Umfragen erstellen und auswerten - Wolfgang Ortmanns - kostenlos E-Book

Umfragen erstellen und auswerten E-Book

Wolfgang Ortmanns

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Beschreibung

Idealer Ratgeber für Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten Bei Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten ist die Umfrage eine beliebte Forschungsmethode. Wolfgang Ortmanns und Ralph Sonntag vermitteln dazu alles Wissenswerte - angefangen von den Rahmenbedingungen, den Fragetypen bis hin zum Umfrageaufbau und der Stichprobenauswahl. Wichtiges statistisches Know-how vermitteln sie zudem, u.a. wichtige Testverfahren und die Korrelationsanalyse. Das Buch richtet sich an Studierende und junge Forschende aus den Bereichen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Gefördert vom Konsortium der sächsischen Hochschulbibliotheken.

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Wolfgang Ortmanns / Ralph Sonntag

Umfragen erstellen und auswerten

kompakt und leicht verständlich für Studierende und junge Forschende

Cover: © AndreyPopov · istock

Autorenfoto Wolfgang Ortmanns: © privat | Ralph Sonntag: © privat

Diese Open Access Publikation wurde unterstützt durch das Landesdigitalisierungsprogramm für Wissenschaft und Kultur des Freistaates Sachsen.

 

DOI: https://doi.org/10.24053/9783739882413

 

© Wolfgang Ortmanns / Ralph Sonntag 2023

 

Funder: Konsortium der sächsischen Hochschulbibliotheken

Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/den ursprünglichen Autor/innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.

 

Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D72070 Tübingen

Internet: www.narr.de     eMail: [email protected]

 

ISBN 978-3-7398-3241-8 (Print)

ISBN 978-3-7398-0633-4 (ePub)

Inhalt

Was Sie vorher wissen sollten1 Einführung1.1 Der induktive Schluss1.2 Marktforschung und Vorgehensweise1.3 Primärdatenerhebung und Gütekriterien2 Befragung2.1 RahmenbedingungenErhebungszeitraumOrtMedium2.2 Struktur2.3 FragetypenEinstiegsfrage2.4 Formulierung und Ableitungen von FragenValiditätseinschränkungen in Umfragen2.5 Aufbau und Pretest3 Stichprobe3.1 Arten von Stichproben und ihre RepräsentativitätZufallsauswahlQuotenauswahlKonzentration und Typische Auswahl3.2 Konfidenzintervalle bei StichprobenKonfidenzintervall bei AnteilswertenKonfidenzintervalle bei MittelwertenKonfidenzintervalle bei kleinen Grundgesamtheiten4 Grundgedanken zum Testen von Hypothesen4.1 Art der Daten bestimmt den Test4.2 Methodische Vorgehensweise bei Signifikanztest4.3 Bedeutung Effektstärke4.4 Bedeutung Teststärke5 Test bei zwei Mittelwerte (t-Test)5.1 Signifikanztest5.2 Effektstärke5.3 Teststärke5.4 Optimaler Stichprobenumfang5.5 Voraussetzungen für den t-Test5.6 Der 1-Stichprobenfall5.7 Mehr als zwei Mittelwerte6 Test bei zwei Anteilswerte (Prozentzahlen)6.1 Signifikanztest6.2 Effektstärke6.3 Teststärke und optimaler Stichprobenumfang6.4 Auswertung als 4-Felder-Matrix6.5 Der 1-Stichprobenfall7 Häufigkeitsverteilungen im Chi-Quadrat-Tests (χ2-Test)7.1 Der Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest7.2 Ergänzungen: Effektstärke/Teststärke7.3 Der Chi-Quadrat-Anpassungstest8 Korrelationsanalyse bei metrischen Merkmalen8.1 Punktdiagramm und Trendlinie8.2 Der Pearson-Korrelationskoeffizient8.3 Signifikanz von KorrelationenSignifikanztest durch KonfidenzintervalleSchritt 1: Die Umwandlung von r in einen Z-Wert (Fishers Z-Transformation)Schritt 2: Es wird der Standardfehler für Fishers Z berechnetSchritt 3: Konfidenzintervall von Z bestimmenSchritt 4: Rücktransformation der beiden Z Werte in r WerteSignifikanztest als t-Test8.4 Teststärke und optimaler Stichprobenumfang8.5 Mittelwertunterschiede von Korrelationen8.6 Korrelation und Kausalität8.7 Rangkorrelation nach Spearman9 Spezielle Befragungen9.1 Expertenbefragung und Delphi-Befragung9.2 Conjoint-AnalyseAnwendungVorgehensweise und Beispiel9.3 ErfolgsfaktorenanalyseVorgehenI. Identifikation der ErfolgsfaktorenII. Festlegen der Teilnehmer:innen an der BefragungIII. Formulieren des FragebogensIV. Durchführen der DatenerhebungV. Auswerten der Erhebungsdaten und Darstellen der ErhebungsergebnisseVI. Interpretieren der Erhebungsergebnisse9.4 Semantisches DifferentialAnhangLiteraturRegister

Was Sie vorher wissen sollten

Die Umfrage ist zu einer beliebten Forschungsmethode geworden, auch schon für Studierende bei ihrer ersten Haus- oder der Bachelorarbeit. Früher musste man für Umfragen Briefe mit vorbezahlten Rückporto verschicken und Adressen anmieten. Viel zu teuer und allzu viel Aufwand für eine erste selbständige Forschung im Studium. Heute stehen im Internet kostenlos nutzbare Umfrageportale zur Verfügung. Die Fragebögen lassen sich über soziale Netzwerke breit gestreut verteilen und es gibt zahlreiche Anwendungsprogramme zur Auswertung. Für alle Forschungsfragen, für die nicht unbedingt strenge Repräsentativität gefordert wird, ist dieses eine komfortable Methode.

Leider sind die notwendigen Kenntnisse von wissenschaftlichen Standards dazu nicht immer so leicht zu erschließen. Dabei gilt es, einige Rahmenbedingungen und Methoden zu beachten, um belastbare Schlussfolgerungen aus Umfragen ziehen zu können. Schon die späteren statistischen Auswertungen mit ihrer Fülle an Tests und Voraussetzungen, stellen für Einsteiger:innen oft eine hohe Hürde dar. Jedoch gilt wohl auch hier Paretos 80-20-Regel:

Mit nur 20 % der Tests aus den Statistikbücher lassen sich 80 % aller Umfragen auswerten. Dieses Buch beschränkt sich auf das Wesentliche und ist ein guter pragmatischer Ratgeber für Umfragen. Die relevanten Tests werden nach heutigen Gepflogenheiten geforderten Größen der Effektstärke und Teststärke dargestellt, natürlich anschaulich erklärt und alles nachrechenbar.

Auswerten kann man aber auch mit der besten Statistik nur gut konstruierte Fragebögen. Das Buch gibt einen guten pragmatischen Über- und Einblick, was konkret bei der Erstellung und Umsetzung von Umfragen beachten ist. Des Weiteren werden besondere Befragungs- und Analyse-Methoden vorgestellt. Ein guter Leitfaden und kompaktes Wissen für Befragungen.

◆ Downloads zum Buch | Excel-Tools

Bevor Sie das Buch lesen, können Sie digitale Zusatzmaterialien herunterladen. Darin finden Sie zahlreiche hilfreiche Excel-Tools, auf die die Autoren an verschiedenen Stellen im Buch eingehen. Sie finden die Tools unter:

https://files.narr.digital/9783739832418/Zusatzmaterial.zip

1Einführung

1.1Der induktive Schlussinduktiver Schluss

In den Wissenschaften können wir logisch-deduktive oder empirisch-induktive SchlussfolgerungenSchlussfolgerungen, empirisch-induktiveSchlussfolgerungen, logisch-deduktiv ziehen. Ein Beispiel einer deduktiven Schlussfolgerung wäre:

Wenn es regnet, wird die Straße nass

Es regnet

___________________________________________

Die Straße wird nass

Es ist ein Schluss von der Allgemeinheit auf einen Einzelfall. Er ist logisch gültig, da es unmöglich ist, dass er bei Wahrheit der beiden gesetzten Prämissen falsch ist.

Aus einer empirischen Forschung ergeben sich üblicherweise aber nur induktive Schlüsse der Art:

Schwan 1 ist weiß

Schwan 2 ist weiß

Schwan 3 ist weiß

___________________________________________

Alle Schwäne sind weiß

Hier wird von einigen Einzelfällen auf die Gesamtheit geschlossen. Genau das passiert beispielsweise bei einer Umfrage: Wie schließen von einer Stichprobe der Teilnehmer:innen auf eine Gesamtheit und können damit falsch liegen. Wie auch hier, denn bekanntlich gibt es ja auch schwarze Schwäne. Wann und unter welchen Angaben ist ein InduktionschlussInduktionschluss in der empirischen Forschung trotzdem zulässig? Sicher nicht nach nur drei Beobachtungen wie im Schwanenbeispiel. Aber wie groß muss dann eine Stichprobe sein und wie muss man diese auswählen? Welche Fehlerwahrscheinlichkeit kann man akzeptieren und wie kann man diese berechnen? Wie sind die wissenschaftlichen Standards dazu? Diese Fragen beantwortet dieses Buch.

Erkenntnis | Induktionsschlüsse aus einer Stichprobe sind nie logisch gültig und können nicht bewiesen (verifiziertverifizieren) werden, jedoch können diese widerlegt (falsifiziertfalsifizieren) werden, hier dadurch, dass man einen einzigen schwarzen Schwan erblickt.

Das Vorgehen der quantitativ-empirischen Forschung liegt meist darin, zu versuchen, das Gegenteil einer vermuteten Hypothese als so unwahrscheinlich zu widerlegen, dass man die Hypothese im Umkehrschluss als plausibel annehmen kann. So könnte man die Hypothese: „Es gib keine blauen Schwäne“ durch Beobachtung einer hinreichend großen Menge an Schwänen (Stichprobengröße), und das in der ganzen Welt verteilt (repräsentativ), testen. Finden wir trotzdem keinen blauen Schwan, ist die Hypothese zwar nicht bewiesen, aber Sie hat sich (vorläufig) bewährt. Eine Hypothese gilt als gut abgesichert, wenn sie sich in möglichst vielen Replikationsstudien immer wieder aufs Neue bewährt hat.

1.2MarktforschungMarktforschung und Vorgehensweise

Unternehmen agieren auf dynamischen Märkten, mit neuen Innovationen, neuen Geschäftsmodellen, regional und global. Vor diesem Hintergrund treffen Unternehmen jeden Tag Entscheidungen, um die Nachhaltigkeit und den Erfolg des Unternehmens zu sichern. Eine Aufgabe von Analysen und Methoden besteht darin, ein gutes Fundament für diese betrieblichen Entscheidungen zu legen. Hieraus lassen sich wiederum Fragestellungen ableiten, deren Antworten für das Unternehmen wichtig sind.

Neben diesen marktbezogenen Analysen können auch Analysen in anderen Bereichen des Unternehmens durchgeführt werden. Da jedoch die meisten Analysen und Befragungen einen Bezug zu den Marktgegebenheiten und -aktivitäten des Unternehmens haben, liegt der Fokus im Folgenden auf dem Bereich der Marktorientierung und -relevanz.

Wissen | Marktforschung

Unter MarktanalyseMarktanalyse und MarktforschungMarktforschung sind die systematische und methodische Beobachtung und Erfassung von Zuständen und Vorgängen auf wirtschaftlichen Märkten zu verstehen. Die Marktforschung untersucht die Absatz- und Beschaffungsmöglichkeiten eines Unternehmens, um marktbezogene Informationen als Entscheidungsgrundlage zu erhalten.1

Die Ziele von Marktforschung sind vielfältig, wie beispielsweise:

Ermittlung des PotenzialPotenzialermittlungs:

Marktkapazität

Marktpotenzial

Marktvolumen

Marktanteil

Ermittlung von TrendsTrends:

Einstellungsänderungen der Zielgruppen

Konsumentenverhalten

Bedürfnisse von Kund:innen

RisikominimierungRisikominimierung:

Optimierung von Marktaktivitäten

Kontrolle von Maßnahmen

Entscheidungsunterstützung

Dabei werden folgende Aktivitäten durchgeführt, um diese Ziele zu erreichen:

systematische, zeitpunkt- und zeitraumbezogene Untersuchung des Marktes mit Hilfe (Datenerhebung) von wissenschaftlichen Verfahren

Beschaffung und Auswertung von existierenden internen und/oder externen Daten

Die Datenerhebung kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Dabei wird zwischen Sekundärforschung und Primärforschung unterschieden.

Unter SekundärforschungSekundärforschung wird die Nutzung und Auswertung von Daten verstanden, die bereits vorliegen und somit zu einem früheren Zeitpunkt und/oder zu einem anderen Erhebungszweck erhoben wurden.

Der Vorteil liegt in der sofortigen Verfügbarkeit der Daten; die Nachteile liegen darin, dass diese Daten meist nicht passgenau zu den Fragestellungen des Unternehmens passen und entsprechend nicht aktuell sind.

Häufig sind Sekundärdaten bzw. -studien verfügbar, z. B. unternehmensinterne oder externe Quellen. Diese bereits bestehenden Daten können genutzt werden, wenn diese die unternehmerische Fragestellung beantworten bzw. einen Teil zur Beantwortung beitragen können. Eine PrimärdatenerhebungPrimärdatenerhebung kann einerseits die bereits bestehenden Daten aus der Sekundärforschung ergänzen bzw. aktualisieren. Zum anderen kann die Datenerhebung gezielt auf die Fragestellung angepasst werden.2

Im Folgenden liegt der Fokus auf Marktanalyse mittels Primärdaten.

Wissen | Vorgehen einer MarktanalyseMarktanalyse, Vorgehen

Das Vorgehen von der Konzeption bis zur Beantwortung der Fragestellungen kann wie folgt grob skizziert werden3:

Festlegung bzw. Identifikation der betrieblichen Aufgabenstellung bzw. des Entscheidungsproblems

Ableitung von Fragestellungen, Studienart und Hypothesen

Erstellen eines Erhebungsplans (Methoden, Instrumente, Stichprobenauswahl)

Auswahl von Analysemethoden anhand von Kriterien wie Qualität der Antworten sowie Operationalisierbarkeit

Planung und Durchführung von Datenerhebung, Konsistenzprüfung, Fehlerbehandlung

Auswertung der Daten – qualitativ bzw. quantitativ

Zusammenfassung Ergebnisse, Aufzeigen von Limitationen und Besonderheiten

Ableitung von Handlungsempfehlungen

Reflexion des Vorgehens und Ergebnisse, Grundlage für nachfolgende Analysen

Dabei muss beachtet werden, dass nicht alle Fragestellungen in Unternehmen durch Analyse-Methoden beantwortet werden können. Jedoch können diese eine Basis für weitere Analyse-Aktivitäten darstellen.

1.3Primärdatenerhebung und Gütekriterien

Unabhängig von vorliegenden Sekundärdaten ist eine spezifische Erhebung von Daten ideal zur Beantwortung einer Fragestellung. Die Passfähigkeit und damit auch die Aussagekraft von Daten einer PrimärdatenerhebungPrimärdatenerhebung sind höher als die Daten einer Sekundärdatenforschung. Die Vorteile liegen auf der Hand:

genaue Auswahl bzw. selbst definierte Stichprobe in der Zielgruppe

konkrete Fragestellungen

Kenntnis und Gestaltung Rahmenbedingungen, z. B. Befragungszeitpunkt

Aktualität der Daten

Jedoch ist die Primärdatenerhebung in der Regel mit mehr Aufwand und Kosten verbunden. Somit ist hier eine Aufwand-Nutzen-Abwägung zu treffen, die auch die Relevanz der betrieblichen Fragestellung sowie die Aussagequalität der erwarteten Ergebnisse berücksichtigt1.

Bei der PrimärdatenforschungPrimärdatenforschung werden folgende Methoden unterschieden2:

BefragungBefragung (mündlich oder schriftlich)

BeobachtungBeobachtung

ExperimentExperiment

PanelPanel

Bei der Datenerhebung wird zwischen GesamterhebungGesamterhebung und TeilerhebungTeilerhebung unterschieden. Bei einer Gesamterhebung werden sämtliche Personen der Zielgruppe befragt. Dies ist bei kleinen Gruppen oder bei einer leichten Erreichbarkeit dieser Gruppe möglich bzw. denkbar. Meist sind Gesamterhebungen aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht praktikabel. Somit werden in der Regel Teilerhebungen durchgeführt. Entscheidend ist, dass die Stichprobe repräsentativ ist. Dies ist gegeben, wenn die Verteilung aller interessierenden Merkmale der Untersuchungselemente der Verteilung in der Grundgesamtheit entspricht.3

Bei der Planung und Durchführung einer Untersuchung müssen zudem folgende Gütekriterien berücksichtigt werden, um die Qualität gewährleisten zu können:

Wissen | ObjektivitätObjektivität

Der Messvorgang und damit die Messwerte sind objektiv, wenn diese von Einflüssen durch die forschende Person oder das Vorgehen selbst unabhängig sind. Dies bedeutet, dass die gleiche Messung bzw. Befragung durch eine andere Person, die identischen Ergebnisse ergibt und diese somit auch intersubjektiv nachprüfbar sind. Objektivität ist Voraussetzung für die Reliabilität.

Zu differenzieren sind drei Formen der Objektivität:

DurchführungsobjektivitätDurchführungsobjektivität wird durch die Beeinträchtigung des bzw. der Proband:in durch die durchführende Person beeinflusst. Beispielsweise kann Kleidung, Mimik und Gestik eine Beeinflussung und damit einen Interviewer:innen-BiasBias (Fehler) hervorrufen.

AuswertungsobjektivitätAuswertungsobjektivität basiert auf der Wahl des Analyseverfahrens. Daraus können unterschiedliche Ergebnisse entstehen, die dann wiederum zu unterschiedlichen Interpretationen führen. So können verschiedene Forscher:innen mit den gleichen Basisdaten jedoch verschiedenen Analyseverfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

InterpretationsobjektivitätInterpretationsobjektivitätInterpretationsobjektivität ist hoch, wenn die Ergebnisse der Interpretation unabhängig von der auswertenden Person gleich sind. Je geringer der Auswertungsspielraum ist, desto objektiver ist diese.4

Ein Beispiel ist die Auswertung des Mittelwerts und des Medians, beide Auswertungsmethoden analysieren das Ergebnis der „Mitte“. Der MittelwertMittelwert ist das arithmetische Mittel, der MedianMedian ist ein numerischer Wert, der die obere Hälfte von der unteren Hälfte teilt. In dem Kontext ist noch die Interpretationsobjektivität zu betrachten. Hierbei können die Ergebnisse unterschiedlich interpretiert werden, d. h. die Beurteilung, ob bestimmte Ergebnisse eher positiv oder negativ zu bewerten sind, hängt zum einen von den Vergleichsmöglichkeiten und zum anderen von einem Freiraum der auswertenden Person ab.

Wissen | ReliabilitätReliabilität

Dieses Gütekriterium bezeichnet die Zuverlässigkeit einer Messmethode. Es kann auch als formale Genauigkeit beschrieben werden. D. h. die Ergebnisse sind in sich konsistent, die Ergebnisse können durch eine wiederholte Durchführung mit den gleichen Kriterien und der gleichen Personengruppe mit derselben bzw. einer anderen Messmethodik zu unterschiedlichen Zeitpunkten erneut erhoben werden.

Wenn in einem Fragebogen Eigenschaften wie Egoismus oder Risikofreude indirekt abgefragt werden, sollte die interne KonsistenzKonsistenz, interneinterne Konsistenz der Fragen, also ob alle Fragen wirklich das Gewünschte abfragen, über Cronbachs5 AlphaCronbachs Alpha6 ermittelt werden. Das sei hier an einem Beispiel mit 4 Fragen (Items) und 10 Proband:innen gezeigt. Die Proband:innen haben dabei bei jeder Fragen 1–5 Punkte erhalten, die folgende Tabelle zeigt:

Punkte

 

 

 

 

 

Items

1

2

3

4

Summe

 

5

4

4

4

17

 

5

3

4

3

15

 

4

3

4

3

14

 

5

3

4

3

15

 

4

3

4

4

15

 

1

3

2

4

10

 

4

3

5

2

14

 

3

2

4

5

14

 

3

3

2

1

9

 

3

1

1

2

7

 

 

 

 

 

 

Varianzen (σ2)

1,57

0,62

1,60

1,43

10,22

Korrelation

0,72

0,66

0,91

0,52

Tabelle 1: Beispiel für Cronbachs Alpha

V a r i a n z = σ 2 = 1 n - 1 × ∑ ( x i - x ¯ ) 2

Varianzen aus Stichproben können bequem über die Excelfunktion VAR.S ermittelt werden.

Cronbachs Alpha ist die durchschnittliche Korrelation der Items zueinander und könnte alternativ auch über eine Korrelationsmatrix ermittelt werden. Alles zu Korrelationen finden Sie später im → Kapitel 8.

Werte über 0,7 gelten als akzeptabel, das ist hier nicht der Fall! Wenn sich ein zu kleiner Wert ergibt, kann man einzelne, nicht passende Fragen (jene mit geringer Korrelation zur Summe) herausnehmen und den Wert erhöhen. Hier ist es die Frage 4, deren geringe Korrelation zeigt, dass sie nicht konsistent zu den anderen Fragen ist.

Wie nehmen die Frage 4 heraus und erhalten:

Punkte

 

 

 

 

 

Items

1

2

3

 

Summe

 

5

4

4

 

13

 

5

3

4

 

12

 

4

3

4

 

11

 

5

3

4

 

12

 

4

3

4

 

11

 

1

3

2

 

6

 

4

3

5

 

12

 

3

2

4

 

9

 

3

3

2

 

8

 

3

1

1

 

5

 

 

 

 

 

 

Varianzen (σ2)

1,57

0,62

1,60

 

7,66

Korrelation

0,86

0,70

0,90

 

Tabelle 2: Beispiel für Cronbachs Alpha

Cronbachs Alpha ist nun akzeptabel: 3×(1-3,797,66)2=0,76

Mit der RetestmethodeRetestmethode wird die Korrelation derselben Stichprobe zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen. Bei einer hohen Korrelation, auch RetestkorrelationRetestkorrelation genannt, kann von einer Stabilität gesprochen werden.

Mit der ParalleltestmethodeParalleltestmethode werden bei derselben Stichprobe innerhalb eines kurzen Zeitraums zwei unterschiedliche Tests bzw. Messverfahrens durchgeführt. Die Korrelation dieser beiden Tests ist die Paralleltestkorrelation und wird auch als Äquivalenz bezeichnet.

Eine Sonderform dieses Paralleltests, der in der Praxis häufig anzutreffen ist, ist die Aufteilung der Stichprobe in zwei Teile. Die Korrelation der Ergebnisse dieser Testhälften werden dann als Split-Half- Reliabilität bezeichnet.7

Wissen | ValiditätValidität

Mit Validität wird ausgedrückt, ob die Messmethodik und die Durchführung geeignet sind, die Werte bzw. Ergebnisse der Merkmalsausprägungen bzw. Fragen im Sinne des Befragungsziel zu messen, was auch als interne ValiditätValidität, interne bezeichnet.

Von Inhaltsvalidität wird gesprochen, wenn die zu erhebenden Merkmale bzw. Antworten zu der Hypothese bzw. Ziel der Befragung passen, d. h. es muss beispielsweise für jeden bzw. jede Proband:in klar sein, was genau mit der Frage gemeint ist.

Unter KriteriumsvaliditätKriteriumsvaliditätValidität, Kriteriumwird verstanden, dass die Antwortmöglichkeiten bzw. Skalen untereinander vergleichbar sind. So wird ausgeschlossen, dass aufgrund der verschiedenen Antwortmöglichkeiten die Korrelation zwischen verschiedenen Ergebnissen beeinflusst wird. Bei ähnlichen Fragen sollten demnach auch die gleiche Skala bzw. die gleichen Antwortmöglichkeiten gegeben werden.8

Die Konstruktvalidität beschreibt den Zusammenhang der messbaren Kriterien zu der Gesamtheit der Untersuchung. Die Untersuchung muss geeignet sein und die Messung muss unabhängig von Störeinflüssen o. ä. sein. Differenziert wird hier zum einen zwischen KonvergenzvaliditätKonvergenzvalidität, d. h. die Indikatoren bzw. Fragen müssen eine Beziehung zu dem Ziel des Tests aufweisen. Zum anderen gibt es die DiskriminanzvaliditätValidität, DiskriminanzDiskriminanzvalidität, sie bedeutet, dass die Indikatoren nicht bzw. nur in einem geringen Ausmaß dazu dienen können, andere Fragestellungen bzw. Ziele eines Tests zu beantworten.

Durch diese Berücksichtigung der Validität kann dann auch auf eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse geschlossen werden.9 Diese Generalisierungsfähigkeit der Daten bezeichnet man auch als externe ValiditätValidität, externe. Sie kann durch eine zu kleine Stichprobe (Fehler der unzureichenden Statistik) oder eine verzerrte Stichprobenauswahl, also mangelnden Repräsentativität (Fehler der voreingenommenen Statistik) eingeschränkt sein.

Im Folgenden wird explizit auf die Erhebungsmethode Befragung eingegangen. Einige Anforderungen an diese Methode lassen sich auf die Konzeption und Durchführung von Beobachtungen, Experimenten und Panel übertragen.

2Befragung

Unter einer BefragungBefragung wird eine Erhebungsmethode verstanden, bei der durch Antworten (schriftlich, online, persönlich, telefonisch) von Personen Daten zur Beantwortung einer Aufgabenstellung der Marktforschung gewonnen werden.