Traumschiff Ahoi - Karsten Eichner - E-Book

Traumschiff Ahoi E-Book

Karsten Eichner

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Beschreibung

Warum haben Kreuzfahrtschiffe Tender? Weshalb misst man ihre Geschwindigkeit in Knoten? Wieso ist die Titanic kein Kreuzfahrtschiff? Wer hat überhaupt die Kreuzfahrt erfunden? Und wo darf man auf See eigentlich heiraten? Das Buch gibt Antworten auf diese und viele andere Fragen pointiert, humorvoll und kenntnisreich. Es ist ein idealer Einstieg in die Welt der Kreuzfahrt und ein unverzichtbares Kompendium für den Smalltalk an Bord. Es erzählt die Geschichte der modernen Seereise von ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit, gibt Tipps zu Routen und Reedereien und berät bei der Schiffs- und Kabinenwahl. Ein augenzwinkerndes Lesevergnügen für Kreuzfahrt-Fans und alle, die es werden wollen. Aus dem Inhalt: Kreuzfahrer auf Kreuzfahrt? Eine kurze Begriffsbestimmung Von Augusta bis Aida: Kleine Geschichte der Seereise Windjammer oder Clubschiff? Augen auf bei der Schiffswahl Nordland oder Südsee? Die besten Routen für jeden Geschmack Shuffleboard oder Show? Das Bordleben Innenkabine oder Balkonsuite? Gut gebettet auf hoher See Buffet oder Butler? Service und Restaurants Alles im Fluss Kreuzfahrten im Binnenland Epilog: Wohin steuert die Kreuzfahrt? Glossar: Wichtige nautische Begriffe von A(chterschiff) bis Z(odiac)

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Seitenzahl: 131

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Bildnachweis:

Karsten Eichner, Familienarchiv Eichner, Wikipedia,

Hapag-Lloyd Cruises (Infografik S. 16/17)

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-7822-1279-3

eISBN 978-3-7822-1427-8

Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg

© 2017 by Koehler im Maximilian Verlag GmbH & Co. KG

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag: Fred Münzmaier

INHALT

KREUZFAHRER AUF KREUZFAHRT?

Eine kleine Kursbestimmung

VON AUGUSTA BIS AIDA

Die Geschichte der Seereise

WINDJAMMER ODER CLUBSCHIFF?

Augen auf bei der Schiffswahl

NORDLAND ODER SÜDSEE?

Die besten Routen für jeden Geschmack

SHUFFLEBOARD ODER SHOW?

Das Bordleben

INNENKABINE ODER BALKONSUITE?

Gut gebettet auf hoher See

BUFFET ODER BUTLER?

Service und Restaurants an Bord

ALLES IM FLUSS

Kreuzfahrten im Binnenland

EPILOG

Wohin steuert die Kreuzfahrt?

NAUTISCHE BEGRIFFE VON A(CHTERSCHIFF) BIS Z(ODIAC)

LISTE VON KREUZFAHRTANBIETERN

LITERATUR

LOGBUCH

FÜR EVA, KATHARINA UND MAXIMILIAN

KREUZFAHRER AUF KREUZFAHRT?

Eine kleine Kursbestimmung

 

 

 

 

 

 

Wer eine Kreuzfahrt unternimmt, ist automatisch ein Kreuzfahrer. Oder etwa nicht? Zumindest fährt man an Bord eines modernen Kreuzfahrtschiffes nicht mehr auf Kreuzzug wie die Ritter im Hochmittelalter – auch wenn das Verhalten einzelner Touristen mitunter gewisse Ähnlichkeiten aufweisen mag. Immerhin: Schon die Ritter, die seit anno 1096 ins Heilige Land aufbrachen, wählten häufig lieber das Schiff als die beschwerliche Landroute, um so zumindest etwas bequemer nach Jerusalem zu gelangen. Und auch sie bezeichnet man im deutschen Sprachraum als Kreuzfahrer – ohne dass sie freilich mit dem Kreuzfahrtboom unserer Tage irgendetwas gemein haben.

Sie merken es bereits: Wenn es um Schiffsreisen geht, stößt die deutsche Sprache schnell einmal an ihre Grenzen, und es macht sich eine gewisse verbale Unsicherheit breit. Deutschland ist – hanseatische Tradition hin oder her – eben keine genuine Seefahrtnation wie beispielsweise Großbritannien. Das kann sich mit Fug und Recht als Mutterland der modernen Seereise fühlen – auch wenn ausgerechnet die Luxuskreuzfahrt wiederum, o my goodness, nachweislich von einem Deutschen erfunden wurde. Doch dazu später mehr.

Im angelsächsischen Raum jedenfalls gibt es seit jeher die sprachliche Trennung zwischen Kreuzzug (Crusade) und Kreuzrittern (Crusaders) einerseits und eben der Kreuzfahrt (Cruise) andererseits. Letztgenannte mit ihren vielen verschiedenen Reisezielen leitet sich vom nautischen Begriff des Kreuzens, also des Zickzacksegelns gegen den Wind, her. Auch ein mittelgroßes Kriegsschiff mit weitem Aktionsradius, der Kreuzer (Cruiser), hat daher seinen Namen. Doch mit Segeln und Wind hat die moderne Kreuzfahrt längst nicht mehr viel zu tun, sieht man einmal von den äußerst exklusiven Segelschiffreisen ab. Denn erst die Erfindung des Dampfschiffes im frühen 19. Jahrhundert machte es überhaupt erst zuverlässig möglich, Städte und Kontinente mit fahrplanmäßigen Routen zu verbinden oder gar zum Vergnügen übers Meer zu schippern.

Bis dahin fuhren die Segelschiffe in der Regel erst dann los, wenn sie genügend Ladung oder zahlungskräftige Passagiere an Bord hatten. Und die Ankunftszeit bestimmte nicht der Kapitän, sondern das Wetter. Im hölzernen Segelschiff konnten bei ungünstigen Wind- und Wetterverhältnissen aus geplanten sechs Wochen an Bord jedenfalls schnell auch mal doppelt so viele werden – für die Passagiere kein Vergnügen mit verdorbenem Trinkwasser und zur Neige gehendem Proviant. Kein Wunder, dass speziell die Reise über den Nordatlantik in der Wintersaison gefürchtet war – und die unweigerlich auftauchenden Eisberge selbst technisch hochmodernen Schiffen aus Stahl wie der legendären TITANIC (1912) zum Verhängnis werden konnte.

Apropos Passagiere: Auf unsere heutige Generation trifft dieser Begriff im Grunde nicht mehr zu. Denn wer sich zum Vergnügen aufs Kreuzfahrtschiff begibt (und das tun in Deutschland mittlerweile jedes Jahr rund zwei Millionen Menschen), bucht in der Regel keine Passage von A nach B (vom Spezialfall der sogenannten Transreisen einmal abgesehen, aber auch davon später mehr), sondern eine Rundfahrt zu möglichst vielen touristisch attraktiven Zielen. Also eben eine Kreuzfahrt, die meist im Hafen A beginnt und nach erfolgreicher Rundreise dort auch wieder endet. Insofern ist der heutige Passagier streng genommen kein solcher mehr (auch wenn die Besatzung intern weiterhin gern von Passagieren, kurz PAXen, redet), sondern eher ein Gast oder Kreuzfahrttourist, der die Annehmlichkeiten eines Kreuzfahrtschiffes (englisch: Cruise Ship) genießen will. Folglich gibt es an Bord heute auch einen »Hotelmanager« (auf Schiffen gern abgekürzt als »Hot Man«) wie in jedem besseren Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel dieser Welt. Und natürlich eine möglichst elegante Rezeption, die schon lange das muffige Zahlmeisterbüro früherer Tage ersetzt hat. Und auch die Klassifizierung der Kreuzfahrtschiffe nach Sternen folgt heute dem Hotelvorbild. Spezialisierte Kreuzfahrttester wie der bereits legendäre Douglas Ward sorgen dabei regelmäßig dafür, dass das Verhältnis von Standards und Sternen gewahrt bleibt.

Noch ein paar andere nautische Begriffe sollten hier für den Anfang erklärt werden: Der Kreuzfahrtgast kommt selbstverständlich nicht in einem Zimmer unter, sondern in einer Kabine. Wer also im Bordrestaurant lauthals verkündet, er müsse mal »kurz aufs Zimmer«, outet sich schnell als ahnungslose Landratte. Besser haben es hier allenfalls die Bewohner einer Suite, denn die heißt genauso wie an Land, ist aber meist merklich kleiner. Doch egal ob Kabine oder Suite, sie befinden sich in einem Schiff keinesfalls auf einem Stockwerk, sondern stets auf einem Deck (auch dieser Begriff stammt aus früheren Tagen, als man anfing, die ursprünglich offenen hölzernen Boote abzudecken, um so einen halbwegs wettergeschützten Laderaum im Schiffsbauch zu gewinnen). Dieser Umstand führt noch heute gelegentlich zu einer babylonischen Sprachverwirrung unter den Passagieren, pardon Gästen. Der Ausruf »Wir treffen uns gleich zwei Stockwerke höher an der Bar!« ist also ebenfalls ein verbales No-Go.

Neben dem Kapitän und dem Hotelmanager soll an dieser Stelle noch eine dritte wichtige Persönlichkeit an Bord nicht unerwähnt bleiben: der Kreuzfahrtdirektor (englisch: Cruise Director). Er ist für die gesamte Bordunterhaltung verantwortlich sowie für die Organisation der Landausflüge. Meist ist er auch Gesicht und Stimme der Reederei, führt ebenso durch bunte Showabende wie durch die übliche Fragestunde mit dem Kapitän und den nautischen Offizieren und darf meist auch zu bestimmten Uhrzeiten per Lautsprecher die Bordnews (Standort, Wetter, aktuelles Tagesprogramm) durchsagen.

Noch ein Letztes sei ein dieser Stelle geklärt: Ein modernes Kreuzfahrtschiff ist vieles, aber unter keinen Umständen ein »Liner«, also ein Linienschiff. Und daher erst recht kein »Luxusliner«, auch wenn dieser Begriff wegen seiner schönen Alliteration in vielen Veröffentlichungen nach wie vor gern verwendet wird. Deshalb sei hier festgehalten: »Liner« oder »Oceanliner« (eingedeutscht: Ozeanliner) darf sich im Prinzip nur ein Schiff nennen, das tatsächlich im Linienverkehr auf dem Ozean unterwegs ist. Das aber ist heute praktisch kein Passagierschiff mehr, sieht man einmal von Cunards QUEEN MARY 2 ab, die tatsächlich jeden Sommer einen nostalgisch angehauchten Pendelverkehr zwischen Europa und Nordamerika aufnimmt. Auch berühmte Schiffe vergangener Tage wie die BREMEN (1929), die NORMANDIE (1935) oder die QUEEN MARY (1936), die jahrein, jahraus streng nach Fahrplan über den Nordatlantik preschten und sich dabei einen Wettstreit um die schnellste Überfahrt und damit um den Gewinn des »Blauen Bandes« lieferten, dürfen ebenso mit Fug und Recht als »Liner« bezeichnet werden. Aber auch mit nichts anderem. Dass beispielsweise die schon erwähnte TITANIC, ebenfalls ein reiner Oceanliner, heute mitunter gern als »Kreuzfahrtschiff« bezeichnet wird, ist ein mindestens ebenso großer Fauxpas. Denn auf Kreuzfahrt gehen wollte gewiss keiner ihrer Passagiere (hier trifft das Wort einmal zu), sondern möglichst schnell und sicher nach New York gelangen. Der Rest ist Geschichte.

Wer es sich leisten konnte, wählte bei der Transatlantikpassage selbstverständlich die Erste Klasse. Auch sie wird immer wieder gern im Zusammenhang mit »Luxuslinern« erwähnt, ist aber ein Relikt vergangener Tage, als Seereisen eine Notwendigkeit und kein Freizeitvergnügen waren. Schiffe waren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich Massentransportmittel – so wie heute die Bahn oder das Flugzeug, wo man je nach Geldbeutel ebenfalls noch in Erster oder Zweiter, First oder Business (oder eben in der Economy, der »Holzklasse«) unterwegs ist. Die Klassentrennung an Bord wurde dabei strikt beachtet – wer es etwa wagte, einmal verbotenerweise in eine höhere Klasse vorzudringen, wurde in der Regel von aufmerksamen Stewards schnell wieder zurückgejagt.

Anders hingegen auf Kreuzfahrten. Sie waren von Beginn an (mehr dazu im folgenden Kapitel) »klassenlos« – und orientierten sich dabei stets an der obersten, also der Ersten Klasse. Anderes war und ist für eine Kreuzfahrt, die sich teilweise über Wochen erstreckt und in erster Linie der Erholung im Urlaub (und möglicherweise auch der ebenso erhol- wie unterhaltsamen Bildung, Stichwort »Edutainment«) dient, nicht vorstellbar. Dieses Prinzip gilt im Grunde seit der Erfindung der Kreuzfahrt vor mehr als 125 Jahren: Wer gutes Geld für die schönsten Wochen des Jahres ausgibt, erwartet zu Recht Luxus auf See – und nicht etwa karge Dritte-Klasse-Kabinen mit Doppelstockbetten und fließend kaltem Wasser im Klappwaschbecken. Im Gegenteil: Die Architekten moderner Kreuzfahrtschiffe überbieten sich in der letzten Zeit geradezu mit immer neuen Einfällen, um das verwöhnte Publikum bei Laune zu halten. Balkonkabinen sind längst ein Muss; Megapools mit künstlichen Surfwellen gehören mittlerweile ebenso zum Repertoire wie Kletterfelsen am Schornstein, offene Atrium-Theater mit Meeresblick am Heck, riesige Shoppingmalls, Spa-Welten oder bordeigene Hausbrauereien. Bei etlichen Reedereien ist das Schiff längst selbst zur eigentlichen Reiseattraktion geworden, der Weg das Ziel.

Ob dies die mittelalterlichen Kreuzfahrer auf ihren kleinen hölzernen Schiffen wohl jemals geahnt haben mögen?

VON AUGUSTA BIS AIDA

Die Geschichte der Seereise

 

 

 

 

 

 

Es ist eine feine und elitäre Reisegesellschaft, die sich am 22. Januar 1891 bei klirrender Kälte in Cuxhaven an Bord des Transatlantikliners AUGUSTA VICTORIA einfindet: Adel und Geldadel, Gutsbesitzer und Fabrikanten, hohe Beamte und reiche Privatiers, teils mit Familie und einige sogar mit persönlicher Dienerschaft. 241 Gäste – darunter auch 67 zumeist ältere Damen – haben sich auf das Premierenabenteuer eingelassen, für das man neben viel Geld auch viel Zeit mitbringen muss. Zwei Monate lang werden sie unterwegs sein, um dem winterlich-kalten Mitteleuropa zu entfliehen und ein neues und ganz besonderes Seereise-Abenteuer zu erleben: die erste moderne Kreuzfahrt.

 

Die damals als »Exkursion« oder »Vergnügungsreise« angepriesene Luxuskreuzfahrt ist in der Tat ein exklusives Vergnügen, eine Antithese zum bisherigen Reisestil. Zwischen 1.600 und 2.400 Goldmark pro Person (heute etwa 28.500 bis 42.800 Euro) kostet die Reise je nach Kabinengröße und -lage; das ist seinerzeit etwa der zwei- bis dreifache Jahresverdienst eines Arbeiters. In den Jahrhunderten zuvor hatte man es sich überhaupt nicht vorstellen können, rein zum Vergnügen zur See zu fahren. Die hölzernen Schiffe mit ihren engen Kojen und ihrer schlechten Verpflegung galten als schwimmende Gefängnisse – die zu allem Übel noch die drohende Gefahr des Ertrinkens boten. Wer irgendwie konnte, reiste lieber über Land, statt sich Wind und Wellen auszuliefern. Das galt erst recht für Bildungs- oder Vergnügungsreisende, die auf Komfort und gutes Essen Wert legten.

 

1891 ändert sich das: Die reiselustigen Premierengäste im wintergrauen Cuxhaven erwartet statt einer rauen Atlantiküberquerung erstmals eine luxuriöse Reise in den sonnigen Süden, Pyramidenbesuch und Orientzauber inklusive. Die AUGUSTA VICTORIA, das erst zwei Jahre alte Flaggschiff der Hamburg-Amerika-Linie (Hapag) soll durchs Mittelmeer kreuzen, touristisch interessante Ziele ansteuern und dort jeweils lange genug vor Anker gehen, um auch mehrtägige Landausflüge zu ermöglichen. Mit 7.700 Bruttoregistertonnen ist der 145 Meter lange Zweischraubendampfer mit den drei markanten Schornsteinen ein Schiff der Superlative, der Gipfel des seinerzeit technisch Machbaren: Die AUGUSTA VICTORIA – benannt nach der Ehefrau von Kaiser Wilhelm II. – ist bei ihrer Indienststellung 1889 das größte Schiff auf dem Nordatlantik und damit auch das bisher größte Passagierschiff, das den Felsen von Gibraltar passiert. Als besonderer Clou ist eine Bordkapelle mit von der Partie, die zur Unterhaltung der Gäste aufspielt. Zudem erhalten die Reisenden regelmäßig eine Bordzeitung, zum ersten Mal überhaupt auf einem Schiff. Bei so vielen Rekorden stört es kaum, dass der Schiffsname nicht ganz korrekt ist, denn die Kaiserin heißt in Wirklichkeit Auguste Victoria. Der Fauxpas wird erst einige Jahre später anlässlich einer Generalüberholung des Schiffes stillschweigend korrigiert.

AUGUSTA VICTORIA

Die Reiseroute kann sich sehen lassen: Alexandria, Jaffa, Beirut, Konstantinopel, Piräus, Palermo und Neapel heißen 1891 die wichtigsten Häfen, in denen jeweils ein mehrtägiges Landausflugsprogramm des renommierten englischen Reiseveranstalters Thomas Cook angeboten wird, natürlich inklusive Pyramidenbesuch in Kairo und Jerusalem-Besichtigung. Auch Damaskus, Athen und Rom stehen auf dem Reiseplan. Erster Halt ist in Southampton, wo etliche britische Fahrgäste zusteigen, darunter viele der schon erwähnten reiselustigen älteren Ladys. Den historischen Augenblick dieser ersten Kreuzfahrt erfasst womöglich auch Kaiser Wilhelm II., der kurz vor dem Auslaufen in Cuxhaven das Schiff besichtigt und den Anwesenden eine gute Reise wünscht.

 

Gastgeber und zugleich prominentester Fahrgast ist Albert Ballin (1857 – 1918), das mit 33 Jahren jüngste Vorstandsmitglied der Hapag. Der ebenso energische wie einfallsreiche Ballin macht die Hapag in den folgenden Jahren zur wichtigsten Schifffahrtslinie ihrer Zeit. Als Hapag-Generaldirektor wird er später ein geschätzter Berater Wilhelms in maritimen und handelspolitischen Fragen, was ihm den inoffiziellen Ehrentitel »Reeder des Kaisers« einträgt. Und auch diese neue, innovative Form der Seereise geht auf das Konto des ehrgeizigen Reedereimanagers. Denn in den stürmischen Wintermonaten ist der Fahrplan auf dem Nordatlantik mangels Nachfrage ausgedünnt. Viele Oceanliner, so auch die AUGUSTA VICTORIA, bleiben dann für längere Zeit im Hafen, verursachen aber weiter laufende Kosten.

Daher kommt Ballin auf die Idee, sein unbeschäftigtes Flaggschiff für eine finanziell lukrative Reise in den Süden einzusetzen, natürlich nur First Class. Dritte-Klasse-Kabinen bleiben auf einer solchen Luxusreise selbstverständlich unbelegt. Seine Vorstandskollegen sind zunächst skeptisch, doch Ballin setzt sich durch – und behält recht. Als Premierenziel wählt er dabei psychologisch geschickt das Mittelmeer, noch heute der Sehnsuchtsort vieler Reisenden. Seit dem 18. Jahrhundert ist es das Ziel jeder klassischen Bildungsreise, der Grand Tour. Hinzu kommt die wachsende Orientbegeisterung des 19. Jahrhunderts. Das touristische Pflichtprogramm zu den Stätten der Antike und des Orients absolviert also auch die moderne Variante per Schiff und Landausflug.

 

Die Gäste der AUGUSTA VICTORIA erleben bis zum Anlegen in Cuxhaven am 21. März 1891 eine 57-tägige Rundreise der Superlative, die von mitgereisten Malern und Journalisten ganz in Ballins Sinne in das beste PR-Licht gerückt wird. Doch auch ohne werbewirksame Unterstützung ist Ballins Idee ein Volltreffer: Andere Reedereien ziehen bald nach und bieten nun ebenfalls »Vergnügungsreisen« auf ungenutzten Linern an – allen voran die englischen Linien Cunard und P&O. Als dritte »Kreuzfahrtnation« geht schließlich Österreich-Ungarn ins Rennen. Die riesige Habsburgermonarchie mit ihren Ländern an der Adriaküste ist seinerzeit eine veritable Seefahrtnation, und bis heute finden sich – Zufall oder nicht – überdurchschnittlich viele Österreicher als Personal auf Kreuzfahrtschiffen. Auch weitere Nationen bieten bald Kreuzfahrten an, vor allem in den USA gewinnen Seereisen schnell an Popularität. Aus der genialen Idee wird ein großes Geschäft.

 

Natürlich gab es schon erste zaghafte Versuche vor Ballin – so schipperte beispielsweise der amerikanische Schriftsteller Mark Twain bereits 1867 als Teilnehmer einer amerikanischen Reisegesellschaft im gecharterten Raddampfer von New York bis ins Mittelmeer. Doch mit dem unvergleichlichen Komfort der AUGUSTA VICTORIA kann Ballin zu Recht den Ruhm als »Kreuzfahrt-Erfinder« für sich beanspruchen. Vor schlechtem Wetter kann allerdings auch der clevere Reeder seine Passagiere nicht bewahren: In der kabbeligen Biskaya werden auf der Premierenfahrt die meisten Reisenden seekrank, selbst die omnipräsente Bordkapelle verstummt. Zur Entschädigung lässt Ballin am nächsten Tag frische Austern servieren, es gibt Kaviarbrötchen satt, und der Champagner fließt in Strömen. Das schlechte Wetter ist daraufhin schnell vergessen.

 

Schon bald ist das Mittelmeer nicht mehr das einzige Reiseziel: Das wilhelminische Publikum beispielsweise erliegt schnell der Schönheit der norwegischen Fjorde. Hier ist Seine Majestät höchstselbst der Trendsetter, denn der rastlose »Reisekaiser« ist ständig unterwegs. Seine jährlichen »Nordlandreisen«, die er seit 1889 jeden Sommer auf der Staatsyacht HOHENZOLLERN unternimmt, werden von seinen Untertanen gern nachgeahmt. Bereits im Sommer 1894 unternimmt daher die AUGUSTA VICTORIA ihre erste Reise in den hohen Norden, die sie sogar bis hinauf nach Spitzbergen führt. Ab 1896 nimmt die Hapag dann von New York aus auch die Westindischen Inseln ins Programm – es ist der Beginn der beliebten Karibik-Kreuzfahrten, die nicht nur in den USA große Popularität erlangen.

 

Und Albert Ballin, der unermüdliche Neuerer, arbeitet bereits an einem neuen Coup: Im Jahr 1900 stellt er den ersten