Tiroler Offiziere in der königlich-bayerischen Armee. 1806–1814 - Hans Untergasser - E-Book

Tiroler Offiziere in der königlich-bayerischen Armee. 1806–1814 E-Book

Hans Untergasser

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Beschreibung

Diese Publikation gibt Forschungsergebnisse von Recherchen in bisher unberücksichtigten Quellen in den öffentlichen Archiven von Tirol und Bayern wieder. Erstmalig wird hier das königlich-bayerische Tiroler Jäger-Bataillon, das spätere 7. leichte Infanterie Bataillon, in seiner Zusammensetzung sowie mit seinen Einsätzen in Bayern und Tirol 1809 vorgestellt. Tiroler Offiziere, die freiwillig diesem Bataillon oder auch anderen bayerischen Einheiten beitraten, wird in den erarbeiteten Biogrammen breiter Raum gegeben. Dieses prosopographische Datengerüst ermöglicht neue Einblicke in gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge der Bevölkerung Tirols zu "anno neun". Die bisher fehlende Behandlung dieses Themas lässt sich auf Josef Hirns bewusst verkürzte Darstellungen und gezielte Ausblendung von Hinweisen auf Tiroler im königlich-bayerischen Militär zurückführen.

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Seitenzahl: 714

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Hans Untergasser

Tiroler Offiziere in der königlich-bayerischen Armee 1806–1814

 

 

Die Schlern-Schriften werden seit 2016 von Julia Hörmann-Thurn und Taxis und Leo Andergassen herausgegeben.

Schlern-Schriften 378

 

 

 

 

 

Die Schlern-Schriften wurden 1923 von Raimund von Klebelsberg (1886–1967) begründet und nach dessen Tod bis Band 289 von Franz Huter (1899–1997) betreut; 1992–2015 hatten Marjan Cescutti und Josef Riedmann die Herausgeberschaft inne.

Hans Untergasser

Tiroler Offiziere in der königlich-bayerischen Armee 1806–1814

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einführung

Forschungslage und Methode

Richtlinien zu den Quellenzitaten

Abkürzungsverzeichnis

Häufige Fachbegriffe

Das Königreich Bayern

Der Übergang Tirols an das Königreich Bayern

Das Militär im Königreich Bayern

Das Generalkommando in Tirol

Aufstellung des Tiroler Jäger-Bataillons 1807

Die Zusammensetzung des Offizierskorps

Das Militärstrafrecht von 1806 bis 1813

Desertion in der königlich-bayerischen Armee

Die Desertion – Ursachen und Motive

Das Tiroler Jäger-Bataillon und der Justizfall Poyck

Zusammenfassung zur Desertion

Der Fünfte Koalitionskrieg 1809

Die Ausgangslage des Bataillons 1809

Ausbildung

Die Gliederung des Bataillons im April 1809

Kantonierung zu Beginn des Krieges 1809

Erster Einsatz bei Landshut und Gammelsdorf.

Schwere Verluste bei Schierling

Gefecht bei Thalmassing

Einsätze gegen den Tiroler Aufstand 1809

Erster Wiedereinmarsch nach Tirol im Mai

Das Tagebuch des Cornel Schwarz zu Fügen im Zillertal

Bergisel-Treffen am 25. und 29. Mai 1809

Streifzüge der Aufständischen nach Bayern

Zweiter Wiedereinmarsch nach Tirol im Juli

Das Bataillon von September bis Dezember 1809

Das Bataillon als Teil der Besatzung Salzburgs

Die Zusammensetzung der Mannschaft im Dezember 1809

Eine Hauptabrechnung des Bataillons

Bayerische und französische Militärauszeichnungen

Die Zeit nach 1809 bis zur Auflösung des Bataillons 1811

Der Abzug aus Tirol in die Garnison nach Ansbach

Einblicke in den Verwaltungsalltag des Bataillons

Die Auflösung des 7. leichten Infanterie-Bataillons

Zusammenfassung zum Bataillon

Der Anteil der Tiroler im königlich-bayerischen Offizierskorps

Das Offizierskorps des 7. leichten Infanterie-Bataillons

Kurzbiographien

Ergänzende Bemerkungen zum Offizierskorps des 7. leichten Infanterie-Bataillons

Tiroler Offiziere in anderen Einheiten der königlich-bayerischen Armee von 1806–1814

Kurzbiographien

Ergänzende Bemerkungen zu Tiroler Offizieren in anderen Einheiten der königlich-bayerischen Armee

Betrachtungen zu allen Tiroler Offizieren im königlich-bayerischen Militär

Gesuche und Anstellungen

Der Zeitpunkt des Eintritts in die königlich-bayerische Armee 1806–1814

Einsätze bis 1814

Gründe für den Austritt aus der königlich-bayerischen Armee nach 1814

Gründe für den Verbleib in der königlich-bayerischen Armee

Zusammenfassung zu den Offizieren

Forschungsgeschichte zum Tiroler Jäger-Bataillon

Josef Hirn und seine Perspektive

Rezeption des Themas nach Josef Hirn

Zusammenfassung

Anhang

Gedruckte und transkribierte Dokumente

Tabellarische Biogramme zum 7. leichten Infanterie-Bataillon

Zeittafel zum Tiroler Jäger-Bataillon

Ungedruckte Quellen

Gedruckte Quellen

Literatur

Personenverzeichnis

Ortsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Vorwort

Das vorliegende Buch verdankt sein Entstehen dem Fund eines Assentierungsblattes der königlich-bayerischen Armee vom Januar 1809 im Staatsarchiv Bozen. Die Suche nach der Geschichte des darin angeführten Tiroler Jäger-Bataillons in der bis 2009 umfangreich angewachsenen Literatur blieb unbefriedigend. In Josef Hirns Standardwerk „Tirols Erhebung im Jahr 1809“ von 1909 wird zwar die Aufstellung des Jäger-Bataillons 1807 und seine Verlegung 1808 nach Augsburg knapp dargelegt, jedoch dessen Existenz ab dem Beginn des Fünften Koalitionskrieges und dem Tiroler Aufstand vollkommen ausgeklammert. Die Einsätze dieser Einheit mit Tiroler Offizieren und Mannschaften finden keine weitere Erwähnung mehr. Erste Ergebnisse meiner Nachforschungen auf der Basis vorläufig nur gedruckter Quellen wurden von mir in dem Aufsatz „Das königlich-bayerische Tiroler Jäger Bataillon“ 2013 veröffentlicht.1 Als wichtigstes Ergebnis konnte ich nachweisen, dass das Tiroler Jäger-Bataillon, 1808 umbenannt in 7. leichtes Infanterie-Bataillon, im Jahr 1809 mit überwiegend tirolischer Mannschaft gegen Österreich und gegen die aufständischen Tiroler zum Einsatz kam. Offen blieb aber die Frage, warum Josef Hirn, der einflussreichste Historiker zu den Geschehnissen von 1809, die ihm bekannte Rolle dieses Bataillons bei den Ereignissen von 1809 gänzlich unterdrückte.

Darüber hinausgehende Kenntnisse zum Bataillon und zu seinem Offizierskorps versprachen die Forschungen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Abteilung IV, Kriegsarchiv in München. Diese Möglichkeit erschloss sich mir nach Beendigung meines Berufslebens 2016. Das in mehrjähriger Forschungsarbeit ausgewertete umfangreiche Quellenmaterial wird mit seinen Ergebnissen in diesem Buch vorgestellt. Dabei handelt es sich nicht um eine typische „Regimentsgeschichte“ bzw. „Bataillonsgeschichte“, sondern um eine kritische Aufarbeitung der Geschichte dieser nur vier Jahre (1807–1811) bestehenden militärischen Einheit im Spannungsfeld der Ereignisse von 1809. Außerdem konnte die bisher unbeachtet gebliebene Bereitschaft der bürgerlichen wie adeligen Gesellschaft Tirols, sich ab 1806 im bayerischen Offizierskorps zu engagieren, an einer Vielzahl von Biographien erstmals herausgearbeitet werden.

Dank zu sagen ist Roland Sila (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck) für die vorgezogene Digitalisierung des Tagebuchs von Johann Stettner, Johann Bergmeister für seine Übersetzungen aus dem Italienischen sowie Rudolf Trenkwalder für seinen bestärkenden Zuspruch. Den Mitarbeitern des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München (Abteilung IV, Kriegsarchiv) danke ich für die Unterstützung bei der Hebung des Quellenmaterials, insbesondere Herrn Reinhard Kirner für seine stete Hilfsbereitschaft und die vielen weiterführenden Hinweise. Beatrice Hermanns gebührt mein Dank für ihren Einsatz bei der Korrektur und dem Lektorat. Sehr zu danken habe ich der Herausgeberin der Schlern-Schriften Julia Hörmann-Thurn und Taxis für die umfangreiche Redaktionsarbeit und die Aufnahme in die Reihe. Brigitte Mazohl danke ich für ihre einschätzende Bewertung und Fürsprache zur Veröffentlichung in den Schlern-Schriften sowie Elisabeth Waldhart, die für den Universitätsverlag Wagner die professionelle Betreuung übernommen hat. Der abschließende Dank gilt meiner lieben Ehefrau Angelika, die mich in all den Jahren der Ausarbeitung beharrlich unterstützt hat.

 

Filderstadt, im August 2025 Hans Untergasser

_______________________

1Untergasser, Tiroler Jäger Bataillon, 4–31.

Einführung

Forschungslage und Methode

Der Titel „Tiroler Offiziere in der königlich-bayerischen Armee 1806–1814“ benennt das Thema sowie den zeitlichen Rahmen dieser quellenbasierten Arbeit. Ausgangspunkt war mein 20132 veröffentlichter Aufsatz, der den Wunsch reifen ließ, dieses Thema zu vertiefen. Außerdem beschäftigte mich die Frage, warum Josef Hirn die Existenz dieser Einheit im Aufstandsjahr 1809 leugnete. Dies hatte zur Folge, dass dieser Aspekt in der wissenschaftlichen Aufarbeitung dieser Zeit bis heute nicht behandelt wurde. Einen weiteren neuen Forschungsschwerpunkt stellt die Frage nach der Desertion in der königlich-bayerischen Armee dar. Wie sah die Gesamtsituation in den einzelnen Infanterie-Regimentern und -Bataillonen aus? Welche Ursachen und Schwerpunkte lassen sich ermitteln und wie stellt sich die Situation beim Tiroler Jäger-Bataillon dar? Den dritten Schwerpunkt bilden die Offiziere und Offiziersanwärter. Aufschlussreich sind die gewonnenen Erkenntnisse zu ihrem Selbstverständnis unter den neuen Herrschaftsverhältnissen in Tirol, ihren Beweggründen, in die königlich-bayerische Armee einzutreten, und zu ihrer Loyalität zum bayerischen Königshaus. Damit unterscheidet sich die Haltung der großteils aus dem städtischen Milieu stammenden Offiziere und Offiziersanwärter zur bayerischen Herrschaft von jener der ländlichen und agrarisch geprägten Bevölkerung. Im Aufstandsjahr 1809 vertieften sich diese Differenzen zwischen Städtern und Landbevölkerung.3

Erstmals werden mit dieser Monographie bisher unberücksichtigte Aspekte der Militärgeschichte Tirols aus der Zeit der bayerischen Herrschaft von 1806 bis 1814 präsentiert. Das 1807 errichtete Tiroler Jäger-Bataillon wird detailliert in den Bereichen Aufstellung, Zusammensetzung, Ausbildung, Verlegung nach Augsburg 1808 sowie seinem Einsatz gegen Österreich und in Tirol 1809 vorgestellt.

Im biographischen Teil sind gebürtige Tiroler und Vorarlberger Offiziere im königlichbayerischen Offizierskorps aufgenommen. In vielen Fällen war es möglich, durch die Zitierung ihrer Anschreiben, sie selbst zu Wort kommen zu lassen. Diese Selbstauskünfte ermöglichen authentische Beschreibungen der individuellen Lebenswirklichkeiten. Damit wird einer weiterführenden prosopographischen Forschung ein erstes kleines Nachschlagewerk bereitgestellt, wobei auch die darin dokumentierten verwandtschaftlichen Familienverflechtungen und die soziale Vernetzung der Offiziere für weiterführende Forschungen wichtiges Material liefern können.

Die Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol mit dem Schwerpunkt „Anno Neun“ ist in der Geschichtsschreibung umfangreich bearbeitet. Die Probleme, die mit der militärischen Eingliederung Tirols entstanden, wurden als Mitursache des Aufstandes in der Forschung regelmäßig berücksichtigt. Hingegen fehlen moderne Forschungen zum Tiroler Jäger-Bataillon bzw. zum 7. leichten Infanterie-Bataillon und seinen Tiroler Offizieren. Immer noch ist diesbezüglich Josef Hirns Arbeit von 1909 maßgeblich.

Zweifellos zählt Josef Hirn zu den bedeutendsten Autoren zu den Ereignissen von 1809 und ihrer Wirkungsgeschichte. Mit seinem Werk „Tirols Erhebung im Jahre 1809“ hat er Grundlegendes zu diesem Thema erarbeitet. In dem 27-seitigen Kapitel „Die Militärstellung“ schildert er das Verhältnis der Tiroler zum Militärdienst in der Zeit von Kaiser Joseph II. bis zu den bayerischen Konskriptionsversuchen vor Beginn des Fünften Koalitionskrieges. Erstreckte sich sein Bericht über die Einrichtung der Bürgerwehr mit seinen Mitgliedern noch über vier Seiten, so schrieb er ganze 14 Zeilen Fließtext mit ergänzenden Fußnoten über das aus Freiwilligen zu bildende Tiroler Jäger-Bataillon. Mit dem Marsch des Bataillons von Tirol nach Augsburg 1808 schließt er seine diesbezügliche Darstellung.4 Seine Ergebnisse wurden ohne erneute Quellenarbeit in späteren Arbeiten übernommen. Das Thema wird zwar in anderen militärhistorischen Zusammenhängen vereinzelt aufgenommen, eine eigenständige Studie zum Tiroler Jäger-Bataillon gibt es aber nicht.

Ein wichtiger Gewährsmann Hirns war Joseph Rapp, ein Zeitgenosse und Akteur der Ereignisse von 1809, den er einige Male zitiert. In seinem Buch „Tirol im Jahre 1809“ (1852) berichtet Rapp beispielsweise vom Tod des königlich-bayerischen „Leutnants Martini“ bei der Erstürmung Innsbrucks im April sowie vom Einsatz des Bataillons im Mai 1809 in Tirol.5 Ein weiterer wichtiger Autor ist Baron Gedeon Maretich von Riv-Alpon mit seinen Werken über die Bergisel-Schlachten.6 Darin sind ebenfalls die Einsätze des Bataillons in Tirol erwähnt, was Hirn aber nicht übernahm. In seinen detailreichen Schilderungen berichtet Maretich unter anderem von einem gefangen genommenen Leutnant Bauernfeind. Mit Martini und Bauernfeind werden zum ersten Mal, vermutlich unbewusst, Tiroler Offiziere in der Literatur angeführt. Die Erwähnung des Leutnants Martini, der allerdings nicht zum 7. leichten Infanterie-Bataillon gehörte, war ein erster Ansatzpunkt für die Recherche nach weiteren Tiroler Offizieren in anderen Einheiten der königlich-bayerischen Armee.

Von Seiten der bayerischen Geschichtsforschung behandelt Margot Hamm in ihrem Buch „Die bayerische Integrationspolitik in Tirol 1806–1814“ im Kapitel „Die militärische Eingliederung Tirols“ die Probleme Bayerns mit der Militärstellung in Tirol.7 Sie stützt sich auf Quellen des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München. Zum Thema Tiroler Jäger-Bataillon bezieht sie sich jedoch nur auf Josef Hirns knappe Darstellung. Für die Forschung äußerst hilfreich sind ihre tabellarischen Auflistungen der 48 bayerischen Landgerichte in Tirol. Dort sind die jeweiligen Landrichter, Aktuare, Assessoren und Adjunkte angeführt. Zu den Personalangaben gehört auch die Herkunft der Beamten. Da anzunehmen war, dass viele Tiroler Offiziere aus den Familien der Beamtenschaft stammten, war damit eine vielversprechende Grundlage gegeben.

Zum Gedenkjahr 2009 setzte Martin Schennach mit seinem auf einer breiten Themenbasis aufbauenden Buch „Revolte in der Region“8 neue Maßstäbe. Das Tiroler Jäger-Bataillon ist bei ihm kein Themenpunkt. Kritisch weist er bei Josef Hirn auf verschiedene Ungenauigkeiten sowie auf dessen fehlende Stellungnahme zur Legitimation des Aufstandes hin.

Insgesamt kann der bisherige Forschungsstand zum Tiroler Jäger-Bataillon und den Tiroler Offizieren der königlich-bayerischen Armee nur als unzureichend bezeichnet werden. Als Forschungsthema schien es bisher kein Interesse gefunden zu haben bzw. wurde absichtlich nicht behandelt, wie es für Josef Hirn vermutet werden kann. Das machte neugierig und war mit ein Anstoß, das Thema aufzugreifen und zunächst in dem bereits erwähnten Aufsatz von 2013 („Das königlich-bayerische Tiroler Jäger Bataillon“) zu behandeln. Damit war ein erster Schritt getan, die Lücke ansatzweise zu schließen. In der vorliegenden Ausarbeitung konnten über die erwähnten neuen Ansatzpunkte erstmals umfangreich weitere Tiroler Offiziere in der gesamten königlich-bayerischen Armee nachgewiesen werden. Damit war die erweiterte Ausrichtung, weg von der reinen Objektbetrachtung der Truppenkörper hin zur Erforschung der dahinterstehenden Persönlichkeiten, vorgezeichnet.

Meine Forschungsergebnisse beruhen größtenteils auf dem umfangreichen Quellenbestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs IV, Kriegsarchiv in München. Relevant für die Ereignisgeschichte dieses Krieges sind die Akten B – Feldzug „Krieg gegen Österreich und in Tirol 1809“. In den Akten A III Dienstliche Verhältnisse der Offiziere 1800–1823–1844 befinden sich unter A III 4. die Unteroffiziers- und Offizierspersonalakten. Die Aktenserie der Altsystematik A VI 4e zum aufgelösten 7. leichten Infanterie-Bataillon umfasst die Quartalszahlungslisten über vier Jahre, für jede Kompanie und vom Kommandeur bis zum Gemeinen. Weiter enthalten sie das Zu- und Abgangsverzeichnis des Bataillons von 1807–1811, vereinzelt Assentierungsblätter zur Anstellung im Bataillon, Schriftverkehr des Bataillons, Hauptabrechnungen mit Zeughäusern, Lieferanten, zu Dienstreisen und anderem.

Da die Familiennamen in den Zahlungslisten häufig phonetisch niedergeschrieben wurden, war eine Identifizierung oft nur mit Hilfe weiterer Quellen möglich. Durch den Abgleich von Dienstrang und Rangposition über mehrere Quartale konnten Unklarheiten und Widersprüche, zumindest bei den Offizieren und Unteroffizieren, in der Regel geklärt werden. Die Zahlungslisten informieren über die Charge einer Person, ihren Zu-/Abgang zu/von einer Einheit sowie ihre Präsenz, Löhnung, Lazarettaufenthalt und Urlaub, jeweils in Tagen. Mit den gewonnenen Daten konnten Aussagen der bisherigen Literatur überprüft, ergänzt und zum Teil richtiggestellt werden. Mannschaftsstärke, Anzahl der Deserteure sowie auch Zeitpunkte und Orte, wo sich das Bataillon oder einzelne seiner Kompanien befanden, konnten damit erstmals genau belegt werden.

Die Suche nach den Tiroler Offizieren wurde durch zwei Vorgaben begrenzt. Zum einen mussten sie in Tirol geboren sein, zum anderen während der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol als Offizier eingetreten oder zum Offizier befördert worden sein. Nicht zu diesem Kreis gehören die in den Publikationen zum Aufstandsjahr 1809 in Tirol bereits vereinzelt genannten Tiroler, die in der Zeit vor 1806 in der kurpfalz-bayerischen Armee dienten. Dies waren vor allem in den höheren Diensträngen Offiziere aus den Häusern der Grafen von Thurn und Taxis, Arco, Lodron und Spaur.

Die Forschung nach den Tiroler Offizieren begann im Tiroler Jäger-Bataillon, dessen gesamtes Offizierskorps untersucht wurde. Basis waren die Personalakten der Offiziere mit den Kurzzusammenfassungen der persönlichen und dienstlichen Verhältnisse. Äußerst knapp werden Name, Geburtsdatum und Geburtsort angegeben. Ergänzt werden sie in der Regel mit stichwortartigen Notizen wie Religionszugehörigkeit, Bildungs- und Familienstand, Vermögensverhältnisse sowie Stand der Eltern. Wenn die Namen der Eltern fehlten, konnten sie bei den in Tirol geborenen Offizieren in vielen Fällen über die Kirchenbücher ermittelt werden. Die meisten Offiziere wurden auf ihre Bewerbung hin direkt eingestellt. Andere, die den Wunsch und die Befähigung zum Offizier besaßen, ließen sich freiwillig als gemeiner Soldat einstellen und wurden in der Folge zügig zum Unteroffizier und nachfolgend zum Offizier befördert. Da zu den wenigsten Unteroffizieren Personalakten vorliegen, musste auf Verdacht mit den Namen der Korporäle und Sergeanten nach gleichnamigen Offizierspersonalakten gesucht werden. Bei einer Anzahl von ca. 2.600 Unteroffizieren für diesen Untersuchungszeitraum, die damit in etwa doppelt so hoch lag wie jene der Offiziere, konnte dies für das Tiroler Jäger-Bataillon komplett, sonst aber nur in Einzelfällen durchgeführt werden.

Außerhalb dieses Bataillons verlief die Suche nach Tiroler Offizieren nach mehreren Suchmustern. Zentrale Hauptquelle waren die gedruckten Armee-Befehle, über die sich Namen, Dienstrang und Einheiten finden ließen. Der Einstieg über die Suche nach Einheiten, die in Tirol stationiert waren, zeigte sich beim Auswerten der Offizierspersonalakten als besonders ergiebig. Ein weiteres Muster war die Suche direkt über Namen im Verzeichnis der Personalakten. Die fallweise Einzelprüfung erfolgte bei Adeligen hauptsächlich nach der Tiroler Adelsmatrikel und bei Bürgerlichen nach Tiroler Familien aus dem Kreis der Beamtenschaft.

Die Wiedergabe der allgemeinen und insbesondere der militärischen Ereignisgeschichte erfolgte zur notwendigen Orientierung nur knapp. Geschehnisse wurden immer dort akzentuiert dargestellt, wo das Tiroler Jäger-Bataillon, respektive das 7. leichte Infanterie-Bataillon, hervortrat oder diese die Kurzbiographie der Offiziere ergänzen konnten.

Im ersten Hauptkapitel über das Königreich Bayern wird der Übergang Tirols an das Königreich Bayern kurz beschrieben. Einzelne Punkte zu den politischen Rahmenbedingungen unter Napoleon, wie zum Beispiel der Staatshaushalt im Falle eines Krieges, werden hier behandelt. Nachfolgend wird auf die bayerische Armeestruktur eingegangen, die mit der Verordnung zur Heeresergänzung von 1805 sowie der neuen Truppengliederung nach französischem Vorbild wesentliche Veränderungen erfuhr. Der Abschnitt über das Generalkommando in Tirol führt direkt auf das Hauptthema des Buches zu. Hier werden die ersten Offiziere vorgestellt, die sich vor der Anwerbung für das Tiroler Jäger-Bataillon 1807 freiwillig um eine Offiziersstelle bewarben. Nachfolgend wird die Aufstellung des aus freiwilligen „National Tirolern“ zu errichtende Jäger-Bataillon beschrieben. Dass diese Einheit nicht nur aus Freiwilligen bestand, wird durch die zwangsweise eingereihten „müßigen Burschen“, desertierten Tirolern aus der österreichischen Armee sowie aus bayerischen Unteroffizieren und Mannschaften im Einzelnen dargelegt.

Dem Militärstrafrecht und dem Problem der Desertion in der königlich-bayerischen Armee wurde breiter Raum eingeräumt. Um die Gründe für die unterschiedlichen Desertionsraten in allen bayerischen Infanterieeinheiten, einschließlich des Tiroler Jäger-Bataillons, herausarbeiten zu können, wurde nach allgemeinen wie besonderen Ursachen geforscht. In Einheiten mit den höchsten Desertionsraten ließen sich anhand besonderer Vorfälle und Umstände offensichtliche Zusammenhänge zu ihren Desertionsspitzen ermitteln. Beim Tiroler Jäger-Bataillon stellte sich der Justizfall Karl Joseph Poyck mit den Misshandlungen der Mannschaften seiner Kompanie als eine von mehreren Ursachen heraus. Die enge Verknüpfung seines persönlichen Werdegangs mit der Aufstellung des Tiroler Jäger-Bataillons ließ ein detailliertes Eingehen auf seine Person an dieser Stelle der Ausarbeitung als geboten erscheinen. Der Wandel von der kurpfalz-bayerischen zur königlichbayerischen Armee, das angewandte Militärstrafrecht, die gesundheitliche Fürsorge des Staates für seine Offiziere, der Wechsel von der Militär- zur Zivilanstellung und anderem kann an der Person Karl Joseph Poycks exemplarisch aufgezeigt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Desertion beim Tiroler Jäger-Bataillon werden in der abschließenden Gesamtbetrachtung mit anderen königlich-bayerischen Einheiten verglichen.

Das zweite Hauptkapitel über den Fünften Koalitionskrieg geht zuerst auf die inneren Verhältnisse des Bataillons ein. Nach den Gründen zur Verlegung von Tirol nach Bayern folgen detaillierte Schilderungen zur Ausbildung und zum Stand der Waffentechnik. Wie sich der Personalstand der 1808 in 7. leichtes Infanterie-Bataillon Günter umbenannten Einheit im März 1809 darstellte, konnte anhand der Zahlungslisten im Einzelnen aufgezeigt werden. Weitere Schwerpunkte stellen die Einsätze des Bataillons Günter zu Beginn des Krieges gegen die Österreicher südlich von Regensburg bei Schierling und Thalmassing dar. Darauf folgen ihre Einsätze in Tirol im Mai und August 1809 in Innsbruck.

Das nächste Kapitel schildert die Zeit bis 1811, als das Bataillon aufgelöst wurde. Anhand von Gesuchen um Versetzung in andere Einheiten oder Anstellung im zivilen Bereich wird der Verwaltungsalltag beschrieben. Durch Anfragen bei den Landgerichten wurden die Angaben der Soldaten in den Assentierungsblättern überprüft sowie Auskünfte zum konfiszierbaren Vermögen von Deserteuren eingeholt. Die abschließende Zusammenfassung dieses vier Jahre bestehenden königlich-bayerischen Bataillons umfasst die Chronologie seiner Aufstellung und seine Zusammensetzung.

Das vierte Hauptkapitel, das sich mit dem Anteil der Tiroler im königlich-bayerischen Offizierskorps beschäftigt, wurde dreiteilig angelegt. Im ersten Teil werden sämtliche Offiziere des behandelten Bataillons in Kurzbiographien, unabhängig von ihrer Herkunft, vorgestellt. Diese erste Gruppe von Offizieren liegt vollständig in den Quellen vor. Im zweiten Teil folgen die Offiziere mit Tiroler oder Vorarlberger Herkunft, die in den verschiedenen Einheiten der königlich-bayerischen Armee zwischen 1806–1814 tätig waren. Abschließend werden sämtliche Tiroler und Vorarlberger Offiziere aus den beiden vorherigen Teilen gemeinsam nach ausgewählten sozialen Aspekten untersucht und nach gemeinsamen Merkmalen zusammengefasst. Sind die Kurzbiographien wegen fehlenden Quellenmaterials teilweise nur von geringem Umfang, so konnten doch zu einigen Offizieren umfangreiche biographische Erkenntnisse gewonnen werden. Mit den Lebenszeugnissen der 54 dargestellten Offiziere stehen Quellen zu weiteren prosopographischen Forschungen bereit.

Richtlinien zu den Quellenzitaten

Zitierte Texte aus Originalquellen werden in Kursivschrift und weitgehend buchstabengetreu wiedergegeben. Abkürzungen wurden überwiegend aufgelöst.

Zitate aus Druckwerken oder Einzelblättern wie Flugschriften werden unverändert in Anführungszeichen übernommen.

Abkürzungsverzeichnis

AStBz

Archivio di Stato di Bolzano/Staatsarchiv Bozen

Baon.

Bataillon

BayHStA

Bayerisches Hauptstaatsarchiv (München)

Brig.

Brigade

ca.

circa

Fasz.

Faszikel

f.

auf den folgenden Seiten

fl.

Gulden

franz.

französisch

geb.

geboren

HNr.

Hausnummer

Hg.

Herausgeber

Inf.

Infanterie

k.b.

königlich-bayerisch

K.B.R.

Königlich-Baierisches Regierungsblatt

k. k.

kaiserlich-königlich

kr.

Kreuzer

leicht. Inf. Baon.

leichtes Infanterie-Bataillon

Lin. Inf. Reg.

Linien-Infanterie-Regiment

OP

Offizierspersonalakte

russ.

russisch

SLA

Südtiroler Landesarchiv (Bozen)

StAAM

Staatsarchiv Amberg

TLA

Tiroler Landesarchiv (Innsbruck)

TLMF

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Innsbruck)

UOP

Unteroffizierspersonalakte

vgl.

vergleiche

zit.

zitiert

Häufige Fachbegriffe

Angeführt werden die notwendigsten, überwiegend militärischen Fachausdrücke.9

Access

Zugang zu einem unentgeltlich zu leistenden Probejahr

Adjunkt

Gehilfe, hier militärisch Adjutant

à la suite

Erlaubnis, eine Uniform ehrenhalber ohne dienstliche Befugnisse tragen zu dürfen

assentiert

beim Militär Eingestellter

Attrappierte

Deserteure, die gewaltsam zur Armee zurückgeführt wurden

Auditor

oder Auditeur, Angehöriger der Militärjustiz

Dimittierte

rechtmäßig aus der Armee Ausgeschiedene

Dislokation

verteilte Unterbringung von Truppenteilen

equipieren

ausstaffieren, ausrüsten

Estafette

ein reitender Eilbote

Fourier

Unteroffizier, zuständig für die Verpflegung und Logistik

Fourierschütze

Bedienter eines Offiziers, der von ihm unterhalten wurde

Hauptmann

Zu Benennung und Rang der Hauptleute und Kapitäne galten in der königlich-bayerischen Armee zeitlich unterschiedliche Festlegungen. Die Klassenangabe bei der Ernennung wurde in der Regel später nicht jedes Mal angegeben.

ab 1807 Hauptmann

vor Kapitän

ab 1810 Kapitän 1. Klasse

vor Kapitän 2. Klasse

ab 1815 Hauptmann 1. Klasse

vor Hauptmann 2. Klasse

Hautboist

nach dem französischen Begriff für Oboe, Militärmusiker

Konduitenliste

Führungsliste, mit Lebenslauf, Fähigkeiten und moralischem Verhalten

Konskription

Erfassung der Wehrpflichtigen und deren fallweise Rekrutierung

Ouvrierkompanie

Kompanie von Militärhandwerkern

Pagerie

Bildungsanstalt für junge Adelige

Pikett

temporärer kleiner militärischer Vorposten, Feldwache

Pionier

Handwerker der Truppe, z. B. Zimmerleute

Primogenitur

Rechtsnachfolge nur des Erstgeborenen, im Erbrecht

Profos

Zuständig für die Strafverfolgung bzw. Strafvollstreckung

quiesziert

vorzeitig vom Amt entpflichtet

Ranzionierte

aus der Kriegsgefangenschaft gekommene, freigekaufte, ausgetauschte oder geflohene Militärangehörige

reassentiert

erneut beim Militär angestellt, bei Ausgedienten oder bei wieder eingekommenen Deserteuren

Rekognoszierung

militärische Aufklärung

Sappeur

Belagerungspionier, Truppenhandwerker

Sistierte

Deserteure, die freiwillig nach einer bestimmten Frist wieder zur Armee zurückkehrten

Tambour

a) Trommler für die Übermittlung der Befehlssignale,b) Teil einer Befestigungsanlage

_______________________

2Untergasser, Tiroler Jäger Bataillon.

3Heiss, Die Stadt ist ihnen ..., 174.

4Hirn, Tirols Erhebung 1809, 168.

5Rapp, Tirol im Jahre 1809.

6Maretich, Die zweite und dritte Berg Isel-Schlacht; Maretich, Die vierte Berg Isel-Schlacht.

7Hamm, Integrationspolitik in Tirol.

8Schennach, Revolte in der Region.

9Schoene, Militärisches Handbuch; Bayer, Wörterbuch zur Geschichte.

Das Königreich Bayern

Der Übergang Tirols an das Königreich Bayern

Mit dem Geheimvertrag von Bogenhausen verbündete sich Bayern am 25. August 1805 mit Frankreich und kämpfte im Dritten Koalitionskrieg an dessen Seite gegen Österreich. Nach dem Sieg Frankreichs in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz erhielt Bayern in dem am 10. Dezember 1805 geschlossenen französisch-bayerischen Vertrag von Brünn seine festgelegten Gebietszuwächse. Dies waren die Markgrafschaft Burgau, die vorarlbergischen Herrschaften, die Grafschaften Hohenems und Königsegg-Rothenfels, die Herrschaft Tettnang und Argen am Bodensee, weiter die Reichsstädte Lindau und Augsburg, die Reste der Hochstifte Passau und Eichstätt sowie, im Ausgleich für das an Frankreich abgetretene Herzogtum Berg, die Markgrafschaft Ansbach. Ferner musste Österreich im Friedensvertrag von Pressburg am 26. Dezember 1805 die Grafschaft Tirol, zusammen mit den seit 1803 mediatisierten ehemaligen Hochstiften Brixen und Trient, an das seit dem 1. Januar 1806 zum Königreich erhobene Bayern abtreten und sämtliche Gebietserweiterungen anerkennen.10 Die Schlussklausel des Artikels VIII in diesem Vertrag sicherte Tirol zu, dass es unter denselben Titeln, Rechten und Privilegien wie unter Österreich übernommen werden sollte.11

Laut einer bayerischen Erhebung von 1806 betrug der Zugewinn von 618.008 Einwohnern Tirols etwa ein Sechstel der 3,5 Millionen bayerischen Gesamtbevölkerung.12 Dies war in Bezug auf die Steuerleistungen und die zu stellenden möglichen Wehrmannschaften ein beträchtlicher Anteil für das Königreich Bayern, insbesondere hinsichtlich der eingegangenen Verpflichtungen Napoleons.

Bereits im Jahre 1801 hatte Napoleon, als Erster Konsul von Frankreich dem Gesandten des Kurfürstentums Bayern, Anton von Cetto, in einer längeren Unterredung seine Vorstellung zum Ausdruck gebracht, dass es im Interesse Frankreichs läge, die deutschen Mittelstaaten, und hier vor allem Bayern, als Pufferstaaten zu Preußen und Österreich so stark und mächtig als möglich zu machen.13

Nachdem die französischen Truppen unter Marschall Ney im Verlauf des Dritten Koalitionskrieges Anfang November 1805 die Österreicher unter ihrem Oberbefehlshaber Erzherzog Johann aus Tirol hinausgedrängt hatten, wurden die französischen Truppen ab dem 29. November 1805 durch bayerische Truppen unter Generalmajor Justus Heinrich Siebein ersetzt.14 Die offizielle Zivilübernahme der Fürstentümer Trient und Brixen sowie der gefürsteten Grafschaft Tirol erfolgte mit dem Besitzergreifungspatent vom 22. Januar 1806. Darin wurde entgegen früheren Schreiben an die Tiroler nur noch von der Gleichbehandlung mit den anderen Untertanen Bayerns, nicht mehr aber von deren bisheriger eigener Verfassung gesprochen.15 Noch am 14. Januar 1806 sicherte König Maximilian I. in einem Schreiben an die Landstände die Beibehaltung der Landesverfassung zu.

Vom bayerischen König erhielt Hofkommissar Carl Maria Reichsgraf von Arco am 22. Januar 1806 die Anweisung, dass in Tirol vorläufig nichts geändert und alles vermieden werden solle, was zu Beschwerden oder zu Gesuchen nach verbindlichen Versicherungen führen könnte, ... bis man alle Verhältnisse vollständig und gründlich übersehen kann.16 Nachdem Graf Arco als abgeordneter Hofkommissar am 6. Februar in Innsbruck eingetroffen war, wurde der 11. Februar als Termin für die Vornahme der Landesübergabe festgelegt. Sie erfolgte an diesem Tag in der Hofburg vor Vertretern der Stände und des bayerischen Militärs. Zuerst verlas der französische Kommissar General Villemanzy die Übergabeakte, danach der Vertreter der bayerischen Seite das Besitzergreifungspatent. Ein offener Punkt war die noch zu vollziehende genaue Grenzfestlegung zwischen Welschtirol und dem Königreich Bayern, die erst im Mai 1806 erfolgte.17

Ein anderer grundlegender Punkt betraf die Gründung des Rheinbundes unter dem Protektorat Napoleons am 12. Juli 1806, dessen 16 süd- und mitteldeutsche Fürsten, unter ihnen die Könige von Bayern und Württemberg, aus dem Reich austraten. Nachdem Kaiser Franz II. die Reichskrone am 6. August 1806 niedergelegt hatte, erlosch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Bayern konnte als Mitglied des Rheinbundes weitere Gebietszugewinne verzeichnen, unter denen die bisherige Reichsstadt Nürnberg den bedeutendsten Teil ausmachte.18

Durch die hinzugewonnenen Territorien ergaben sich für die Staatsfinanzen neue Ausgaben. Bei einer Gesamtverschuldung des Königreichs Bayern 1807 von 80,5 Millionen Gulden und rund 90 Millionen Gulden gegen Ende 1809 bewegte sich der Staat häufig an der Grenze zum Staatsbankrott. Die etatistische Haushaltsführung sah für das Haushaltsjahr 1808/09 Einnahmen von 25,6 Millionen und Ausgaben von 37,5 Millionen Gulden vor, wobei rund 20 % der Ausgaben allein auf den Schuldendienst entfielen.19

Der bevorstehende Krieg Frankreichs und seiner verbündeten Rheinbundstaaten gegen Österreich machte Anfang 1809 einen Nachtragshaushalt nötig. Die geschätzten Kosten wurden dem König in der Geheimen Staatskonferenz vom 1. März 1809 von seinem Finanzminister Johann Wilhelm von Hompesch zu Bolheim und seinem Kriegsökonomierat Johann Heinrich Kraus in unterschiedlicher Höhe vorgetragen. Der jährliche für Friedenszeiten angesetzte Etat für den gesamten militärischen Bereich, einschließlich aller Garnisonstruppen, Stäbe, Verwaltungen und Einrichtungen bei 48.000 Mann, betrug 6 Millionen Gulden. Für den Kriegsfall, wenn die Feldtruppen mit 30.000 Mann im Ausland eingesetzt würden, kam Hompesch auf ca. 8,6 und Kraus auf 11,1 Millionen Gulden und im Falle des Inlandeinsatzes kam wegen der Verpflegung auf Kosten Bayerns Hompesch auf ca. 9,2 und Kraus auf 14,4 Millionen Gulden Gesamtkosten. Zum Auffangen der zusätzlichen Mehrkosten entschied sich der König im Wesentlichen für den Vorschlag Hompeschs, wie 1805/06 eine zusätzliche Kriegssteuer einzuführen. In einigen anderen Punkten folgte er Krauses Überlegungen, der Umschichtungen und Einsparungen im bestehenden Etat vorschlug.20

Das Militär im Königreich Bayern

Schon vor der Erhebung des Kurfürstentums Bayern zum Königreich Bayern durch Napoleon strebte Kurfürst Maximilian IV. Joseph danach, den Umbau seines spätbarocken Feudalstaates zu einem modernen Verwaltungsstaat voranzutreiben. In Maximilian Joseph von Montgelas hatte er den idealen Berater und Minister, der in seinem Ansbacher Memoire vom 30. September 1796 für den Herzog die Ziele des innenpolitischen Reformprogramms vorlegte.21 Seine ersten militärischen Erfahrungen sammelte Kurfürst Maximilian IV. Joseph lange vor seinem Regierungsantritt als junger Offizier im vorrevolutionären Frankreich und als Oberst eines königlichen Regiments.22

Als größter Staat im Rheinbund war das Königreich Bayern verpflichtet, 30.000 Mann im Kriegsfall zu stellen, war aber durch seine direkte Lage als Pufferstaat zu Österreich von der Stellung von Truppen für den Krieg in Spanien (1807–1814), im Gegensatz zu anderen Rheinbundstaaten, entbunden. Das 1804 gegründete „Geheime Kriegsbüro“ wurde von Generalmajor Johann Nepomuk von Triva geleitet und unterstand König Maximilian I. Joseph, dem obersten Befehlshaber der Armee. Dort wurden alle das Militär betreffenden Angelegenheiten aufbereitet und dem König zur Entscheidung vorgelegt. Das „Geheime Kriegsbüro“ wurde mit Befehl vom 27. September 1808 aufgelöst und in das neu geschaffene Kriegsministerium unter Leitung des Generalleutnants von Triva überführt.23

Zur Beschleunigung und Verbreitung der militärischen Anordnungen wurden die Armee-Befehle seit dem 22. April 1807 in gedruckter Form herausgegeben. Nebenbei sollte damit eine verbindliche Schreibart der oftmals unterschiedlich angegebenen Namen vorgegeben werden.24 Die Bezeichnung „Armee-Befehl“ vermittelt leicht einen falschen Eindruck, denn sie betrafen nur in ganz wenigen Fällen Anordnungen im Sinne von Befehlen, meistens waren es Bekanntmachungen. Der für diese Ausarbeitung bedeutendste ist der Armee-Befehl 52, München, den 7. Mai 1807, zur Werbung des Tiroler Jäger-Bataillons. Er erstreckt sich über zwei Seiten und schließt, wie jeder andere Armee-Befehl dieser Zeit, mit Max Joseph und von Triva G.L. Keine der gedruckten Ausgaben, die eine bis mehrere Seiten umfassen konnten, war nummeriert. Die gruppenweise zusammengefassten Bekanntmachungen erschienen unter fortlaufenden Paragraphen. Jede Veränderung des Personalstandes bei den Offizieren wurde darin wiedergegeben, z. B. Anstellungen, Beförderungen, Versetzungen, Sterbefälle, Pensionierungen, Entlassungen, Auszeichnungen, Ordensverleihungen und Bestrafungen. Gemeine und Unteroffiziere wurden nur anlässlich von Auszeichnungen und Unteroffiziere bei einer Beförderung zum Offizier angegeben. Die Armee-Befehle dienten, wie die Königlich-Baierischen-Regierungsblätter, dem Dienstgebrauch der Abteilungs-Kommandeure der Armee und ihrer Unterabteilungen. Sie mussten jahrgangsweise, vollständig und sauber gebunden, vom jeweiligen Kommandeur der Dienststelle aufbewahrt werden.25 Die gedruckten Armee-Befehle wurden ausgabeweise komplett nachfolgend in der öffentlichen Presse wiedergegeben.

Die bayerischen Regimenter wurden nach französischem Vorbild in Divisionen und Brigaden gegliedert. So standen Bayern zu Beginn des Fünften Koalitionskrieges im April 1809 drei Divisionen mit jeweils zwei Infanteriebrigaden, einer Kavalleriebrigade und einer Artillerie-Abteilung zur Verfügung. Die Infanteriebrigaden gliederten sich in zwei Regimenter und ein leichtes Bataillon, die Kavalleriebrigaden ebenfalls in zwei Regimenter und die Artillerie-Abteilung in zwei Linienbatterien und eine leichte Batterie.26 Zu Beginn des Krieges 1809 wurden die drei bayerischen Divisionen als 7. Korps der Deutschlandarmee zusammengefasst und vom französischen Marschall François Joseph Lefebvre, Herzog von Danzig, befehligt.27

Die Heeresergänzung erfolgte gemäß der seit dem 11. Dezember 1799 gültigen Verordnung, die am 7. Januar 1805 auf alle neu hinzugekommenen Landesteile ausgeweitet wurde. Als Rekrutierungsdistrikte für die Armee wurden dazu im Großherzogtum Bayern elf Militärkantone, acht in Bayern, der oberen Pfalz und in Neuburg, zwei in Franken und einer in Schwaben, eingeführt. Danach konnten alle männlichen wehrfähigen Bayern im Alter von 16 bis 40 Jahren, mit Bevorzugung der 18- bis 36-jährigen, einberufen werden. Die Dienstzeit betrug acht Jahre, wobei ein Dienstjahr im Krieg für zwei Dienstjahre im Frieden angerechnet wurde. Ausnahmen von der Konskriptionspflicht gab es reichlich. So listete die Verordnung eine Vielzahl von Ausnahmetatbeständen zur Dienstpflicht beim Militär auf. Ausgenommen waren unter anderem Geistliche, Adelige, Staatsbeamte, Hofpersonal, Stadtbürger mit besonderen Rechten, Lehrer und Professoren, Ärzte, Studenten mit Leumundszeugnissen, Lehrlinge, Künstler, Fabrikanten und Handelsleute. Einzelkinder aus Städten wie vom Lande waren von der Wehrpflicht befreit. Der Freikauf war nur Mennoniten und Juden für 185 Gulden erlaubt. Dieses Konskriptionsgesetz war bis zur Neufassung 1812 gültig.28

Das Generalkommando in Tirol

Von allen organisatorischen Aufgaben zur Eingliederung Tirols in das Königreich Bayern wurde mit der Umsetzung der allgemeinen Militärpflicht erst Anfang 1809 begonnen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen Österreichs in Tirol bezüglich der Rekrutierung von Soldaten zu stehenden Einheiten war es nicht ratsam, hier, wie in den anderen neu hinzugewonnenen Provinzen, sofort strikt durchzugreifen. Österreich selbst sah es unter den geänderten Bedingungen jetzt nicht ungern, dass eine reguläre Konskription in Tirol noch nicht einsetzte, die die wehrfähigen jungen Männer außer Landes gebracht hätte, die bei einem Aufstand gebraucht würden.29

Mit dem Besitzergreifungspatent vom 22. Januar 1806 sandte Bayern Graf Carl Arco, den Sohn des bayerischen Landschaftssprechers und ehemaligen Hofratspräsidenten Ignatz Graf von Arco, als Hofkommissar nach Innsbruck. Die Arco, die aus einem alten Welschtiroler Adelsgeschlecht stammten, gehörten in Bayern zu den einflussreichsten Familien. So war Graf Carl Arco durch die Heirat seiner Schwester Ernestine von Arco mit Maximilian von Montgelas verschwägert.30

Auf den Beginn der Eingliederung Tirols in das Königreich Bayern fiel der Vierte Koalitionskrieg 1806/07. Von Oktober 1806 bis Juni 1807 kämpfte Frankreich gemeinsam mit dem bayerischen Hilfskorps gegen Preußen und Russland. Mit Unterzeichnung des Friedensvertrags von Tilsit am 7. Juli mit Russland und am 9. Juli 1807 mit Preußen endete dieser Krieg.

Das Königreich Bayern hatte in diesem Krieg die 1. Armee-Division Generalleutnant von Deroy und die 2. Armee-Division Generalleutnant Freiherr von Wrede unterstellt. Aus der 3. Reserve-Division unter Generalleutnant Graf Ysenburg wurden nach und nach einzelne Einheiten, so das 6. und 8. Linien-Infanterie-Regiment, zum bayerischen Hilfskorps hinzugezogen. Das in der 2. Brigade der 3. Division stehende 11. Linien-Infanterie-Regiment Kinkel unter Kommandeur Oberst Arnold Freiherr von Mylius sowie das 2. leichte Infanterie-Bataillon unter Oberstleutnant Ditfurth kamen in diesem Krieg nicht zum Einsatz. Der Regimentsinhaber Generalleutnant Georg August Freiherr von Kinkel war 1806 Brigadier der 2. Brigade der 3. Division und zugleich Generalkommandant von Tirol.31

Nach dem Vierten Koalitionskrieg gegen Preußen und Russland erhielt das Militär durch den Armee-Befehl vom 24. Dezember 1807 eine neue provisorische übergeordnete Einteilung in vier Generalkommandos:32

Generalkommando in Bayern; Generalleutnant von Deroy; Standquartier München.

Generalkommando in Schwaben; Generalleutnant Freiherr von Wrede; Standquartier Augsburg.

Generalkommando in Franken; Generalleutnant Graf Ysenburg; Standquartier Bamberg.

Generalkommando in Tirol; Generalleutnant Freiherr von Kinkel; Standquartier Innsbruck.

Die vier Generalkommandos waren zuständig für die jeweiligen Regimenter und Bataillone in ihrem Kommandobereich. Nach der Abgabe des in Düsseldorf stationierten 11. Linien-Infanterie-Regiments Kinkel an das Großherzogtum Berg im Dezember 180633 wurde laut Armee-Befehl vom 13. Juni 1807 in Bayern das 11. Linien-Infanterie-Regiment Kinkel neu errichtet. Es wurde durch die Abgaben der mobilen Depotkompanien anderer Linien-Infanterie-Regimenter aufgestellt. Das neu zu bildende 1. Bataillon wurde nach Kufstein und das 2. Bataillon nach Passau beordert. Der Kommandant des 11. Regiments Oberst Freiherr von Mylius befand sich mit einem Teil der neu hinzugekommenen Offiziere in Innsbruck.34

Gemäß der vom General-Landes-Kommissariat unter Arco veröffentlichten Anordnung vom 5. Mai 1807 sollten Bewerbungen um Offiziersstellen in der bayerischen Armee an das General-Landes-Kommando in Innsbruck gerichtet werden.35 Weitere Erkundigungen und die Beurteilung der Kandidaten oblagen damit Generalleutnant Kinkel, der seine Berichte dem König vorzulegen hatte.36

Das vormals unter Österreich 1801 neu aufgestellte Tiroler Jäger-Regiment am Standort Tirol, mit seinen drei Bataillonen zu je sechs Kompanien unter Oberst Franz Philipp von Fenner, bestand nicht allein aus frei geworbenen Tirolern. Nach dem Pressburger Friedensvertrag gehörte es als österreichische Einheit nicht mehr zu Tirol. Damit verlor es seinen Standort und bisherigen Werbebezirk für die Neurekrutierung in Tirol sowie den Namen Tiroler Jäger. Fortan trug es allein die Bezeichnung seines Inhabers, Jäger-Regiment Marquis Chasteler Nr. 64. Nachdem das letzte der drei Bataillone von Tirol in Österreich eingetroffen war, wurde es am 1. September 1808 aufgelöst. Die Aufteilung in neun selbständige Teileinheiten diente als Basis für neun neu zu bildende Jäger-Bataillone.37 Während die Offiziere ihren Dienst jederzeit quittieren konnten, wie es zum Beispiel Stephan von Vigili 1806 tat,38 musste die Mannschaft ihre gesamte Kapitulationszeit ableisten, bevor sie nach Hause konnte. Dennoch kehrten von diesem Regiment gebürtige Tiroler als Deserteure vorzeitig in ihre Heimat zurück. Entgegen der vielleicht von manchem gehegten Hoffnung, dort frei von militärischer Verpflichtung zu sein, mussten sie im königlich-bayerischen Militär ihren restlichen Militärdienst ableisten. Das königliche General-Landes-Kommissariat in Innsbruck wies die Kreisämter an, nach der vom 19. April 1806 erlassenen Verordnung strengstens zu verfahren. Darin war bestimmt, dass gebürtige Tiroler, die als Deserteure der österreichischen Armee wieder nach Tirol zurückkehrten, dort ihre noch nicht vollständig abgeleistete Dienstzeit beim königlich-bayerischen Militär abzuleisten haben.39

Auf die Anordnung König Maximilians I. Joseph vom 5. Mai 1807, in der er es den sich in Tirol aufhaltenden gedienten Offizieren der österreichischen Armee und Landmiliz freistellte, sich in der bayerischen Armee einstellen zu lassen, bewarben sich Offiziere, Offiziersanwärter wie Ungediente um eine solche Anstellung. Vom späteren Tiroler Jäger-Bataillon traten folgende Personen in die königlich-bayerische Armee ein:

Gideon Streicher aus Schwaz; am 16. Juli 1806 als Kadett ins 1. Linien-Infanterie-Leibregiment in München,40

Alois von Trentini aus Trient; am 30. Oktober 1806 als Junker ins 2. leichte Infanterie-Bataillon Ditfurth in Trient,41

Stephan von Vigili aus Welschmetz; am 12. November 1806 als Unterleutnant ins königlich-bayerische 2. leichte Infanterie-Bataillon Ditfurth in Trient,42

Gaudenz Bauernfeind aus Trient; am 25. November 1806, als Gemeiner ins 2. leichte Infanterie-Bataillon Ditfurth in Trient, der dort am 1. Februar 1807 zum Vizekorporal befördert wurde,43

Johann von Sternbach aus Innsbruck; am 3. Februar 1807 als Unterleutnant ins königlich-bayerische 1. Dragoner-Regiment Minucci in München,44

Karl Franz Sterzinger von Streitfeld aus Trient; am 20. März 1807 als Unterleutnant ins 5. Linien-Infanterie-Regiment Preysing in Landshut.45

Ende 1807 unterstanden dem Generalkommando Tirol in Innsbruck unter Generalleutnant Freiherr von Kinkel drei Einheiten. Dies waren das neuformierte 11. Linien-Infanterie-Regiment Kinkel, das ab Mai 1807 neu aufzustellende Tiroler Jäger-Bataillon, in Innsbruck garnisoniert, sowie das 2. leichte Infanterie-Bataillon Ditfurth, das bis auf weitere Verfügung in Trient garnisoniert war.46

Bei den Mannschaften gab es vor der Aufstellung des Tiroler Jäger-Bataillons Zugänge von Tirolern zum königlich-bayerischen Militär aus drei verschiedenen Bereichen. Zum einen waren dies Freiwillige, die ins 2. leichte Infanterie-Bataillon Ditfurth in Trient eintraten. Dazu zählten zum Beispiel Johann Holzer aus Obervintl, der am 22. Januar 1807,47 Alois Huber aus St. Michael bei Eppan, der am 11. März 180748 und Stephan Spornberger aus Kardaun, der am 6. April 180749 eingetreten war. Zum anderen waren dies Tiroler, die aus der österreichischen Armee desertiert waren und zur Ableistung ihrer Restdienstzeiten dort eingegliedert wurden.50

Die dritte Gruppe bestand aus den zwangsweise dem Militär übergebenen, sogenannten „müssigen Purschn“. Ein Vorgehen, das durch die königliche Verordnung vom 24. April 1807 dem Generalkommissariat in Tirol als rechtens erneut bestätigt wurde. Man bezog sich darin auf das königliche Reskript vom 16. März 1807. Im Pustertal wurde die Verordnung als Abschrift von Hofstetten am 21. Mai 1807 an das Kreisgericht Bruneck weitergegeben. Hierin wurde nochmals darauf hingewiesen, dass gerichtlich verurteilte Verbrecher nicht an das Militär überstellt werden dürfen, da dies mit der Würde des Dienstes und dem Ehrgefühl der Truppe nicht vereinbar sei. Es könnten aber zum Kriegsdienst taugliche, müßige und sonst unbeschäftigte junge Burschen, die keinem ordentlichen Erwerbszweig nachgingen, kein sicheres und ehrliches Fortkommen finden könnten oder wollten und so der inneren Ordnung dem Lande zur Last fielen, an das Militär übergeben werden. Die betreffenden „müßigen Burschen“ aus den nördlichen Landesteilen Tirols sollten ins 11. Linien-Infanterie-Regiment Kinkel und jene aus den südlichen Landesteilen ins 2. leichte Infanterie-Bataillon Ditfurth eingeteilt werden.51

Dokumente aus den Kreisamtsakten illustrieren das Vorgehen der Obrigkeit hierzu. In einem Schreiben Johann Theodor von Hofstettens an das Landgericht Bruneck vom 8. Juni 1807 forderte er das Gericht auf, den älteren Greiter-Buben nach Maßgabe der Regelung zu den „müßigen Burschen“ wegen Körperverletzung dem Militär überstellen zu lassen. Gleichzeitig gab von Hofstetten seine Meinung deutlich zum Ausdruck, dass sich in Bruneck noch eine weitere beträchtliche Anzahl „müßiger“ und die öffentliche Ruhe störender Burschen befänden.52 Ein Anton Schmid aus dem Landgericht Lienz war, nach Auffassung des Gerichts Taufers, nach einem Verhör und zwei Zeugenaussagen zur Abgabe an das königlich-bayerische Militär geeignet. Das zuständige Landgericht Bruneck, das hierzu am 29. April 1808 angeschrieben wurde, sollte entscheiden, ob er sofort an das Militär überstellt oder ob Schmid erst an das Landgericht Lienz geliefert werden soll, aus dem er stammte.53

Bevor in Tirol 1807 das Tiroler Jäger-Bataillon aufgestellt wurde und 1809 die reguläre Dienstpflicht galt, kamen auf diesem Wege nicht nur vereinzelte Tiroler zum bayerischen Militär. Dies beweisen die Zahlen der Deserteure vom 2. leichten Infanterie-Bataillon, die 1806 und 1807 aus den Gerichten der königlich-bayerischen Provinz Tirol kamen. Im Jahr 1806 waren es von insgesamt 20 Deserteuren zwei54 und 1807 von insgesamt 53 Deserteuren 14.55 Im Jahr 1808, in dem letztmalig nur diese Zahlen bis einschließlich Juni veröffentlicht wurden, kam von insgesamt 21 Deserteuren kein einziger in dieser Einheit mehr aus Tirol.56 Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass der Tiroler Anteil dem ab Mai 1807 neu aufzustellenden Tiroler Jäger-Bataillon abgegeben werden musste. Damit kamen am 16. Juni 1807 29 Mann in eine dort ebenfalls stationierte Kompanie des Tiroler Jäger-Bataillons.57Bei diesen handelte es sich um die von den Landgerichten zwangsweise eingereihten „müßigen Burschen“ wie um freiwillige Tiroler Kapitulanten.

Schon zuvor schrieb Johann Theodor von Hofstetten58 am 24. Mai 1807 das königlichbayerische Landgericht Bruneck an, wie es nach der Verordnung zur Behandlung „müßiger Burschen“ verfahren solle. Hierbei bezog er sich auf die Schreiben des Guberniums vom 20. Mai und des königlich-bayerischen Landeskommissariats vom 21. Mai. Die Werbekommandos des 2. leichten Infanterie-Bataillons in Brixen sollten diese für das neu zu errichtende Tiroler Jäger-Bataillon mit den beiliegenden Formularen unter Bestätigung der Herkunft des Rekruten als „National Tiroler“ überstellen. Dieses Schreiben wurde am 27. Mai an die untergeordneten Gerichte und Obrigkeiten weitergegeben.59

Das königliche Kreisamt Bozen erstattete dem General-Landes-Kommissariat in Innsbruck am 22. Juni 1807 einen Bericht über die Eignung einiger Burschen für den königlichen Militärdienst. Es wird berichtet, dass das Landgericht Meran bisher zehn „müßige Burschen“ angegeben habe, das Landgericht Klausen hingegen nur einen aus seinem unmittelbaren Gerichtsbezirk und das Pfandgericht Kastelruth ebenfalls nur einen Mann. Man habe daraufhin das Landgericht Klausen daran erinnert, dass man sich mit vagen Zusicherungen nicht begnüge, sondern auf eine tätige Mitwirkung bei der Umsetzung der Verordnung seiner Majestät des Königs in den untergeordneten Patrimonialgerichten dränge.60

Auf den jungen Männern, die als „müßige Burschen“ eingestuft wurden, lastete ein großer Druck, da sie jederzeit damit rechnen mussten, zum Militär eingereiht zu werden. Um dem zu entgehen, flohen einige aus ihren Gerichtsbezirken, andere aber suchten die Flucht nach vorne, indem sie sich selbst freiwillig beim Militär einstellen ließen, um zum unumgänglichen Militärdienst wenigstens das begehrte Hand- und Anbringgeld zu erhalten. Dass dieses Vorgehen von den Behörden nicht akzeptiert wurde, ist aus dem Schreiben des Kreisamtes Bozen an das Landgericht Bozen vom 7. Juli 1807 ersichtlich. Das Kreisamt forderte die Personalien der sechs „müßigen Burschen“ aus dem Lehengericht Salurn an, die sich freiwillig stellten, um ihnen das Hand- und Anbringgeld wieder einziehen zu können.61

Bis Ende August 1807 erhielt das Kreisamt Bozen auf die Aufforderung, „müßige Burschen“ abzugeben, unterschiedlichste Rückmeldungen, wie die aus dem Landgericht Meran: Das Pfandgericht Ulten gab an, dass es bisher keine abgeben konnte, da die zwei geeigneten Burschen, Joseph Brunner und Johann Rainer, sich in Bozen beim Militär selbst hätten einstellen lassen. Das Pfandgericht Kastelbell schrieb, dass es in ihrem Gericht keine arbeitsscheuen, liederlichen Burschen gäbe, weil die Furcht, zum Militär geschickt zu werden, so manchen zuvor lockereren Gesellen gänzlich gewandelt hätte und es bei aller unparteiischen Gerechtigkeit nun keinen Grund mehr gäbe, jemanden abzugeben. Der Richter Alois von Guggenberger vom Lehengericht Schenna berichtete, dass das Benehmen von vier Burschen die Abgabe zum Militär gesetzlich begründe. Dies seien die Gebrüder Anton und Georg Kruselberger, Joseph Kaufmann und Johann Kastinger, wobei Georg Kruselberger und Joseph Kaufmann der Abgabe zuvorkamen und sich selbst einstellen ließen, während die beiden anderen flüchtig seien. Die Obrigkeit zu Lana berichtete, sie hätte zwei Personen, Johann Prigl aus Lana und Anton Auer aus Tscherms, zum Militär überstellt. Der Richter Carl von Gasteiger vom Lehengericht Burgstall berichtete, dass sich in seinem kleinen Gerichtsbezirk, außer den ansässigen Bauern, nur wenige ledige Burschen befänden, deren Benehmen einen Grund zur Ablieferung ans Militär lieferte. Das Gericht Passeier berichtete, dass zwei solcher Burschen sich selbst beim Militär verpflichtet hätten und keine weiteren bekannt seien, zumal hier im Gebirge die Sommer kurz seien und jede Arbeitskraft gebraucht würde.62

Die Behörden gingen pragmatisch vor. Über manchen Abgang waren sie sicher froh, aber unnötig zu denunzieren war bei der räumlichen Nähe der Richter zur Bevölkerung nicht ihre Art. Bei einer vorsichtigen Schätzung von je vier bis sechs deklarierten „müßigen Burschen“, die aus jedem der insgesamt 24 Landgerichte der Provinz Tirol63 1807 und 1808 an das bayerische Militär abgegeben wurden oder die dem selbst zuvorkamen, ergäbe sich für diesen Zeitraum eine Gesamtsumme von rund 100 bis 150 Personen.

Mit dieser Vorgehensweise wurde das neu zu erstellende Tiroler Jäger-Bataillon, das aus Freiwilligen gebildet werden sollte, von Anfang an mit einem nicht unerheblichen Anteil von den durch die Landgerichte abgegebenen und zwangsweise verpflichteten Rekruten sowie durch solche vom 2. leichten Infanterie-Bataillon und des 11. Linien-Infanterie-Regiment belastet.

Aufstellung des Tiroler Jäger-Bataillons 1807

Den Offizieren, die sich in Tirol aufhielten und die zuvor in der österreichischen Armee oder bei der Landmiliz gedient hatten, stellte es der König von Bayern am 5. Mai 1807 frei, sich von der bayerischen Armee einstellen zu lassen. Die Gesuche mussten zusammen mit den Zeugnissen und Entlassungspapieren der österreichischen Armee beim königlichen Generalkommando in Innsbruck eingereicht werden.64 Zwei Tage darauf wurde laut Armee-Befehl vom 7. Mai 1807 die Anwerbung für ein neu aufzustellendes Tiroler Jäger-Bataillon aus sich freiwillig verpflichtenden Tirolern angeordnet. Dieser Armee-Befehl wurde im Königlich-Baierischen Regierungsblatt, am Samstag, den 30. Mai 1807, allgemein veröffentlicht.

„Armee=BefehlMünchen den 7ten Mai 1807

Es wird im Lande Tirol eine freie Werbung für ein Bataillon eröffnet, wel=ches, sich ohne dem Beisatze des Namens des Kommandeurs, Tiroler = Jäger = Ba= taillon nennt.

Dieses neu zu errichtende Bataillon besteht aus vier Kompagnien; zwei dersel= ben, mit dem Stabe, bilden sich in Inns= bruck, eine in Brixen, und eine in Trient, von welchen Haupt = Stationen sodann auf den zweckdienlichsten „Punkten“ Werb = Kom= mandos aufgestellt werden.

Das Tiroler = Jäger = Bataillon entstehet aus National = Tirolern, durch freiwilliges Engagement auf sechs Jahre, gegen zwanzig Gulden Hand = und Anbring = Geld; ge= nießt Gage und Brod, nebst sonstigen Naturalien und Vortheilen, wie die übrige königliche Infanterie; jedoch erhält jeder Mann, vom ersten Unteroffiziere abwärts, ei= ne gegen die Infanterie um vier Kreuzer erhöhte tägliche Löhnung; wogegen aber die in den anderen Provinzen gewöhnliche Me= nage = Zulage zessiert.“65

Es folgt im Weiteren die detaillierte Auflistung der einzelnen Dienstränge vom Kommandeur über die Offiziere und das Stabspersonal mit 36 Mann bis zu den Unteroffizieren und Mannschaften mit 852 Mann. Sie Sollstärke des Bataillons betrug damit 888 Mann.

Zwei Drittel der Gefreiten und ein Drittel der Gemeinen sollten mit Stutzen bewaffnet und als Schützen mit einer grünen Huppe am Tschako gekennzeichnet werden. Es sollten „vertraute, verlässliche und gewandte“ Männer sein, nicht zu groß und „von festem Körperbau“, die sich schon einige Geschicklichkeit im „Richtigschießen“ erworben hatten.66 Aus jeder Kompanie sollten ein Offizier und drei Unteroffiziere mit „vorzüglich guten Anlagen“ für den Schützendienst ausgewählt werden, ohne Unterschied des Ranges. Ein Hornist sollte die Schützen vervollständigen. Im aufgestellten Bataillon sollten die Schützen das dritte Glied bilden. Jäger nannte man die übrige Mannschaft, die ebenfalls als Kopfbedeckung Tschakos trugen und mit Flinten ausgerüstet werden sollten. Die Freiwilligen sollten zwischen 18 und 36 Jahre alt sein. Bei körperlich guter Konstitution sollte eine Körpergröße von 5 Schuhen rheinisch67 ausreichen. Jeder Geworbene sollte sich auf die Kriegsartikel verpflichten, und vor Auszahlung des Handgeldes sollte die „Landesgebürtigkeit“ mit dem zuständigen Gericht abgeklärt sein. Der Armee-Befehl schließt mit dem Namen des Königs von Bayern „Max Joseph“ und dem des Generalleutnants „von Triva, G.L.“.68

Für die Umsetzung der Anwerbung war das Generalkommando in Tirol unter Generalleutnant von Kinkel in Innsbruck zuständig.

Die eigentliche Werbung der Rekruten erfolgte in Innsbruck, Trient und Brixen durch Werbekommandos des in Trient stationierten 2. leichten Infanterie-Bataillons Ditfurth. Um die Werbung für dieses Bataillon zu unterstützen, schrieb das königlich-bayerische General-Landes-Kommissariat in Innsbruck am 20. Mai 1807 die Landgerichte an, diese zu unterstützen und die Werbung bekanntzumachen. Es wurde mit dem Argument geworben, dass der Sold um 4 Kreuzer gegenüber der übrigen bayerischen Infanterie höher liege, allerdings ohne den Hinweis, dass die bei der übrigen Infanterie in den anderen Provinzen gereichte Menagezulage entfällt.69

Zur Erstellung und Ausbildung des neuen Bataillons benötigte man neben erfahrenen Offizieren eine noch höhere Anzahl an Unteroffizieren und einige Gemeine als Kernmannschaft, die zumindest mit dem Reglement vertraut waren. In bestehenden Einheiten mit achtjähriger Kapitulationszeit wurde die Mannschaft immer nur teilweise ausgetauscht, so dass die neuen Rekruten schnell integriert werden konnten. Für das mit gebürtigen Tirolern neu zu errichtende Tiroler Jäger-Bataillon wurden daher bis Ende Juni 1807 vom freiwilligen Jäger-Korps 41 Mann eingereiht. Dies waren ausschließlich Bayern mit einer Kapitulationszeit auf Dauer des Vierten Koalitionskriegs. Unter ihnen befanden sich die Kapitäne Karl Joseph Poyck und Anton Waible, neun Unteroffiziere, meist Korporäle, und 30 aus der Mannschaft. Hinzu kamen die 29 Tiroler vom 2. leichten Infanterie-Bataillon Ditfurth, die 21 desertierten Tiroler aus der österreichischen Armee, die in diesem Bataillon der königlich-bayerischen Armee ihre Restdienstzeit ableisten mussten, und die 131 „müßigen Burschen“, die von den Landgerichten in Tirol im Laufe des Jahres an das Bataillon abgegeben wurden. Bis Ende Juli 1807 hatte das Bataillon die ersten 414 Mann aufgestellt.70

Beim Werbekommando in Trient schien man es mit der Herkunft der Geworbenen nicht so genau genommen zu haben, denn am 23. September 1807 erging die königliche Order, dass kein Ausländer im Tiroler Jäger-Bataillon dienen solle und dass die sieben aus dem Königreich Italien stammenden Untertanen, die in der Kompanie in Trient eingestellt wurden, unter Zurücklassung der Montur wieder entlassen werden sollten. Die Aufnahme von Untertanen aus dem Königreich Italien in königlich-bayerische Kriegsdienste sollte generell nicht erfolgen. Der für die Anstellung verantwortliche Offizier sollte die entstandenen Kosten für den Ersatz tragen.71

Im Frühjahr des Jahres 1808 kam am 24. März der Armee-Befehl aus München, das Tiroler Jäger-Bataillon um eine fünfte Kompanie in Trient zu erweitern.72 Dies bedeutete, dass rund 200 Freiwillige, vorwiegend aus den Kreisen Trient und Rovereto, neu hinzugeworben werden sollten.

Die Beweggründe, in das königlich-bayerische Tiroler Jäger-Bataillon freiwillig einzutreten, mögen vielfältig gewesen sein. Selbst in früheren Zeiten gab es einen kleineren Anteil von jungen Tirolern, die es zum Militärstand hinzog. Unter den gebürtigen Tirolern, die freiwillig ins Bataillon eintraten, hatten 51 zuvor in der österreichischen Armee gedient.73 Der Anreiz des schnellen Handgeldes74 mochte sicher für manche ein Grund gewesen sein. Ebenso der Reiz, dem eigenen, oftmals dürftigen Auskommen im Stande eines Tagelöhners oder Handwerkers den Rücken zu kehren und sein Glück im Soldatenstand zu suchen. Wie besorgt die örtlichen Gerichte über diese Abwanderung von Arbeitskräften waren, zeigt ein Bittschreiben des Bürgermeisters von Tramin, Joseph Tschandrin, vom 22. März 1809 an das königlich-bayerische Landgericht Bozen. Hierin bat der Bürgermeister, die aus den Lehengerichten Kurtatsch und Tramin in den letzten beiden Jahren gekommenen jungen Leute, zwei von den Gerichten gestellte und 21, die sich freiwillig gemeldet haben, bei der zukünftigen Mannschaftsstellung zum Militärdienst den Gerichten gutzuschreiben. Er gab an, dass für den Feld- und Weinbau immer ein Drittel Fremdarbeiter benötigt werde und jede weitere fehlende Person dem Feld- und Weinbau Schaden zufügen würde.75

Nach dem Übergang Tirols an Bayern wurde das österreichische Tiroler Jäger-Regiment am 1. September 1808 in Mistelbach aufgelöst76 und in neuen Jäger-Bataillonen reorganisiert. Damit verloren die darin freiwillig geworbenen Tiroler ihren heimatnahen Garnisonsort in Tirol, von dem aus sie in Friedenszeiten, oftmals mehrere Monate im Jahr, beurlaubt sein konnten. Mit dem Eintritt in die königlich-bayerische Armee in Tirol konnten sie wieder nahe ihrer Heimat stationiert werden. Auch beim bayerischen Militär konnten die Beurlaubungen für die Mannschaften und Offiziere in Friedenszeiten in der Regel ein Vierteljahr oder mehr betragen, wobei aber rund ein Viertel der Mannschaft und zwei Offiziere je Kompanie präsent bleiben mussten. Vor Antritt des Urlaubs musste eine ärztliche Untersuchung erfolgen und dem Beurlaubten für die Dauer des Urlaubs ein Reisepass ausgestellt werden, mit dem er sich ausweisen konnte. Bei Ankunft und Abreise war er verpflichtet, sich bei seinem Landgericht sowie bei dem nächsten Gendarmerie-Kommandanten zu melden.77

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass sich ein Bataillon mit gebürtigen Tirolern bei den Mannschaftsgraden aufstellen ließ. Vermutlich wurde aber die Sollstärke von 888 Mann nie ganz erreicht, da von den Eingereihten von Anfang an stets einige desertierten.

Während die Mannschaft größtenteils aus dem Land Tirol kam, setzte sich das Offizierskorps des Tiroler Jäger-Bataillons aus Bayern, Tirolern und Vorarlbergern zusammen. Sie wurden von anderen Einheiten, oft mit Beförderungen im Dienstrang, zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt. Im Laufe des vierjährigen Bestehens des Bataillons gab es Abgänge durch Krankheit, Tod, Ruhestand durch Einreichung des Abschieds sowie durch Beförderungen mit Versetzungen zu anderen Einheiten, die stetige Neuzugänge an Offizieren erforderten.

Die Zusammensetzung des Offizierskorps

Gemäß dem Armee-Befehl vom 7. Mai 1807 zur Bildung des Tiroler Jäger-Bataillons mit vier Kompanien wurden 22 Offiziere angestellt: ein Kommandeur im Rang eines Oberstleutnants, ein Major, ein Adjutant, ein Bataillonsquartiermeister, ein Bataillonsauditor, ein Bataillonschirurg, ein chirurgischer Praktikant, zwei Kapitäne, zwei Hauptleute, vier Oberleutnants und acht Unterleutnants, die meist nur als Leutnants bezeichnet wurden.

Die Junker als Offiziersanwärter wurden bei Bedarf dem Bataillon zugeordnet. Sie rekrutierten sich vor 1805 aus Kadetten, die als junge Leute mit ausgezeichneten Eigenschaften und untadeligem Lebenswandel aus angesehenen Familien ins Militär direkt aufgenommen wurden, aber oftmals nur über bescheidene militärische Kenntnisse verfügten. Nach Bewährung im Unteroffiziersstand als Korporal, Sergeant oder Feldwebel konnten sie zu Junkern, das heißt, zu Offiziersanwärtern befördert werden.78 Gemäß des Armee-Befehls vom 20. September 1804 § 2 sollte die Auswahl geeigneter Junker zur Beförderung zum Offizier nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und ihres Eifers im Dienst erfolgen; ungeeignete Personen sollten hingegen ausgeschlossen werden.79 Mit der Umbildung der bestehenden Militärakademie in eine rein militärisch ausgerichtete Anstalt im Jahr 1805, das so genannte Kadettenkorps, erfolgte eine Neuregelung des Zugangs zum Offizierskorps. Kadetten wurden nicht mehr zur Ausbildung in die Regimenter aufgenommen. Selbst Adelige sollten eine militärische Laufbahn nur einschlagen können, wenn sie vor dem Eintritt in die Pagerie das Kadettenkorps entweder bis zum 14. Lebensjahr oder mindestens zwei Jahre lang besucht hatten.80 Das Kadettenkorps nahm seine Zöglinge mit 10 Jahren auf. Bis zum 14. Lebensjahr wurden sie Eleven genannt. Danach konnten sie auf eine allgemeine Schule wechseln oder, wenn sie sich fürs Militär entschieden, als Kadetten für weitere vier Jahre die Ausbildung durchlaufen, um dann als Junker in die Armee einzutreten. Es gab maximal 210 Plätze, davon 100 Freiplätze, bei denen die jährlichen pro Kopf zu zahlenden 204 Gulden entfielen. Zwei Drittel der jährlich benötigten Offiziere, je nach Bedarf ca. 20 bis 25, sollten so vom Kadettenkorps übernommen werden.81 Nach einer im Schnitt ein- bis zweijährigen Zeit der Bewährung wurden die Junker zu Unterleutnants befördert.

Mit dem Regierungsantritt von Kurfürst Maximilian IV. Joseph 1799 ging man gegen den üblichen Kauf und Verkauf von Offiziersstellen vor und untersagte dies 1803 endgültig, wobei den Offizieren der Verkauf unter Umständen erlaubt wurde, wenn sie ihre Stelle vor Antritt des Kurfürsten gekauft hatten.82 Die Rangfolge der Chargen spiegelte sich in ihren Gagen wider. Nach der Kabinettsorder vom 23. Juli 1803 werden hier auszugsweise die Gagen für ein Infanterie-Bataillon wiedergegeben.

Die Gagen je Monat setzten sich aus Quartiergeld und Sold zusammen:

Oberstleutnant

130 fl

Major

120 fl

Adjutant Zulage

  10 fl zu seinem Rang

Hauptmann

  80 fl

Kapitän

  50 fl

Oberleutnant

  36 fl

Unterleutnant

  30 fl

Bataillonsquartiermeister

  36 fl

Bataillonsauditor

  36 fl

Bataillonswundarzt

  20 fl83

Die Regimentschirurgen, Quartiermeister und Auditoren hatten gemäß Reskript vom 1. Juni 1789 den Rang des jüngsten Oberleutnants und der Unterchirurg den des jüngsten Unterleutnants.84 Gemäß Armee-Befehl vom 14. Mai 1804 konnte nur derjenige zum Regimentschirurgen befördert werden, der die Gymnasial- und Lycealkurse abgeschlossen, die niedere und höhere Chirurgie erlernt, sich alle Kenntnisse eines Arztes an einer Universität angeeignet hatte und damit als Arzt und Wundarzt eingesetzt werden konnte. Da die Promotion zur Erlangung der Doktorwürde kostspielig war, wurde sie für das Militär zu dieser Zeit nicht vorausgesetzt.85 Die nachfolgende Auflistung der Offiziere zu den zu besetzenden Stellen im Bataillon erfolgt für den Zeitraum von Mai 1807 bis April 1811. Die Reihenfolge entspricht der ihres Eintritts ins Tiroler Jäger-Bataillon, respektive 7. leichte Infanterie-Bataillon, mit den bedeutendsten Veränderungen und der Angabe ihres Ranges in dieser Einheit. Im Kapitel „Kurzbiographien“ werden die Lebensläufe der Personen, soweit sie recherchierbar waren, wiedergegeben.

Major Edmund Herrmann

Aus dem 13. Linien-Infanterie-Regiment wurde Hauptmann Edmund Herrmann am 13. Mai 1807 im neu errichteten Tiroler Jäger-Bataillon zum Major befördert.86 Bis zur Ernennung des Oberstleutnants Günter am 29. August 1808 war er der ranghöchste Offizier im Stab des Bataillons.

Kapitän Karl Joseph von Poyck

Die Schreibweise des Namens erscheint in den Quellen mit Boyck, Boick und Poyck. Selbst in den gedruckten Armee-Befehlen, die für eine einheitliche Schreibweise sorgen sollten, erscheint der Name unterschiedlich. Da er selbst mit Poyck Unterzeichnete87 und der Familienname Poyck bei zwei anderen Offizieren der königlich-bayerischen Armee in dieser Schreibweise vorkommt,88 wird er hier nachfolgend immer mit Poyck wiedergegeben.

Karl Joseph Poyck wurde in der Stammliste seiner Kompanie als aus Erenstein/Frankreich kommend bezeichnet. Am 25. Oktober 1805 wurde [Karl] Joseph Poyck als Oberleutnant zum Fußjäger-Korps versetzt89 und am 22. Mai 1807 zum Kapitän im Tiroler Jäger-Bataillon befördert.90 Dort erhielt er am 12. Oktober 1807, nach dem Tod von Hauptmann Dominik von Steigenteschs am 30. September 1807, als Hauptmann eine Kompanie.91 Hauptmann Karl Joseph Poyck verstarb am 11. Februar 1809 im München.92

Oberleutnant Alexander Freiherr von Taxis-Bordogna

Alexander Freiherr von Taxis-Bordogna, Unterleutnant im 1. leichten Infanterie-Bataillon, erhielt seine Beförderung zum Oberleutnant im Tiroler Jäger-Bataillon am 22. Mai 1807.93

Kapitän Anton Waible

Der Kapitän des Fußjäger-Korps, Anton Waible, wurde am 22. Mai 1807 ins Tiroler Jäger-Bataillon versetzt und führte als Kommandeur eine Kompanie.94 Zum 1. August 1807 wird er als Hauptmann der Waible-Kompanie beim Tiroler Jäger-Bataillon geführt.95

Unterleutnant Karl Franz Sterzinger von Streitfeld

Der Unterleutnant des 5. Linien-Infanterie-Regiments Franz Karl Sterzinger von Streitfeld wurde am 1. Juni 1807 zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt.96

Bataillonsquartiermeister Balthasar Ehrmann

Zum ersten Bataillonsquartiermeister im Tiroler Jäger-Bataillon wurde der Quartiermeister des Fußjäger-Bataillons, Balthasar Ehrmann, am 6. Juni 1807 versetzt.97 Seine Beförderung zum Regimentsquartiermeister erhielt er in diesem Bataillon am 29. August 1808.98 Dieser vorgezogenen Beförderung folgte am 8. Februar 1809 seine Versetzung als Regimentsquartiermeister in das 3. Linien-Infanterie-Regiment Herzog Karl.99

Unterleutnant Gaudenz Bauernfeind

Der Gemeine des 2. leichten Infanterie-Bataillons Gaudenz Bauernfeind wurde am 10. Juni 1807 als Junker zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt.100 Sieben Wochen später, am 24. Juli, wurde er zum Unterleutnant befördert.101

Oberleutnant Johann Christian Garbald

Unterleutnant Johann Christian Garbald vom 8. Linien-Infanterie-Regiment wurde am 10. Juni 1807 zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt102 und am 28. Februar 1809 zum Oberleutnant befördert.103

Oberleutnant Ludwig Karl von Moltke

Unterleutnant Ludwig Karl von Moltke aus Kurhessen erhielt seine Beförderung zum Oberleutnant im Tiroler Jäger-Bataillon am 10. Juni 1807.104

Unterleutnant Joseph Anton Simon

Anton Simon wurde am 3. Juli 1807 im Tiroler Jäger-Bataillon zum Junker ernannt und am 28. Februar 1809 zum Unterleutnant befördert.105

Adjutant Christoph von La Rosée

Christoph von La Rosée, Unterleutnant des 4. leichten Infanterie-Bataillons, trat am 13. Juli 1807 als Oberleutnant die Stelle eines Adjutanten im Tiroler Jäger-Bataillon an.106

Hauptmann Dominik von Steigentesch

Der Oberleutnant vom 2. leichten Infanterie-Bataillon Dominik von Steigentesch gehörte 1805 zu den Inspektionsoffizieren des Kadetten-Korps in München.107 Als Hauptmann des 2. leichten Infanterie-Bataillons wurde er am 13. Juli 1807 zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt.108 Drei Monate später, am 30. September, verstarb er in Trient.109

Unterleutnant Johann von Sternbach

Als Unterleutnant vom 1. Dragoner-Regiment wurde Johann von Sternbach am 17. Juli 1807 im gleichen Rang zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt.110

Unterleutnant Wilhelm von Rogister

Kanonier-Korporal Wilhelm von Rogister wurde am 24. Juli 1807 im Tiroler Jäger-Bataillon zum Unterleutnant befördert.111

Unterleutnant Gideon Streicher

Junker Gideon Streicher des 7. Linien-Infanterie-Regiments erhielt am 31. Juli 1807 im Tiroler Jäger-Bataillon die Stelle eines Unterleutnants.112

Bataillonschirurg Dr. Georg Sammiller

Dr. Georg Sammiller, der beim Hauptfeldspital der 1. Armee-Division als Unter-Feldspital-Chirurg diente, wurde am 9. September 1807 zum 1. Bataillonschirurgen im Tiroler Jäger-Bataillon befördert.113

Bataillonschirurg Peter Joseph Pfeilz

Der chirurgische Praktikant Peter Joseph Pfeilz vom 4. Linien-Infanterie-Regiment avancierte am 9. September 1807 im Tiroler Jäger-Bataillon zum 2. Bataillonschirurgen.114

Unterleutnant Valentin Ferrari

Unterleutnant Valentin Ferrari aus Rovereto115 vom 2. leichten Infanterie-Bataillon wurde am 12. Oktober 1807 im gleichen Rang zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt.116

Oberleutnant Wilhelm von Massenbach

Wilhelm von Massenbach, Unterleutnant des 6. Linien-Infanterie-Regiments, avancierte am 12. Oktober 1807 zum Oberleutnant im Tiroler Jäger-Bataillon.117

Junker Jakob Negrioli

Am 12. Oktober 1807 wurde Jakob Negrioli als Junker im Tiroler Jäger-Bataillon angestellt. Seinen nachgesuchten Abschied erhielt er am 23. März 1809.118

Kapitän Ludwig von Neubronner

Oberleutnant Ludwig von Neubronner vom 6. leichten Infanterie-Bataillon avancierte am 12. Oktober 1807 zum Kapitän im Tiroler Jäger-Bataillon.119 Bis zum 28. Februar 1809 befehligte er als Kapitän die Oberstleutnants-Kompanie und ab dem 1. März 1809 als Hauptmann die 5. Kompanie.120

Unterleutnant Alois von Trentini

Junker Alois von Trentini avancierte im 2. leichten Infanterie-Bataillon am 27. April 1807 zum Unterleutnant und wechselte mit diesem Rang am 12. Oktober 1807 ins Tiroler Jäger-Bataillon.121

Oberleutnant Stephan von Vigili

Der Unterleutnant des 2. leichten Infanterie-Bataillons Stephan von Vigili, wurde am 12. Oktober 1807 im gleichen Rang zum Tiroler Jäger-Bataillon versetzt122 und im folgenden Jahr am 29. August zum Oberleutnant befördert.123

Kapitän Peter von Dietrich

Peter Paul von Dietrich aus Imst/Tirol124 trat am 26. Oktober 1807 im Rang eines Kapitäns in das Tiroler Jäger-Bataillon ein.125 Er war zuvor zwei Jahre in der österreichischen Armee in Diensten.126 Aus den Zahlungslisten von Januar und September 1808 ist zu entnehmen, dass Kapitän Peter von Dietrich Kommandeur der Majors-Kompanie127 und nach den Zahlungslisten von Januar bis März 1809 ab 1. März 1809 Kommandeur der Oberstleutnants-Kompanie war.128

Unterleutnant Anton Hahn

Vom ehemaligen Fußjäger-Korps wurde Oberjäger Anton Hahn am 25. Februar 1808 zum Unterleutnant im Tiroler Jäger-Bataillon befördert.129

Unterleutnant Anton Poest

Korporal Anton Poest von Abensberg130