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Das Bankenumfeld ist von hohem Wettbewerbsdruck, sinkenden Margen in einem Niedrigzinsumfeld und intensiver Regulierung geprägt. Häufig versuchen Banken dabei, Gewinne durch das Eingehen erhöhter Risiken zu stabilisieren. Dieses Spannungsfeld erfordert eine bewusste Auseinandersetzung mit der Entstehung, der Messung und der Steuerung von Finanzrisiken. Die Treasurer und Risikocontroller müssen den internen und regulatorischen Anforderungen gerecht werden, durch Transferpreise die richtigen Anreize setzen und zukunftsgerichtet die Struktur der Bilanz managen. Die Autoren arbeiten die Bedeutung des finanziellen Risikomanagements aus bankstrategischer Sicht heraus, erörtern die organisatorische Einbettung von Treasury und Risikocontrolling und zeigen übergreifend adäquate Risikomessmethoden und Risikomanagementstrategien auf. Gesamtüberblick über die Rolle, das Mandat und die Gestaltungsmöglichkeiten eines modernen Bank-Treasury und -Risikocontrollings.
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Seitenzahl: 188
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Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH, Stuttgart
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
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© 2017 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht [email protected]
Umschlagentwurf: Goldener Westen, BerlinUmschlaggestaltung: Kienle gestaltet, StuttgartSatz: primustype Hurler GmbH, Notzingen
Juni 2017
Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Haufe Gruppe
Systemische und strategische Risiken beeinflussen den Erfolg von Banken nachhaltig. Zudem sind Liquiditäts-, Zins-, Währungs- und Kreditrisiken für sie von großer Bedeutung. Diese finanziellen Risiken müssen identifiziert, limitiert, gemessen, überwacht und gesteuert werden. Die Risikomessung und -steuerung ist die Aufgabe des Risikocontrollings und des Treasurys. Die Autoren erläutern die Rolle und die Bedeutung dieser Abteilungen für die Banksteuerung und zeigen die Arbeitsweise sowie aktuelle Herausforderungen auf.[2]
Die Inhalte sind weniger auf international tätige Großbanken als vielmehr auf regionale Institute ausgerichtet. Im Vordergrund stehen betriebswirtschaftliche Ansätze für eine erfolgreiche bankinterne Risikomessung und -steuerung jedoch nicht regulatorische Anforderungen. Dem Leser wird ein Gesamtüberblick über die Aufgaben und Herausforderung des Risikocontrollers und Treasurers gegeben. Die Rolle in der Gesamtbank nimmt breiten Raum ein – schließlich laufen viele Fäden des Bankgeschäfts in der Risikosteuerung zusammen. Im Vordergrund steht ein qualitativer Überblick über Risikomessmethoden und Steuerungsstrategien.
Das Buch richtet sich an diejenigen, die die Risikosteuerung einer Bank nachhaltig verstehen wollen, ohne das große Ganze aus dem Auge zu verlieren. Zielgruppen sind die Mitglieder der Geschäftsleitung sowie Verwaltungs- bzw. Aufsichtsräte, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater genauso wie Hochschulabsolventen, die einen Start im Treasury und Risikocontrolling anstreben.
Die drei Kapitel können unabhängig voneinander gelesen werden – je nach Vorkenntnissen oder aktuellem Interesse. Darüber hinaus dient der gewählte Aufbau in Kombination mit einem detaillierten Register auch der Nutzung als Nachschlagewerk.
Das erste Kapitel erläutert das Geschäftsmodell „Bank“. Dabei wird deutlich, dass die finanziellen Risiken der Banken aus der volkswirtschaftlichen Transformationsfunktion von Banken resultieren. In der Folge werden die Erfolgsquellen und die Bilanzstruktur einer Bank erläutert, der Begriff des Risikos definiert, die unterschiedlichen für Banken relevanten Risikoarten klassifiziert und die Konzepte Liquidität und Kapital abgegrenzt. Damit ist die Grundlage für das Verständnis der modernen Bankrisikosteuerung gelegt.[3]
Das zweite Kapitel vertieft die Treasury- und Risikocontrolling-Mandate. Dafür werden die Aufgaben und die organisatorische Einbettung sowie die jeweiligen Unterabteilungen beschrieben. Anhand von Beispielen werden die Notwendigkeit der Funktionstrennung dargestellt und die Operationalisierung der Risikosteuerung mittels Gremien wie Asset-Liability-Committee erörtert.
Die Risikomessung und Risikosteuerung der einzelnen Risikoarten wird im dritten Kapitel vertieft. Die Kapitel orientieren sich im Wesentlichen an der Aufbauorganisation des Treasurys und beinhalten das Liquiditätsmanagement, das Asset-Liability-Management, das Währungs- und Kapitalmanagement sowie das Kreditmanagement. Zusätzlich werden Aspekte eines Transferpreissystems anhand der Marktzinsmethode dargestellt. Da Treasury und Risikocontrolling primär auf Modellen aufbauen, werden zudem das Modellrisiko bzw. die Modellvalidierung betrachtet.
Wir wünschen den Lesern eine interessante und lehrreiche Lektüre: Sei es als Einstieg in die Thematik, als Wiederholung für einen Gesamtüberblick oder als Nachschlagewerk.[4]
Zürich, im März 2017
Sebastian BodemerPeter Vollenweider
Das erste Kapitel dieses Buchs schafft die Grundlagen, die für das Verständnis der Risikosteuerung notwendig sind. Dabei werden einerseits die volkswirtschaftlichen Transformationsaufgaben einer Bank dargelegt, die daraus entstehenden Risiken erörtert und Erfolgsquellen des Bankgeschäfts analysiert. Wenn auch diese Thematik für Mitarbeiter von Banken nicht neu sein dürfte, so verdeutlicht das Kapitel doch die Relevanz der finanziellen Risikosteuerung und erlaubt damit die Wichtigkeit von Treasury und Risikocontrolling im Zusammenhang mit der Banksteuerung zu unterstreichen. Als weitere Grundlagen werden Begrifflichkeiten abgegrenzt, mit denen die Ziele der Risikosteuerung besser verstanden werden:[5]
Was ist Risiko und welche Risikoarten werden unterschieden?
Inwiefern unterscheiden sich die Konzepte „Liquidität“ und „Kapital“?
Welche Methoden stehen allgemein zur Verfügung, um Risiko zu quantifizieren?
Wieso ist die Betrachtung von Risiko und Ertrag relevant?
Wie das Buch im Allgemeinen, möchte das erste Kapitel ebenfalls einen qualitativen Einblick geben. Damit ein Gesamtverständnis über Aufgaben und organisatorische Aspekte des Treasury und Risikocontrolling erreicht wird, verzichten die Autoren bewusst auf quantitative Details. So kann der Leser in Kapitel 1 rasch die Abschnitte und Grafiken lesen oder einzelne für ihn relevante Kapitel herausziehen.
Die Geschichte zeigt, dass das Bankwesen in quasi allen Volkswirtschaften über die Zeit entwickelt wird. Dies kann auf die drei Transformationsaufgaben der Banken zurückgeführt werden:
Fristentransformation,
Losgrößentransformation,
Risikotransformation.
Im Falle der Fristentransformation nimmt die Bank kurzfristig fällige Einlagen von privaten Haushalten, institutionellen Kunden bzw. Unternehmungen entgegen und verleiht diese mittel- bis langfristig an Kreditnehmer. Damit können beispielsweise Firmen langfristige Investitionen tätigen. Da zahlreiche private Einleger kleine Beträge ansparen, Firmen jedoch größere Investitionen tätigen müssen, bündelt die Bank die Einlagen zu wenigen betragsmäßig hohen Krediten. Diese Umwandlung wird als Losgrößentransformation bezeichnet. Neben der Fristen- und Losgrößentransformation kommt es zudem zur Risikotransformation: Risikoaverse Sparer würden ihre Einlagen nicht unbedingt potenziell kreditausfallgefährdeten Firmen zur Verfügung stellen. Eine Bank ‚transformiert’ somit risikolose Einlagen in risikobehaftete Kredite. Die genannten Transformationsfunktionen führen zu einer Bilanzstruktur, die schematisch in Abbildung 1.1 dargestellt wird.[6]
Abb. 1.1: Transformationsfunktion und Bilanzstruktur (schematisch) (Quelle: Eigene Darstellung)
Die Aktivseite besteht in Abbildung 1.1 vereinfacht aus Bargeld (Kassenbestand) und Krediten. Diese ‚Anlagen’ der Bank werden finanziert durch Einlagen von Sparern und dem Eigenkapital der Bank. Die Zusammensetzung von Aktiv- und Passivseite der Bank bildet die Bilanzstruktur.
Während diese zunächst zufällig erscheint, besteht volkswirtschaftlich wie aus Sicht der Bankleitung ein erhebliches Interesse, die Bilanzstruktur zu steuern. Ein aktives Bilanzstrukturmanagement gewährleistet neben dem Fortbestand der Bank (Existenzsicherung) auch Profitabilität, wie folgende Überlegungen zeigen:
Entscheidet sich eine Bank für die Fristentransformation, so wandelt sie kurzfristig fällig werdende Einlagen in mittelfristige Kredite um. Macht sie das mit sämtlichen Einlagen, so könnten Einleger ihr Geld kurzfristig nicht mehr beziehen. Die Bank sollte daher nur einen gewissen Anteil in Kredite investieren, zugleich aber auch einen Kassenbestand halten.[7]
Können Kreditnehmer aufgrund von Insolvenz Kredite nicht mehr tilgen, so muss die Bank dennoch ihren Sparern die Einlagen bei Verlangen zurückbezahlen. Ein etwaiger Kreditverlust aufgrund insolventer Kreditnehmer ist daher mit Eigenkapital zu decken.
Die beiden Beispiele zeigen Liquiditäts- und Kapitalüberlegungen auf, mit denen sich die Bankleitung unter anderem auseinandersetzen muss. Fragestellungen zu Liquidität und Kapital sind wesentlicher Bestandteil des Bilanzstrukturmanagements, welches in einer heutigen Bankenorganisation in die Verantwortung des Treasury fällt.
Die Bilanzstruktur ist die Zusammensetzung der Bankbilanz im Hinblick auf ihre Aktiv- und Passivseite. Die Aktivseite zeigt auf, in welche Produktarten die Bank ihre Gelder investiert, wohingegen die Passivseite die (Re-) Finanzierungen und das Eigenkapital darlegt.
Die Überlegungen der Transformationsaufgaben und die daraus entstehende Bilanzstruktur kann weitergeführt werden, indem die Bankbilanz einer Regionalbank näher betrachtet wird. Die Bankbilanz besteht aus erheblich mehr Aktiv- und Passivprodukten als in Kapitel 1.1 illustriert und wird zudem um Außerbilanzgeschäfte ergänzt. Ein Blick auf eine typische Regionalbankenbilanz hilft, die Bilanzstruktur besser zu verstehen und mögliche Wechselwirkungen zu erkennen. Abbildung 1.2 zeigt schematisch eine Bankbilanz und ihre wesentlichen Positionen analog der in Deutschland für alle Banken geltenden Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredV)[8].
Abb. 1.2: Bankbilanz (vereinfachte Darstellung) (Quelle: Eigene Darstellung)
Auffällig ist die Anwendung des Ordnungsprinzips der Liquidierbarkeit auf der Aktiv- und Passivseite: Je schneller eine Position liquidiert werden kann, desto früher wird sie grundsätzlich aufgeführt. Die Produkte der Aktivseite berücksichtigen Barreserven, Forderungen gegenüber Banken und Kunden, Schuldverschreibungen und andere Aktiva. Die Passivseite setzt sich aus Verbindlichkeiten gegenüber Banken, Kunden, (verbrieften) Verbindlichkeiten, Rückstellungen und den Eigenmitteln zusammen. Die einzelnen Bilanzpositionen können auch im Zusammenhang mit ihrer Zins- bzw. Liquiditätsbindung betrachtet werden. Eine erste Indikation wird in Abbildung 1.3 gegeben, wobei in den späteren Kapiteln näher darauf eingegangen wird. Bei der Zinsbindung wird zwischen variabel und festverzinslich bzw. unverzinslich unterschieden. Beim variablen Zins findet eine regelmäßige Anpassung des Zinses über die Vertragslaufzeit statt bzw. der Zins ist an einen kurzfristigen Zinssatz gebunden. Bei festverzinslichen Positionen wird über die Gesamtlaufzeit der Zinssatz festgelegt. Bei der Liquiditätsbindung wird zwischen Liquidierbarkeit auf der Aktivseite – also der Fragestellung wie schnell kann die Position zu ‚Cash’ gemacht werden – und Liquiditätseinfluss auf der Passivseite unterschieden: Wie schnell könnte die Position einen Zahlungsabgang herbeiführen? Sowohl die Zins- als auch die Liquiditätsbindung der einzelnen Positionen indiziert das Zins- und Liquiditätsrisiko, welches schließlich vom Risikocontrolling quantifiziert und vom Treasury einer Bank gesteuert wird. Abbildung 1.3 erläutert die Bestandteile der Bilanz näher und gibt eine erste Interpretation der Positionen aus Sicht einer Regionalbank. Die Bilanzpositionen gehen dabei über das einführende Beispiel hinaus.[9]
Abb. 1.3: Ausführungen zu Bilanzpositionen
Bei der Mindestreserve handelt es sich um ein per Gesetz erlassenes Mindestguthaben, welches Banken vorzuhalten haben. Sie ist im Wesentlichen von Einlagen abhängig und soll die Liquidität im Falle eines Einlagenabzugs sicherstellen. Darüber hinaus limitiert sie volkswirtschaftlich die Geldschöpfung und ist daher ein Instrument der Geldpolitik.
Während Abbildung 1.3 einzelne Bilanzpositionen kurz beschrieben hat, sind darüber hinaus außerbilanzielle Positionen zu berücksichtigen. Diese werden sowohl buchhalterisch erfasst, im Jahresabschluss ausgewiesen, als auch im Zuge der Risikomessung und -steuerung berücksichtigt. Auch hier legt die RechKredV Anforderungen fest, die „unter dem Strich“, d. h. außerbilanziell, auszuweisen sind. Folgende Positionen sind zu berücksichtigen:
Eventualverbindlichkeiten, dazu gehören Bürgschaften und Garantien, sowie
andere Verbindlichkeiten, wie beispielsweise, unwiderrufliche Kreditzusagen.
Zudem müssen auch derivative Positionen wie Zinsswaps oder Optionen als außerbilanzielle Positionen definiert und berücksichtigt werden.
Auch diese außerbilanziellen Positionen können Einfluss auf die Transformationsaufgaben der Bank haben. Zieht der Garantienehmer gegenüber der Bank die Garantie, so ist diese verpflichtet den entsprechenden Betrag unmittelbar zu bezahlen. Auch bei Kreditzusagen ist ein Liquiditätseffekt zu spüren: Der Kreditnehmer verfügt über die zugeteilte Kreditlinie und aus der außerbilanziellen Position entsteht eine bilanzielle. Aus diesem Grund betrachtet die Steuerung der Bilanzstruktur auch außerbilanzielle Positionen.[14]
Das Geschäftsmodell von Regionalbanken fokussiert bekanntlich auf Privatkunden, primär bestehend aus Retailkunden, teilweise aus Private-Banking-Kunden und zumeist auch auf Firmenkunden. Entsprechend weist die Bilanzstruktur auf der Passivseite hohe Volumina in Sicht- und Spareinlagen auf, häufig investiert in Kundenkredite bestehend aus grundpfandrechtlich besicherten Darlehen und Firmenkundenkrediten. Die in Kapitel 1.1 dargestellten Transformationsfunktionen können auch hier nachvollzogen werden.
Aufgrund des Geschäftsmodells zeigen Regionalbanken häufig ein hohes Loan-to-Deposit-Ratio auf. Die Bilanzstruktur-Kennzahl setzt die Kredite an Kunden ins Verhältnis zu den entgegengenommenen Einlagen und ist damit ein Indikator für die Refinanzierungsstrategie des Kreditgeschäfts. Für Regionalbanken ist ein Ratio von 80 bis 100 % üblich (siehe auch Abb. 1.4).
Abb. 1.4: Loan-to-Deposit-Ratio ausgewählter deutscher Banken und Bankengruppen (Quelle: Scope Ratings, Banking in Germany – Constructive Prospects against Many Odds, Juli 2016)
Der Risikoappetit von Regionalbanken ist häufig als risikoavers einzustufen. Daher verfügen Regionalbanken nur selten über einen großen Eigenhandel. Anders ausgedrückt: Regionalbanken sind im Zusammenhang mit spekulativen, kurzfristigen Handelsaktivitäten eher zurückhaltend, was einer risikoaversen Strategie gleichkommt. Wird dennoch kurzfristige Spekulation mit Wertpapieren betrieben, so werden solche Handelsaktivitäten im sogenannten Handelsbuch abgegrenzt, die sonstigen Bankaktivitäten wie das Einlage- und Kundenkreditgeschäft werden hingegen im Bankbuch verbucht.[15]
Das Bankbuch, teilweise auch Banken- oder Anlagebuch, im Englischen das „Banking Book“, umfasst sämtliche zinstragende Bestände und Wertpapiere wie Einlagen, Kredite oder Bundesanleihen, die nicht kurzfristig für Spekulationszwecke gehalten werden, sondern mit dem Ziel eingegangen oder erworben wurden, um sie bis zur Endfälligkeit zu halten. Demgegenüber steht insbesondere der Erwerb von Wertpapieren, die kurzfristig gekauft oder verkauft werden, um Spekulationsgewinne zu erzielen. Diese würden nicht im Banken-, sondern im Handelsbuch verbucht werden. Zur Handelsbuchkategorie gehören auch Derivate, die nicht zur Absicherung des Bankbuchs erworben werden.
Die Unterscheidung von Bank- und Handelsbuch hat häufig auch buchhalterische Auswirkungen. Handelsbuchpositionen werden zumeist mit aktuellen Marktwerten (Mark-to-Market) bewertet, so dass Kursschwankungen das Ergebnis der Bank unmittelbar beeinflussen, wohingegen Bankbuchpositionen zu Buchwerten bewertet werden können. Entsprechend bewirken dem Bankbuch zugeordnete Positionen geringfügigere GuV-Volatilitäten. Für die Handhabung der Bewertungen sei auf die jeweilige Bilanzierungsmethode verwiesen.[16]
Banken kaufen durchaus auch Wertpapiere in eigenem Namen auf eigene Rechnung. Solche Anlagen im Bankbuch, die unter die Bilanzposition „Schuldverschreibungen“ fallen, sind daher hauptsächlich Wertpapiere mittel- bis langfristiger Natur, die wie beispielsweise deutsche Bundesanleihen und Pfandbriefe ein geringes Ausfallrisiko und zugleich eine hohe Marktliquidität aufweisen. Die Ausstattung dieser Wertpapiere erlaubt es den Banken, neben einer Diversifikation auch Zinserträge zu generieren und nicht primär Zentralbankguthaben zu halten. Zugleich können die Positionen jedoch bei Bedarf kurzfristig liquidiert werden. Sie sind daher auch Bestandteil der Liquiditätsreserve und werden im sogenannten Depot A, dem Eigendepot der Bank, verbucht.1 Die Risikoneigung für solche Eigenanlagen wird durch eine Studie der Dualen Hochschule Villingen-Schwenningen (2010) deutlich. Diese hat ergeben, dass die Eigenanlagen primär in Pfandbriefe, Investment-Grade Anleihen2 und Staatsanleihen fließen, wobei Anlagen in Asset-Klassen wie Private Equity, Hedge Fonds, Aktien, Währungen oder Rohstoffe nicht selten in bankinternen Richtlinien verboten sind (Abb. 1.5).
Abb. 1.5: Zusammensetzung der Eigenanlagen (Quelle: Perspektiven und Strategien fu?r das Depot-A-Management, Duale Hochschule Villingen-Schwenningen, 2010)[17]
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Bilanzstruktur sind Zins- und Liquiditätsaspekte zwischen der Aktiv- und Passivseite, die zu einem Ungleichgewicht führen können. Folgende Produktspezifika verdeutlichen dieses Ungleichgewicht:
Baukredite weisen zumeist Laufzeiten von deutlich über 5 Jahren auf, wobei private Kreditnehmer häufig eine Fixierung des Zinssatzes über die Gesamtlaufzeit präferieren.
Im Gegensatz dazu sind Einleger nicht unbedingt gewillt, ihr Erspartes langfristig zu investieren. Sie präferieren eine kurzfristige Verfügbarkeit und nehmen damit auch einen geringeren Zins in Kauf.
Dadurch ist die Aktivseite häufig geprägt von mittel- bis langfristigen, festverzinslichen Krediten, finanziert durch kurzfristig fällige und kurzfristig verzinsliche Einlagen. Das Ungleichgewicht ist auf den ersten Blick erheblich.
Weitere Analysen zeigen jedoch bestimmte Verhaltensmuster der Einleger: So ist die Masse der Einleger nicht interessiert, ihr Geld laufend abzuziehen und anderweitig zu investieren. Einleger weisen ein träges Anlageverhalten auf – selbst dann, wenn Zinsen nicht immer kurzfristig angepasst werden. Diese Trägheit hat Implikationen auf die Zins- und Liquiditätsbindung: Die juristischen Gegebenheiten weichen bei Einlageprodukten von dem tatsächlichen Kundenverhalten ab. Anders ausgedrückt: Einlagen stehen der Bank deutlich länger zur Verfügung, als juristisch angedacht. Zugleich ist die Verzinsung der Einlagen nicht an einem kurzfristigen Geldmarktzins ausgerichtet. Diese Trägheit könnte daher das Ungleichgewicht zwischen Aktiv- und Passivseite massiv reduzieren.[18]
Die Überlegungen zeigen, dass der Kundenverhaltensanalyse und der Ableitung von Verhaltensmodellen insbesondere für das Zins- und Liquiditätsrisiko eine hohe Bedeutung zukommt. Das Risikocontrolling und Treasury der Bank setzen sich hiermit u. a. auseinander. Während hier lediglich die Grundproblematik angesprochen wird, werden in späteren Kapiteln (z. B. 3.1 und 3.2). Lösungsansätze vorgestellt und erörtert.
Einleger sind häufig daran interessiert, ihre Produkte kurzfristig abziehen zu können. Zugleich weisen sie jedoch ein träges Verhalten auf, was zu einer mittel- bis langfristigen Zins- und Liquiditätsbindung führt. Dieses Kundenverhalten beeinflusst die Bilanzstruktur nachhaltig und ist im Zuge des Asset-Liability-Managements und der Definition „der Höhe der Liquiditätsreserve“ zu beachten.
Die „ideale“ Bilanzstruktur muss sich auch mit der Fragestellung befassen, wie viel Eigenkapital eine Bank vorhalten sollte. „Echtes“ Eigenkapital führt zwar buchhalterisch nicht zu einer Zinszahlung, allerdings erwarten Eigenkapitalgeber eine angemessene Kompensation für die eingegangenen Risiken – nämlich das Kapital zu verlieren. Diese Kompensation wird häufig auch als Eigenkapitalverzinsung angesehen. Anders ausgedrückt: Die Bank muss langfristig einen Gewinn erzielen, um die Kapitalgeber zu entschädigen. Dies können Dividenden sein oder Kursgewinne im Falle, dass die Bank an der Börse notiert ist.[19]