Teuflisches Begehren - Sylvia Day - E-Book

Teuflisches Begehren E-Book

Sylvia Day

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Beschreibung

Eine atemberaubend schöne Dämonenjägerin und zwei sexy Brüder – so heiß war der Kampf zwischen Gut und Böse noch nie

In Eves Privatleben geht es drunter und drüber: Abel ist verliebt in sie, sie fühlt sich zu Abel hingezogen, doch ihr Herz gehört Cain, der - seit er zum Erzengel befördert wurde - für niemanden mehr Liebe empfinden kann außer für Gott. Zwar kann auch er der verführerischen Eve nicht widerstehen, doch sie will mehr als nur körperliche Leidenschaft. Als ob das noch nicht genug wäre, gerät Eve auch beruflich in Turbulenzen …

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Seitenzahl: 477

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ZUMBUCH

Die Gefühle der atemberaubend schönen Dämonenjägerin Evangeline Hollis fahren Achterbahn: Seit Jahren ist sie unsterblich in Alec Cain verliebt, doch seit dieser zum Erzengel befördert wurde, kann er keine Liebe mehr für Eve empfinden, sondern nur noch Lust. Doch ist eine Beziehung voller Leidenschaft, aber ohne Liebe genug für Eve? Und dann wäre da auch noch Alecs attraktiver Bruder Reed Abel, der Eves Herz ebenfalls höher schlagen lässt und der sie von Herzen liebt. Aber reicht das, um Cain zu vergessen?

Eves turbulentes Liebesleben rückt jedoch in den Hintergrund, als in ihrem Revier verstärkt Dämonenaktivitäten gemessen werden. Die Ursache dafür ist schnell gefunden: Der Teufel persönlich hat ein Kopfgeld auf Eve ausgesetzt, und nun sind sämtliche Kreaturen der Hölle hinter ihr her.

Für Eve beginnt das größte Abenteuer ihres Lebens – sowohl bei der Dämonenjagd, als auch in der Liebe …

ZUMAUTOR

Die Nummer-1-Bestsellerautorin Sylvia Day stand mit ihrem Werk an der Spitze der New York Times-Bestsellerliste sowie 28 internationaler Listen. Sie hat über 20 preisgekrönte Romane geschrieben, die in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Weltweit werden ihre Romane millionenfach verkauft, Lionsgate plant derzeit eine TV-Verfilmung von CROSSFIRE. Sylvia Day wurde nominiert für den Goodreads Choice Award in der Kategorie bester Autor.

Besuchen Sie die Autorin unter:

www.sylviaday.com

facebook.com/authorsylviadayund

twitter.com/sylday

Sylvia Day

Teuflisches

Begehren

Eves dritter Fall

Roman

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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Titel der amerikanischen OriginalausgabeEve of chaosDeutsche Übersetzung von Sabine Schilasky
Deutsche Erstausgabe 10/2015Redaktion: Catherine BeckCopyright © 2009 by Sylvia DayCopyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe byWilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, MünchenSatz: KompetenzCenter, MönchengladbachISBN: 978-3-641-15280-2V003
@HeyneFantasySFwww.heyne.de

Allen Lesern, die Eves bisherigen Abenteuern gefolgt sind.

Ich danke euch.

»Denn er wird die Meßschnur darüber [Edom] ziehen, daß es wüst werde, und ein Richtblei, daß es öde sei.«

JESAJA34,11

1

Mit zusammengebissenen Zähnen sah Evangeline Hollis zu, wie ein Kappa-Dämon ihrer Mutter breit lächelnd Yakisoba servierte – gebratene japanische Nudeln. Eve schätzte das Verhältnis von Sterblichen und Dämonen beim jährlichen Obon-Festival der Orange County Buddhist Church auf fünfzig zu fünfzig.

Nach drei Monaten mit dem Kainsmal und ihrem neuen »Job« als himmlische Kautionsjägerin hatte sich Eve mit der Tatsache abgefunden, dass sich Höllenwesen unentdeckt unter die Sterblichen mischten. Was sie jedoch erstaunte, war die schiere Masse an ex-japanischen Dämonen, die zum Spielen auf das Festival gekommen war. Das schienen doch ungewöhnlich viele.

»Möchtest du welche?«, fragte ihre Mutter und hielt ihr den Teller hin. Miyoko führte seit dreißig Jahren ein zumeist typisch amerikanisches Leben in den Vereinigten Staaten. Sie war amerikanische Staatsbürgerin und konvertierte Baptistin, und ihr Mann, Darrel Hollis, war ein waschechter Südstaatenspross aus Alabama. Trotzdem hing Miyoko an ihren Wurzeln und bemühte sich, bei ihren beiden Töchtern die japanische Kultur lebendig zu halten.

Eve schüttelte den Kopf. »Ich will Yakidango.«

»Ich auch. Die gibt’s da drüben.« Miyoko ging voraus.

Das Festival fand auf dem eingezäunten Parkplatz des Tempels statt. Rechts war eine große Sporthalle, links waren der Tempel und die Schulgebäude. Der Parkplatz war klein, dennoch stand hier eine Vielzahl von Imbiss- und Spielbuden. Eine Taiko-Trommel war auf einem Yagura-Turm aufgestellt, und auf der kleinen Bühne davor sollten später Bon-Odori-Tänzer auftreten. Kinder spielten um Preise, die von lebenden Goldfischen bis hin zu Plüschtieren reichten. Die Erwachsenen betrachteten die Auslagen mit billigem Schmuck und selbst gemachten Desserts.

Das Wetter in Südkalifornien war perfekt wie immer: laue fünfundzwanzig Grad mit reichlich Sonne und sehr wenigen Wolken. Eve richtete ihre Sonnenbrille, genoss die Sonne, die ihre Haut küsste, und atmete die Aromen ihrer Lieblingsgerichte ein.

Auf einmal wehte ihr mit der Nachmittagsbrise ein fauliger Gestank entgegen und machte den seltenen Moment des Friedens zunichte.

Der ätzende Geruch verrottender Seele war unverwechselbar. Er siedelte zwischen Gammelfleisch und frischen Fäkalien, und Eve wunderte sich nach wie vor, dass Ungezeichnete – Sterbliche ohne das Kainsmal – ihn nicht rochen. Sie drehte sich nach der Quelle um.

Ihr Blick verharrte auf einer hübschen Asiatin ihr gegenüber in dem Budengang. Eine Yuki-Onna – ein japanischer Schneedämon. Das weibliche Höllenwesen trug einen weißen Kimono mit zarter Sukura-Stickerei, und das Kennzeichen auf ihrem Wangenknochen ähnelte einem Tribal-Tattoo. Genau genommen wies die Zeichnung den Dämonenrang aus und war für Sterbliche unsichtbar. Wie das Kainsmal auf Eves Arm entsprachen auch die Kennzeichen der Dämonen in etwa Militärabzeichen. Alle Höllenwesen hatten sie, und sie verrieten sowohl die Spezies der Verdammten als auch deren Rang in der Höllenhierarchie.

Entgegen landläufiger Meinung unter den Theologen deutete das »Zeichen des Ungeheuers« nicht etwa den Beginn der Apokalypse an, sondern war Symbol eines seit Jahrhunderten existierenden Kastensystems.

Eves Zeichen begann erst zu kribbeln, dann zu brennen. Der Einsatzbefehl.

Jetzt?, fragte sie im Geiste und schlug einen genervten Ton an. Sie war eine Gezeichnete, eine von Tausenden »Sündern« weltweit, die verpflichtet worden waren, im göttlichen Auftrag Dämonen zu vernichten. Von ihr wurde erwartet, auf Kommando zu töten, doch ihre Mutter war bei ihr, und sie befanden sich auf dem Tempelgelände!

Tut mir leid, Babe. Reed Abel klang alles andere als zerknirscht. Du bist zur richtigen Zeit am falschen Ort. Deine Nummer leuchtet auf, und du bist am nächsten dran.

Mit der Leier kommst du mir schon die ganze Woche, konterte sie. Und ich nehme es dir nicht mehr ab.

Sie hatte täglich einen Dämon erledigt – an manchen Tagen auch zwei –, und das schon seit einer ganzen Weile. Und sie fand, dass ihr in diesem Mörderjob mehr als nur freie Sonntage zustehen sollten. Wieso bin ich immer am nächsten dran?

Weil du Katastrophen magnetisch anziehst?

Und du bist echt der Brüller.

Reed – alias der bibelbekannte Abel – war ein Mal’akh, ein Engel. Er war außerdem Teamleiter, was hieß, dass er einer kleinen Gruppe Gezeichneter ihre Aufträge zuwies. Letztlich war es fast dasselbe wie Zielfahndung. Die sieben Erzengel auf der Erde fungierten als Kautionsbürgen, Reed war ein Disponent, und Eve war eine Kautionsjägerin. Für die meisten Gezeichneten war es ein gut geöltes System, doch zu behaupten, bei Eve würde ein bisschen Sand im Getriebe knirschen, wäre noch maßlos untertrieben.

Wie sieht es mit Dinner heute Abend aus?

Nach der Bemerkung? Ganz schön dreist.

Ich koche.

Eve folgte ihrer Mom und behielt ihr Zielobjekt im Blick. Wenn ich bis dahin noch lebe, klar.

Im Hinterkopf hörte und fühlte sie Alec Cain – Reeds Bruder –, der ein verärgertes Knurren ausstieß. Alec war Eves Mentor. Der einst berüchtigte Cain war neuerdings ein Erzengel. Eve und Alec blickten auf eine längere Geschichte zurück, die vor zehn Jahren begann, als Eve ihm ihre Unschuld schenkte. Nun jedoch hatte ihn seine Stellung als Erzengel der Fähigkeit beraubt, eine emotionale Bindung zu irgendwem außer Gott einzugehen. Trotzdem hielt er an Eve fest.

Was ist bedeutungsvoller?, hatte er sie gefragt. Wenn dich jemand begehrt, weil er nicht anders kann? Weil seine Hormone oder irgendeine chemische Reaktion in seinem Gehirn ihn zu dir treibt? Oder wenn er dich will, weil er sich dazu entscheidet? Weil er die bewusste Entscheidung trifft, dich zu begehren?

Eve wusste es nicht, deshalb trieb sie einfach mit den Geschehnissen mit, während sie versuchte, sich über alles klar zu werden.

Auf jeden Fall war sie wahnsinnig, mitten in den ältesten und schwersten Fall von Geschwisterrivalität zu stolpern, vor allem, seit sie drei ein einzigartiges Band verknüpfte, das den freien Gedankenfluss zwischen ihnen erlaubte. Eve fragte sich oft, warum sie mit dem Feuer spielte, und die einzige Antwort, die ihr darauf einfallen wollte, war, dass sie schlicht nicht anders konnte.

Aber das Frühstück morgen findet bei mir statt, insistierte Alec mürrisch.

One-Eyed Jacks? Keiner bereitete sie so zu wie Alec: geröstete Brotscheiben mit einem Loch in der Mitte, in die ein Spiegelei eingelassen war – buttrig, knusprig und mit Sirup serviert. Und die herausgeschnittenen Brotkreise toastete er, bestreute sie mit Zimt und Zucker und reichte sie dazu. Köstlich!

Ganz wie du wünschst, Angel.

Es stand außer Frage, dass Reed zum Frühstück nicht mehr da wäre, denn die Tatsache, dass Eve mit zwei Männern zugleich ausging, bedeutete, dass sie alle drei die Nacht allein schliefen.

Die Yuki-Onna entschuldigte sich bei ihrem gut aussehenden Begleiter und bewegte sich auf die Sporthalle zu. Wegen ihres eng gewickelten Kimonos und der Geta-Holzschuhe an den Füßen konnte sie nur winzige Schritte machen. Da war Eve kleidungstechnisch schon mal im Vorteil. Ihre Stretch-Caprihose und das gerippte Trägertop schränkten ihre Bewegungsfreiheit kein bisschen ein. Ihre Army-Jungle-Boots waren atmungsaktiv und funktional. Ja, sie war für jeden Spaß bereit. Was nicht hieß, dass sie den auch wollte.

»Ich muss mir die Hände waschen«, sagte Eve zu ihrer Mutter, wohl wissend, dass Miyoko, ihres Zeichens Krankenschwester, diesen Wunsch nach Reinlichkeit nur befürworten würde.

»Ich habe antibakterielles Gel dabei.«

Eve rümpfte die Nase. »Iih, von dem Zeug werden meine Hände ganz klebrig!«

»Ach, du stellst dich nur an! Wie viele Dangos willst du?«

»Drei Stäbchen.«

Die Reismehlklöße wurden auf langen Holzstäbchen gegrillt und mit süßem Sirup überzogen. Eve hatte sie schon als Kind geliebt und genoss sie viel zu selten, was sie jetzt erst recht sauer machte. Sollte diese Dämonin ihr den Appetit verderben, würde sie dafür in der Hölle schmoren. Ernsthaft!

Eve drückte ihrer Mutter einen Zwanzig-Dollar-Schein in die Hand und folgte ihrem Zielobjekt.

Sie überholte die Dämonin und betrat die Sporthalle, in der Picknicktische aufgestellt waren, damit sich die Leute zum Essen setzen konnten. Lachen, Unterhaltungen auf Englisch und Japanisch sowie das Geklimper vom Essgeschirr Dutzender Festivalbesucher hallten durch den großen Raum. Sterbliche mengten sich in heiterer Ahnungslosigkeit unter Höllenwesen, wohingegen Eve jedes von ihnen auf Anhieb ausmachte. Diese wussten ebenso genau, was Eve war, und beäugten sie mit misstrauischer Verachtung. Das Kainsmal an ihrem Oberarm wie auch ihr Geruch verrieten sie. Während die Höllenwesen für Eve faulig stanken, roch Eve für sie ekelhaft süßlich. Eigentlich war es lächerlich, denn Gezeichnete waren alles andere als süß. Eher waren sie verbittert.

Eve presste sich an die Wand und beobachtete durch die getönten Glastüren, wie sich die Yuki-Onna näherte. Von ihrer Warte aus konnte Eve sehen, dass die Füße der Dämonin knapp über dem Boden schwebten. Eve wich langsam zurück um die Ecke, damit sie außer Sichtweite blieb. An der Wand neben ihrer Schulter war ein beleuchteter Glaskasten mit Pokalen und einem einsamen Katana.

Eve blickte sich rasch um, ob auch niemand auf sie achtete. Übermenschlich schnell brach sie das runde Metallschloss des Kastens mit Daumen und Zeigefinger auf und zog das Schwert mitsamt Scheide heraus. Sie hielt es zwischen ihrem Schenkel und der Wand und hoffte inständig, dass es keine reine Dekoration war. Falls doch, könnte sie jederzeit ein klassisches Flammenschwert herbeirufen. Was sie jedoch lieber vermeiden wollte. Gebäude hatten die lästige Angewohnheit, um sie herum in Flammen aufzugehen, und mit dem schlankeren, leicht gekrümmten Samurai-Schwert war sie wendiger als mit der schwereren Gleve.

Ihr Zielobjekt betrat die Sporthalle und wandte sich in die entgegengesetzte Richtung, hin zu den Toiletten – genau wie Eve vermutet hatte. Die Damentoilette zu verriegeln, wenn reichlich gegessen und getrunken wurde, war immer eine blöde Idee, doch Eve blieb keine andere Wahl. Ihre Mutter wartete, und Eve durfte nicht riskieren, ihr Ziel zu verlieren.

Ihr gegenwärtiges Dilemma war einer der vielen Gründe, weshalb Gezeichnete keine familiären Bindungen haben sollten. Gewöhnlich waren die ausgewählten Sünder Einzelgänger, die problemlos in ferne Länder versetzt werden konnten. Nahe Angehörige stellten einen Risikofaktor dar. Deshalb war Eve die einzige Ausnahme von der Regel. Alec hatte darum gekämpft, dass sie nahe bei ihrem Zuhause bleiben durfte, weil er wusste, wie viel ihre Eltern ihr bedeuteten. Und ihn trieben Schuldgefühle an, da ihre Affäre zehn Jahre zuvor der Grund war, weshalb sie zur Gezeichneten wurde.

Die Mühlen der Justiz mahlten im Himmel genauso langsam wie auf der Erde.

Als die Tür zum Waschraum hinter der Dämonin zufiel, folgte Eve ihr. Das Mal pochte brennend unter ihrer Haut und pumpte ihren Kreislauf voll mit Aggression und Zorn. Ihre Muskeln schwollen an, und ihr Gang veränderte sich. Eves körperliche Reaktion war primitiv und animalisch, eine brutale, süchtig machende Blutgier. Eve lechzte hiernach wie nach einer Droge. Verging zu viel Zeit zwischen zwei Aufträgen, wurde sie rastlos und schlecht gelaunt.

Trotz des Rauschs blieben ihr Puls und ihre Hände ruhig und stetig. Ihr Körper war jetzt ein Tempel, und er funktionierte wie eine Maschine. Als sie den Waschraum betrat, war Eve vollkommen konzentriert. Seit wann war sie so entspannt, was ihr mörderisches Zweitleben anging? Darüber müsste sie später nachdenken, wenn sie allein war und weinen konnte.

Alle Kabinentüren standen ein wenig offen, ausgenommen die der Behindertentoilette ganz hinten. Der Gestank nach verrottender Seele beherrschte den Raum. An der Wand neben der Tür stand ein aufklappbares Schild, das vor nassem Boden warnte. Es war nicht ganz so praktisch wie ein »Außer-Betrieb«-Schild, musste aber reichen.

Es war unmöglich, die Erinnerungen an einen früheren Waschraum abzustellen, in dem Eve gegen einen Drachen gekämpft und es mit ihrem Leben bezahlt hatte. Sie war wiedererweckt worden, weil Alec mit irgendwem irgendwo einen Deal gemacht hatte. Einzelheiten kannte Eve nicht, doch ihr war klar, dass der Preis gewaltig gewesen sein musste. Und wäre sie nicht sowieso schon in ihn verliebt gewesen, hätte es seine Bereitschaft zu diesem Opfer allemal bewirkt. Sie war noch nicht bereit zu sterben, ungeachtet des Dämonentötens und ihres verrückten Liebeslebens.

Eve hoffte nach wie vor, eines Tages zu heiraten und Kinder zu haben, eine erfolgreiche Karriere und Familienurlaube zu genießen. Aber zuerst musste sie das Kainsmal loswerden – entweder indem sie jemand Mächtigen manipulierte oder indem sie hinreichend Pluspunkte anhäufte, um ihre Strafe abzugelten.

Natürlich gab es in dem Punktesystem mehrere Stolperfallen. Eve hatte den Teenagersohn des Alpha vom Black-Diamond-Rudel gleich zweimal getötet, doch angerechnet wurde ihr nur das zweite Mal. So ein Mist ging ihr gewaltig gegen den Strich. Was sollte sie denn tun, wenn nicht mal Gott fair spielte?

Ein leises Wimmern ließ Eve mitten im Gehen erstarren. Der Laut hatte eine hohe, zittrige Note, die nach einem Kind klang. Eve bog die Schultern nach hinten und wartete. Bei der Jagd war weniger der kraftvolle Angriff entscheidend als die richtige Position. Eve stand mitten auf der größten Freifläche. Der Ausgang war hinter ihr, sodass das Höllenwesen an ihr vorbei musste, wenn es nach draußen gelangen wollte. Und Eve würde einen Teufel tun, überstürzt zu agieren, nur um die Sache zu beschleunigen.

Das Mal flutete sie weiter mit Adrenalin und Feindseligkeit. Ihre Sinne konzentrierten sich auf die Beute, fluteten ihren Verstand mit Informationen. Eve stellte die Beine etwas weiter auseinander.

»Mäuschen, sag mal Piep …«, lockte sie.

Das Schloss an der hintersten Kabine drehte sich. Die Tür öffnete sich nach innen, und in dem Spalt erschien ein Kindergesicht, bleich und tränengestreift. Ein hübsches asiatisches Mädchen in einem leichten Sommerkleid mit Wassermelonenmuster am Saum. Vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, zitternd vor Angst. Einen Moment später tauchte das hübsche Gesicht der Yuki-Onna oberhalb des Mädchenkopfs auf.

Eve knurrte. »Eine Geisel zu nehmen, war keine gute Idee.«

Wenn sie einmal eigene Kinder hatte, würde Eve sie nie aus den Augen lassen.

»Ich gehe mit dem Kind hier raus«, sagte das Höllenwesen mit einem melodischen Akzent. Die Dämonin trat aus der Kabine, eine Hand auf der Schulter des Mädchens. »Dann lasse ich sie frei.«

Die Zähne des Mädchens begannen zu klappern, und die Lippen färbten sich bläulich. Gänsehaut breitete sich von der Stelle aus, an der die Dämonin sie festhielt.

»Du wirst sterben«, entgegnete Eve ungerührt. Die Yuki-Onna war zum Ziel bestimmt, also würde sie von Gezeichneten gejagt werden, bis sie tot war.

»Genau wie du«, konterte die Dämonin. »Willst du deine letzten Momente wirklich damit verschwenden, mich zu töten?«

Es gibt eine Geisel, sagte Eve zu Reed. Die gängigen Drohungen und Verhandlungstaktiken des Höllenwesens ignorierte sie. Ein kleines Mädchen. Ich muss die Kleine hier rausbekommen.

Eine warme Brise wehte über ihre Haut. Sie war der spürbare Beweis, dass ihr Einteiler stets bei ihr war. Ihm war nicht erlaubt, seinen Untergebenen bei der Jagd zu helfen, doch Sterbliche aus der Gefahrenzone zu bringen fiel durchaus in seine Zuständigkeit. Auf dein Kommando, murmelte er.

Eve hatte keine Ahnung, wo er stecken mochte; andererseits konnte er sich als Mal’akh binnen nicht mal eines Wimpernschlags von einem Ort zum anderen versetzen.

»Ich wollte das hier fair abwickeln«, sagte sie zu der Dämonin und hielt ihr Katana in die Höhe. Es steckte noch in der Scheide. »Aber ich hätte mir denken können, dass du lieber schmutzig kämpfst.«

»Ich habe keine Waffe.«

Eine glatte Lüge. Dämonen hatten alle bestimmte Gaben, und die der Yuki-Onna war, extreme Wetterbedingungen zu schaffen. Gezeichnete mussten sich ausschließlich auf ihren Verstand und ihre Kraft verlassen. Letztere war himmlisch verstärkt, sodass sie schneller reagieren konnten und auch schnell heilten. Übernatürliche »Kräfte« besaßen sie nicht.

»Ich gebe dir meine«, bot Eve an, »wenn du das Kind gehen lässt.« Sie zog das Katana aus der Scheide und schleuderte das lackierte Holz auf den Kopf der Dämonin zu.

Gleichzeitig sagte sie zu Reed: Jetzt!

Die Dämonin riss beide Arme hoch, um die Waffen abzuwehren, und Reed hatte sich das Kind geschnappt, bevor die Yuki-Onna das Katana gefangen hatte.

Der wütende Schrei des Höllenwesens wurde von einer eisigen Böe begleitet, die einer Explosion gleich durch den Raum rauschte. Von der Wucht wurde Eve gegen den Händetrockner katapultiert und rammte ihn tief in die Wand. Einzig ihre trotzige Sturheit verhinderte, dass sie das Heft des Katanas losließ. Mit einem dumpfen Knall landeten ihre Füße wieder auf dem Boden, und sie rannte los.

Den Waffenarm erhoben und einen Schlachtruf ausstoßend, bei dem ihr selbst unheimlich wurde, stürzte Eve nach vorn. Die Angst des Kinds lag noch in der Luft und vermengte sich säuerlich mit dem Gestank der Höllenseele. Bei dieser Kombination flippte Eves Kainsmal völlig aus. Sie sprang und hieb diagonal nach unten, aber die Dämonin wirbelte in einer Schneewolke weg. Die Temperaturen fielen drastisch; die Spiegel beschlugen an den Rändern, und Eves Atem bildete Wolken in der frostigen Luft.

Eve jagte der Dämonin nach, täuschte und wich den scharfen Eiszapfen aus, mit denen sie das Höllenwesen bewarf. Sie zerklirrten wie Glas an Eves Katana und rieselten als glitschige Scherben zu Boden.

Auf den nunmehr gefährlich rutschigen Fliesen musste sich Eve vorsichtig bewegen. Der wunderschöne Kimono flatterte auf, als das Höllenwesen zurückwich, denn Eves wohlkalkulierte Attacken hatten die dicke Seide längst in Fetzen gerissen. Eve hatte als die erbärmlichste Schwertkämpferin ihres Kurses angefangen, jedoch unermüdlich trainiert, bis sie sich endlich nicht mehr komplett blamierte. Inzwischen war sie zwar gerade mal passabel im Umgang mit der Waffe, fühlte sich aber immerhin nicht mehr hoffnungslos ungeschickt.

Sie begann, eine fröhliche Melodie vor sich hin zu summen.

Wie sie gehofft hatte, ließ sich die Dämonin für einen Moment von Eves demonstrativer Langeweile ablenken. Die nächste Salve der Yuki-Onna fiel deutlich langsamer aus als die vorherigen. Eve fing sie mit der Faust ab und fauchte, als das Eis durch ihre Handfläche schnitt. Blut floss, dessen Geruch der Dämonin ein Triumphgebrüll entlockte, was allerdings nur für Wesen mit überdurchschnittlichem Gehör wahrzunehmen war.

Eve schleuderte den Eiszapfen zurück, gefolgt von einem Hieb mit dem Katana. Das Höllenwesen wehrte das erste Geschoss mit einem eisigen Luftschwall ab, war dem zweiten aber wehrlos ausgeliefert. Die Klinge schlitzte den linken Dämonenbizeps auf, bevor sie in die Wand dahinter schlug. Ein roter Fleck breitete sich auf dem blütenweißen Kimono aus.

»Schachmatt«, höhnte Eve. »Dein Blut gegen meines.«

Das Höllenwesen erwiderte mit einem Eiszapfen, der Eves rechten Oberschenkel durchschlug. Sie schrie und sank auf ein Knie. Halb außer sich vor Schmerz, bat sie um ein Schwert. Sie hielt eine Hand auf, um es in Empfang zu nehmen …

… nur kam es nicht.

Vor Schreck war Eve wie gelähmt. Sie hatte den Verlust des Katanas riskiert, weil sie auf das Flammenschwert gesetzt hatte, und nun ließ man sie eiskalt auflaufen. Als ehemalige Agnostikerin legte sie dem Allmächtigen gegenüber nicht dieselbe Unterwürfigkeit an den Tag wie andere. Nicht dass sie direkt respektlos wäre, doch ließ sie bisweilen vielleicht ihr Unverständnis allzu deutlich durchblicken, was Gottes Handeln betraf.

Sie bat wieder und ergänzte sicherheitshalber ein »Bitte«. Das Ergebnis war das gleiche. Nichts. Eve knurrte wütend. Ihr wurde allen Ernstes das Instrument verweigert, ohne das sie nicht ausführen konnte, was ihr aufgezwungen war?

Die Yuki-Onna begriff rasch, was geschah, und kicherte melodiös. »Er hat wohl eingesehen, dass es zwecklos ist, dich zu retten, und der Mühe nicht wert.«

»Leck mich!«

»Es kommt selten vor, dass Sammael ein Kopfgeld so hoch ansetzt oder jedem in der Hölle die Chance gibt, es sich zu holen.« Die Dämonin grinste. »Nun ja, aber es ist ja auch das erste Mal, dass jemand eines seiner Haustiere überfahren hat.«

»Welches Kopfgeld?« Eve hoffte inständig, dass es ihr gelang, ihre Furcht zu überspielen. »Satan ist sauer, weil ich seinen Hund überfahren habe? Das ist ja lächerlich!«

Ich lache nicht, sagte Alec scharf.

Weiß ich. Eve seufzte. Mein Leben ist zum Kotzen!

Sie rappelte sich auf, wobei sie sich nicht allzu sehr auf das durchbohrte Bein stützte. Dann griff sie nach unten, riss den Eiszapfen heraus und warf ihn beiseite. Blut sickerte erst aus der klaffenden Wunde, dann sprühte es. Eve ignorierte es, denn sie hatte ganz andere Probleme.

»Was wirklich witzig ist«, entgegnete die Yuki-Onna, »ist, wie dich alle in der Hölle in Stücke reißen werden.«

»Alle, ja?« Eve zuckte mit der Schulter. »Da muss er sich schon was Besseres einfallen lassen, wenn er mich erledigen will.«

So ist es brav, lobte Alec sie. Lass sie niemals deine Angst spüren.

Dennoch hörte Eve das Unbehagen in seiner Stimme. Und sie fühlte, dass er sich bereit machte, ihr zu Hilfe zu eilen.

Ich komm schon klar, beruhigte sie ihn, damit er ja zurückblieb. Auch wenn sie bisher keinen Schimmer hatte, was sie tun sollte, würde sie sich etwas ausdenken. Soweit kam es noch, dass sie sich von einer frostigen Kuh in Holzklotzen fertigmachen ließ!

»Sammael will dich«, neckte die Dämonin. Ihr zerzaustes Haar und die weit aufgerissenen Augen machten sie noch schöner. »Und ich werde belohnt, weil ich dich zu ihm bringe.«

Trotz ihrer wachsenden Panik lachend, forderte Eve erneut ein Schwert an – diesmal war es nicht ganz, aber doch beinahe ein Gebet.

Und wieder wurde sie nicht erhört.

Den nächsten Eiszapfen wehrte sie mit dem Unterarm ab und warf sich nach links, um einen anderen zu fangen. Sie schleuderte ihn zurück. Natürlich wurde er von einem Schwall Frostluft abgelenkt. Unterdessen näherte sich Eve der Wand, in der das Katana steckte.

»Du kannst Geiseln nehmen«, sagte sie spöttelnd, »aber mich bekommst du nicht.«

Dreistigkeit war manchmal alles, was einem Gezeichneten blieb.

»Allmählich glaube ich dir nicht mehr«, widersprach die Dämonin, und ihre dunklen Augen funkelten boshaft.

Es wummerte an der verriegelten Tür. Gleich darauf ertönten ängstliche japanische Stimmen. Nicht zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte Eve, ihre Mutter hätte ihr die Sprache beigebracht. Sie verstand lediglich, dass jemand hereinkommen wollte. Und die Dämonin, gegen die sie kämpfte, war nicht mehr so versessen darauf, den Raum zu verlassen. Vielmehr schien die Yuki-Onna durch die Störung erst richtig in Fahrt zu kommen.

Eve trat noch einen Schritt näher. Mit ihrem Stiefelabsatz geriet sie auf einen Eiszapfen, und rutschte aus. Ihr verwundetes Bein machte es schwer, das Gleichgewicht wiederzufinden. Der Beinahe-Sturz brachte sie auf eine Idee, wie sie das hier beenden könnte.

Vorausgesetzt natürlich, Gott war gewillt, zu kooperieren und ihr verdammt noch mal unter die Arme zu greifen.

Mit einem schwungvollen Tritt schleuderte sie Wasser und Eis auf. Als die Yuki-Onna mit einer Salve von Eiszapfen konterte, schnellte Eve nach vorn und nutzte die glatten Fliesen, um mit den Füßen voran das Ziel zu erreichen.

»Ich könnte jetzt echt gut dieses Schwert gebrauchen!«, brüllte sie himmelwärts, als die weißen Fliesen an ihr vorbeirauschten. »Bitte!«

Nichts.

Die Zeit verlangsamte sich zu einem zähen Tröpfeln …

Elegant sprang die Dämonin in die Höhe und wurde von eisigen Luftströmungen oben gehalten. Während sie sich in Bauchlage schwang, löste sich die schöne Fassade auf, und zum Vorschein kam ihr wahres Gesicht darunter: blutrote Augen, ein klaffender Schlund voller schwarzer Zähne und gräuliche Haut mit einem Geflecht von tintenblauen Adern, die sich bis zu ihrem Haaransatz zogen. Sie breitete die Arme weit aus, und aus ihren Fingerspitzen fuhren Eisspeere lang wie Skistöcke.

Alec und Reed brüllten im Chor, und ihre Schreie dröhnten in einer solchen Lautstärke durch Eves Schädel, dass sie alles andere auslöschten. In Zeitlupe beobachtete Eve, wie die Dämonin ähnlich einer Geistererscheinung über ihr schwebte, das weiße Gewand in Fetzen und das Haar eine sich wirr schlängelnde Mähne. Eve hob die Arme, um den Angriff abzuwehren, und zuckte vor Schreck zusammen, als ein schweres Gewicht ihren Unterarm gegen ihre Brust drückte …

… auf wundersame Weise beschwert von dem plötzlich erschienenen Schwert in ihrer Hand.

Sie packte das Heft fest und richtete sich auf. Wie eine Lanze stach sie die Klinge nach vorn und mitten in die Brust der Yuki-Onna. Die Gleve fuhr mit einem ekligen Quietschen tief in das Dämonenfleisch.

Im nächsten Augenblick explodierte das Höllenwesen zu einer Aschewolke.

Eve schlitterte weiter, bis sie gegen die Wand knallte. Vom Aufprall löste sich das Katana aus der Putzverankerung, drehte sich und schoss mit der Spitze voran auf Eves Kopf zu. Sie warf sich zur Seite und rollte weg, um der Klinge auszuweichen. Die bohrte sich direkt an der Stelle in den Boden, wo eben noch Eve gewesen war. Hinter ihr klapperte die Gleve auf die Fliesen, die nun ohne das Höllenwesen jeden Halt verloren hatte.

»Heilige Scheiße!«, hauchte sie.

Ein Paar Stiefel mit Stahlkappen erschienen neben ihrem Kopf, dann streckte sich eine Hand in ihr Sichtfeld. Als sie aufsah, blickten ihr schokoladenbraune Augen entgegen. Früher hatte Alec sie auf eine Weise angesehen, dass es ihr die Haut versengte. Jenen Blick vermisste sie. Andererseits wurde sie schon heiß genug für sie beide, indem sie ihn einfach nur ansah.

Mit gut einem Meter neunzig Länge und einem Waschbrettbauch war er so gestählt, wie man es von einem geübten Jäger erwartete. Er war Gottes angesehenster und vertrauenswürdigster Vollstrecker, und sein Körperbau spiegelte seine Berufung recht eindrücklich wider. Sein Haar war mal wieder ein bisschen zu lang, doch Eve würde jeden in die Flucht prügeln, der sich Alec mit einer Schere näherte.

»Länger hätte er wohl kaum warten können, mich aus dem Schlamassel zu befreien, in den er mich überhaupt erst gebracht hat, was?«, fragte sie verärgert.

»Ist dir aufgefallen, dass kein Feuer da war?« Seine tiefe, leicht raspelnde Stimme war Verführung in Reinform, sogar mit dem seltsamen Hall, der einzig die Erzengel auszeichnete. Wenn er telepathisch mit ihr sprach, klang er nicht so, was auf traurige Weise bezeichnend war. Der wahre Alec unterschied sich gewaltig von dem in ihrem Kopf.

Sie blinzelte zu ihm auf. »Hast du mich da rausgeholt? Was soll das heißen? Wollte er mich einfach sterben lassen? Schon wieder?«

»Offensichtlich nicht, denn du bist ja nicht tot. Es war eine Glaubensprüfung.«

»Wohl eher ein Test nach dem Motto ›Ich bin Gott, sieh mal, wie ich dich verarsche!‹ …«

»Vorsicht!«, ermahnte er sie.

Eve ergriff seine Hand. Als er sie nach oben zog, wölbten sich seine kräftigen Brust- und Bauchmuskeln merklich unter dem engen weißen T-Shirt. Eve konnte nicht umhin, solche Dinge zu bemerken, selbst wenn sie nicht berühren durfte, was sie sah.

»Was haben Dämonen bloß immer mit Toiletten?«, fragte sie. »Grimshaw hat einen Trend gestartet, als er diesen Drachen schickte, um mich zu töten. Und ich möchte schwören, dass ich seitdem mindestens ein halbes Dutzend Dämonen in Waschräumen ausgeschaltet habe.«

Der Drache war ein Höfling von Asmodeus gewesen, hatte sie aber für Charles Grimshaw getötet – den früheren Alpha des nordkalifornischen Black-Diamond-Rudels und Vater eines Wolfs, den Eve zweimal getötet hatte. Dämonenvergeltung konnte die Pest sein.

Alec fluchte beim Anblick ihres Oberschenkels. Ihre Zehen schwammen in dem Blut, das ihre Socken tränkte und sich entlang der Innensohlen ihrer Stiefel staute. Sie brauchte auf jeden Fall neue Stiefel.

Alec bückte sich, um die Wunde näher zu inspizieren. »Ich wäre früher hier gewesen, aber ich musste erst eine Horde Höllenwesen in der Halle verscheuchen.«

»Horde?«

»Ich glaube nicht, dass die eisige Ziege scherzte, was das Kopfgeld anging.«

»Was weißt du, das ich nicht weiß? Du würdest doch keinem Höllenwesen glauben, solange es nicht irgendeinen Beweis gibt.«

Alec hatte das Kommando über den Tagesbetrieb von Gadara Enterprises übernommen – die säkulare Fassade für die nordamerikanische Gezeichneten-Firma –, seit der Erzengel Raguel vor ein paar Monaten von Satan gefangen genommen wurde. Was bedeutete, dass Alec so ziemlich über alles Höllische und Himmlische Bescheid wusste, das zwischen Alaska und Mexiko vor sich ging.

»Die Zahl der Höllenwesen in Orange County hat sich in den letzten zwei Wochen verdreifacht.«

Also seit dem Zeitpunkt, als sie ihre Ausbildung beendete. Wie sie so oft erinnert wurde, gab es keine Zufälle. »Kein Wunder, dass hier in letzter Zeit so viel los war.«

Er sah sie elend an. »Es wird noch mehr, falls sich Sammael auf dich eingeschossen hat.«

»Mit einem rangübergreifend ausgeschriebenen Kopfgeld? Echt jetzt, man sollte glauben, ich hätte seinen Welpen getreten oder so. Nein, warte mal, das habe ich ja!« Eve verlagerte ihr Gewicht auf das verwundete Bein und verzog sofort das Gesicht vor Schmerz.

Alec zog ihren Arm über seine Schultern, um sie zu stützen. »Wir müssen das Bein verbinden, Naseweis.«

»Hallo, aus welchem Jahrhundert beziehst du denn deine Anmachsprüche?«

»Aus allen, und zufällig mag ich deine Nase. Unter anderem.« Er drückte kurz ihr Hinterteil. Alec mochte keine Liebe für sie empfinden können; Lust hingegen war kein Problem. »Aber ich genieße es, an deinem heißen Körper zu ruhen, und deshalb würde ich ihn gern in einem Stück bewahren.«

Das Kainsmal bescherte ihrem Körper die Fähigkeit, enorm schnell zu heilen. In ein oder zwei Stunden wäre nur noch eine rosa Narbe übrig, und bis zum Abend wäre die Verletzung nur noch eine Erinnerung. Trotzdem half Eve dem Ganzen auf die Sprünge, indem sie die Wunde mit einigen Butterfly-Spannpflastern verschloss. Sie musste sich beeilen, denn ihre Mom wartete auf sie.

Ich kümmere mich um sie, versprach er ihr.

»Ich bringe Eve nach Hause, damit sie sich umziehen kann«, mischte sich eine tiefe Stimme ein.

Eve und Alec drehten sich zu ihr um und entdeckten Reed an der Tür. Seine Züge waren Alecs ähnlich genug, um die beiden Männer als Geschwister auszuweisen, ansonsten aber waren sie völlig entgegengesetzt. Reed mochte Armani-Anzüge und tadellose Haarschnitte. Heute trug er eine schwarze Tuchhose und ein lavendelblaues Hemd, das oben aufgeknöpft und an den Ärmeln aufgekrempelt war. Und es bewies mal wieder, wie unglaublich, unerschütterlich männlich er war, dass er in so dämmrigem Licht so verdammt gut aussehen konnte.

Alecs Arm legte sich fester um Eves Taille. Die beiden Brüder zusammen waren wie Benzin und Zippo: brandgefährlich. Und sie weigerten sich, ihr zu erzählen, was diese lebenslange Fehde begründete. Sie beide verbargen den Grund so tief in den dunkelsten Nischen ihres Bewusstseins, dass Eve es bisher nicht geschafft hatte, auch bloß in die Nähe vorzudringen. Was auch der wunde Punkt sein mochte, eine Mordsstimmung herrschte zwischen den beiden eigentlich immer, und das im wörtlichen Sinn. Sie hatten sich dauernd gegenseitig umgebracht – Cain häufiger Abel als andersherum –, doch immer belebte Gott sie wieder, damit sie sich noch länger bekriegten.

Was Eve einfach nur abscheulich fand. Warum Gott die beiden Brüder in die Lage versetzte, sich immer weiter bekämpfen zu müssen, war ihr schleierhaft.

»Was machen wir jetzt mit diesem Chaos?« Sie lächelte Alec verlegen an, bevor sie einen Schritt auf Abstand zu ihm ging. Eine Blutspur markierte ihren jüngsten Kamikaze-Rutscher auf dem Boden, und das schnell schmelzende Eis verteilte das Rot in den Fugen, sodass eine bizarre Landkarte entstand.

Alec trat in das Wasser, schnippte mit den Fingern, und die Flüssigkeiten verschwanden so schnell im nächsten Waschbecken, dass nicht einmal Eve mit ihren geschärften Sinnen sah, wie es dorthin gelangte. Ungefähr so würde sie auch mit Reed wieder nach Hause kommen.

Zum Glück hatten Gezeichnete ihre Vorgesetzten, die hinter ihnen aufräumten. Und Eve hatte sogar noch mehr Glück als andere, weil sie auch noch Cain hatte. Das wiederum brachte viele der anderen Gezeichneten gegen sie auf, denn sie glaubten, dass Eve ihnen gegenüber klar im Vorteil war. Dabei bedachten sie nicht, wie viele Dämonen Eve benutzen wollten, um dem tödlichsten Gezeichneten von allen eins auszuwischen. Ebenso gut könnte sie sich eine Zielscheibe für die kühneren Höllenwesen auf den Rücken kleben.

Andererseits sah es aus, als hätte das Satan bereits für sie erledigt.

»Komm mit«, sagte Reed und reichte ihr die Hand. »Bevor deine Mutter die Kavallerie ruft.«

»Vergiss die Kavallerie.« Alec zwinkerte Eve zu. »Miyoko würde selbst hier hereinstürmen.«

Mitten im Lachen stockte Eve, weil sie Kanalisationsgestank wahrnahm. Sie blickte sich suchend nach dem Dämon um, der die Quelle sein musste, und bemerkte eine seltsame Pfütze zu ihren Füßen … aus der sie bösartige, kristallblaue Augen anstarrten. Ein Gesicht in der Flüssigkeit. Instinktiv trat Eve zu, worauf sich die Visage des Wasserdämons in sprühende Tropfen auflöste.

»Was soll das?«, fragte Reed scharf und fing sie ab, als ihr verwundetes Bein sie zum Stolpern brachte.

Von einem Augenblick zum anderen fand sich Eve in der Küche ihrer Wohnung in Huntington Beach wieder. »Hast du ihn gesehen?«, keuchte sie und lehnte sich an Reed.

Reeds Arme umklammerten sie fester. »Ja, habe ich.«

Er ist weg. Alecs Ton war grimmig. Ich fange jetzt deine Mom ab, aber wir müssen uns darum kümmern, wenn wir hier fertig sind.

Der Dämon war ein Nix gewesen – ein germanischer Wassergeist und Gestaltwandler. Er hatte es praktisch schon auf Eve abgesehen, seit sie gezeichnet wurde, und war die Pest, bis Eve ihn getötet hatte. Nein, falsch: Bis sie glaubte, ihn getötet zu haben.

Sie würde ihn umbringen. Dieser Nix hatte ihre Nachbarin, Mrs. Basso, ermordet, die nette, aufrichtige, verwitwete Mrs. Basso, die eine liebe Freundin von Eve gewesen war. Eves Verlangen nach Rache war es, das sie antrieb, wann immer diese Höllenwesenjagd heftig wurde.

Sie löste sich von Reed und humpelte den Flur hinunter zu ihrem Schlafzimmer. Das Brechen der Wellen am Strand drang durch die offenen Balkontüren im Wohnzimmer herein. Bevor sie mit dem Kainsmal gezeichnet wurde, war Eve Innenarchitektin gewesen, und diese Wohnung war eines ihrer ersten Projekte – und bis heute eines ihrer liebsten. Selbst die damaligen Planungsfehler hatte sie mittlerweile lieb gewonnen, und sie würde nichts verändern wollen. Hier fühlte sie sich sicher, weniger wie ein Dämonen-Killer und mehr wie sie selbst.

Genüsslich atmete sie die Ruhe ihres Zuhauses ein.

Reed rief ihr verführerisch und provozierend hinterher: »Brauchst du Hilfe beim Ausziehen?«

Eve seufzte innerlich. Außerhalb dieser Wände rotteten sich die schlimmsten Höllenbewohner in Scharen zusammen. Eve musste bereit sein, wenn sie wieder vor die Tür ging.

Als wäre ihr Liebesleben nicht schon gefährlich genug.

2

Eve stieg auf einen der Barhocker im Shaker-Stil, die an ihrer Kücheninsel standen. »Ich fänd’s echt prima, wenn die Dämonen, die ich töte, auch tot bleiben.«

Gewöhnlich explodierten sie zu Aschewolken wie die Yuki-Onna und kehrten in die Hölle zurück, wo sie bestraft wurden, weil sie ihre Chance vermasselt hatten, mit Sterblichen zu spielen. Eve war die einzige Gezeichnete, die denselben Dämon mehr als einmal töten musste.

»Hey«, entgegnete Diego Montevista von dem Hocker neben Eves. »Ich bin aus demselben Grund am Leben, aus dem sie zurückgekommen sind, um dich zu jagen.«

Sie grinste. »Stimmt, und du bist es wert.«

Montevista – ehedem Security-Chef des Erzengels Raguel und knallharter Gezeichneter – stupste sie mit der Schulter an. »Verdammt richtig.«

Mira Sydney auf der anderen Seite des Tresens runzelte die Stirn. Wie ihr Partner Montevista war auch sie ganz in Schwarz gekleidet – Fallschirmspringerhose, T-Shirt und Schenkelhalfter für eine 9mm und einen Dolch. »Ich verstehe immer noch nicht, wie das ging.«

Montevista war groß und Furcht einflößend, wohingegen sein weiblicher Lieutenant winzig und freundlich anmutete. Sydney war blond, er hatte die klassischen dunklen Latino-Locken. Dennoch war offensichtlich, dass die Jahrzehnte gemeinsamer Arbeit eine starke Zuneigung zwischen ihnen hervorgebracht hatten. Alec hatte sie nach dem Obon-Festival zu Eves Schutz abgestellt. Schließlich brauchte Cain nicht denselben Personenschutz wie andere Erzengel. Und Eve störte es nicht. Sie hatte sich schon während ihres Trainings mit Montevista und Sydney angefreundet – jenes Training, das inzwischen als das größte Desaster in der Geschichte der Gezeichnetenausbildung galt. Von einem Neuner-Kurs hatten nur drei überlebt. Und Raguel Gadara war entführt worden; die erste und einzige erfolgreiche Entführung eines Erzengels.

»Die Welt ist aus den Fugen, seit Eve auf der Bildfläche erschienen ist«, brummelte Reed, der am Herd stand und Kung-Pao-Hühnchen briet. Er war eindeutig nicht froh, dass sie bei ihrem Date Gesellschaft hatten.

»Ah, tausend Dank!«, sagte Eve.

Sein teuflisches Grinsen stand im krassen Gegensatz zu den Flügeln und dem Heiligenschein, die er bisweilen um des Schockeffekts willen zeigte. An Reed war sehr wenig Engelhaftes. »Wenigstens bist du hübsch anzusehen.«

Eve stöhnte, und Reed zwinkerte ihr zu.

So umwerfend Reed auch sein mochte – und mit einer Schürze über seiner wie immer eleganten Kleidung erst recht –, er hatte durchaus seine rauen Ecken und Kanten. Die Eve allerdings auch gar nicht ausbügeln wollte; sie wollte sie lediglich verstehen. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass er eine Frau einzig mit einem Blick zur Sünde verführen konnte. Charme brauchte er dafür keinen einzusetzen. Dennoch hegte Eve den starken Verdacht, dass einige der Unverschämtheiten, die er fallen ließ, seiner Nervosität ihr gegenüber geschuldet waren. Und es machte ihn irgendwie liebenswert, weshalb Eve nicht umhinkonnte, diese gegenseitige Anziehung näher zu erforschen.

Sydney räusperte sich. »Erzähl mir die ganze Geschichte, von Anfang an.«

Eve sah sie an. »Aber die hast du doch sicher schon zig Mal gehört.«

»Nicht direkt von der Quelle. Ich möchte sie von dir hören.«

»Na gut.« Eve lehnte sich auf den Tresen. »Als Neuling stolperte ich über einen Tengu, der weder fies stank noch Kennzeichen hatte. Ich erzählte Cain von ihm, und wir erzählten es Gadara. Gadara gab uns den Auftrag herauszufinden, woher der Dämon kam. Abel war einverstanden und ließ den Befehl durchgehen.«

Sydney blickte kurz zu Reed. »Ich erinnere mich, gehört zu haben, dass du schon vor dem Training auf die Jagd geschickt wurdest.«

Reeds Gesichtszüge versteinerten. Als Eves Einteiler war er der Einzige, der sie zu Einsätzen schicken durfte, und Gezeichnete sollten nicht jagen, bevor sie nicht vollständig ausgebildet waren.

Eve nickte. »Zu seiner Verteidigung muss ich anführen, dass mir keiner geglaubt hat. Alle dachten, dass ich noch in der Wandelphase war und meine Gezeichnetensinne noch nicht ganz entwickelt waren.«

»Wie neu war dein Mal?«, fragte Montevista.

»Ein oder zwei Tage.«

Sydney stieß einen Pfiff aus.

»Ja, das war ziemlich blöd«, stimmte Eve ihr zu. »Vor allem, weil ich beweisen konnte, dass ich nicht irre bin, und wir trotzdem die Quelle der Tengu-Fähigkeiten aufspüren sollten.«

»Die Maskierung«, sagte Montevista. »Ein Zeug, das vorübergehend den Höllenwesengestank und die Kennzeichen verbirgt.«

»So nannten sie es bald. Cain und ich entdeckten, dass sie es von einer Steinmetzerei aus produzierten und vertrieben, keine Stunde Fahrt von hier.«

»Ah.« Sydney grinste. »Upland.«

Eve nickte beschämt. Das würde ihr wohl ewig nachhängen. »Die Maskierung wurde aus dem Blut und Knochenmehl von Gezeichneten, Tieren und Höllenwesen hergestellt plus einigen Zaubern und anderem. Cain hatte die Idee, die Zutaten in dem riesigen Brennofen der Steinmetzerei zu vernichten. Und ich dachte mir, ich werfe den Nix da rein und verdampfe ihn gleich mit. Abel schloss dann den Erben des Black-Diamond-Rudels mit in den Raum mit dem Brennofen. Und dank Gottes bizarren Humors war die Maskierung zugleich lebenserhaltend, sofern sie auf die richtige Temperatur erhitzt wurde. So haben der Wolf und der Nix überlebt, obwohl sie in Fetzen gerissen wurden. Und das Zeug rettete Montevista wenige Wochen später.«

Sydney blickte besorgt gen Himmel. Als Eve für ihre Blasphemie nicht gleich vom Blitz erschlagen wurde, sagte sie: »Ich habe gehört, dass die Explosion einen Krater von der Größe eines Wohnblocks hinterlassen hat.«

»Mindestens.« Reed schnaubte. »Es war wie eine Mini-Atombombe.«

Montevista schmunzelte. »Die Geschichten sind nicht übertrieben.«

»Wow.« Sydney sah Eve an. »Also hast du den Wolf ein zweites Mal getötet, aber der Nix tauchte heute bei dem Festival auf.«

»Genau.« Eve malte die Adern des Arbeitsplattengranits mit den Fingern nach. »Übrigens hatte die Polizei mir heute Nachmittag eine Nachricht auf Band gesprochen. Hätten sie doch bloß gestern oder meinetwegen auch heute Morgen angerufen! Dann wäre ich auf den Nix vorbereitet gewesen.«

Reed unterbrach sein Rühren und starrte sie ernst an. »Dieselben Detectives, die Mrs. Bassos Tod untersuchen?«

»Aus Anaheim, ja. Jones und Ingram. Von der Polizei von Huntington Beach habe ich seit der ersten Befragung nichts mehr gehört.«

»Was wollen sie?«

»Mit mir reden. Näheres haben sie nicht gesagt. Ich schätze, der Nix zieht wieder seine alte Nummer durch. Vor Mrs. Basso hatte er schon ein Dutzend Leute umgebracht, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er jetzt damit aufhört.« Ihre Brust schmerzte bei dem Gedanken an ihre Nachbarin. »Ich begreife nicht, warum wir ihn nicht schon längst jagen. Ist unser Sinn und Zweck nicht eigentlich, Leben zu retten?«

Tut mir leid, Babe. Das Mitgefühl in Reeds Stimme entlockte Eve ein dankbares Lächeln.

Montevista drückte ihre Hand. »Keiner weiß, nach welchen Kriterien die Seraphim auswählen, welche Höllenwesen ausgeschaltet werden.«

Die meisten Dämonen verhielten sich unauffällig, denn Gott zu verärgern bedeutete, dass auch Satan stinkig wurde. Und keiner von beiden war jetzt schon bereit für Armageddon. Satan war nicht mächtig genug, und Gott gefielen die Dinge so, wie sie waren.

Aber der Nix war entschieden zu dreist. Er hatte in ganz Orange County Frauen ermordet und seine »Visitenkarte« am Tatort hinterlassen – eine Seerose in einer Bowleschale von Crate and Barrel. Was der Polizei natürlich aufgefallen war. Der Mord an Mrs. Basso hatte sie auf Eve aufmerksam gemacht, die leider selbst so eine Visitenkarte auf ihrem Couchtisch stehen gehabt hatte. Nun wollten die Detectives Informationen von ihr, die Eve ihnen nicht geben konnte. Es läuft ein wild gewordener Dämon herum, aber keine Bange, denn ich bin eine Dämonenjägerin im Dienste Gottes, dürfte sie kaum heiter und sorglos stimmen.

Plötzlich erschien Alec neben Eve, der sich ohne Vorwarnung in ihre Wohnung teleportiert hatte. »Lass mich raten. Kung-Pao-Hühnchen?«

»Gute Nase.« Eve blickte von einem Bruder zum anderen und spürte die Spannung in der Küche, die verlässlich eintrat, wenn sich beide Brüder im selben Raum aufhielten. Alec hätte anklopfen sollen. Da er nebenan, in Mrs. Bassos früherer Wohnung, lebte, wäre es ja wohl nicht zu viel verlangt. Aber ein traditionelles Erscheinen hätte eben keinen so hohen Nerv-Reed-Faktor.

Alec legte eine Hand auf den Tresen und die andere auf die Rückenlehne von Eves Barhocker. Dann beugte er sich vor und küsste sie auf die Schläfe. »Wenn Abel für eine Frau kocht«, murmelte er, »ist es immer Kung-Pao-Hühnchen.«

»Ehrlich?« Sie sah Reed fragend an.

Montevistas dunkle Augen blitzten amüsiert, während Sydney halb grinsend zur Seite sah.

Reed war sauer. »Falls man mit ›immer‹ einmal im China des neunzehnten Jahrhunderts meint. Wir könnten ungleich mehr Treffer erzielen, wenn wir uns ansehen, wie oft Cain seine ›Steig auf, Baby, und genieß meine Maschine‹-Nummer schon gebracht hat. Wenn du meine Anmachsprüche für schlecht hältst …«

»Ich habe jedenfalls eine Maschine, auf die es sich zu steigen lohnt«, raunte Alec.

Reeds Bambuskochlöffel schlug klappernd gegen den Wokrand. »Dann steig auf und verpiss dich, Arschloch. Keiner hat dich eingeladen.«

Eve rutschte vom Barhocker. »Das reicht! Satans Lakaien sind hinter mir her, und ihr zwei zankt euch, wer mehr Talent im Aufreißen hat?«

»Er hat angefangen«, verteidigte Reed sich.

»Und ich beende es.« Eve wünschte, ein Schuss Alkohol wäre eine Option. Doch bewusstseinsverändernde Substanzen wirkten in ihrem gezeichneten Körper nicht. Sie verschränkte die Arme und fragte Alec: »Bist du rübergekommen, weil du Neuigkeiten für uns hast?«

Er schüttelte den Kopf. »Das ist das Problem. Kein Wort irgendwo über dieses angebliche Kopfgeld. Wir hätten gedacht, dass wir irgendwas von einem Informanten oder einem Höllenwesen auf der Suche nach Zuflucht erfahren, aber es ist totenstill.«

»Und du platzt in unser Date rein, um uns zu sagen, dass du nichts zu sagen hast?«, fragte Reed.

»Nein«, antwortete Alec spöttisch. »Ich platz rein, weil es dich stinksauer macht.«

Eve schnippte mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. »Die Tatsache, dass wir mehr zu tun haben als sonst, kann kein Zufall sein, denn du erzählst mir ja dauernd, dass es keine gibt.«

Alec nickte. »Stimmt. Ich forsche weiter nach.«

»Und als ich an diese Nacht in Upland dachte, fiel mir wieder etwas Wichtiges ein, das ich zwischenzeitlich vergessen hatte.«

Vier Augenpaare fixierten sie.

»Der Nix hatte etwas zu mir gesagt«, fuhr Eve fort. »Kurz bevor ich ihn in den Brennofen schob. Ich fragte ihn, ›Warum ich?‹, und er antwortete, ›Ich tue, was mir gesagt wird‹.«

»Das hast du mir nie erzählt«, sagte Alec vorwurfsvoll.

»Entschuldige.« Und das meinte sie ehrlich. Am Leben zu bleiben bedeutete, dass sie sich keinen Fehler erlauben durfte. »Er war tot und zurück in die Hölle gejagt. Und ich bemühte mich, ihm nicht zu folgen. Da hatte ich es vorübergehend verdrängt.«

»Mist! Das ist der Grund, weshalb du eigentlich nicht imstande sein dürftest, uns auszusperren.«

Eve wusste nicht, wie oder warum sie manchmal die feste Verbindung zwischen Gezeichneter und Vorgesetzten umgehen konnte, aber sie war froh darüber. Eine Frau musste ihre Geheimnisse wahren, erst recht, wenn sie in einer fragwürdigen Dreiecksbeziehung steckte.

Bevor sie vom Wesentlichen abschweiften, sagte sie: »Mir ist heute auch noch etwas Neues aufgefallen: Seinen Kennzeichen zufolge ist er einer von Asmodeus’ Lakaien.«

Reed stellte den Herd aus. »Die Kennzeichen des Nix verwiesen auf einen niederen Dämon.«

»Sie haben sich aber verändert, seit wir ihn zum ersten Mal gesehen haben«, beharrte Eve.

»Sammael und ein Höllenkönig«, hauchte Sydney. »Jippie.«

Eve konnte nur träge nicken. Und sie hatte sich mal für ein Glückskind gehalten! »Darf ich fragen, warum Satan ein Prinz ist, die Dämonen unter ihm hingegen Könige sind?«

»Nein!«, antworteten Reed und Alec schroff im Chor.

Eve hielt beide Hände in die Höhe. »Okay, dann …«

Alec starrte sie böse an. »Verdammt, Angel.«

Evangeline. Eve. Angel. Diesen Kosenamen benutzte niemand außer Alec. Und er sprach ihn immer noch in diesem raspelnden, verführerischen Ton, der sie überhaupt erst in diesen Kainsmal-Mist geritten hatte.

»Nur du bringst es fertig, gleich mehrere hochrangige Killer im Nacken zu haben, Hollis«, bemerkte Montevista ironisch.

»Vielleicht haben sich der Nix und der Wolf nach der Explosion angefreundet. Vielleicht waren Asmodeus und Grimshaw befreundet«, sagte Eve. »Und Asmodeus will seinem Kumpel bei seinem Rachefeldzug helfen. Vielleicht hat sich der Nix auch Asmodeus angeschlossen, damit er eine gute Ausrede hat, mich zu jagen.«

»Das sind verflucht viele Vielleichts«, konterte Alec gereizt. »Und Freundschaft ist für Dämonen relativ. Gefälligkeiten werden nicht umsonst gewährt. Asmodeus müsste schon eine Schuld abgleichen oder irgendeine Gegenleistung bekommen.«

Das klang nicht gut, fand Eve.

»Es muss eine gewaltige Schuld oder ein Riesengewinn sein, wenn Amodeus dafür hinter jemandem her ist, der Cain wichtig ist«, sagte Montevista. »Grimshaw hatte es aus Rache für seinen Sohn auf Hollis abgesehen. Asmodeus hat keinen Grund, und ihm ist klar, dass er sowohl Jehova als auch Sammael verärgern würde.«

Eve seufzte. Der Krieg zwischen Himmel und Hölle war im Grunde keine offene Schlacht. Zumeist lebten die Himmlischen und die Höllenwesen in einer Art Waffenstillstand miteinander. Satans Untergebene waren angewiesen, sich bedeckt zu halten, damit sie größtmöglichen Schaden anrichten konnten. Und die Gezeichneten wurden nur auf die richtig schädlichen Dämonen angesetzt. Montevista hatte recht. Irgendwas Großes musste Asmodeus bewegt haben, die Regeln auf so drastische Weise zu brechen.

»Es sei denn, Sammael hat es Asmodeus befohlen«, gab Sydney leise zu bedenken. Als alle sie anstarrten, zuckte sie nur mit den Schultern.

Montevista brach das allgemeine Schweigen. »Da könnte was dran sein.«

»Da hatte ich seinen Hund aber noch nicht überfahren«, erinnerte Eve die anderen.

Hund. Pah! Da die verdammte Kreatur so groß wie ein Bus gewesen war, wollte Eves Verstand das Wort »Hund« partout nicht mit dem Ungetüm in eins bringen, das sie tatsächlich angefahren hatte.

»Hier muss es um mehr gehen als Sammaels verdammte Höllenhunde«, sagte Reed. »Ihm geht es immer und ausschließlich um sich selbst. Jeder und alles andere – einschließlich Haustiere – ist entbehrlich.«

»Also will er etwas? Ich habe aber nichts Wertvolles.« Eve sah wieder von einem Bruder zum anderen. »Außer euch beiden.«

Alec und Reed verstummten sowohl physisch als auch mental. Ihnen war bewusst, dass Eve ein Risiko für sie war.

Und das musste sich ändern, dachte Eve.

Reed wandte sich wieder zum Herd. Alec begann, Befehle über sein mentales Schaltsystem auszusenden, das jeden Erzengel mit allen in seiner Firma verband. Derweil ging Eve ins Wohnzimmer. Dort war sie immer noch in Hör- und Sehweite von den anderen, aber die räumliche Distanz half ihr, Abstand zu gewinnen. Sie knipste alles andere aus, setzte sich auf ihr daunengepolstertes Sofa und dachte daran, was für ein Chaos ihr Leben war.

Der Nix und Grimshaws Teenager waren nicht die Einzigen in jener Nacht in Upland gewesen, die sich in dem Raum mit dem Brennofen aufhielten. Da war auch noch eine Horde Tengu gewesen – japanische Gargoyle-Dämonen. Da der Nix und der Wolf schon überlebt hatten, um ein anderes Mal getötet zu werden, lag es nur nahe, dass auch den Tengu ein zweites Leben beschert worden war.

Alec war blitzartig bei ihr und hockte sich auf die Kante des gläsernen Couchtisches. Seine relativ dicke Jeans konnte die hübschen Muskeln seiner langen Beine nicht verbergen.

»Du kriegst noch Ärger, weil du deine Kräfte so viel nutzt«, sagte Eve.

Sieben Wochen pro Jahr stand es jedem Erzengel frei, seine Kräfte voll zu nutzen, um neue Gezeichnete auszubilden. Diese Pflicht war nach einem Rotationssystem geregelt. Den Rest des Jahres jedoch zog es Konsequenzen nach sich, wenn sie diese besonderen Gaben nutzten. Es war Gottes Art, ihnen die Vortäuschung eines säkularen Lebens zu verordnen, auf dass sie lernten, Mitgefühl mit den Sterblichen zu haben. Eve fand eher, dass es sie lehrte, die Sterblichen zu verachten.

»Ich bin noch kein Firmenchef«, sagte Alec lächelnd. »Die Regeln gelten für mich nicht.«

»Ist das nicht immer so?«

Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Ich habe nochmals die Sicherheitsvorkehrungen überprüft, die wir das erste Mal gegen den Nix getroffen hatten, hier und bei deinen Eltern. Und ich habe außerdem einen Sicherheitstrupp abgestellt, der den Umkreis auf neue Bedrohungen abkämmt.«

»Können die auch den Irren um die Ecke hopsnehmen?«

»Welchen Irren?«

»Erzähl mir nicht, dass du ihn nicht gesehen hast! Der Typ, der wie ein böser Nikolaus aussieht? Der mit seiner Akustikgitarre Feuer und Schwefel predigt?«

Er starrte sie an.

»Der Bekloppte mit dem riesigen Schild ›Ihr werdet in der Hölle schmoren‹?« Als er sie immer noch verständnislos ansah, schüttelte Eve den Kopf. »Du bist so viel am Hin- und Herfliegen, dass dir die unmittelbare Nachbarschaft durch die Lappen geht?«

Alec war weg und eine knappe Sekunde später wieder da.

»Verstehe«, sagte er. »Der ist harmlos.«

»Er nervt, und er ist seit Tagen da.« Sie schnippte mit den Fingern. »Hey, vielleicht lässt sich Gott ja auf einen Handel ein, er gegen mich?«

Das meinte Eve nur halb im Scherz. Dieses ganze Gezeichneten-System war ihrer Meinung nach eine Fehlkonstruktion. Es gab Millionen von religiösen Fanatikern auf der Welt, die tagtäglich im Namen Gottes töteten, aber die wurden nicht gezeichnet. Stattdessen nutzte der Allmächtige die Ungläubigen. Es war wie ein Trainingslager für Sünder und Zweifler. Gott schien sagen zu wollen: Seht euch an, mit wem ihr es zu tun kriegt, wenn ihr nicht mit eurer Blasphemie aufhört!

»Kein fairer Tausch«, sagte Alec mit dem Anflug eines Lächelns. »Du bist hundertmal so viel wert wie dieser Typ.«

»Das denkst du.«

»Ich bin ganz sicher nicht der Einzige, der so denkt, denn er ist da draußen, und du bist bei mir. Ich werde auch mit Abel reden, damit du für eine Weile weniger Fälle bekommst.«

Eve wurde hellhörig. »Würde das nicht eine Zusatzbelastung für die anderen Gezeichneten in der Gegend bedeuten?«

»In gewisser Weise.«

»Das kannst du unmöglich machen, denn ich muss mit den Folgen leben!«

»Es war keine Frage.«

Eve überlegte kurz und trommelte mit den Fingern auf der Armlehne. »Ich sehe schon, dass es zu dir passt, ein Erzengel zu sein.«

»Lass es«, warnte er sie.

»Höllenwesen fallen in Scharen in Orange County ein – möglicherweise meinetwegen –, und du willst, dass ich hier rumsitze, während andere Gezeichnete die Drecksarbeit machen? Sie mögen mich so schon nicht.«

»Sie kommen drüber weg.«

»Du hast gut reden! Keiner hasst dich, weil du mit mir zusammenarbeitest.«

»Und du würdest niemandem einen Gefallen damit tun, dass du dich umbringen lässt.«

»Oh, da wäre ich mir nicht so sicher.« Sie lächelte verbittert. »Mir fallen auf Anhieb so einige ein, die mich tot sehen wollen.«

»Das ist nicht witzig, Angel.«

Sie seufzte. »Du kennst mich. Ich bin ein echter Angsthase, und ich will mich wirklich nicht unbedingt vor einen Bus schmeißen, aber ich kann auch nicht hier rumsitzen, mir Dexter-Wiederholungen angucken und Ben & Jerry’s löffeln, während andere es mit den Horden aufnehmen.«

»Du kannst mit mir streiten, so viel du willst, ich bleibe dabei.«

»Gadara würde mich losschicken.«

»Der ist aber nicht hier.«

»Und was wird seinetwegen unternommen?«, fragte sie. »Oder sind Erzengel entbehrlicher, als ich dachte?«

Alec streckte eine Hand aus und berührte Eves Wade leicht. »Daran arbeiten wir.«

»Es sind schon zwei Monate. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Hölle ein Urlaub für ihn ist.«

»Wir können da nicht reinstürmen. Das wäre selbstmörderisch.«

»Und was machen wir dann?«

»Du wirst Befehle befolgen. Ich werde mir Druckmittel sichern.«

Eve ignorierte den ersten Teil und konzentrierte sich auf den zweiten. »Druckmittel? Wie … etwas, das Satan dringender will, als Gadara zu behalten?«

»Ja. Sammael muss Raguel zu uns bringen. Nur so bekommen wir ihn zurück.«

»Was könnte Satan mehr wollen als einen Erzengel in seiner Gewalt?«

Alec verzog das Gesicht. »Das ist die Frage, nicht wahr?«

Plötzlich duckte er sich. Etwas flog durch die Luft, klein und weiß, wo eben noch Alecs Kopf gewesen war. Wäre Eves Sehvermögen nicht so übernatürlich gut, hätte sie es nicht mal wahrgenommen.

»Pass doch auf, Arschloch!«, schrie er Reed an.

»Behalte deine Finger bei dir«, konterte Reed.

Eve beobachtete, wie das Flugobjekt an der Balkontür abprallte und auf den Boden flog, wo es gegen ein Couchtischbein kullerte. Sie drehte sich zur Küche um. »Eine Wasserkastanie?«

»Entweder die oder dies«, sagte Reed und wedelte mit einem ihrer Ginsu-Messer.

»Danke, dass du dein Testosteron immerhin etwas im Griff hast.« Sie stand auf und stemmte die Hände in die Hüften. »Und jetzt hört auf mit dem Quatsch!«

»Du kannst nicht erwarten, dass uns die Situation gefällt«, sagte Alec.

»Nein, und mir gefällt sie auch nicht.«

Wenn sie allein war und nachdachte, musste Eve zugeben, dass ihre Einsamkeit sie verlockte, einen Zustand hinzunehmen, den sie in ihrem normalen Leben niemals geduldet hätte. Rein technisch tat sie nichts weiter, als ihre private Zeit mit beiden Männern zu verbringen, doch technische Feinheiten waren ein dürftiger Puffer gegen verletzte Gefühle und Besitzansprüche. Für sie fühlte es sich an, als wäre sie Alec untreu – auch wenn er ihre Zuneigung nicht erwidern konnte –, und sie sorgte sich um Reed, den die ganze Geschichte zusehends aggressiv machte.

»Vielleicht ist die einzige Option, es rein geschäftlich zu halten«, sagte sie.

Beide Männer erstarrten, und ihre Mienen nahmen einen versteinerten Ausdruck an. Montevista und Sydney sahen sich verwundert an.

»So funktioniert es nicht«, beharrte Eve und tippte mit dem Fuß auf dem Dielenboden.

Reed hackte weiter sein Gemüse.

Alec beugte sich wieder vor. »Bleibst du hier, wie ich es befehle?«

Eve verschränkte die Arme. »Was denkst du?«

»Gut.« Er stand auf. »Also ab dem Frühstück morgen hast du wieder einen Vollzeitmentor. Ich tauche nicht mehr nur auf, wenn du mich brauchst.«

»Du willst meinen Babysitter spielen?«

Er musterte sie von oben bis unten. »Nur wenn ich dich übers Knie legen darf, falls du unartig bist.«

Ich habe das Messer immer noch in der Hand, Arschloch, kam von Reed.

Eve sank mit einem stummen Stöhnen zurück auf die Couch. Die beiden Brüder waren noch mal ihr Tod!

Sofern die Dämonen sie nicht zuerst umbrachten.

3

Eve hielt einen Eiweiß-Shake in die Höhe. »Möchtest du einen?«

Alec beäugte das grüne Getränk misstrauisch. In seinen langen Shorts, dem weißen ärmellosen T-Shirt und den Stiefeln mit Stahlkappen erhob er den Bad-Boy-Look zur Kunstform. Seine Sonnenbrille hing ihm im Nacken, wo sie sich in dem etwas zu langen dunklen Haar verfing, durch das Eve so gern mit den Fingern fuhr.

Hinter ihm schien erstes Sonnenlicht in Eves Wohnzimmer. Sydney schlief im Gästezimmer, nachdem sie die ganze Nacht Wache gehalten hatte, und Montevista war draußen, um sich von den Wachen auf der Straße Bericht erstatten zu lassen. Jenseits von Eves Balkon riefen sich Surfer zu, die sich vor der Arbeit noch kurz in die Wellen stürzten.