnten. Unser Leben sollte eine neue Wendung nehmen: Wir brauchten Wegweiser und Stoppschilder.
Während unseres dreiwöchigen Urlaubs fingen wir an, uns auch für ein eigenes Appartement zu interessieren. Zunächst fiel mein Geburtstag in diese Zeit. Zu der Zeit wohnten wir in der Wohnung, die einem gewissen Herrn Salzmann gehörte. Da Johannas Wohnung, die wir später gekauft haben, gemütlicher und besser eingerichtet war als die von Herrn Salzmann, unsere damalige Unterkunft, lud sie uns ein, bei ihr den Geburtstagskaffee auszurichten. Kuchen und Kaffee brachten wir mit, ansonsten hatte die alte Dame uns mit einem sehr hübsch gedeckten Tisch überrascht. Es war im Haus wohl schon bekannt, dass Kochs sich für die Costa del Silencio interessierten. Jedenfalls war unsere Gastgeberin gut informiert. Sie gab uns zu verstehen, dass sie aus Altersgründen zurück nach Deutschland ziehen würde. Ihr Mann war verstorben, die Dame stand kurz vor ihrem 80. Geburtstag, und die Kinder in der Heimat wollten sich um einen Heimplatz für die Mutter umsehen.
War es Zufall oder Fügung? Wir hatten eine schlaflose Nacht und waren schließlich der Überzeugung, es sei tatsächlich Fügung. Zuerst fragten wir unsere Tochter Gerlinde nach ihrer Meinung. Sie bot uns sogar bei Bedarf finanzielle Unterstützung an, die wir aber nicht annehmen mussten. Alle Kinder waren sofort einverstanden - ob sie es allerdings gleich glauben konnten, weiß ich nicht. Wir machten Nägel mit Köpfen und unterzeichneten einen Vorvertrag. Wenn ich mich recht erinnere reichten der Dame 5.000 DM als Anzahlung. Über einen Notar in Deutschland konnten wir alles abwickeln. Selbstverständlich brauchten wir eine spanische Übersetzung und einiges an Dokumenten. Hermann war zu dem Zeitpunkt noch berufstätig, also benötigte ich auch noch seine Vollmacht. Gerlinde, die Spanisch spricht, nahm sich die Zeit und flog mit mir auf die Insel - alleine war mir das Risiko zu groß.
Jedes Jahr in der Karwoche entstehen solche Wunderwerke aus Sand am Strand von Las Americas.
I m Juli 1997 wurden die Vorbereitungen getroffen, bereits am 13. August bekamen wir auf dem Notariat in Los Cristianos die „Escritura“ (Dokument) ausgehändigt. Volker und Uwe, die Söhne von Frau Nedela bevollmächtigten Ingrid Fariña Torres, uns die Wohnung, Chasna C, Apto. 238, zu verkaufen und sie bei sämtlichen Handlungen, die zur ordnungsgemäßen Abwicklung erforderlich waren, zu vertreten. Dies geschah am 10. Juni 1997, also schon drei Monate nachdem wir uns entschlossen hatten, die Wohnung in Costa del Silencio, im Süden der Insel Teneriffas, so umzugestalten, dass wir diese als zweiten Wohnsitz, als Alterswohnsitz, mit Freuden annehmen konnten.
Schon als Kind habe ich es vermieden, darüber nachzudenken, was alles noch schief gehen könnte. Vielleicht neige ich ein bisschen dazu, manches zu idealisieren? Ich ahnte damals nicht, dass wir die Wohnung mitsamt mindestens 500 Kakerlaken übernehmen würden.
Das Geld für den Wohnungskauf hatten wir schon dem Sohn in Gundelfingen überbracht, der sich ganz in seiner Nähe um einen Platz im Altersheim für seine Mutter, ehemals Lehrerin im Bildungszentrum Markdorf, umgesehen hatte.
Wenn ich mir etwas wünschen konnte zu Beginn unseres Inselaufenthaltes, dann dies: Dass wir gemeinsam bewusst und freudig sehen und genießen können, was uns die Natur zeigt und gibt und Gott und die Menschen um uns herum schenken.
Mein Mann ist ein waschechter Schwabe, und es wunderte mich sehr, dass er sich von mir überreden, ja, überzeugen ließ, diesen Schritt zu wagen. Ganz sicher spielte sein angeschlagener Gesundheitszustand eine große Rolle.
Oder war es vielleicht doch Verlockung? Konnte mein Mann, der zeitlebens gerne seine eigenen Wege gegangen war, tatsächlich den Lebensabend neu gestalten und in der relativ kleinen Wohnung von rund 51 Quadratmetern, also auf engerem Raum, mit mir zusammen glücklich sein? Bewohnen wir doch in Friedrichshafen 154 Quadratmeter mit viel Drum und Dran. Es gibt keine Erklärung dafür, und es braucht auch gar keine zu geben. Ich erinnere mich an die Zeit, als wir beide auf dem Wasser trieben und nicht von der Stelle kamen, uns aber gegenseitig über Wasser hielten. Meine eigene Stimme sagte mir: Nutze diesen Augenblick und freu dich.
Auf das neue Leben konnte ich sehr gespannt sein.
Ich weiß, dass das Alter nicht immer leicht zu ertragen, dass es aber mit all seinen möglichen Gebrechen „normal“ ist. Für einen jüngeren Menschen ist dies sicher noch nicht greifbar.
Für die meisten Menschen endet das Berufsleben spätestens mit Mitte sechzig. Die einen ziehen sich zurück, die anderen blühen jetzt erst richtig auf und entdecken die Welt. Wir wollten noch etwas erleben, doch der Hauptgrund für unser zweites Leben auf Teneriffa war die angeschlagene Gesundheit. Früher starben die Menschen jünger, während sie heute so lange leben, dass sie ihre Enkel aufwachsen sehen. Eigentlich eine wunderbare Zeit, wenn da nicht diese Zeichen von Schwäche und die zunehmenden Krankheiten wären. Im Gegensatz zu früher ist es heute aufgrund höherer Lebenserwartung möglich, über sein Leben Bilanz zu ziehen. Ein langes Leben erleichtert vielen den Rückblick, abzurechnen oder sich mit sich und anderen zu versöhnen. Und das kann man auch dann noch, wenn man etwas schwächer wird. Fällt es einem eventuell leichter, von dieser Welt zu gehen, wenn man lange lebt?
Hier stehe ich vor 15 Jahren. Damals gab es noch viel braches Land, heute ist alles bebaut. Im Hintergrund ist die Wohnanlage Chasna C zu sehen, in der wir unsere Wohnung gekauft haben.
Mitten im Winter: Kurze Hosen und Blumenpracht
Nicht da ist man zu Hause, wo man seinen ständigen Wohnsitz hat, sondern da, wo man verstanden wird, wo es einem gut geht.
„Reif für die Insel“ - nicht immer sind diese vier Worte nur ein Synonym für eine kurze Auszeit in fernen Gestaden. Manchmal stehen sie auch für eine entscheidende Wendung im Leben. Einsteigen statt aussteigen. Unter den Insulanern sind wir schnell heimisch geworden. Unseren Lebensmittelpunkt hatten wir gefunden.