Tipps von der Katzenflüsterin - Wie wir unsere Katze besser verstehen und sie dazu bringen zu tun, was wir wollen - Mieshelle Nagelschneider - E-Book
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Tipps von der Katzenflüsterin - Wie wir unsere Katze besser verstehen und sie dazu bringen zu tun, was wir wollen E-Book

Mieshelle Nagelschneider

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Beschreibung

Die gefragteste Katzen-Expertin der Welt konnte bereits über tausend Tierbesitzern helfen, Verhaltensstörungen ihrer Katze zu lösen. Ihr Geheimnis: Sie lässt Katzen Katzen sein. Katzen kann man nicht dressieren wie Hunde oder ihnen gut zureden wie Menschen, man muss die Bedingungen schaffen, dass sie sich wohlfühlen. In einem dreistufigen Plan stellt Mieshelle Nagelschneider ihre bewährte Methode vor, wie man der Katze das unerwünschte Verhalten abgewöhnt, das neue angewöhnt und wie man die räumliche Umgebung katzengerecht gestaltet und für ausreichend Beschäftigung sorgt.

Ein hilfreicher und zugleich unterhaltsamer Katzen-Ratgeber, der einen tiefen Einblick in die Katzenseele bietet.

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Seitenzahl: 490

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Mieshelle Nagelschneider

TIPPS VON DERKATZENFLÜSTERIN

Wie wir unsere Katze besser verstehen & sie dazu bringen zu tun, was wir wollen

Aus dem Amerikanischen von Andrea Panster

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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ISBN 978-3-641-31202-2V001

Genehmigte Sonderausgabe © 2023 by Bassermann Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

© 2013 der deutschen Erstausgabe by Arkana, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

© 2013 der Originalausgabe by Mieshelle Nagelschneider

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2013 unter dem TitelThe Cat Whisperer. Why Cats Do What They Do – and How to Get Them to Do What You Want im Verlag Bantam Books, New York, USA.

Jegliche Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne die Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar.

Projektleitung dieser Ausgabe: Sibylle Lehmann Covergestaltung: Atelier Versen, Bad Aibling Übersetzung: Andrea Panster Herstellung: Franziska Polenz E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

Die Informationen in diesem Buch sind vom Verlag und der Autorin sorgfältig geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Verlags und seiner Beauftragten sowie der Autorin für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Für meinen verstorbenen Vater Blaine, der mir durch sein Vorbild gezeigt hat, wie ich Tieren bedingungslose Liebe schenken und von ihnen erfahren kann.

»Gott schuf die Katze, damit der Mensch das Vergnügen hat, einen Tiger zu streicheln.«Fernand Méry

Vorwort von James R. Schulz jr.

Vorwortvon James R. Shultz jr.

Es ist Dienstagmorgen, 6.15 Uhr: Der Radiowecker holt mich aus dem Schlaf. Ein Meteorologe verkündet, es werde auch heute wieder ein grauer, stürmischer, verregneter Tag in Portland, Oregon. Ich liege im Bett und höre, wie die Regentropfen auf das Dach meines kleinen Hauses prasseln und mein dreifarbiges Kätzchen Ferrari hinter eine Kiste mit Kleidungsstücken huscht, die offen im Schlafzimmer auf dem Boden steht. Zu diesem Zeitpunkt bin ich seit knapp vier Monaten Tierarzt und noch nicht dazu gekommen, auszupacken und mich häuslich einzurichten. Auf dem Weg in die Küche, wo ich mir meinen Morgenkaffee und mein Brötchen machen möchte, sehe ich Ferrari mit der nun fast leeren Brötchentüte den Flur entlangflitzen. Ich muss lachen, versuche aber, sie zurechtzuweisen: »He, bring das zurück!«

Als ich nach dem Frühstück meine Sachen in den Transporter werfe, um in die Tierklinik zu fahren, meldet sich mein Piepser. Ich schnappe mir das Telefon und rufe in der Klinik an. Ich komme frisch von der Uni, und meine Gedanken, was wohl passiert sein könnte, überschlagen sich. Hatte sich ein Tier vergiftet? Oder verletzt? Würde ich operieren müssen? Am anderen Ende meldet sich Melanie, unsere Bürokraft. »Hallo! Mr Walker ist hier mit Gum Drop und möchte Sie sofort sprechen.«

»Geht es Gum Drop gut?«, frage ich.

»Sieht so aus«, antwortet sie, »aber Mr Walker hat mal wieder miese Laune.«

Ich kann ihren Seufzer hören. »Nicht der aufregende medizinische Fall, den ich mir erhofft hatte«, denke ich, während ich aus der Auffahrt biege und in die Klinik fahre. Mr Walker war schon mehrmals bei uns gewesen. Sein Kater Gum Drop macht Probleme. Er verschmäht die Katzentoilette und macht sein Geschäft lieber anderswo.

Zwanzig Minuten später treffe ich in der Klinik ein und sprinte durch den strömenden Regen zur Hintertür. Während ich meinen weißen Kittel anziehe, sehe ich flüchtig, wie Mr Walker im Wartezimmer auf und ab läuft. Die Empfangsdame bringt ihn in eines der Behandlungszimmer, und ich merke, dass er aufgewühlt wirkt, aber ich betrete den Raum mit all dem Überschwang und Optimismus, den nur ein junger Arzt haben kann. »Hallo, Mr Walker«, sage ich. »Wie geht es Gum Drop?«

Den Blick fest auf den Boden geheftet, erwidert er: »Ich möchte, dass Sie ihn einschläfern.«

In diesem Augenblick drückt sich Gum Drop auf dem Untersuchungstisch mit seinem ganzen Körpergewicht an mich und schnurrt.

»Aber warum denn?«, frage ich bestürzt. »Ist er krank? Stimmt irgendwas nicht?«

Wie sich herausstellt, ist Gum Drop einer der Patienten, über die man uns an der Universität nichts beigebracht hat. Er ist nicht krank – ganz im Gegenteil. Gum Drop ist ein wunderschöner, vier Jahre alter Ragdoll-Kater mit ausgeprägter Persönlichkeit.

»Kann man wohl sagen!«, erwidert Mr Walker mit wütender Miene. »Gestern Abend hat Gum Drop auf meinen nagelneuen Laptop gepinkelt. Jetzt ist er ruiniert. Dreitausend Dollar für die Katz!«

Ich sage ihm, wie leid mir die Sache mit seinem neuen Laptop tut, aber dass es keine Lösung ist, einen kerngesunden Kater einzuschläfern. Ich füge hinzu, dass Gum Drop den Computer vermutlich deshalb angepinkelt oder markiert hat, weil er gesehen hatte, wie viel Zeit Mr Walker daran verbrachte, und sich einfach auch einen Teil dieser Aufmerksamkeit wünschte.

»Dr. Shultz, Sie haben alle Untersuchungen gemacht. Sie haben es sogar mit Medikamenten versucht und können keine gesundheitlichen Probleme bei Gum Drop feststellen. Ist das richtig?«

»Stimmt«, gebe ich zu, aber … »Es ist ein Verhaltensproblem«, platze ich heraus und klinge dabei eher wie ein Strafverteidiger als ein Tierarzt.

»Und, kriegen Sie es wieder hin?«, will Mr Walker wissen.

Ich erkläre noch einmal, dass Verhaltensprobleme sehr verzwickt sind und Zeit brauchen. Dass wir es mit einem anderen Medikament versuchen könnten. Dass Antidepressiva helfen könnten. Während ich weiter über die Medikamente spreche und erkläre, wie wenig wir an der Universität über das Verhalten von Katzen gelernt haben, greift Mr Walker ruhig nach Gum Drop und setzt ihn in seine Transportbox. Im Gehen dreht er sich noch einmal zu mir um und sagt: »Hören Sie, Doktor. Sie haben getan, was Sie konnten. Dieser Kater ist einfach verrückt. Wenn Sie ihn nicht einschläfern, werde ich ihn irgendwo im Wald aussetzen müssen. Dann kann er pinkeln, wohin er will.« Ich habe weder Mr Walker noch Gum Drop je wiedergesehen.

Leider ist die Geschichte von Gum Drop kein Einzelfall. In den Vereinigten Staaten werden jährlich – je nach Informationsquelle – vier bis neun Millionen Katzen eingeschläfert. Wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, werden unverhältnismäßig viele von ihnen nicht aus medizinischen Gründen, sondern aufgrund von Verhaltensproblemen getötet. Es kann enorm frustrierend sein, wenn eine Katze die neue Einrichtung zerstört, das ganze Haus als Katzenklo betrachtet oder die anderen Katzen attackiert und die Ursache nicht zu finden ist. Außerdem können wir mit unseren Reaktionen alles noch schlimmer machen, da sie aus Sicht der Katze sehr belastend sind und dadurch weitere Probleme nach sich ziehen können. Das hat zur Folge, dass viele Klienten die Hoffnung verlieren und meinen, mit diesem zuweilen doch sehr destruktiven und schädlichen Verhalten einfach nicht mehr leben zu können. Am Ende setzen sie die Katze aus Verzweiflung aus, um sie ihrem Schicksal zu überlassen, geben sie ins Tierheim oder entscheiden sich in manchen Fällen sogar dafür, sie einschläfern zu lassen. Nur wenn wir das Verhalten von Katzen wirklich verstehen, können wir darauf hoffen, es künftig auch verändern zu können. Und hier kommt Mieshelle ins Spiel.

Die Sache mit Gum Drop ereignete sich im Jahr 1998, und es sollten noch fünfeinhalb Jahre vergehen, bis ich die Freude hatte, die Bekanntschaft Mieshelle Nagelschneiders zu machen. Damals beschäftigten sich zahlreiche Studien und Programme mit der Erziehung und dem Verhalten von Hunden. Den Katzen waren weit weniger Untersuchungen gewidmet, und das gilt bis heute. Historisch gesehen, arbeitet der Mensch schon lange mit Hunden und richtet sie darauf ab, bestimmte Aufgaben zu erfüllen – ob Schlitten zu ziehen oder nach Katastrophen Vermisste aufzuspüren. Im Gegensatz dazu halten viele Menschen Katzen für schwer erziehbar und es für praktisch unmöglich, ihre Verhaltensmuster zu ändern. Kurz gesagt, wir glauben, die Regel wäre: »Hunde wollen geliebt werden; Katzen tun, was ihnen beliebt.«

Aber Mieshelle lehrte mich, dass ein großer Teil der Vorstellungen, die wir von Katzen haben, falsch sind. Um ehrlich zu sein, begegnete ich ihr anfangs mit einer gewissen Skepsis. Wenn sie mit einem oder mehreren ihrer vielen Tiere im Schlepptau auftauchte, um meine tierärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, endete dies jedes Mal unweigerlich damit, dass wir über das Verhalten von Katzen und die komplexe Sozialstruktur in »Mehrkatzenhaushalten« sprachen. Dann bot sie ihre Hilfe bei verhaltensbedingten Fällen an, und obwohl ich ihre Ideen faszinierend fand, lehnte ich höflich ab. Nach einigen dieser Termine mit Mieshelle ertappte ich allerdings sowohl mich selbst als auch einige meiner Mitarbeiter dabei, dass wir bei Katzen mit Verhaltensproblemen gelegentlich ihren Rat einholten – der sich jedes Mal als äußerst hilfreich erwies. Bald fing ich an, sie an Klienten mit verhaltensauffälligen Katzen weiterzuempfehlen. Dabei stellte sie immer wieder unter Beweis, dass sie die einzigartige Fähigkeit besitzt, die Sprache der Katzen zu sprechen. Dazu muss man sich wirklich in diese Tiere hineinversetzen und die Welt mit ihren Augen sehen. Man muss im wahrsten Sinne des Wortes lernen, wie eine Katze zu denken.

Mieshelle hat ihre einzigartige Begabung, wie eine Katze zu denken, im Laufe der Jahre weiterentwickelt und verfeinert. In Kapitel 1 werden auch Sie dieses Konzept kennenlernen. Ich erlebe immer wieder, wie lebensverändernd ihre Methoden für Katzen und ihre zuweilen höchst frustrierten Besitzer sein können.

Die positive Wirkung ihrer Verhaltensempfehlungen verstärkt sich um ein Vielfaches, wenn sie Teil eines Programms sind, das zusammen mit einem Tierarzt entwickelt wurde. In Kapitel 6 betont Mieshelle, wie wichtig regelmäßige Tierarztbesuche sind und dass Sie mögliche medizinische Gründe als Ursache des unerwünschten Verhaltens Ihrer Katze ausschließen müssen. Denn für viele Verhaltensprobleme gibt es tatsächlich eine medizinische Erklärung – von schlechten Zähnen und Schmerzen im Maul bis hin zu Harnwegsinfektionen. Ihr Tierarzt kann Ihnen am besten dabei helfen herauszufinden, wie es um das körperliche Befinden Ihrer Katze steht. Sind Sie mit ihm zu dem Ergebnis gelangt, dass sie körperlich gesund und das Problem verhaltensbedingt ist, können Sie mit der Verhaltensmodifikation beginnen, indem Sie eine oder mehrere Techniken aus diesem Buch einsetzen. Mieshelle kann Ihnen und Ihrer Katze helfen, diese belastenden Probleme zu bewältigen – von eher einfachen Problemen wie Unsauberkeit bis hin zu komplexeren wie der übertriebenen Fellpflege sowie aggressivem und zerstörerischem Verhalten –, damit die Beziehung zu ihr am Ende glücklicher und lohnender ist.

Ich freue mich sehr, dass Mieshelle dieses Buch geschrieben hat, und fühlte mich geehrt, als sie mich bat, ein Vorwort zu verfassen. Gewiss wird das Buch einen unschätzbaren Beitrag dazu leisten, das Wissen um das Verhalten von Katzen zu verbessern, und nicht nur das Leben vieler dieser Tiere, sondern auch das ihrer Besitzer verschönern. Hätte es im Jahr 1998 bereits Quellen wie dieses Buch gegeben, hätten Gum Drop und sein Besitzer vielleicht einige der darin erläuterten Methoden anwenden können, um ihre Probleme zu lösen und weiter harmonisch zusammenzuleben. Als Eigentümer des Meridian Park Veterinary Hospital werde ich dieses Buch allen meinen Klienten mit Katzen empfehlen. Vielen Dank, Mieshelle!

Dr. James R. Shultz jr.

Vorwort von Gwen Cooper

Vorwortvon Gwen Cooper

Ich sage immer, würde ein Geist aus einer Flasche fahren und mir einen Wunsch erfüllen, bäte ich ihn darum, meinen drei Katzen für nur 24 Stunden die Gabe der Sprache zu verleihen. Ich habe seit knapp fünfzehn Jahren Katzen und sie in dieser Zeit als bezaubernd, liebevoll, wahnsinnig witzig, überraschend lieb und einfühlsam empfunden – wenn ihnen der Sinn danach steht. Leicht zu verstehen sind sie nicht. »Warum leckst du so gern an Plastiktüten?«, würde ich Scarlett, die Älteste, fragen. Von Vashti, meinem »Mittelkind«, würde ich wissen wollen: »Wieso trinkst du immer nur aus meinem Glas, obwohl das Wasser aus der gleichen Leitung stammt wie das in deinem Napf?« Homer, mein Jüngster, hat vor ein paar Jahren selbstständig gelernt, die Toilette zu benutzen, wechselt aber – scheinbar nach Lust und Laune – zwischen Toilette und Katzenklo. »Warum heute?«, möchte ich ihn manchmal fragen, wenn er ins Bad kommt, um die Toilette zu benutzen, während ich mich schminke. »Warum jetzt?«

Als Autorin neige ich zu der Auffassung, das Schöne und das Rätselhafte seien eng miteinander verwandt. Im Laufe unseres Lebens gibt es viele Dinge, die wir mögen oder gar lieben, und wir können dies genauestens begründen. (Ich liebe diese Jogginghose, weil sie so bequem ist!) Aber die großen, lebensverändernden Lieben – von den kulinarischen Genüssen über die Kunst bis hin zu den Menschen – sind stets vom Hauch des Unergründlichen umgeben. Die Beziehungen zwischen Menschen und Katzen wurzeln in ebendieser Rätselhaftigkeit. Ich denke oft, zum Klischee der mysteriösen »Katzenfrau« fehlt das Pendant vom »Hundemann«, weil Hunde verhältnismäßig leicht zu durchschauen sind. Sie sind Rudeltiere wie der Mensch. Sich selbst überlassen, bilden sowohl Hunde als auch Menschen kleine gesellschaftliche Gruppen von bemerkenswerter Ähnlichkeit. Katzen sind keine Rudeltiere, und darum lassen sich die Beziehungen zwischen ihnen und ihren Besitzern nicht so leicht mit einem Wort erklären. Für Katzen hat es nicht zwangsläufig eine hohe Priorität, uns Freude zu bereiten – nur damit wir glücklich sind. Kuschelt sich ein Kater abends in selig schnurrender Zufriedenheit ins Kissen neben uns, ist das hübsch anzusehen, anzuhören und anzufassen. Aber er tut dies zu seinem eigenen Vergnügen, nicht zu unserem. Vieles von dem, was Katzen tun, macht uns glücklich, dass wir sie haben. Dabei ist nur eines klar: Sie tun es nicht nur, um uns eine Freude zu bereiten. Da wir selten genau wissen, was sie denken, können wir nur raten oder ihre Liebe und ihre Gesellschaft einfach annehmen, ohne nach dem Warum zu fragen.

Dass wir das Warum nicht kennen, ist das rätselhafte Element der Beziehungen zwischen Menschen und Katzen, und in diesem Rätsel liegt Schönheit – die Schönheit des Unwahrscheinlichen und Unerklärlichen.

Es ist gut und schön, wenn ich als Schriftstellerin über Phänomene wie Rätselhaftigkeit, Schönheit und Liebe philosophiere. Aber zuweilen beeinträchtigt diese Rätselhaftigkeit unsere Lebenssituation im Alltag. Mitunter legen Katzen ein Verhalten an den Tag, das diesen rätselhaften Charme nicht aufweist, sondern ärgerlich, destruktiv oder gar bedrohlich für uns, unser Eigentum und die anderen Menschen und Tiere in unserem Haushalt ist. Da wir nicht ganz verstehen, warum sie so etwas tun, wissen wir oft auch nicht so recht, wie wir dieses Verhalten unterbinden können, ohne die Geduld zu verlieren oder ihnen dabei ungewollt zu schaden.

Ich habe diese Lektion gelernt, als ich ungefähr zehn Jahre Katzen hatte und an einen Punkt gelangt war, an dem sich das Rätselhafte und die Liebe überschnitten. Kurz gesagt, ich verliebte mich in einen Mann, entschloss mich zur Heirat und zog mit meinen drei Katzen zu ihm. Mein künftiger Gatte Laurence hatte keine Erfahrung mit Katzen. Aber ich versicherte ihm – in meiner ganzen, aus zehn glücklichen Jahren als Katzenmutter geborenen Aufrichtigkeit –, dass alles gut gehen würde. Es könnte sogar ein Satz wie »Du wirst sie kaum bemerken« gefallen sein.

Gibt es einen Schutzheiligen für Liebende, die einander unbewusst belügen? Wenn nicht, sollte eine Katze diese Aufgabe übernehmen.

Bei einer meiner Katzen verlief die Umstellung problemlos. Vashti ist eine Schönheit mit langem, weißem Fell und grünen Augen und sieht immer aus, als sei sie soeben einem Werbespot für Luxuskatzenfutter entsprungen. Sie verliebte sich auf den ersten Blick in Laurence. Als ihn dieses exotische Geschöpf so schnell und so fest ins Herz geschlossen hatte, war das für ihn so schmeichelhaft, dass er gleichermaßen hingerissen war.

Aber zu meiner Brut gehörten zwei weitere Katzen, deren Gewöhnung an das Leben mit einem neuen Menschen deutlich problematischer war. Scarlett ist grau getigert und sowohl in ihrer Erscheinung als auch in ihrem Temperament eine typische Katze. Sie ist so, wie sich das Menschen vorstellen, die keine Katzen mögen – majestätisch, kapriziös, freiheitsliebend und häufig spröde. Sie ist unfassbar sanft und liebevoll zu mir, aber so mancher glücklose Besucher, der sie zu streicheln versucht, wird für seine Mühe mit einem blutigen Arm belohnt. (Um Hilfe bei aggressivem Verhalten geht es in Kapitel 7.)

Wenn sich Scarlett einer Sache im Leben sicher war, dann dieser: Der Fremde, mit dem sie plötzlich zusammenleben musste, hatte nicht das Recht, sie anzufassen, sich ihr zu nähern oder sich auch nur im selben Raum aufzuhalten. Die herrische kleine Scarlett war es gewohnt, dass alles nach ihrem Kopf ging, und setzte ihre Regeln Laurence gegenüber auf die gleiche Weise durch, wie sie es bei meinen anderen beiden Katzen tat. Jedes Mal, wenn er sich ihr näherte, an ihr vorüberging oder ihr nach ihrem Dafürhalten zu nahe kam, fauchte sie ihn an und ließ ihn wütend ihre Krallen spüren. Das konnte sogar mitten in der Nacht passieren, wenn Laurence ins Badezimmer ging, was die Sache doppelt nervenaufreibend machte.

Dann war da noch Homer, mein Baby. Homer ist von Geburt an blind und neigt stärker als die beiden anderen dazu, sich von seinem emotionalen Umfeld in seiner Stimmung beeinflussen zu lassen. Und die Spannungen zwischen Laurence und Scarlett sowie zwischen Laurence und mir, wenn er wütend wissen wollte, weshalb ich Scarlett für ihr Fehlverhalten nicht zur Rechenschaft zog, waren greifbar.

Je größer die Spannungen zu Hause, desto angespannter wurde auch Homer. Und je angespannter er wurde, desto geneigter war er, eher aggressiv als verspielt hinter Scarlett – einem der Auslöser für diese Spannungen – herzujagen. Und je aggressiver Homer war, desto angespannter wurde Scarlett und desto wahrscheinlicher wurde es, dass sie versuchen würde, sich sicherer zu fühlen, indem sie auf Laurence losging.

Ein solcher Kreislauf – eine Kette von Ereignissen, bei der eine Reaktion die nächste auslöst, die wiederum die nächste verursacht und so fort, bis man wieder beim Ursprung angelangt ist und der Kreis sich schließt – wird von Wissenschaftlern als »positive Rückkopplung« bezeichnet.

Laurence und ich fanden es einfach »schlecht«.

Das ging einige Monate so weiter, bis ich eines Tages auf der Internetseite Salon.com einen Artikel über Mieshelle Nagelschneider las. In dem Text wurde sie als die »Katzenflüsterin« bezeichnet, und es wurden erstaunliche Erfolge bei scheinbar hoffnungslosen Fällen erzählt, in denen diese Expertin für das Verhalten von Katzen mit jahrzehntelanger Erfahrung eingegriffen hatte. Sie hatte geduldigen Katzenbesitzern geholfen, die verschiedensten Probleme zu korrigieren – angefangen bei Katzen, die an unerwünschten Stellen urinierten (wenn ich mich recht entsinne, in einem Fall sogar auf das Gesicht des schlafenden Besitzers), bis hin zu aggressivem Verhalten gegenüber Artgenossen oder gar ihren Eigentümern.

Da ich verzweifelt nach einer Möglichkeit suchte, die vielleicht funktionieren könnte, machte ich Mieshelles Internetseite ausfindig und vereinbarte einen Termin für ein Beratungsgespräch. Zunächst wies sie mich an, strategische Stellen im ganzen Haus mit synthetischen Pheromonen 1 zu besprühen, da bestimmte Duftstoffe eine beruhigende Wirkung auf Katzen haben, sie entspannter und weniger aggressiv machen. Selbst wenn sich dadurch nicht alle Spannungen zwischen Scarlett und Laurence beseitigen ließen, würde es vielleicht dazu beitragen, zumindest die Probleme zu lösen, die plötzlich zwischen Scarlett und Homer entstanden waren.

Mieshelles zweite Empfehlung, um die Spannungen zwischen den Katzen abzubauen, war ein Verfahren, von dem ich weder zuvor noch seither etwas gehört habe. Sie bezeichnete es als »Pheromonaustausch«. Geduldig erklärte sie, dass ich lernen würde, den »sozialen Vermittler« zwischen meinen Katzen zu spielen und einen »Gruppengeruch« zu erzeugen, der dafür sorgen würde, dass die Tiere besser miteinander auskamen, und der ihre Feindseligkeit verringern würde. Daraufhin zeigte sie mir ganz genau, wie ich das Verfahren anwenden sollte, das ihre Klienten »die Nagelschneider-Methode« nennen, so wie sie es auch in dem Buch tun wird, das Sie gerade in den Händen halten.

Um die Katzen mit Laurence zu versöhnen, lautete Mieshelles dritte wichtige Empfehlung, dass er anfangen sollte, sich an ihrer Fütterung zu beteiligen. Wenn er sie ein- oder zweimal täglich fütterte, konnte er Scarlett damit vielleicht helfen, zwischen »Menschen, die eine Bedrohung sind« (ihrer Ansicht nach alle außer mir), und »Menschen, die eine Nahrungsquelle sind«, zu unterscheiden. Der Grundgedanke war, Laurence von der »Liste« der Bedrohungen zu streichen und auf die »Liste« der Nahrungslieferanten zu setzen. Nicht in der Hoffnung, dass die beiden gleich Freundschaft schlössen, sondern Scarlett ihm zumindest so viel Respekt und Vertrauen entgegenbrächte, dass sie nicht jedes Mal mit den Krallen auf ihn losginge, wenn ihre Wege sich kreuzten.

Einige der vielen Empfehlungen (denn es waren mehr als drei) erschienen mir damals so einfach, dass ich kaum glauben konnte, nicht selbst darauf gekommen zu sein. Aber natürlich betrachtete ich die Situation aus der Perspektive eines frustrierten Menschen. Mieshelle dagegen kam von außen und dachte wie eine Katze darüber.

Und siehe da, schon nach wenigen kurzen Wochen zeigten die von ihr empfohlenen Maßnahmen Wirkung! Heute empfindet Scarlett zwar nicht gerade Sympathie für Laurence, aber sie duldet ihn und zollt ihm widerwillig Respekt. (Und für eine Katze wie Scarlett ist das ein großes Zugeständnis!) Sie sitzt und schläft friedlich weiter, wenn er zufällig an ihr vorübergeht, und streicht sogar zärtlich um seine Knöchel, wenn er abends nach Hause kommt.

Nachdem die Spannungen zu Hause dramatisch nachgelassen hatten, fing auch Homer an, wieder fröhlich mit Scarlett zu spielen, und stellte sein aggressives Verhalten ein. Unsere Katzen sind ruhig und glücklich, genau wie Laurence und ich. Als wir vor etwas mehr als einem Jahr heirateten, vergrößerte Laurence Fotos von allen Katzen und stellte die Poster bei unserer Hochzeit auf, um unsere Gäste mit den drei neuesten Lieben seines Lebens »bekannt zu machen«.

Doch trotz alledem, obwohl die Katze für die meisten Menschen ein ebenso verlockendes wie quälendes Rätsel bleibt, das sich auf ewig unserem völligen Verständnis entzieht, sind einige von uns mit der nahezu übernatürlichen Gabe gesegnet zu durchschauen, was in den Köpfen dieser Tiere vorgeht. Mieshelle gehört dazu. Hätte ich damals, als ich bei Laurence einzog, das Glück gehabt, dieses Buch zu besitzen, das Sie nun in den Händen halten, hätte ich meinem Mann und meinen Katzen (und mir selbst) Monate der Frustration und der Spannungen ersparen können.

Die Liebe wird aus dem Geheimnis geboren, und unsere Katzen sind ebenso geheimnisvoll wie geliebt. Der größte Segen aber ist zuweilen, wenn ein Licht die Dunkelheit erhellt. Mieshelle Nagelschneider trägt ein solches Licht. Gestatten Sie ihr, Ihnen damit zu leuchten.

Gwenn Cooper2

Einleitung: Über Katzen und wie ich lernte, mit ihren Augen zu sehen

Einleitung Über Katzen und wie ich lernte, mit ihren Augen zu sehen

Mit den Wolfsjungen wuchs [Mogli] auf … Vater Wolf lehrte ihn alles, was ein Wolf wissen musste, und weihte ihn in das Leben der Dschungel ein, bis jedes Rascheln im Grase, jeder Hauch der warmen Nachtluft, jeder Ruf der Eule über seinem Kopf, jeder Kratzer von den Krallen der Fledermäuse, wenn sie eine Weile im Baum gerastet hatten, und jeder klatschende Sprung des kleinsten Silberfisches im Teiche – bis dies alles seine genaue Bedeutung für ihn hatte.3

RUDYARD KIPLING:Das Dschungelbuch

Vielleicht lesen Sie dieses Buch, weil Sie Katzen lieben und sich für sie interessieren. Aber vielleicht sind Sie auch mit Ihrem Latein am Ende, weil Ihr Liebling gerade die teuren neuen Schuhe Ihres Freundes mit Urin markiert, Ihr nagelneues Sofa ruiniert hat oder seine Toilette verschmäht und in anderen Ecken Ihrer Wohnung sein Geschäftchen macht. Sie haben alles versucht. Sie fühlen sich schuldig. Schreien Sie Ihre Katze an? Haben Sie ihr sogar einmal einen Klaps gegeben oder etwas nach ihr geworfen? Fürchten Sie, dass Sie das Tier misshandeln, dass es niemals Manieren lernen wird und dass Sie sich von Ihrem Freund oder gar der Liebe Ihres Lebens (also Ihrer Katze) trennen müssen? Ich werde Ihnen helfen, sie zu verstehen. Ich werde Ihnen sagen, warum sie tut, was sie tut, und wodurch Sie das Problemverhalten verursachen oder verschlimmern. Damit Sie, Ihre Katze – oder Katzen – und alle anderen Mitglieder Ihres Haushalts glücklich und zufrieden leben können. Ich werde Ihnen die gleichen leicht umsetzbaren Lösungen zeigen, zu denen ich meinen Klienten seit zwanzig Jahren rate.

Die empfohlenen Veränderungen werden Ihnen, Ihrer Katze und den Menschen in Ihrem Leben ein friedlicheres Zusammenleben ermöglichen. Falls Sie mehr als eine Katze haben, werde ich Ihnen zeigen, wie Sie den Tieren zu einem besseren Miteinander verhelfen können. Katzen, die noch nie einen Artgenossen bei der Fellpflege unterstützt haben, werden mit Begeisterung ihre Freunde putzen – und das wird sie noch fester zusammenschweißen. Katzen, die bisher allein geschlafen haben, werden sich aneinanderkuscheln. Ihre Katzen werden sich zu den Tieren entwickeln, die sie sein sollen. Sie werden selbstbewusster und geselliger, entspannter und sicherer, einfach »mehr Katze« sein. Meine Klienten berichten, die Tiere, von denen sie mir in der Beratung erzählten oder die ich persönlich kennenlernen durfte, hätten sich in der Zeit danach vollkommen verändert. Bei Zweitbesuchen kann ich ihre Einschätzung nur bestätigen. Statt ein Schlachtfeld zu betreten, komme ich in ein Katzenparadies. Die Katzen liegen entweder einzeln an Stellen, die sie zwar gemeinsam, aber zeitlich versetzt nutzen, oder kuscheln sich aneinander. Da wird weder gefaucht noch gerauft, sie jagen einander nicht und gehen nicht aufeinander los.

Ich werde Sie davon überzeugen, dass sich Verhaltensauffälligkeiten bei Katzen fast immer auch auf der Verhaltensebene lösen lassen und dass eine medikamentöse Behandlung selten nötig ist. Kurz gesagt, schreibe ich hier, um Ihnen mitzuteilen, dass es in den meisten Fällen effektive, natürliche, humane und dauerhafte Hilfe für Ihre Katze gibt. Eine solche Veränderung dauert im Durchschnitt dreißig Tage. Das heißt, sie kann mal mehr, mal weniger als einen Monat in Anspruch nehmen. Sind Sie bereit?

Beginnen wir mit Susan und Nada. Nada war eine kleine grau getigerte Katze, die eines ihrer Beine wundgeleckt hatte. Sie lebte in einer Villa in einem vornehmen Vorort von Seattle. Das moderne, weitläufige Gebäude strahlte in gedämpftem Weiß vom höchsten Hügel weit und breit. Als Susan die Tür öffnete, sah ich, dass sich diese minimalistische Ästhetik auch im Inneren des Hauses fortsetzte: Ich sah Deckengewölbe, weite und fast völlig kahle Räume mit weißen Wänden, einen grasgrünen Teppich. In dem riesigen Wohnzimmer stand nichts außer einem Sofa. Schon vor der ersten Begegnung mit Nada war mir klar, dass sie ein ziemlich großes Stimulationsdefizit haben dürfte.

Wie alle vermeintlichen »Hauskatzen« war sie, wie ich später noch erklären werde, im Grunde ein wildes Tier. Doch nun war sie zu einer Art Requisit in der minimalistischen Vision einer Besitzerin geworden, die sehr klare Vorstellungen davon hatte, wie Menschen – oder zumindest einige davon – leben sollten. Die ganze Situation erinnerte mich an einen Tom-&-Jerry-Comic mit dem Titel »Push-Button Kitty«. Darin wird eine künstliche Katze namens »Mechano« mit den Worten beworben: »Kein Füttern, keine Arbeit, keine Haare.« Also keine Katze. Nur ein Mensch, der schon einmal in Einzelhaft saß, kann in vollem Umfang nachvollziehen, was Nada durchmachte.

Als sie schließlich ins Zimmer tappte, ging sie in dem höhlenartigen Raum fast unter. Anfangs war sie noch ein wenig schüchtern. Aber schon bald taute sie so weit auf, dass sie zu mir lief und sich an meinen Beinen rieb. Ich wusste, was sie da tat: Ich werde dich mit meinem Duft markieren, damit ich mich wohler fühle. Wenn ich nicht so viel Vertrauen zu dir hätte, würde ich mich an dem Stuhlbein dort drüben reiben, um mich zu beruhigen.

Ich beugte mich zu ihr hinunter und kraulte ihr die Wangen. »Danke, Nada.«

Wir sahen zu, wie Nada in einen entfernten Winkel des Wohnzimmers spazierte. Susan und ich machten Konversation. Als ich erneut einen Blick auf die Katze warf, lag sie auf dem Boden und leckte ihr kahles, entzündetes Bein. Susan sah mich an und zuckte mit den Schultern. Am Telefon hatte sie die Stelle an Nadas Bein als »rohes Fleisch« beschrieben. Sie hatte nicht übertrieben. Katzen haben eine Zunge wie Sandpapier, und Nada hatte damit eine handtellergroße Stelle am Oberschenkel wund geleckt. Susan war mit ihr beim Tierarzt gewesen und hatte erfahren, dass es kein medizinisches Problem war und weder eine Nahrungs- noch eine Kontaktallergie vorlag. Es war verhaltensbedingt.Diearme Nada zeigte ein klassisches Zwangsverhalten – übertriebene Fellpflege.

Es kommt recht häufig vor, dass Katzen mit der Fellpflege übertreiben (oder sich die Haare ausrupfen beziehungsweise fressen). Hier handelt es sich um ein kompensatorisches Putzverhalten, das ihnen in belastenden Situationen helfen soll, sich besser zu fühlen. Es ist eine von mehreren zwanghaften Verhaltensweisen bei Tieren, die ständig oder immer wieder Stress durch Frustration (Ich will, aber ich kann nicht) oder inneren Konflikten (Ich will zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschließen) ausgesetzt sind. Wie Menschen, die zu viel essen oder einem anderen Suchtverhalten nachgeben, kanalisieren Katzen ihre Angst oft in Aktivitäten, die ihnen vorübergehend Linderung verschaffen. Meist entstehen durch das übertriebene Putzverhalten Stellen, die fast vollständig kahl oder nur mit einem feinen Flaum bedeckt sind. Manchmal sind nur kleine Flecken, ein andermal die ganze Brust und der ganze Bauch betroffen. Nur selten bekommt man es mit Verletzungen oder Wunden wie bei Nada zu tun. Einen so schlimmen Fall hatte ich noch nie gesehen. Und nun war es meine Aufgabe herauszufinden, was Nada so belastete, und die Angelegenheit zu klären, bevor sie an ihrem Bein einen bleibenden Schaden anrichtete. Dazu musste ich lediglich das Wissen umsetzen, das ich über Katzen gesammelt hatte – und das auch Sie bald kennen werden. Ich musste mein Wissen auf die Auslöser in ihrem Umfeld übertragen und helfen, sie von ihrem extensiven Putzverhalten abzubringen.

Ich sah mich in dem zenartigen Haus um und begann, Hinweise zu sammeln. Dabei fiel mir auf, dass weit und breit kein Katzenspielzeug zu sehen war. (Es war so gut wie überhaupt nichts zu sehen.) Im Großen und Ganzen hatte es den Anschein, als sei das Haus ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse einer Katze eingerichtet worden. Als Nada sich hingelegt hatte, um ihr Bein zu lecken, hatte Susan obendrein angefangen, mit sanfter Stimme auf sie einzureden. Sie war zu ihr gelaufen, um sie tröstend zu streicheln. Ich bat Susan, mit Nada zu spielen. Ich wollte sehen, wie die beiden miteinander umgingen. Dabei wurde mir klar, dass Susan keine Ahnung hatte, wie man mit einer Katze spielt. Sie schnalzte das von der Spielangel hängende Federbüschel blitzschnell hin und her – aber immer so, dass es außer Nadas Reichweite blieb. (In Kapitel 5 werde ich den korrekten Ablauf der alles entscheidenden Spiel- oder Jagdsequenz erklären, siehe hier.) Der vielleicht wichtigste Hinweis aber war, dass Nada mit der übertriebenen Fellpflege begonnen hatte, nachdem ein Kater ins Haus gekommen war. Die beiden hatten sich nicht vertragen und lebten nun auf verschiedenen Stockwerken.

Die Hinweise auf die Ursache von Nadas Problem lieferten mir Informationen darüber, was geändert werden musste – nicht bei Nada, sondern bei Susan. Da die angespannte Beziehung zwischen den Katzen Nada sicher enorm belastete, würde Susan den beiden beibringen müssen, miteinander auszukommen. Um Nada körperlich und geistig zu fordern, ihr Möglichkeiten zur Stressbewältigung zu geben und ihr Selbstvertrauen zu steigern, musste Susan unbedingt etwas gegen das fast völlige Fehlen anregender Beschäftigungsmöglichkeiten tun. Sie musste sich ihre frustrierende Art abgewöhnen, mit Nada zu spielen. Außerdem durfte sie ihr keine Aufmerksamkeit mehr schenken, wenn sie sie dabei ertappte, wie sie ihr Bein leckte.

Zum Glück konnte ich Susan vermitteln, die Welt mit den Augen ihrer Katze zu sehen. Als ihr bewusst wurde, wie sie zu Nadas Problemen beigetragen hatte, hielt sie sich gewissenhaft an meinen dreiteiligen CATTM-Plan zur Verhaltensänderung. Sie gestaltete die Umgebung so, dass sie anregender und amüsanter für Nada und ihren Artgenossen war. Sie lernte, effektiver mit beiden zu spielen. Sie befolgte auch den Plan für das »zweite Kennenlernen« sowie den wichtigen Pheromonaustausch, der in Kapitel 4 beschrieben wird. Er hilft, zwei feindselige Katzen wieder miteinander zu versöhnen, damit sie noch einmal von vorn anfangen und Freundschaft schließen können. Nach wenigen Wochen war Nada sehr viel glücklicher, noch ein paar Wochen später konnte sich ihre schwer geschädigte Haut allmählich erholen und war nach einer weiteren Weile völlig verheilt. Ich war nur deshalb imstande gewesen, auf diese Weise von der Diagnose bis hin zur Verhaltenstherapie mit Nada zu arbeiten, weil ich gelernt hatte, das Leben einer Katze durch ihre Augen zu sehen. Das können auch Sie!

Bei mir begann dieser Prozess schon sehr früh, etwa zur selben Zeit, als ich anfing zu sprechen.

Meine tierische Familie

Ich stamme aus einer Familie, in der Tiere eine wichtige Rolle spielen. Meine Onkel und mein Großvater mütterlicherseits waren Rinderzüchter in Jordan Valley im Osten des US-Bundesstaates Oregon und nahmen an Rodeos teil, wo sie regelmäßig Preise absahnten. Meine Großtante und mein Großonkel väterlicherseits waren Trickreiter, genau wie ihre Eltern davor. Sie liebten ihre Pferde. Ihr Enkel – mein Cousin Tad Griffith – ist Eigentümer einer Stunt- und Produktionsfirma in Kalifornien und arbeitet eng mit Tieren zusammen.

Meine Tante Vicki züchtet schon sehr lange in meiner Heimatstadt Redmond in Oregon Toggenburger Ziegen. Die älteste bekannte Milchziegenrasse stammt aus dem gleichnamigen Tal in der Schweiz. Tante Vicki hatte auch echte Hauskatzen, die bei ihr im Haus lebten. Die Ziegen waren entzückend. Aber die Katzen – Wohnungskatzen, bei Bastet! – machten mich krank vor Neid. Meine Familie besuchte Tante Vicki jeden Sonntag, und dann spielte ich die ganze Zeit mit den Katzen. Elsie, eines ihrer Tiere, ließ sich nicht gern streicheln oder auf den Arm nehmen. Meine Cousine Samantha war schon etwas älter und erinnerte mich immer wieder: »Denk daran, Mieshelle, Elsie beißt!« Ich fand allerdings heraus, dass Elsie sich sehr wohl streicheln ließ – nur eben nicht sehr lange. Man musste aufpassen und nach bestimmten Reaktionen Ausschau halten, die verrieten, dass sie genug hatte. Ich streichelte sie eine Weile, aber ich hörte auf, bevor sie die Ohren anlegte oder mit dem Schwanz schlug. Samantha prahlte überall, ich hätte ein Händchen für Elsie, aber ich wusste, dass ich sie einfach so streichelte, wie sie es gernhatte, und dass ich aufhörte, bevor es ihr zu viel wurde. So lernte ich mit fünf Jahren meine erste Lektion, dass man einer Katze seinen Willen nicht aufzwingen, aber das eigene Verhalten ein wenig anpassen kann, um zu einem für beide Seiten zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen.

Auf der Farm

Im Beisein anderer Kinder war ich immer etwas introvertiert und schüchtern. Aber zum Glück durfte ich nach Lust und Laune mit den Tieren auf der Farm spielen, auf der unsere Familie in der Wüste mitten in Oregon lebte. Ich freundete mich mit ihnen an. Ich fand Tiere sehr viel interessanter und kam besser mit ihnen klar als mit meinen erheblich älteren Brüdern oder den anderen Kindern in meiner Nachbarschaft. Und wie viele Menschen haben schon einen wilden Kolibri zum Freund?

Ja, wirklich! Als ich ihn zum ersten Mal bemerkte, war ich etwa vier Jahre alt. Wenn ich mich draußen aufhielt, spürte ich immer wieder ein Flattern, eine Art Vibration an meinem Ohr. Als ich ihn zum ersten Mal sah, hielt ich ihn für ein Insekt oder eine Biene, aber man sagte mir, das schillernde grüne Geschöpf sei ein Kolibri. Er flog über meinen Kopf hinweg und vor mir her und schwebte eine Weile in der Luft, als wollte er mir etwas mitteilen. Dann flitzte er davon, um sofort wieder zu mir zurückzukehren und dieses seltsame Gefühl an meinem Ohr zu verursachen. Mein Vater neckte mich damit, dass mir auf Schritt und Tritt ein Kolibri folgte, was mir schrecklich peinlich war. Ich dachte, er fände es lächerlich. Aber eines Tages hörte ich, wie er vor Verwandten, die bei uns zu Besuch waren, mit mir und meinem Kolibri angab. Da wurde mir klar, dass es etwas Besonderes war.

Mein Vater war ein brummiger, fleißiger Mann. Gefühle zeigte er nur in Gegenwart von Tieren. Er schmolz geradezu dahin, was wohl einer der Gründe ist, weshalb auch ich sie so liebe. Mein Vater hielt alle Tiere, die man in einem bäuerlichen Familienbetrieb erwarten würde. Wenn ich sage, er hielt sie, meine ich damit, dass er sich nicht dazu überwinden konnte, auch nur eines davon auf den Tisch zu bringen. Er und meine Mutter waren auf Rinderfarmen groß geworden, wo Tiere nur ihres Fleisches wegen gezüchtet wurden. Aber unsere Kälbchen wuchsen ihm so sehr ans Herz, dass er sie nicht zu Steaks verarbeiten konnte – obwohl er sie zu diesem Zweck gekauft hatte. So wuchsen die zehn Kälbchen zu zehn Kühen heran, die dann einfach meine größten Haustiere waren. Im Grunde hatten wir keine Landwirtschaft, sondern einen großen Streichelzoo.

Wir hatten natürlich auch Pferde: Missouri Foxtrotter. Ich entwickelte schon früh ein Faible für Pferde und begann mit dem Reiten. Wir hatten ein Rocky-Mountain-Pferd namens »Sindbad«. Mein Vater hatte es geschenkt bekommen, da es angeblich »zu nichts zu gebrauchen« war. Einer seiner Hufe war verletzt, und er konnte nicht gut laufen. Aus diesem Grund meinte mein Vater wohl, dass ich bei ihm sicher wäre. Ein Pferd ist ein wunderbarer Einstieg in die Welt der Tiere. Wie jeder Pferdefreund weiß, verfügen diese großen Geschöpfe über ein ganz besonderes, fast schon greifbares Bewusstsein. Wenn ich neben einem Pferd stehe, kann ich die Energie eines fühlenden Herzens und einer empfindsamen Seele spüren.

Wir hatten zwei Schafe – mit denen ich Picknicks veranstaltete – und das verschiedenste Federvieh. Ich saß mit den Gänsen und Enten in der Hundehütte und schwamm (sehr zum Leidwesen meiner Mutter) mit ihnen in ihrem schmutzigen Teich. Auch die Hühner bedurften meiner Gesellschaft, und ich kletterte aufs Dach, um mit dem Hahn zu krähen.

Und dann war da noch der riesige Bulle in einem Gehege neben dem Haus. Sobald sich jemand näherte, ging er auf ihn los. Meine Eltern hatten mich unzählige Male gebeten, mich von ihm fernzuhalten. Sogar die Hunde hatten Angst vor ihm. Aber er tat mir leid, und deshalb schmiedete ich einen Plan: Ich würde wie ein Häschen in sein Gehege hoppeln. Dann würde er sich nicht fürchten und sich nicht an mir stören. Schließlich hatten wir Hasen im Stall, die er bereits kannte. Außerdem wusste ich, niemand konnte sich vor einem Häschen fürchten oder ihm böse sein.

Ich war nicht verrückt. Ich war vier.

Zuerst zeichnete ich ein Paar Hasenohren auf ein Stück Papier und malte sie rosa an, wie sich das für das Innere von Hasenohren gehört. Dann schnitt ich sie aus und bat meine Mutter, sie auf meinem Kopf zu befestigen. »Ich muss ein Häschen sein«, sagte ich. Ich war damals schon schlau genug, ihr immer nur so viel zu erzählen, wie sie gerade wissen musste. »Wie niedlich«, erwiderte sie und steckte mir die Ohren ins Haar. Fest stand auch, dass ich weiß sein musste wie die Hasen in unserer Scheune. Also bastelte ich aus einem Haufen Wattebällchen ein Schwänzchen und machte es an meinem weißen Ballett-Leotard fest.

Es war ein schöner, warmer Sommertag, als ich in der Abenddämmerung in das Gehege des Bullen kroch. Ich bemühte mich, ihm nicht in die Augen zu sehen, blieb dicht am Boden und hoppelte so hasenmäßig wie möglich am Rand des Geheges herum, während er mich skeptisch beäugte. Ich tat, was Häschen eben tun – bis er sich erhob und auf mich zukam. Ich erstarrte. Sein riesiger Schädel verdunkelte die Sonne. Seine große Nase kam immer näher. Seine enormen, feuchten, hellrosa Nasenlöcher blähten sich auf und zogen sich wieder zusammen. Er schnaubte in den Staub. Und dann hob ich die Hand und streichelte das Fell über seiner Nase.

Es war ein höchst beglückendes Gefühl.

Als meine Eltern mich fanden, saß ich ihm zu Füßen auf der Erde, strich ihm über den Kopf und kraulte ihn am Hals und im Nacken. Die Geschichte von »Mieshelle und dem Bullen« ist in unserer Familie legendär. Sie klang mir während meiner gesamten Kindheit in den Ohren und vermittelte mir eine erste Ahnung davon, dass ich eine besondere Leidenschaft und Gabe besaß. Meine Eltern waren natürlich entsetzt. Wieso musste ich ausgerechnet mit einem großen, alten, gefährlichen und stinkenden Bullen spielen? Weil meine Eltern mir keine Katze geschenkt hatten.

Leider hätte ich meine besondere Begabung am liebsten bei Katzen eingesetzt – den einzigen Tieren, die es auf unserem Hof nicht gab. Deshalb schlich ich mich mit vier Jahren über die Straße zum Haus einer Nachbarin, die als Tagesmutter arbeitete und deren Schützlinge etwa in meinem Alter waren. Ich ging nicht dorthin, um die anderen Kinder zu sehen, sondern um mit der Siamkatze zu spielen. Schließlich erklärte die Dame meiner Mutter, ich könne mich nicht mehr umsonst bei ihr aufhalten, um mit der Katze zu spielen. Meine Mutter müsse für meine Betreuung zahlen wie die anderen Eltern auch. Da Mama Hausfrau und Mutter war, hielt sie es für wenig sinnvoll, dafür zu zahlen, dass ich die Nachbarskatze streicheln durfte. Sie verbot mir, das Haus der Tagesmutter zu betreten.

Daraufhin schlug ich meine Zelte in ihrer Auffahrt auf. Ab und zu erspähte mich die schlanke Siamkatze durchs Fenster und kam heraus, um sich von mir streicheln zu lassen. Ich hatte immer eine Bürste dabei, die eigentlich zu meiner Barbiepuppe gehörte (die ich schnell für langweilig befunden und beiseitegelegt hatte), und die Katze schnurrte und massierte mich rhythmisch mit ihren Pfoten, bis ich schließlich nicht einmal mehr in der Auffahrt sitzen durfte.

Ich war viereinhalb, als meine Mutter mir eines Abends das Telefon reichte: »Da ist ein Anruf für dich, Mieshelle. Es ist der Weihnachtsmann.«

Ich nahm den Hörer. Ich war schon im Nachthemd.

Eine Stimme fragte: »Was wünschst du dir denn zu Weihnachten?«

»Ich will eine Katze«, erwiderte ich und stellte klar: »Eine echte Katze.«

»Du willst also eine echte Katze?«, wiederholte die Stimme amüsiert. Schon da fand ich das Gespräch ziemlich anstrengend.

»Ja. Eine echte.«

»Nun«, sagte der Mann, »ich glaube, du möchtest eine Plüschkatze.«

»Ich will keine Plüschkatzen mehr. Ich will eine Katze, die schnurrt und Milch trinkt.«

»Ich glaube, das wäre deiner Mutter gar nicht recht.«

»Ich will eine echte Katze.«

Das ging noch eine Weile so weiter. Als ich in meiner Unterhaltung mit dem Weihnachtsmann keinerlei Fortschritte feststellen konnte, legte ich einfach auf.

Zu Weihnachten bekam ich eine große rosa Plüschkatze. Sie war das traurige Ergebnis einer misslungenen Kreuzung zwischen einer einfachen Hauskatze und dem rosaroten Panther.

Sie war keineswegs das, was ich mir erhofft hatte, wenngleich ich nun, nach dem Tod meines Vaters, wünschte, ich hätte sie behalten.

Ich kämpfte noch ein paar Jahre für eine echte Katze, aber meine Bemühungen blieben ohne Erfolg. Nachdem mich meine Mutter bei den Blue Birds angemeldet hatte, der Grundschulgruppe der Jugendorganisation Camp Fire Girls, bekam jedes Mädchen ein persönliches Album mit Lückentexten, die wir ergänzen mussten.

Eine Seite trug den Titel: »Alles über mich.« Auf meiner Seite stand:

Mein bester Freund ist:meine Katze.

Meine Lieblingsbeschäftigung ist: mit meiner Katze spielen.

Wenn ich von der Schule nach Hause komme: bürste ich zuerst meine Katze.

Am liebsten wäre ich: eine Katze.

Ich denke mir das nicht aus. Aber ich hatte immer noch keine Katze, und das war ein wunder Punkt. Allerdings sollte ich schon bald mit einem Geheimprojekt zur Zähmung der wild lebenden Katzen im Canyon hinter unserem Haus beginnen.

Grinsekatzen im Canyon

Wie viele kleine Mädchen wäre ich als Kind am liebsten Schneewittchen gewesen. Aber nicht wegen des Prinzen. Ich wollte mit Tieren sprechen. Zum Glück stand unser Haus am Rande eines nicht besonders tiefen, üppig grünen Canyons mit fast ebenem Talboden. Dies war mein Zufluchtsort, den ich erkunden konnte. Es wimmelte dort nur so von Tieren – Rehen, Kojoten, Hasen, Schmetterlingen und Kolibris. Natürlich liefen auch unsere eigenen Tiere dort herum – Hunde, Pferde, Hasen, Schafe und Kälber. Die weißen Pfauen unserer Nachbarn machten täglich einen Abstecher in den Canyon. Sie alle waren meine Freunde.

Vereinzelt bekam ich auch einmal eine Katze zu Gesicht. Das war für mich, als würde ich ein Einhorn sehen – der seltene, kostbare Anblick eines Geschöpfes, das man nicht besitzen konnte. Im Grunde war ich wegen der wilden Katzen im Canyon. Ihre Köpfe lugten hinter Felsen und Bäumen hervor und verschwanden ebenso schnell wieder wie die Katze in dem »Alice-im-Wunderland«-Malbuch, das ich mit meinem Vater ausmalte. Und wie die unsichtbare Grinsekatze beobachteten sie mich aus dem Dunkel.

Eines Tages hatte ich eine Idee. Ich würde die unsichtbaren Katzen im Canyon zum Tee einladen, genau wie in der Geschichte. An einem frühen Junimorgen kurz nach meinem fünften Geburtstag packte ich mein ganzes Plastikgeschirr, ein Tischtuch, meine Stofftiere und einen Stapel Marmeladenbrote zusammen und kletterte in den Canyon, wo ich auf einem flachen Vulkanfelsen neben einem kleinen Bach Platz nahm. Mit einem rosa Plastikmesser schnitt ich die Marmeladenbrote in kleine Stücke und legte einen Bissen auf jeden Teller. Dann saß ich mit meinen Stofftieren da, wir starrten uns an und warteten. Aber nichts geschah.

Ich lief zurück ins Haus, um etwas Milch zu holen. Vielleicht würde sie das anlocken. Als ich zum zweiten Mal den Pfad zu meinem Felsen hinunterlief, sah ich einen gelblich braunen Kurzhaarkater vor einem der Teller sitzen und ein kleines Stück Marmeladenbrot verzehren. Ein Kater! Als er mich bemerkte, nahm er sofort Reißaus.

Aber nun hatte ich eine heiße Spur. In den folgenden Wochen lernte ich, dass ich den etwas entspannteren Gästen meiner scheuen Teegesellschaft näher kommen konnte, wenn ich Abstand hielt, bis sie sich allmählich an mich gewöhnt hatten. Ich merkte auch, dass manche Tiere besonders argwöhnisch waren und sofort die Flucht ergriffen, wenn ich mich näherte. Aber im Laufe der Zeit gewöhnten sie sich an mich, und selbst die besonders scheuen Exemplare flohen nicht mehr so weit und kehrten schneller zurück.

Rückblickend bin ich mir sicher, dass wir gemeinsam Techniken der Verhaltensmodifikation wie Gegenkonditionierung und Desensibilisierung entdeckten. Bei der Gegenkonditionierung verbindet man etwas Angenehmes wie Nahrung mit einem negativen Reiz (etwa der Anwesenheit eines kleinen Mädchens). Damit soll die negative Reaktion eines Tiers auf den unangenehmen Reiz abgeschwächt werden. Die Wochen vergingen, und ich lernte, dass Thunfisch-Sandwiches am besten ankamen, dass Milch bei allen Geschmackstests besser abschnitt als Limo und dass ich, wenn ich keine ruckartigen Bewegungen machte, relativ ungezwungen und in der glücklichen Gewissheit mit meinen getigerten, schnurrhaarigen Freunden speisen konnte, dass niemand davonlaufen würde. Nach einer Weile hatte ich einige von ihnen sogar so weit, dass sie sich von mir streicheln ließen.

Im nächsten Jahr verließen wir den Canyon und bezogen ein neues Haus auf dem Land. Ich vermisste meine Katzen und verstärkte erneut meine Bemühungen um ein eigenes Tier. Eines Tages brummte mein Vater: »Und was ist mit den Katzen in der Scheune?« Dort gab es frei lebende Katzen, die fast genauso wild waren wie die Tiere im Canyon. Aufgrund meiner Erfahrungen mit den Katzen im Canyon kam ich zu dem Schluss, dass ich mit den Tieren in der Scheune sogar noch besser Freundschaft schließen konnte, wenn ich ihre Vorlieben berücksichtigte. Dies war der Beginn jahrelanger eingehender Beobachtungen. Ich kopierte ihr Verhalten. Ich versuchte, mich in sie hineinzuversetzen und die Welt mit ihren Augen zu sehen. Schon bald hatte ich das Gefühl, dass die Scheunenkatzen meine Familie waren. Wenn ich früh genug Kontakt zu den verwilderten Katzenjungen bekam und mit ihnen spielte, wurden sie manchmal sehr zutraulich. Ich war ungefähr acht, als die Nachbarn merkten, wie zahm die Katzen in unserer Scheune waren, und mich fragten, ob ich ihnen eine oder zwei davon als Haustiere überlassen würde. Ich ertappte sogar meinen Vater dabei, wie er mit einer der Katzen schmuste, die ich sozialisiert hatte.

Das ägyptische Wort für »Katze« istmauund bedeutet »sehen«. Die Ägypter waren fasziniert von den Augen der Katzen, vermutlich weil sie glaubten, dass diese Tiere in die Seelen der Menschen blicken konnten. 

Ich war elf, als ich eines Morgens eine junge grau getigerte Katze in ein 25 Zentimeter dickes Bewässerungsrohr schlüpfen sah. Ich wusste, dass mir nicht viel Zeit blieb, bis das Wasser so wie jeden Tag durch die Rohre brausen würde. Gefahr! Ich rief, flüsterte, ließ ein Blatt vor der Rohröffnung baumeln, klopfte lockend mit der Hand auf den Boden. Ich versuchte alles, um die kleine Katze herauszulocken und ihr Leben zu retten. Aber nichts schien zu funktionieren. Dann stellte ich, ohne groß darüber nachzudenken, Blickkontakt zu ihr her, schloss kurz die Augen, wünschte mir, sie würde herauskommen, und schlug die Augen wieder auf.

Die Katze zwinkerte ebenso langsam zurück.

Ich zwinkerte noch einmal langsam, und mit einem Mal kam die Kleine aus dem Rohr gepurzelt. Sie ließ sich von mir in Sicherheit bringen, und wenige Minuten später rauschte das Wasser durch die Rohre.

Meine Eltern sahen, wie glücklich ich war, und zu meinem Erstaunen durfte ich die Katze behalten. Ich nannte sie »Curly« – nach ihrem merkwürdig spiralförmigen Stummelschwänzchen. Viele Jahre später hörte ich die Experten sagen, dass langsames Zwinkern und Wegsehen eine wirksame Form der Kommunikation mit Katzen sei. Aber da wusste ich längst, dass Katzen, die ihre Artgenossen langsam anzwinkern, zufrieden und entspannt sind. Das angezwinkerte Tier versteht, dass ihm keine Gefahr droht. Zwinkern kann einer Katze sofort ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und eine angespannte Situation auflockern. Ich wende diese Technik auch heute noch an, wenn die Katze eines Klienten nicht unter dem Bett hervorkommen will.

Meine Zeit als Tierarzthelferin

In der siebten Klasse erhaschte ich den ersten Blick auf eine Welt, in der man den ganzen Tag mit Tieren zusammen sein durfte und auch noch dafür bezahlt wurde. Meine Freundin Jamie bat mich, sie und ihre Katze zum Tierarzt zu begleiten. Eine Frau kam ins Untersuchungszimmer, um Shadows Temperatur zu messen. Sie beeindruckte mich sehr. Ich fragte: »Wie lange haben Sie studiert?« Sie antwortete: »Ich bin keine Tierärztin. Ich bin Tierarzthelferin.« Der Beruf der Tierarzthelferin oder der tiermedizinischen Fachangestellten sollte für mich zu einer Art Traumberuf werden, der mir mit zwölf Jahren freilich noch weit außerhalb meiner Reichweite schien.

Aber die Jahre vergingen schnell, und als ich mit neunzehn Jahren am College in Portland, Oregon, Psychologie studierte, suchte ich mir Arbeit in einer Tierarztpraxis. Die anderen Helferinnen und Helfer hatten zwar mehr Erfahrung, aber wenn eine Katze nicht aus dem Käfig kommen oder beim Blutabnehmen nicht ruhig halten wollte, wurde bald immer ich zu Hilfe gerufen. Ich musste eine Katze nur anfassen oder ihre Körpersprache sehen und wusste sofort, was sie empfand und was sie mir mitteilte – und berührte sie entsprechend. Allmählich wurde ich sowohl von den Tierärzten als auch von den Klienten gebeten, bei der Untersuchung von Katzen zu assistieren. Ich konnte Katzen beruhigen, die sonst niemanden an sich heranließen. Ich war die Einzige, die sie impfen oder ihnen die Krallen schneiden durfte. Ich wurde auch immer häufiger von Klienten gebeten, mich um ihre Tiere zu kümmern, wenn sie auf Reisen waren.

In den nächsten Jahren lernte ich, Tiere auf Operationen vorzubereiten, Röntgenaufnahmen zu machen, Krallen zu schneiden, Blut abzunehmen und zu untersuchen sowie Medikamente auszugeben. In den beiden Tierkliniken, in denen ich später tätig war, machte man mich zur leitenden Tierarzthelferin. Sodann gehörten auch die Bestellung sämtlicher Produkte für den Haustierbedarf, Betäubungsmittel, Büromaterialien, Medikamente und das Anlernen der neuen Tierarzthelfer zu meinen Aufgaben.

Im Laufe der Zeit baten mich immer mehr Klienten dieser Praxen, ihre Haustiere zu versorgen, wenn sie verreisten. Irgendwann hatte ich viele tausend Hausbesuche bei Katzen mit besonderen Bedürfnissen hinter mir. Dann kam der Tag, an dem ich meine wahre Berufung entdeckte.

An jenem Tag nahm ich in der Praxis zufällig den Anruf einer Frau entgegen. Sie war völlig aufgelöst und fuhr auf dem Parkplatz der örtlichen Niederlassung des Tierschutzbundes im Kreis herum. »Ich habe meinen Kater hier in der Transportbox«, sagte sie. »Ich muss ihn weggeben.« Sie fing an zu weinen.

»Warum glauben Sie, Sie müssten ihn weggeben?«, fragte ich.

»Er pinkelt jetzt seit über acht Jahren ins Haus«, sagte sie. »Mein Mann hat gesagt, ich müsste mich entscheiden: er oder Bagel. Ich war schon bei sämtlichen Tierärzten. Sie haben Bagel untersucht, und ich habe getan, was sie gesagt haben.«

»Können Sie mir einen Gefallen tun?«, fragte ich. »Können Sie parken und Bagel aus der Transportbox lassen?«

Sie stellte den Wagen ab und ließ den Kater aus der Box. Bald schnurrte er so laut, dass ich ihn durchs Telefon hören konnte.

»Er liegt jetzt zusammengerollt auf meinem Schoß und knetet mein Bein mit seinen Pfoten«, berichtete sie. Das konnte ich mir gut vorstellen. Das sogenannte Treteln wirkt auf Katzen beruhigend. Es hat seinen Ursprung im Milchtritt der Katzenbabys. Die Kleinen treten mit den Vorderpfoten rhythmisch gegen die Zitze der Mutter, um ihre Haut von ihrer Nase wegzudrücken und den Milchfluss anzuregen. Katzen werden diese Bewegung bis in alle Ewigkeit mit einem Gefühl des Wohlbefindens verbinden. Außerdem schnurren sie nicht nur, wenn sie zufrieden sind. Sie schnurren auch, wenn sie unter Stress stehen und sich beruhigen wollen.

Da die Frau nun deutlich sehen und spüren konnte, was auf dem Spiel stand, fragte ich, was sie gegen das Unsauberkeitsproblem unternommen hatte. Sie antwortete, sie habe den Rat ihres Tierarztes befolgt und eine zusätzliche Katzentoilette aufgestellt. Ich wollte wissen, wo sie diese platziert hatte. Unmittelbar neben der ersten. Gab es noch weitere Katzen im Haushalt? Ja, da sei noch Arnold. Hatte sie bemerkt, dass Arnold gern an einem der Zugangswege zu den Katzentoiletten saß? Ja, er sitze oft im Flur gleich vor dem Schmutzraum, wo die Katzentoiletten standen.

Volltreffer! Die zusätzliche Katzentoilette hatte das eigentliche Problem – die Revierstreitigkeiten zwischen Arnold und Bagel – nicht beseitigt. Ich riet ihr, die Anzahl der Katzentoiletten von zwei auf drei zu erhöhen und sie an verschiedenen Orten, am besten in verschiedenen Räumen unterzubringen. Ich empfahl ihr dringend, die Stellen, an denen Bagel Urin abgesetzt hatte, gründlich von allen Gerüchen zu reinigen, und schilderte ihr die beste Methode. Ich gab ihr noch einige weitere Tipps, die ich auch Ihnen in den nächsten Kapiteln verraten werde. Die Frau dankte mir und legte auf. Eine Woche später meldete sie sich erneut, um zu berichten, dass Bagel zum ersten Mal seit acht Jahren die Katzentoilette benutzte. Ein paar Monate später stand sie in der Tierarztpraxis und fragte nach »dem Mädchen, das meine Katze und meine Ehe gerettet hat«. Als die Tierarzthelfer zu mir herübersahen, lief sie zu mir, umarmte mich und erzählte, Bagel sei wie ausgewechselt und käme zum ersten Mal auch mit Arnold wunderbar zurecht.

Da wusste ich, dass ich mich allmählich zwischen meiner Anstellung in der Tierarztpraxis und meiner Nebentätigkeit – der häuslichen Betreuung der Katzen meiner Klienten – entscheiden musste. Ich verbrachte so viel Zeit damit, die Fragen von Klienten zu beantworten und mich um ihre Katzen zu kümmern, dass ich mich fühlte, als hätte ich zwei Vollzeitjobs. Meines Wissens war ich die Einzige, die diese besondere Form der Betreuung anbot. Darum kündigte ich mit Anfang zwanzig meine »richtige« Stelle und machte mich selbstständig. Seither arbeite ich nur noch für Auftraggeber, die vier Beine haben und schnurren.

Verhaltenstherapie: Eine Lücke im Expertenangebot für Katzen

Ich war in der Lage, Bagels Besitzerin zu helfen, weil ich bei der Betreuung der Katzen meiner Klienten in ihrem heimischen Umfeld sehr viel gelernt hatte. Ich ging täglich ein- bis zweimal zu ihnen. Manchmal quollen bei meinem ersten Besuch die Katzentoiletten vor Kot und verklumptem Urin über. Ich machte umgehend sauber und reinigte sie auch bei allen weiteren Besuchen. Als meine Klienten zurückkamen, bedankten sie sich für die Reinigung der Katzentoilette. Sie dachten wohl, ich hätte ihnen nur ein wenig Arbeit erspart. Aber nach ein paar Tagen riefen sie an, um zu berichten: »Meine Katze macht ihre Häufchen nur noch ins Katzenklo!« Auf diese Weise lernte ich, wie wichtig eine saubere Katzentoilette ist.

In der Zeit, in der ich als Tierbetreuerin arbeitete, lernte ich noch viel mehr, meist durch Versuch und Irrtum. Schon als Kind konnte ich beim Anblick einer Katze nicht umhin, mich zu fragen: »Wenn ich eine Katze wäre, warum würde ich das tun?« Wenn ein Tier unsauber war, fragte ich mich: »Warum ignoriert sie die Katzentoilette? Ist der Zugang versperrt? Ist sie zu dick? Wird sie eingeschüchtert?«

Ich beobachtete und stellte Zusammenhänge her.

Ich wurde Expertin im Lesen der Körpersprache von Katzen. Ich wusste sofort, wenn sie gestresst waren, und verstand allmählich, ob es an ihrem Umfeld, an einem Artgenossen oder an beidem lag. Offiziell versorgte ich die Katzen, aber ich betätigte mich dabei gewissermaßen auch als Innenarchitektin. Ich nahm kleinere Veränderungen in den Häusern und Wohnungen meiner Klienten vor, die den Bedürfnissen ihrer Tiere entgegenkamen. (Wenn jemand länger auf Reisen war, veränderte ich sogar noch mehr.) Das Problemverhalten der Katzen verschwand. Bei ihrer Rückkehr waren die Besitzer überrascht von der Besserung des Verhaltens ihrer Tiere und entwickelten mir gegenüber eine unerschütterliche Loyalität. Im Laufe der Jahre kam meine Arbeit im Grunde einer Längsschnittstudie mit vielen tausend Katzen gleich, bei der ich verfolgte, wie sich bestimmte Veränderungen in ihrem Lebensumfeld auf ihr Verhalten auswirken.

Nehmen wir zum Beispiel die Maine-Coon-Katzen, die über ein Jahr lang ihre Häufchen überall, nur nicht in der Katzentoilette abgesetzt hatten. Ihr Besitzer hatte sich geweigert, meinen Rat zu befolgen und eine räumliche Trennung von Katzentoiletten und Futterplatz vorzunehmen. »Sie mögen es, wenn ihr Futter im Bad neben den Katzentoiletten steht«, beharrte er. Mein Instinkt sagte mir etwas anderes. Ich hatte dem Mann auch geraten, für diese großen Tiere entsprechend große sowie zusätzliche Katzentoiletten zu besorgen, aber irgendwie kam er nie dazu. Dann fuhr er drei Wochen weg. In dieser Zeit schuf ich ein Katzenparadies, in dem alle Tiere ausschließlich die Katzentoilette benutzten.

»Wie haben Sie das gemacht?«, fragte er bei seiner Rückkehr.

»Ich habe meinen Rat befolgt.« Was er daraufhin ebenfalls tat.

Ich wusste nicht immer genau, wodurch das Problem ursprünglich entstanden war, aber ich konnte fast immer nachweisen, dass es größtenteils umweltbedingt war. Verändert man die Lebensumstände einer Katze, verändert man auch ihr Verhalten.

Viele Klienten berichteten, ihre Katzen seien aggressiv und würden sie beißen oder Artgenossen hetzen. Andere erzählten, ihre Tiere versteckten sich, seien »schüchtern« oder »ängstlich«. Aber wenn ich die Gelegenheit bekam, ihr Lebensumfeld so zu verändern, wie ich es Ihnen in diesem Buch zeigen werde, waren sie ruhig, glücklich und ausgesprochen freundlich zu Menschen und Artgenossen.

Meine Klienten riefen ein paar Stunden nach ihrer Rückkehr an und sagten: »Ich weiß nicht, wie Sie das hinbekommen haben. Meine Katze ist auf einmal wie ausgewechselt. Sie ist so selbstbewusst und freundlich, so liebevoll und zärtlich. Wie haben Sie das nur gemacht?«

Ich brachte Katzen sogar zum Spielen. Ein erschreckend hoher Prozentsatz meiner Klienten erklärte mir feierlich, ihre Katzen würden nicht spielen. Einige von ihnen demonstrierten es mir sogar – indem sie der Katze mit dem Spielzeug im Gesicht herumfuchtelten. Aber wie es scheint, haben Katzen im Laufe ihrer Entwicklung gelernt, dass nur etwas Ungenießbares einem Raubtier ins Gesicht springt. Um eine Katze zum Spielen zu verführen, muss man also den Eindruck erwecken, das Spielzeug würde vor ihr fliehen.

Wieder andere erklärten: »Alle meine Katzen fressen vom selben Teller.« Ich ignorierte ihre Anweisung und fütterte die Tiere einzeln. Dies ist eine Frage grundlegender Katzenpsychologie, aber es ist besonders wichtig, wenn die Tiere offen miteinander konkurrieren oder es ihnen sichtlich unangenehm ist, aus demselben Napf zu fressen. Nach der Rückkehr fragten die Besitzer stets: »Warum schlafen unsere Katzen auf einmal nebeneinander? Das haben sie früher nie gemacht. Wie haben Sie den Streit zwischen ihnen geschlichtet?« Indem ich die Rivalität beseitigte, löste ich auch das Aggressionsproblem.

Inzwischen mache ich seit fast zwei Jahrzehnten Telefonberatungen und Hausbesuche, um Verhaltensauffälligkeiten bei Katzen zu beheben. Dabei habe ich unschätzbar wertvolle Erfahrungen gesammelt. Abgesehen von meinen Beobachtungen wild lebender Katzen als Kind, sind in den letzten zwanzig Jahren über 33000 Stunden zusammengekommen, in denen ich Katzen beobachtet und die Berichte meiner Klienten über ihr Verhalten studiert habe. Eine Psychologin, die 22 Jahre damit verbringt, fünfzig Wochen im Jahr den Berichten von je dreißig Klienten in der Woche zu lauschen (was sich nicht mit der weitaus nützlicheren Beobachtung des Verhaltens vergleichen lässt), käme auf eine ähnliche Zahl. Ich habe dieses Buch geschrieben, um dieses Wissen an Sie und Ihre Katzen weiterzugeben.

Die Cat Behavior Clinic