Tom Prox 75 - Holger Sundmark - E-Book

Tom Prox 75 E-Book

Holger Sundmark

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Beschreibung

Eine schwierigere Aufgabe hatte Tom Prox wohl noch nie zu bewältigen. Nicht, weil sein Gegner mit allen Wassern gewaschen ist - auch wenn das auf Joe Patra in jeder Hinsicht zutrifft -, sondern weil dieser Mann ein Freund ist. Einer, der dem Ghostchef nicht nur einmal, sondern gar zweimal das Leben gerettet hatte.
Nun aber soll Patra einen Sheriff ermordet haben, und ausgerechnet Tom Prox erhält die Order, den Täter, auf den die Todesstrafe wartet, zu ergreifen. Zerrissen zwischen Pflichtbewusstsein auf der einen und der noch immer tiefen Freundschaft zu Joe auf der anderen Seite, macht sich der Captain auf die Suche nach dem mutmaßlichen Mörder ...


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Inhalt

Cover

Sein Freund, der wilde Joe

Vorschau

Kleines Wildwest-Lexikon

Aus dem Wilden Westen

Impressum

Sein Freund, der wilde Joe

Von Holger Sundmark

Eine schwierigere Aufgabe hatte Tom Prox wohl noch nie zu bewältigen. Nicht, weil sein Gegner mit allen Wassern gewaschen ist – auch wenn das auf Joe Patra in jeder Hinsicht zutrifft –, sondern weil dieser Mann ein Freund ist. Einer, der dem Ghostchef nicht nur einmal, sondern sogar zweimal das Leben gerettet hat.

Nun aber soll Patra einen Sheriff ermordet haben, und ausgerechnet Tom Prox erhält die Order, den Täter, auf den die Todesstrafe wartet, zu ergreifen. Zerrissen zwischen Pflichtbewusstsein auf der einen und der noch immer tiefen Freundschaft zu Joe auf der anderen Seite, macht sich der Captain auf die Suche nach dem mutmaßlichen Mörder ...

Die Anspannung stieg dem Siedepunkt entgegen.

Joe Patra war bereits auf 99. Tom Prox legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. Er konnte sich ungefähr vorstellen, was los sein würde, wenn der wilde Joe in die Luft ging. Dann würde einiges fällig sein – unter anderem bestimmt auch eine neue Einrichtung für den »Golden West Saloon«.

Der »Golden West Saloon« stellte eigentlich nichts anderes dar als eine ganz gewöhnliche Kneipe.

Ja, in alten Tagen gehörte Santa Fé zu den wildesten, zügellosesten Städten des Wilden Westens. Gefahr und Abenteuer waren damals hier zu Hause, und Colt und Messer saßen locker.

Aber damit war es jetzt nicht mehr weit her. Man befand sich in einer ruhigen, friedlichen Stadt mit Avenuen, Parks und netten Häusern, in denen brave Spießbürger ihr beschauliches Dasein lebten. Kegelabende, Kartenspiele und Picknickveranstaltungen – das waren für sie die großen Abenteuer des Lebens.

Nein, die Leute, die im »Golden West Saloon« verkehrten, waren keine Westmänner und wollten es auch nicht sein. Die meisten stellten nichts anderes dar als arbeitsscheue Herumtreiber, die dem Herrgott den Tag stahlen und ihr Einkommen aus trüben Quellen bezogen.

»Lass doch die Boys quatschen, Joe«, redete Tom Prox besänftigend auf den auf seinem Stuhl unruhig hin und her rutschenden Joe Patra ein und hielt ihn am Arm fest. »Die können ja nicht wissen, aus welchem Grund wir in dieser Tracht in ihre feine Stadt gekommen sind.«

Als Städter fühlten sich die Gäste den beiden Westmännern in ihrer verwitterten Tracht ganz groß überlegen. Und da sie dem mäßigen Whisky des Wirtes bereits munter zugesprochen hatten, konnten sie nicht umhin, diese Überlegenheit die anderen auch fühlen zu lassen.

Sie begannen zu hänseln. Zuerst witzelten sie noch unter sich. Aber dann wandten sie sich unmittelbar an die Fremden und pöbelten sie an. Bezeichnungen wie »Hinterwäldler« und »Kuhtreiber« wurden laut.

»Hast schon recht, Tom, diese Bubis können natürlich nicht wissen, dass du mit deinen beiden Sergeanten gerade eine Mordbande aus der Wildnis gejagt hast, bis hinein nach Santa Fé«, bestätigte Joe mit seiner tiefen Stimme und nickte grimmig dazu. »Klar, dass du dir keinen neuen Anzug anziehst, um die fünf Galgenvögel im Kittchen abzuliefern. Tja, aber die Burschen haben recht, wenn sie mich für einen Hinterwäldler halten. Apache Gulch liegt nun mal hinterm Mond. Aber es macht mich trotzdem wild, wenn diese Armleuchter denken, sie können mich auf die Schippe nehmen.«

Tom Prox lächelte verständnisvoll und klopfte ihm auf die Schulter.

»Ich verstehe dich schon, Joe, alter Haudegen, aber ist es nötig, dass wir uns deswegen das Wiedersehen verderben lassen?«

»No, Tom, unser Wiedersehen lassen wir uns nicht vermiesen«, stimmte Joe Patra entschieden zu. »Das muss begossen werden. Aber keine Sorge, es dauert ja nur Minuten, bis ich hier aufgeräumt habe. Muss ein paar von diesen Rotzlöffeln die Hammelbeine langziehen. Zum Beispiel dem Stutzer da.«

Mit dem »Stutzer« meinte er einen Burschen mit gebrannten Locken und in glänzender Lederweste, der anmaßend am Schanktisch lehnte und höhnische Bemerkungen an die Adresse von Tom Prox und Joe Patra richtete.

»Warte noch, Joe«, schlug Tom vor. »Vielleicht geben sie auf, wenn sie merken, dass sie nicht landen können.«

»Na schön«, beschied sich Joe vorläufig und zog die breiten Schultern hoch. »Warten wir also ab. Aber ich sage dir: Mir juckt es verteufelt in den Fäusten. Ungefähr so, als wenn ich Sheriff Barker sehe. Diesen Stinkstiefel muss ich mir sowieso bei nächster Gelegenheit noch kaufen.«

»Was hat dir der Sheriff denn getan?«, wunderte sich Tom.

Der wilde Joe ruckte herum und stemmte die Fäuste in die Seiten.

»Was, das weißt du nicht? Habe ich dir das noch nicht erzählt? Der Sheriff ist es ja, der mir die ganze Geschichte eingebrockt hat. Hal Barker hat dafür gesorgt, dass mir der Richter das Stück Land nicht geben will, wegen des Testamentes und so. Aber es steht mir zu. Ich lasse mir mein Recht nicht nehmen!«

»Hast du nicht vorhin selbst gesagt, dass es ein steiniges kleines Stück Gelände ist, ohne Wert für dich?«

»Es gehört mir aber, das ist doch genug!«, platzte Joe heraus und fuchtelte mit seinen mächtigen Armen. »Rider Blake hat es mir versprochen, wollte es mir vermachen, wenn er mal stirbt. Jetzt ist er tot. Also gehört es mir. Ist das klar oder nicht?«

Tom Prox stieß Joe die Faust gegen die Schulter.

»Bist eine ehrliche Haut, old Boy«, sagte er. »Ein Mann, ein Wort, heißt es bei dir noch. Aber auf dem Gericht haben sie dir wohl klargemacht, dass ein Wort nichts mehr gilt, wenn der Mann tot ist und niemand für dich zeugen kann und auch kein Testament da ist. Für dich ist Rider Blake leider zu früh gestorben.«

»An dem ganzen Affentheater ist nur der Sheriff schuld«, wiederholte Joe grimmig. »Rider Blakes Witwe wollte mir das Landstück auf mein Wort hin herausgeben, aber der Sheriff hat ihr eingeredet, dass kein Testament da sei und dass mein Wort daher nichts gelte. Jetzt soll ich das Land nicht bekommen.«

»Mein lieber Joe, ich möchte lieber noch einmal fünf Banditen einfangen, als mich wegen einer so hoffnungslosen Sache vor Gericht herumstreiten«, erwiderte Tom. »Gib's auf, Joe! Da ist für dich nichts drin.«

»Es ist aber mein Land«, knurrte Joe eigensinnig. »Na, der Sheriff kann sich auf was gefasst machen, der mit seinen städtischen Faxen, dass ein Wort nichts gilt. Ha, der soll mich noch kennenlernen!«

»Nun sei aber friedlich, Joe«, mahnte Tom, um den alten Freund ein bisschen von seinem Ärger abzulenken. »Wollen froh sein, dass wir uns in diesem piekfeinen Nest getroffen haben. Das war doch ein toller Zufall, gerade als Ben, Snuffy und ich die Gauner ins Gefängnis bugsierten.«

»Waren üble Galgenvögel, die ihr da geschnappt habt«, sagte Joe. »Ich habe dich trotzdem sofort erkannt, haha! Mann, habe ich da die Beine untern Arm genommen und bin losgetrabt, dass ich dich nur ja nicht verpasse.«

Er trank sein Glas leer und füllte aus der Flasche nach.

»Du bist also immer noch bei der Special Police, Tom? Jetzt sogar Captain der Ghost Squad, hm? Alle Achtung! Für mich wäre Polizeidienst ja nichts. Aber das muss ich schon sagen, ihr von der Ghost Squad habt euch wacker geschlagen, damals in den Shennighans, als wir die Greaser-Bande in der Zange hatten.«

Tom nahm einen Schluck und nickte.

»War ein schwerer Kampf. Ohne euch Burschen von der Posse hätten wir es nie geschafft. Habt euch großartig gehalten. Von dir gar nicht zu reden, Joe. Du hast mir damals zweimal hintereinander das Leben gerettet, das werde ich dir nie vergessen. Nie!«

»Papperlapapp«, wehrte Joe verlegen ab. »Du hast mich auch einmal mitten aus dem Schlamassel herausgeholt, noch kurz vor Toresschluss. Dafür bist du mein Freund, Tom, für alle Zeiten!«

»Was ich getan habe, steht auf einem anderen Blatt. Ich habe nur ...«

Joe Patra schüttelte sich unwillig und wandte den Kopf.

»Was wollen denn die Kerle schon wieder, he?«

Ein junger Bursche tippte ihm auf die Schulter und grinste dreckig.

»He, ihr Viehhirten, wollt ihr nicht antworten?«, fragte er hämisch. »Habt euch wohl die Ohren nicht gewaschen, hä? Der Gent da will euch etwas fragen.«

Tom sah schwarz. Jetzt würde Joe sich kaum länger halten lassen. Die Kerle wollten ihren Spaß haben und ihr Mütchen kühlen. Viel Menschenkenntnis besaßen sie wohl nicht, sonst hätten sie sich nicht ausgerechnet an sie beide herangemacht.

»Hast du das gehört, Tom?«, dröhnte Joe Patra und wandte sich dann dem Stutzer zu, der an der Theke lehnte und ein gefülltes Glas in der Hand hielt. »Was willst du von mir, he?«

»Woher kommt ihr eigentlich, ihr Helden?«, fragte der Stutzer langsam mit blecherner Stimme.

»Was kümmert's dich?«, gab Joe zurück in dem Bemühen, Tom zuliebe beherrscht zu bleiben.

»Oooch, ich wundere mich nur«, erklärte der andere. »Bei uns ist es Brauch, dass Fremde, die sich unter uns mischen, erst mal ein paar Runden spendieren. Wie steht es damit?«

»Rutsch mir den Buckel runter«, knirschte Joe, Tom zuliebe.

»Habt ihr das gehört, Freunde?«, rief der Stutzer, und das Lokal grölte. »Keine Bildung haben diese Kuhtreiber ...«

»Dreckige Hinterwäldler ...« – »Nicht mal richtig rasiert ...« – »Könnten auch 'n frisches Hemd gebrauchen ...« – »Riechen nach Pferd ...« – »Pfui, in den abgewetzten Klamotten ...« – »Schneiden sich wohl die Haare mit der Sense ...«

So und noch derber schwirrten die Stimmen durcheinander.

»Na und?«, brüllte Joe. Er wusste nicht, ob er Tom den Gefallen noch länger tun konnte.

»Keine Manieren, diese Kuhtreiber«, wiederholte der Stutzer kopfschüttelnd in höhnischer Verwunderung. »Kommen wahrscheinlich aus der Gegend, wo sie neulich den Missionar erschlagen haben, der Messer und Gabel einführen wollte ...«

»... der den Kamm einführen wollte!«, verbesserte ein anderer, der es offenbar genauer wusste.

»Bei euch nehmen sie wohl nachts noch die Häuser rein, damit sie nicht geklaut werden«, spottete der Stutzer weiter, der die Zurückhaltung der Westmänner mit Dummheit und Feigheit verwechselte.

»Da haben sie doch neulich zwanzig Salzheringe im Dorfteich ausgesetzt, weil sie sich eine Zucht anlegen wollten, hahaha!«

Joe Patra ballte die Fäuste.

»Der andere da hinten sagt überhaupt kein Wort«, stichelte der Stutzer weiter und deutete mit seinem Glas auf Tom Prox. »Wahrscheinlich überlegt er, ob er seine schmierigen Hosen heute Abend mit der Kneifzange ausziehen oder ob er damit lieber noch bis Weihnachten warten soll.«

Das war zu viel. Langsam kam Joe von seinem Stuhl hoch.

»Der Skunk hat dich beleidigt, Tom, das kann ich unmöglich zulassen.«

Mit wenigen Schritten stand er vor dem Lästerer, packte diesen wortlos beim Handgelenk, drehte es herum und kippte ihm den eigenen Whisky ins Gesicht

»Entschuldige dich bei dem Gent!«, donnerte er.

»Dreckiger Backwood-Billy!«, kreischte der Stutzer und ging in Boxstellung.

Zack – zack – zack! Rhythmisch fielen die Faustschläge des wilden Joe, und schon lag der Bursche flach.

»Ehrliche Westmänner, die nach tagelanger Jagd ein paar üble Banditen einbringen, können sich nicht erst stadtfein machen!«, grollte er. »Hat noch einer Lust? Dann ran!«

Joe übersah, dass ein Kumpan des Stutzers in seiner Tasche wühlte. Tom Prox aber entging das nicht. Als jener einen dicken Browing herausbrachte, krachte ein Schuss. Tom hatte mit einem Griff den Colt aus dem Gürtel gerissen, der hinter ihm über der Stuhllehne hing. Der Rowdy hatte eine verprellte Pfote, und sein Schießeisen lag am Boden.

Tom hatte genau getroffen. Joe bückte sich rasch und steckte die Pistole in die Tasche.

Sekundenlang herrschte dann Ruhe, erschreckende Ruhe.

»Keine Schusswaffen, Gents!«, warnte Tom Prox in die Stille hinein. Und damit hätte die Auseinandersetzung beendet sein können, denn alle sahen ein, dass sie die Fremden unterschätzt hatten.

Der Wirt war selbst schuld, dass seine Einrichtung nun zu Schaden kam. Er sah seine Stammgäste bedroht und dachte, dass der Fremde im Besitz der Pistole eine Gefahr für sie bedeute. So packte er eine noch halbvolle Whiskyflasche und hieb sie Joe von hinten über den Schädel. Klirrend zersprang die Flasche und ergoss ihren scharfen Inhalt über Joes schwarzes Haar.

Der wilde Joe war hart im Nehmen, sehr hart. Einen anderen hätte der Schlag auf der Stelle kampfunfähig gemacht; ihn munterte er erst richtig auf. Knurrend wandte er sich um, griff den aufschreienden Wirt mit einer Hand bei der Binde und warf ihn rückwärts gegen das Regal. Das kippte vornüber und begrub den Wirt unter Scherben und Flaschen.

Das war das Zeichen für die Fortsetzung des Kampfes. Die Rowdies gingen auf Joe los. Der setzte sich zur Wehr.

Tom Prox mischte sich vorerst noch nicht ein. Er rückte nur seinen Stuhl zurück in die Ecke, nahm ein volles Glas auf die Knie, und sah lächelnd zu, wie der wilde Joe sich austobte.