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Ylva sucht Stille, Abstand, einen Neuanfang und findet ihn in einem abgelegenen Waldgebiet, wo nur ein einziges der vier Häuser bewohnt ist. Der ideale Rückzugsort, wie es scheint. Ihr Nachbar Bjarne wirkt freundlich, hilfsbereit und unaufdringlich. Aber der Schein trügt. Eine schockierende Entdeckung erschüttert Ylvas mühsam gewonnene Sicherheit und bringt etwas Dunkles in Bewegung. Jemand kennt ihr Geheimnis. Als sie flieht, wird sie verletzt und plötzlich zählt nur noch eines: Wer ist Bjarne wirklich? Und wie nah ist die Gefahr?
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Anmerkung
Protagonisten
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
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Impressum
Auf das in Schweden übliche Duzen wurde zugunsten der Lesbarkeit verzichtet.
Die Geschichte sowie sämtliche Protagonisten, Institutionen und Handlungen sind in diesem Roman frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Wo tatsächlich existierende Orte erwähnt werden, geschieht das im Rahmen fiktiver Ereignisse. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Wie ein gejagtes Tier hetzte sie durch den dunklen Wald, die schmale Mondsichel schickte nur einen Hauch ihres silbern schimmernden Lichtes zur Erde. Klauenartige Äste schienen nach ihr zu greifen und an ihrer Kleidung zu zerren, während der Wind heulend durch die hohen Wipfel fuhr.
Du musst weiter, immer weiter spornte sie sich an, während ihre nackten Fußsohlen das weiche Moos berührten. Ihr Atem ging stoßweise und der Schweiß perlte von den Schläfen. Dornen krallten sich in ihre Haut und hinterließen blutige Striemen, aber Ylva achtete nicht darauf. Jemand war ihr dicht auf den Fersen, sie konnte deutlich den schweren Atem und das Rascheln von Kleidung vernehmen.
Beunruhigt schaute sie sich um. Sie wusste nicht mehr, wo sie war, und hatte vollends die Orientierung verloren. Durch den Tunnelblick hatte sie gar nicht bemerkt, dass sie direkt auf einen Abgrund zurannte. Sie streckte verzweifelt die Arme aus, um sich irgendwo festzuhalten, aber es war bereits zu spät. Ein kräftiger Stoß zwischen ihre Schulterblätter ließ sie über die Kante taumeln und sie fiel und fiel und fiel in eine bodenlose Schwärze …
* * *
Blinzelnd öffnete sie die Augen und der Traum sowie das Gefühl des Fallens verblassten. Nur die undurchdringliche Finsternis wollte nicht weichen. Kein Funken Licht, keine Geräusche, keine Erinnerung. Sie wusste nicht, wo sie sich befand und wie sie hierhergekommen war. Stumm verharrte sie in einer bewegungslosen Starre und konnte nicht einmal erfassen, warum das so war.
Da waren Schmerzen, die sie wie durch einen dichten Nebel wahrnahm, aber mehr auch nicht. Vielleicht noch Hunger und quälender Durst und das dringende Bedürfnis, die Blase zu leeren. Und dann diese Kälte, die ihr ständig über die nackte Haut fuhr und ihren Körper zum Beben brachte.
Nein, sonst war da wirklich nichts, und gerade das bereitete ihr die größte Sorge. War sie an diesem höllischen Ort vergessen worden? Obwohl, das konnte nicht die Hölle sein, denn dort würde das Feuer lichterloh brennen. Aber statt züngelnder Flammen schwebte sie körperlos in dieser immerwährenden Dunkelheit.
War sie vielleicht tot und in einer Zwischenwelt gefangen? Konnte es tatsächlich möglich sein?
Sie wollte schreien, rennen, sich bewegen, aber das funktionierte nicht. Panik machte sich breit, weil sie rein gar nichts fühlen und spüren konnte. Keine grenzenlose Erschöpfung, keine Müdigkeit, nur dieser diffuse Schmerz, dort irgendwo …
Sie schloss die Augen, weil sie sowieso nichts sehen konnte, ließ sich treiben und verharrte doch nur bewegungslos auf der Stelle. Was zum Teufel war nur geschehen? Und dann hörte sie die Stimmen der Männer, die sie verfolgt hatten, und für eine Schrecksekunde setzte ihr Herzschlag aus.
War es das? War es das Ende?
Ylva beschleunigte ihre Schritte. Gleich würde sie ihr Ziel erreicht haben und ihr Herz klopfte in einem schnellen Rhythmus. War es Aufregung, Neugier oder gar Angst?
Ihre Bewegungen waren hölzern und steif, als sie sich dem Haus näherte. Einsam war es hier, vielleicht sogar ein wenig unheimlich. Gut so. Sie liebte diese Stille, mit der das Gefühl von Geborgenheit einherging. Endlich frei zu sein und alles hinter sich zu lassen, wie sehr hatte sie diesen Moment herbeigesehnt.
Die leichte Biegung gab endlich den Blick frei. Ylva ließ erleichtert die Tasche fallen und stieß einen befreienden Seufzer aus. Das Haus war bedeutend ansehnlicher und weniger reparaturbedürftig, als sie angenommen hatte. Die dichten Bäume hatten das Moos auf den Dachschindeln wachsen lassen und rustikale Fensterläden verwehrten den Blick ins Innere. Dieses Holzhaus versprach die Art von Sicherheit, nach der sie sich in letzter Zeit so sehr gesehnt hatte. Auf dem Weg hierher hatte sie sich mehrmals verlaufen, und nicht einmal das Satellitenbild gab den Blick auf das Häuschen frei. Es war eine dieser typischen Ferienimmobilien mitten im Nirgendwo – also genau richtig.
Sie löste sich aus ihrer Starre, hob die Tasche auf und schwebte regelrecht zum Haus. Schon damals, als der Makler ihr das Exposé zugeschickt hatte, war sie von diesem Haus begeistert gewesen. Drei Zimmer, Küche, Bad und eine Sauna im hinteren Bereich des Gartens. Wobei Garten im herkömmlichen Sinne durchaus sehr wohlwollend gemeint war.
Dieses Haus verkörperte für Ylva den Wunsch nach Beständigkeit. Sie wollte sich darin sicher und geborgen fühlen und hoffte auf Schutz vor der Außenwelt. Trotz Internet wäre sie für niemanden mehr erreichbar. Auch die Panikattacken, die sie in Parkhäusern und düsteren Straßen empfunden hatte, sollten der Vergangenheit angehören.
Sie straffte die Schultern, atmete tief durch und schritt auf das Haus zu. Asymmetrische Steinplatten führten zur Eingangstür, die mit einem kleinen Safe gesichert war. Sie hob die Hand, um die Ziffern einzugeben und erstarrte mitten in der Bewegung. Das Gefühl, beobachtet zu werden, wurde übermächtig. Es prickelte in ihrem Nacken und sie schaute sich suchend um. Aber da war niemand. Zitternd tippte sie den Code ein, der den Schlüssel freigeben würde. Sie vertat sich einige Male, bis der Safe endlich aufsprang und sie hastig nach dem Schlüssel griff.
Nachdem sie aufgeschlossen hatte, sprang die Tür leise knarrend auf und ein Schwall abgestandener Luft strömte ihr entgegen. Jetzt würde sie lüften müssen, obwohl sie sich am liebsten im Haus verbarrikadiert hätte, um nie wieder vor die Tür zu gehen. Alles ist gut, ermahnte sie sich und konzentrierte sich ausschließlich auf ihre Atmung. Dann drückte sie die Tür ins Schloss und schob den Riegel vor. Sie ließ die Tasche achtlos im Flur fallen und durchstreifte die Räume.
Sie hatte das Haus möbliert übernommen. Die Küche war ein wenig in die Jahre gekommen, aber funktional. Wenn sie die alten Holzfronten abschleifen und neu streichen würde, dann könnte die Küchenzeile schon bald in neuem Glanz erstrahlen. Sie freute sich darauf, etwas zu verändern, um sich heimisch zu fühlen.
Das schmale Schlafzimmer war mit schlichten Kiefernholzmöbeln eingerichtet, genügte aber ihren Ansprüchen. Nur die Wände benötigten einen neuen Anstrich. Das winzige Badezimmer hatte einen quadratischen Grundriss, war aber modernisiert worden und mit Dusche und Wanne ausgestattet. Der Wohnbereich punktete mit hellen Möbeln und einem antiken Sekretär. Mit einem Seufzen ließ sie sich auf das Sofa sinken und legte die Beine hoch.
Strom und Wasser funktionierten und vor allen Dingen wusste niemand, wirklich niemand, dass sie hier war. Das letzte halbe Jahr war sie ständig von einem Ort zum anderen gezogen und hatte eine Menge dazugelernt. Aber es hatte sich gelohnt.
Sie stand wieder auf und öffnete die gläserne Schiebetür, die in den Garten führte. Eine gepflasterte Terrasse schloss direkt an das Haus an, aber Ylva wusste schon jetzt, dass sie sich nur selten draußen aufhalten würde. Sie mochte es eher behaglich und geschützt vor fremden Blicken.
Wobei hier kaum jemand wäre, der sie stören würde. Es gab nur vier Häuser auf dieser Lichtung. Zwei standen so gut wie leer. Nur einmal im Jahr ließen sich die Besitzer blicken, um die nötigen Reparaturen zu verrichten und nach dem Rechten zu sehen. Das vierte und letzte Haus wurde von einem jungen Mann bewohnt, der nur den Sommer hier verbrachte. Mit ihm würde sie sich ganz sicher arrangieren.
Sie erkundete den umzäunten Garten, in dem verschiedene Gehölze wucherten, die dringend zurückgeschnitten werden mussten. Aber das würde sie nicht tun. Der dichte Bewuchs ließ das Haus fast verschwinden und schon jetzt fühlte sie sich nahezu unsichtbar. Hoffentlich hielt dieses euphorische Gefühl noch eine Weile an. Sie hatte sämtliche Spuren verwischt und wenn sie hier nicht zur Ruhe kommen würde, dann nirgendwo auf dieser Welt.
Sie kehrte ins Haus zurück und öffnete die Fensterläden, um etwas Licht und frische Luft hereinzulassen. Dann schnappte sie sich die Tasche und begann, die wenigen Habseligkeiten auszuräumen. Das Notebook stellte sie auf den Sekretär und die Tasche verschwand fein säuberlich gefaltet im Schrank. Anschließend inspizierte sie den Keller, in dem sich Waschmaschine und Trockner befanden. Ja, es war für alles gesorgt.
Der Kühlschrank in der Küche summte leise, als sie ihn ans Stromnetz anschloss. Sie hatte unterwegs einige Lebensmittel besorgt, die für die ersten Tage reichen sollten. Das Wichtigste wäre allerdings ein fahrbarer Untersatz. Sie hatte an einen Motorroller gedacht, den sie im Schuppen unterstellen wollte. Mit diesem könnte sie alle Besorgungen erledigen.
Zum ersten Mal seit langer Zeit war ihr ganz feierlich zumute und sie entkorkte die Flasche Wein, um sich ein Glas einzuschenken. Das war das Gute an diesem Haus – mit den Möbeln hatte sie gleichzeitig auch das Geschirr übernommen. Das sparte eine Menge Geld und Zeit.
Sie stellte sich ans Küchenfenster und schaute zu den drei Häusern, die in annehmbarer Entfernung lagen. Keiner der Nachbarn konnte dem anderen auf den Tisch schauen. Ein weiterer Pluspunkt. Trotzdem würde sie das Haus absichern müssen. Die Fensterfront im Wohnzimmer stellte ein Sicherheitsrisiko dar, auch wenn diese mit einem Rollladen verdunkelt werden konnte. Die Fensterläden waren solide, aber sie würde zusätzliche Sicherheitsschlösser an der Eingangs- und der Kellertür anbringen. Im Internet konnte sie leider nichts bestellen, weil das nicht sicher wäre und sie Spuren hinterlassen würde. Aber bis zur nächsten Stadt war es zum Glück nicht weit.
Sie nippte an ihrem Glas und sah, wie ein Mann das mittlere der drei Häuser verließ. Das musste ihr Nachbar sein. Er war Anfang dreißig, gut gebaut und recht ansehnlich. Bei ihrer Recherche hatte sie herausgefunden, dass er Webdesigner war und die Einsamkeit liebte, warum auch immer. Sie bemerkte, dass er auf ihr Haus zusteuerte und stellte hastig das Glas auf dem Tisch ab. Er würde doch wohl nicht …
Doch, würde er.
Sie hastete in den Flur und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Dass er so schnell auftauchen würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Noch bevor sie diesen Gedanken beendet hatte, klingelte es auch schon an der Tür.
„Hej“, begrüßte sie ihn durch den schmalen Spalt.
Er streckte ihr freundlich seine Hand entgegen. „Hallo, ich bin Bjarne und wohne nebenan.“ Er deutete mit einem Kopfnicken zu seinem Haus.
„Schön, Sie kennenzulernen“, antwortete sie und ließ sich nicht anmerken, wie unwohl sie sich fühlte, obwohl Bjarne ihr auf Anhieb sympathisch war. Seine samtige tiefe Stimme brachte in ihr etwas zum Klingen, das sie momentan überhaupt nicht gebrauchen konnte. Zwischenmenschliche Beziehungen waren ein No-Go.
Bjarne fuhr sich mit seiner Hand verlegen durchs kastanienbraune Haar. Er hatte wohl damit gerechnet, dass sie ihn hereinbitten würde.
„Ich bin noch dabei, meine wenigen Habseligkeiten auszupacken und die einzelnen Zimmer zu erkunden“, sagte sie.
„Sie sehen das Haus zum ersten Mal?“, fragte er erstaunt.
Sie nickte.
„Und, gefällt es Ihnen?“
„Und ob.“
„Da haben Sie aber großes Glück, das hätte auch ganz anders ausgehen können. Ich sage nur verdeckte Mängel.“
„Stimmt. Aber ich bin zufrieden und bis auf einige wenige Schönheitsreparaturen ist ja nicht viel zu machen.“
„Wollen Sie das ganze Jahr über hier wohnen?“
Ylva atmete tief durch, dieser Bjarne ließ sich nicht so leicht abschütteln. Schließlich trat sie einen Schritt zur Seite und bat ihn ins Haus.
„Na dann, immer hereinspaziert.“
Bjarne betrat den Flur. „Übrigens, die Häuser haben alle den gleichen Grundriss.“
„Interessant.“ Sie ging in die Küche. „Einen Kaffee vielleicht?“, fragte sie.
„Da sage ich nicht Nein. Ich habe meine Augen vor dem Computer überanstrengt und brauche dringend eine Pause.“ Er massierte seine Schläfen.
„Dann kommt ein Kaffee gerade recht.“
„So ist es.“
Ylva war froh, etwas tun zu können, denn die Konversation verlief zäh. Sie war für belangloses Geplänkel einfach nicht in Stimmung, während ihr Leben darauf wartete, neu geordnet zu werden.
Bjarne setzte sich an den Küchentisch und wischte mit seinem Ärmel den Staub von der Oberfläche. „Falls Sie Hilfe benötigen, würde ich Sie gern unterstützen. Ich bin zwar nicht der geborene Handwerker, aber beim Tapezieren kann ich mich ordentlich ins Zeug legen.“
Er grinste breit und auch Ylvas Mundwinkel verzogen sich nach oben.
„Da bin ich aber schon gespannt“, antwortete sie, ohne auf sein Angebot einzugehen. Sie hatte nicht vor, irgendjemanden ins Haus zu lassen. Je zurückgezogener sie lebte, desto besser. Sie kam ganz gut allein zurecht.
„Der Kaffee ist stark, genauso wie ich ihn mag“, sagte Bjarne.
„Das freut mich.“ Sie setzte sich zu ihm an den Tisch.
„Was hat Sie denn in diese Einöde verschlagen?“
Mit so einer direkten Frage hatte Ylva nicht gerechnet und sie dachte einen Moment darüber nach. „Wahrscheinlich bin ich jetzt in einem Alter, in dem Selbstfindung ganz oben auf der Prioritätenliste steht“, lachte sie, obwohl ihr nicht danach zumute war. „Es soll nicht für immer sein, aber ich brauche ein wenig Abstand von meinem bisherigen Leben.“
„Oh, da habe ich wohl einen Nerv getroffen“, sagte er.
„Ist schon okay.“ Falls sie noch weitere Lügen auftischen müsste, brauchte sie sich am Ende des Tages nicht über ihre Pinocchionase zu wundern.
„Aber es ist schön, dass Sie da sind. Dann ist es nicht mehr ganz so einsam, wenn man ab und zu jemanden zum Reden hat.“
„Stimmt“, erwiderte sie knapp. Bjarne schien nicht zu bemerken, dass sie lieber allein sein wollte.
„Wissen Sie was? Ich würde mich gern für den Kaffee revanchieren und heute Abend den Grill anschmeißen. Als kleine Willkommensparty sozusagen.“
Eines musste man Bjarne lassen – Hartnäckigkeit schien eine seiner Stärken zu sein.
„Sie müssen sich aber nicht so ins Zeug legen, nur weil ich Ihnen einen Kaffee angeboten habe“, sagte sie.
„Es war auch nur so eine Idee. Ich werde trotzdem grillen und falls Sie spontan Hunger verspüren, können Sie gerne rüberkommen. Einverstanden?“
„Danke für das Angebot.“
„Gut, ich bin dann mal wieder …“ Bjarne erhob sich. „Dann auf eine gute Nachbarschaft.“
„Ja. Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen.“
Eine letzte Lüge, und schon hatte Bjarne das Haus wieder verlassen. Ylva verschloss die Tür und schob den Riegel vor. Für den Moment hatte sie definitiv genug. Sie spülte die Tassen und ging in den Flur, um sich den Dachboden einmal genauer anzusehen. Sie hatte sich vorgenommen, sämtliche Schwachstellen dieses Hauses aufzuspüren und zu beseitigen, um sich einigermaßen sicher fühlen zu können. Eine Alarmanlage würde noch folgen, diese hatte sie bereits im Gepäck dabei.
Sie öffnete die Luke, die auf den Dachboden führte, und kletterte die ausklappbare Holzleiter nach oben. Spinnweben, verstaubte Gartenmöbel und fünf Kartons. Die Dachziegel ließen sich nur schwer anheben und gaben dabei ein knirschendes Geräusch von sich. Perfekt. Es gab kein einziges Schlupfloch, alles war dicht. Jetzt musste sie sich nur noch um den Keller kümmern.
Modrig feuchte Luft strömte ihr entgegen, als sie hinunterstieg. Eine nackte Glühbirne baumelte von der Decke, die aber für genügend Helligkeit sorgte. Einige abgelaufene Konserven standen in einem Regal und daneben jede Menge Feuerholz für den Kaminofen im Wohnzimmer. Mehr gab es nicht zu entdecken, wenn man von einem alten Tisch mit zerkratzter Oberfläche einmal absah.
Jedes Kellerfenster war mit einem Gitter gesichert, wahrscheinlich der zahlreichen Wildtiere wegen. Fürs Erste würden die Sicherheitsmaßnahmen im Keller genügen. Gleich morgen früh wollte sie sich um die Alarmanlage kümmern. Ein einfaches Modell, kinderleicht zu installieren und sehr effektiv. Mit den Kameras, die sie noch anbringen würde, würde sich das Haus nach und nach in einen Hochsicherheitstrakt verwandeln, in dem sie sich einigermaßen sicher fühlen konnte.
Bjarne hatte die Terrasse hinter seinem Haus in eine Wohlfühloase verwandelt – mit einem eingebauten Grill, einem Vordach aus bruchfestem Glas und einer brusthohen Hecke, die genügend Wind- und Sichtschutz bot. Er schüttete die Grillkohle auf das Blech und zündete sie an. Ob seine neue Nachbarin die Einladung wohl annehmen würde?
Sie war sehr distanziert und zurückhaltend und er wusste noch nicht einmal ihren Namen. Im Nachhinein war es ihm peinlich, sie gleich am ersten Tag überfallen zu haben. Aber vielleicht taute sie noch auf. Es wäre sehr hilfreich, sich gegenseitig zu unterstützen. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er von der Leiter gefallen war. Zum Glück hatte er sich nichts gebrochen. Aber was, wenn etwas Schlimmeres passiert wäre?
Die Kohle glühte inzwischen und hatte genau die richtige Temperatur. Bjarne packte eine Ladung Steaks auf den Grill. Falls die Nachbarin nicht auftauchen würde, wäre er für die nächsten Tage mit Essen gut versorgt. Er wendete die Steaks und genehmigte sich zwischendurch immer einen Schluck Bier. Hin und wieder schaute er zum Haus hinüber, in dem sich überhaupt nichts regte.
Anscheinend wollte sie allein sein, und das respektierte er. Viel schlimmer wäre eine aufdringliche Person gewesen, von der er sich ständig beobachtet gefühlt hätte.
„Bin ich hier richtig?“, ertönte plötzlich eine Stimme neben ihm.
„Äh … ja klar.“ Sein Herz klopfte wie verrückt, er hatte die Nachbarin gar nicht kommen hören.
„Wir hatten uns vorhin noch gar nicht einander vorgestellt“, sagte er. „Ich bin Bjarne.“
„Hallo Bjarne, ich bin Ylva.“ Wie ärgerlich, jetzt war ihr aus Versehen der richtige Name herausgerutscht.
„Schön, dich kennenzulernen.“ Er nickte ihr zu. „Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht.“
„Hunger schon, aber kein Gastgeschenk. Ich kann nur eine angebrochene Flasche Wein anbieten.“
„Immer her damit“, lachte Bjarne. „Ich gehe schon mal Gläser holen.“
Ihr Auftauchen überraschte ihn, aber er freute sich. Es tat gut, mit jemandem zu reden, der ähnlich tickte wie er. Selten brachten Freunde und Familie Verständnis dafür auf, dass es ihn im Sommer in diese Einöde zog. Aber ihm gefiel dieses Leben. Der See lag in unmittelbarer Nähe und er holte, so oft es möglich war, das Kanu aus dem Schuppen, um zu paddeln. Sich auf dem Wasser treiben zu lassen, befreite seinen Geist von all den Dingen, die ihm widerfahren waren. Inmitten der Natur blühte er regelrecht auf und liebte dieses Urlaubsfeeling. Viele Städter beneideten ihn darum. Jeden Morgen trank er seinen Kaffee auf der Terrasse und genoss das Vogelgezwitscher, das den neuen Tag verkündete. Was wollte er mehr?
„So, da bin ich wieder.“ Bjarne stellte die Gläser auf den Tisch und schenkte den Wein ein.
„Auf ein gutes Miteinander“, sagte Ylva und die Gläser klirrten leise, als sie gegeneinanderstießen.
„Skål.“ Bjarne trank einen Schluck. „Die Steaks sind durch, ich werde sie vom Grill nehmen.“
„Riecht köstlich“, sagte sie und zerteilte das Steak. „Auf den Punkt genau durch.“
„Das freut mich. Lass es dir schmecken.“
Er hatte noch einen Salat gezaubert und sie probierte auch davon. Sie lobte seine Kochkünste und er freute sich darüber. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie gut ihm die Anwesenheit eines anderen Menschen tat. Er hatte sich während der letzten Jahre eingeigelt und in der selbstgewählten Einsamkeit regelrecht verschanzt.
Der Abend verging wie im Flug und als es dämmerte, bemerkte er Ylvas Unruhe. Immer wieder schaute sie auf und musterte aufmerksam die Umgebung. Ihre Körperhaltung verriet die Anspannung und sie schlang fröstelnd die Arme um ihren Oberkörper. Nur zu gern hätte er den Grund für ihr Verhalten gewusst. Aber für persönliche Fragen dieser Art waren sie sich noch zu fremd. Er wollte die nachbarschaftliche Beziehung keinesfalls schon am ersten Abend überstrapazieren.
Ylva unterdrückte ein Gähnen. „Es ist ein anstrengender Tag gewesen und ich werde mich jetzt verabschieden“, sagte sie und stand auf. „Danke nochmals für die Einladung, es war ein schöner Abend.“
„Können wir gern wiederholen.“
„Ja, schauen wir mal“, antwortete sie vage. „Man sieht sich.“
So schnell wie Ylva aufgetaucht war, war sie auch wieder verschwunden. Ihr Unwohlsein war nicht zu übersehen gewesen und er fragte sich, was es wohl ausgelöst haben könnte. Ylva verhielt sich nach wie vor sehr distanziert, obwohl er gehofft hatte, dass der entspannte Abend das Eis brechen würde. Schließlich gab es nur sie und ihn und da wäre es von Vorteil, sich gut zu verstehen. Vielleicht brauchte sie einfach mehr Zeit.
Er räumte den Tisch ab, stellte die Spülmaschine an und verzog sich wieder in sein Arbeitszimmer. Er würde noch ein, zwei Stunden arbeiten und anschließend schlafen gehen. So wie immer.
Nachdem die Dämmerung aufgezogen war, wurde Ylva immer nervöser. Sie wollte zurück ins sichere Haus, doch sie wollte sich auch vor Bjarne keine Blöße geben. Eine halbe Stunde hielt sie noch durch, dann bedankte sie sich brav bei ihrem neuen Nachbarn und eilte davon.
Als hinter ihr die Tür ins Schloss fiel, atmete sie auf. Die Angst hatte sie wieder fest im Griff und sie schloss die Fensterläden. Wenn sie jetzt das Licht löschen würde, wäre es stockdunkel im Haus. Insgeheim ärgerte sie sich, die Alarmanlage nicht schon heute installiert zu haben. Aber nun war es bereits zu spät.
Sie gönnte sich eine entspannende Dusche und war dankbar für den Elektroboiler, der das Wasser erwärmte. Sich um nichts kümmern zu müssen, war geradezu fantastisch. Das erste eigene Haus und sogar in bar bezahlt. So sorgenfrei hatte sie selten gelebt und sie hoffte, dass es für immer so bleiben würde.
Mit einem flauschigen Badehandtuch rubbelte sie ihren Körper trocken, schlüpfte in den Bademantel und föhnte sich anschließend das lange Haar. Ein letzter Kontrollgang durchs Haus, dann kroch sie unter die Bettdecke. Ein wohliges Gefühl wie aus längst vergangenen Kindertagen breitete sich aus und sie wünschte sich, dass ihre Mutter gleich ins Zimmer kommen würde, um sie zuzudecken und ihr eine gute Nacht zu wünschen. Sie würde alles dafür geben, um sich noch einmal so geborgen und behütet zu fühlen.
Leider konnte sie das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Sie war in ihrem Leben nur ein einziges Mal unabsichtlich falsch abgebogen und hatte dafür einen hohen Preis zahlen müssen. Ständig auf der Flucht zu sein, hatte sie mürbe und antriebslos gemacht. Vielleicht war dieses Haus im Wald ja endlich die Lösung.
Ihre Lider wurden schwer und sie drehte sich auf die Seite. Trotz der sommerlichen Wärme und der stickigen Luft im Inneren des Hauses zog sie die Bettdecke bis zum Kinn. Nur wenig später legte der Schlaf seinen gütigen Mantel über sie.
* * *
Mitten in der Nacht schreckte Ylva aus ihren Träumen. Ihr Herz pochte wie verrückt und kalter Schweiß bedeckte ihre Haut. Hatte sie sich das Klopfen nur eingebildet? Oder war sie tatsächlich davon wach geworden?
Ihre Hand zitterte leicht, als sie nach dem Schalter der Nachttischlampe tastete. Ganz langsam schob sie sich aus dem Bett. Die Kälte des Dielenbodens übertrug sich auf ihre nackten Sohlen und ein Schauer fuhr über ihren Rücken. Durch die geschlossenen Fensterläden konnte man zum Glück nicht ins Innere des Hauses sehen.
Sie schob den Stuhl beiseite, den sie unter die Türklinke gestellt hatte, und drehte den Schlüssel herum. Im Haus war es totenstill, nur die Küchenuhr tickte leise. Das monotone Geräusch hatte eine beruhigende Wirkung auf sie, gerade weil es etwas Alltägliches vermittelte. Die Dielen im Flur knarrten leise, als sie über den ausgetretenen Teppich zur Tür lief und an der Klinke rüttelte. Nach wie vor fest verschlossen.
Wiederholt kontrollierte sie alle Fenster und kehrte anschließend ins Schlafzimmer zurück. Aber sie fand nicht mehr in den Schlaf zurück. Die Geräusche der Nacht klangen unheimlich und selbst durch das geschlossene Fenster konnte sie in der Ferne ein Käuzchen hören. So hatte sie sich das nicht vorgestellt, denn sie brauchte die Stille, um zu überleben.
Als ganz in der Nähe ein vertrockneter Ast knackte, zog sie sich verängstigt die Bettdecke über den Kopf. Ein Tier? Nachbar Bjarne, der um das Haus schlich? Oder eine völlig fremde Person? Auch die Bewohner des angrenzenden Dorfes, die sie nach dem Weg gefragt hatte, konnte sie nicht ausschließen. Sie versuchte, sich auf die Atmung zu konzentrieren, um die Panikattacke in den Griff zu bekommen. Tief ein und wieder aus, tief ein und wieder aus …
Aber ihr Herz flatterte wie ein verängstigtes Vögelchen in ihrer Brust, sie konnte sich einfach nicht beruhigen. Sie würde Bjarne morgen fragen, ob er schon Erfahrungen mit ungebetenen nächtlichen Gästen gemacht hatte. Sie musste alles tun, um vorbereitet zu sein.
Bis zum Morgengrauen wälzte sie sich von einer Seite auf die andere und als der Wecker endlich fünf Uhr anzeigte, stand sie auf. Dann eben Mittagsschlaf, dachte sie und unterdrückte ein Gähnen. Sie schaltete das Licht in der Küche ein, um das obligatorische Frühstück mit Kaffee und einem Toast mit Honig zuzubereiten. Immer wieder hielt sie inne, um zu lauschen, was um sie herum geschah. Das Gezwitscher der Vögel war ungewöhnlich laut, daran würde sie sich noch gewöhnen müssen. Aber solange die gefiederten Waldbewohner trällerten, drohte keine Gefahr. Diese Alarmanlage war geradezu perfekt.
Nach dem Frühstück öffnete sie die Fensterläden, um die kühle Morgenluft ins Haus zu lassen. Sie atmete tief durch und schloss für einen Moment die Augen. Wie friedvoll es doch hier war.
„Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Nachbarin“, hallten Bjarnes Worte zu ihr herüber und sie zuckte zusammen.
„Tut mir leid, ich wollte dich keinesfalls erschrecken“, rief er entschuldigend.
„Alles gut, ich war nur in Gedanken versunken. Dir auch einen guten Morgen“, antwortete sie.
Bjarne trug ein ärmelloses Shirt und kurze Hosen. Die Muskeln an Beinen und Oberkörper waren fein definiert, er schien wohl täglich zu laufen. Kein schlechter Anblick, dachte sie anerkennend. Seine Anwesenheit hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Falls es eines Tages zum Äußersten kommen würde, wäre jemand da, den sie um Hilfe bitten könnte. Zumindest während der Sommerzeit. An den kommenden Winter wollte sie noch nicht denken und schob den Gedanken beiseite.
„Du kannst mich gern einmal auf meiner Joggingrunde durch den Wald begleiten“, bot Bjarne an. „Nichts ist schöner, als den Tag auf diese Weise zu beginnen.“
„Das glaube ich dir aufs Wort.“
„Ich hoffe, du hast Sportsachen dabei?“
„Aber sicher, alles kein Problem.“
„Wunderbar. Und falls du mal einen starken Mann brauchst, dann melde dich, nur keine Scheu.“
„Werde ich machen.“
Mit einem Lächeln auf den Lippen verschloss sie das Fenster wieder. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich zum letzten Mal so losgelöst gefühlt hatte. Aber sie musste aufpassen und Distanz bewahren. Abstand zu anderen Menschen war überlebenswichtig, sie durfte keine engen Bindungen eingehen. Schade eigentlich, denn ihr Nachbar wäre genau die Art von Mann gewesen, die sie gern näher kennengelernt hätte. Geheimnisvoll, feinsinniger Humor, tadelloser Körperbau, friedfertig und hilfsbereit …
Schluss jetzt, ermahnte sie sich. Anschauen ja, sich näherkommen nein. Bjarne war ein feiner Kerl, der im Herbst wieder von hier verschwinden würde, und dann wäre sie auf sich allein gestellt. Außerdem dürften die Frauen bei ihm Schlange stehen, so viel stand schon einmal fest.
Sie schenkte sich eine weitere Tasse Kaffee ein und widmete sich anschließend der Installation der Alarmanlage. Die Anlage funktionierte ausschließlich über Funk und nur das Hauptgerät wurde an das Stromnetz angeschlossen. Die Sensoren hatte sie schnell an den empfohlenen Stellen angebracht. Jetzt war der Testlauf fällig und sie spähte vorsichtig zu Bjarnes Haus hinüber. Er würde den lauten Signalton hören und sich bestimmt seinen Teil denken. Vielleicht wäre es besser, ihn vorzuwarnen. Auch wenn sie sich dabei wie ein Freak vorkam, der das Haus in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt hatte.
Was soll’s, bringen wir es hinter uns, dachte sie und verließ das Haus. Natürlich nicht, ohne vorher die Lage zu checken. Sie durfte keinesfalls nachlässig werden. Sie lief den schmalen Weg entlang, der mit Fichtennadeln und Tannenzapfen übersät war, und klopfte an Bjarnes Tür.
„Tut mir leid, wenn ich störe, aber …“
„Du brauchst einen Handwerker, stimmt’s?“, unterbrach er sie.
„Da muss ich dich leider enttäuschen“, antwortete sie. „Weil es hier draußen doch recht einsam ist, habe ich eine Alarmanlage installiert, die ich gern testen würde. Es könnte also gleich laut werden.“
„Du hast tatsächlich eine Alarmanlage installiert?“, fragte Bjarne irritiert. „Aber hier ist doch kein Mensch.“
„Eben. Und dieser Umstand könnte ausgenutzt werden, besonders im Winter, wenn alles verlassen ist.“
„Aber du bist doch da.“ Er hielt kurz inne. „Obwohl, du hast vollkommen recht. Eine Frau so ganz allein, das hatte ich nicht bedacht.“
„Danke, dass du ein Einsehen hast. Also wie gesagt, es könnte gleich laut werden. Aber ich werde mich beeilen, versprochen.“
„Was hältst du davon, wenn ich dir zur Seite stehe?“ Bjarne schaute sie erwartungsvoll an.
„Ähm …“ Sie wollte nicht, dass er das Sicherheitssystem durchschaute. Noch war sie voller Misstrauen ihm gegenüber.
„Schon gut, ich habe verstanden. Richte dich erst einmal in Ruhe ein.“
„Danke“, sagte sie, drehte sich um und lief schnurstracks zurück zum Haus.
Zum Glück hatte Bjarne Verständnis und war nicht einer dieser aufdringlichen Menschen, denen man erst mit dem Holzhammer auf den Kopf schlagen musste, damit sie ein Einsehen hatten. Sie öffnete nacheinander die Türen und Fenster, die nach draußen führten. Die Alarmanlage funktionierte tadellos. Da sie schneller als gedacht fertig geworden war, beschloss sie, ihren Kühlschrank aufzufüllen. Dabei könnte sie sich gleich ein Bild von ihrer neuen Umgebung machen.
Sie wechselte die Kleidung, schaltete die Alarmanlage ein und verließ das Haus in Richtung Dorf. Es war ein wunderschöner Tag und die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel. Der weiche Waldboden dämpfte ihre Schritte und direkt über ihr hämmerte ein Specht. Aber die friedliche Stimmung hielt nicht lange an. Als direkt neben ihr ein Tannenzapfen zu Boden fiel, zuckte sie zusammen. Sie hatte unterschätzt, wie tief die Angst noch in ihr verwurzelt war, wenn so ein dummer Tannenzapfen ausreichte, um sie in Angst und Schrecken zu versetzen. Wütend kickte sie den Zapfen zur Seite und setzte ihren Weg fort. Mit einem Mal war der Himmel weniger blau und die Sonne schien weniger hell.
Als sie den Waldrand erreicht hatte, hörte sie das Motorengeräusch eines herannahenden Wagens und drehte sich um. Bjarnes Geländewagen holperte über den unebenen Boden und kam neben ihr zum Stehen.
„Hej, ich hätte dich doch mitnehmen können. Warum hast du nichts gesagt?“, fragte er.
„Es ist eher eine spontane Idee gewesen und ich wollte dich nicht stören.“ Sie musterte ihn aufmerksam. Ihr Urteil wegen des unaufdringlichen Nachbarn sollte sie noch einmal überdenken. Es könnte doch schwieriger werden als gedacht.
Bjarne sah Ylva schon von Weitem. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sie sich auf den Weg gemacht hatte und stoppte den Wagen neben ihr. „Du kannst gern mitfahren, dann musst du auf dem Rückweg auch nicht die Einkäufe schleppen.“
Ylva zögerte. „Na ja, eigentlich wollte ich mich nach einem fahrbaren Untersatz umsehen.“
„Im Dorf?“
„Ich hatte eher an die Zeitung gedacht. Vielleicht hat jemand einen Motorroller inseriert, den ich gleich abholen könnte.“
„Ich kenne da jemanden“, erwiderte er. „Der alte Karl repariert die Dinger und hat immer so ein Schätzchen zum Verkauf in seiner Werkstatt stehen. Wenn du magst, bringe ich dich zu ihm.“
„Das wäre nett.“
Ylva schien sich tatsächlich zu freuen.
„Na los, worauf wartest du? Steig endlich ein.“
Sie setzte sich neben ihn und legte den Gurt um. „Danke, das erspart mir die Suche.“
„Hoffentlich habe ich keine leeren Versprechungen gemacht. Aber Karl muss immer an einer Maschine herumschrauben, er kann einfach nicht anders. Und falls es heute nicht klappen sollte, dann könnt ihr die Nummern tauschen, damit er dich anrufen kann.“
„Das wäre super und erspart mir eine Menge Zeit.“
„Wo möchtest du zuerst hin? Karl oder Geschäft?“
„Fahren wir erst zu Karl, bevor mir jemand meinen Motorroller wegschnappt.“
Das schüchterne Lächeln steht ihr gut, dachte Bjarne, der nicht damit gerechnet hatte, dass ihm die neue Nachbarin so sympathisch sein könnte. Obwohl sie sich Mühe gab, ihre Anspannung zu verbergen, schien sie von irgendetwas getrieben zu sein. Der gehetzte Blick, die Schultern, die nach oben gezogen waren und ihre zurückhaltende, misstrauische Art, mit der sie Menschen begegnete.
Aber mit ein wenig Fingerspitzengefühl würde sie sich ihm gegenüber vielleicht irgendwann öffnen und er war schon gespannt auf die Geschichte, die sie zu erzählen hatte. Mit Geduld und Verständnis gelangte man oft ans Ziel. Sie war netter, als er gedacht hatte, und genau das bereitete ihm Sorge. Auch er trug sein Herz nicht auf der Zunge.
„So, da wären wir“, sagte er.
Karl bewohnte ein kleines Holzhäuschen, dessen Fassade in einem fröhlichen Sonnenblumengelb erstrahlte.
Ylva und er betraten den Hof. Karl kam ihnen sofort entgegen und wischte seine ölverschmierten Hände an einem alten Lappen ab.
„Sie sind also die junge Frau, die sich für einen Motorroller interessiert?“, fragte er.
„Genau“, bestätigte Bjarne, der Karl von unterwegs eine kurze Nachricht geschickt hatte.
„Was schwebt Ihnen denn so vor?“, wandte er sich an Ylva, die nur ratlos mit den Schultern zuckte.
„Nicht zu viele PS und fahren sollte er können.“
„Ich habe drei Roller zur Auswahl“, er deutete auf die Werkstatt. „Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“
Die Motorroller waren in einem guten Zustand und Ylva entschied sich für das Gefährt in der mittleren Preisklasse.
„Sehr gute Wahl.“ Karl nickte ihr freundlich lächelnd zu. „Wie wollen Sie zahlen?“
„Bar, wenn möglich.“
„Kein Problem.“
Sie drückte Karl die Scheine in die Hand und erhielt die Papiere.
„Das ging ja schnell und unkompliziert.“ Karl freute sich und seine Augen leuchteten. „Danke Bjarne, du könntest mir öfter einen Kunden vorbeibringen.“ Er lachte.
„Wäre es möglich, den Roller nach dem Einkauf abzuholen?“, fragte sie.
„Aber sicher, ich bin den ganzen Tag zu Hause.“
„Dann bis später.“ Ylva verabschiedete sich.
Sie und Bjarne stiegen wieder in den Wagen.
„So schnell kommt man hier also zu einem Motorroller, danke für den Tipp“, sagte sie.
„Nichts zu danken“, erwiderte er.
Das kleine Geschäft am Marktplatz hatten sie schnell erreicht. Sie gingen getrennte Wege und trafen sich nach dem Einkauf wieder an seinem Geländewagen. Ylva wirkte sehr nervös und schaute sich immer wieder besorgt um.
„Alles in Ordnung?“, fragte er.
„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete sie. „Da war so ein Typ, der mich die ganze Zeit beobachtet hat.“
„So ein bärtiger Bär, der auch in eine Rockergang passen würde?“
„Genau, den meine ich.“
„Keine Sorge. Kaspar ist harmlos und geistig ein wenig zurückgeblieben, wenn du verstehst, was ich meine. Du bist neu hier im Ort und da wirst du von ihm natürlich genauer unter die Lupe genommen.“
Ylva stieß erleichtert die Luft aus. „Dann ist ja gut. Ich habe schon das Schlimmste befürchtet.“
„Mach dir nicht so viele Gedanken, hier will dir niemand etwas Böses“, sagte er in einem beschwichtigenden Tonfall.
„Diese Welt ist voller schlechter Menschen.“ Ihr Blick war ernst.
„Konzentriere dich ausschließlich auf das Gute, damit es dir wieder öfter begegnet.“
„Du hast gut reden. Ich glaube nicht, dass mir das großartig weiterhelfen würde.“
„Würde auf einen Versuch ankommen“, widersprach Bjarne und verstaute die Einkäufe im Kofferraum. „Dann fahre ich dich jetzt zu Karl.“
„Gerne.“
Karl hatte den Roller in der kurzen Zeit auf Hochglanz poliert und ihn vor das Tor gestellt. „Dann viel Glück mit dem neuen Vehikel“, sagte er. „Sollten Reparaturen anfallen, dann wissen Sie ja, wo Sie mich finden. Ich mache das für wenig Geld.“
„Danke für das Angebot“, antwortete Ylva und Bjarne sah ihr an, wie erleichtert sie war. Sie würde niemanden um Hilfe bitten müssen, und er fragte sich, warum es ihr so schwerfiel, auf andere Menschen zuzugehen.
„Eine Proberunde vielleicht, damit Sie Ihre Entscheidung nicht bereuen?“, fragte Karl.
Ylva fuhr die Straße einmal rauf und runter.
„Da fühlt man sich wieder wie ein Teenager“, sagte sie. „Und ja, ich bleibe bei meiner Entscheidung.“
„Dann ist alles in bester Ordnung.“ Bjarne grinste breit. „Wer als Letzter das Haus erreicht, muss ein Abendessen spendieren.“
Ylva tippte an ihre Stirn, gab Gas und brauste auf ihrem neuen Motorroller davon. Bjarne winkte Karl noch einmal zu und folgte ihr. Er konnte es nicht leugnen, dass sie eine sehr angenehme Gesellschafterin für ihn war. Sie brachte frischen Wind in sein von Einsamkeit geprägtes Leben und er freute sich, wenn er sie sah. Aber es gab eine Sache, die ihm zu schaffen machte, und er würde sich wünschen, dass es besser wäre, sie weniger sympathisch zu finden.
Ylva war natürlich schon in ihrem Haus verschwunden, als er mit dem Wagen in die schmale Zufahrt seines Hauses bog. Er stieg aus, öffnete den Kofferraum und stieß einen schrillen Pfiff aus. Es wirkte und Ylva kam sofort aus dem Haus gelaufen, um ihre Einkäufe entgegenzunehmen.
„Hey, du bist ja so blass um die Nase“, sagte er. „Ist etwas mit dem Motorroller nicht in Ordnung?“
„Doch, doch, der Motor schnurrt wie ein Kätzchen“, antwortete sie.
„Was ist es dann? Willst du darüber reden?“
„Ich weiß nicht so recht …“
„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann raus mit der Sprache.“ Er nickte ihr aufmunternd zu, aber sie schüttelte nur den Kopf.
„Alles in Ordnung, mir ist nur ein wenig schwindelig. Das muss wohl am Wetterwechsel liegen.“
„Gut, wie du meinst. Aber falls du reden möchtest, dann weißt du ja, wo ich wohne.“
„Danke für das Angebot.“
„Soll ich dir beim Tragen helfen?“
„Ach was, das schaffe ich schon allein“, erwiderte sie und schnappte sich ihre Tüten.
Bjarne sah ihr hinterher, bis sie im Haus verschwunden war. Er hätte nur zu gern ihre Geschichte erfahren, wer oder was sie zu so einer menschenscheuen Person gemacht hatte.
Ylva saß der Schrecken noch immer im Nacken, als sie die Einkäufe in das Regal in der Vorratskammer sortierte. Als sie am Haus angekommen war, hatte sie auf ihrem Grundstück einen dunkel gekleideten Mann gesehen, der vom Geräusch des herannahenden Motorrollers ins schützende Dickicht geflüchtet war. Und dann hatte sie an der Eingangstür einen Kratzer neben dem Schloss bemerkt. Aber sie konnte sich nicht genau erinnern, ob er nicht doch schon vorhanden gewesen war. Verdammt, sie musste achtsamer sein, wenn sie überleben wollte. Und ja, das wollte sie um jeden Preis. Sie hatte genug gelitten.
Sie schnappte sich ihre Kamera und machte zwei Fotos von der Eingangstür, dann drehte sie eine Runde ums Haus, um die Fensterläden zu kontrollieren. Bjarne war zum Glück nicht zu sehen und sie hoffte, dass er nicht hinter einem der Fenster stand, um sie aus dem Verborgenen heraus zu beobachten. Er hielt sie wahrscheinlich schon jetzt für total durchgeknallt.
Draußen war so weit alles in Ordnung. Wahrscheinlich hatte nur ein neugieriger Dorfbewohner herausfinden wollen, wer die Neue war. Dass sie bei Karl einen Motorroller gekauft hatte, hatte sich bestimmt schon herumgesprochen. Wenn sie sich doch nur unsichtbar machen könnte, dann wäre sie mit einem Schlag alle Sorgen los. Hoffentlich blieb ihre neue Identität für lange Zeit unentdeckt, damit sie wenigstens für ein paar Wochen oder Monate durchatmen konnte.
Sie drückte die Tür wieder ins Schloss und setzte sich mit dem Notebook auf das Sofa, um ein wenig über Bjarne zu recherchieren. Mit flinken Fingern überwand sie die Barriere und hackte sich in seinen Computer ein. An seine Kontodaten zu gelangen, war ein Klacks. Inzwischen hatte sie genügend Übung darin, sich überall Zugang zu verschaffen.
Bjarne hatte unregelmäßige Einkünfte als Webdesigner, aber er konnte recht gut davon leben. Was ihr allerdings sofort ins Auge fiel, waren die zwanzigtausend Kronen, die er vor drei Wochen erhalten hatte. So ein runder Betrag und dann noch in dieser Höhe war sicher nicht ganz legal. Sie durchforstete sämtliche Kontobewegungen, aber es handelte sich um einen einmaligen Betrag, den sie nicht zurückverfolgen konnte. Seltsam.
Anschließend widmete sie ihre Aufmerksamkeit seinem beruflichen Werdegang und schaute sich seine Website an. Er hatte ein absolut überzeugendes Portfolio und wurde oft gebucht. Trotzdem erklärte das nicht diesen hohen Geldbetrag. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass er das Geld vielleicht bei einem Wetteinsatz gewonnen hatte, dafür war er einfach nicht der Typ.
Aber was war Bjarne überhaupt für ein Typ? Solide, kollegial und hilfsbereit, waren die ersten Attribute, die ihr einfielen. Aber Menschen konnten sich geschickt verstellen, um an ihr Ziel zu gelangen. Sie konnten manipulieren, intrigieren und zerstören. War Bjarne einer von ihnen?
Das laute Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.
„Bjarne?“, rief sie überrascht.
„Steht vor dir. Oder siehst du noch jemanden außer mir.“
„Was gibt’s?“
„Ich habe mir Sorgen gemacht, weil du vorhin so verstört gewirkt hast. Ist mit dir wirklich alles in Ordnung?“ Er versuchte, einen Blick an ihr vorbei ins Innere des Hauses zu erhaschen.
„Aber ja, es ist alles bestens“, antwortete sie.
Bjarne wollte ins Haus, um seine Neugier zu befriedigen, und sie überlegte, ob es nicht doch das Beste wäre, ihn hereinzubitten. Dann hätte sie es hinter sich.
„Na dann …“ Er schickte sich an, wieder zu gehen.
„Möchtest du vielleicht einen Kaffee?“
Seine Miene erhellte sich augenblicklich.
„Da sage ich nicht nein.“ Er folgte ihr in die Küche. „Hübsch.“
„Ich möchte die Fronten abschleifen, weiß streichen und die Wände mit Farbakzenten verschönern. Zum Glück habe ich dank dir ein zuverlässiges Gefährt.“
„Hm, schwere Farbeimer und Motorroller vertragen sich selten. Wir könnten auch gemeinsam zum Baumarkt fahren, ich brauche noch einen neuen Spaten, weil ich ein Blumenbeet anlegen möchte.“
„Macht das überhaupt Sinn, wenn die Bäume das ganze Licht schlucken?“, fragte sie.
„Genau aus diesem Grund wird es ja auch ein Schattenbeet“. Er lachte. „Ich möchte Funkien und Azaleen pflanzen, die kommen ganz gut damit klar.“
„Oh, ein Gärtner als Nachbar, wie praktisch“, scherzte sie.
„Ja, meine Qualitäten sind durchaus überzeugend.“
Ylva stellte die Tassen auf den Tisch und setzte sich zu ihm.
„Darf ich fragen, aus welcher Gegend du kommst? Oder bist du von hier?“
Diese direkte Frage überraschte Ylva, damit hatte sie nicht gerechnet. „Östersund“, log sie, weil ihr nichts Besseres eingefallen war.
„Schöne Landschaft. Warum bist du von dort weggezogen?“
„Lange Geschichte.“ Sie versuchte, die Frage zu umgehen. „Und warum bist du im Wald gelandet?“
„Auch eine längere Geschichte“, erwiderte er.
„Dann sind wir ja schon zu zweit“, sagte sie. „Ich habe mich in den falschen Mann verliebt und er ist mit meinem mühsam Ersparten auf und davon. Zum Glück hat er meinen absoluten Notgroschen nicht angerührt und es war mir möglich, dieses Haus anzuzahlen. Hier kann ich in Ruhe meine Wunden lecken.“ Sie hatte eine Geschichte zurechtgelegt und hoffte, dass Bjarne sich ihr öffnen würde. Sie wusste bereits einiges über ihn und wollte überprüfen, ob er bei der Wahrheit bleiben würde.
„Tja, wie soll ich es sagen, ich hatte einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften“, sagte er mit ernster Miene. „Meine Frau ist an Leukämie erkrankt und drei Jahre nach der Hochzeit verstorben.“
„Oh, das tut mir aufrichtig leid“, sagte sie und meinte es auch so.
Bjarne hatte die Wahrheit gesagt und sein trauriger Blick sprach Bände. „Ich habe mich dann irgendwie verloren, wusste nicht wohin, bis ich die Annonce gelesen habe, in der das Haus zum Kauf angeboten wurde. Etwas in mir wollte an diesen Ort, warum auch immer.“
„Ging mir ähnlich“, antwortete sie. „Ich habe das Haus ebenfalls im Internet entdeckt, wo es mir eher zufällig angezeigt wurde. Tja, und nun sitzen wir hier.“
„Schon komisch, aber irgendwie auch nicht.“
Eine peinliche Stille trat ein.
„Es ist schön, nicht mehr allein zu sein“, sagte er leise. „Obwohl ich den Wald und die damit verbundene Einsamkeit liebe.“
„Ja, ich empfinde ähnlich. Allerdings muss ich mich erst an die unheimlichen nächtlichen Geräusche gewöhnen.“
„Das ist mir am Anfang auch so ergangen. Besonders das Bellen der Füchse hat mich irritiert, weil ich damals noch nicht gewusst habe, um was für ein Tier es sich handelt.“
„Das glaube ich dir aufs Wort“, antwortete sie mit einem Lächeln und staunte über sich selbst. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal gelacht und sich einigermaßen wohlgefühlt hatte. Falls es irgendwann bedrohlich werden würde, war da noch Bjarne, auf den sie im Notfall zählen konnte. Zumindest hoffte sie das.
„Warum bleibst du nicht das ganze Jahr über hier und brichst deine Zelte in der Stadt ab?“, fragte sie und hielt erschrocken inne. Hoffentlich hatte sie sich jetzt nicht verplappert, denn Bjarne hatte mit keiner Silbe erwähnt, dass er in der Stadt wohnte. Doch er ging glücklicherweise nicht darauf ein.
„Ich weiß nicht so recht. Die Kälte und der viele Schnee, das erschien mir dann doch zu trostlos. Gerade an Weihnachten möchte ich nicht allein sein, wenn du verstehst, was ich meine.“
Und ob sie das verstand. Aber sie hatte leider keine Wahl und hasste es, ständig den Wohnort wechseln zu müssen. Sie wollte endlich ankommen, wollte, dass es wieder so wurde wie zuvor. Aber das war reines Wunschdenken und eine Illusion.
„Schauen wir mal. Vielleicht werde ich an Weihnachten in die Kirche gehen, dann fühle ich mich nicht ganz so allein“, antwortete sie.
„Willst du das wirklich durchziehen? Mitten im Winter?“, fragte er.
„Wo soll ich denn sonst hin? Ich habe alles, was ich besitze, in dieses Haus investiert und wenn ich ehrlich bin, dann freue ich mich auf den ersten Schnee.“
„Du musst unbedingt die Holzvorräte aufstocken, falls die Heizung ausfällt. Wenn es stürmt und ein umstürzender Baum die Stromleitungen kappt, bist du komplett von der Außenwelt abgeschnitten und auf dich allein gestellt.“ Er musterte sie skeptisch.
Aber sie konnte ihm keinesfalls sagen, dass sie mögliche Fußspuren im Schnee viel besser erkennen konnte, und sich um einiges sicherer fühlen würde als zur Sommerzeit. „Ich bin mir bewusst, dass es zu unvorhergesehenen Ereignissen kommen kann. Im Keller befindet sich ein Notstromaggregat, das nur mit Diesel befüllt werden muss. Ich werde mir halt noch zwei Kanister zulegen.“
„Du hast recht, ich sollte nicht vom Schlimmsten ausgehen.“ Er erhob sich. „So, jetzt will ich dich aber nicht länger von deiner Arbeit abhalten und wieder in mein Reich zurückkehren.“
„Ganz wie du meinst“, sagte sie und begleitete ihn zur Tür. „Man sieht sich.“
„Davon gehe ich aus.“
Sie schlug die Tür zu und lehnte sich mit dem Rücken an das Holz. Sie würde das Internet nach guten Kameras durchforsten, diese dann im Geschäft bestellen und persönlich abholen. Sie aktivierte die Alarmanlage mit dem Sicherheitscode und atmete auf. Ihr war egal, was Bjarne über sie dachte. Aber es war gut, dass er sie unbewusst darauf hingewiesen hatte, das sie noch einiges für den kommenden Winter vorzubereiten hatte. Und das war nicht gerade wenig.
Holz, Konservendosen, Benzinkanister, und, und, und …
Sie ging in den Keller, um sich noch einmal genauer umzusehen. In einem kleinen Raum standen zwei Regale, die sie für die Vorratswirtschaft nutzen konnte. Ganz hinten, in einem völlig leeren Raum, würde sie aus Brandschutzgründen die Kanister lagern. Dann lief sie nach draußen, um einen Blick in den Schuppen zu werfen. Auch dort war einiges an Holz aufgestapelt, aber das würde nicht ausreichen, um den Kamin im Wohnzimmer den gesamten Winter über zu heizen.
Ihr wurde bewusst, dass sie den Aufwand deutlich unterschätzt hatte. Aber noch wäre Zeit, um die Versäumnisse aufzuholen. Vielleicht verkaufte ein Dorfbewohner kaminfertiges Holz, dann wäre auch dieses Problem gelöst.
Den restlichen Tag verbrachte sie mit der Suche nach einer entsprechenden Sicherheitstür und hatte die Qual der Wahl. Beim Preis hatte sie tief durchatmen müssen. Aber sie hatte nur ein Leben, und das war nun einmal unbezahlbar. Schließlich hatte sie sich endlich entschieden und rief die Firma an. In einer Woche sollte die Tür eingebaut werden und dann würde sie um Welten besser schlafen können. Aber jetzt sollte sie sich erst einmal um das Abendessen kümmern. Die ersten Schatten der Dämmerung krochen lautlos durch den Wald und sie hatte Hunger. Der würzige Duft von Wurzelgemüse und getrockneten Kräutern hing in der Luft, verheißungsvoll und vertraut. Nur eine Zutat fehlte.
Salz.
Das musste aus der Tüte gefallen sein und noch in Bjarnes Kofferraum liegen. Sie trat ans Fenster, wischte mit dem Ärmel den leichten Hauch von Kondenswasser fort, der sich auf der Scheibe gebildet hatte. Ihr Blick fiel durch das dämmrige Zwielicht hinüber zur Hütte ihres Nachbarn. Ein warmes Licht leuchtete dort aus dem Fenster, Bjarne war also noch wach. Ein kurzer Moment des Zögerns folgte, dann öffnete sie die Tür und trat nach draußen. Die Luft roch nach feuchter Erde und Moos. Das Laub des Vorjahres raschelte unter ihren Sohlen, als sie zu seinem Haus hinüberging. Der schmale Spalt zwischen den Vorhängen gab den Blick in Bjarnes Wohnzimmer frei. Sie konnte erkennen, dass er an seinem Schreibtisch saß und auf drei Monitore blickte. Einer davon zog ihre Aufmerksamkeit besonders auf sich. Die Szenerie war schwarzweiß und leider verdeckte Bjarnes Rücken die Sicht. Erst als er aufstand, sah sie, um was es sich handelte. Sie stieß einen erschrockenen Laut aus und wich zurück. Dabei stolperte sie über eine Baumwurzel und schlug der Länge nach hin. Genau in diesem Moment schob Bjarne die Vorhänge zur Seite und spähte nach draußen. Ihr Herz pochte wie verrückt, als sie sich auf den Boden presste und das Gesicht abwandte, damit er es nicht sehen konnte. Sie hörte, wie er das Fenster öffnete, und wagte kaum zu atmen.
„Ylva? Bist du das?“
Er durfte sie nicht sehen, auf gar keinen Fall. In ihr tobte ein Orkan, sie war wie von Sinnen. Wie hatte dieser freundlich wirkende Bjarne sie nur so hintergehen können?
„Ylva?“
Er schloss das Fenster und zog die Vorhänge wieder zu. Sie wollte gerade aufstehen, als er genau in diesem Moment zur Tür herauskam. Zitternd blieb sie auf dem Boden liegen. Sich totzustellen, schien ihr das einzig Richtige zu sein.
„Hallo? Ist da Jemand?“
Der Kies knirschte leise unter seinen Sohlen, als er den Weg entlanglief. In wenigen Augenblicken würde er sie erreicht haben. Warum passierten eigentlich keine Wunder, wenn man sie ganz dringend brauchte?, dachte sie frustriert und malte sich aus, was Bjarne alles mit ihr anstellen könnte. Sie an den Haaren hochreißen oder mit Füßen treten waren noch die mildesten Ausführungen. Inzwischen ahnte sie, von wem die zwanzigtausend Kronen stammen könnten.
Bjarne befand sich jetzt unmittelbar hinter ihr und sie hielt den Atem an. Nur noch ein, zwei Meter, dann würde er direkt neben ihr stehen. Sie zählte zitternd seine Schritte und machte sich ganz klein. Wenn sie doch nur vorher geahnt hätte, dass sie auch hier nicht sicher sein würde. All ihre Hoffnungen zerfielen zu Staub, dabei hatte sie sich so sehr auf ihr neues Zuhause gefreut. So, wie es aussah, würde sie nie ihren Anker auswerfen können.
Plötzlich segelte eine Eule über sie hinweg und stieß ihren unheimlichen Ruf aus. Bjarne blieb unvermittelt stehen und drehte sich um.
„Wird wohl wieder ein Fuchs gewesen sein“, murmelte er und kehrte ins Haus zurück.
Ylva dankte der Eule, die ihr wahrscheinlich gerade das Leben gerettet hatte. Hastig richtete sie sich auf und entfernte sich im silbernen Schein des Mondlichtes. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie mehrmals das Schlüsselloch verpasste. Als endlich die Tür aufsprang, stürzte sie in den Flur und sank zu Boden. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und blieb im Dunkeln sitzen. Jetzt musste sie erst einmal verkraften, was sie gesehen hatte. Es verstrichen einige Minuten, bis sie sich gesammelt hatte.
Sie durfte niemandem, wirklich niemandem mehr trauen und würde gleich morgen die Sicherheitstür wieder abbestellen. Der Schrecken steckte ihr noch in den Knochen, als sie aufstand und in die Küche ging, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. Dann dachte sie darüber nach, was die beste Lösung für ihr Problem wäre. Im Prinzip blieb ihr nur die Flucht nach vorn. Vorsichtig tastete sie sich im Dunkeln ins Schlafzimmer, riss die Schränke auf und begann, ihre wenigen Kleidungsstücke in der Reisetasche zu verstauen.
Immer wieder hob sie den Blick und schaute sich suchend um. Wo könnte Bjarne nur die Kameras versteckt haben? War ihr gesamtes Haus mit diesen Dingern ausgestattet oder nur das Wohnzimmer? Ob die zwei anderen Häuser ebenfalls von ihm …
Sie wollten diesen Gedanken gar nicht erst zulassen. Bjarne war ein echt kranker Typ, der einige Schrauben locker hatte. Warum hatte er diesen Auftrag angenommen? Aus Geldnot ganz sicher nicht.
„Ich hasse dich, du elender Mistkerl“, fluchte sie und zog den Reißverschluss der Tasche zu. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo sie die nächsten Tage unterkommen sollte. Das Geld wurde knapper und knapper, dabei hatte sie gehofft, hier endlich durchstarten zu können. Am liebsten hätte sie fluchtartig das Haus verlassen, aber sie war sich uneins, ob das wirklich die beste Wahl wäre. Mit zitternden Händen verriegelte sie die Fensterläden und ließ den Rollladen herunter. Bis zum nächsten Morgen musste sie spätestens eine Entscheidung getroffen haben.
Bjarne streckte sich, schlug die Bettdecke zurück und tappte barfuß ins Bad. Es war ein sonniger Morgen und er freute sich auf sein Frühstück, das er wie üblich auf der Terrasse einnehmen würde. Während er die Zähne putzte, dachte er an die Störung des gestrigen Abends. Es hatte einen dumpfen Schlag auf dem weichen Waldboden gegeben, als ob jemand gestürzt wäre, und er hätte schwören können, dass jemand auf seinem Grundstück herumgegeistert war. Aber in dem Moment, als die Eule entspannt über ihn hinweggesegelt war, hatte er seine Meinung revidieren müssen. Kein Wildtier verlor so schnell die Scheu. Aber er wollte sicherheitshalber noch einmal nachschauen und stieg in seine Jeans und warf sich ein Shirt über. Er lief ums Haus, den Blick fest auf den Boden gerichtet. Vor dem neu angelegten Schattenbeet stoppte er seine Schritte. Tatsächlich fand er frische Fußabdrücke im umgegrabenen Erdreich. Der Größe nach zu urteilen, mussten sie von Ylva stammen. Was hatte sie hier gewollt? Im Dunkeln und in seinem Garten?
Um das herauszufinden, stand er nur Minuten später vor ihrer Tür. Auf sein Klingeln folgte keine Antwort, dafür konnte er ein Rumoren im Schuppen hören.
„Ylva?“, rief er ins Halbdunkel hinein und hörte, wie sie leise fluchte.
„Ja?“
„Ich muss dir eine Frage stellen.“
„Dann schieß los, ich habe es eilig“, kam es mit gedämpfter Stimme zurück.
„Was hast du gestern in meinem Garten gewollt?“
„Mich verabschieden …“
„Wie verabschieden? Ich verstehe nicht, was du meinst.“
„Ist auch egal. Ich sage dir jetzt auf Wiedersehen und wünsche dir noch ein schönes Leben.“
Der Motorroller heulte auf und die Abgase strömten in seine Richtung. Er stellte sich in die Mitte der Einfahrt, um Ylva den Weg zu versperren. Sie musste heftig abbremsen und das Hinterrad des Motorrollers scherte zur Seite. Ihre vollgepackte Reisetasche fiel zu Boden.
„Bist du verrückt geworden!“, rief sie wütend.
„Was hast du vor?“, fragte er irritiert.
„Geh mir aus dem Weg!“
„Zuerst will ich wissen, was los ist?“
„Jetzt tu doch nicht so ahnungslos.“
Er zuckte ratlos mit den Schultern. „Ehrlich, ich kann mir dein seltsames Verhalten nicht erklären.“
„Ach nein?“ Ihre Augen funkelten zornig. „Geh mir sofort aus dem Weg oder ich rufe die Polizei.“
„Bist du jetzt total übergeschnappt?“ Was war nur über Nacht mit ihr geschehen, dass sie total ausflippte? Er machte einen Schritt auf sie zu und umfasste ihren Oberarm. „Ylva, bitte, was ist passiert?“
Sie riss sich los und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. „Wage es ja nie wieder, mich anzufassen.“
Ihre Stimme klang so bedrohlich wie die eines knurrenden Wolfes. Sie meinte es todernst und er verstand die Welt nicht mehr.
„Tut mir leid“, sagte er. „Aber ich werde den Weg erst freigeben, wenn du mir erzählt hast, was los ist. Vielleicht kann ich helfen.“
„Du und helfen?“ Sie lachte verbittert auf. „Du bist doch das Übel des Ganzen. Und jetzt lass mich endlich gehen.“
Plötzlich ahnte er, was passiert sein könnte. Wahrscheinlich hatte er nicht darauf geachtet, die Vorhänge lückenlos zu schließen. Glühende Lava schoss in seine Wangen, als er den Fehler erkannte. „Du hast auf meinem Grundstück herumgeschnüffelt, stimmt’s?“
„Wie bitte? Kannst du das noch einmal wiederholen?“ Ihre Stimme überschlug sich fast.
„Sorry, ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist.“ Er senkte schuldbewusst den Blick.
„Zwanzigtausend Kronen vielleicht?“
„Woher weißt du davon?“
„Ich bin nicht dumm.“
„Also hast du mich ausspioniert?“
„Ich wusste, dass man einem wie dir nicht trauen kann. Da wir das nun geklärt hätten, könntest du mich jetzt endlich fahren lassen?“
„Warte, Ylva“, bat er. „Wir sollten erst in Ruhe darüber reden.“
„Was gibt es da noch zu reden?“ Sie musterte ihn zornig. „Wir misstrauen einander und ich will nicht wissen, was für ein perverses Schwein du wirklich bist. Oder hattest du einen Auftraggeber, über den du nicht sprechen kannst? Irgendwoher muss das Geld ja stammen.“
„Genau darüber möchte ich mit dir reden. Bitte vertraue mir, nur dieses eine Mal. Lass uns zusammen frühstücken, einverstanden?“
„Die Frage ist nur, ob ich nach dem Frühstück dein Haus noch lebend verlassen kann.“
„Jetzt hör schon auf damit, so einer bin ich nicht.“
„Was für einer bist du dann?“
„Du hast recht, es hat keinen Zweck.“
Er trat einen Schritt zur Seite. Sie hob die Reisetasche auf und schob den Motorroller mit einem misstrauischen Blick an ihm vorbei.
„Wohin willst du eigentlich?“
„Als ob ich dir das verraten würde.“
„Gib mir fünf Minuten, okay?“
Er drehte sich um und eilte mit schnellen Schritten zum Haus. Er holte einen wackeligen Campingtisch und zwei Stühle aus der Abstellkammer und schaute immer wieder verstohlen zu Ylva hinüber, die ihn kopfschüttelnd beobachtete.
„Was soll das werden?“
„Einen Moment, ich bin gleich fertig.“ Er lief ins Haus und kehrte mit einem Tablett zurück. „Jetzt komm schon. Setz dich bitte und lass uns reden.“
Sie zögerte noch immer. Er deckte den Tisch und schenkte den Kaffee in die Tassen.
„Ich will die ganze Wahrheit erfahren“, sagte sie.
„Das sollst du, ich verspreche es.“
Ylva bockte den Motorroller auf und näherte sich ihm zögerlich. „Keine falschen Spielchen, ich warne dich.“
„Ich werde ehrlich sein“, antwortete er.
Sie setzte sich neben ihn und griff zur Kaffeetasse. „Na los, worauf wartest du, erzähle es mir.“
„Im Gegenzug bist du mir allerdings auch eine Erklärung schuldig.“
Ihre Wangen röteten sich.
„Wenn du mich so durchleuchtet hast, dann kannst du unmöglich wegen deines angeblichen Exfreundes hierhergezogen sein.“
„Schauen wir mal“, antwortete sie.
„Ja, wo fange ich da am besten an …“ Es war ihm schon ein wenig peinlich, die Karten offenlegen zu müssen.
„Mit der Wahrheit. Sind in allen Häusern Kameras eingebaut?“
Er verneinte.
„Hat jedes meiner Zimmer eine Kamera?“
„Nein, nur das Wohnzimmer“, antwortete er.
„Und warum beobachtest du mich?“
„Das weiß ich auch nicht so genau. Mir wurde nur erzählt, dass du in illegale Geschäfte verwickelt bist und ich melden soll, sobald du dich mit jemandem triffst.“
„Das gibt es doch nicht.“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf. „Und du hast, ohne zu hinterfragen, eingewilligt?“
„Stimmt das denn nicht?“
„So würde ich das nicht sagen. Ich habe hier und da Geld abgezwackt und auf mein Konto überwiesen. Aber nur aus der Not heraus“, erwiderte sie.
„Und was bedeutet, aus der Not heraus?“
„Ich bin Zeugin einer Straftat geworden und seitdem auf der Flucht. Mehr brauchst du nicht zu wissen.“ Sie hob den Blick und schaute ihn an. „Wer sind deine Auftraggeber?“
„Ein Privatdetektiv namens Jens Berger hat mich angesprochen und mir den Auftrag erteilt.“ Er zog aus seiner Hosentasche ein Kärtchen heraus und reichte es ihr. „Das ist mein Auftraggeber.“
Sie warf einen skeptischen Blick auf die Visitenkarte, nahm das Smartphone und tippte mit flinken Fingern etwas auf der Tastatur. Anschließend hielt sie ihm das Display unter die Nase.
„Aha, das ist also dein offizieller Auftraggeber.“
„Stimmt etwas nicht?“
„Man sollte meinen, dass ein Privatdetektiv, der seine Dienste anbietet, auch irgendwo im Internet zu finden ist. Die Adresse ist falsch, weil die Straße überhaupt nicht existiert.“
Er schüttelte den Kopf. „Das kann nicht sein.“
„Dann sieh doch selbst nach.“
Und das tat er auch. Er gab den Namen des Detektivs in allen möglichen Variationen ein, suchte nach der Straße, die in dieser Stadt einfach nicht vorhanden war und verzweifelte fast. Es musste doch eine Website geben, eine Steuernummer, irgendetwas. Aber er fand nichts.
„Habe ich es dir nicht gesagt?“ Sie lächelte triumphierend. „Dumm gelaufen, was?“
„Ja, irgendwie schon.“
Er fuhr sich verlegen durchs Haar, weil er das Geld dieses unseriösen Auftraggebers angenommen und damit das Vertrauensverhältnis zu Ylva zerstört hatte.
„Wann hat sich dieser Berger bei dir gemeldet?“, fragte sie.
„Vor ungefähr vier Wochen“, antwortete Bjarne.
„Vor vier Wochen schon?“ Sie atmete geräuschvoll aus. „Und mein Name war da bereits im Spiel?“
„Ja“, bestätigte er.
„Oh Gott, dann wissen sie, wo ich mich aufhalte. Sie haben alles so arrangiert, um mich an diesen Ort zu locken.“
„Aber warum?“
