TEXT + KRITIK Heft 111 - Christoph Hein -  - E-Book

TEXT + KRITIK Heft 111 - Christoph Hein E-Book

0,0
31,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Hein schreibt Zeitstücke und Gesellschaftsromane – von u. a. "Cromwell" und "Horns Ende" über den "Tangospieler" bis "Willenbrock" und "Unterm Staub der Zeit". "Öffentlich arbeiten" heißt ein früher Band mit Essays des Schriftstellers Christoph Hein. Das trifft sein Literaturverständnis gut, leitet sich die Formel doch her vom Anspruch der Aufklärung, über literarische Öffentlichkeit politisch wirksam werden zu können, ein Korrektiv zu sein für die Mächtigen. Das gilt für die Verhältnisse in der DDR ebenso wie nach der 'Wende' in der gesamtdeutschen Bundesrepublik. Mit hohem moralischem Anspruch nimmt Hein seit der Jahrtausendwende in den großen Romanen die Missstände der Konsumgesellschaft und des ungebremsten Kapitalismus, die Verlogenheit des kleinbürgerlichen Milieus, sexuelle Intoleranz, das Scheitern des Rechtsstaates oder die Misere des 20. Jahrhunderts insgesamt in den Blick. Immer erweist sich das individuelle Leben als zerbrechlich unter den herrschenden Verhältnissen, auch wenn das Schicksal von Flüchtlingen beleuchtet oder der Terrorismus der RAF aufgearbeitet wird. Im Registrieren der Begebenheiten zeigt sich das Negative; die Hoffnung liegt invers im dargestellten Verfall, weil das Andere darin bereits aufscheint. Am 8. April 2024 feiert Christoph Hein seinen 80. Geburtstag – ein guter Anlass für eine völlige Neufassung des lange vergriffenen TEXT+KRITIK-Heftes 111, das 1991 erschien und natürlich vor allem seinem Schreiben und Wirken in der DDR gewidmet war. Die Neufassung des Heftes enthält neben Analysen zum neueren Werk Heins auch Beiträge zu seien "frühen Jahren", zu poetologischen Fragen, zu den Kinderbüchern und zum Zeitkritiker Hein sowie ein Gespräch mit dem Autor. "Mit seinen Theaterstücken, die sich für die treibenden Kräfte der Geschichte interessieren (und für deren Subjekte), sowie mit Prosatexten über den entfremdeten Alltag in hochentwickelten Industriegesellschaften wurde Hein zu einem der wichtigsten kritischen DDR-Autoren. Für sich selbst reklamiert er zwar nur die Rolle eines Beobachters und Beschreibers – eines 'Chronisten ohne Botschaft'. Er gestaltet diese Rolle allerdings so, dass es für Publikum und Leser kaum Alternativen zu einem moralischen Positionsbezug gibt. Die Rolle des kritischen Chronisten von Geschichte und Gegenwart hat er auch nach der deutschen Vereinigung nicht aufgegeben." Hannes Krauss ("Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur" – KLG).

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 329

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



TEXT+KRITIK.

Zeitschrift für Literatur

Begründet von Heinz Ludwig Arnold

Redaktion:

Meike Feßmann, Axel Ruckaberle, Michael Scheffel und Peer Trilcke

Leitung der Redaktion: Claudia Stockinger und Steffen Martus

Am Reinsgraben 3, 37085 Göttingen

Telefon: (0551) 54 76 643

Print ISBN 978-3-96707-939-5 E-ISBN 978-3-96707-941-8

Umschlaggestaltung: Thomas Scheer

Umschlagabbildung: © Isolde Ohlbaum

E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2024 Levelingstraße 6a, 81673 Münchenwww.etk-muenchen.de

Inhalt

Christoph Hein Der Fotograf

Michael Braun »Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten«. Christoph Heins anekdotisches Erzählen

Richard Slipp Zwischen Authentizität und Fiktionalität. Zu Rahmungen in Christoph Heins Erinnerungserzählungen

Withold Bonner Zwischen Lethe und Mnemosyne. Christoph Heins Roman »Trutz« als literarischer Gedächtnisraum

Karin Großmann Dienstmagd, Sexobjekt und selbstbestimmte Einzelkämpferin. Frauengestalten in Romanen und Erzählungen von Christoph Hein

Heinz-Peter Preußer Der Fall Wolfgang Grams. Terrorismus und Rechtsstaat im Roman »In seiner frühen Kindheit ein Garten«

Matteo Galli »Als ich im Walde hing«. Multiperspektivisches Erzählen bei Christoph Hein

Stephanie Jentgens Von Teddybären, Katzen und allem, was im Leben wichtig ist. Oder: Christoph Heins Kinderbücher im Spannungsfeld von Individuation und Gesellschaft

Lothar Müller Ein seltsamer Spaßvogel. Christoph Hein als Übersetzer des Romans »Am Ende ein Blick aufs Meer« von Philipp Lyonel Russell

Irmtraud Gutschke Scheitern im Osten. Karriere und Kränkung bei »Willenbrock« und »Frau Paula Trousseau«

Terry Albrecht Die westdeutsche Rezeption Christoph Heins in den 1980er Jahren

Frank Hoffmann Engagement und Öffentlichkeit. Christoph Hein als Zeitkritiker in den 1980er Jahren

Silke Flegel »Unterm Staub der Zeit«? Christoph Heins frühe Jahre auf dem Theater

Christoph Hein / Holger Teschke »Ich muss meine Figuren verstehbar machen, damit das Publikum sie versteht«. Ein Gespräch

Christoph Hein N wie Nachwort

Bibliografie

Notizen

Christoph Hein

Der Fotograf

Die zwölf Personen im Korridor der Hochschule – drei junge Frauen und neun ebenso junge Männer, alle waren volljährig, einige bereits Anfang zwanzig – sahen sich am siebzehnten September, einem Montag, zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie alle ahnten, sie würden die kommenden vier Jahre miteinander verbringen, wären vermutlich jeden Wochentag einige Stunden in den Seminarräumen und dem Labor Seite an Seite beschäftigt. Sie musterten sich misstrauisch und zurückhaltend, ein knappes Zunicken war allenfalls bemerkbar, wenn ihre Blicke sich begegneten.

Eine knappe Stunde später rief man sie in einen der Seminarräume. Eine alte, sehr alte Dame saß hinter dem Dozententisch am Ende des Raums, neben ihr hatte ein junger Mann Platz genommen, ein dritter Mann, Mitte fünfzig mit langen, die Ohren verdeckenden Haaren, kam ihnen entgegen und bat sie, auf den Sitzen Platz zu nehmen. Er wartete einige Sekunden, bis völlige Ruhe eingekehrt war, dann stellte er sich ihnen vor. Er sei Professor Werner und der Leiter des Lehrstuhls, und er hoffe auf eine gute gemeinsame Zeit mit ihnen an der Hochschule. Er wies auf die ältere Dame und sagte, er hätte nun das Vergnügen, sie mit Lore Eschen bekannt zu machen, einer Fotografin von Weltruhm, die zwei Jahrzehnte an der Hochschule unterrichtet habe und ihr noch immer so verbunden sei, dass sie jedes Jahr die neu Immatrikulierten persönlich in Augenschein nehme. Neben ihr sitze Doktor Sebastian Kurtes, Layouter und ein Meister der Studiofotografie. Doktor Kurtes werde die Seminargruppe durch die nächsten drei Semester führen; er sei der Ansprechpartner für alle Studentenbelange und werde die neue Seminargruppe in den Fächern Gestaltungslehre sowie Foto- und Kameratechnik unterrichten.

Er bewegte etwas theatralisch seinen Arm in Richtung des Seminarleiters. »Bitte, Sebastian, du hast das Wort.« Sebastian Kurtes stand auf, trat vor die Studenten und stellte sich nochmals vor. Er gratulierte ihnen zu den erfolgreich bestandenen Aufnahmeprüfungen und zu ihrer Immatrikulation und bat sie, sich nacheinander vorzustellen, damit er die Kommilitonen, wie diese auch ihn, kennenlerne. Er wies mit seiner Rechten einladend auf den Studenten, der in der Nähe der Tür saß: »Beginnen Sie. Stehen Sie bitte auf und stellen Sie sich uns vor.«

Nacheinander standen die Neuimmatrikulierten auf, sagten ihren Namen, nannten den Heimatort und erzählten auf Nachfragen, welchen Schulabschluss sie hätten. Der Älteste von ihnen, Heinz Bergmann, war schon Mitte zwanzig und wurde verlegen, als er gestehen musste, dass er lediglich die Mittlere Reife habe und allein durch eine sogenannte Begabtenprüfung zur Hochschule zugelassen werden konnte.

Zwei der Studenten fielen allen, den Lehrern wie den Kommilitonen, besonders auf. Eine junge Frau, die sich als Tamira Kaczmarek vorstellte, hatte gefärbte, tiefschwarze Haare, die Wimpern waren schwarz getuscht und die Augenlider dunkel schattiert, selbst ihr Lippenstift war schwarz. Tamiras Hose und die lang darüber hängende Seidenbluse waren von der gleichen Farbe; lediglich eine münzengroße Brosche, die sie an einem schwarzen Samtband um den Hals trug, war blutrot. Sie wirkte wie eine Figur aus einem der französischen Filme der Existenzialisten des vergangenen Jahrzehnts. Ihr Alter war schwer einzuschätzen, sie konnte siebzehn sein oder siebenundzwanzig; bei ihrer Vorstellung vermied sie jeden Hinweis darauf. Sie sprach heiser, es hätte die Stimme einer Fünfzigjährigen sein können.

Einer der Kommilitonen beugte sich zu seinem Nachbarn und flüsterte: »Wetten, die hat Decken und Wände ihrer Studentenbude schwarz tapeziert.«

»Oder tiefrot«, erwiderte der andere, »das ist gut für Sex und so.«

Nachdem sich alle vorgestellt hatten, erkundigte sich der Dozent bei den jungen Leuten, wer von ihnen bereits eine fotografische Ausbildung genossen oder am Gymnasium in einer Arbeitsgruppe Fotografie mitgemacht habe. Acht der Studenten meldeten sich, sie hatten mehrere Jahre in den Fotozirkeln ihrer Schule mitgearbeitet.

Sebastian Kurtes wandte sich dann an einen der Studenten, der sich auf diese Frage hin nicht gemeldet hatte. Er hatte sich als Friedrich Cecco vorgestellt und sich dabei äußerst wortkarg gegeben, sodass der Dozent mehrmals bei ihm nachfragen musste. Cecco hatte mit sechzehn das Gymnasium auf eigenen Wunsch verlassen und erst drei Jahre später die Fachhochschulreife im Fernstudium erworben. Als der Dozent ihn fragte, warum er nicht bis zum Abitur auf dem Gymnasium geblieben sei, sagte der Student nur, es hätte in der Schule zu viel unsinnigen Lehrstoff gegeben, den er nicht brauchte und der ihn nicht interessierte.

»Weitere Jahre in dem Gymnasium, das wäre verlorene Zeit gewesen. Ich will fotografieren, nichts anderes. Ich bin Fotograf, da brauche ich keine Differenzialrechnung und keine Quantenphysik.«

»Ich verstehe, Herr Cecco. Bei den von Ihnen eingereichten Arbeiten fiel mir auf, dass Ihre Landschaftsaufnahmen offenbar mit einer Plattenkamera gemacht wurden.«

Friedrich Cecco bestätigte es mit einem knappen Nicken.

»Sehr ungewöhnlich«, fuhr der Dozent fort, »Fotos mit einer Plattenkamera wurden in den letzten zehn Jahren von keinem unserer Studienbewerber eingereicht. Sie besitzen eine Plattenkamera?«

»Ja.«

»Darf ich wissen, welche?«

»Eine Petite chambre von Ernemann.«

»Ah, das berühmte Kleine Zimmer aus Paris. Eine neun mal zwölf, nicht wahr?«

»Ja.«

»Und wie kamen Sie darauf? Plattenkameras sind zeitaufwendig und kompliziert, und sie sind schwer.«

»Ja, sie sind schwer, aber ich habe es so und nicht anders gelernt. Mein Ausbilder sagte bei jedem Auftrag zu mir: Benutze immer die größte Kamera, die du gerade noch tragen kannst.«

»Heute wird kaum noch mit Plattenkameras gearbeitet. Mit diesen Apparaten arbeiten nur noch die absoluten Profis.«

»Ich benutze sie ausschließlich für Landschaft oder Gebäude.«

»Und warum?«

»Wegen der stürzenden Linien, die unweigerlich entstehen, wenn ich das Objektiv verschwenke. Nur so kann ich die leidige Zentralperspektive vermeiden.«

»Oha, Herr Cecco, das klingt, als hätten wir einen Fachmann immatrikuliert. Wo haben Sie denn das gelernt?«

»Ich habe einige Zeit in dem Atelier eines Fotografen gearbeitet. Bei dem alten Mann habe ich mir einiges abschauen können.«

»Bei Ihnen daheim?«, fragte Kurtes verwundert. Er blätterte in seinen Unterlagen und sagte dann: »Sie kommen aus einem Ort mit dem Namen Simmozheim. Ein Dorf, vermute ich. Und da gibt es ein Fotoatelier?«

»Nein, aber in der benachbarten Stadt. In Leonberg.«

Nach dem Ende der Einführungsstunde verließen die meisten den Raum; als alle bereits aufgestanden waren, bat Lore Eschen, die ältere Fotografin, dass Friedrich Cecco zu ihr kommen möge.

»Sie haben in einem Atelier in Leonberg gelernt?«, fragte sie, »bei einem älteren Fotografen? Ich kenne Leonberg, ich war dreimal dort, um einen alten Freund und Kollegen zu besuchen. Darf ich fragen, wie dieser alte Fotograf heißt, bei dem Sie arbeiteten?«

»Donné.«

»Sie sprechen von Friedhelm Donné? Unserem Großmeister der Plattenfotografie?«

»Ja.«

Lore Eschen war beeindruckt: »Oho! Friedhelm Donné ist ein Spitzenfotograf. Er besitzt zwei Weltpatente für Großformatkameras. Und vor vielen, vielen Jahren war er hier Dozent, war er mein Kollege. Wie lange waren Sie bei ihm?«

»Knapp drei Jahre.«

»Und wie kam es dazu? Donné hat nie Lehrlinge ausgebildet.«

»Es war keine Lehre, es war keine übliche Berufsausbildung. Ich habe bei ihm und mit ihm gearbeitet, das war alles.«

»Erstaunlich. Wie kamen Sie zu dieser hohen Ehre?«

»Meine Eltern sind mit Donné befreundet. Mein Vater schätzt ihn sehr und beauftragte ihn immer wieder. So lernte ich ihn kennen. Nur seinetwegen wollte ich Fotograf werden.«

»Da sind Sie gut gestartet, Cecco. Mit einer Lehre bei Donné werden Sie es weit bringen. Aber warum wollen Sie noch hier studieren, wenn Sie bei Donné waren?«

»Er hat mir die Berliner Hochschule empfohlen. Er meinte, es habe sich ästhetisch einiges verändert. Die Bildgestaltung, die Ästhetik habe sich verschoben. Er meinte, heute sei man nur noch auf Effekte aus, und damit könne er nichts anfangen und wolle es auch nicht. Und bei Komposition und Layout gehöre er, wie er sagte, zu den Dinosauriern. Er habe bei August Sander gelernt, sei bei ihm stehengeblieben, weil der für ihn der unüberbietbare Höhepunkt der Fotografie sei.«

»Ein Dinosaurier der Fotografie war Donné schon vor Jahrzehnten. Inzwischen muss er Mitte oder Ende achtzig sein? Wie geht es ihm?«

»Sehr gut. Er ist nach wie vor mit einer seiner Plattenkameras unterwegs, und in Leonberg gibt es mittlerweile ein Donné-Museum.«

»Ja, Donné ist noch immer einer der Größten. Wenn Sie bei ihm gelernt haben, kann ich nur hoffen, dass unsere Hochschule Ihnen noch etwas Neues beibringen kann.«

»Das ist auch meine Hoffnung«, erwiderte Cecco, ohne eine Miene zu verziehen.

Auf dem Flur vor dem Seminarraum standen noch vier Studenten seiner Klasse. Sie verstummten, als Cecco an ihnen vorbeiging. Einer seiner neuen Kommilitonen, Konrad Umberger, sprach ihn an: »Du hast diesen Kurtes ja mächtig beeindruckt. Hast du wirklich eine Fotografenlehre gemacht?«

»So etwas ähnliches. Keine Lehre, kein Abschluss, aber bei einem Mann der alten Schule, wenn du verstehst. Und hier will ich etwas von der neuen Schule mitbekommen.«

Cecco wandte sich um und wollte weitergehen, doch Umberger griff nach seinem linken Arm.

»Darf ich mal sehen«, sagte er und schob den Jackenärmel Ceccos etwas hoch: »Ist es das, was ich glaube?«

»Was meinst du? Meine Uhr?«

»Ja. Ist das ein Original oder so eine Billigkopie aus China? Sieht echt aus. Oder ist das nur ein besonders gut gemachtes Imitat?«

»Weiß nicht. Ist nichts weiter als ein Chronometer. Ein normales Zeitmessgerät, nicht mehr. Ein Geschenk von einem Onkel.«

»Oi. Wenn das ein Original ist, dann schleppst du so etwas wie einen Kleinwagen an deinem Arm mit dir herum.«

»Du hast recht, wahrscheinlich ist es eine Fälschung.«

»Sieht aber nicht so aus.«

Cecco lächelte nachsichtig, streifte den Ärmel über die Uhr und verabschiedete sich, unbeeindruckt und gelangweilt, von den Kommilitonen mit einem Kopfnicken.

In den Seminaren für Bildgestaltung und Farbtechnologie, bei den Vorlesungen zur Betriebslehre und vor allem während der Arbeit im Labor lernten sich die Studenten des neuen Semesters kennen. Bereits nach wenigen Wochen gingen viele von ihnen nicht mehr allein durch die Stadt, um jene Fotos zu machen, mit denen sie Sebastian Kurtes beauftragt hatte, sondern sie liefen zu zweit durch die Straßen und machten sich gegenseitig auf interessante und lohnende Objekte aufmerksam. Bald entstanden Freundschaften, in den Seminaren saßen immer die gleichen zwei oder drei Studenten beieinander, und sie arbeiteten auch gemeinsam im Labor.

Freilich gab es Ausnahmen. Heinz, der fast sieben Jahre ältere Student, bemühte sich nicht um einen Kontakt mit irgendeinem seiner Kommilitonen, er blieb einsilbig und wirkte mürrisch. In den ersten Tagen hatte er sich darum bemüht, mit Friedrich Cecco ins Gespräch zu kommen, da er ganz in der Nähe von dessen Wohnung ein Quartier gefunden und somit den gleichen Weg zur Hochschule hatte wie Cecco, doch dieser erwiderte seine Versuche um eine Annäherung lediglich mit einem verständnislosen Lächeln.

Für die gesamte Seminargruppe schien Bergmann einfältig oder sogar dumm zu sein, seine Ausführungen in den Seminaren waren stets uninteressant und verworren, und die von ihm vorgelegten Arbeiten wirkten laienmäßig und uninspiriert. Bereits nach vier Monaten bat ihn Sebastian Kurtes in seine Sprechstunde, wo er ihm unter vier Augen unverhohlen nahelegte, das Studium abzubrechen. Er sei kein Fotograf, ihm fehle das dafür erforderliche Auge, und dieses Auge, eine Voraussetzung in der Fotografie, könne er nirgends erlernen. Die Hochschule könne ihm dabei nicht helfen, ein weiteres Studium sei bei ihm Zeitverschwendung; er möge sich für ein Studienfach oder einen Beruf entscheiden, dass für ihn aussichtsvoller sei.

Bergmann lehnte es ab, sein Studium abzubrechen, er versprach, künftig noch intensiver zu arbeiten. Kurtes lächelte nachsichtig und sagte, am Ende des zweiten Semesters müsse ein Fortschritt deutlich erkennbar sein, müsse er Arbeiten vorlegen, die ein weiteres Studium rechtfertigen, ansonsten drohe ihm die Streichung aus der Matrikel, also eine Exmatrikulation.

»Dazu wird es nicht kommen«, meinte Bergmann sehr selbstbewusst, eine Bemerkung, die Kurtes befremdete und die er kopfschüttelnd zur Kenntnis nahm.

Tamira Kaczmarek, die ›schwarze‹ Studentin, blieb gleichfalls eine Einzelgängerin innerhalb der Seminargruppe. In den Unterrichtsräumen saß sie für sich, das Labor nutze sie häufiger als alle anderen, aber nach Möglichkeit nur in den Stunden, in denen kein anderer darin arbeitete. Bei ihren Fotoexkursionen durch die Stadt war sie immer allein. Die Arbeiten, die sie vorlegte, beeindruckten die Kommilitonen, aber auch die Dozenten. Es waren vor allem Schwarzweißfotos, da Tamira eine, wie sie sagte, Allergie gegenüber Farben habe; und erkennbar bemühte sie sich, einen vor allem grafischen Charakter ihrer Fotos herauszustellen, weshalb sie öfter und länger in der Dunkelkammer zu arbeiten hatte. Als im zweiten Semester ein zusätzliches Labor eingerichtet und den Studenten zur Verfügung gestellt wurde – ein früherer Unterrichtsraum war dafür umgebaut und dank der Donation eines Mäzens mit der neuesten Technik ausgerüstet worden –, war sie fast jeden Abend, wenn die anderen Studenten die Hochschule längst verlassen hatten, in diesem perfekt eingerichteten Labor, um ihren Fotos den letzten Schliff zu geben.

Professor Lettrich hatte ihre Erklärung einer Farbenallergie grinsend zur Kenntnis genommen. »Ach, wissen Sie, Fräulein Kaczmarek, das Schöne an Ihrer Allergie ist, sie ist heilbar. Nach dem Studium werden Sie sich um Aufträge zu kümmern haben, und wenn der Auftraggeber Farben wünscht, vielleicht sogar grelle Farben, wird Ihre Allergie verschwunden sein. Oder Sie werden verhungern. Auch das ist in unserer Kunst bedauerlicherweise wiederholt vorgekommen.«

Lore Eschen dagegen, die ihre Lehrtätigkeit vor vielen Jahren beendet hatte, aber noch immer regelmäßig in der Hochschule erschien, weiterhin besorgt um die Ausbildung der jungen Leute, meinte anerkennend: »Nun ja, schräg, schräg, schräg, aber talentiert.«

Kurtes war skeptischer als die alte Dame und verlangte von Tamira, außer dem bearbeiteten Foto stets auch das ursprüngliche Original ihm vorzulegen.

»Ich weiß, was man alles in einer Dunkelkammer fabrizieren kann. Da gab und gibt es die reinsten Schönheitschirurgen. Ich möchte daher auch das originale Foto sehen. Die Künste im Labor sind das eine, für mich ist der fotografische Blick entscheidend.«

Tamira Kaczmarek nahm seine Einwände schweigend entgegen, widersprach nicht, sondern legte ihren Arbeiten stets auch ein sehr kleines Foto bei, das Original, fast in der Größe eines Kontaktabzugs.

Weder mit den Mädchen noch mit den Jungen in ihrer Seminargruppe befreundete sie sich, doch die Studenten bemerkten, dass sie ab und zu von einem deutlich älteren Herrn mit einem roten Ponton Coupé zur Hochschule chauffiert wurde, was vor allem die Kommilitoninnen erregte, die diese Entdeckung hämisch kommentierten.

Auch Friedrich Cecco war ein Einzelgänger. Er blieb wortkarg, doch wenn er etwas sagte, hatte es Witz und Biss, sodass einige Studenten ihn bewunderten, andere ihn für eingebildet und arrogant hielten. Einen engeren Umgang hatte er mit keinem seiner Kommilitonen; er war freundlich, blieb aber reserviert. In den Seminaren bat er nie um das Wort und sprach nur, wenn er dazu aufgefordert wurde. Dann aber waren seine Bemerkungen nie belanglos; alle merkten, er hatte etwas zu sagen, und dies konnte er zugespitzt und lapidar formulieren, in einem fast aphoristischen Stil, sodass Dozenten wie Kommilitonen aufmerksam zuhörten, wenn der Schweigsame einmal das Wort ergriff.

Er ruhte ganz in sich, und man hatte den Eindruck, die Welt, die Menschen, die Natur, die Straßen und Häuser, alles um ihn herum war für ihn nur ein Objekt für seine Kamera. Bei seinen Streifzügen durch die Stadt lehnte er jede Begleitung ab; er wollte, er musste allein sein, wie er sagte, um die Objekte mit den Augen zu vermessen und sich anzueignen. Eine Kamera hatte er stets bei sich, und bei allen möglichen Gelegenheiten, selbst wenn ein Fotografieren mehr als nur unpassend, sondern unhöflich und respektlos war, und seine Kommilitonen sich vor einem indiskreten Fotografieren scheuten, benutzte er sie. Auch seine Plattenkamera, die Petite chambre, die trotz ihres Namens unhandlich und schwer war, schleppte er gelegentlich mit sich, wenn er hohe Gebäude oder Häuserschluchten aufnehmen wollte. Die anderen Studenten spotteten zwar über ihn, wenn er sich mit seinem beeindruckenden Apparat auf den Weg machte, aber die Fotos, die er bald darauf der Seminargruppe und dem Dozenten vorlegen konnte, und nicht allein nur die seiner Plattenkamera, überraschten sie immer aufs Neue. Cecco besaß den vielfach beschworenen fotografischen Blick, was ihm die Lehrer bestätigten und die Kommilitonen neiderfüllt zu akzeptieren hatten.

Im Labor trug Cecco stets Handschuhe. Bevor er das Fotolabor betrat, zog er ein paar weiße Stoffhandschuhe aus seiner Jackentasche, streifte sie über seine Hände und strich den Stoff über den Fingern glatt, bevor er den schweren, schwarzen Vorhang der Lichtschleuse beiseiteschob, der vor dem Eingang zum Labor hing und dieses vor einem Lichteinfall schützte.

Die Kommilitonen lächelten darüber, sie hielten es für eine Marotte von Cecco und meinten anfangs unter sich, es sei wohl seiner Herkunft aus einem württembergischen Dorf geschuldet. Wenn er auch bei einem Fotografen gelernt habe, sei er doch im Grunde ein Provinzler geblieben, ein Junge aus einem Kuhdorf, wo sich die Bauern vermutlich unbeholfen und fast ehrerbietig der neuen Technik näherten und eine zweiäugige Spiegelreflexkamera wie die Rolleiflex, für sie ungewohnt und staunenswert, nur mit Samthandschuhen anfassen würden.

Auch Professor Lettrich, der sie im ersten Semester in dem Fach Einführung in das Fotografische Sehen unterrichtete, lächelte über Ceccos Handschuhe, lobte ihn jedoch, da diese seine vorbildliche und nachahmenswerte Haltung gegenüber dem Handwerkzeug eines Fotografen ausdrückten und den Respekt vor der Chemie eines Labors.

Und eine weitere Eigentümlichkeit oder Angewohnheit fiel auf: Bevor Cecco durch die Kamera sah, kontrollierte er den gewünschten Bildausschnitt, indem er seine Hände vor das Gesicht hielt, mit beiden Daumen und den Zeigefingern ein Quadrat oder Rechteck bildete, durch das er dann das zu fotografierende Objekt minutenlang betrachtete. Erst wenn er auf diese Weise einen geeigneten und ihm zufriedenstellenden Bildausschnitt gefunden hatte, griff er nach dem Apparat. Er selbst erklärte auf Befragen lediglich, er habe es so gelernt. Auf eine Nachfrage, wieso seine Handschuhe immer strahlend weiß seien, erwiderte er, er habe fünf oder sechs Paar dieser Stoffhandschuhe, und sobald sich der geringste Fleck auf ihnen zeige, kämen sie in die Waschmaschine.

Es dauerte fast zwei Monate, bevor die Kommilitonen mitbekamen, dass er zwar tatsächlich aus einem Dorf in Baden-Württemberg mit dem seltsamen Namen Simmozheim stamme, er aber durchaus kein zurückgebliebener, unwissender Dörfler sei, vielmehr der Sohn eines überaus erfolgreichen Unternehmers in Leonberg bei Stuttgart.

Cecco sprach nie über seinen Vater und seine Familie, und dass er aus einem reichen, aus einem sehr reichen Elternhaus kam, war für die Studenten überraschend, denn nichts, weder seine Kleidung noch sein Auftreten, deutete darauf hin, und wenn sie gelegentlich gemeinsam ein Café aufsuchten, saß bei ihm das Geld nicht lockerer in der Tasche als bei allen anderen. Fragen nach seiner Herkunft wehrte er unwirsch ab und erweckte den Eindruck, er habe mit der Familie gebrochen und keinerlei Kontakt mit ihr. Nur der Umstand, dass er nicht wie alle anderen noch daheim wohnte oder in einem billigen Zimmer zur Untermiete, sondern eine eigene kleine Wohnung besaß mit zwei Zimmern und sogar einem Bad, deutete auf seine privilegierte Stellung.

Für alle in seiner Seminargruppe war noch eine Besonderheit auffällig: Die Professoren Werner und Lettrich und die anderen Dozenten gingen mit Friedrich Cecco anders um als mit ihnen. Seine Wortmeldungen, die von ihm vorgelegten Arbeiten erfuhren eine andere Aufmerksamkeit. Niemals wurden seine Beiträge von ihnen ironisch oder gar belustigt kommentiert, selbst wenn ihm etwas missglückte, was sehr selten vorkam, blieben sie in ihrer Kritik sehr zurückhaltend. Seine Kommilitonen bemerkten, dass die Lehrer ihm gegenüber achtungsvoll waren oder sogar befangen. Da er der Abkömmling einer der reichsten Familien Deutschlands war, schien er offenbar für die Lehrer mit einer Glorie umgeben zu sein. Der Glanz und die Größe des bedeutenden Familienunternehmens strahlten auch auf den jungen Friedrich Cecco aus, gaben ihm offenbar einen Nimbus, jedenfalls in den Augen der Professoren und Dozenten der Hochschule: Dieses Verhalten ihrer Lehrer kommentierten die Kommilitonen überaus höhnisch. Die Kommilitonen, vor allem die jungen Männer, beneideten ihn, da er so unübersehbar bevorzugt wurde, und hinter seinem Rücken sprachen sie über ihn abfällig vom kleinen Prinzen.

Seine Kommilitoninnen dagegen waren weniger empört. Mit Ausnahme von Tamira Kaczmarek, die sich an persönlichen Beziehungen zu ihren Mitstudenten uninteressiert zeigte und den Klatsch und Tratsch in ihrer Gruppe nicht zur Kenntnis nahm, waren die anderen vier Mädchen lebhaft an Friedrich Cecco interessiert. Als eine der vier zu den Freundinnen sagte, sie würde den hübschen Friedrich nicht von der Bettkante stoßen, nickten die anderen fast sehnsuchtsvoll.

Friedrich Ceccos Erscheinen in der Hochschule für Fotografie erregte Aufmerksamkeit: und das nicht allein in seiner Seminargruppe, sondern auch bei den Studenten der höheren Semester. Er war ein gutaussehender junger Mann, gab sich betont lässig, war aber stets gut gekleidet. Einigen Studenten fiel auf, dass seine Hemden und Jacken vom feinsten Stoff waren und seine Schuhe nicht zu jener billigen Dutzendware gehörten, die man spätestens nach einer Saison bereits in den Müll werfen musste.

Innerhalb der Seminargruppe war er auf Abstand bedacht, auch das war unübersehbar. Wer mit ihm sprach, konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Cecco zwar sehr freundlich, doch stets mit einem leicht ironischen Lächeln auf den Gesprächspartner einging. Sein Verständnis für den anderen hatte etwas von jener Überlegenheit, mit der Erwachsene sich auf naive Fragen von Kindern einlassen, als sei er einer der Lehrer und der andere ein wissbegieriger und eifriger Student. Dieses Verhalten legte er auch im Umgang mit den Dozenten nicht ab, zumal auch er wohl kaum übersah, dass sie sich ihm gegenüber, dem Sohn und vermutlichen Erben des imposanten Cecco-Unternehmens, respektvoll, um nicht zu sagen unterwürfig verhielten.

Er konnte aber auch von bissiger Schärfe sein. In jenen Wochen, in denen sich Heinz Bergmann, der älteste Student seiner Seminargruppe, um seine Freundschaft bemühte und sich mit kleinen und lächerlichen Gefälligkeiten bei ihm einzuschmeicheln suchte, liebte er es, scheinbar absichtslos dessen Namen zu verhunzen, wofür er sich augenblicklich entschuldigte, um bei nächster Gelegenheit von ihm wiederum als einem Zwergmann oder Hügelmann zu sprechen. Bergmann nahm diese witzlosen Scherze schweigend zur Kenntnis, widersprach ihm nie, schluckte schweigend dessen Unverschämtheiten, unterließ aber schließlich seine Versuche, sich Friedrich Cecco freundschaftlich zu nähern oder auch nur mit ihm zurechtzukommen.

Bereits nach dem ersten Semester gab es einen verschwiegenen, nie vereinbarten Wettbewerb unter ihnen. Sie hatten alle die Hoffnung, nach dem Studium als Fotograf eine Existenz begründen zu können. Für keinen von ihnen war es vorstellbar, in irgendeiner Stadt ein Fotogeschäft zu eröffnen, um dann mit Aufnahmen bei Hochzeiten, mit Babybildern und Passfotos den Rest seines Lebens zu verbringen oder als angestellter Fotograf für ein Provinzblatt irgendwelche Lokalereignisse zu knipsen wie den Auftritt des Landrats bei irgendeiner Landwirtschaftsmesse. Sie alle träumten von einer großen Karriere als Lichtbildner, wie sie sich selbst bezeichneten, hofften auf eine Karriere bei einer der großen Kunstzeitschriften, erwarteten, dass sie einst in bedeutenden Galerien ihre Fotos ausstellen könnten und die Presse über sie und ihre Arbeiten berichten würde.

Über diese Träume, von denen sie alle erfüllt waren, sprachen sie nicht miteinander, sei es aus Scheu oder weil ihnen eine andere berufliche Zukunft undenkbar war, sodass sie kein Wort darüber verlieren und keinen Gedanken darauf verschwenden mussten. Und insgeheim hoffte jeder von ihnen, dass er es sei, der als Erster in einer der wichtigen Zeitschriften eine Arbeit unterbringen könnte.

Tamira Kaczmarek war die glückliche Siegerin in diesem heimlichen Wettbewerb. Ihr gelang es bereits zu Beginn des zweiten Semesters in einer renommierten Architekturzeitschrift, einem Hochglanzjournal, das alle zwei Monate erschien, vier Fotos zu veröffentlichen. Auf drei Seiten des großformatigen Journals waren ihre Ablichtungen der Skulpturen vor dem Olympiastadion zu sehen, die Plastiken des Diskuswerfers und des Stafettenläufers sowie die beiden Standbilder Rosseführer am Maifeld. Es waren unterkühlte Schwarzweißaufnahmen, sorgfältig mit dem Pinsel ausgefleckt und aufgetüpfelt, so typisch für sie, dass man in ihrer Seminargruppe bereits neidvoll von einem unverwechselbaren Kaczmarek-Stil sprach.

Ihre Fotos illustrierten einen Artikel über die Geschichte des Berliner Olympiastadions im Ortsteil Westend, über den Bau des Stadions auf dem alten Reichssportfeld mit einer Ehrenhalle und einer Ehrentribüne mit der Führerloge. Der Autor des Aufsatzes plädierte für eine deutlichere Entnazifizierung dieses Stadions, was mit dem von der britischen Militärverwaltung angeordneten Abriss der Führerloge nur halbherzig erfolgt sei. Er verlangte die vollständige Entfernung aller Zeichen des Führerkults und der nationalsozialistischen Allmachtsfantasien, die sich für ihn in der gesamten Anlage des Reichssportfeldes und im Bau des Stadions manifestiere und seine Krönung in den Naziskulpturen finde.

Tamiras stark retuschierte Schwarzweißfotos betonten und verstärkten für den Betrachter den Eindruck, den diese kolossalischen und monströsen Skulpturen erwecken. Sie folgten oder entlarvten die faschistische Ästhetik des Übermenschen, der Fetischisierung des Kriegers, der dominanten und barbarischen Pracht der Körper nordischer Titanen, und vermochten damit die prononcierte und sarkastische Polemik des Architekturprofessors bildkräftig zu belegen.

Tamira hatte ein Exemplar des Hochglanzjournals in die Hochschule mitgebracht und in dem Raum, der ihnen für Pausen und die Mahlzeiten zur Verfügung stand und in dem an einem großen Brett alle Bekanntmachungen der Lehrer angeheftet waren, wortlos auf den Tisch mit den aktuellen Veröffentlichungen und den neuesten Zeitschriften gelegt. Bereits eine Stunde später hatte eine Studentin ihre Fotos entdeckt und sowohl die Studenten wie die im Raum anwesenden Lehrer voller Bewunderung und Neid auf diese kleine Sensation hingewiesen.

Tamira hatte das Rennen gemacht, hatte den stillen Wettbewerb gewonnen, sie war die erste der Seminargruppe, die Arbeiten in einer Zeitschrift veröffentlichen konnte. Das Architektenjournal gehörte zwar nicht zu den bei Fotografen besonders geschätzten Magazinen für Modefotografie oder den Fachblättern für Fotografie und Kunst, aber es war eine Zeitschrift, die ihre Fotos in einer Qualität abdruckte, die nichts zu wünschen übrig ließ, ein Blatt, das ausschließlich bekannte Fotografen beschäftigte, sie durch die ganze Welt schickte und großen Wert auf exzellente Bilder legte. Und dass ihre ›schwarze Kommilitonin‹ gleich vier Fotos an dieses Blatt verkaufen konnte, verblüffte alle; und selbst der ihren Arbeiten gegenüber stets skeptische Kurtes nickte ihr anerkennend zu. Allen war klar, dass Tamira mit dieser Veröffentlichung bereits im zweiten Semester ein großer Schritt in Richtung eines festen Vertrages mit irgendeinem der teuren Supermagazine gelungen war. Ihr war nun eine Karriere so gut wie sicher, die alle anderen vorerst für sich nur erträumen konnten.

Drei Wochen vor dem Beginn des dritten Semesters gelang es Friedrich Cecco, Tamiras Erfolg zu übertreffen. Noch in den Ferien erschienen drei Fotos von Cecco in der Septemberausgabe von Passerelle, eine der beiden weltweit einflussreichsten Zeitschriften für Fotografie und Kunst mit Redaktionen in New York, Paris und Tokio.

Zwei seiner Fotos zeigten das höchste Berliner Wohnhaus Ideal, welches Walter Gropius für eine Baugenossenschaft in Neukölln entworfen hatte, ein Hochhaus mit einunddreißig Stockwerken. Auf beiden Aufnahmen war derselbe Mittelteil des Gebäudes zu sehen, und offensichtlich waren beide von demselben Platz aus fotografiert worden, doch da ein Foto mit einer Spiegelreflex aufgenommen wurde, das zweite mit einer Plattenkamera und die Objektive der Kameras dabei steil nach oben gerichtet waren, bekam das neunzig Meter hohe Bauwerk auf den nebeneinander reproduzierten Fotos von Cecco einen magischen, fast surrealen Stil, denn auf einem Foto schienen sich die Vertikalen in der Höhe zu nähern, auf dem anderen blieben sie parallel und schienen sogar auseinanderzustreben. Zweimal dasselbe Bild und dennoch irritierend verschieden, sodass der Betrachter unwillkürlich nach dem fotografischen Trick zu suchen begann.

Ceccos drittes Foto war im letzten Teil des Passerelle-Magazins zu sehen, im Oxymoron, wie in jeder Ausgabe der Zeitschrift die letzte Rubrik überschrieben war, in der exzentrische, bizarre und auch kuriose Fotos vorgestellt wurden: Bilder, die durch ihre Extravaganz auffielen oder seltsam waren. Cecco hatte auf der Trabrennbahn in Mariendorf ein aufspringendes Pferd fotografiert: und zwar mit seiner Plattenkamera, die für das Fotografieren heftiger Bewegungen ungeeignet ist. Cecco hatte sich dennoch für sie entschieden und ein ganz ungewöhnliches Ergebnis auf der Trabrennbahn erreicht. Auf der Platte war, weniger deutlich, doch klar erkennbar, ein Pferd zu sehen, das sich gerade bemüht, auf die Beine zu kommen, und über dem Pferdekopf war, weniger schattenhaft, sondern das Foto prägend, nochmals der Pferdekopf zu sehen, wobei das Tier offenbar bereits auf den Vorderbeinen stand. Es war eine seltsame Doppelfotografie, ganz so, als habe die Plattenkamera in einem Sekundenbruchteil sich zweimal ausgelöst und auf dieselbe Platte zwei Fotos gebannt. Sowohl Cecco wie die Redakteure des Passerelle-Magazins waren überrascht, zumal ein späteres Hineinkopieren im Labor bei dieser Fotoplatte ausgeschlossen war. Die Redaktion vermutete eine Fehlfunktion der Kamera, was Cecco ausschloss, ohne jedoch selbst eine befriedigende Erklärung geben zu können.

Tatsächlich hatte er drei Jahre zuvor in Leonberg mit der Hilfe von Friedhelm Donné an seiner Plattenkamera Petite chambre einen zweifachen Verzögerungsmechanismus eingebaut. Wenn er den mechanischen Verschluss leicht berührte, machte die Kamera ein erstes Foto, ein Vor-Foto, um im Bruchteil einer Sekunde auf den auslösenden Druck zu reagieren und das eigentliche Foto zu machen, also die Platte endgültig zu belichten. Er hatte damals mit vielen Fotoplatten experimentieren müssen, um die optimalen Einstellungswerte für Lichtstärke, Blende und Brennweite bei dieser Doppelbelichtung zu erkunden. Donné hatte damals den Kopf geschüttelt, diese Art manipulierter Fotos widersprach seiner Ästhetik, doch er half dem Gehilfen und konnte, da er selbst einst Plattenkameras gebaut hatte, ihm die letztlich entscheidenden Hinweise für die Manipulation geben.

Das Passerelle-Magazin mit Ceccos Fotos war in den Semesterferien erschienen, aber als die Studenten am ersten Tag ihres dritten Semesters sich wiedersahen, zeigte es sich, dass alle das Heft bereits gesehen hatten. Einige sprachen ihn daraufhin an, wollten wissen, wie es ihm gelungen sei, mit Passerelle in Kontakt zu kommen, ob er seine Fotos einfach ihnen geschickt habe oder ob ihm jemand dabei behilflich war. Andere lächelten nur, als sie ihn trafen, und nickten anerkennend.

»Studierst du noch weiter oder schmeißt du das Studium?«, fragte ihn Konrad Umberger.

»Warum soll ich aufhören? Ich studiere, bis ich das Diplom habe.«

»Mensch, Fritz, das hast du jetzt nicht mehr nötig. Mit deinen drei Fotos in der Passerelle, da nimmt dich jede Redaktion mit Handkuss, weltweit jede.«

»Aber vielleicht lerne ich hier noch etwas, was ich noch gebrauchen kann.«

»Na, ich würde an deiner Stelle nicht warten. Ich würde jetzt springen. – Hat Werner etwas zu deinen Fotos gesagt?«

Cecco schüttelte den Kopf, beide konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Professor Werner hatte vor vier Jahren ein Foto in der Passerelle veröffentlicht: eine Arbeit, die seitdem mit anderen hochgepriesenen Glanzstücken von Dozenten und Studenten der Hochschule im Flur aushing.

»Ob er deine Fotos dazu hängen lässt? Ich glaube nicht. Oder was meinst du?«

»Hier gehängt zu werden, war nie mein Lebensziel, Konrad.«

»Wie gesagt, ich würde diese tolle Gelegenheit nutzen, das Studium schmeißen und mich als Superfotograf bei einer Edelzeitschrift einstellen lassen. Wer bei Passerelle was herausbringt, was könnte dem diese Hochschule noch beibringen!«

Sebastian Kurtes sprach im Unterricht die Veröffentlichung an. Er lobte die Qualität der Aufnahmen und gratulierte Cecco zu diesem beeindruckend frühen Erfolg.

»Das gab es noch nie, Herr Cecco. Noch vor dem Ende des Studiums, nach gerade zwei Semestern in einer solchen Zeitschrift gedruckt zu werden, das ist eine einzigartige Leistung. Da dürfen Sie auf sich stolz sein. Und ich denke, das ist ein guter Start in Ihrem künftigen Beruf. Gratuliere. Der ganze Lehrstuhl ist hoch erfreut.«

Vier Tage später gab es hinter Friedrich Ceccos Rücken andere Vermutungen über seinen sensationellen Erfolg. Ein Student, der seine Arbeiten für das Diplom zusammenzustellen hatte und bereits bei verschiedenen möglichen Arbeitgebern vorgesprochen hatte, berichtete, dass ihm ein Angestellter des Magazins, einen Namen wollte oder konnte er nicht nennen, gesagt habe, Ceccos Erfolg sei weniger verwunderlich, als es den Eindruck habe, da dessen Vater mehrere riesengroße Anzeigen in der Passerelle gekauft habe, was es der Redaktion unmöglich machte, den Abdruck der drei angebotenen Fotos abzulehnen. Diese Erklärung erschien den meisten Studenten einleuchtend und erklärte ihnen glaubhafter den Erfolg von Friedrich Cecco. Keiner machte sich die Mühe zu überprüfen, ob der alte Cecco tatsächlich großseitige Annoncen in diesem Magazin gekauft hatte, oder stellte sich die Frage, wieso das Familienunternehmen Wilhelm Cecco – einer Firma, die mit ihren Containern lange Zeit führend auf dem Weltmarkt war und sich seit einigen Jahren, bedrängt vom billigen asiatischen Produzenten, auf Spezialcontainer spezialisiert hatte und nun Kühl- und Luftfrachtcontainer herstellte sowie Container für Flüssigkeiten und Sanitärboxen – ausgerechnet in einem weltbekannten Magazin für Fotografie und Kunst Werbeseiten kaufen sollte. Das Gerücht war in der Welt und vermochte den trotz aller Bewunderung aufkommenden Neid, sowohl der Studenten wie auch der Dozenten – Professor Werner ging mit keinem Wort und keiner Geste auf Ceccos Erfolg ein –, erträglich zu machen.

(Aus einem vorerst abgebrochenen, unvollständigen Projekt die ersten Seiten …)

Michael Braun

»Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten«Christoph Heins anekdotisches Erzählen

»Der neuere (glücklichere) Kohlhaas« ist eine der früheren Erzählungen von Christoph Hein. Sie erschien 1980 in dem Prosaband »Einladung zum Lever Bourgeois« beim Ostberliner Aufbau-Verlag, 1986 ebendort in 2. Auflage und 1982 als Lizenzausgabe in dem Prosaband »Nachtfahrt und früher Morgen« im Verlag Hoffmann und Campe sowie erneut 1987 im Deutschen Taschenbuchverlag. Heins Erzählung versetzt die Kohlhaas-Figur in eine thüringische Kleinstadt im September 1972. Hubert K. ist Buchhalter in einem volkseigenen Betrieb der DDR. Er empört sich darüber, dass ihm die Betriebsleitung seine Erfolgsprämie wegen krankheitshalber ausgefallener Arbeitstage um vierzig Mark gekürzt hat. Trotz dieses niedrigen Streitwerts zieht er vor das Kreisgericht und vor die Konfliktkommission der Gewerkschaftsleitung; beide Male wird seine Klage abgewiesen. Erst das Berliner Kassationsgericht gibt K. recht, aber seinen Sieg muss er alleine feiern; die Kollegen sind längst auf Distanz zu K. gegangen, die frustrierte und vernachlässigte Ehefrau hat sich von ihm getrennt, und deren Großmutter gibt ihm, indem sie ihn in einem Brief einen »verfluchte[n] Gottesnarr« nennt, den Rest.1

Wiederentdeckung der Anekdote im Kleist’schen Format

Heins Erzählung hat eine parabolische storyline: Dem Individuum gibt der Staat zwar am Ende recht, aber nur, um sein Ziel von Gleichheit und Gerechtigkeit ideologisch abzusichern. Das wiederum mündet in einen anekdotischen plot point. Vor der Welt bekommt der querulantische Buchhalter sein Recht, nicht aber vom Erzähler, der ihn von der Welt isoliert und über sein angekündigtes »glücklicheres« Schicksal ein mitleidloses Fragezeichen verhängt.

Offensichtlich geht Hein, wie der Titel seiner Erzählung ankündigt, auf Kleist zurück, der 1810 seinen ersten Erzählungsband mit »Michael Kohlhaas« eröffnete und am 7. Januar 1811 in den von ihm begründeten, kurzlebigen »Berliner Abendblättern« die Anekdote »Der neuere (glücklichere) Werther« publizierte. Heins Kohlhaas-Erzählung knüpft nicht nur bis in den hypotaktischen Duktus und die Zitatstruktur hinein an Kleists Vorlagen an,2 die schon von dessen Zeitgenossen Clemens Brentano und Wilhelm Grimm sehr geschätzt wurden.3 Auch die historische Situierung in Ort und Zeit und die explizite Markierung von Zitaten (bei Kleist steht der Brief Luthers an Kohlhaas aus dem Jahre 1534 in Anführungszeichen, bei Hein sind Begriffe aus den Prozessakten und Äußerungen des Klägers kursiviert) dienen der historischen Beglaubigung des Erzählten; die Abkürzungen von Personen- und Ortsnamen suggerieren die Diskretion des Erzählers und die Übertragbarkeit des Erzählten aus der jüngsten Geschichte auf die Gegenwart.

Genau das sind Erkennungsmerkmale der Anekdote. Sie ist eine mündliche Erzählform, die – begriffsgeschichtlich seit Prokops Geheimgeschichte des byzantinischen Hofes aus dem 6. Jahrhundert, gattungsgeschichtlich in der Historiografie der Aufklärung – schriftlich als Gebrauchsliteratur in Chroniken, Weiter- und Nacherzählungen tradiert wird. Anekdoten haben einen anonymen und diskreten Erzähler. Sie erzählen eine Geschichte mit Sitz im realen Leben. Diese erzählte Geschichte muss nicht wahr sein, wohl aber muss das Milieu stimmen und »müssen ihre Personen wirklich sein«.4 Vielfach dient die Anekdote dazu, zeitgeschichtliches Geschehen unparteiisch zu kommentieren. Diese »aufklärerisch-operative Funktion«5 erlaubt es, anekdotisches Erzählen nicht nur an historischen Figuren zu praktizieren, etwa in Walter Benjamins »Unbekannten Anekdoten von Kant« (1931);6 es ist auch möglich, unbekannte Geschichten von bekannten Gestalten der Mythologie zu erzählen.

Christoph Hein hat sich mehrfach des anekdotischen Erzählens bedient, zunächst gelegentlich in seinen Prosabänden mit Bezug auf die literarische und biblische Tradition (in den Erzählungen »Der neuere (glücklichere) Kohlhaas«, »Moses Tod«,7 »Der Evangelist Lukas«8) sowie in seiner Briefnovelle »Ein Wort allein für Amalia« (2020), die in anekdotischen Episoden über Lessings Sterbewochen aus der Perspektive seiner Stieftochter mit den Lessing-Legenden aufräumt – und schließlich in den Bänden »Vor der Zeit« (2013) und »Gegenlauschangriff« (2019), die sich ausdrücklich zum anekdotischen Erzählen bekennen. Der erstgenannte Band trägt im Sinne von Brechts »Berichtigungen alter Mythen« (1953)9 den Untertitel »Korrekturen«, der zweite den an Kleists »Anekdoten aus dem letzten preußischen Kriege« (1810) anklingenden Untertitel »Anekdoten aus dem letzten deutsch-deutschen Kriege«.

Dieses anekdotische Erzählen löst die Grenzen zu Nachbargattungen wie Parabel, Schwank, Kurzgeschichte auf. Es beleuchtet das Unbekannte im Bekannten, das Erzählenswerte am Gewöhnlichen. Die Anekdoten von Hans Joachim Schädlich heben so das Dokumentarische aus Chroniken, Tageszeitungen und Alltagsdialogen ins Exemplarische.10 Christoph Heins Anekdoten fragen hingegen danach, was es eigentlich mit den historischen Begebenheiten auf sich hat, die da erzählt werden, wie glaubwürdig deren Quellen sind und warum es zu so kontroversen Deutungen einer Geschichte kommen kann, in die immer auch die Geschichte von DDR, Wende und Wiedervereinigungsdeutschland eingeschrieben ist. In diese Selbstreflexion der Gattung sind der literarische Stellenwert der Erzählung und die Rolle des Erzählers als eines Chronisten, der »teilnahmslos und ohne Erregung oder erkennbares Mitleid« berichtet,11 eingeschlossen. Es geht Christoph Hein, wenn er anekdotisch erzählt, mit anderen Worten um so etwas wie eine allmähliche Selbstverfertigung der Anekdote beim Erzählen, und in seinen gelungensten Beispielen kann man ihm bei dieser gattungspoetischen Reformation regelrecht über die Schulter schauen.

Von den Schreibern auf dem Narrenschiff

Ein früher Schlüsseltext für das anekdotische Erzählen ist Heins kurze Erzählung »Kein Seeweg nach Indien«12 aus dem Jahr 1990. Im Gewand einer modernen Parabel wird hier der Verlust der Utopie eines sozialistischen »Paradieses auf Erden« als gescheiterte Entdeckungsreise in die Neue Welt geschildert. Von der ›Vision‹ des Kolumbus, der die Schiffsflotte anführt, sind am Anfang nur wenige überzeugt. Stürme, die schier endlose Fahrt und zunehmende Unzufriedenheit der Mannschaften führen zu Bespitzelungen, Meuterei, spurlosem Verschwinden von Leuten. Schließlich schenkt der ursprünglichen Idee niemand mehr Glauben: Ein Aufstand bricht aus und die Schiffe kehren zum Heimathafen zurück; es wird sogar eine längere Quarantäne für die Rückkehrer eingefordert, damit die »blühende Stadt« nicht von den »verfaulten Kähnen« angesteckt werde. Am Ende unterschreibt selbst Kolumbus die anti-utopische Parole, hinter dem Ozean liege »nicht das Paradies, sondern der Tod«.13