Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist - Karin Lausch - E-Book
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Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist E-Book

Karin Lausch

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Beschreibung

Vertrauen ist das Fundament für psychologische Sicherheit, durch die Teams erst mutig und innovativ werden. Doch wie schaffen wir Vertrauen, wenn einfach keines da ist? Das ist eine von vielen Fragen, die Karin Lausch in diesem Buch beantwortet. Radikal ehrlich und mit modernen Ansätzen beschreibt sie, warum wir dringend Vertrauen aufbauen müssen, wenn wir die Herausforderungen meistern wollen, die die Arbeitswelt der Zukunft für uns bereithält. Dabei räumt sie mit destruktiven Mustern und veralteten Denkweisen im Arbeitsalltag auf und zeigt, wie es besser geht.   Wo echtes Vertrauen hilft, den Wandel der Arbeitswelt zu meistern Karin Lausch plädiert für mehr Wertschätzung und Transparenz im Unternehmen, die alle Beteiligten mit einschließt. Anhand aktueller Themen wie dem Fachkräftemangel, neuen Arbeitsweisen oder der zu bewältigenden Meeting- und Informationsflut, erläutert sie, warum Vertrauen die Antwort auf so ziemlich jede Frage ist, die uns gerade bewegt. - Mehr Vertrauen im Unternehmen schaffen: So etablieren Sie eine nachhaltige Vertrauenskultur - New Leadership als Schlüssel für Herausforderungen wie Fachkräftemangel oder Remote-Arbeit - Vertrauen im Team fördern: Wie alle gemeinsam von Lernkultur und psychologischer Sicherheit profitieren - Mit Beiträgen Nora Dietrich, Annahita Esmailzadeh, Dr. Michael Trautmann, Johanna Geisler, Benjamin Rolff, Swantje Allmers und Dr. Anna WeberEin Buch für Führungskräfte, Teamleader und alle, die die Zukunft der Arbeit gestalten wollen!  "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser". Warum das heute überholt ist und welchen Wert Vertrauen in der Führung hat, beschreibt Karin Lausch in ihrem wegweisenden Buch. Vertrauen kann der Kompass in einer immer komplexeren und augenscheinlich widersprüchlichen Welt sein. Ich wünsche mir, dass viele dieses Buch lesen und ihren Führungstil neu ausrichten, auch mit Vertrauen in sich selbst.  Tina Müller, former CEO Douglas und Multi Aufsichtsrätin Ein Buch, das sich dem Thema Vertrauen in der Arbeitswelt widmet? Es ist höchste Zeit dafür und deshalb freue ich mich darüber. Pandemie und Remote-Arbeiten haben mir persönlich noch mal mehr bestätigt, dass das höchste Gut von Leadership Vertrauen ist. Für mich geht unternehmerischer Mut Hand in Hand mit Vertrauen – in die eigene Stärke und die jedes einzelnen Teammitglieds. Vertrauen bedeutet Loslassen und Kontrolle abgeben. Voraussetzung ist, dass alle im Team das gleichen Mindset haben, dann sind wir gemeinsam mutig.   Tatjana Kiel, CEO Klitschko Ventures und #WeAreAllUkrainians gGmbH Die digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtmyBook+ImpressumWarum dieses Buch? Einführung1 Hier fängt's an: Das Urvertrauen Die Antwort auf so vielesWarum Liebe für alles verantwortlich istIch bin o. k., du bist o. k.Jede Wirklichkeit ist anders2 Vertrauen, was ist das eigentlich?Vertrauen und seine FacettenVertraust du mir?Vertraue ich mir?Und täglich grüßt der ImposterDie ungebetene VerunsicherungWeil Selbstvertrauen uns stark machtVertraue ich dir?Die kleinen Gesten3 Psychologische Sicherheit Zwischenmenschliche AngstDas Fundament erfolgreicher TeamsVier Stufen zum angstfreien TeamAlle sind gefragtWarum sich beim Thema psychologische Sicherheit ein zweiter Blick lohnt4 TRUST ME – die sieben Dimensionen für mehr VertrauenMensch oder System?Die sieben Dimensionen 5 TransparenzDas Thema mit der TransparenzKommunikation ohne GrenzenWeniger ist mehrGut ist besser als echtWenn alles da, aber nichts zu finden istSocial Media macht's möglichWenn der Mensch zur Marke wirdDie Macht von Corporate InfluencingVertrauen nicht ohne TransparenzSpielerisch das Meeting rettenWarum wir alle in Verhandlungen den Kürzeren ziehenDer FachkräftemangelWie Transparenz uns halten kannWarum Transparenz attraktiv ist6 ReflexionNichts geht ohne SelbstreflexionWarum Feedback kein Geschenk istEin geschützter Raum fürs TeamDie Retro als TeamreflexionSo geht’sAlles eine Frage der HaltungEchte EntschuldigungenWofür Misstrauen eine Lösung ist Wer alles besser kann, hat ein VertrauensproblemWarum es gut ist, wenn es nicht perfekt istPerfektionismus im Tausch gegen LiebeEin Hoch auf die UnvollkommenheitVorbilder sind nicht perfektMentale Gesundheit und Führung 7 Unterstützung Vereinbarkeit Die Rolle der ElternIn Ruhe krank seinLeistung vor StechuhrDer zweite JobAsynchrones ArbeitenErreichbarkeitSchlechte NachrichtenHopes and FearsWie wir wirklich helfen könnenDer Ratschlag Echte UnterstützungWarum Weiterbildung dazugehörtWie People & Culture Vertrauen fördern kann 8 SinnWas »macht« eigentlich Sinn?Purpose gut, alles gutSinn in der Arbeit findenDas große GanzeZugehörigkeitSelbstwerdungWirksamkeitSelbst wirkenSchluss mit dem KontrollzwangDer VertrauensvorschussEin Rahmen bringt FreiheitVerantwortung wächst, wenn man sie teiltVertrauen ist die Basis zukunftsfähiger Unternehmen 9 Termintreue Der Einfluss der Pandemie auf unsere Verbindlichkeit Der Meetingmarathon Ist das ein Meeting oder kann das weg?Die BesprechungsanfrageJOMOVor Ort, remote oder dazwischen?Das TimingWenn Aufgaben anfallenEine Frage der VerlässlichkeitFokus ist angesagtWeniger versprechenMehr kommunizierenWenn die Zeit fehltEs nicht allen recht machenTun, was wir predigenVertrauen durch Leistung10 Menschlichkeit Warum Menschlichkeit etwas Besonderes istWeil unser IQ nicht genug istNew Leadership für menschliche FührungWas Führungskräfte für Vertrauen tun könnenGefährliche VergleicheDrei KreuzeDer Pinguin im WasserMittendrin statt nur dabei – wenn wir uns dazugehörig fühlen11 Ehrlichkeit Warum Unehrlichkeit verlockend istAlles gelogen – oder nicht?Unehrliche GruppendynamikFakten über die Lüge(Falsche) HöflichkeitRadikale EhrlichkeitWeil nichts stärker wirkt12 Und dann kam jemand, und machte alles kaputt13 Weil Vertrauen unser Leben verändertDie Vertrauenskultur Vom Mut, Angst zu habenDankeAutor:innenprofileIhre Online-Inhalte zum Buch: Exklusiv für Buchkäuferinnen und Buchkäufer!

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Karin Lausch

Trust me.

1. Auflage, Oktober 2023

© 2023 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH für Kommunikation und Medien, Marketing und Gestaltung | groothuis.de

Produktmanagement: Dr. Bernhard Landkammer

Lektorat: Helmut Haunreiter, Marktl am Inn

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

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Warum dieses Buch?

»Wie viele Seiten hast du schon geschrieben?« Meine Tochter versucht so konzentriert auf den Bildschirm zu starren, wie ich. »24« antworte ich und starre weiter. »Wow, so viele?« Sie lächelt stolz. »Und wie viele brauchst du noch?« »Ungefähr 170.« »Oh!« Ja genau, oh! Das denke ich auch, seit ich weiß, dass ich ein Buch schreiben werde. Es steht auf meiner Bucket List, also der Liste an Dingen, die ich in meinem Leben unbedingt gemacht haben möchte. Aber jetzt, da es so weit ist, zweifle ich an mir. Ich liebe das Schreiben und veröffentliche gerne Artikel. Aber ein ganzes Buch? Was habe ich denn schon zu sagen? Und was ist, wenn das, was ich sagen möchte, niemanden interessiert? Was ist, wenn das Buch einfach nicht gut genug ist? Gedanken, die mir sehr bekannt sind, denn sie begleiten mich schon immer. Um ein Buch zu schreiben, müssen wir Vertrauen in uns selbst und in die Welt haben. Wir müssen daran glauben, dass unsere Gedanken etwas wert sind und einen Unterschied machen. Wer nicht glaubt, dass jemand das eigene Buch liest, würde nicht so viel Zeit investieren und sich die ganze Arbeit nicht machen. Und doch sitze ich hier, und grüble, statt zu schreiben.

Vertrauen ist das Thema meines Lebens. Es wurde mir nicht in die Wiege gelegt. Ich bin in zerrütteten Verhältnissen aufgewachsen und musste schon früh allein klarkommen. Schließlich habe ich mein Elternhaus von jetzt auf gleich verlassen und mir blieb nur eine kleine Tasche, um in ein neues Leben zu starten. Das hat seine Spuren hinterlassen. Meine Freund:innen sagen immer, ich sei eine Überlebenskünstlerin. Vor allem, weil ich weiß, was zu tun ist, wenn sich eine Krise anbahnt. Ich bin innerlich vorbereitet und ich bin kreativ, wenn es darum geht, Lösungen zu finden. Was nach außen vielleicht souverän oder beeindruckend wirkt, ist allerdings lediglich dem Umstand geschuldet, dass ich in der Regel nicht darauf vertraue, dass die Dinge sich von allein regeln. Das Leben hat mich gelehrt: Ich muss mich selbst kümmern. Es hat mir beigebracht, dass ich niemandem trauen kann. Dabei hätte ich mich so gerne zurückgelehnt und alles auf mich zukommen lassen. Ich hätte gerne auch einmal darauf vertraut, dass andere den Weg kennen und am Ende alles gut wird. Es steckt eine so große Chance in dem, was wir nicht steuern, sondern abgeben. Aber das musste ich erst lernen. Vertrauen war für mich deshalb noch nie selbstverständlich, sondern immer etwas sehr Besonderes. Und dennoch oder genau deshalb begleite ich heute andere Menschen und Unternehmen dabei, es zu finden und dadurch ganz anders miteinander arbeiten zu können. Unsere Arbeitswelt verändert sich gerade rasant und um die Chancen nutzen zu können, die diese Veränderung mit sich bringt, müssen auch wir an uns arbeiten. Und genau deshalb schreibe ich dieses Buch. Also auf zu Seite 25.

Ein Buch zu schreiben, ist übrigens nicht die einzige Entscheidung, für die wir Vertrauen brauchen. Niklas Luhmann schrieb einmal, dass wir, ohne Vertrauen zu haben, »morgens nicht mal unser Bett verlassen könnten«.1 Die Konfrontation mit »der Komplexität der Welt« würde uns ins blanke Entsetzen stürzen. Vertrauen reduziert Komplexität, weil wir uns dafür entscheiden, von etwas auszugehen. Wer darauf vertraut, dass etwas Bestimmtes passiert, entscheidet sich gleichzeitig dafür, dass 148.000 andere Möglichkeiten nicht eintreten werden. Wir steigen aus dem Bett, weil wir das Grundvertrauen haben, dass die Welt an diesem Tag nicht untergehen wird.

Aber unsere Welt besteht nicht nur aus den grundsätzlichen Fragen, wie der, ob die Welt auch morgen noch da ist. Sie besteht aus tausenden großen und kleinen Fragen, Möglichkeiten und Abzweigungen, aus denen wir auch im Arbeitsleben jeden Tag wählen müssen. Die Hauptaufgabe von Organisationen ist es immerhin, Entscheidungen zu treffen. Und die Komplexität wird nicht weniger, sondern sie nimmt stetig weiter zu. Ständig passieren Dinge, mit denen wir nicht gerechnet haben. Durch neue Technologien produzieren und kommunizieren wir schneller und transparenter denn je. Wissen ist überall zugänglich und gleichzeitig kommt täglich neues hinzu. Wir müssen schnell lernen, um mit aktuellen Herausforderungen umgehen zu können und bewegen uns dennoch häufiger denn je auf völlig unbekanntem Boden. Wir können das ganze neue Wissen gar nicht so schnell aufnehmen, wie wir es anwenden müssten.

Zukünftig ist kaum noch etwas vorhersehbar. Aufgrund dieser Entwicklungen müssen wir in der Lage sein, unsere Entscheidungen auf Basis unzureichender Daten und fehlender Erfahrung zu treffen. Und zwar auf allen Ebenen, dort, wo das notwendige Wissen für die Entscheidungsfindung vorhanden ist. Wir müssen uns trauen, eine Richtung einzuschlagen, und wir müssen daran glauben, dass auch andere Menschen Entscheidungen gewissenhaft treffen und sie verantwortungsvoll umsetzen. All das geht nicht ohne Vertrauen in uns und andere. Ohne Vertrauen können Teams nicht performant und Führungskräfte nicht wirksam werden. Ein zukunftsgerichtetes und innovatives Arbeiten ist ohne Vertrauen unmöglich. Aber trotz allem mangelt es uns daran. Gerade in der aktuellen Zeit werden selbst die, die voller Vertrauen waren, auf eine harte Probe gestellt. Die Auswirkungen der Pandemie, aktuelle Krisen, Krieg und politische Spaltungen mindern unser Vertrauensvermögen enorm. So sehr, dass es weh tut.

Es ist nicht so, als hätten wir noch nichts versucht, um vertrauensvoller zusammenzuarbeiten, nur leider waren wir damit noch nicht besonders erfolgreich. Für die Denkmodelle vieler neuer Arbeitsweisen ist Vertrauen tatsächlich die Basis für das gesamte Vorgehen. Ein sehr prominenter Ansatz dafür ist Agilität. Obwohl viele Unternehmen Prozesse und Methoden vorbildlich umgesetzt haben, blieb die positive Wirkung oft aus. Die agilen Strukturen wurden lediglich auf altem Nichtvertrauen gebaut und konnten nicht wirklich greifen. Aber keine Methoden und keine Prozesse der Welt können echtes Vertrauen ersetzen. So wurde der Ruf nach Vertrauen noch größer. Und während die einen schreien, »Vertraut uns doch endlich, damit wir gut arbeiten können!«, schreien die anderen: »Das Vertrauen müsst ihr euch verdienen, indem ihr gut arbeitet!« Damit ist Vertrauen ein Dauerthema, das überall eine Rolle spielt, aber nirgendwo Beachtung findet. Wir möchten Mitarbeitende, die gestalten, sind aber nicht in der Lage loszulassen. Uns interessieren echte Geschichten, aber wir tun uns schwer, uns zu öffnen. Wir legen Wert auf Ehrlichkeit, aber lügen bei jeder Gelegenheit.

Für eine echte Veränderung braucht es eine gute Portion »Inner Work«. Wir müssen an uns selbst arbeiten und uns weiterentwickeln. Aber genau so braucht es die Arbeit an der Organisation. Denn wir Menschen werden stark durch sie beeinflusst. Wir passen uns an und versuchen den Erwartungen der Organisation zu entsprechen. So kommt es, dass wir uns anders geben, als wir eigentlich sind. Vor allem in Meetings ist das zu beobachten. Selbst, wenn ein Meeting zäh ist oder der Fokus abhandenkommt, ärgern sich alle still und leise, doch kaum jemand sagt etwas und beendet die Show. Wir lassen Meeting um Meeting über uns ergehen und bekommen oft nicht einmal mehr mit, wie sehr wir innerlich aufgegeben haben. Uns fehlt das Gefühl der Sicherheit, dass unsere kritischen Beiträge erwünscht sind, und wir haben kein Vertrauen darin, dass eine Intervention keine negativen Konsequenzen für uns hat. Wir verhalten uns so, wie wir glauben, dass es von uns erwartet wird. Wir glauben nicht, dass wir uns auch entgegen der Erwartungen der anderen verhalten können, ohne die Quittung dafür zu bekommen. Statt echte Persönlichkeit zu zeigen, spielen wir Business-Theater vom Feinsten. So sind wir oft nicht im Einklang mit unseren Bedürfnissen, Instinkten und unseren Werten.

Wenn wir es nicht endlich schaffen, uns zu vertrauen, dann sieht die Zukunft der Arbeit düster aus, denn Business-Theater können wir uns nicht mehr leisten. Es bedroht unsere mentale Gesundheit, unsere Leistungsfähigkeit und unser Sinnerleben. Doch wenn wir lernen zu vertrauen, könnten wir unsere emotionale Bindung zueinander stärken. Wir könnten ein Gefühl der Sicherheit aufbauen, dass uns mutiger macht. Wir könnten um die besten Ideen streiten und die verrücktesten Fragen stellen, statt sie nur zu denken. Wir wären resilienter, innovativer und gesünder. Vertrauen ist die Zukunft der Arbeit.

Ich bin in meinem Leben irgendwann an den Punkt gekommen, an dem mir klar wurde, dass Vertrauen nicht einfach eines Tages auf wundersame Weise in mein Leben rauscht. Mir wurde klar, ich kann nicht darauf warten, dass sich die Welt als gut oder ein Mensch als würdig erweist. Vertrauen ist nichts, was einfach zu uns findet. Es ist vielmehr etwas, das in uns entsteht. Ich habe gelernt, dass es viele Dinge gibt, die nicht nur mir, sondern auch anderen und ganzen Organisationen dabei helfen, auf dieser Basis eine echte Vertrauenskompetenz zu entwickeln. Und das funktioniert, denn wie du siehst, ist das Buch fertig geworden.

1 Luhmann, Niklas, Vertrauen, UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München, 5. Auflage 2014, S. 1.

Einführung

»Ich bin doch keine Maschine!«, sagte eine Freundin vor kurzem zu mir, die sich über ihren Workload beklagte. Als Head of HR war sie das Bottleneck des Unternehmens geworden. Sie musste wissen, was ihre Mitarbeitenden taten, und Ergebnisse berichten. Sie musste mehrerer Reorganisationsprojekte gleichzeitig steuern und vor allem musste sie überall dabei sein. Vor lauter Terminen kam sie nicht mehr zum Essen und schon gar nicht zum Arbeiten.

Natürlich sind wir Menschen keine Maschinen. Es ist allerdings noch gar nicht so lange her, da kam die Art, wie wir gearbeitet haben, der einer Maschine gleich. Im Industriezeitalter war vor allem eines wichtig: Prozessoptimierung. Dafür wurde die Arbeit in genau voneinander abgetrennte kleine Bereiche aufgeteilt. Menschen galten als Ressourcen und wurden verplant. Sie sollten gleiche, konstante und berechenbare Leistung erbringen. Kurz: Sie sollten funktionieren. Das Prinzip war vor allem eines: einfach. Arbeit musste effizient ausgeführt werden. Denken und Ausführen wurden klar voneinander getrennt. So gab es denkende Vorgesetzte und ausführende Arbeitskräfte. Vertrauen brauchte es nicht, denn alles war vorgegeben. Die Arbeit war auf Kontrolle ausgelegt. Es gab kaum Freiräume und somit auch kaum Risiken.

Heute sieht unsere Arbeitswelt anders aus. Heute haben wir es deutlich öfter mit unbekannten Variablen zu tun. In unserer Wissensgesellschaft denken wir alle. Und wir führen alle, mindestens uns selbst. Es gibt sie nicht mehr, die klassischen Vorgesetzten, sondern unterschiedlichste Führungsrollen. Sie sollen dabei helfen, der zunehmenden Komplexität unserer Zeit gerecht zu werden. Wir haben fachliche Führung und disziplinarische Führung. In vielen Teams führt vermeintlich niemand mehr, denn sie arbeiten selbstorganisiert. Es gibt Menschen, die sich eine Führungsrolle im Tandem teilen, und Unternehmen, die nur noch basisdemokratisch entscheiden. Heute optimieren wir nicht nur Prozesse um jeden Preis, sondern wir verstehen Arbeit ganzheitlich und wollen, dass sie ein bereichernder Teil unseres Lebens wird. Wir wollen uns nicht mehr kaputtarbeiten, sondern gesund und sinnerfüllt leisten. Der Mensch mit all seinen Stärken, Emotionen und Herausforderungen steht heute so sehr im Vordergrund wie noch nie. Unser Ziel ist es nicht mehr, nur zu funktionieren. Stattdessen wollen wir eine Arbeitswelt gestalten, in der wir ganz wir selbst sein können.

Unsere Prozesse und Methoden sind oft schon angekommen in der neuen Arbeitswelt. Unternehmen wollen mit haufenweise angesagten Vorgehensweisen zeigen, wie weit fortgeschritten und attraktiv sie sind. Aber unser Umgang mit Vertrauen ist tradiert. Wir verfahren damit, als wären wir noch mitten im Taylorismus. Und es wird sogar noch schlimmer. Obwohl wir heute mehr Vertrauen brauchen, ist es nicht mehr geworden. Im Gegenteil. Das Vertrauen in Führung ist »im Sinkflug«. Das ist das Ergebnis des Gallup Engagement Index 2022. Lediglich 29 Prozent der Befragten vertreten die Auffassung, »dass die Geschäftsführung ihres Unternehmens zukünftige Herausforderungen erfolgreich meistern wird«. Deutlich weniger als in den Jahren davor. Und: »Nur noch 41 Prozent der Beschäftigten vertrauen ihrer Führungskraft uneingeschränkt.«2 Das ist kein Wunder, denn wir haben zwar noch nie weniger wie Maschinen gearbeitet, fühlen uns aber mehr denn je wie eine. Die Entwicklung neuer Technologien wie KI schreitet plötzlich sprunghaft voran und ändert auf disruptive Weise die Art, wie wir bisher gearbeitet haben. Zudem zeigt der demografische Wandel so langsam sein volles Ausmaß und es gibt nicht mehr genug Nachwuchskräfte, die in den Arbeitsmarkt eintreten. So wird aus einem Arbeitgebermarkt ein Arbeitnehmermarkt. Es fehlt an jeder Ecke an Fachkräften und die Anspruchshaltung von Bewerber:innen wächst. Negativer Stress durch eine zu hohe Belastung bei der Arbeit nimmt zu und wir wissen bei der täglichen Informationsflut nicht mehr, in welchen Chat wir zuerst schauen müssen. Immer häufiger haben wir das Gefühl, dass wir mehr zu tun haben, als wir schaffen können. Immer häufiger gehen wir über unsere Grenzen, um es zu schaffen.

Auch die Welt um uns herum überschlägt sich und wir kommen kaum noch hinterher. Gerade in den letzten Jahren wurde sie immer unübersichtlicher. Wir haben eine Pandemie erlebt, auf die wir nicht ansatzweise vorbereitet waren und die uns gezeigt hat, wie schnell unser Leben von jetzt auf gleich ein ganz anderes sein kann. Und kaum konnten wir aufatmen, folgten der Krieg in der Ukraine, eine massive Inflation und die Rezession. Auch das Vertrauen von jungen Menschen leidet inzwischen. Die Vertrauensstudie 2022 von Bayer kam zu dem Ergebnis, dass 63,6 Prozent der befragten Jugendlichen nicht in andere Menschen vertrauen. Jede:r zweite meint, »wer sich auf andere verlässt, wird ausgenutzt« und 39,6 Prozent glauben nicht, »dass Menschen gute Absichten haben«. »Nur 19 Prozent der Jugendlichen sehen für unsere Gesellschaft eine positive Zukunft.«3

Bei all den Veränderungen merken wir plötzlich, wie wenig Sicherheit wir eigentlich haben. In einer Welt, in der tradierte Sicherheitssymbole wie Wohlstand, ein unbefristeter Arbeitsvertrag oder ein Titel kaum mehr von Dauer sind, was bleibt uns dann noch, außer zu vertrauen? Und weil wir nicht wissen, wo das ganze Vertrauen in uns, in unsere Arbeit und in unsere Zukunft herkommen soll, kämpfen wir miteinander. Wir kämpfen um Vereinbarkeit und Wertschätzung, um Flexibilität und Verantwortung, um Arbeitszeit und Arbeitsort, um Sinn und Verstand. Aber eigentlich kämpfen wir nur um Vertrauen, denn wer Vertrauen hat, hat auch alles andere. Egal, ob Vereinbarkeit oder Verantwortung, Vertrauen ist die Basis für alle Themen rund um neues Arbeiten. Ich werde oft gefragt, was mit New Work eigentlich gemeint ist. Und fast alles, was wir unter dem großen Begriff New Work zusammenfassen, basiert auf der Vertrauensfrage. Vertrauen ist sogar die Antwort auf so gut wie alle Fragen, die uns gerade beschäftigen. Es ist die Grundlage für einfach alles. Ohne Vertrauen gehen wir mental und emotional zugrunde. Genau das passierte auch im Unternehmen meiner Freundin. Die Methoden waren neu, aber die Strukturen eng und kontrollierend. Sie allein kam gegen das Misstrauen nicht an. Um sich selbst zu schützen, kündigte sie.

In diesem Buch beschäftigt uns die Frage, wie wir eine Arbeitswelt schaffen, in der Vertrauen nicht nur ein Wort auf einem Poster, sondern gelebte Realität ist. Deshalb geht es darin nicht nur um Vertrauen selbst, sondern um alles, was wir im Arbeitsalltag tun oder lassen. Jede unserer Handlungen hat einen Einfluss auf unser gegenseitiges Vertrauen. Mit TRUST ME habe ich sieben Dimensionen entwickelt, die entscheidend sind, um eine echte Vertrauenskultur zu gestalten und zu leben. Nachdem es in den ersten drei Kapiteln darum geht, wie wir persönlich in Sachen Vertrauen aufgestellt sind, was Vertrauen eigentlich ist und wozu wir psychologische Sicherheit brauchen, tauchen wir anschließend in die sieben Dimensionen ein.

Fangen wir bei uns an, denn Vertrauen in andere startet mit dem Vertrauen in uns selbst.

2 Gallup Inc. (Hrsg.), Gallup Engagement Index 2022 Deutschland, S. 15.

3 Bepanthen-Kinderförderung (Bayer) (Hrsg.), Vertrauensstudie 2022, Angst vor der Zukunft? Jugendliche zwischen gesunder Skepsis und gefährlicher Verschwörungsneigung, Bundesweite Befragung von Kindern und Jugendlichen durch die Universität Bielefeld im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung, S. 15-17 und 20, https://www.bepanthen.de/sites/g/files/vrxlpx36091/files/2022-08/Bepanthen-Kinderfoerderung_Vertrauensstudie2022_Ergebnispr%C3 %A4sentation.pdf, Zuletzt aufgerufen am: 04.06.2023.

1 Hier fängt's an: Das Urvertrauen

Wie kommt es eigentlich, dass manche Menschen leichter vertrauen können als andere? Was bestimmt darüber, ob wir gut darin sind loszulassen oder lieber selbst das Zepter in der Hand behalten? Und wie entsteht unsere Risikobereitschaft? All das können wir nur verstehen, wenn wir unser Urvertrauen verstehen.

Ich bin eigentlich kein neidischer Mensch, aber wenn es etwas gäbe, auf das ich in meinem Leben neidisch wäre, dann sicher auf das Urvertrauen anderer Menschen. Ich glaube eher an das halb leere Glas als an den restlichen Wasserstand. Deshalb habe ich mich schon oft danach gesehnt, nicht alles zerdenken zu müssen. Wir können ohne Urvertrauen natürlich auch ein wunderbares Leben führen, nur kostet es mehr Energie. Der Mental Load eines Menschen ohne Urvertrauen ist nicht ohne, denn selbst wenn äußerlich nicht viel los zu sein scheint, innerlich läuft alles auf Hochtouren. Wir leben in ständiger Alarmbereitschaft und müssen die Gedanken und Emotionen, die damit einhergehen kontinuierlich regulieren. Klingt anstrengend, ist es auch. Mein Mann besitzt ein sehr ausgeprägtes Urvertrauen und viele der Gedanken, die ich mir täglich mache, kommen ihm nicht in den Sinn. Wenn ich hadere, sagt er zu mir: »Hab Vertrauen!« Natürlich hat er recht, aber ganz so leicht ist das nicht. Tatsächlich ist es echte Arbeit.

Die Antwort auf so vieles

Mein Mann und ich sind einmal an einem sehr heißen Sommertag in einer Cessna über Hamburg geflogen. Statt eines neuen Modells bekamen wir jedoch wahrscheinlich die älteste Cessna, die sie hatten. Während mein Mann die Aussicht genoss, sah ich nur die kaputten und mit Panzertape abgeklebten Stellen im Innenraum. Außerdem fragte ich mich, ob unser Pilot wohl genug getrunken hatte. Bei meinem Mann überwog die Freude, bei mir die blanke Angst.

Wir alle haben schnell ein intuitives Gefühl für bestimmte Situationen oder Vorhaben, ohne dass wir genau wissen, warum. Je nachdem, ob wir ein gutes Urvertrauen haben oder nicht, richtet sich unser Fokus auf unterschiedliche Dinge. Ohne ein gut entwickeltes Urvertrauen liegt unser Fokus auf den vorhandenen Risiken. Das Flugzeug könnte abstürzen oder der Pilot aufgrund von akuter Dehydrierung ohnmächtig werden. Es gibt viele Möglichkeiten, was alles schiefgehen könnte. Wer allerdings über ein ausgeprägtes Urvertrauen verfügt, schätzt die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken deutlich geringer ein. Der Fokus richtet sich auf die Chancen und positiven Aspekte, eines solchen Abenteuers. Bei meinem Mann war es der Blick auf den Hafen.

Urvertrauen gibt uns Sicherheit. Es stabilisiert unsere Emotionen und sorgt für einen positiven Blick auf die Welt. Menschen, die ein gutes Urvertrauen haben, glauben an die Beständigkeit ihrer Beziehungen. Deshalb können sie sich auch viel leichter auf sie einlassen. Sie begegnen der Zukunft mit Mut und Gelassenheit, weil sie darauf vertrauen, dass sie ihren Weg schon machen werden. Sie sorgen sich weniger und grübeln selten. Selbst wenn es mal nicht läuft, spüren sie die innere Sicherheit, dass sich alles irgendwie fügen wird.

Ohne Urvertrauen stehen wir meist vor tiefgreifenden Problemen im Leben. Menschen, denen es an Urvertrauen fehlt, haben Schwierigkeiten, Beziehungen einzugehen oder sich ihrer gewiss zu sein. Sie kontrollieren und gehen auf Nummer sicher. Das Risiko ist groß, zu enttäuschen oder enttäuscht zu werden. Wenn sie sich doch einmal auf jemanden einlassen, müssen sie aufpassen, sich nicht abhängig zu machen, weil aus ihren Bindungsängsten Verlustängste geworden sind. Sie zweifeln an sich und anderen und sie verzweifeln gleichzeitig daran, dass sie das nicht ändern können. Ohne Urvertrauen fehlt es uns an Sicherheit im Leben. Gleichzeitig hat diese Sicherheit eine sehr hohe Bedeutung für uns, weil wir uns nach ihr sehnen, sie aber nie erreichen können. Oder anders gesagt, was ist schon Sicherheit, wenn nichts sicher ist?

Unser Urvertrauen ist unsere individuelle Antwort darauf, ob die Welt ein guter Ort ist. Auf dieser Basis entwickelt sich unsere ganze Persönlichkeit. Das veranschaulicht auch das Stufenmodell des Psychoanalytikers Erik H. Erikson. Es besagt, welche acht Stufen wir in unserer gesamten psychosozialen Entwicklung durchlaufen:

»Grundvertrauen vs. Grundmisstrauen (Säuglingsalter)

Autonomie vs. Scham und Zweifel (frühe Kindheit)

Initiative vs. Schuldgefühl (Spielalter)

Fleiß vs. Inferiorität (Schulalter)

Identität vs. Identitätskonfusion (Adoleszenz)

Intimität vs. Isolation (frühes Erwachsenenalter)

Generativität vs. Stagnation (Erwachsenenalter)

Integrität vs. Verzweiflung (Alter)«4

Jede dieser Stufen steht für eine innere Krise, die wir bewältigen müssen, um zu wachsen und uns zu entwickeln. Dabei bauen die Stufen aufeinander auf.5 Wenn wir die eine Krise positiv bewältigen, sind wir besser für die darauffolgenden gewappnet. Das Ergebnis unserer Vertrauenskrise hat Einfluss auf alle darauffolgenden Stufen. Gewinnt das Urvertrauen, führt es dazu, dass wir spätere Herausforderungen leichter meistern können.

Ob wir Urvertrauen haben oder nicht spielt auch im Arbeitskontext eine große Rolle. Ohne Urvertrauen fällt es Menschen schwer, Verantwortung abzugeben. Sie gehen eher davon aus, dass ihr Vertrauen missbraucht oder enttäuscht wird. Sie schätzen Risiken höher ein und versuchen sie zu vermeiden, indem sie sich gut absichern. Sie können nur schlecht loslassen und sie klammern sich an Kontrollmechanismen. Doch wenn der Drang nach Absicherung im Vordergrund steht, verhindert das Innovation, Kreativität und Geschwindigkeit.

4 Erikson, Erik H., Der vollständige Lebenszyklus, Suhrkamp Verlag, 11. Auflage, 2020, S. 72-73.

5 Wolf, Eva Querida, Das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach Erik H. Erikson, Wachstum und Krisen der gesunden Persönlichkeit, Grin Publishing GmbH, München, 2022, S. 3.

Warum Liebe für alles verantwortlich ist

Urvertrauen entsteht zu Beginn unseres Lebens. Doch wenn wir wissen wollen, wie wir unser erstes Lebensjahr verbracht haben, müssen wir uns Fotos oder Videos davon ansehen. Wir erinnern uns selbst nicht daran. Aber nur weil wir uns nicht bewusst erinnern, heißt das nicht, dass wir uns tatsächlich nicht erinnern. »Frühkindliche Erfahrungen, vor dem dritten Lebensjahr, werden vom impliziten (unbewussten) Gedächtnis gespeichert.«6 Wir Menschen sind von Anfang an auf den Schutz und die Liebe unserer Bezugspersonen angewiesen. In der Regel sind das unsere Eltern. Je nachdem wie sie sich uns gegenüber verhalten, lernen wir, ob wir Menschen vertrauen und uns auf sie verlassen können. Die Erfahrungen, die wir schon frühzeitig machen, sind unser ganzes Leben tief in uns verankert. Die Qualität unserer ersten Beziehungen prägt deshalb unsere gesamte Lebensrealität.

Eltern, die liebevoll mit ihrem Kind umgehen, fördern die Entwicklung seines Urvertrauens. Dabei geht es um einen echten Beziehungsaufbau, der von Interesse und Zuneigung geprägt ist. Wir haben ein biologisches Bedürfnis nach einer emotionalen Bindung. Doch wenn Nähe, das Gefühl von Geborgenheit und der eigenen Bedeutung ausbleiben, fühlen wir uns nicht nur alleingelassen, sondern auch gestresst und sogar bedroht. Unsere Schlussfolgerung: Wir haben keinen Einfluss darauf, ob unser Umfeld gut zu uns ist. Dieses Gefühl von Bedeutungs- und Machtlosigkeit führt dazu, dass wir grundsätzlich misstrauisch werden. Alles, was wir erleben, bewerten wir dann auch später auf Basis der Erfahrungen, die wir mit ein bis zwei Jahren gemacht haben. Ohne Urvertrauen schützen wir uns vor Menschen oder Herausforderungen, auch wenn von ihnen keine Gefahr ausgeht.

Unser erstes Lebensjahr umfasst im Vergleich zu unserem ganzen restlichen Leben allerdings eine ziemlich kurze Zeit, um etwas so Wichtiges wie das Urvertrauen zu entwickeln. Dabei muss es aber nicht bleiben. Wie wir in Sachen Vertrauen aufgestellt sind, kann sich auch später noch verändern. Positive Erfahrungen, Erfolgserlebnisse und stabile Beziehungen können unsere Vertrauensfähigkeit stärken, aber natürlich können Schicksalsschläge und Traumata sie auch mindern.

Ich habe mich früh mit dem Urvertrauen beschäftigt und gleichzeitig viel zu spät. Diese Erklärung für so vieles im Leben, hätte ich schon viel früher gebrauchen können. Wissen hilft uns, Zusammenhänge zu verstehen, deshalb ist Wissen immer ein Anfang von Entwicklung. Das Wissen darum, wieso ich so schlecht Vertrauen fassen konnte, hat mich enorm weitergebracht. Ich wünschte, wir würden uns schon viel früher mit so wichtigen Themen auseinandersetzen, weil sie unser ganzes Leben beeinflussen. In der Schule pauken wir zwar Analysis und Vokabeln, aber oft bleibt das echte Lernen fürs Leben leider aus. Je komplexer, schneller und digitaler unsere Welt wird, desto wichtiger ist es, dass wir schon in jungen Jahren lernen, mit uns selbst klarzukommen, denn das ist die größte Herausforderung im Leben.

6 Deutsches Ärzteblatt (Hrsg.), Wettig, Jürgen, Eltern-Kind-Bindung: Kindheit bestimmt das Leben, Dtsch Arztebl 2006; 103(36): A-2298 / B-1992 / C-1922, https://www.aerzteblatt.de/archiv/52567/Eltern-Kind-Bindung-Kindheit-bestimmt-das-Leben, zuletzt aufgerufen am: 04.06.2023.

Ich bin o. k., du bist o. k.

Nicht nur der Umgang mit uns selbst ist eine Herausforderung, auch der mit anderen. Wir denken zu selten über die Frage nach, was wir wirklich von uns und anderen halten. Dabei beeinflusst unsere Grundhaltung in Bezug auf den Menschen unser Leben genau so sehr, wie unser Urvertrauen. Unser Menschenbild steuert unsere Beziehungen und wir gestalten unsere Beziehungen so, dass sie wiederum in unser Menschenbild passen und es fortlaufend bestätigen. Natürlich tun wir das nicht bewusst. Unser Menschenbild prägt einfach alles, was wir tun, auch, ob wir einander vertrauen. Und was im Privatleben für uns vielleicht sogar noch funktioniert, wird im Arbeitskontext wohlmöglich zum Problem. Immerhin können wir uns unsere Beziehungen bei der Arbeit nicht einfach so aussuchen. Es könnte unserer Fähigkeit, zu vertrauen, im Weg stehen, wenn wir uns nicht auch mit unserem Menschenbild auseinandersetzen. Genau wie das Urvertrauen, ist es ein Ergebnis unserer Erfahrungen und Überzeugungen. Es ist tief in uns verankert und das führt zu unreflektiertem Verhalten in alltäglichen Arbeitssituationen: Wer grundsätzlich nicht viel von sich oder anderen hält, wird das bei der Arbeit ausleben. Wir trauen uns dann selbst nicht, halten uns für die klügste Person im Raum, oder suchen die Schuld immer bei anderen. Thomas A. Harris hat schon 1976 vier Lebensanschauungen definiert, die für mich auch heute noch genau ins Schwarze treffen. Sie helfen uns, Klarheit darüber zu bekommen, wie wir uns und andere Menschen wirklich sehen. Sie lauten:

Ich bin nicht o. k. – du bist o. k.

Ich bin nicht o. k. – du bist nicht o. k.

Ich bin o. k. – du bist nicht o. k.

Ich bin o. k. – du bist o. k.7

Natürlich sind die Anschauungen eine Verallgemeinerung. Nicht alle der folgenden Beschreibungen treffen auf jede Person zu und es gibt unterschiedlich starke Ausprägungen. Aber verallgemeinert sehen sie so aus:

Ich bin nicht o. k. – du bist o. k.

Das Bedürfnis nach Anerkennung spielt eine große Rolle. Menschen mit dieser Grundhaltung vergleichen sich ständig mit anderen und finden immer wieder Bestätigung dafür, dass sie nicht gut genug sind. Sie leisten gerne und viel, sind aber nie zufrieden. Was sie auch tun, es reicht nicht aus. Es fällt ihnen deshalb deutlich leichter, anderen zu vertrauen als sich selbst. Aber wenn man sich selbst nicht vertraut, dann steht auch das Vertrauen in andere auf wackeligen Beinen.

Ich bin nicht o. k. – du bist nicht o. k.

Wer weder den Glauben in sich noch in andere hat, tut sich schwer mit dem Aufbau vertrauensvoller, zwischenmenschlicher Beziehungen.

Ich bin o. k. – du bist nicht o. k.

Wer andere nicht achtet, urteilt. Menschen, für die immer andere Schuld sind, versäumen es, ihren eigenen Anteil an bestimmten Situationen zu reflektieren. Das Umfeld kann die hohen Ansprüche nicht erfüllen. Wer diese Grundhaltung innehat, fühlt sich überlegen und glaubt, die Dinge selbst tun zu müssen, wenn sie gut werden sollen.

Ich bin o. k. – du bist o. k.

Menschen, die sich selbst und andere in Ordnung finden, setzen realistische Maßstäbe an. Sie sind nicht getrieben von vorgefertigten Grundannahmen und Glaubenssätzen. Sie bewerten weniger und reflektieren mehr. Eine gute Basis für Vertrauen.

Nach Harris glauben wir als kleine Kinder alle daran, dass wir selbst nicht o. k. sind, aber die anderen. Wir sind in diesem Alter nun einmal unseren Bezugspersonen ausgeliefert und erklären uns das mit unserem eigenen Unvermögen. Spätestens im Alter von zwei Jahren entscheiden wir uns dann unbewusst für eine der ersten drei Lebensanschauungen. Welche es wird, hängt davon ab, welche Erfahrungen wir gemacht haben. Bei den meisten Menschen bleibt die erste Anschauung »ich bin nicht o. k. – du bist o. k.« ein Leben lang bestehen. Extreme Erfahrungen können aber dazu führen, dass wir glauben, nur wir selbst oder sogar niemand sei o.k. Ist die Entscheidung einmal getroffen, bleiben wir, solange wir leben, bei dieser Anschauung. Sie bestimmt alles, was wir tun und jede unserer Beziehungen, außer wir entscheiden uns später aktiv für die vierte Lebensanschauung »ich bin o. k. – du bist o. k.«. Sie ist die Einzige, die wir ganz bewusst entwickeln können, weil sie nicht nur auf bloßen Gefühlen basiert. Diese Anschauung »beruht auf Denken, Glauben und Einsatzbereitschaft«.8

7 Harris, Thomas A., Ich bin o. k. Du bist o. k., Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1975, 54. Auflage 2021, S. 66.

8 Harris, Thomas A., Ich bin o. k. Du bist o. k., Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1975, 54. Auflage 2021, S. 59-76.

Jede Wirklichkeit ist anders

Unser Menschenbild und unser Urvertrauen haben also einen riesigen Einfluss auf uns, denn sie sind das Ergebnis all unserer prägenden Erfahrungen und der daraus abgeleiteten Werte, Prinzipien und Glaubenssätze. Mit ihnen gleichen wir blitzschnell alles ab, was wir erleben. Sie steuern unsere Entscheidungen, beeinflussen, wie wir sind, und prägen, wer wir sein können. Das ist uns jedoch selten klar. Vielmehr passiert das völlig automatisch im Hintergrund, wie beim Virenscanner eines Computers. Der Anteil unserer Persönlichkeit, der durch unsere Prägung geformt wurde, ist uns oft gar nicht bewusst. Wir kennen ihn nicht, wenn wir uns nicht intensiv mit uns selbst auseinandergesetzt haben. Stefanie Stahl nutzt für die Beschreibung der »unbewussten Anteile unserer Persönlichkeit […], die in unserer Kindheit geprägt wurden«, die Metapher des inneren Kindes.9 Es bestimmt zu großen Teilen unser Fühlen, Denken und Handeln. Dadurch machen wir uns allerdings auch unsere eigene Welt und bauen uns eine ganz eigene Lebensrealität. Unser inneres Kind lässt uns glauben, wir würden Dinge wieder erleben, die wir schon einmal erlebt haben. So fühlen wir uns in manchen Situationen plötzlich wieder genauso, wie wir uns damals gefühlt haben. Dadurch verpassen wir das Hier und Jetzt und werden gesteuert von einem Programm, dass unser Gehirn früher abgespeichert hat. Das Feedback, das wir jemandem geben, der Konflikt, den wir mit jemandem haben, oder was wir glauben, wie andere uns sehen; das alles sagt mehr über uns selbst aus als über andere.

Und unser inneres Kind sorgt dafür, dass sich unsere Erfahrungen wiederholen. Wenn wir schon davon überzeugt sind, dass wir niemandem trauen können, dann werden wir jeden Tag viele Beweise dafür finden, die uns immer wieder darin bestätigen, dass es so ist. Wenn wir glauben, dass wir nicht gut genug sind, um geliebt zu werden, dann entdecken wir täglich genügend Gründe dafür. Und wenn wir davon ausgehen, dass wir andere Menschen kontrollieren müssen, weil sie selbst nicht in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen, dann werden wir ganz bestimmt genau diese Erfahrung immer wieder machen. Nur weil das bisher vielleicht so war, heißt das aber nicht, dass es auch wirklich so ist und immer so sein muss. Denn unser inneres Kind gestaltet unsere immer wiederkehrenden Erfahrungen mit. Unser Verhalten provoziert eine selbsterfüllende Prophezeiung. Wir müssen unserem inneren Kind zeigen, dass sich etwas verändert hat. Wir selbst beeinflussen unsere Umwelt durch unsere Haltung und unser Verhalten. Würden wir uns anders verhalten, würde auch unsere Umwelt anders reagieren.

Die Reiz-Reaktion

Wir alle sehen manchmal rot. Wir haben bestimmte Knöpfe, die sofort Reaktionen auslösen, wenn sie von anderen gedrückt werden. Eine Freundin von mir kann es absolut nicht leiden, wenn sie sich eingeengt fühlt. Ein Kollege mag es überhaupt nicht, wenn er das Gefühl hat, sich wiederholen zu müssen und ich selbst halte es nicht aus, wenn ich das Gefühl habe, mir möchte jemand etwas vorschreiben. All diese Themen haben ihren Ursprung. Es ist wichtig, dass wir diese Programme in uns verstehen und unser inneres Kind besser kennenlernen. Nur dadurch können wir entdecken, was uns triggert und so intensive Gefühle in uns auslöst. Wenn wir unsere Knöpfe kennen und an ihnen arbeiten, macht das einen echten Unterschied. Wenn ich das Gefühl habe, mir möchte jemand Vorschriften machen, dann könnte ich sofort reagieren und meinem Impuls einfach folgen. Aber dann würde ich nicht direkt auf die andere Person reagieren, sondern darauf, was sie in mir auslöst. Auf den Reiz folgt meine Reaktion:

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass nichts Gutes dabei rauskommt. Vielleicht drücke ich mit meiner unreflektierten Reaktion wiederum einen Knopf bei meinem Gegenüber und das Gespräch wird nicht besser. Statt wirklich mit der anderen Person zu sprechen, führen wir eigentlich nur Selbstgespräche. Wir hören uns kaum zu, schmeißen mit Vorurteilen um uns und ertrinken in Missverständnissen. Wenn wir glauben, dass die andere Person nicht o. k. ist, werden wir sehr wahrscheinlich Bestätigung darin finden. Aber oft sind wir selbst in dem Moment einfach nicht o. k.

Anstatt unmittelbar zu reagieren, könnte ich aber auch nachdenken und mich kurz selbst reflektieren, wenn ich das Gefühl habe, bevormundet zu werden. Nur so entsteht die Möglichkeit, meinen Impuls wahrzunehmen und zu hinterfragen. Innehalten ist mächtig. Es ist der Moment, in dem wir unterscheiden, zwischen dem Anteil der anderen und unseren Knöpfen. In seinem Buch »Der Weg zum Wesentlichen« greift Stephen R. Covey ein Zitat auf, das er zufällig entdeckte und das auch häufig mit dem österreichischen Psychiater Viktor Frankl in Verbindung gebracht wird. Es lautet: »Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.«10 Treffender kann man nicht ausdrücken, welch positive Auswirkung es hat, wenn wir unsere limitierenden Glaubenssätze überwinden und unsere Wirklichkeit hinterfragen. Erst wenn wir bewusst wählen können, wie wir uns verhalten, und nicht mehr Gefangene unserer Erfahrungen und unserer Vergangenheit sind, dann sind wir wirklich frei.

Eine Führungskraft, die ich eine Zeit lang gecoacht habe, eckte immer an, weil sie schonungslos ehrlich war. Sie war aber nicht nur ehrlich, sondern verletzte andere damit. Wenn jemand mit einer Idee kam, die sie nicht für clever hielt, war die Idee gleich »Schwachsinn«. Und ihr war ihre »Zeit zu schade, um sie auf einem gemeinsamen Teamevent zu verbringen«. In ihrer Wahrnehmung waren ihre Ideen die besseren und ihre Vorhaben die wichtigeren. Auch vom Coaching und von all meinen Methoden hielt sie zunächst nichts. Anfangs ist ihr überhaupt nicht aufgefallen, welche Worte sie wählte. Sie verstand nicht, warum sie aneckte. Im Laufe der ersten Wochen meiner Begleitung ist ihr immer häufiger selbst aufgefallen, was sie gerade gesagt hatte. Später im Prozess merkte sie, was sie im Begriff war zu sagen, bevor sie es sagte. Sie konnte ihre Botschaft umformulieren, bevor sie ausgesprochen war. Immer noch ehrlich, aber bewusst und viel weniger hart.