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Anonym

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Ein drastisches Dokument zur verruchten Sittengeschichte des Ancien Régime, entstanden zur Zeit unserer Vorväter und versehen mit etlichen pikanten Illustrationen

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Töchter aus gutem Hause

Von nichts kommt nichts …

Ein drastisches Dokument zur verruchten Sittengeschichte des Ancien Régime, entstanden zur Zeit unserer Vorväter und versehen mit etlichen pikanten Illustrationen

Cupitora

ISBN 9783958417465

© by Cupitora in der BEBUG mbH, Berlin

Der Polizei-Direktor

»Wie kam es denn, dass deine Mutter dich so derb verprügelte?«, fragte der Polizeigewaltige, der ein paar Pikante­rien aus so jungem Munde erwartete.

Er war ein großer Freund davon, aber sie durften ihm nicht von alten Vetteln vorgetragen werden.

Nacht für Nacht das anzuhören, stumpft ab. Verprügelte Ehefrauen, im Hemd oder nackt auf die Straße geworfen, misshandelte Straßendirnen, halb tot geschlagen oder gemartert, blutend und ohnmächtig wurden hier hereingebracht.

Die Wache in der Nähe des Palais-Royal, die wichtigste im ganzen leuchtenden Paris, wo die Kleine aufgegriffen worden war, wimmelte des Nachts von Straßenmädchen, Zuhältern, obdachlosen Weibern und den ganzen zahllosen blutigen Opfern einer brutal genusssüchtigen Lebewelt.

Hier wurden Weiber hereingebracht, die leblos und blutüberströmt auf der Straße gefunden worden waren, die man nach einer Orgie halb tot und bewusstlos kurzerhand entfernt hatte, deren Leiber von den wilden Hieben eines Sadisten zerfleischt waren, die keine Haut mehr hatten, sondern zuckendes blutiges Fleisch und die hier ihren Rausch und ihr Wundfieber ausschlafen konnten, bis sie geheilt oder draufgegangen waren.

Aber das alles war ihm nicht wichtig genug, sich darum zu kümmern. Das waren Ereignisse, die dem Herrn Polizei­direktor keine Teilnahme abnötigen konnten.

Dieser Fall aber, dieses junge Mädchen, eine kaum erschlossene zarte Knospe war eine Gelegenheit, vielen gefällig zu sein und eine kleine Summe von 50 Louisdor, wenn das Mädchen noch leidlich unberührt war, nebenbei einzustecken.

Na, man würde ja sehen …

Wie sie vor ihm stand in der Frische ihrer 15 Jahre – süß, feucht und schwellend wie eine vor Reife aufgesprungene Pflaume, zwang sie dem alten Kenner Bewunderung ab; er wusste, dieses begnadete Stückchen Fleisch durfte nicht im Palais-Royal bleiben, das brachte Gold in den richtigen Händen.

Man musste erst horchen, wie weit sie verführt war, dann musste die Gourdane heran, sie würde sie in die feinsten und feudalsten Betten bringen.

Wirklich, dieser kleine Engel durfte von keinem Lumpen versaut oder geschwängert werden.

Nun, man musste sie erst einmal erzählen lassen.

Er setzte also seine freundlichste Miene auf und fragte noch einmal:

»Warum hat dich deine Mutter so geschlagen? Fang nur an zu erzählen. Ich bin dein Freund und ich werde dir helfen, wenn du dich ehrlich mir anvertraust. – Nun warum?«

»Ach«, ermunterte sich die Kleine, »sie hat mich vor dem Spiegel gesehen!«

»Vor dem Spiegel gesehen?«, fragte der alte vornehme Lebemann, ein wenig fassungslos.

»Ist sie denn so sehr streng?«

»Ach«, sagte die Kleine immer lebhafter werdend, »ich stand nackt vor dem Spiegel« –

Und nach einer Pause, in der sie mutig mit einer halb fraulichen, halb kindlichen Scham kämpfend Sieger blieb, sagte sie:

»Das ist nämlich so – ich bin doch ganz allein, ich habe keinen Vetter, keinen Freund und Spielkamerad in meinem Dorfe und ich habe so Sehnsucht, zärtlich zu sein. – Ich stelle mich dann ganz nackt vor den Spiegel in unserem Zimmer – wir haben nur den einzigen und dabei hat sie mich überrascht, wie ich mich – «

Sie machte eine lange furchtsame Pause.

»Nun weiter!«, bat der Kommissar ohne heftig zu drängen, mit einem verstehenden Lächeln.

»Ja, also, ich – in meiner Einsamkeit, liebkose mich dann selbst …«

Sie machte noch eine gedankenschwere Pause und fuhr dann plötzlich freier werdend – als wenn niemand sie hörte, weiter fort:

»Ja, ich liebkose und streichele erst meinen Hals, meine kleinen Brüste, die ich aneinanderpresse und deren Spitzen ich mit meiner Zunge zu erreichen suche.«

»Sehen Sie so!«, sagte sie plötzlich rot und ganz eifrig werdend und schnürte ihr Mieder, das sie wie ein Landmädchen trug, auf und brachte ihre zwei kleinen Äpfel zum Vorschein.

Sie waren nur je eine Hand voll, aber fest und spitz und weiß. Marmorweiß. Und die kleinen Knospen standen rosig darauf, wie zwei Rubine auf geädertem Pentelischem.

Die Warzen waren groß und leicht erregbar wie bei den Mädchen, die sich selbst befriedigen.

Verliebt ihre Brüste streichelnd, plapperte sie weiter:

»Dann streichele ich meinen Bauch, meine schmalen Hüften, meine Backen. Ich spiele mit dem zarten Flaum, der meine Scham umschattet. Ich spiele mit den Schamlippen. – Die sind ganz rosig bei mir«, unterbrach sie sich, »wissen Sie, und schwellen so kräftig an, wenn ich sie reibe.«

»Und dann überkommt mich ein Fieber, ein verzehrendes Feuer, zärtlich zu sein und mich hinzugeben.«

»Und einen Freund, Kind, hast du keinen?«, sagte vorsichtig tastend, fast schüchtern der ernste Frager.

»Nein! Nein!«, stampfte sie heftig mit dem Fuße auf.

»Nein, das ist es ja! Ich bin ganz allein. Oh, mein Herr, wie schwer ist es, für ein junges Mädchen, wenn sie niemand hat, dem sie sich in Zärtlichkeit hingeben kann; wenn sie niemand hat, dem sie sich nackt zeigen kann.

Mein Liebster war ein Tischbein im Zimmer, ein starkes, rundes Tischbein, das habe ich umarmt, an das habe ich meinen jungen Körper gepresst und gerieben – vor dem Spiegel. Bis mich heiß die Wollust überrannte – «

»Oder ich kühlte mich an meiner kleinen Schwester, mit der ich das Bett teilte, aber sie war noch zu jung und mager und ihr war auch mein Andrängen lästig – aber ich gewöhnte mich daran und ich glaube, ich werde noch so, ganz so, dass mich das befriedigt, wenn ich nicht bald das richtige Leben kennenlerne! Helfen Sie mir doch!«

Sie stand noch immer in derselben Pose vor ihm. Mit offenem Mieder, die Brüste leicht pressend und streichelnd, das Köpfchen geneigt, wie vorher – aber jetzt perlten große Kindertränen über ihre trotzigen Jungmädchenlippen und flüsternd wiederholte sie: »Helfen Sie mir doch!«

»So«, sagte sie weiter, sich zusammenreißend, da keine Antwort kam, »so fand mich meine Mutter vor dem Spiegel und da hat sie mich so wüst geschlagen.«

»Ich wäre putzsüchtig, eitel, faul und geil. Ich sollte keine städtischen Kleider tragen, keine Hüte und Strümpfe, sondern wie ein Bauernmädel laufen in Villers-le-Bel, wo das elegante Haus ist, in dem die vornehmsten Lebemänner von Paris absteigen. Ach, ich wollte …«

Da unterbrach sie der Polizeidirektor fast brüsk, Er war weder gerührt noch erregt. Er war einfach genügend informiert für seine Zwecke.

Das andere war Sache der Gourdane. Man musste sie ihr vorführen.

Er sprang auf und rief der kleinen Helene ein kurzes »Komm!« zu und führte sie nach einem knappen Befehl an eine Ordonnanz über dunkle Gänge und Korridore nach dem Trakte des Gebäudes, in dem seine Wohnräume lagen, hinüber.

Hier öffnete er eine Tapetentür und stieß die Erschreckte in einen Raum hinein, der ganz aus Spiegeln bestand.

Dabei sagte er lächelnd, aber kurz und knurrig: »Es ist abgemacht, meine Kleine, du brauchst nicht mehr zurück!«

Das erlösende Wort war gesprochen, die bangen Minuten für Helene waren vorüber. Sie war wie betäubt. Als der Herr ihres nächsten Schicksals so lange schwieg, war sie ganz verzweifelt gewesen. Sie hatte ihres Dörfchens gedacht und ihrer ländlichen Einsamkeit, wo sie täglich die Pariser Kavaliere absteigen sah am Arme so schöner eleganter Frauen, dass sie das eben erblühte Geschöpf nicht einmal beachteten.

Ach, sie sollte frei sein! Und dann so leben, wie diese schönen Damen dort im Hause der Gourdane, alle Tage umschwärmt, alle Tage geliebt und bewundert, eifersüchtig bewacht und begehrt. Sie konnten ihren nackten Körper hundert gierigen Blicken aussetzen und brauchten keinen anderen Spiegel.

Diese Männerblicke folgten ihnen bis ins Bette, sie sahen zu, wenn sie sich von anderen Männern küssen und lieben ließen …

Das war die Höhe in dem Bilde von Genuss, das sich Helenes Phantasie machte.

Aber sie konnte ihre Gedanken nicht weiterspinnen; denn hier tat sich ein wahres Wunderland auf.

Ach, wo war Villers-le-Bel, hier war Paris. Sie betrachtete mit entzücktem Schaudern ihr verführerisches Gefängnis.

Sie schritt auf einem Spiegel und auf ihrem Spiegelbild, das von dem Deckenspiel zurückgegeben wurde.

Alle vier Wände waren Spiegel, sie sah sich sechzehnfach zugleich.

Der ganze Raum war ein Würfel durch lauter Spiegel begrenzt.

Nichts war darin als ein Ruhebett auf silbergetriebenen Füßen und ein Gegenstand zum Abhängen der Kleider.

Sie zitterte vor Gier bei dieser Entdeckung. Sie schlich wie ein Dieb zum Ruhebett; was gab es Süßeres für sie, die auf die Befriedigung durch sich selbst angewiesen und unter Qualen auf diese Irrwege des Triebes geraten war, Süßeres für sie, den eigenen Körper, der zum Liebespartner aufgerückt war, in sechzehnfacher Form zu sehen.

Furchtsam, fast zitternd, dass der Zauber, der sie umgab, ein vorzeitiges Ende nehmen könnte, riss sie sich die Kleider vom Leibe.

Sie könnte sich völlig unbeachtet glauben.

Schnell sprang sie vom Ruhebett herunter, nackt und angeregt. Sie sah im Bodenspiegel die Sohlen ihrer schmalen Füße. Sie sah ohne sich bücken zu müssen, den Flaum, der ihre Scham bedeckte und ihre rosigen Schamlippen.

Sie tanzte voll Geilheit hin und her.

Sie fasste sich an alle Stellen, wie sie es auch sonst tat und sah ihre Finger zwischen den Schenkeln spielen.

Sie hätte vor Vergnügen und Aufregung am liebsten gepinkelt und sah sich nach einem geeigneten Ort dafür um –

In diesem Augenblick, als sie so anscheinend unschlüssig und unruhig hin und her lief – öffnete sich ein Teil des Spiegels, der den Fußboden bildete und – ließ ein blank poliertes Kupferbecken sehen.

Sie stutzte und begriff nicht, wieso der leblose Spiegel ihre Wünsche ahnen konnte, aber die Erregung ließ ihr keine lange Zeit zum Nachdenken.

Sie kauerte sich über das offene Becken und ließ einem heißen Strahl heftig die Freiheit, worauf sich der Spiegel von unsichtbarer Hand wieder über das Becken schob.

Sie wusste sich jetzt also beobachtet, aber ihre hochgestiegene Erregung hemmte alle Bedenken.

Sie blieb in hockender Stellung sitzen, um sich zwischen den Schenkel recht deutlich zu sehen und fing an, sich zu »liebkosen«, wie sie es zu Hause gewöhnt war.

Sie rieb ihre Schenkel abwechselnd und ihre Brüste, sie liebkoste ihre rosigen Lippen und ihren großen Kitzler, den sie jetzt zum ersten Mal in aller Schönheit sah.

Sie sah im Spiegel, wie Lippen und Kitzler röter und dicker wurden und sich mit Blut füllten. Sie rieb und rieb und ließ sich dann ermattet hinfallen.

Ihre Haare und ihre Lippen an der Grotte schimmerten feucht. Sie hatte dem unsichtbaren Beobachter alles gezeigt.

Wenige Minuten später kam eine jüngere resolute Frau in das geheimnisvolle Spiegelgemach und führte Helene im Wagen nach einer Vorstadt.

Sie war die Beauftragte der Gourdane, die Frau eines Unteroffiziers der Schlossgarde des Sonnenkönigs.

Sie hatte die Aufgabe, die Neuerwerbungen der Gourdane auf ihren Wert und ihre Verwendungsmöglichkeiten zu prüfen und dann den ersten Verkehr der Opfer mit der Außenwelt, der Lebewelt von Paris, in die Wege zu leiten und zu überwachen.

Als sie Helene nach Hause gebracht und untersucht hatte, unternahm sie es nicht, einen Freier für sie zu finden, sondern richtete folgenden Brief an die Gourdane:

Gnädige Frau!

Sie haben ein »Peru« an diesem Kinde gefunden, sie ist bei meiner Ehre noch »Jungfrau«, wenn sie nicht sogar noch »ein nie geküsstes Kind« ist. Aber ihr Kitzler ist von teuflischem Ausmaß. Ich glaube, sie wird sich daher mehr für Frauen, als für Verkehr mit Männern eignen.

Unsere berühmten Tribaden müssten Ihnen diese Akquisition mit Gold aufwiegen!

Die Gourdane empfing kaum diese erfreuliche Nachricht, als sie sie sofort an die große Führerin der Tribaden in Paris Mme. de Furiel folgender Weise weitergab:

Gnädige Frau!

Ich habe für Sie ein Königs- oder vielmehr ein Königinnenstück entdeckt – für diejenigen wenigstens ist es das, die Ihren entarteten Geschmack haben – denn ich kann eine meinen Neigungen ganz entgegengesetzte Leidenschaft nicht anders beurteilen, verzeihen Sie mir!

Aber ich kenne Ihre Freigebigkeit, die mich veranlasst, meine Rigorosität recht zurückzuhalten und ich gebe Ihnen davon Nachricht, dass ich den schönsten Kitzler von ganz Frankreich zu Ihren Diensten halte, eine Jungfrau von höchsten 15 Jahren.

Probieren Sie dieselbe und ich bin davon überzeugt, dass Sie mir nicht dankbar genug sein können.

Andernfalls senden Sie sie mir zurück, vorausgesetzt, dass Sie ihr nicht zu viel angetan haben.

Es wird dann noch immer eine ausgezeichnete Jungfernschaft für die besten Feinschmecker sein.

Ich verbleibe in Hochachtung

Ihre sehr ergebene

Gourdane

Das Geschäft kam zu Stande. Helene kam für 100 Louisdor an Frau de Furiel.

Seit ihrer Unterredung mit dem gewaltigen Haupte der großstädtischen Sittenpolizei hatte die zierliche Kleine kaum Zeit gehabt über die so plötzliche Wandlung ihres Geschickes sich Gedanken zu machen oder gar diesem Laufe einen Widerstand entgegenzusetzen.

Was sollte sie auch? Alles ging ja tausendmal besser als sie gedacht hatte.

Ihre Aufnahme in dem Palais Fleury – der Name Mme. de Furiel war der Clubname einer der vornehmsten Pariser Aristokratinnen der Frau von Fleury – war für das Landmädchen von Villers-le-Bel ein Triumphzug.

Man verlangte von ihr nichts weiter als Schönheit und Frische und war bereit, einen ganzen großen Hofhalt zu Diensten ihrer Erhaltung bereit zu stellen.

Sie betrat das Palais Fleury am späten Nachmittage.

Es erwartete sie ein Appartement aus mehreren Zimmern mit einer eigenen Zofe und zwei Dienern.

Man brachte sie zuerst in das Bad und hieß sie dann soupieren – Gerichte und Weine, von denen sie in ihren kühnsten Träumen noch nichts geahnt.

Ein zaubervolles Bett stand bereif, auf Seide und Daunen sank Helene bald in einen tiefen Schlaf nach dem wechselvollen Geschick der letzten zwei Tage und der schnellen, überschnellen Erfüllung ihrer Träume.

In ihrem Schlaf stahl sich noch einmal eine kurze unruhige Erinnerung an die letzten drei Tage.

Sie sah sich noch von ihrer Mutter vor dem Spiegel überrascht. Sie fühlte in ihrem Traume noch einmal die klatschenden Hiebe, die ihre Haut trafen.

Wie sie dieses träumte, durchzog ihren Körper ein ganz wunderbares Gefühl der Wollust, das sie so süß noch nie empfunden hatte. Sie wurde noch einmal beim Erwachen dieses Gefühles heftig inne.

Und dann sah sie sich laufen und laufen. Wie sie ging und stand war sie aus Villers-le-Bel geflogen in der Richtung Paris, einen halben Tag und eine ganze Nacht, bis sie sich am Morgen wieder fand unter den Arkaden des Palais-Royal, wo sie von der Sittenpolizei ergriffen worden war, nicht um ihre Tugend, wie es schien, zu retten, sondern um wenigstens die Schönheit dahin zu bringen, wo der volle Preis für sie erlegt wurde. Diese Arkaden des Palais-Royal in dem Paris gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren der Tummelplatz aller Laster und Ungeheuerlichkeiten der Erde.

»Wenn ein Prinz von Geblüt den Weg der Wollust betritt, so geht ihn die ganze Umgebung und Gesellschaft«, sagt Moreau von der Regierungszeit Ludwig XV.

Nicht einmal im alten Rom haben Genusssucht und Ausschweifungen solche Ausmaße erreicht, wie zur Zeit vor der großen französischen Revolution.

Der Roué (dieses Wort hat das ancien régime für den Typus seiner Zeit geschaffen) war der Held der Epoche.

Und der roué par excellence war der König selbst, der in der Anzahl der von ihm unterhaltenen Liebschaften alle Zeitgenossen übertraf.

Und der ihnen mit der Gründung eines eigenen Freudenhauses, des Hirschparkes, voranging.

Der Hirschpark, das Privatbordell Seiner Majestät wurde im Jahre 1750 in der Eremitage zu Versailles von der Marquise de Pompadour gegründet. Sie hatte sich durch diese Einrichtung und die großzügige Gesinnung, die sie dadurch dokumentierte, sein Herz wieder erobert, das sich bedenklich von ihr abgewandt hatte.

Es wird erzählt, die Pompadour war dadurch die Oberaufseherin der Belustigungen des Königs geworden und in dieser Eigenschaft musste sie unaufhörlich im ganzen Lande neue und unbekannte Schönheiten auftreiben und anwerben lassen, um das Serail, worüber sie unumschränkt gebot, neu zu besetzen, den Parc-aux-Cerfs (nach dem gleich lautenden Stadtteil in Versailles so benannt), diese Fallgrube der Unschuld und Aufrichtigkeit, der diese Menge von Opfern verschlang, die der menschlichen Gesellschaft zurückgegeben, Sittenverderbnis, Geschmack an allen Ausschweifungen und alle Laster in sie zurückbrachten, womit sie unbedingt angesteckt werden mussten.

Es ist möglicher Weise für den Verlauf dieses Berichtes nicht von erheblicher Wichtigkeit, was ein späterer Historiker über die wirtschaftliche Seite dieser Einrichtung zu sagen weiß, aber ich halte es doch für erforderlich, diesen Passus hierher zu setzen, denn es wird manche an sich vielleicht unmöglich erscheinende Ungeheuerlichkeit immerhin verständlich machen:

»Wenn man auch den Schaden nicht in Betracht zieht, den dieses abscheuliche Institut den Sitten getan hat, so ist es furchtbar, die Summen zu errechnen, die es dem Staate gekostet hat.

Und wer kann sie berechnen, die Unkosten dieser Legion von Ober- und Unterkupplern, die in beständiger Bewegung waren, um an den entferntesten Grenzen des Reiches die Gegenstände ihrer Nachforschungen aufzuspüren und herbei zu holen, sie an den Ort ihrer Bestimmung zu bringen, ihnen daselbst die nötige Politur zu geben, sie auszustaffieren und sie durch alle Mittel der Kunst reizend zu machen«.

Ich möchte es dahin gestellt sein lassen, wenn derselbe Autor behauptet, »es habe jede einzelne dieser Personen den Staat eine Million Livres gekostet«.

Nach einem anderen weniger glaubwürdigen Autor waren selbst die Saturnalien der Römer zur Zeit der Cäsarherrschaft, die schauderhaften Lupercalien eines Tiberius, Caligula, Nero, einer Agrippina, Messalina, Locusta und anderer menschlicher Ungeheuer nur bloße Vorbilder solcher Auftritte, wie sie im Hirschpark aufgeführt wurden.

Merkwürdig ist es, was Moreau über jene eigentümliche Verknüpfung von Religion und Wollust berichtet, die Ludwig XV. selbst im Hirschpark eigen war.

Jedes Mal, wenn Ludwig XV. eine Nacht im Hirschpark zubringen wollte, erfüllte er nicht nur mit Eifer seine religiösen Pflichten, sondern litt auch nicht, dass die jungen Priesterinnen eines anderen Kultus es an Betätigungen ihres christlichen Glaubens fehlen ließen.

Sobald er sich mit einer seiner Odalisken eingeschlossen hatte, befahl er ihr, sich hinter einem Vorhang zu entkleiden, während er selbst das Gleiche tat. Sodann knieten beide im Adams-Kostüm auf den Teppich und verrichteten die Tagesgebete, indem sie sich die Stirn mit Weihwasser benetzten, das sich in einem Kristallgefäß am Kopfende des Bettes befand.

Nach beendetem Gebet und geschehener Bekreuzigung streichelte der König den nackten Busen der Kleinen mit seinem frommen Finger.

Man erhob sich, stieg ins Bett, zog die Vorhänge zu, und die Namen des Herrn, der Jungfrau Maria und der Heiligen wurden solange geflüstert, bis der Ritus der Liebe ein anderes Vokabular zum Ausbruch brachte.

Die Sexualmystik wird in den Kreisen der Geistlichkeit, die nächst dem Hofe am ausschweifendsten lebte, kultiviert und erreicht ihren Höhepunkt im Kult der so genannten Satanskirche.

»›Satan‹ wird hier zu einer ›Personifikation des physischen Begattungs-Mysteriums‹ als Protest gegen die ausschließliche Herrschaft der metaphysischen Vergottungs-Mystik.«

Die Geschichte dieser merkwürdigen Sekte, ist vor allem von Stanislaus Przybyszewski geschrieben worden.

»Satan-Satyr, Satan-Pan und Satan-Phallus war der antike ›Gott der Instinkte und der fleischlichen Lust‹, im selben Maße verehrt von dem Höchsten im Geiste wie vom Niedrigsten, er war der unerschöpfliche Quell der Lebensfreude, der Begeisterung und des Rausches.

Er hat das Weib die Verführungskünste gelehrt, die Menschen in doppelt geschlechtlichen Trieben ihre Lust befriedigen lassen, in Farben hat er geschwelgt, die Flöte (die Musik) erfunden und die Muskeln in rhythmische Bewegung gesetzt, bis die heilige Mania die Herzen umfing und der heilige Phallus mit seinem Überfluss den fruchtbaren Schoß besamte.

Das war die Zeit der naturfrohen Mutterschaftsmyste­rien. Dann kam das juden-griechische Christentum und predigte die übernatürliche, asketische Vaterschafts-Mystik. Die Kirche riss den Menschen gewaltsam von der Natur los.

Sie zerstört die unbewusste Zuchtwahl der Natur, die sich nach außen in Schönheit, Kraft und Herrlichkeit äußert, sie beschützt alles das, was die Natur ausstoßen will, den Schmutz, die Hässlichkeit, die Krankheit, den Krüppel und den Kastrierten.

Aber die Natur lässt sich nicht austreiben, und so musste auch die Kirche nachgeben und schließlich den heidnischen Kultus mit dem ihrigen verquicken.

Die Bacchanalien bei den Festen der Ceres Libera wurden bei den Prozessionen an den Mariafesten mit größerer Ausgelassenheit gefeiert als je zuvor, und bis in das 13. Jahrhundert feierte das Volk zusammen mit dem Priester laszive und orgiastische Feste, das Fest des Esels und das Fest der Idioten (fatuorum). Reste des Phalluskultus verkrochen sich in die Kirche, die Säulen-Kapitäle strotzten von obszönen Figuren, und ein beliebter Vorwurf für die Reliefs an den Kirchen war Noah, wie er den Beischlaf mit seinen Töchtern ausübt.

Der eigentliche Kult der Satanskirche wird aber von dem Manichaeismus im südlichen Frankreich geschaffen«.

Von hier aus beginnt Satan den ungeheuren Triumphzug über ganz Europa.

Die Geheimbünde der »Vollendeten«, der »Perfekti« bilden sich überall, ausschließlich der obszönsten Geschlechtslust frönend, mit dem glühenden Hasse gegen die kirchliche Lehre.

Sie beschimpften und töteten die Priester, wo sie sie nur auffangen konnten, benutzten die heiligen Geräte zu obszönsten Zwecken, und ein großer Teil ihres Ritus ist nur eine Parodie des katholischen Kultus. In ihren Zusammenkünften, ihren parodistischen Messen ist bereits der satanische Sabbat völlig, sogar in Einzelheiten vorgeformt.

Jede Novize musste bei der Aufnahme allen katholischen Glauben abschwören, das Kreuz bespeien, der Taufe und der Ölung entsagen.

Trotz der Verfolgungen der Kirche erhielt sich die Sekte und ihr Wahlspruch:

»Nemo potest penare ab umbilico et inferius« fand besonders unter den unbefriedigten Priestern Anhänger.

Die Sünde durch die Sünde töten!

Das war ihr großes Prinzip der geschlechtlichen Orgien. Der Priester heiligt alle Weiber, die mit ihm sündigen.

Die Nonnen sind die »Consakrierten«, d. h. die Maitressen der Priester.

Der schwarze Tod im 14