Troja - Kampf und Liebe - Alexandros Chakiris - E-Book

Troja - Kampf und Liebe E-Book

Alexandros Chakiris

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Beschreibung

Nach den Ausflügen Chakiris in die englische Geschichte des 18. Jahrhunderts und in das Japan der Samurai wendet sich der Autor nun in diesem Buch seiner alten Heimat zu: Spätestens seit Schliemanns Entdeckung wissen wir es: Der Krieg um Troja fand wirklich statt. Unzählige Bücher und Filme haben sich mit diesem Thema beschäftigt. Die Namen der Helden sind nicht Produkte der Fantasie, sie gehörten Menschen aus Fleisch und Blut. Zehn Jahre lang dauerte dieser grausamste und härteste Krieg des Altertums. Allein der Klang ihrer Namen weckt die Sehnsucht nach der unsterblichen Liebe des Achilles, nach der überlegenen Klugheit des Odysseus oder der verführerischen Schönheit des Paris. Wer würde die nächste Schlacht überleben? Warum nicht die wenigen Stunden der Nacht dazu nutzen, den Freund leidenschaftlich zu umarmen? Wer weiß, wie viele Tage die Götter einem noch schenken …und wie viele Nächte! Was ist das Geheimnis von Troja, dass man sich selbst nach 3000 Jahre noch an die Männer erinnert, die um die Stadt kämpften? Es ist die schreckliche Wildheit, mit der sie Tag für Tag ihre Schlachten schlugen, die verzweifelte Leidenschaft, die sie nachts in die Arme des Geliebten trieb. Ihm schenkten sie die Zärtlichkeit, die sie selber so sehr vermissten. Wer wusste schon, wann er hinabsteigen musste zu den Schatten? Manche von denen, die helfen würden den Sieg zu erringen, sollten nicht dabei sein, ihn zu feiern…

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Seitenzahl: 254

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Alexandros Chakiris

Troja

Kampf und Liebe

Von Alexandros Chakiris bisher erschienen:

Liebesspiele der Samurai, Himmelstürmer Verlag,

ISBN978-3-934825-67-3

Das Internat von Barrowhill,Himmelstürmer Verlag,

ISBN978-3-934825-70-3

Himmelstürmer Verlag, part of Production House GmbH

Kirchenweg 12, 20099 Hamburg

E-mail: [email protected]

www.himmelstuermer.de

Foto: Mark-Andreas Schwieder, www.statua.de

Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer, AGD, Hamburg.

www.olafwelling.de

Originalausgabe, März 2008

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

Rechtschreibung nach Duden, 24. Auflage

ISBN print: 978-3-934825-99-4

ISBN E-pub: 978-3-86361-213-9

ISBN pdf: 978-3-86361-214-6

Nach eines Mannes Ruhm fragt ihr,

wo er beginnt und endet?

Dass ich solche Freunde hatte,

das war mein Ruhm!

Du ... nicht er

Durch göttliches Gebot ist es den Menschen, die gleichen Blutes sind, untersagt, sich in Heiliger Hochzeit zu verbinden. Bruder und Schwester dürfen einander nicht lieben. Die wenigen Fälle, in denen dieses Gesetz gebrochen wurde und Kinder aus diesen schändlichen Verbindungen geboren wurden, sind bekannt. Man verstieß die Nachkommen und ihre Spur verlor sich in der Dunkelheit.

Um wie viel schrecklicher aber ist der Frevel, wenn Bruder mit Bruder blutschänderisch das Lager teilt! Keiner von beiden wird der grausamen Rache der Götter entgehen, auch wenn sie nicht wussten, was sie taten.

Ich, Hektor, Sohn des Königs Priamadu und sein Erbe, habe stets die Götter geehrt. Ich fürchte sie, denn schon als ich ein Kind war, erlebte ich, wie tödlich ihr Richtspruch sein kann.

Als mein Bruder Paris geboren wurde, verfiel meine Schwester Kassandra in Wahnsinn. Der Sohn des Priamadu würde den Untergang der Stadt heraufbeschwören. Er sei eine brennende Fackel, geworfen in das herrliche Troja. Untergang, schrie sie, Untergang und Zerstörung, Brand und Mord. Kassandra, die Unwichtige, Kassandra, die Ungeliebte! Ich habe ihre Schauergeschichten nie geglaubt. Aber die Priester taten es. Oder sie wollten sich nur wichtig machen, gerade so wie Kassandra. Aus dem Mund einer Jungfrau, eines unschuldigen Kindes, konnte sich nur ein Gott offenbaren. Der Königin brach das Herz, als sie den Säugling in ihren schönsten, bestickten Schal wickelte und dem treuen Agelaos übergab. Man setzte meinen Bruder Paris aus, auf dem Berg Ida, dort wo es von Raubtieren wimmelte. Die Hirten, die unsere Herden auf den Bergweiden des Gebirges hüten, müssen unerschrockene, harte Männer sein.

Aber das ist schon Jahre her! Ich hatte mich auf den Weg zum Berg Ida gemacht, um die engen Straßen und lauten Höfe Trojas hinter mir zu lassen. Ich wollte jagen. Vielleicht, dass meine Seele hier, zwischen Olivenbäumen und Eidechsen, ruhiger würde. Denn sie zerriss mich fast, meine Seele. Wenn ich die Schiffe in unserem Hafen sah, die vom Wind gestrafften Segel! Die bunt gekleideten Händler aus Achaia und Kypros. Sie verkauften Wein, der anders schmeckte als der unsere. Von wilden, fremdartigen Reben. Wolle von Schafen, die niemals einen Stall gesehen hatten, denn sie schweiften frei durch die karge Wildnis. Wenn ich das Salz im Wind schmeckte, der von See wehte, dann zog mich mein Herz hinaus, zum Horizont! Wie leicht wäre es gewesen, auf eines dieser Schiffe zu steigen, hinauszufahren, auf die endlose Weite der Ägäis! Die fernen Inseln zu suchen und zu finden! Männer, mutig und schweigsam; Frauen, deren herbe Schönheit nur noch von ihrer Leidenschaft übertroffen wurde.

Andromache! Tugendhafte, gebildete Trojanerin. Aus einflussreicher Familie. Ihre Kälte ist so groß wie ihre Fadheit. Meine Braut, auf Befehl des Königs.

Verfluchtes Troja! Willst du alle meine Träume verschlingen? Eine unnahbare Königin und zahlreiche Nachkommen, immer festgekettet an den steinernen Thron der Stadt, die ich niemals verlassen soll! Ein hoher Preis für eine goldene Krone. Will ich sie tragen?

Das Zirpen der Zikaden, die Hitze, die Einsamkeit des Berges, vielleicht würden mir die Götter hier, in der Abgeschiedenheit der Wildnis, offenbaren, welches Schicksal das meinige werden sollte!

Die endlosen, flachen Weiden am Fuße des Ida lagen silbern im Licht des Vollmondes. Zahllose Sterne erhellten den Himmel. Das Licht der einsamen Höfe, entlang der Straße, die sich wie ein Feuerdrache hinabwand zur Stadt. Tausendfach strahlte es wieder in der Ferne, wo die Königsburg die Stadt überragte.

Ich bereitete mir ein Nachtlager in den Ästen einer uralten Zeder, die mir ihre Arme breit und einladend entgegenstreckte. Ich nahm das große Schafsfell vom Rücken, rollte es auf und hängte meine Waffen griffbereit neben mich. Hier würde kein Raubtier meine Nachtruhe stören.

Dann hörte ich leises Rumoren in der Dunkelheit. Das Blöcken von Schafen, das flinke Streichen von Hunden durch das Unterholz. Ich schaute hinab und sah im hellen Mondschein eine kleine Schafherde unter den Ästen meiner Zeder langsam dahinziehen. Sie folgte ihrem jugendlichen Hirten, der sie mit leisen Zurufen sammelte und spielerisch sanft mit seinem Stab berührte. Die hellen Wollbündel drängten sich um ihn, begierig, sich in die Liebe ihres Schäfers einzuhüllen. Ihre winzigen Ohren zuckten als Antwort auf seine Rufe.

Ich sah ihn im Mondlicht stehen: schlank und hoch aufgerichtet, die schwarzen Locken hingen wild durcheinander den Rücken herab. Das war alles, was ich von ihm sah. Und doch … war es zu viel.

Der junge Hirte wanderte noch ein kleines Stück, weg von meinem Baum, in eine flache Wiesenmulde, und schlug dort sein Lager für die Nacht auf. Er bewegte sich durch seine Herde wie eine Woge inmitten des Ozeans. Ich konnte den Blick nicht abwenden von ihm. Ein Tuch, über die linke Schulter geworfen, war seine einzige Kleidung. Wäre ich ihm an einer einsamen Quelle begegnet, ich wäre vor ihm auf die Knie gesunken und hätte die Augen niedergeschlagen. Vor einem Satyr oder einem Gott. Ich seufzte und hörte auf den rasenden Schlag meines Herzens. Hektor hatte die Erfüllung seiner Träume in einer klaren Sommernacht gefunden.

Der Mond stieg höher und höher und sein silbernes Licht beleuchtete die Talmulde. Alle Sinne gespannt wie ein Luchs, hungerte ich danach, noch mehr von dem geheimnisvollen Jüngling zu erspähen. Es dauerte eine Weile, bis ich das leise Singen aus der Talmulde bemerkte. Als ich seine Stimme hörte, fühlte ich, tief in meiner Brust, einen kurzen Augenblick lang mein Herz stillstehen. Dann hörte ich das Blöcken der Schafe. Der Schäfer war aus seiner Herde getreten und an den Rand der Lichtung gekommen. Dort lehnte er sich an seinen Stab und begann auf der Syrinx zu spielen. Es schien, als hätte die Brise aufgehört zu wehen, besänftigt durch sein Lied. Das Tal bewegte sich sanft, wie Treibholz auf dem Wasser. Ich wollte gerne näher heran, aber dann verharrte ich still, hörte dem Gesang zu, ängstlich darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden.

Ich sah sein Gesicht. Ganz deutlich sah ich es im Mondlicht. Seine dunklen Augen … Die Lippen verlockend und männlich zugleich.

So starrte ich ihn an, bis der Mond hinter dem Gipfel des Ida verschwand, bis der Junge sich inmitten seiner Hunde und Schafe zur Ruhe legte. Dann warf ich mich auf den Rücken und schloss die Augen. Aber ich sollte keinen Schlaf finden, in dieser Nacht. Ich verstand nicht, was in meinem Herzen geschehen war. Alles, was ich fühlte war so anders, so ungewohnt, so …so schändlich!

Ich war nicht müde, als ich einschlief und war wie zerschlagen, als ich aufwachte. Der junge Hirte war verschwunden. War alles nur ein Traum gewesen?

Ich hatte nur einen Gedanken: Ich musste ihn wiederfinden, ihn singen hören, mit ihm sprechen …doch was sollte ich ihm sagen? Was? Die Hirten, die ihr Lager auf dem Ida hatten, würden mir Auskunft über ihn geben können.

Als an diesem Tag die Sonne unterging und den Berg erglühen ließ, wurde der Weg immer beschwerlicher. Die Hirschkuh, die ich erlegt hatte und auf den Schultern trug, machte den Aufstieg nicht leichter. Nicht weit von hier, stand die kleine Hütte der Rinderhirten. Treue Diener meines Vaters.

Zuerst hörte ich die Hunde kläffen. Riesige, hässliche Köter, die abgerichtet waren, jeden Feind sofort zu stellen, mochte er sich auf zwei oder auf vier Beinen nähern. Ein scharfer Pfiff und die Hunde ließen von mir ab, trotteten gehorsam wieder zum Lagerplatz zurück, wo sie sich zu Füßen ihrer Herren niederließen.

Ich kannte alle fünf Hirten, die dort oben hausten. Einer von ihnen kam mir freudig entgegengelaufen:

„Willkommen Herr! Welche Freude, welche Ehre! Wie lange haben wir dich nicht mehr an unserem Feuer willkommen geheißen. Setz dich, Herr, setz dich!“

Der Mann war ganz aufgeregt und winkte seine vier Freunde heran.

„Seht nur, unser Prinz kommt uns besuchen!“

Kynaros, der Älteste von ihnen, kam als letzter zu mir gehumpelt. Er war grau geworden, der Freund meiner Kindheit. Er beugte das Knie vor mir, winkte den anderen, dasselbe zu tun und küsste den Saum meines Gewandes.

„Steh auf, Kynaros. Unter uns braucht es diese Gesten nicht. Hier, nehmt mir lieber die Hirschkuh ab. Wir wollen heute Abend am Feuer zusammensitzen, wie in früheren Zeiten, mein Alter.“

„Herr …“, Kynaros war gerührt, beendete den Satz nicht. Der wortkarge Mann konnte schon immer besser mit dem Knüppel umgehen als mit Worten! „Herr“, wiederholte er, „die Herden sind gut behütet. Die Götter waren uns dieses Jahr wohl gesonnen. Die meisten Kühe führen Kälber, gesund und kräftig. Der König kann zufrieden sein.“

Die Stimme von Kynaros zitterte.

„Alt bist du geworden, mein Freund!“, sagte ich und half ihm auf die Beine, während die anderen sich um das Wild kümmerten. „Und warum humpelst Du? Eine neue Trophäe aus deinen siegreichen Kämpfen gegen die Dämonen der Wälder?“

Kynaros lachte, schlug mir freundschaftlich auf den Rücken.

„Die Überwachung der Herden überlasse ich den Jüngeren, Herr. Ich selber suche immer mehr die Behaglichkeit des Feuers. Aber zurzeit, wenn die Kühe kalben oder die Stiere beschnitten werden, können sie einen alten Tattergreis wie mich noch immer gut gebrauchen.“

Tattergreis! Aus den Augenwinkeln sah ich den Freund aus Kindertagen an. Schon immer war er mir wie einer der Titanen aus der Vorzeit erschienen. Selbst nach so vielen Jahren.

Während der dürren Sommermonate bereiteten sie ihre Speisen am Lagerfeuer vor der Hütte. Ich legte meine Waffen ab, setzte mich zu ihnen auf die Erde und ließ mich mit Früchten, Käse und Brot bedienen. Eine bescheidene Mahlzeit, bis das Wild, das am Spieß steckte, gebraten war. Dabei tischten sie alles auf, was sie nur anzubieten hatten, um mich zu ehren. Es war ein karges Leben, dort oben, und sie waren einfache Menschen. Ich streckte mich auf den trockenen Grasbüscheln aus und atmete erleichtert auf.

Kynaros, der an meiner Seite saß, fragte: „Ich hoffe, unser König ist bei guter Gesundheit?“

Ich ließ die Augen über den Himmel gleiten, dessen Blau dunkler wurde und an dem sich schon einige winzige Sterne zeigten, wie kleine weiße Nadelstiche. Dann schloss ich die Augen und murmelte: „Der König ist gesund, Kynaros, und die Stadt lebt in Frieden. Aber die Mauern“, ich seufzte, „die Mauern sind zu hoch, die Straßen zu eng und es fehlt die Luft zum atmen. Ich habe fast vergessen, wie schön es hier bei euch ist.“

Kynaros nickte. Wie ein Löwe sah er aus, mit dem dichten Bart, den üppigen, grauen Locken, die Augen ruhig, aber wachsam.

Er fragte nicht weiter. Kynaros mochte ein einfacher Hirte sein, doch hatte er ein feines Gespür dafür, an welchen Stellen ein Gewässer zu tief war, eine Klippe zu steil, um sie zu überwinden.

Das Fleisch der Hirschkuh begann verlockend zu duften und dicke Tropfen Fett fielen in die Glut des Feuers, wo sie zischend verbrannten. Wir sprachen von vergangenen Tagen, wir sangen, lachten, schnitten von dem halbrohen Fleisch herunter und tranken ein wenig von dem sauren Wein, den wir mit Quellwasser vermischten. Die Sonne war schon untergegangen, aber es wollte nicht abkühlen.

„Wir schlafen im Sommer hier draußen, Prinz Hektor“, erklärte mir Kynaros und stand umständlich auf. Er wischte sich die fettigen Hände an seinem kurzen Gewand ab. „In der Hütte ist es jetzt zu eng. Ich werde dir ein Lager aus frischem Heu aufschütten und es mit Fellen bedecken.“

Ich nickte. „Ich werde dort unter der Trauerweide schlafen“, sagte ich, „dort höre ich euch nicht so laut schnarchen.“ Ich deutete mit der Hand in die angegebene Richtung. Der Baum war uralt. Seine Äste bildeten um den Stamm herum eine Kuppel, die lang herabhängenden Zweige reichten bis auf den Boden, wie ein schützender Vorhang.

Kynaros schüttelte entsetzt die Mähne. „Dort willst du schlafen, Herr? Weißt du nicht, dass der Baum verhext ist? Niemand, der bei gesundem Verstand ist, würde dort sein Lager aufschlagen!“

Ich lachte sorglos. „Fürchtest du etwa immer noch das abergläubische Geschwätz der alten Weiber?“ Es gab eine alte Überlieferung, nach der jeder, der unter einer Trauerweide verweilte, ein schlimmes Verhängnis auf sich zog.

„Wie du willst, Herr“, gab Kynaros zögernd nach, „Ich habe dich gewarnt! Wirf mir später nicht vor, ich hätte …“ Die Hunde waren aufgesprungen und schlugen an. Dann stürzten sie hinaus in die Nacht. Bald hörten wir leises Winseln und lautes freudiges Jaulen. Ein junger Hirte kam aus der Dunkelheit geschritten. Die Hunde wussten sich vor Freude kaum zu fassen und stiegen an ihm hoch, liefen hechelnd um ihn herum und taten auch sonst jede Dummheit, um ihn willkommen zu heißen. Die fünf waren vom Feuer aufgesprungen, und hatten vorsorglich erst einmal nach den Knüppeln gegriffen. Jetzt ließen sie sie fallen und stürzten auf den Neuankömmling zu. Ich muss gestehen, dass ich nicht mit so viel Freude und inniger Liebe empfangen worden war. Jeder wollte ein Wort des Willkommens an ihn richten, ihm mit einer sanften Berührung seine Wertschätzung erweisen. Die fünf rauen Hirten benahmen sich nicht weniger närrisch als ihre Hunde. Der Jüngling lachte kristallklar. Noch nie hatte ich ein so unbeschwertes Lachen gehört. Ich versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen, um ihn mir näher anzusehen. Aber schon brachte ihn Kynaros zu mir und erklärte mir mit strahlenden Augen:

„Hier bringe ich dir Alexandros, einen unserer jüngsten Hirten, Herr. Er ist der Trost meines Alters und die Freude meiner Seele. Er ist wie ein Sohn für uns alle.“

„Und ein mutiger Sohn musst du sein, Alexandros, wenn du es wagst, allein durch den wilden Ida zu wandern, bei Nacht.“

Niemand bemerkte meine Spannung, als ich ihn wiedersah, den Gott meiner Träume, die Erfüllung meiner geheimsten Wünsche. Ich lächelte den Jungen an, denn ein Junge war er, und zeigte einladend neben mich. Alexandros hatte außer dem langen Tuch über der Schulter noch einen Strick um die schlanke Taille, in dem er eine Syrinx und einen Dolch stecken hatte. Quer über die haarlose Brust spannte sich der Riemen einer Tasche aus Ziegenfell, die auf seiner Hüfte lag. Auf den langen schwarzen Locken trug er einen Kranz von frisch gepflückten Waldblumen. Seine dunklen Augen sahen neugierig in die meinen, als er sich vor mir verneigte. Sein junger, muskulöser Körper war von der erbarmungslosen Sonne des Gebirges goldbraun gefärbt. Es war Kraft in diesem Jungen, das sah man sofort. Doch war noch der Schmelz der Kindheit nicht ganz aus seinem Wesen verschwunden. Diese Zeit währt am Kürzesten im Leben eines Menschen. Darum ist sie so kostbar.

Ich bin im Königspalast von Ilion aufgewachsen und in meines Vaters Palast befinden sich die erlesensten Kunstwerke, die seltensten Kleinodien und die schönsten Sklavinnen. Doch ich kann nicht leugnen, dass dieser Jüngling … dieser Alexandros … noch niemals zuvor hatte ich … seine Schönheit raubte mir den Atem. War er Dionysos selbst, der sich uns Menschen in der Gestalt eines makellosen Jünglings zeigte?

Zum Glück bemerkte Alexandros nichts von meiner Verwirrung. Er küsste meine Hand und setzte sich dann neben mich. Ich gestehe, dass dieser Kuss mich traf wie ein Blitz des Göttervaters. Meine kühle Braut Andromache ist eine erlesene Schönheit unter den Jungfrauen, aber ich sehe sie an und ich begehre sie nicht. Wie konnte es sein, dass der rasche Kuss dieses unschuldigen Kindes die schlafende Glut meiner Lenden entzündete?

Kynaros lächelte stolz. „Er ist mutig wie ein Löwe, mein Alexandros. Du musst wissen, Prinz, dass sich vor Jahren die Wölfe hier unnatürlich stark vermehrt hatten. Eines Nachts wollte ein ganzes Rudel unsere Herde zerreißen. Wir fünf stellten uns ihnen entgegen. Ich kann dir sagen, Herr, es war ein zähes Ringen und so mancher unserer Hunde gab sein Leben in diesem Kampf. Alexandros war damals erst so groß“, Kynaros deutete mit der Hand die Höhe eines fünf- bis sechsjährigen Kindes an, „wir glaubten nicht richtig zu sehen, als inmitten des Getümmels der Junge auftauchte, einen schweren Prügel in der kleinen Hand und sich den Wölfen mutig entgegenwarf. Seit diesem Tag nennen wir ihn Alexandros – Beschützer der Männer.“

Der Junge lachte Kynaros an, neckte ihn und zauste ihm den struppigen Bart. Und Kynaros, der alte, knorrige Kynaros, wurde zum Spielgefährten, herzte und drückte den Jüngling, der ihn liebevoll umarmte. Als hätte Kynaros nicht seinerzeit einen ausgewachsenen Stier bei den Hörnern packen und zu Boden werfen können. Und konnte es vielleicht heute noch. Alexandros griff in seine Felltasche und zog vorsichtig etwas Weißes heraus.

„Hier habe ich den Ausreißer. Ich habe ihn in einem Dornengestrüpp gefunden, in dem er festhing. Bei Sonnenaufgang wäre er tot gewesen.“

Alexandros streichelte sanft über das weiche Fell des Lämmchens. Er drückte die Ebenmäßigkeit seines scharf geschnittenen Profils in das weiche Weiß, streichelte es mit seiner Wange und küsste es. Wie ich dieses Lamm beneidete!

„Das hast du gut gemacht, mein Junge! Gib mir das Tier. Ich werde mal sehen, ob nicht eines der Mutterschafe …“, mehr hörte ich nicht von Kynaros, denn der Alte hatte sich eilig erhoben und war zu der Schafkoppel gehumpelt, das Lamm mit sich nehmend.

„Du wachst bei den Schafherden?“, fragte ich nur, um etwas zu sagen, um meine Verwirrung zu meistern.

Alexandros nickte. „Ja, Herr. Ich bin nachts bei den Herden. Nur heute wollte ich Kynaros dieses Lamm bringen. Es ist schwach und könnte eingehen.“

Ein sorgenvoller Schatten legte sich über das schöne Gesicht.

Ich konnte nicht anders, ich musste ihm tröstend über die Locken streicheln. „Erzähle mir mehr von deiner Arbeit, Alexandros. Mir scheint, du nimmst deine Pflichten sehr ernst. Der König kann zufrieden mit dir sein.“

Der Junge sah mich überrascht an, eine leichte Röte überzog das Gesicht und er antwortete voller Eifer:

„Zuviel Lob, mein Prinz! Ich kenne alle Tiere, die mir anvertraut sind und ich hüte sie, so gut ich kann. Es ist nicht leicht, das wissen die Götter, nein, gewiss nicht! Aber ich bin ja nicht alleine bei den Herden. Wie oft haben wir …“

Ich achtete nicht auf das, was er weiter sagte. Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus, so begierig war er, mir ein Fenster zu seiner Welt zu öffnen. Ich sah, wie seine Augen zornig blitzten, als er von den Raubtieren sprach, die seine Schafe bedrohten. Wie sie strahlten, als er mir von der Rettung des Lammes berichtete. Die Worte fielen wie Perlen von seinen Lippen. Es war ganz einerlei, von was er sprach, die Liebe, mit der er von seinen Tieren erzählte, stand in sein Gesicht geschrieben. Welche Leidenschaft musste in diesem Jungen schlummern! Und wie süß schien mir der Klang seiner Stimme. Ich konnte mich nicht sattsehen an seiner glühenden Schönheit.

„Alexandros, schweig endlich!“, brummte einer der Hirten. „Wir sind müde und wollen schlafen gehen. Auch Prinz Hektor ist vor Müdigkeit verstummt. Merkst du nicht, dass du ihn langweilst?“

Betroffen hielt der Junge mitten im Wort inne und sah mich schuldbewusst an. „Vergib mir, Herr! Ich wollte dir nicht zur Last fallen. Ich werde jetzt gehen, und …“

„Du fällst mir nicht zur Last, im Gegenteil. Ich habe geschwiegen, weil ich dich nicht unterbrechen wollte. Kynaros hat mein Lager dort unter der Weide aufgeschlagen. Komm, wir verkriechen uns dorthin. Dann stören wir mit unserer Plauderei nicht den Schlaf der anderen.“

Ohne seine Antwort abzuwarten, zog ich Alexandros an der Hand mit mir und wir verschwanden hinter dem Vorhang aus Weidenzweigen. Wir legten uns beide auf das Bett aus Heu und Fellen. Der Prinz neben den Hirten und es war nicht der Prinz, welcher der Verehrung würdig war. Die Nacht war mein Verbündeter und sie legte ihren Mantel um uns. Wir waren allein.

Ein tollkühner Gedanke nahm Gestalt an in meinem Hirn.

„Warum kommst du nicht mit, wenn die Stiere in die Stadt getrieben werden, die für das große Fest des Phoibos bestimmt sind? Warst du jemals in Troja?“

Alexandros schüttelte den Kopf. „Nein, Herr. Ich war noch nie in Troja. Ich habe kein Verlangen nach der Stadt. So allein unter Fremden, das würde mir nicht gefallen.“

„Du könntest mich besuchen, dann wärst du nicht allein!“ Ich fuhr mit meinem Arm unter seine Schultern und zog ihn zu mir heran. Der Duft von Milch, über eine Frühlingswiese gegossen! Ich schloss die Augen und sog ihn tief ein. „Oder gibt es etwas, das dich hier hält? Gestehe! Gibt es eine kleine, weiße Hand, die dein Herz gefangen hält?“ Ich stieß ihn herausfordernd in die Seite.

Alexandros kicherte fröhlich und versuchte zu entwischen, doch ich hielt ihn fest.

„Nicht, Herr! Nicht! Gnade! Ich bin sehr kitzlig! Bitte!“ Ich stieß noch ein wenig in dieselbe Stelle. Wie genoss ich es, dass sich der Jüngling unter meinen Händen wand und fröhlich lachte! Wir balgten uns und rollten über den Boden, sorglos wie zwei junge Hunde. Ich konnte ihn auf diese Weise umarmen, an mich drücken, meine Sehnsucht nach seiner Berührung stillen, ohne dass er misstrauisch wurde. Er merkte nichts von meinembrennenden Verlangen, das michüberwältigt hatte, wie ein Rausch. Als ich über ihm lag, meine Unterarme auf den Boden gestützt, meine Beine zwischen den seinen, fühlte ich seinen halbharten Phallos gegen mein Fleisch pressen. Ich sah hinab inseine Augen, die das Mondlicht versilbert hatte. Er öffnete die Lippen … Lippen wie die von Eros selbst … er flüsterte, als er mir sein größtes Geheimnis anvertraute:

„Ich mag hier nicht weggehen, Herr! Es gibt im Gebirge eine Nymphe. Önone heißt sie. Sie liebt mich. Ich kann sie nicht verlassen.“ Allein die Erwähnung ihres Namens bewirkte, dass Alexandros hart wurde wie Stein.

„Liebst du sie auch?“, fragte ich und kitzelte ihn noch ein bisschen. Bald lag Alexandros atemlos vor Lachen unter mir.

„Sie lehrte mich, bei einer Frau zu liegen, Herr. Ob ich sie liebe? Herr, ich bin nur ein einfacher Hirte und sie ist eine wunderschöne Nymphe. Ich wage nicht, sie zu lieben.“

Ich ließ seine Hände los, drehe mich zur Seite, damit er meine Härte nicht fühlte. Mein Körper hatte dem seinen geantwortet. Die Schwingen des Eros öffneten sich rauschend über mir und ich berührte sacht die Bronze seiner Brust.

„Dann bist du frei, zu gehen, wohin du willst. Der Königspalast von Troja ist kein übler Ort, glaube mir. “ Ich streichelte langsam über seinen Bauch, berührte die seidigen Haare, die sich um seinen Phallos kräuselten.

„Was tust du, Prinz?“, fragte mich Alexandros überrascht.

„Was jeder tut, wenn Eros ihn umfängt.“ Ich konnte ihm nicht sagen, wie sehr ich ihn begehrte, das Gold auf seiner Haut und das Glitzern in seinen Augen. Dass ich mich mit allen meinen Sinnen nach ihm sehnte.

„Das Gesetz verbietet, Prinz, dass zwei Männer …“, doch auch er war atemlos. Ich fühlte ihn unter meiner Berührung zittern.

„Das Gesetz verbietet die Liebe. Doch dies ist nur eine Hand, Alexandros. Nur die Hand deines Prinzen. Hab keine Angst. Ich achte unsere Gesetze. Da wir nun Freunde sind, wollen wir einander vertrauen.“ Fluch und Verdammnis! Was kümmerten mich die Gesetze, wenn Eros selbst neben mir lag? Aber ich musste mich beherrschen, durfte ihn nicht erschrecken! Ihr Götter, die Qualen des Tantalos konnten nicht größer sein, wenn der göttliche Adler ihm täglich die Leber heraushackte!

Alexandros entspannte sich, lehnte sich in die Mulde, die mein Körper ihm anbot, und gurrte wie eine Taube. Ja, wirklich! Dieser herrliche Jüngling hatte keine Scheu, meine Zärtlichkeiten als Freundschaftsdienst anzunehmen.

„Ich sehe, dass du ein leidenschaftlicher Junge bist, Alexandros.“ Ich versuchte so unbefangen wie möglich zu sprechen. „Habe keine Furcht davor, deine Erregung einzugestehen. Wir alle erleben das. Es ist das Geschenk von Gott Priapos an uns Männer. Meistens verschafft man sich die Entspannung dann mit eigener Hand. Gewähre heute mir dieses Vorrecht.“

Ein wenig zögerte Alexandros. „ Aber du bist mein Prinz. Und ich bin nur ein Hirte, Herr!“

Ich neckte ihn: „Du wärst auch ein ansehnlicher Prinz, Alexandros. Schön und mutig! Und wenn ich mein Gewand ausziehe, … so wie jetzt, siehst du … gibt es überhaupt keinen Unterschied mehr zwischen uns. Unter der Haut sind unsere Herzen. Meines schlägt wie das deinige, und deines schlägt wie meines. Was sagt es, Alexandros?“

Er antwortete nicht und ich fragte nochmals: „Was sagt es?“

Der Jüngling flüsterte zaghaft: „Dass mein Prinz mir seine Freundschaft anbietet?“

Ich küsste seine Nasenspitze spielerisch und nickte.

Als er den Phallos in meine Hand presste, küsste ich sacht seine Lippen. Ich berührte sie kaum. Und doch fuhr es wie ein Sturmwind durch meinen ganzen Körper. Alexandros legte einen Arm um meinen Hals und sah zu mir auf. In diesem Augenblick wusste ich, dass ich nichts so sehr wollte auf dieser Welt wie ihn. Ich küsste seinen Hals. Vergrub mein Gesicht in seinen Locken. Ich würde dieses Haar mit kostbaren Ölen salben, den Marmor seiner Haut von Staub befreien. Er sollte in herrlichen Gewändern einhergehen, die seiner Schönheit würdig waren. Ich würde ihm Goldschmuck schenken, ihn selbst damit schmücken. Es würde nicht schaden, ihn zu verwöhnen, wenn ich sein Herz gewinnen wollte. Aber noch durfte er die Wahrheit über meine Sehnsüchte nicht erfahren, noch nicht! Ich flüsterte in sein Ohr. Ich weiß nicht, woher ich die Worte nahm, denn ich hatte in diesem Augenblick alle Worte der Menschen vergessen.

„Du erlaubst meiner Hand, dich zu erfreuen?“

Und Alexandros schlug die Augen nieder … beim erhabenen Olymp und Eros, der mich peinigte! Er schlug die Augen nieder, als hätte er Grund dazu. Dabei war ich es doch, der Schuld auf sich lud! Es dauerte lange bis er zurückflüsterte:

„Herr, deine Hand ist willkommen, wo immer sie sich befindet. Sie ist mir so … vertraut.“

Ich hätte ihn erdrücken können, in meiner Umarmung. Doch ich musste meine Leidenschaft zügeln, meinen Wunsch, ihn zu besitzen, zähmen. Noch nie hatte ein Geschöpf meine Sinne so entflammt. Nicht Mann, nicht Weib. Ich war wie benommen. Er küsste mich sanft auf den Mund. Eine unschuldige Bitte um weitere Zärtlichkeiten. Meine Seele befand sich in Aufruhr. Welcher Zauber hatte Besitz von mir ergriffen? Mit jedem Blick kam ich ihm näher. Ich hätte jetzt aufstehen und so schnell wie möglich weglaufen sollen. In die Nacht. Zurück zur Stadt. Oder in die tiefsten Tiefen des Schattenreiches. Doch in diesem Augenblick küsste er mich auf die Wange und keuchte leise:

„Ich danke dir für deine Freundschaft, mein Prinz!“, und ich las in seinen Augen, dass er die wirkliche Größe der Schuld nicht erkannte, die ich auf mich lud. Ein Vergehen gegen das Gesetz zu begehen, hatte keinen Platz in seinem Leben. Dieses Vorrecht würde mir zufallen.

Ich umfing seinen Phallos mit meiner Faust. Das allein ließ ihn zusammenzucken und den Rücken krümmen. Ich streichelte das Haus des Lebens. Die Perlen darin waren unruhig geworden. Meine Hand bewegte sich tiefer, strich vorsichtig durch die dunkle Spalte mit ihren köstlichen Geheimnissen. Ein heiseres Stöhnen von purpurnen Lippen. Ängstlich zog ich die Hand wieder zurück. Nicht zu schnell, nicht zu fordernd! Doch Alexandros verblüffte mich, indem er meine Hand wieder zurücklegte, zwischen seine weit geöffneten Schenkel.

„Herr“, flüsterte er, „Herr, ich bin unerfahren, aber nicht unwissend.“

Dann drehte er sich mir entgegen, Brust an Brust lagen wir. Ich fühlte das leidenschaftliche Pressen seines Gliedes gegen meinen Bauch, fühlte die sehnsüchtigen Bewegungen seiner Hüften meiner Hand entgegen, die jetzt zwischen seinen runden weichen Bäckchen lag. Ich hatte junge Mädchen umarmt und erfahrene Tempeldirnen. Runde weiche Hüften, üppig schwellend oder lieblich gerundet. Ich hatte nackte Jünglinge beobachtet, Soldaten Trojas, die mir anvertraut waren, als ihrem Hauptmann. Zähe, schlanke Burschen, deren Muskeln sich durch die Haut drückten. Das nackte Gesäß dieses Jungen war eine verführerische Mischung all dieser Eigenschaften. Köstliche Rundung, weich und elastisch. Nur ein wenig emporgereckt, aber fest und geschmeidig unter meinen Händen. In diesem Augenblick fiel mir Andromache ein. Meine kühle, langweilige Braut. Ich weiß nicht warum, aber ich sah ihre Augen missbilligend auf unseren heißen Körpern ruhen. Ich musste mich zwingen, nicht zu lachen. Doch ich vergaß Andromaches strafende Blicke, als ich den schnellen Atem des Jünglings spürte, der in meinen Armen ruhte. Ich streichelte die herrlichen Hügel sanft. Alexandros stieß einen kleinen Schrei aus, den er sofort an meinem Hals zu ersticken versuchte.

„Hektor, was soll ich jetzt tun?“, fragte er mich heiser.

Er bemerkte nicht, wie mir Tränen unter meinen geschlossenen Lidern in die Augen schossen, als er mich zum ersten Mal beim Namen nannte.

„Ich kann nicht untätig bleiben, wenn mein Prinz mir soviel Aufmerksamkeit schenkt.“

Ich küsste seine Stirn, die ich heiß an meiner Wange fühlte. Der Wunsch ihn zu besitzen wurde übermächtig. Ein Feuer war entfacht worden, um mich auf ewig zu verbrennen. Aber nicht hier, nicht heute, nicht übereilt! Das struppige, verdorrte Gras auf dem wir lagen, war nicht geeignet, um Alexandros davon zu überzeugen, wie angenehm es sich in meinem Schatten leben ließ. Er dachte, sein Prinz hätte ihm seine Freundschaft geschenkt! Die Schändlichkeit meiner heimlichen Wünsche öffnete meinen Geist noch weiter für seine Unschuld. Diese Unschuld verdiente ein fürstliches Lager und viele Nächte der Vorbereitung. Die prachtvolle Umgebung eines Palastes, die Verführung von Reichtum und Macht. Erlesene Speisen, kostbare Weine und die spielerische Lust von Müßiggang und Sinnlichkeit. Vielleicht, dass Liebe in seinem Herzen noch geboren werden konnte, wenn Freundschaft erst einmal einen Platz darin gefunden hatte? Ich küsste seine Lippen, sanft erst, dann härter. Er öffnete den Mund, ließ meine Zunge eindringen, die Süße seines Körpers kosten. Ich strich an seinen Zähnen entlang, leckte die Innenseite seiner Lippen, vorsichtig, tastend. Er stöhnte leise.

„Mehr?“, fragte ich ihn. Seine Augen gaben die Antwort. Er lernte schnell. Und er wurde mutiger. Als er meine Mundhöhle erforschte, wurde unsere Umarmung enger. Diese heiße, heiße Zunge! Nur mit Mühe verhinderte ich, dass meine Zähne …!

Alexandros kicherte: „Nimm dich in Acht, Hektor, sonst wird allein durch Küsse die Heilige Hochzeit vollendet.“

„Du küsst wie eine Jungfrau!“, sagte ich lachend. Alexandros zog ein beleidigtes Gesicht. Bei Aphrodite, der göttlichen Verführerin, ich schwor mir, noch oft mit ihm zu zanken, um diesen schmollenden Mund zu Tode küssen zu können. Wenn Du mich jetzt um die Hälfte des Königreiches bittest, gebe ich sie dir!

„Ich kenne nur die Nymphe!“, sagte er entschuldigend, „verzeih mir, wenn ich dich falsch …“

Er kam nicht weiter. Mein Mund nahm ihm die Worte von den Lippen und meine Hand schloss sich streichelnd um den wippenden Phallos.

Er zuckte zusammen. „Deine Hand ist hart, mein Prinz. Bitte nicht so …“, auch jetzt ließ ich ihn nicht aussprechen.