Tod auf den Schienen - Heike Gewi - E-Book

Tod auf den Schienen E-Book

Heike Gewi

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Beschreibung

Ein Clown gibt seine Abschiedsvorstellung in der Manege. Nur weiß er noch nicht, dass es sein letzter Auftritt sein wird. Hören Sie von einer überteuerten Lektion. Was geschieht im Schatten des Domes? Vielfältigen Gaunern und Mordgesellen begegnen Sie in diesem Kriminalband. Der ein oder andere Übeltäter wird jedoch hinter Schloss und Riegel gebracht. Nicht alle können sich den Kriminalbeamten entziehen. Einem dunklen Gesellen, der getarnt als Mann von den städtischen Gaswerken, lange Finger machen will, kommt ein Katzentier in die Quere. Dieses berichtet selbst von seinem mutigen Einsatz. Oder folgen Sie uns in eine Drehtür, die zur Vergangenheit führt: Welche Gangster erwarten uns dort?

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EPUB

Seitenzahl: 538

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Tod auf den Schienen

Kriminalerzählungen

Heike Gewi, Johannes Bettisch, Joana Angelides u.v.a.

Dorante Edition

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

herausgegeben durch das Literaturpodium, www.literaturpodium.de

© Dorante Edition, Berlin 2009

Copyright (2013) Engelsdorfer Verlag, Leipzig

Alle Nachdrucke sowie Verwertung in Film, Funk und Fernsehen und auf jeder Art von Bild-, Wort-, und Tonträgern honorar- und genehmigungspflichtig. Alle Rechte vorbehalten. Das Urheberrecht liegt bei den Autorinnen und Autoren.

Fotografik (Cover): Dirk Werner

Technische Unterstützung und Bearbeitung:

Firma Thomas Ferst Computer; www.ferst.de

ISBN 9783954889068

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU), Engelsdorfer Verlag

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhalt

Cover

Titelseite

Impressum

Andreas Erdmann

Abschiedsvorstellung

Gisela Witte

Einfach genial

Markus Thiele

Glaubensfragen

Ina Sander

Ich schnurre nicht

Günter Wirtz

Der dunkle Fleck

Finderlohn

André Steinbach

Ein perfekter Mord

Die Tote im Steinbruch

Joana Angelides

Tod auf den Schienen

Die Frau im Aquarium

Drehtüre in die Vergangenheit

Johannes Bettisch

Versi handelt

Verdacht mit Fragezeichen

Der hilfreiche Fleck

Die überteuerte Lektion

Im Dunkel des Domes

Schläfer, die wirklich schlafen

Die letale Stafette

Reingelegt

Zufälle

Die Flasche im See

Die privatisierte Justiz

Die Mädchen drehen durch

Orchideen

Ratlosigkeit im Rathaus

Willi Corsten

Grüße an den Oberstaatsanwalt

Kein gutes Versteck

Strafe muss sein

Strafe, wem Strafe gebührt

Eiskalter Mord

Esther Wäcken

Der Tote im Schlossteich

Durchgedreht

Margita Osusky-Orima

Der Professor

M. Wolfram Kutzscher

Tatort Treppenhaus

Ingeborg Schnöke

Gequälte Seele

Todesengel

Wolfgang Scholmanns

Flehendes Schweigen

Zaneta Weissbrich

Marschiere oder stirb

Blinder Schmerz

Kay Ganahl

Lauscher ist zu ihm gekommen

Lauscher und die A-Story

Andreas Pielot

Das zweite Gesicht

Heike Gewi

Der Beweis

Leben und Leben lassen

Andreas Wienpahl

Rache

Tamara Vogel

Auf den Brettern, die dann Mord bedeuten

Monika Klein

Mord in der Uni

Mara Laue

Verdammt dumm gelaufen

Christopher Lück

King oder: der Würfel

Weihnachten

Der Angler

Kirsten Eh

Geisterstunde

Autorinnen und Autoren

Vorab- Informationen

Andreas Erdmann

Abschiedsvorstellung

Er setzt sich die rote Pappnase auf. Dann neigt er sich vor und erblickt das Gesicht eines Fremden im Spiegel… Es ist eine Maske von weißer Schminke, umrahmt von der goldgelben Lockenperücke, die seinen kahlen Schädel bedeckt. Dazu diese riesigen, pechschwarz umrandeten Augen mit den hochgezogenen Brauen, welche ihm bis in die Stirn hinauf reichen. Der monströse Mund, aufgemalt, ein schreiendes Rot vom Kinnansatz über die Wangen bis nahe heran an die Ohren, zeigt immer das gleiche groteske Lächeln, gleichgültig, wie man die Lippen bewegt - selbst, wenn man, wie jetzt, die Mundwinkel hängen lässt und bitterernst und todtraurig dreinschaut: Das ganze Gesicht scheint zu feixen… Gesicht? Aber nein! Eine Fratze ist‘s, die ihn so fürchterlich angrinst. Und der Clown grinst zurück. Ohne zu grinsen.

„Pepito, was ist? Bist du fertig?“, sprach ihn eine Stimme von hinten an. Er, leicht erschrocken, reckte sich auf und bemerkte die Direktorin im Spiegel, die ihren breiten Kopf mit dem hohen Zylinder durch den Spalt in der Garderobentür steckte.

„Nja, gleich“, knurrte er.

„Mach schnell, Alterchen!“, hieß sie ihn an. „Der Monsieur jagt bereits seine Schimmel in die Manege.“

Er brummelte… Ihm war‘s unbegreiflich, dass sie ihren Sohn immerzu den Monsieur nannte. - Langsam erhob sich der alte Mime vom Schminktisch. Er prüfte den Sitz des aus kunterbunten Flicken zusammengestükkelten Smokings. Anschließend zog er die Träger, welche die viel zu weite Hose am Leib hielten, ein wenig strammer, bevor er in die verhassten Schuhe einstieg. Diese waren um einiges größer als seine Füße; er konnte kaum darin gehen und stolperte ständig - zur Schadenfreude des Zeltpublikums. Nun noch ein Schluck aus der Flasche mit Weinbrand, die ihn vom Regalbrett anlachte und vor jedem Auftritt drauf wartete, inniglich seine Lippen zu küssen. - Er griff nach dem Requisitenkoffer, warf einen letzten Blick in den Spiegel: Der führte ihm die Wahrheit vor Augen: Lächerlich schaute er aus.

*

Der Alte stieg aus dem Wohnwagen - rückwärts und auf allen Vieren, den Koffer nachziehend; anders kam er in seinen Quadratlatschen gar nicht die Stufen hinunter. Vom Chapiteau her dröhnte das Aufspiel der Zirkuskapelle: Das Rasseln und Rumpeln der Trommeln, begleitet vom schrägen Geschepper rostiger, ausgedienter Posaunen: Es war das Signal für die Pferde im Zirkel, sich um die eigene Achse zu drehen. Zur Dressurnummer schnalzte Jean Jacques, wie der Monsieur richtig hieß, mit der Peitsche und ließ Kommandos ertönen. Tausende Male bereits war dem Clown dieses Spektakel zu Ohren gekommen. Er hörte es, und er hörte es nicht. Nein, schon lange nicht mehr.

Mit stapfenden Schritten, um nicht über die eigenen Füße zu fallen, bewegte er sich zum hinteren Zelt. - „Hoppla, Pepito!“ - „Du brauchst nicht zu eilen!“, riefen ihm Timmy und Tommy, die beiden Kraftsportartisten aus dem Zauberland ‚Liliput‘ zu.

„Ja, ich weiß“, sagte er, „es ist Zeit genug“ - und fügte noch an: „Die Direktorin hat mich gedrängt.“

„Ha!“, lachte Timmy, „als würdest du je einen Auftritt verpassen!“

Der andre bemerkte mit einigem Ernst: „Madame Monte Carlo wirkt sehr gereizt heute Abend.“

„Ach, nicht nur heute…!“, seufzte er. „Immerfort pfeift sie mich an!“

„Na, mach dir nichts draus!“, zwinkerte Timmy, und Tommy vermeinte:

„Sie bildet sich ein, sie sei hier die Hauptfigur.“

„Dabei seid ihr kleinen Helden in der Manege die Größten.“

Sie winkten ab. „O nein, in der Zirkuswelt ist der Clown von jeher der König.“ Dann liefen sie weiter, vorüber am brüllenden Löwen.

Der Clown… ein König?, dachte Pepito. Hinter den Zirkuskulissen spielte er eine andere Rolle. Hier verhielt sich Madame Monte Carlo seit längerer Zeit ihm gegenüber, als ob sie ihm nicht mehr traute. Womöglich hielt sie ihn für zu alt für die Clownerie, für vergreist und senil… Früher, da noch ihr Gatte im Amt des Direktors den Wanderzirkus anführte, war ihm die Frau respektvoll begegnet; und in jenen Jahren, da er noch jung und kein Spaßmacher war, hatte sie gar zu ihm aufgesehen zu ihm, dem berühmten Trapezakrobaten im stahlblauen Dress, der sich damals ‚der Fliegende Ferdinand‘ nannte; und nicht nur sie, nein, sie alle, das Publikum wie die gesamte Zirkusfamilie, hatten ihn für seine Künste geliebt und bewundert. Beinah zwei Jahrzehnte lang ging es so, bis zu dem Tag seines tragischen Absturzes: Ferdinand fiel von der Schaukel, verfehlte das Netz, brach sich die Arme, die Beine, das Rückgrat. Mit Mühe bekamen die Ärzte ihn wieder zusammengeflickt. Jedoch mit der Luftakrobatik war es vorbei. Seinerzeit, mit Fünfundfünfzig, wechselte er in das komische Fach, und zu spät sah er ein: Er hätte viel eher mit der Trapezkunst aufhören sollen.

*

Der alte Mann kam zum Artisteneingang. Kaum, dass er die Tür zu dem dunklen Raum hinterm Vorhang aufsperrte, schlug ihm von vorne die Luft der Manege entgegen: Es war ein Gemisch des holzig herben, leicht süßlichen Duftes der Sägespäne, die draußen im Zirkusrund ausgestreut waren, und des schweren Schweißgeruchs der Artisten und Tiere, durchwoben vom warmen Atem der Zuschauermenge auf dem Gradin und angefüllt mit ihrem Lachen und Staunen und Seufzen und Applaudieren… Die Zirkusluft, ach!, wie sehr hatte ‚der Fliegende Ferdinand‘ sie genossen! Der Clown Pepito hingegen verabscheute sie, und es war ihm ein Graus, wenn die Luft, so wie jetzt, zu vibrieren begann, als über ihm, auf dem Orchesterboden, Hörner und Tröten und Flöten - TÄ TÄ TE RÄ TÄÄÄ! - zur Fanfare ansetzten. Mit einmal herrschte ein ohrenbetäubender Lärm in der Schneise; der Lichtstreifen, der durch den Schlitz des Vorhangs einfiel, fing an zu flimmern: Im Longierzirkel draußen huschten Schatten um Schatten vorüber: Dort trabten die Schimmel im Kreis.

Pepito wich vom Vorhang zurück. Er spähte zur Nische: In dem Augenblick erst gewahrte er den Umriss des schwarzen Zylinders im gähnenden Dunkel. Vor ihm stand die Frau mit dem schönen französischen Namen, die doch nie den Boden Frankreichs betrat: „Ah, du bist‘s, Madlon!“

„Mensch“, zischte die Direktorin ihm zu, „du sollst mich nicht immer beim Vornamen nennen!“

„Was bist du denn so gereizt?“

„Ich? Gereizt?“, fauchte sie. „Keineswegs! Und wenn ich es wäre, geht‘s dich nichts an!“

„Nach alldem, was war…?“

„Begreifst du das nicht? Es ist lange aus zwischen uns!“

„Ja, aber Madlon…“

„Nein, du Schmierenkomödiant, lass mich in Ruhe!“ Sie fuhr herum und entschwand durch den Durchschlupf zum Orchesteraufgang.

*

Inzwischen steigerte droben die Combo der Bläser das Tempo. Die Zuschauer klatschten im Rhythmus. Alsdann tönten Rufe von Beifall. Ein Klacken, ein Surren der Zahnräder über den Schnüren - der Vorhang schwang auf! Sogleich ergoss sich das helle, grelle und gleißende Scheinwerferlicht aus der Manege herein in den Vorraum, und aus dem Licht heraus preschten die Pferde und flohen mit fliegenden Hufen an dem Mann vorüber, der sich am Rand der Schneise herumdrückte, sprangen nach hinten weg aus dem Tor, auf die Stalljungen zu, die dort bereitstanden, sie in Empfang nahmen. Den Tieren hernach, mit erhobenen Armen, umwogt von Applaus, kam Jean Jacques angelaufen, kehrte sich noch mal dem Publikum zu und verneigte sich schwungvoll; hierauf lief er ein und drosselte jählings den Schritt. Er warf den Kopf herum, sah den Clown mit dem Koffer dastehen, errötete schlagartig, schoss auf ihn zu und bedachte mit einem funkensprühenden Blick: Es blitzte ihm regelrecht aus den Augen.

Der Alte zuckte zusammen. „J… Jean Jacques“, stammelte er, „w… was hast du gegen mich!?“

Der junge Dompteur stieß einen schnaubenden Laut aus, wand sich schroff ab, stampfte wortlos zur Tür.

„Wartet, Monsieur!“, rief er ihm nach. „Habe ich etwas verbrochen!?“ Er bekam keine Antwort. Die Tür fiel ins Schloss. Die Musik erstarb mit einem Paukenschlag. Klackend und surrend schloss sich der Vorhang, und Dunkelheit kehrte zurück in den Raum. Ein Rascheln… Madame Monte Carlo trat aus der Nische.

„Was ist mit Jean Jacques?“, hielt Pepito sie an.

„Lass mich, ich muss jetzt raus in die Arena!“ Sie stieß ihn zurück, strich sich über die Hutkrempe und schritt bereits, das erhobene Mikrophon in der Hand, auf den funkelnden Lichtstreifen zu. Kurz davor aber hielt sie noch einmal inne, drehte ihr Haupt und sprach über die Schulter hinweg:

„Der Monsieur weiß es!“

„Was weiß er?“

„Alles!“

„Wie bitte!?“

„Ich hab ihm alles gesagt!“, ließ sie verlauten, schnellte herum und rauschte in einem Satz durch den Vorhang.

*

‚Der Monsieur weiß es… Ich hab ihm alles gesagt…‘ Diese Worte klangen nun in dem alten Mann nach, derweil er von vorne aus der Manege vernahm, wie die Direktorin mit säuselnder Stimme seinen Auftritt ansagte: „Hoch verehrtes Publikum! Liebe Kinder… unser Pepito, der lustige Clown… Hach, welch ein Schelm!“ - ‚Ich habe ihm alles gesagt… gesagt… gesagt‘, schoss es ihm durch den Kopf: Sie hatte es also getan, heute - sie allein, ohne ihn! Sie! Und dabei war er es gewesen, der ihr gegenüber von Anfang an, zumindest seitdem er‘s wusste, in einem fort darauf gepocht hatte, dem Jungen die Wahrheit zu sagen. Sie aber, sie, die Madlon Monte Carlo hatte sich immer dagegen verwehrt; und was hatte sie ihn angebettelt, hach!, angefleht, es wäre besser für alle, zu schweigen! - „Heißa, der große Pepito, der Possenreißer, ein Tausendsassa… und jetzt viel Vergnügen!“ - Vergnügen? Dem Clown war elend zumute! Die Leute im Zelt applaudierten bereits, ihn willkommen zu heißen - oder nein, sie applaudierten ja gar nicht, sie klatschten. Sie klatschten bloß in die Hände. Es war eine Art Beifall, ohne Beifall zu spenden, einfach aus der Erwartung heraus, von einem Unikum im bizarren Kostüm unterhalten zu werden. Und die Zeltgäste hatten ein Anrecht auf Unterhaltung. Schließlich hatten sie an der Kasse mit teurem Eintrittsgeld dafür bezahlt, ihrem Alltag mit all seinen Schrecknissen einmal entfliehen zu dürfen, und sei es auch nur für die Dauer dieser Zirkusvorstellung. Hier wollten sie im Wirbel der Farben und Lichter vergessen, wie farblos und trist die Welt jenseits des Zirkuszelts war, und wollten mithin auch sich selber vergessen und sich im Märchen des bunten Theaters verlieren, bis sie nicht mehr spürten, dass sie doch nur in einem Gerüstbau in langen Reihen auf nummerierten, harten und sperrigen Holzbänken saßen. - „Verdammt! Wo bleibt er?“ Madame kam zurück. „Worauf wartest du noch!?“, fuhr sie ihn an, packte ihn an seinem Flickensmoking und zog ihn zum Vorhang: „Raus mit dir, du… du… dummer August!“

*

Dummer August? Na, schön! Er schöpfte Atem und steckte den Kopf durch den Schlitz: Das flammende Licht! Es stach ihm grell in die Augen und brannte. Er sah zunächst nichts als Schemen rings auf dem Gradin. Bauz! bekam er einen Stoß von rücklings verpasst, worauf er blindlings nach draußen wankte. Er schwankte, wagte noch einen Schritt - und stolperte über die eigenen Schuhe. Ein Tusch des Orchesters: Der Koffer flog fort. Schon kippte Pepito kopfüber und stürzte - „Pardauz!“ – der Länge nach auf den Boden. Da lag er also, den Mund voller Sägespäne. Er spuckte sie aus. Sofort schlug ihm von allen Seiten, wie aus einer einzigen Kehle, ein schallend lautes Gelächter entgegen - und dies war beileibe kein herzhaftes Lachen sondern ein schrilles und wieherndes, beinahe boshaftes Freudengeheul in kreischenden Tönen, die ihn wie Ohrfeigen trafen. Schadenfroh waren sie, lachten ihn aus, machten sich über den armen Tropf lustig: „Pepitoo, Pepitooo!“, krakeelten Eltern wie Kinder, indes er sich auf den Holzspänen krümmte und schier verzweifelt versuchte, sich wieder auf die Beine zu ziehen. Ungelenk, weil ihm die riesigen Schuhe hinderlich waren, kam er zum Stehen – stand völlig verrenkt: Auf einem Fuße, die Arme wie ein geknicktes Flügelpaar von sich gespreizt, den Oberkörper nach unten geneigt und das Hinterteil in die Höhe gestreckt. So begann er, sich auf der Stelle zu drehen: „Kikerikiieee!“ Und alles johlte und grölte.

Was keiner bemerkte: Der Clown war nicht bei sich. Er hing in Gedanken noch immer dem Zwischenfall mit Jean Jacques nach. Dennoch, er gab seine Nummer und spulte im Zelt sein Programm ab wie alle Male zuvor: Ruckartig warf er sich in die Brust, bevor er zu seinem Koffer stolzierte. Er klappte ihn auf, entnahm ihm vier silbrige Kegel und behauptete kühn, er verstehe sich meisterhaft im Jonglieren. Breitbeinig stellte er sich in die Mitte des Zirkels. Ein Trommelwirbel… und mit großer Geste warf er die Kegel in die Luft. Sie kreisten wahrhaftig über dem Künstler, bis er mit den Armen ins Rudern geriet: Auweia, da sausten sie nieder und polterten ihm - RAM TA TA TAMM! zu Schlägen der Pauke - der Reihe nach auf den Kopf… So ging es weiter, und bei alledem, was er zum Vergnügen der Zirkusbesucher vollführte, verspürte er selber den wenigsten Spaß. Eins war ihm klar: Pepito, der Clown hatte hier einen ernsten und wichtigen Dienst zu verrichten: Er hielt den Leuten, ohne, dass sie‘s bemerkten, ihr Spiegelbild vor. Er war der Mensch, der selbstherrlich vorgab, alles zu können. In Wahrheit konnte er nichts. So traute er sich alles Mögliche zu und stolperte doch nur von einem Missgeschick zu einem nächsten. Jedermann kannte von sich solch ein Versagen in kleinen oder auch größeren Dingen des Lebens. Während man selber allzu oft dazu neigte, die eigenen Schwächen vor anderen wie vor sich selbst zu verbergen, führte der Clown sie offen vor Augen. Schwächen zu zeigen, war seine Stärke. Dabei trieb er‘s auf die Spitze: Er versagte in allem und zeigte sich obendrein unbelehrbar: Nach jedem Fauxpas fuhr er fort wie zuvor - und scheiterte ständig aufs Neue. Sein Scheitern war tragisch. Die Zuschauer aber fanden es komisch. Das, was sie in ihrem Alltag alles andre als lustig befanden, im Zirkus lachten sie lautstark darüber, weil es sie scheinbar nicht selber betraf sondern den Mann mit der albernen Maske. Freilich waren sie dem Komödianten ähnlicher, als sie es sich jemals zugestanden: Draußen, in ihrem täglichen Dasein, liefen sie alle mit Masken herum. Wer zeigte dort schon sein wahres Gesicht? - Hier aber, an diesem magischen Ort, durften sie für eine kurze Zeit die Maskerade zerreißen, die sie tagsüber aufgesetzt hatten: Hemmungslos konnten sie ihre Gesichter verziehen, konnten aus sich herausplatzen, ungestüm losprusten, vor lauter Kreischen die Zähne fletschen und sich lauthals ausschütten vor dem Hanswurst, dem tapsigen Tollpatsch. Er, der ewige Narr, ließ es geschehen. Dafür liebten sie ihn.

Den anderen aber liebten sie nicht, nahmen ihn nicht einmal wahr: Den wirklichen Menschen hinter der Fratze, hinter der knallroten Nase, den riesigen Augen, dem feixenden Mund… Er sah die Leute sehr wohl, und sie sahen auf ihn - und sahen ihn nicht: Er blieb ja seiner Maske verhaftet. Niemand ersah, was diesen Mann tatsächlich bewegte. Niemand bemerkte, dass er weder fröhlich noch lustig gestimmt war, sondern im Grunde tieftraurig. --Betrübt sah er zu, wie drei Gehilfen soeben den Aufbau für seine nächste Szene herein trugen. Umständlich, in den klobigen Tretern, bestieg er sodann das Podest und trippelte vor zu dem Seil, das nicht mehr als einen halben Meter hoch über den Boden gespannt war. Anschließend galt es, mit dem Koffer in der einen Hand und dem gepunkteten Schirm in der andern, darüber hinweg zu balancieren und sich dabei wie eine Schlenkerpuppe zu verbiegen. Kaum setzte er eine Sohle aufs Seil, geschah etwas Unerwartetes: Ihm stieg eine Träne in die Pupille. Er, leicht irritiert, suchte Stand zu gewinnen, woraufhin das Seil zu schaukeln und schlenkern anhob. Die ersten im Zelt begannen zu kichern. Er schluckte noch, schon übermannte es ihn: Ein ganzer Schwall Tränen schwemmte sich ihm in beide Augen und verklärte ihm, vermischt mit der Schminke, den Blick. Er rieb sich die Lider. Die Farbe verschmierte. Rasch zog er den Fuß zurück, schaute sich um und sah rings umher alles weißlich verschwommen: Er sah die Leute nicht mehr. Sie starrten auf ihn: „Trau dich und geh doch, Pepito!“, hörte er jemanden rufen. Zugleich lachten alle drauflos. Sie lachten - er weinte einsam hinter der grinsenden Maske. In diesem Moment war er der einsamste Mensch auf der Welt. - Im Folgenden ereignete sich eine Ungeheuerlichkeit: Seine Hand packte den Schirm am Knauf, holte weit aus, schleuderte das flatternde Ding empor in die Kuppel. Auch seine Füße gehorchten ihm nicht: Sie sprangen mit ihm vom Podest, tappten herum und streiften die Schuhe ab, traten nach ihnen. Nun stand er auf Socken im Ring. Die Menge vermeinte, dieser Akt gehöre zur Show, und johlte und jubelte ihm auch noch zu. Da schnappte er sich seinen Koffer und fing an zu laufen. Er lief auf den Spänen, die ihm die Socken durchstachen, verspürte sie kaum, lief hier, zum ersten Mal ohne zu stolpern, mit zügigen Schritten zum Künstlerausgang. Dort schlug ihm von jenseits des Vorhangs die keifende Stimme der Direktorin entgegen: „Pepito, was soll das, bist du von Sinnen?!“, raunzte die Frau. „Fort mit dir, führ deine Nummer zu Ende!“ - und er lief zurück, so schnell es die alten Beine vermochten. Aber… wohin jetzt, wohin? Auf keinen Fall wieder aufs Seil! Er rannte im weiten Kreis durch den Logierzirkel, sah durch den Schleier von Schminke und Tränen hindurch schemenhaft die grölende Masse über sich auf der Tribüne. Pah, das musste urkomisch ausschauen: Lief der Narr vor sich selber davon? Oder lief er sich selbst hinterher? Nach einer Umrundung der Reitbahn tauchte flimmernd hellgrün der Manegenkasten neben ihm auf. Er stürmte hinzu, nahm Schwung mit dem Koffer und sprang in einem Satz auf die Piste. Darauf jagte er weiter. Indessen stimmte die Zirkuskapelle, entweder aus Hilflosigkeit oder in dem Versuch, seine Nummer zu retten, den ‚Einmarsch der Gladiatoren‘ an. - Was sollte das geben? War er ein ‚Torero‘!? Die Leute begannen, im Takt mitzuklatschen, und er griff sich an die Perücke und riss sie sich schwungvoll vom Kopf. - Ein Aufkreischen, als sie jetzt seine Glatze erblickten. Er schwenkte den Haarschopf wie ein Torero die Mütze, bevor er ihn in die tosende Meute katapultierte. - „Schneller, schneller!“, rief man ihm zu, und er schleuderte Beine und Füße von sich, er warf sich hinein in das Klatschen unzähliger Hände, ins schrille Gelächter und in die Musik, in diesen wilden, wirbelnden Kreisel von Tönen und Farben und Licht. Dann, auf einmal, ehe er sich versah, trat er mit dem Fuß neben die Piste. Er rutschte ab und rauschte zur Seite weg, auf einen Zeltmast zu. Dort fiel er ums Holz herum, stürzte Hals über Kopf zum Parkett, schlug mit dem Koffer gegen die Absperrung der ersten Reihe und knallte hart mit der Stirn vor die Zuschauerloge. Da hockte er nun. Die Musik spielte weiter zum Trubel der Menge, wäh- rend er sich zu der Person auf dem Sperrsitz aufreckte, von der er nur eine Silhouette erspähte: „Ich bitte vielmals um Verzeihung!“, hörte der Clown seine eigene Stimme wie aus der Ferne aufschluchzen.

„Keine Ursache!“, klang es zurück.

Er fingerte nach einem Taschentuch, wischte sich über die Stirne und rieb sich die Augen; dabei war‘s ihm gleichgültig, dass seine Maske vollends verschmierte. Alsbald sah er klar. Aber er schreckte mit einem Mal heftig zusammen, wie er das Gesicht des Zuschauers über sich in der Loge erblickte: Das konnte nicht sein! Nein, nein, das war unmöglich! Er kannte den Mann, der da saß, nur allzu gut aus früheren, längst vergangenen Zeiten: Stark gealtert, mit vergreisten Zügen, das Antlitz über und über von tiefen Furchen und Falten gezeichnet und mit einem Augenpaar, das ihn aus eingefallenen, schwarzen schattigen Höhlen anstarrte, sah er den alten Trapezkünstler vor sich… „Ferdinand!? Du bist es?“ Ein Schauer fuhr ihm heißkalt den Rücken herunter: Er war es! Er! Er selber, ‚der Fliegende Ferdinand‘… ungeschminkt, ohne das stahlblaue Dress, gekleidet in einen grauen Straßenanzug: „Ferdinand… Was führt dich hierher!?“

„Aber Pepito, siehst du denn nicht!?“, bekam er zu hören. „Ich komme zu deiner Abschiedsvorstellung!“

„Abschiedvorstellung?“, rief der Clown entgeistert.

„Ja, heute ist dein großer Tag!“

„Papperlapapp!“ Er wich zurück vor dem Mann, der doch er selber war, drückte sich an den Manegenkasten, schien etwas zu suchen, griff in die Jacke, griff in den Koffer… und plötzlich war die Pistole im Spiel.

Welche Pistole? War es seine kindische Gummipistole, die ein buntes Geheimnis verbarg und aus deren Lauf, sowie man den Finger am Abzug betätigte, ein Strauß Blumen in knalligen Farben herausschoss? Oder handelte es sich um eine andere Waffe? Wem gehörte sie überhaupt, und in wessen Hand steckte sie? Wer hielt sie hier gegen wen? Ja, wer von den beiden hob ihren Lauf, gegen wessen Schläfe war sie gerichtet? Wer krümmte langsam den Finger am Abzug? - und dann der Knall! O nein! Keine Blumen… Ein Feuer blitzt auf, flammt hell aus der Mündung. Ein gellender Aufschrei. Die Menge erstarrt. Ein letztes Seufzen des Saxophons - und die Musik bricht schlagartig ab. Ein Raunen geht um. Der Clown bäumt sich auf. Kurz steht er aufrecht, kippt dann nach hinten weg über den Kasten. Er wirbelt herum und fällt in das Rund. Der Kopf schnellt zu Boden, hinein in die Sägespäne. Ein Zucken der Glieder. Dann liegt der Clown regungslos in der Arena, halb verscharrt unter den Splittern. Ringsum ist kein einziger Laut mehr zu hören. Es herrscht eine unerhörte Stille im Zelt.

Da! In der fünften Reihe steht jemand auf. Er hebt die Hände - und applaudiert! - „Bravo!“, ruft eine Dame von hinten. - „Ja, bravo, Pepito!“, tönt es vom Vorhang: Dort tritt die Direktorin hervor und mit ihr Jean Jacques, gefolgt von anderen aus dem Ensemble: „Du hast uns tüchtig genarrt!“, tönen Timmy und Tommy erleichtert, „heute hast du dich selbst übertroffen!“

Auf den Rängen erheben sich mehr und mehr Leute. Ein Beifall bricht los - ein rasender Beifall, kein Klatschen der Hände. Solch einen Applaus, wie er rundum entbrennt und das Chapiteau bis zur hohen Kuppel erfüllt, hat Pepito, der Clown nie erlebt. - „Bravissimo!“, brüllt der Kapellmeister, schwingt seinen Taktstock, und die Kapelle fällt ein in das tosende Feuer von Beifall und Trampeln und Rufen und Lachen. Dies Feuer brennt fort - auch, als sich die Holzspäne zur Schläfe des Narren blutrot verfärben - selbst dann noch, als die Komparsen einlaufen, den schlenkernden Körper auf eine Bahre verfrachten und ihn vom Schauplatz entfernen. Die Ovationen nehmen kein Ende.

*

Der Fall des toten Clowns wurde niemals geklärt und die Tatwaffe niemals gefunden. Während sie alle wie ausgelassen im Jubel dastanden, sah niemand mehr auf den Mann mit der Pistole, der sich vorneweg aus der Loge davonstahl und sich durch den Gang von Reihe zu Reihe nach oben bewegte. Niemand bemerkte, wie er nach draußen auf den Campierplatz entwischte und hinter den Wagen und Buden entschwand. Unerkannt, das Zelt mit den erlöschenden Lichtern im Rücken, zog er hinaus in die sternklare Nacht.

Gisela Witte

Einfach genial

Was würde ihr dieser Tag wohl bringen? Jeden Morgen las sie das Horoskop in der Tageszeitung, in der Erwartung einiger aufmunternder Worte und der Aussicht von unverhofftem Glück. Heute prophezeite es ihr die Begegnung mit einem Menschen, der ihr Leben verändern würde. Das wollte sie gern glauben, aber so wie es aussah, konnte dieser Mensch nur sie selbst sein. Sie faltete die Zeitung zusammen und schaute aus dem Küchenfenster in den Garten. Hinter der Garage erstreckte sich das Grundstück bis zur Schlucht. Dort wucherte eine Wildnis von Brombeerbüschen. Schon lange wollte sie die Brombeeren pflücken und Marmelade kochen. Auch musste der Rasen dringend gemäht werden. Außerdem hatte Walter ihr eine Reihe von Telefonaten aufgetragen. Sie sollte mit Galerien und Sammlern verhandeln und in der Stadt, Farben kaufen und Zeichnungen rahmen lassen. Nachmittags erwartete er, dass sie für ihn Leinwände grundierte und Keilrahmen spannte, dabei ließ er nicht den kleinsten Fehler durchgehen.

Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und spürte, dass sich Widerstand in ihr regte. Sollte sie nicht endlich wieder etwas für sich selbst tun? Ihr Leben erschien ihr als eine Abfolge sinnloser, leerer Tage. Sie schaute auf die Uhr. Wenn sie ihr Tagesprogramm schaffen wollte, musste sie jetzt das Frühstück für Walter vorbereiten: frisch gepresster Orangensaft, aufgeschäumter Milchkaffee, dazu Roggentoast und ein Zwei Minuten-dreißig Sekunden-Ei gewärmt von einer Styroporhaube. Aus Erfahrung wusste sie, dass sie ihm im Interesse ihres eigenen Wohlbefindens ein makelloses Frühstück servieren sollte.

Als Iris morgens den Briefkasten öffnete, flatterte ihr die Einladung zu einer Ausstellungseröffnung entgegen. Der Name der Künstlerin kam ihr bekannt vor und allmählich kehrte die Erinnerung zurück. Natürlich, sie kannte sie aus der Studienzeit. Es schien ihr als seien inzwischen Jahrzehnte vergangen.

Iris konnte die Vernissage kaum erwarten. Als sie die Galerie betrat, war gerade die letzte Ansprache beendet worden, die Besucher flanierten von Bild zu Bild, tranken Wein und tauschten sich aus. Die Künstlerin ging spontan auf Iris zu und die Sympathie, die sie in Studienzeiten verbunden hatte, stellte sich sofort wieder ein. Iris verließ die Ausstellung mit einem Hochgefühl und der Telefonnummer der alten Freundin. Kaum saß sie im Auto überfiel sie tiefe Niedergeschlagenheit. Warum hatte sie die letzten Jahre nur so vertan? Kaum war sie vor ihrem Haus aus dem Wagen ausgestiegen, wurde ihr schlecht und sie konnte gerade noch mit vorgehaltenen Händen hinter einen Busch laufen, um sich zu übergeben. Ihr wurde deutlich bewusst, dass dies nicht nur an dem reichlich genossenen Wein lag. Ihr Leben verlangte nach Veränderung, grundlegend.

„Hör mal, Walter“, sagte sie behutsam, als sie ihm das Frühstück servierte, „würde es dir etwas ausmachen „die vielen Skizzen aus meinem Atelier zu räumen?“

„Wozu denn das?“ brummelte er.

„Ich will wieder anfangen zu malen“, sagte sie fast entschuldigend. Er schaute sie zum ersten Mal an diesem Morgen über seinen Tassenrand hinweg an und musterte sie, als wolle er ihren Geisteszustand prüfen.

„Meinetwegen“, entgegnete er nach einer Weile mit sorgenvoller Miene, „wenn du darüber deine Aufgaben nicht vergisst.“

Wie könnte sie das wohl vergessen! Er ließ keine Gelegenheit aus, sie auf ihre Abhängigkeit hinzuweisen. Sie atmete auf, denn sie hatte sich die Unterredung komplizierter vorgestellt, mehr Widerstand erwartet.

Als sie abends ihr Atelier betrat, war tatsächlich eine Ecke freigeräumt.

In einer Mischung aus Vorfreude und Nervosität holte sie die Staffelei und ihre Malutensilien aus dem Wandschrank. So lange war es schon her, dass sie all diese Dinge benutzt hatte. Ob man wohl das Malen verlernen konnte?

Sie hörte ein Räuspern an der Tür. Er musste schon eine Weile dort gestanden und sie beobachtet haben und sah auf unbestimmte Weise beunruhigt aus.

„Kannst du nicht warten, bis ich alles entfernt habe“, murrte er.

Der Neuanfang fiel ihr schwer. Das Zeichnen wollte ihr nicht von der Hand gehen und sie empfand die ersten Skizzen als ungelenk und laienhaft. Täglich arbeitete sie, wann immer sie Zeit fand, auch bis in die tiefe Nacht hinein. Nach einigen Wochen, als sie feststellte, dass sie das Handzeichnen wieder beherrschte, wagte sie sich an ein Ölgemälde. Sie plante alles ganz sorgfältig, wie auf der Hochschule, fertigte Skizzen an, zeichnete mit Kohle Konturen auf die Leinwand und mischte Farben. Ihr schien, dass das Bild ohne ihr Zutun entstand und dass alles, was sie über Jahre zurückgehalten hatte, mit Macht aus dem Pinsel floss.

Geblendet von der Sonne erwachte sie und starrte benommen auf die Leinwand. Nachts war ihr das Bild noch als ein vollkommenes Werk erschienen, von weltbewegender Brillanz. Im unbarmherzigen Licht des Morgens bemerkte sie die Schwachpunkte.

Walter hatte unbemerkt das Zimmer betreten. Als sie ihn wahrnahm, murmelte sie zerknirscht: „Oh je! Schon so spät, tut mir leid, hab wohl verschlafen“.

Doch das schien ihn im Moment weniger zu interessieren. Seine Augen wirkten verschwollen und er trug einen Dreitagebart. Eingehend betrachtete er die Leinwand.

„Ich weiß, es ist furchtbar“, rief sie aus „ich werde es vernichten!“

„Es hat seine Schwächen“, stimmte er zu, „aber vielleicht lässt sich noch etwas retten.“

Er bekam seinen Raubtierblick, den er aufsetzte, wenn er etwas unbedingt wollte. Behutsam nahm er das feuchte Bild von der Staffelei. Sie schaute ihm verwundert hinterher, wie er es, wie eine Beute, in sein Atelier trug.

Die Telefonate, die Besorgungen und die Hausarbeit waren ihr lästig, denn sie war mit ihren Gedanken schon beim Malen. Walter rührte sich den ganzen Tag nicht aus seinem Atelier und rief sie auch nicht auf seine übliche herrische Weise. So konnte sie sich nachmittags in ihr Arbeitszimmer zurückziehen. Nach einigen Skizzen auf dem Papier begann sie die Leinwand zu bemalen. Sie geriet in einen rauschhaften Zustand. Dieses Gefühl kannte sie aus früheren Zeiten. Sie malte ohne Unterbrechung, das Bild entwickelte eine Eigendynamik, die sich völlig ihrer Kontrolle entzog.

Draußen vor den Fenstern setzte bereits die Morgendämmerung ein, als sie sich vollständig bekleidet auf das Sofa legte und in einen tiefen Schlaf fiel. Beim Erwachen galt ihr erster Blick der Leinwand. Das Bild hielt noch immer ihrem kritischen Blick stand. Es war eine gute Arbeit, sie wusste es zweifelsfrei und ein lange nicht mehr gekanntes Glücksgefühl durchströmte sie. Sie hatte das Malen nicht verlernt und war noch immer zu schöpferischer Arbeit fähig. Voller Elan lief sie die Treppe hinunter in die Küche, um Walter das Frühstück zuzubereiten.

Sie wollte so schnell wie möglich wieder zu ihrem Werk zurückkehren, sich an seinem Anblick erfreuen und es vielleicht mit einigen Pinselstrichen vollenden. Als sie wieder ihr Atelier betrat, blieb sie wie vom Donner gerührt stehen: Die Staffelei war leer und ihr kam ein furchtbarer Verdacht.

„Walter!“, rief sie mit einem hysterischen Unterton in der Stimme. Sie riss die Tür zu seinem Atelier auf. Er stand in seinem beklecksten Malerkittel vor der Staffelei und arbeitete wie in Trance.

„Wo ist mein Bild“, rief sie außer sich „hast du vielleicht …“

Ihr Blick erstarrte, als sie es, schon im veränderten Zustand, auf seiner Staffelei erblickte. Er war dabei, die beste Arbeit, die sie seit Langem hervorgebracht hatte, mit einem breiten Pinsel zu bearbeiten. Ihre unterschiedlichen Malstile waren eine erstaunliche Symbiose eingegangen.

Einen Moment lang drehte er sich um und schaute sie ausdruckslos an.

„In zwei Monaten habe ich eine Einzelausstellung in der Kunsthalle.

Ich bin schon im Verzug“, sagte er, als sei das eine ausreichende Erklärung.

Wut stieg in ihr auf, rot glühende Wut. Sie verließ den Raum, indem sie die Tür hinter sich zu knallte.

Am Spätnachmittag, als Iris gerade die Rosen wässerte, spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Sie zuckte zusammen.

„Bitte lass uns miteinander reden“, sagte Walter hinter ihr. Sie drehte den Wasserhahn zu und wischte sich die feuchten Hände an der Hose ab.

Schweigend liefen sie nebeneinander her bis zum Ende des Gartens. Der Gärtner hatte auf ihre Anweisung einige der wild wuchernden Brombeerbüsche entfernt und die trockenen Ranken zum Abtransport aufgehäuft. So war eine Schneise in der Hecke entstanden, die den Blick auf die Schlucht freigab.

Er berührte ihren Arm und legte alle Aufrichtigkeit, zu der er fähig war, in seinen Blick.

„Schon seit einiger Zeit bringe ich einfach nichts zustande. Keine Inspirationen, keine neuen Ideen, nada, zero. Da ist es eine glückliche Fügung des Schicksals, ein Wunder zur rechten Zeit, dass du wieder malst. Du musst mir helfen. Deine Art zu malen inspiriert mich. Bitte“, sagte er flehend, „wir sind doch ein Team.“

In einer hilflosen Geste nahm er ihre Hände. „Ich liebe dich“, flüsterte er und legte seine stachelige Wange an ihr Gesicht. So zärtlich war er schon seit Ewigkeiten nicht mehr mit ihr umgegangen. In ihrem Kopf herrschte Chaos. Etwas Umwälzendes war geschehen: Sie hatten die Rollen getauscht. Er hatte deutlich gesagt, wie sehr er schätzte, was sie malte und dass er ohne sie verloren wäre. Wenn sie ihn recht verstand, wollte er, dass sie die Bilder malte und er dann seinen Stempel darauf setzte. Widerstreitende Empfindungen kämpften in ihr.

Stunden später stand sie am Fenster und schaute in den Nachthimmel.

Eine leichte Brise trug den Duft der Rosen herein. Erst nach dem Gespräch hatte ihr Verstand wieder eingesetzt. Was war sie doch für ein Esel. Kaum sagte er ein freundliches Wort zu ihr, zerschmolz sie wie Butter in der Sonne. Wo blieb nur ihr Stolz. Sie hatte noch seine letzten Worte im Ohr: „Es ist in der Geschichte der Malerei nicht ungewöhnlich, dass mehrere Personen an einem Bild malen. Denk nur an die holländischen Meister, die sich als Handwerker verstanden.“

In diesem Moment kam ihr ein genialer Gedanke und sie fasste einen Entschluss. Am Himmel blitzte es - wie eine Zeichensetzung gefolgt von Donner und dann setzte ein gewaltiger Regen ein.

Während der gesamten Ausstellungseröffnung hielt sie sich im Hintergrund. In ihrem grauen Leinenkleid fühlte sie sich wie ein Gänseblümchen in einem Treibhaus voller Orchideen. All die eleganten Damen, die Walter mit Wangenküssen begrüßten, ihr makelloses Make-up, die tief ausgeschnittenen Kleider und roten Fingernägel in Überlänge wie Konkubinen japanischer Kaiser. Sie gaben Iris das Gefühl unbedeutend und unscheinbar zu sein.

Walter hatte schon immer sehr anziehend auf Frauen gewirkt und konnte zweifellos charmant und witzig sein. Er schüttelte Hände, nahm überschwängliche Glückwünsche entgegen; in seinem Gesicht leuchteten Erfolg und Erfüllung. Von Zeit zu Zeit strich er sich geschmeichelt über seine angegrauten Schläfen. Nicht ein einziges Mal kam ihm der Gedanke, sie vorzustellen.

Der gefürchtete Kunstpapst, Heinz Topf, der seit Menschengedenken als Markenzeichen ein Ziegenbärtchen trug, trat an Walter heran.

„Wundervolle Bilder, geradezu Seelenlandschaften, was für eine Peinture! Ich beglückwünsche Sie zu dieser neuen Pinselführung, ganz erstaunlich frisch und unverbraucht“.

Nachdem sich Heinz Topf mit einem letzten anerkennenden Nicken entfernt hatte, flüsterte Iris Walter verschwörerisch ins Ohr: „Der neue Pinsel war ich.“

Walter drehte sich langsam zu ihr um, sein Blick schien zu gefrieren. An seiner linken Schläfe konnte sie eine Ader pochen sehen.

„Ich finde es höchst bedauerlich, dass du dich nicht mit mir freuen kannst. Es ist mir nicht entgangen, dass du als bestenfalls mittelmäßige Malerin von Anfang an eifersüchtig auf mein Können und meine Erfolge warst.“

Sein Mund war zu einer verächtlichen Linie gepresst. Er ließ sie stehen und zog mit seiner Gefolgschaft in den Nachbarraum. Ihr war, als hätte sie eine Ohrfeige erhalten. Sie schaute ihm nach, unfähig sich zu rühren, wie er sich - und das nicht nur räumlich - immer weiter von ihr entfernte. Er war wie ein Fremder - noch dazu einer, den sie nicht besonders gut leiden konnte. Sie verließ die Galerie und lief erregt, ohne ihre Umge- bung wahrzunehmen, durch die Straßen.

Das Gespräch, das sie neulich mit ihrer Studienfreundin Beatrice geführt hatte, kam ihr wieder in den Sinn.

„Das Opfer trägt ebenfalls Schuld, wenn es sich nicht wehrt“, hatte Beatrice entgegnet, nachdem Iris ihre Lebenssituation geschildert hatte.

Die folgenden Wochen verbrachte Iris fast ausschließlich mit Malen, sie malte wie besessen. Sie schloss sich dabei in ihr Atelier ein. Walter begegnete sie nur selten. Er hielt sich ohnehin nur im Haus auf, um sich umzuziehen oder um seinen Rausch auszuschlafen. Gelegentlich hörte sie ihn von seinem eigenen Anschluss aus telefonieren und konnte den Gesprächsfetzen entnehmen, dass er sich entweder auf Partys feiern ließ oder Verabredungen traf. Sie stellte fest, dass es ihr herzlich einerlei war, was er trieb, was zählte, war einzig und allein das Malen.

„Darf ich dir eine Einladung überreichen“, begrüßte sie Walter eines Morgens, als er gerade das Haus betrat.

„Es ist natürlich nichts Besonderes, nur eine Ausstellung von Bildern einer mittelmäßigen Malerin.“ Sie lächelte und es war kein schönes Lächeln.

Ein Ausdruck tiefer Fassungslosigkeit breitete sich über sein Gesicht aus.

„Eine Ausstellung? Was für Bilder willst du denn überhaupt ausstellen?“

„Ach, nicht der Rede wert“, sagte sie mit einer wegwerfenden Geste.

Am Tag der Vernissage ereigneten sich sonderbare Dinge, die ihre Aufregung noch steigerten. Beinahe wäre sie die Treppe hinunter gestürzt. Eine Diele hatte sich gelockert, glücklicherweise konnte sie sich gerade noch am Geländer festhalten. In diesem alten Haus sind doch ständig Reparaturen notwendig, dachte sie. Als sie in der Küche, wie gewöhnlich ihren Tee trinken wollte, schmeckte er ungewöhnlich bitter, sodass sie den Inhalt der Tasse in die Spüle kippte. Der Verdacht, dass Walter sie womöglich daran hindern wollte, zur Vernissage zu erscheinen, kam ihr erst, als sie feststellte, dass die Haustür verschlossen war. Auch befand sich ihr Schlüssel nicht, wie gewöhnlich, in ihrer Handtasche. Dieses Problem konnte sie jedoch schnell lösen. Sie rief bei der Nachbarin an, der sie einen Ersatzschlüssel überlassen hatte.

Für einen Moment blieb sie zögernd vor der Galerie stehen und schaute durch die Schaufensterscheiben. In den Ausstellungsräumen drängten sich die Besucher und alle waren nur ihretwegen gekommen, um ihre Bilder zu sehen. Dies war der Moment, den sie lange herbeigesehnt und für den sie so hart gearbeitet hatte. Sie straffte die Schultern und stieß die Tür auf. Die Galeristin erblickte sie, stürzte ihr entgegen und zog sie in den Raum. Iris genoss die Aufmerksamkeit, sie war nicht länger unsichtbar - so wie in den letzten Jahren. All die Glückwünsche und anerkennenden Worte ließen sie aufblühen, es schien ihr, als ob sie sich schwebend durch die Räume bewegte. „Was für ein großartiges Comeback“, sagte der Redakteur des bekannten Kunstblattes „Art fever“.

„Und dazu so viele rote Punkte an den Bildern“, entgegnete sie lächelnd. Sie war davon überzeugt, dass an diesem Abend ein neues, ein vielversprechendes Leben für sie begann und sie fand es nicht weiter erstaunlich, dass der Redakteur sie zu einem Termin für ein Interview drängte. Walter sah sie nur für wenige Minuten aus der Ferne. Er ignorierte sie und hastete mit grimmiger Mine von Bild zu Bild. Gelegentlich setzte er die Brille ab und putzte die Gläser mit einem Taschentuch als könnte er seinen Augen nicht trauen.

Als Iris aus dem Taxi stieg, die Arme voller Blumen, fühlte sie sich im doppelten Sinn angeheitert. Was für ein grandioser Abend! Sie war als eine begabte Künstlerin gefeiert und von Männern hofiert worden. Ein Kunstsammler, ein, durchaus geeignetes Objekt für erotische Fantasien, hatte ihr sogar seine Visitenkarte zugesteckt und eine Essenseinladung gemurmelt. Kichernd kramte sie in ihrer Tasche nach den Schlüsseln und stellte verwundert fest, dass die Lampe über der Tür nicht eingeschaltet war, was die Suche nach dem Schlüsselloch erschwerte. Seltsamerweise brannte im ganzen Haus kein Licht und ein Gefühl von Gefahr fiel sie förmlich an. Die ganze Hochstimmung des Abends wich wie Luft aus einem Ballon und sie war schlagartig ernüchtert. Der Flur war nur schwach erleuchtet und durch das Fenster der angrenzenden Küche drang das fahle Mondlicht. Im Haus herrschte vollkommene Stille. Sie hielt für einen kurzen Moment den Atem an, tastete nach dem Lichtschalter und hörte ein leises Knacken der Dielen. Gegen das Licht des Küchenfensters zeichnete sich ein dunkler Schatten ab. Iris stieß einen unterdrückten Schrei aus und drückte auf den Schalter. Das Licht flammte auf und sie erblickte Walter, der sich gegen die Wand presste, eine Whiskyflasche umklammert. Er starrte sie mit hassverzerrtem Gesicht an, warf die Flasche nach ihr und wollte sich auf sie stürzen. Um den Bruchteil einer Sekunde war sie schneller und hastete die Treppe hinauf. Sie hörte die Flasche an der Wand zerschellen, dann ein Schnaufen in ihrem Rücken, ein Poltern und lautes Fluchen. Jetzt erinnerte sie sich an die lockere Treppendiele, die ihr beinahe selbst zum Verhängnis geworden wäre. Walter schien gestürzt zu sein und rief nach ihr. Sie knallte die Ateliertür zu und schloss sie ab. Schwer atmend lehnte sich mit dem Rücken an den Türrahmen. Fassungslos schaute sie sich im Raum um: Sämtliche begonnenen Bilder waren verschwunden und der Fußboden war mit einer Lache wild ineinanderfließender Ölfarben bedeckt. Walter hatte - offenbar in einem Wutanfall - sämtliche Farbtuben ausgedrückt. Er war verrückt geworden, komplett durchgedreht. Spontan bewaffnete sie sich mit dem Papiermesser, das auf der Arbeitsplatte lag. Sie presste das Ohr an den Türrahmen. Die Rufe im Treppenhaus waren verstummt. Unschlüssig lief sie an den Rändern des Farbensees hin und her. Ihr schien, dass sich ihr ganzes bisheriges Leben innerhalb kurzer Zeit auflöste und verglich es mit dem Durcheinander der Farben. Hektisch begann sie mit einem Spachtel die Farbe vom Fußboden zu kratzen, um dann wieder in das angrenzende Zimmer zu laufen, wo sie wahllos Kleidung aus dem Schrank zerrte und in den Koffer stopfte.

Irgendwann musste sie eingeschlafen sein, denn sie wachte angekleidet auf ihrem Bett liegend vom Klingeln des Telefons auf. Mit einem Blick auf den Wecker stellte sie fest, dass es bereits fast zwölf Uhr war.

„Iris, mein Schatz“, hörte sie Walter mit seiner sanftesten Stimme sagen, „es tut mir so unendlich leid. Ich wollte dir keine Angst machen. Ich habe dir etwas zum Essen vor die Tür gestellt.“ Nach einigen Minuten öffnete Iris die Tür und überprüfte den Flur. Als Walter weder zu sehen noch zu hören war, zog sie das Tablett mit dem chinesischen Essen in ihr Atelier.

Während sie die Nudeln hungrig in sich hinein stopfte, fiel ihr ein, wie er sie am Anfang ihrer Beziehung mit Aufmerksamkeiten überschüttet hatte.

Je weiter der Tag fortschritt desto, unwirklicher erschienen ihr die Ereignisse der letzten Nacht, wie etwas Erfundenes, Geträumtes.

Sie blieb die ganze Zeit in ihrem Atelier, überlegte sich ihre nächsten Schritte und konnte zu keinem Entschluss kommen. Ob eine Annäherung zwischen ihnen vielleicht doch noch möglich war?

Irgendwann klopfte es an der Tür.

„Bitte komm runter, ich habe ein Abendessen gekocht“

Wahrscheinlich konnte sie sich jetzt wieder gefahrlos im Haus bewegen, aber vorsorglich würde sie das Papiermesser mitnehmen. Als sie die Treppe hinunter tappte, stellte sie fest, dass das hervorstehende Dielenbrett repariert worden war. Walter hatte mit großer Sorgfalt sein Äußeres wieder hergestellt. Er duftete nach Rasierwasser, trug ein makellos gebügeltes weißes Hemd und dazu Jeans. Nur die blutige Schramme auf der Stirn, die ihm etwas Verwegenes verlieh und ein leichtes Hinken erinnerten noch an den Unfall auf der Treppe.

„Liebes“, sagte er fast unterwürfig, „es tut mir so leid, was letzte Nacht passiert ist. Das war nur der verdammte Alkohol. Magst du einen Wein?“ Sie blickte auf den perfekt gedeckten Tisch. Sogar an Rosen aus dem Garten hatte er gedacht. Glaubte er wohl, dass sie jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen könnten? Sie griff nach dem Glas, das Walter beflissen eingeschenkt hatte und verließ wortlos die Küche.

Am frühen Morgen sprengte Iris wie immer den Rasen. Sie entfernte gerade verwelkte Blätter von den Blumen, als Walter aus dem Haus gestolpert kam. Die Haare standen ihm zu Berge und mit den geröteten Augen und dem befleckten Hemd vom Vortag sah er aus, als sei er glimpflich einem Verkehrsunfall entkommen. Er schwenkte eine zerknitterte Zeitung in der Hand und als er näher kam, schlug ihr eine Whiskyfahne entgegen.

„Das ist ja die Höhe“, schrie er. „Hast du schon den schwachsinnigen Artikel dieses Analphabeten über deine Ausstellung gelesen?“ Er las:

„Sie meistert den Meister, wobei ich wohl den gemeisterten Meister darstellen soll.“ Er umrundete sie unablässig wie ein Hütehund und folgte ihr, ein Bein nach sich ziehend über die Wiese.

„Das dulde ich nicht, dass du die guten Bilder heimlich aus dem Haus schaffst und mir nur minderwertiges Zeug zur Weiterarbeit überlässt. Ab sofort bekomme ich deine gesamte Produktion. Schließlich habe ich dir alles beigebracht, was du kannst“, schrie er.

„Tatsächlich? Ich finde, dass, du mich eher in meiner künstlerischen Entwicklung blockiert hast“, sagte sie ärgerlich.

„Ach, Madame hält sich für die große Künstlerin wegen einer einzigen erfolgreichen Ausstellung. Du hast schon immer zu den Schuld- und Sühnebesessenen gehört“, entgegnete er giftig und gab beim Reden einen feinen Sprühregen von sich.

„Unsinn“, sagte sie und bemühte sich ruhig zu bleiben. „Sei ehrlich zu dir selbst. Wenn du gerade ein künstlerisches Tief hast, dann mach eine Pause, aber lass mich aus dem Spiel.“

Sie schwieg einen Moment und sagte dann mit fester Stimme:

„Es ist wohl besser, wenn ich ausziehe.“

„Du Nutte“, schrie er, „jahrelang habe ich dich durchgefüttert und wenn ich dich brauche, kneifst du!“ Sein Gesicht verzog sich zu einer hassverzerrten Maske und er stieß sie vor sich her, bis sie am Ende der Wiese angelangt waren.

Wutanfälle hatte sie schon häufiger bei ihm erlebt. Aber seine Ohrfeigen trafen sie gänzlich unvorbereitet. Er geriet völlig außer Kontrolle. Seine rechte Hand hatte sich zur Faust geballt und wollte auf sie zusausen. Sie sprang zur Seite und der Schwung riss ihn nach vorne. Er stolperte und stürzte durch die Lücke zwischen den Büschen in die Tiefe. Hatte sie bei seinem Sturz nachgeholfen und ihm zusätzlich einen Stoß gegeben? Im Nachhinein konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie hörte seinen gellenden Schrei. Er schien an einem Ast hängen geblieben zu sein und rief nach ihr.

„Iris, hilf mir, schnell!“ Sie lauschte den Rufen unter ihr mit dem Gefühl, als ob sie das alles nichts anginge. Nach einiger Zeit gab es ein knackendes Geräusch und die Stimme verstummte endlich.

Als sie über die Wiese zurücklief, spiegelte sich die aufgehende Sonne in den Fenstern des Hauses. Ihr wurde bewusst, dass sich gerade die Möglichkeiten in ihrem Leben vervielfacht hatten. Sie blieb stehen und atmete tief den Duft der Rosen ein.

Markus Thiele

Glaubensfragen

Mansour ist schweißgebadet. Er hockt auf dem Boden seiner Zelle. Schnell, stoßweise atmet er ein, aus. Rinnsale laufen ihm von der Stirn, das Salz der Poren beißt in den Augen. Er hat es lange aufgegeben, die Nächte zu zählen, die ihm solche Kraft, solche Ausdauer abverlangen. Solchen Mut.

Sein Raum ist ordentlich gesichert. Kameras und eine Lichtschranke spähen ihn aus. Patrouillierende Wachmänner wollen beiläufig wirken, wenn sie durch den Türschlitz lugen. Doch alle staatliche Gewalt hat sie nicht bemerkt, die Ecke hinter seinem Bett. Die Stelle an der Wand, an der er seit Monaten mit dem Tafelmesser kratzt. Wenn seine Leute wüssten, was er hier treibt. Vielleicht würden sie ihn wieder respektieren. Drei Jahre liegt der Vorfall jetzt zurück. Drei Jahre ohne Ehre. Er weiß: Die wird er nie wieder erlangen. Aber darum geht es auch nicht.

Unermüdlich bearbeitet er mit der stumpfen Klinge die feuchten Tonklinker des Altbaus und den lehmigen Mörtel. Ikbal, die ihm damals versprochen war, hat es ihm zugesteckt eines Tages im Gästeraum. Sie hat ihn umarmt und das Metall in Mansours Hosentasche gleiten lassen. Mit aufgerissenen Augen sah er sie an und küsste sie unversehens, küsste sie so lange, bis der Wachmann ihre Münder voneinander trennte. Danach ist Ikbal nie wieder gekommen.

Wenn das Messer an der Mauer nagt, am Weg in die Freiheit, dann kämpft David gegen Goliath. Die Hände schmerzen nur noch selten. Sie sind trainiert, sind Marathonläufer geworden in den unzähligen Nachtschichten.

Vorsicht. Im Gang: Ein Geräusch? Mansour starrt zur Tür. Geht der Schlitz auf? Nein, er hat Glück. Alles still.

Irgendwann, es war während der Mahlzeiten, erfuhr er vom Nebengebäude, dem alten Trakt der Staatsanwälte, die umgezogen waren in neue Büros. Er hörte, wie sich die anderen am Tisch, Deutsche zumeist, über Fluchtwege besprachen. Die Salpeterausblühungen am Mauerwerk verbuchten sie als Vorteil, so wie das Alter des Alarmsystems. Mansour hörte zu und speicherte ab. Er aß mit gesenktem Kopf. Er wusste, die anderen am Tisch glaubten von ihm, er verstehe ihre Sprache nicht. Selten redete er ein Wort, und wenn die anderen ihn herausforderten, mit versteckten Boxhieben oder Kniffen reizten, leistete er keine Gegenwehr. Er ließ sie gewähren und lächelte, mit seinen Gedanken unentwegt bei Ikbals Messer.

Die verwaisten Räume liegen hinter seiner Zelle, hinter seinem Kopf. Er beginnt immer in der Nacht, und am Tag schiebt er das alte Holzbett davor. Das Loch, gut einen halben Meter breit, hat inzwischen bröselnd an Tiefe gewonnen, Stunde für Stunde, Monat für Monat. Die Schuttkrümel lässt er in seinen Hosentaschen verschwinden und verteilt sie am folgenden Tag beim Hofgang unter den Büschen. Wie immer unterbricht er sich auch diesmal beim Kratzen, setzt sich zu Boden und versucht, mit dem Fuß einen Durchbruch zu erzwingen. Er liegt auf dem Rücken und tritt mit dem rechten Bein tief hinein in die Öffnung. Plötzlich lösen sich vereinzelte Brocken. Wenige Millimeter zuerst, sie sind hartnäckig. Doch schon lässt Mansour weitere Tritte folgen, sein Herz galoppiert in der Brust. Unablässig stößt er jetzt hinein in die Höhle. Getrieben von einer Hast, die er schon vergessen glaubte, tritt er wieder und wieder zu, unterbricht sich, hustet in seine Armbeuge, atmet durch, stampft weiter. Und als er schon nicht mehr daran glaubt, als er sich schon weitere Nächte Arbeit verordnet hat, fällt der erste Stein. Mansour kann es nicht fassen. Ist er wirklich durch? Seine weit aufgerissenen Augen, die Atmung, rasend wie nach dem Boxtraining. Er blickt durch die Öffnung, sein Körper umhüllt von Gänsehaut. Als er begreift, was soeben geschieht, richtet er sich auf, schnappt seine Jacke und schlängelt sich durch den Tunnel. Im verlassenen Büro eines Staatsanwalts öffnet er das Fenster, spring auf die Wiese, zwei Stockwerke hinab und rennt davon.

Bald erreicht er die Trasse der Straßenbahn. Die läuft er jetzt entlang. Seine Oberschenkel brennen, sie kennen keine Langstrecke mehr. Unter dem Bogen einer Sandsteinbrücke zwingt er sich zu einer Pause. Schwer atmend schaut er dem Nebel zu, der wie Fetzen über dem Fluss hängt. Die Luft ist moder- und uringetränkt hier unten. Eine Schiffsirene dröhnt in der Nähe. Sein ganzer Leib zittert. Novemberkälte kriecht unter die Haut. In seiner Hand betrachtet er das Messer, seinen Schlüssel. Er umschlingt ihn mit der Faust, bis die Knöchel weiß werden. Es ist bereits hell, schüchterne Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch dunkle Wolkenberge. Mansours Blicke sichern nach allen Seiten, vielleicht sucht man ihn schon, hat schon seine Grabung entdeckt.

Er richtet sich auf, läuft zur nächsten Haltestelle und nimmt Linie elf. Er steigt hinten ein. Immer wieder schaut er zurück, dreht sich nach links, nach rechts. Er prüft Gesichter, befürchtet Verfolger. Aktentaschen wischen an ihm vorbei und weiße Hemden mit Krawatten. Büroalltag beginnt. Am Bahnhof sucht er eine Anschlussverbindung und fährt drei Stationen. Beim Aussteigen rempelt ihn eine alte Frau an, Mansour weicht zur Seite. Sie ist sehr dick, diese Frau, und trägt unzählige Plastiktüten mit sich herum. Der Gestank, den sie verbreitet, schnürt die Kehle zu.

Mansour lässt einige Blocks hinter sich und läuft zum alten Fabrikgelände. Die Betonruine stand schon damals leer, als die Tat geschah. Die Fensterscheiben eingeschmissen, die Wände mit Graffiti beschmiert wie die Mauer, die vor langer Zeit die Stadt in zwei Teile trennte. Mansour bleibt stehen. Zwei Tauben klatschen plötzlich aus einem der Gebäude und schießen in die Wolken. Von Fern klingt Hundegebell herüber. Mansours Blickte kreisen umher. Die Luft ist erfüllt von zerschmortem Gummi, von kalter Asche und er glaubt, noch immer das warme Blut spüren zu können an seinen Händen. Magensäure steigt in ihm auf und brennt in der Kehle. Unweigerlich muss er an seinen Jambia denken, seinen Krummdolch, das Geschenk seines Vaters. Alte Familientradition.

Mansour starrt zu Boden. Hier ist es geschehen, genau an dieser Stelle. Der Ort legt ihm einen Strick um den Hals und zieht an. Hitze steigt ihm ins Gesicht. Die Zeit hat die Spuren der Tat fortgespült. Hier kniete er dereinst, beugte sich über das Mädchen, das zusammengesunken war mit dem Jambia in der Bauchhöhle, mit der Familientradition. Jetzt sieht Mansour die Bilder von damals wieder deutlich: Die Kerle, die um ihn herum standen, getrennt in zwei Lager. Fein säuberlich getrennt, mit deutscher Gründlichkeit. Kahlgeschorene Köpfe, hochgeschnürte Stiefel. Gegenüber die Freunde, den gleichen Hass in den Augen. Ein Hass, der über Generationen gereift ist und der sich ausgebreitet hat unter ihnen und ihren ewigen Gegnern wie ein Virus. Mansour erinnert sich an die Blicke aus blauen wie aus braunen Augen. Sie alle zeigten, dass man einen Entschluss gefasst hatte, einen stillschweigenden, verbotenen Pakt eingegangen war. Er lautete: Lasst uns abhauen. Und alle hauten ab. Bis auf Mansour, der dem Mädchen den Dolch aus dem Bauch zog und der die Wunde zudrückte mit seinem Halstuch. Die junge Frau starb noch am Unfallort. Mit der Hand schloss Mansour die geschminkten Augenlider. Dann traf auch schon die Polizei ein und nahm ihn, der blutverschmiert war, mit. Zu sieben Jahren wurde er verurteilt. Der Anwalt, den sie ihm von Amts wegen gestellt hatten, sprach von Angemessenheit.

Mansour kneift sich in die Nasenwurzel, er schüttelt den Kopf, die Erinnerung soll verschwinden. Ein einziges Ziel, sein Ziel vor Augen setzt er sich wieder in Bewegung.

Es gibt ihn noch, den großen Elektronikmarkt. Mansour spielt Kunde, lächelt beim Hineingehen die beiden Herren in Uniform an. Privates Wachpersonal, Pitbulls in mausgrau. Mansour muss nicht lange suchen, um zu finden, was er braucht. Er nimmt das Diktiergerät vom Regal, packt es aus und lässt den Karton auf die Erde fallen. Ein sanfter Tritt befördert ihn unter die Auslage. Zwei Gänge weiter zieht er noch ein Päckchen Batterien von der Stange und verstaut es ebenfalls in der Jakkentasche. Als er die Kasse passiert wünscht er der Frau hinterm Tresen einen angenehmen Tag. Gelangweilt schaut sie auf und wünscht dasselbe.

Es ist spät am Abend, als er die vier Männer aus seinem Gebüsch im Stadtpark endlich sieht. Sie gehen auf der anderen Straßenseite. Er kennt sie alle. Und auch der eine ist dabei, der, auf den es Mansour abgesehen hat. Marco heißt er. Seinen Namen hat er sich vertikal an die linke Halsseite tätowieren lassen. Die Vier schlendern mit Überheblichkeit gegenüber Jedermann. Wer ihnen entgegenkommt, hat auszuweichen, hat die Straße freizugeben, die ihnen gehört. Vorsichtig, in gebückter Haltung, nimmt Mansour ihre Verfolgung auf. Im Schutz der Bäume und der Dunkelheit heftet er sich an ihre Fersen, bis die Gruppe der Männer sich irgendwann auflöst und Marco allein ist und kurz darauf auch schon einen der Blocks betritt. Noch bevor die Tür hinter ihm ins Schloss fällt, steckt Mansour einen Fuß dazwischen, hört Schritte auf der Treppe nach oben steigen und bald darauf ein Türschloss knacken. Die Luft ist rein, Mansour schleicht in den Hausflur und kriecht unter den Treppenvorsprung gegenüber dem Eingang. Die automatische Beleuchtung erlischt. Er lauert. Hin und wieder springt das Licht an, Menschen gehen ein oder aus. Sind Springerstiefel darunter? Sein Puls vibriert, wenn Mansour sich mit dem Kopf aus der Deckung wagt. Sein Rivale lässt auf sich warten. Stunden ziehen dahin wie zäher Kaugummi. Am Himmel steigt allmählich die Sonne empor. Mansour stemmt sich eben gegen die tonnenschwere Last seiner Augenlider, als er plötzlich aufschreckt: Marco kommt die Treppe herunter und kontrolliert seinen Briefkasten. Er steht gute zwei Meter von Mansour entfernt, dessen Blick sich sofort festbeißt an der Tätowierung. Einer Raubkatze gleich springt Mansour auf den anderen zu und nimmt ihn hinterrücks in den Würgegriff. Mit der anderen Hand packt er Marcos linkes Handgelenk, dreht es nach hinten und drückt es zwischen die Schulterblätter. Marco schreit auf. Er versucht sich zu drehen und mit dem Ellenbogen den Körper seines Angreifers zu treffen, sich aus der würgenden Armbeuge zu befreien. Doch es gelingt nicht. Mansour lässt Kräfte wirken, gegen die der Überwältigte nichts ausrichten kann; blitzschnell zieht er ihn zur Kellertreppe, zerrt ihn hinab und reißt ihn in dem dunklen Gewölbe zu Boden.

„Lass verdammt noch mal meinen Arm los“ schreit Marco.

„Hör auf zu Brüllen, Scheißkerl.“ Mansour gibt den Arm frei, zieht dafür aber seinen Würgegriff an.

„Was willst du, Knoblauchfresser, mich erwürgen?“

„Ja, vielleicht. Vielleicht will ich dich erwürgen. Vielleicht will ich dich aber auch einfach nur abstechen und verbluten lassen, wie ein geschlachtetes Schwein.“

„Seit wann bist du draußen?“ Marcos Stimme klingt verzerrt, der Arm um seinen Hals presst auf den Kehlkopf.

„Ich bin nicht draußen.“

„Was?“, fragt Marco.

„Ich habe nur etwas zu erledigen.“

„Und was willst du von mir?“

Mansour greift in seine Jackentasche. Er holt das Tafelmesser hervor, das er seinem Vordermann präsentiert.

„Was zum Teufel soll das?“ Marco scheint tatsächlich beeindruckt.

Mansours Befürchtung, das könnte nicht so sein, war unbegründet. Er nimmt das Messer zurück, holt mit derselben Hand jetzt das Diktiergerät hervor, drückt den Aufnahmeknopf. Dann setzt er dem anderen die Klinge an die Nieren und verursacht ein Zucken bei ihm.

„Wie ist dein Name?“ Mansour spricht leise.

„Sag mal bist du bescheuert?“

Mansour drückt die Klinge in die Daunenjacke

„Schon gut. Ich, ich heiße Marco Brandt.“

„Dein Alter und deine Anschrift.“

„Was soll der Schwachsinn?“

„Alter und Anschrift sage ich!“ Mansour flüstert.

Der andere erteilt die Auskunft und er beantwortet auch viele Fragen, die Mansour jetzt folgen lässt. Ein lang geplanter Katalog wird abgearbeitet. Immer, wenn Marco stockt, zuckt die Klinge unter seinen Rippen und er gehorcht. Als Mansour gehört hat, was gehört werden musste, verstaut er das Messer in seiner Tasche und nimmt auch das Diktiergerät an sich. Zum Abschied reißt er noch einmal seinen Würgegriff an und schleudert Marco zur Seite, der sich gekrümmt auf dem Boden wälzt.

„Damals hat man sich erzählt, du wolltest aussteigen.“ Mansour steht schon mit einem Bein auf der Treppe.

„So, was du nicht sagst“, Marco lacht bitter. „Vielleicht stimmt es ja, was man sich erzählt hat damals. Ja, vielleicht wollte ich aussteigen. Aber dann bist ja du Arschloch dazwischen gekommen.“

„Es ist nie zu spät.“ Mansour dreht sich um und verschwindet.

Am selben Tag, einige Stunden später, wacht der Pförtner am Haupttor des Gefängnisses durch das Schrillen der Eingangsklingel auf. In seinem Monitor sieht er einen Mann vor der Sicherheitstür stehen.

„Was wollen Sie?, fragt der Pförtner durch die Sprechanlage.

„Ich bin hier zu Hause“, sagt der Mann.

Der Pförtner stutzt, blickt jetzt genauer auf den Bildschirm und löst sofort Alarm aus. Mansour lässt sich von den Wachen abführen.