Und dann am Leben bleiben - Mandy Falke - E-Book

Und dann am Leben bleiben E-Book

Mandy Falke

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Beschreibung

Mandy ist 33, Psychologiestudentin, Mutter dreier Kinder und an Brustkrebs erkrankt. Um sich mit ihrer lebensbedrohlichen Erkrankung auseinanderzusetzen und Verarbeitungsstrategien zu entwickeln, fing sie an ihre Krankheit biographisch zu dokumentieren. Es ist eine Art Tagebuch. Und soviel mehr als das. Es ist eine Auseinandersetzung mit dem Schlimmsten, was man sich vorstellen könnte und mit dem Besten. Es ist der Versuch, das Leben aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und dabei den Fokus auf das Gute nie zu verlieren. Es ist kein Buch über den Tod, sondern über das Leben. In seiner reinsten, authentischsten, grausamsten und schönsten Form.

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorwort

3. Chatverlauf

4. Tagebucheinträge

5. Nachwort

6. Widmung

Anhang

7. Ein Sommer mit Balu

8. Ein Nachmittag im Park

9. Texte von Susanne

10. Resümee Alex

1.

Einleitung

2017 erfuhr ich einige Tage vor Weihnachten, dass ich an einer besonders aggressiven Form von Brustkrebs erkrankt bin und dass die Lymphknoten bereits befallen sind.

Ich kann nicht schreiben, dass dies meine vorher heile Welt aus den Angeln gehoben hätte, denn meine Welt war vorher nicht heile. Das war sie nie. Es gab immer Problembereiche, die entweder äußere oder innere Umstände hatten. Bis sich im Jahr 2017 der Sturm zu legen schien.

Das Jahr fing vielversprechend an. Nachdem mein Mann und ich nach einer Trennung wieder zusammenkamen, wurde im April unser drittes Kind geboren. Im Sommer 2017 bekam ich die Zulassung für mein Psychologiestudium. Ich hatte bis dato mehr als ein Jahrzehnt als Rechtsanwaltsfachangestellte gearbeitet. Aus dem Gedanken heraus, dass mein Berufsleben vermutlich noch einige Jahrzehnte andauern würde, fasste ich den Mut, einen Neuanfang in einem Studienfach zu wagen, für das mein Herz aus voller Überzeugung brannte.

Das Leben war nicht rosarot mit Glitzer, aber es war gut. Ich fühlte mich angekommen.

Dann kam die Krebsdiagnose und veränderte alles: äußere Umstände und innere Überzeugungen. Und den Blick auf das, was wirklich wichtig ist.

Nachfolgend finden sich meine datierten Aufzeichnungen in chronologischer Reihenfolge.

Ich fing an, über das Schreiben meine Gedanken zu sortieren, reflektieren und eigene Bewältigungsmechanismen zu suchen und zu finden.

Die Worte sind Momentaufnahmen. Keine sorgsam konstruierten und mit Bedacht gewählten Sätze. Sie sind in den Momenten entstanden, in denen ich so fühlte. Meine Emotionen sind ungefiltert dargestellt. Das Schreiben war mein Filter per se.

Es gibt keine Antwort auf die Frage „Wie soll ich das nur schaffen?“. Jedenfalls keine einfache.

Meine Antwort setzt sich zusammen aus vielen Teilbereichen, unterschiedlichen Momentaufnahmen und detaillierten Einblicken.

Der Weg durch eine lebensbedrohliche Erkrankung ist immer individuell. Das hier ist meiner.

2.

Vorwort

von Susanne Holzapfel

So wie es sich gehört, ist es ein Foto gewesen. Schließlich ist Instagram ursprünglich mal dafür gemacht worden, Bilder zu zeigen und Bilder anzuschauen. Das, von dem ich spreche, ist vom 16. März 2018. Was ich damals gesehen habe: im Hintergrund verschwommen eine junge Frau mit Glatze, die im Vordergrund sehr scharf und kontrastiert zu ihrer sonstigen Erscheinung den Stinkefinger in die Höhe reckt. Ich wusste damals weder, wem diese Geste galt, noch wer die Frau war, die ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, eine Scheißwut auf Wasauchimmer hatte.

Heute sehe ich auf dem Bild meine Freundin, meine Gesprächspartnerin, mein HühnchenausdemEi, mein Mandymäuschen. Ich kenne ihre Krankengeschichte, ich habe von ihr viel gelernt über Brustkrebs und Chemotherapie über Brustamputationen und Bestrahlungen, weiß, wieso Haare ausfallen, habe eine Ahnung bekommen, wie sich ein Chemobrain anfühlt und dem Tod auf einmal ziemlich nahe gegenüberzustehen. Mandy hat mich, eine zunächst vollkommen Fremde, mitgenommen auf ihrem Weg durch ein ihr selbst komplett unbekanntes Terrain.

Auch wenn hunderte von Kilometern uns trennen, war ich dabei, wenn ihr über einen Infusionsschlauch das Heilung versprechende Gift in den Körper gepumpt wurde, wenn sie danach völlig erschlagen zuhause im Bett gelegen und geweint hat, weil diese Quälerei kein Ende nehmen wollte und ja auch niemand sagen konnte, ob am Ende das Victory-Zeichen oder ein Kreuz stehen würde. Wir haben uns jeden Tag geschrieben oder Sprachnachrichten hin- und hergeschickt. Oft habe ich nicht gewusst, was ich ihr Tröstendes hätte sagen können, ohne dabei zu lügen oder ihr etwas vorzumachen. Denn, das war unser Deal von Anfang an: Wir wollten ehrlich miteinander sein. Statt hilfloser Floskeln, die uns beiden einen ziemlich schlechten Geschmack im Mund verursacht hätten, wollten wir alles aussprechen, so wie es war, auch wenn es nicht schön war.

Während dieser ganzen Zeit habe ich eine Frau erlebt, die keine Heldin ist, keine Cancerfighterin in silbernglänzender Rüstung, die ausgestattet mit Löwenmut und Tapferkeitsmedaillen in die Schlacht gezogen und siegreich daraus hervorgegangen ist. Was ich hingegen erlebt habe, war eine junge Mutter, die sich viel mehr Sorgen um ihre drei kleinen Kinder gemacht hat als um sich selbst, eine, die oft das heulende Elend, aber noch öfter die disziplinierte Patientin war, die alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um eine Mutter zu sein, die ihre Kinder beim Großwerden begleiten und ihren Mann bei diesem Job unterstützen kann. Sieht so aus, als wäre ihr das gelungen.

Wobei sie sich immer bewusst war, dass neben ihrem eigenen Engagement und dem der Mediziner eine fette Portion Glück notwendig wäre, um den Krebs nachhaltig aus ihrem Körper zu vertreiben.

Beinahe von Anfang an hat Mandy ihre Krankheits-Erfahrungen über ihren Instagram-Account mit anderen Menschen geteilt, hat sich mit anderen betroffenen Frauen ausgetauscht, Ratschläge und Zuspruch bekommen und weitergegeben. Ich habe auch das begleitet und bin nach wie vor von der Offenheit überwältigt, die Mandy dabei an den Tag gelegt hat. Wahrhaftiger als sie dabei gewesen ist, kann man nicht sein.

Altersmäßig könnte ich Mandys Mutter sein. Trotzdem war sie es, die mich so viel gelehrt hat über das Kranksein, über Krisen, über Krebs und vor allen Dingen über eine Haltung dazu, die ich, sollte ich selbst einmal krank werden, gerne ebenso an den Tag legen würde, wie sie es getan hat.

Über das Glück, das ich empfinde, dass Mandy heute krebsfrei und eines schönen Tages hoffentlich auch wieder rundum gesund sein wird, brauche ich nicht viel zu sagen.

Ich habe die Frau mit dem Stinkefinger längst ganz arg fest in mein Herz geschlossen und mit ihr, ihren Mann und ihre Kinder Marie, Max und Jacob.

Diese Falken-Bande hat in diesem Jahr eine Menge durchgemacht, und weil es so gut ins Bild passt und auch wahr ist, einen Haufen Federn lassen müssen. Dass sie immer noch zusammen lachen, weinen, sich fetzen und miteinander kuscheln gibt mir die Zuversicht, dass diese Familie es wirklich geschafft hat.

Nichts würde ich mir mehr wünschen.

3.

Chatverlauf

[15.12.17, 03:00:58]

Mandy

:

Heute Vormittag habe ich einen Termin zur Mammographie wegen dem Knoten in der Brust.

Mimi

:

Um wieviel Uhr? Ich denk ganz fest an Dich!!!!!

Mandy

:

10:30 habe ich Termin. Danke.

[15.12.17, 13:34:12]

Mandy

:

Ich war bei zwei Ärzten heute. Meine Ärztin hat angefangen zu weinen. Es ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Brustkrebs.

Mimi:

Mir fehlen gerade die Worte... Wie können die Gutartigkeit, oder die Bösartigkeit im MRT feststellen? Musst Du gleich ne Gewebeprobe abgeben? Wo bist Du gerade? Ist Alex bei Dir? Kann ich irgendwas für Euch tun, nee, besser was kann ich für Euch tun? Ich hoffe, Du weißt, dass ich immer für Dich und Euch da bin. Egal wann und um welche Uhrzeit. Ich bin in Gedanken sooooo fest bei Dir und drücke Dich und Euch fest. Ohne Probe kann es doch alles sein, oder?

Mandy:

Die Ärztin hat gleich in der Klinik angerufen.

Die melden sich bei uns. Ich hoffe, der Termin ist noch vor Weihnachten. Die Ärztin hat nach dem Ultraschall gleich noch eine weitere Mammographie gemacht. Die ist wohl sehr erfahren sagt meine Frauenärztin. Es gibt „Wahrscheinlichkeitsskalen“ von 1 bis 5. Bei mir ist es 5. das Höchste. Meine Frauenärztin hat geweint. Und schon die Chemotherapie thematisiert und so. Die Ultraschallbildern sind wohl ziemlich eindeutig.

[19.12.17, 10:44:58]

Mandy

:

Es ist sehr sehr wahrscheinlich Krebs sagt die Oberärztin. Er hat wahrscheinlich schon gestreut. Auch diese Ärztin hat angefangen zu weinen. Morgen MRT. Urlaub sollen wir absagen. Ich soll abstillen.

Mimi

:

Verdammt scheiße. Ich bin für Dich da, egal wann. Warum weinen die Ärzte immer? Scheiße.... Mandy, ich weiß grad gar nicht was sagen, außer dass ich Dir bei dem Kampf so gut helfen will, wie ich nur kann Rotzdreckkacke.

[19.12.17, 19:53:45]

Mandy:

Ich will einfach nur nicht sterben. Von mir aus können sie mir beide Brüste abnehmen. Mir total egal!!! Ich will einfach nicht sterben! Morgen um 08:00 MRT. Donnerstag hoffentlich (wenn Ergebnis da) um 15:00 Gespräch.

Mimi

:

Ich will Dein Versprechen, dass wir zusammen auf s Mera oder irgendein anderes Festival gehen, wenn die Kids ALLE in der Schule sind! Und Versprechen muss man halten. dann trinken wir Bier, tanzen und feiern! Und das Versprechen, dass wir uns gemeinsam über unsere Kinder in der Pubertät aufregen. Auch wenn der Weg steinig und schwer wird. Es ist ein Weg und Du schaffst ihn!!! Du bist ein so starker und besonderer Mensch! Und wenn der Weg geschafft ist, werden wir uns wieder über Pipifax aufregen.

[21.12.17, 16:43:05]

Mandy

:

Es ist Krebs. G3. Besonders schnell wachsend. Besonders aggressiv.

Mimi:

Scheiße. Wurde besprochen, wie es weitergeht? Dann muss schnell was gemacht werden. Scheiße, scheiße, scheiße Ich nehm Dich einfach soooo fest in den Arm.... Ich kann nur sagen, dass ich immer für Dich, Alex und die Kinder da bin.

Mandy

:

Morgen werden Termine gemacht. Tausend Sachen müssen durchgecheckt werden, damit Anfang Januar schnellstmöglich die Chemotherapie beginnen kann. Es kann sein, dass ich sterben werde. Die armen Kinder!

Mimi:

Alle werden mit Dir Kämpfen!!! Die werden alles tun und Du wirst es schaffen!!! Du bist so stark, auch wenn Du schwach bist. Du wirst das Scheiß drecksding bezwingen!!!!!

Mandy

:

Audio weggelassen

Mimi:

Deine Kinder müssen sich nicht erinnern, weil du den Scheißkampf gewinnen wirst!!!!

[27.12.17, 16:40:51]

Mandy

:

Die Ärztin hat gesagt, der Krebs ist G3. Also schnell wachsend. Und dann noch HER2positiv. Das heißt wohl besonders aggressiv. Lymphknoten befallen. Ich werde nicht nur Chemo bekommen, sondern parallel eine „Doppelblockade“-Therapie mit Antikörpern (Herceptin, Pertuzumab). Eher ungünstiger Krankheitsverlauf. Es soll nicht die nächste Tumorkonferenz abgewartet werden, sondern so schnell wie möglich gestartet werden. Morgen OP. Dann fehlt noch der Herzultraschall. Übermorgen Ultraschall Brust, um zu gucken, ob die Tumor-clips richtig sitzen. Vorabgespräch beim Onkologen. Medikamente müssen bestellt und gemischt werden, was laut Ärztin zwischen den Feiertagen wohl schwierig ist (?). Und Knochenszintigrafie machen die die Woche nicht, weil die nicht extra für einen Patienten das Gerät anschmeißen. Vor zwei Wochen war mein Leben noch normal. Ich will mein altes Leben zurück.

[17.01.18, 12:03:16]

Mandy:

Oh Gott, ich sollte mich aus der Öffentlichkeit fernhalten. Vorhin saß ich weinend in der Uni und jetzt weinend im Bus. Ich kann einfach nicht mehr aufhören zu weinen. Ich bin so traurig. Und so verzweifelt. Ich halte das nicht aus.

Mimi:

Das ist in der Situation mehr als verständlich. Es ist einfach so viel und so ungerecht und einfach nur scheiße. Ich glaube so fest daran, dass alles gut wird. Mit allen Gedanken, die ich habe, bin ich überzeugt, dass wir uns nach der beschissenen Zeit wieder über Lapalien aufregen können. Ach Maus, ich drücke Dich so sehr. Ich bin in Gedanken immer bei Dir.

Mandy

:

Danke, dass du für mich da bist.

Mimi

:

Die Chemo wird dich fertig machen, aber den scheiß Krebs wird sie einfach nur platt machen. Es wird vorbei gehen und wir werden zusammen Bier trinken und Torte essen. Auch wenn die nächste Chemo noch bechissener wird. Auch die Zeit geht rum und dann wird das alles nur ne blöde Erinnerung sein.

Mandy

:

Ich komme mir einfach vor wie im falschen Film. Das kann doch alles nicht sein.

Mimi

:

Ich bin soooo überzeugt, dass es wieder gut wird.

[21.02.18, 14:54:39]

Mandy

:

Jetzt habe ich statt zu lernen mir nochmal meine Krankenberichte reingezogen. Es ist einfach ALLES scheiße:

G3-Wachstum

hormon-negativ

invasives, multizentrisches Wachstum

Lymphknoten befallen

HER2positiv

hoher Ki67-wert

mehrere Tumore, die bereits in das Gewebe eingewachsen sind

Einfach ALLES scheiße! Ich habe Studien gelesen, demnach ist meine 5-Jahres-Überlebens-Wahrscheinlichkeit voll im Arsch.

Mimi

:

Ja, es kann so sein, muss aber nicht. Und kein Mensch, keiner weiß, ob er in 10 Jahren noch auf der Erde ist. Kein Mensch weiß, was die Zukunft bringt Uns bleibt, zu leben und zu hoffen. Und das in jedem Fall.

4.

Tagebucheinträge

03.02.2018

#einguterplan

Heute in fünf Jahren möchte ich morgens aufwachen.

Punkt.

Bis hierhin klingt das erstmal nach einem Plan.

Und mein erster Gedanke soll sich nicht um Krankheit drehen.

Ich möchte morgens aufwachen, weil mein Wecker mich aus dem Bett schubst. Oder eines der Kinder. Ich möchte verschlafen ins Bad wanken, auf einem Spielzeug ausrutschen. Mich fragen, warum niemand außer mir das Toilettenpapier nachfüllt.

Mich wundern, warum die Zahnpastatube aussieht als wäre sie explodiert.

Ich möchte Pausenbrote schmieren. Küsschen verteilen. Die ersten Krokusse bestaunen. Mich über die Rechnungen im Briefkasten ärgern. Auf dem Weg zur Arbeit im Radio mitsingen.

Ein ganz normaler Alltag. Mit genau so viel Leben und Liebe wie jetzt. Heute in fünf Jahren.

05.02.2018

#nichtohnemeinemaske

Meine Leukozyten sind dezent im Keller, daher nutze ich zum Rausgehen die Maske gefolgt von Skurrilitäten des Tages:

„Könnten Sie die Maske abnehmen, wenn Sie mit mir sprechen?“

„Ja, wenn Sie eine Maske aufsetzen, wenn Sie mit mir sprechen.“

„Na, erkältet?“

„Nein, Krebs.“

(Ich arbeite an meiner Gesprächsführung.)

08.02.2018

#blöderkackakrebs

„Komm, wir müssen los zur Chemo.“

Ein Satz der noch vor zwei Monaten gar keinen Sinn ergeben hätte.

Und nun bin ich hier:

Chemo Nr. 6. Keine schlauen Sprüche oder viele Worte.

Heute hat mich der Krebs-Blues erwischt.

Was würde mein Mittlerer sagen: „Blöder kacka-pups-Krebs!“ Und recht hat er!

Und weil hier grad alles um mich herum so trostlos wirkt und ich keine Lust habe, die Kamera auf Infusionsschläuche oder traurige Gesichter zu richten:

hier ein Bild von ihm gestern auf dem Spielplatz.

09.02.2018

#nichtmeineschlechtestefrisur

...wenn man auf dem Kopf aussieht wie ein Strauß.

14.02.2018

#aufdienächsten50jahre

Bestes Valentinstagsgeschenk ever ever.

14.02.2018

I am not my disease.

I am not my hair.

I am not what other people think about me.

I am no judgement anybody passed on me.

I am not that compassionate look the other mother gives me.

I am neither a prognosis nor a diagnosis.

I am the footprint I left in the snow this morning when I went out for a walk with the dog and I am the breath in the cool morning air.

I live in every line I have ever written and every conversation I have ever had.

I am every tear I have ever cried and each and every one of my laughter lines around my eyes.

I am the music I felt and danced to.

I am the sparkling eyes of my daughter when we baked a (mostly uneatable) cake.

I am the hand that holds my sons hand at night to help him sleep.

I am the clown that makes my other son chuckle when he is very sad. I am that imperfect woman who is loved by her husband for that.

There are so many things I am not.

And so many things I am.

15.02.2018

#aufdersuchenachoptimismus

#unddannamlebenbleiben

Tadaaa. Wir befinden uns bei Chemo Nr. 7.

Während ich mich routiniert auf meinen Sessel schwinge, beäugt mich schon die Dame neben mir kritisch. „Was, so jung und schon Krebs?!“, sagt sie fast vorwurfsvoll.

Ich säße jetzt auch lieber beim Zahnarzt als hier.

Die heutige Chemo-Runde ist sich außerdem einig: Wir müssen alle sterben! Bevor ich mit in diese pessimistischen Chemo-Stammtischgespräche verfalle, setze ich lieber Kopfhörer auf.

Stichwort noise cancelling. Ansonsten lasse ich mich weiter von der Gefühlswaschmaschine durchschleudern: Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Dankbarkeit, Liebe, Angst, Vertrauen, Neid, Mut, Wut - alles dabei. Und alles ok. Aber scheiße finden darf ich die ganze Sache trotzdem.

19.02.2018

#kindermund

„Mama, das bist du. Du hast zwei Bauchnabel. Und du bist ein liebes Monster. Und du hast Haare. Und einen Zauberstab über deinem Kopf. Das habe ich gemalt, damit deine Brust sich freut.“

22.02.2018

#heutestirbthierniemand

Herzlich willkommen zum heutigen Chemo-Donnerstag.

Auf der rechten Seite können wir aus dem Fenster beobachten, wie draußen das Leben normal weiterläuft.

Zu unserer Linken sehen wir den giftigen Cocktail, der gleich in die Adern fließen wird.

Um uns herum tummeln sich weitere Damen, deren Motivationsgrad von „mit mindestens einem Bein im Grab“ bis „das packen wir doch mit links“ teilweise im Minutentakt wechselt.

Bitte nehmen Sie Platz, setzen Sie Ihre Kopfhörer auf und tauchen Sie ein in die Welt von ablenkender Musik, um dem heutigen Chemo-Klatsch-und-Tratsch-wir-werden-alle-sterben zu entgehen.

In dem Sinne: it’s not your hair that makes you beautiful, it’s your heart!

25.02.2018

#mamadusiehstauswieeinbabyigel

#daslebenistnichtfairabertrotzdemgut

There are laugh lines! Suck on that. Cruel world.

26.02.2018

„Na, was hast du denn?“

„Krebs“

„Nein! Das ist ja furchtbar!“

„Ja, das ist furchtbar.“

„…“

„…“

Smalltalk. Kann ich. Nicht.

Wie sollte ein Außenstehender denn da „richtig“ reagieren? Vor allem dann, wenn ich ihm kaum eine Chance lasse? Ich find`s doch selber auch scheiße.

Bis vor 2,5 Monaten (ich hätte fast Jahre geschrieben, harhar) hatte ich selber keine Berührungspunkte und wusste kaum etwas über dieses Thema.

Daher kann ich sowohl meinen jeweiligen Gesprächspartner als auch mich verstehen, wenn wir uns plötzlich in einem Gespräch befinden, in dem man eigentlich lieber nicht wäre.

Ich möchte daher eine Lanze brechen für diejenigen, die mich im Supermarkt sehen und extra ins andere Regal abbiegen, um einer Konfrontation mit mir aus dem Weg zu gehen. Denn, by the way, es ist nicht nur eine Auseinandersetzung mit meiner Person, sondern auch eine innere Konfrontation mit Themen wie Krankheit und Tod und der eigenen Einstellung dazu. Das ist jetzt nicht gerade ein „Hurra, darüber wollte ich schon immer mal nachdenken“-Thema. Kann ich verstehen.

Ich verstehe die Leute, die sagen „Du bist stark! Das packst du!“ Und wenn ich mir dann (manchmal, nicht immer) denke „Es ist aber kein verficktes Wer-sich-nur-genug-anstrengtder-überlebt-Spiel, verstehe ich auch mich.

Ich habe Verständnis für die Leute, die den Kontakt plötzlich einschlafen lassen.

Oder für diejenigen, die Tränen in den Augen haben, wenn sie mich sehen und kaum ein Wort über die Lippen bekommen.

Oder die Leute, bei denen man die Panik in den Augen aufblitzen sieht „Du hast Brustkrebs? In deinem Alter? Und in eurer Familie gab es das vorher noch nie? Aber du hast doch drei Kinder gestillt…“. (jap, hab ich)

Da ist mein Vater. Der bei Übermittlung der Diagnose lachte und mit einer wegwischenden Geste meinte „Alles wird gut, Mandy“. Und da ist meine Mutter, die sich erstmal einen Schnaps eingoss.

Da ist meine Tochter, die, wenn ich sterbe, mitsterben möchte und alle ihre Kuscheltiere mit im Sarg haben will (an dieser Stelle kann man sich das Geräusch meines brechenden Herzens dazudenken).

Teil 2 folgt:

26.02.2018

#hopeistheonlythingstrongerthanfear

Teil 2...

Da ist mein Mittlerer, der meiner Brust fleißig schöne Bilder malt.

Und dann sind da die Leute, die sich mit mir auf den Boden setzen und sagen: „Das ist eine verfickte Drecksscheiße! Aber du musst durch diese Hölle nicht alleine gehen.“

Und mein Mann. Der Schatz! Derjenige, der erst zwei Stunden unseren Jüngsten in den Schlaf schaukelt und sich dann nachts um 03:00 von mir sein T-Shirt vollheulen lässt.

Und die Moral von der Geschicht: Die gibt es nicht. Und das Ende ist auch noch offen.

01.03.2018

#aufgehtszurchemonr9

# bildpasstnichtzumtextistaberwitzig

„Danke für diesen schönen Morgen,...“ summt die 5-Jährige heut früh in ihrem Bett. Der Kleinste brabbelt augenreibend vor sich hin und der Mittlere ist noch zu müde, um sein 3-jähriges-Diktator-Ich voll raushängen zu lassen.

Ich liege noch im Bett, weil ich mich nicht entscheiden kann, ob ich den Magenkrämpfen mehr Aufmerksamkeit widmen soll oder dem Pochen in meinem Kopf. Seit gestern tut auch noch mein Mund weh, als hätte ich ihn mir verbrannt, und ich habe eine Art Phantomschmerz an der Stelle, wo sich mal die Haare befanden (WTF?!).

Mein Mann hat Augenringe bis unter die Knie, müsste sich mal wieder rasieren und bemüht sich, nicht über den Wäschekorb zu stolpern, während er ein Fläschchen warm machen geht. Ich muss mich gar nicht erst erkundigen, wie oft er die Nacht für die Kinder aufgestanden ist. Ich sehe es ihm an. Oft.

Jeder fragt ihn plötzlich immer, wie es mir geht. Kaum noch einer, wie es ihm geht.

„Das ist jetzt also unser unser Leben?“, frage ich ihn. „Ja“, sagt er und sieht mich mit einem so warmen Blick an. Nicht, weil wir es so wollten. Nicht, weil irgendwer schuld ist. Sondern weil es einfach so ist wie es ist. Ich habe mit dieser Krankheit einfach Pech gehabt. Und mit meiner Familie ganz viel Glück.

04.03.2018

#mamakönnenwirdeinenkopfalsostereibemalen

#aberklardoch

„I’m feeling sick and tired.” „Das liegt an dem hochkonzentrierten Gift, das du gerade bekommst, mein Schatz.“ Den Humor bei uns muss man mögen. Oder eben nicht.

Eine Bekannte erkundigte sich heute, wie mein Mann denn mit meinem Haarverlust zurecht käme (er wird es überleben, nehme ich an?).

Und dann hätten wir heute noch die Frau, die mich fragte, ob ich aufgrund der Chemo denn tatsächlich abstillen musste. Ich hätte doch bestimmt auch weiterstillen können (ähm. no way).

Ich habe einige wirklich interessante Gespräche über Leben und Tod im tatsächlichen Sinne geführt. Und ich habe mich über Themen wie Glatzenpflege, Fingernagelerhalt und „wie zum Teufel kriege ich die Krankenkasse dazu, mir die für Juni geplante OP im empfohlenen Umfang zu genehmigen?“ unterhalten.

Ah. Und die Stunde, die ich im Bad verbrachte. Mit einer Milchschnitte hatte mein Magen wohl nicht gerechnet und war prompt überfordert.

Jetzt liege ich gerade neben unserem Jüngsten zum Händchenhalten. Eigentlich soll er schlafen. Stattdessen murmelt er verschwörungsmäßig vor sich hin und reicht mir seine Schnuller durch die Gitterstäbe. Normalität und Wahnsinn.

Alles in Allem also ein ganz normaler Sonntag.

06.03.2018

#Depridienstag

„No hair today, my love has gone away..“ – noch jemand hier, der Songtexte situationsbezogen umdichtet und als Ohrwurm benutzt?

Eigentlich wollte ich eine lustige Geschichte darüber schreiben, wie mein Onkologe meine Brust als Luftballon bezeichnet hat, bei welchem man nach dem Abstillen sinnbildlich mit einer Nadel reingestochen und die Luft rausgelassen hat. Und wie er davon sprach, dass die Pathologie meine Brust „in viele schöne Streifen“ schneiden wird. Und ich wollte betonen, wie cool ich bin, weil ich seinen Humor tatsächlich teile.

Aber dann liefen mir beim Schreiben die Tränen. Und ich frage mich WAS ZUR HÖLLE IST

SCHIEFGELAUFEN, dass ich diesen kack Krebs bekommen habe? Gott? Karma? Schicksal?

Ich glaube die Antwort lautet: Ich habe einfach Pech gehabt. Und das ist schwierig zu akzeptieren. Dass es keinen Grund gibt. Und dann sitze ich hier mit der ganzen Wut und der Verzweiflung im Bauch. Und ich kann nichts anderes tun, als aus- und einatmen und die Situation so zu lassen wie sie ist.

Mit allen Problemen im Leben bisher bin ich selber fertig geworden. Weil es in meiner Hand lag Situationen zu beeinflussen. Jetzt fühle ich mich machtlos. Weil es eben nicht mehr in meiner Hand liegt. Und worauf soll ich vertrauen, wenn ich an keinen Gott glaube?

Statt einem weiteren Glatzenfoto gibt es jetzt ein Lachfaltenfoto. So!

07.03.2018

#kuscheltiertagrocks

„Nur noch zwei Tage.“ Die Augen meiner Tochter strahlen mich an und sie presst aufgeregt ihre Hände aneinander. „Dann ist Kuscheltiertag im Kindergarten“, was nichts anderes bedeutet, als dass die Kinder an diesem Tag ihr Kuscheltier mit in die Kita nehmen können. Whoohooo. Nichtsdestotrotz war ich ganz gerührt, dass meine Tochter sich über diese Banalität so freuen kann.

Und dann habe ich darüber nachgedacht. Es ist gar keine Banalität für sie. Ich selber habe die Einordnung in „Äh, schön für dich, aber erwachsen gesehen ist das irgendwie pillepalle“ vorgenommen.

Und ich habe wieder gemerkt, wie viel ich von meinen Kindern lernen kann. Und wie wertvoll ihre kindliche Freude und Achtsamkeit ist. „Hey Mama, guck mal. Gestern war die Blume noch kleiner und jetzt ist sie gewachsen.“

DANKE. Danke, dass ihr mich auf die Dinge aufmerksam macht, die ich sonst übersehen würde. Auf die vermeintlich kleinen Dinge, die eigentlich gar nicht klein sind, sondern in ihrer Summe das Leben bedeuten. Danke, dass ihr mich darauf hinweist, was für schöne Steine eigentlich am Wegesrand liegen. Danke, dass ihr mich daran erinnert, wie wichtig es ist zu spielen. Wie wichtig es ist, die eigenen Gefühle in der vollen Bandbreite auszuleben. Und danke, dass ihr nicht müde werdet, mich täglich an all dies zu erinnern, wenn ich es wieder einmal vergessen habe.

08.03.2018

#aberdaskanndochjederlesen

#jasolljaauchsosein

„Warum schreibst du deine Gedanken öffentlich auf?“ Weil sie raus müssen. Weil sie einsam in meinem Kopf zu schwer sind.

Weil ich mich vernetzen möchte. Weil ich Leute in ähnlichen Situationen kennenlernen möchte. Leute, die mich mit ihrer Sicht auf die Dinge bereichern oder inspirieren. Oder zum Lachen bringen. Oder zum Weinen.

Weil mich das Schreiben dazu anregt, angefangene Gedanken zu Ende zu denken und auf den Punkt zu bringen. Das hilft mir.

Vielleicht auch ein wenig, weil ich verstanden werden möchte. Weil ich gehört werden möchte.

Ich bin nicht nur der Mythos Krebs. Ich bin so viel mehr.

Ich liege nicht in einem dunklen Zimmer und verstecke mich vor der Welt. Ich habe so viel Leben in mir. Das möchte ich zeigen. Und vielleicht auch durch das Geschriebene konservieren, nur für den Fall, den ich jetzt nicht zu Ende denken mag.

Es geht mir nicht darum zu gefallen. Ich gefalle mir nämlich schon selber ganz gut. Meistens zumindest. Ich schreibe für mich. Und hoffe dabei auch, dass es irgendjemanden berührt. Dass irgendwer durch irgendeines meiner Worte auch neue Impulse erhält.

Achtsamkeit und Dankbarkeit waren schon vor der Erkrankung in meinem Alltag integriert. Aber vielleicht habe ich nun unfreiwillig einen schärferen Blick auf das Leben erlangt. Sich einzugestehen, dass das Leben endlich ist, ist schwer. Für jeden.