Und dann das Leben leben - Mandy Falke - E-Book

Und dann das Leben leben E-Book

Mandy Falke

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Beschreibung

Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade eine lebensbedrohliche Erkrankung hinter sich, wissen immer noch nicht, ob Sie diese überleben und Ihre einzigen Verbündeten wären ein Haufen Bücher von mystischen Weisen und ein Schamane, der sagt: "Das Leben hat keinen Sinn." Und Sie? Sie finden das irgendwie befreiend. In diesem Buch nimmt Sie die Autorin mit auf ihre ungewöhnliche Reise voller Tiefsinn und gelegentlichem Unsinn. Von Trommelseminaren bis hin zu Nacktbaden mit wildfremden Frauen - sie hat alles ausprobiert, um die großen Fragen des Lebens zu beantworten. Und, Spoiler Alert, es gibt keine festen Antworten. Und das ist okay. Mit Humor und Herz teilt die Autorin ihre Aha-Momente und Tiefpunkte und zeigt, dass es in Ordnung ist, verwirrt zu sein und Fehler zu machen. Denn genau das macht uns menschlich. Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an das Leben in all seinen Formen, mit all seinen Höhen und Tiefen, und an das Wunder des Menschseins. Dieses Buch ist mehr als nur eine Sammlung von Gedanken und Erlebnissen. Es ist eine ehrliche, unverblümte Chronik aus den Jahren 2019 bis 2022, festgehalten in persönlichen Aufzeichnungen der Autorin. Jedes Wort stammt aus einem echten Moment, einer echten Emotion, einer echten Erfahrung. Es ist das ehrliche, rohe Bild einer Frau, die durch Herausforderungen, Entdeckungen und Transformationen navigiert und dabei ihr tiefstes Selbst enthüllt.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

01.11.2018

02.11.2018

02.11.2018

10.11.2018

11.11.2018

12.11.2018

14.11.2018

18.11.2018

21.11.2018

28.11.2018

30.11.2018

02.12.2018

03.12.2018

05.12.2018

06.12.2018

12.12.2018

13.12.2018

18.12.2018

21.12.2018

23.12.2018

28.12.2018

01.01.2019

02.01.2019

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11.01.2019

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07.04.2019

09.04.2019

11.04.2019

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18.04.2019

22.04.2019

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04.05.2019

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14.06.2019

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26.06.2019

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28.06.2019

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01.10.2019

11.10.2019

11.10.2019

13.10.2019

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16.10.2019

17.10.2019

18.10.2019

19.10.2019

20.10.2019

20.10.2019

21.10.2019

22.10.2019

23.10.2019

25.10.2019

27.10.2019

01.11.2019

01.11.2019

02.11.2019

03.11.2019

06.11.2019

07.11.2019

11.11.2019

13.11.2019

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26.11.2019

26.11.2019

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31.12.2019

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12.02.2020

13.02.2020

6.02.2020

20.02.2020: (Mitte Januar)

20.02.2020

20.02.2020

21.02.2020

22.02.2020

22.02.2020

25.02.2020

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7. SEPTEMBER 2021

12. SEPTEMBER 2021

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18. DEZEMBER 2021

24. DEZEMBER 2021

7. Januar 2022

8. Januar 2022

12. Januar 2022

11. Februar 2022

11. Juli 2022

4. September 2022

4. Oktober 2022

10. Dezember 2022

Januar 2023

Einleitung

Als ich mit einer lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert wurde, begann ich, mir Fragen zu stellen, die so tief waren, dass sie den Marianengraben neidisch machen könnten: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Und wer ist der Architekt dieser verwirrenden Existenz?

Ich stürzte mich in die Schriften von Krishnamurti, Eckhart Tolle und Osho, diesen Denkern, die sich dem Mystischen und der Suche nach dem Kern des Menschseins gewidmet haben. Wenn es eine Antwort auf meine Fragen gäbe, müsste sie sich nicht irgendwo hier finden lassen?

Ich experimentierte mit Meditationen, tanzte Trance-Tänze und tauchte tief in die Welt der traditionellen Heilkunst ein. Ich wurde das lebende Modell für ein Aktgemälde, erkundete das Leben in einem Ökodorf und beschäftigte mich mit so weitreichenden Themen wie dem Universum, der Quantenphysik und verschiedensten spirituellen Konzepten.

Stundenlang redete ich mit einem Meditationsmeister, traf mich mit Menschen, die den konventionellen Lebensentwürfen den Rücken gekehrt hatten, schwamm mit tausenden Frauen nackt in Irland im Meer und mit einer Handvoll Frauen nackig im kalten November in der Ostsee.

Ich nahm an Trommelseminaren teil, begann mich für Natur und Kräuterheilkunde zu interessieren und für Psychologie, die weit über das hinausging, was in den Lehrbüchern meines Psychologiestudiums stand.

Ich ging dabei bis an den Rand meines Verstandes und darüber hinaus und kam irgendwann zu dem Schluss, dass sich mit Wissenschaft allein nur ein Bruchteil dieser Welt erklären lassen kann, aber nicht der eigentliche Kern. Die wirklich wesentlichen Fragen können wir uns offenbar nur selbst beantworten und eine starre Antwort scheint es nicht zu geben.

Einmal, es ist wohl knapp vier Jahre her, nahm ich an einem schamanischen Seminar teil. Beim anschließenden Integrationskreis teilte ich meine Erfahrung: „Die Welt scheint ja absolut sinnlos zu sein. Es hat alles keinen Sinn“, befand ich resigniert.

Der Schamane sah mir fest in die Augen und antwortete „Ja, du hast recht. Das Leben hat keinen Sinn.“

Erst einige Zeit später erkannte ich die Freiheit, die sich hinter seinen Worten verbirgt: Wenn das Leben keinen Sinn per se hat, sind wir Menschen frei, den Sinn selbst zu definieren und zu leben.

Es kamen Leute in mein Leben, die noch vor wenigen Jahren nicht zu mir gepasst hätten. Und es gingen Leute, die eine Zeit lang mein Leben ungemein bereichert haben (und ich habe die Hoffnung, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht) und die nun andere Wege einschlugen. Ich habe gelernt zuzulassen, dass mich beides berühren darf: Die gemeinsame Zeit mit Menschen und das Loslassen, wenn diese Zeit endet.

Dieses Buch handelt von dieser inneren Wandlung. Diese Reise, die ich als Suchende begann und weiterführe und auf der mir so verdammt viel über mich, meine Mitmenschen und das Leben bewusst geworden ist.

Ich habe das Schreiben als therapeutisches Werkzeug angesehen, welches mir dabei half, mich nicht zu verlieren. Und ich habe geschrieben, um meinen Kindern Worte mitzugeben, die auch dann noch bestehen bleiben, wenn ich vielleicht nicht mehr auf dieser Welt bin.

Oft richte ich mich mit meinen Worten direkt an meine Kinder und auch wenn es nur Tinte auf Papier zu sein scheint, so steckt doch mein ganzes Herz darin. Mir war Authentizität wichtig und so entspricht alles, was ich schrieb, exakt dem, wie ich es zum jeweiligen Zeitpunkt empfand.

Zuerst wollte ich diese Texte veröffentlichen, dann wieder nicht und schließlich – nun ja, das Ergebnis hält derjenige, der es hier liest, nun in den Händen.

Ich weiß nicht, ob jemand diese Worte hier tatsächlich liest. Das macht das irgendwie auch spannend:

Wenn man Worte in die Welt entlässt, weiß man nicht, was mit ihnen passiert. Vielleicht liest jemand hier drin und findet etwas, was ihn berührt oder was ihn schmerzt. Damit meine ich diese gute Art von Schmerz. Diese Art von Schmerz, die aussagt „Ich wusste schon immer, dass du in mir wohnst. Schön, dich endlich mal kennenzulernen.“

Für mich war der Prozess des Schreibens bedeutsam. Manchmal sage ich, ich hätte mich über das Schreiben selbst gefunden. Mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich glaube, das Mensch-Sein und das „zu sich selbst finden“ ist ein lebenslanger Prozess und wir können immer nur zurückblicken und sagen „ja ja, heute bin ich viel schlauer als damals“ und dann glauben wir vielleicht unseren Worten und klopfen uns heimlich auf die Schulter, um fünf Jahre später alles wieder ganz anders zu betrachten.

Manchmal wurde ich gefragt, warum ich Privates öffentlich mache. Es ist spannend, wie hier jeder Mensch anders ist. Ich habe mir immer gedacht „Warum nicht?“. Mache ich mich damit verletzbarer? Ich glaube nicht. Ich glaube vielmehr, die Stärke eines jeden Menschen findet sich genau dort: In seinen Schwachstellen, seinen Unvollkommenheiten, dort, wo er mit sich hadert und auch dort, wo er auf andere angewiesen ist.

Ich widme die Texte allen, die nach etwas suchen – und Gott, ich kann es so gut verstehen. Wie oft stand ich morgens auf und dachte mir „Hallo Leben, ich hätte da mal ein paar Fragen“. Und dann geht man raus und findet Antworten, die nicht auf die Fragen passen, verwirft die Fragen, kommt vollkommen durcheinander und am Ende entsteht das, was man „seine Geschichte“ nennen könnte. Subjektiv, einseitig, unvollständig und so voller Leben.

Oh, der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt: Dieses Buch hatte keinen Lektor. Oder Korrektor. Es wird auch nicht zu kommerziellen Zwecken verkauft - mein Gott, es ist im Grunde mein Tagebuch in Buchform und wird nur zum Selbstkostenpreis vertrieben.

Es finden sich sicher Fehler. Rechtschreibfehler, Grammatikfehler, Logiklöcher oder die normalen Irrtümer des Lebens, die ich an dieser Stelle aber nicht Fehler, sondern Lernaufgaben nennen möchte. Nein, das ist auch doof. Ich nenne sie „Momentan-Wahrheiten“. Etwas, was sich mal wahr anfühlte, irgendwann später aber vielleicht nicht mehr. Ein wunderbares Wort, wie ich finde.

Für Marie, Max und Jacob.

Kein einziges Wort würde ohne euch hier stehen.

01.11.2018:

Am Bahnhof steigt ein ganzer Schwung junger Frauen aus, die allesamt eine Kurzhaarfrisur haben. Mit drei von ihnen teilen wir uns ein Großraumtaxi, was uns zur Rehaklinik bringen soll.

Aus dem Radio singt eine Stimme „the dreams we had...“ und ich erinnere mich an all die Träume und Pläne, die ich im letzten Jahr wegen dem Krebs aufgeben musste. Ich werde melancholisch und irrsinnigerweise ein wenig wütend darüber, dass wir alle mit Frisuren herumlaufen, die wir uns vermutlich nicht freiwillig ausgesucht hätten. Es geht mir dabei nicht um Haare, sondern darum, dass einem die freie Entscheidung betreffend der Gestaltung so vieler Lebensbereiche genommen wurde.

Deutlich nach dem Abendbrot gehe ich mit den Kindern zum zweiten Mal heute ans Meer. Es ist stockfinster, die Wellen sind lauter als tagsüber und der Geruch der See intensiver.

Ich überlege, wann ich das letzte mal bei Dunkelheit am Meer war, erinnere mich nicht und komme daher zu dem Schluss, dass es schon viel zu lange her sein muss.

Der Wind ist angenehm, der Strand menschenleer und die Wellen schwappen über unsere Füße während wir überlegen, ob es sich weiter hinten am Horizont um Sterne oder Lichter von Schiffen handelt.

Die Luft ist frisch und ich spüre rechts und links die Wärme zweier Kinderhände im Körper und im Herzen. Und die Träne, die mir über das Gesicht läuft, weine ich jetzt weder aus Trauer noch aus Wut.

#thedreamswehad

#theloveweshared

#thisiswhatwearewaitingfor

02.11.2018:

Unser Gepäck hat uns auch an Tag 3 der Reha aufgrund eines Planungsfehlers seitens der Bahn noch nicht erreicht. Keine Matsch-, Wechsel- oder Schwimmsachen und auch meine Medikamente befinden sich in unseren Koffern, die aktuell irgendwo bei Hamburg auf nicht näher lokalisierbaren Lieferwagen lagern.

Ich tippe nach erfolglosen Telefonaten, in denen sich niemand zuständig fühlte, eine bitterböse Beschwerdemail, wobei es schwierig ist, die Wut richtig zu platzieren, da sie sich nicht gegen ein Individuum, sondern ein eher abstraktes Kollektiv richtet.

Ist es klug, sich über etwas aufzuregen, was langfristig gesehen keine Relevanz besitzt? Wird dieses Problem in einer Woche, einem Monat oder gar einem Jahr noch irgendeine Rolle spielen?

definitely not.

Manchmal habe ich den Anspruch an mich, ist sollte nach meiner Erkrankung doch in der Lage sein, alles mehr aus einer Metaebene heraus betrachten zu können und bin dann frustriert, wenn vermeintliche Banalitäten des Lebens meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Es ist vielleicht nicht klug, sich über etwas aufzuregen, was man nicht beeinflussen kann. Aber ich denke, es ist sehr menschlich.

Und jetzt werde ich beim Frühstück mal in die Runde fragen, ob uns jemand Schlüppies und Socken ausleihen kann.

(das Bild hängt hier im Treppenhausflur)

#fürIhreLeidensfähigkeitdankenwirspontan

#senkjuforträvelingwithDeutscheBahn

#WiseGuys

02.11.2018:

Heute morgen lief ich am Meer und machte dieses Foto, während die Sonne aufging. Ich stand am Strand, mein Herz schlug von einem anstrengenden Sprint durch die Dünen und ich hörte die durch mich aufgescheuchten Möwen wegfliegen.

Sind Momente eigentlich automatisch perfekter, nur weil das Meer in der Nähe ist?

Wir sammelten nachmittags Muscheln und viele Steine, die durch das Wasser geschliffene Formen hatten. Nun liegen die Kinder nebenan in ihren Betten. Ich höre, wie sie sich Geschichten erzählen, die an Handlung und Sinn wirr erscheinen, sie sich aber gegenseitig ständig deren Unterhaltsamkeit versichern und lautstark kichern.

Vorhin waren wir auf dem Balkon und haben Sterne beobachtet und konnten unseren kalten Atem sehen. „Immer wenn ihr die Sterne anguckt, werde ich an euch denken. Immer, egal wo ich bin!“ sage ich den Beiden. Sie verstehen es als übliche Liebesbekundung und nicht als das, was sich mein Kopf da gerade zurechtspann, als er diese Worte aussprach. Verhangene Gedanken, die sich ab und zu, aber immer seltener, einfach einschleichen.

Unser Gepäck kam vor wenigen Stunden an und somit wird uns morgen nichts davon abhalten, Matschburgen zu bauen und Schlammgräben zu buddeln.

#suchnachSicherheiten

#dochauchwennesdichverletzt

#alleswaswirhabenistdasJetzt

#undhierindiesemMomentganzklar

#vereintsichalles

#wasbishergetrenntwar

#unddusiehstdubistimParadies

#undhältstdochanderHöllefest

#fürimmerwenndujetztnichtloslässt

#ThomasD

10.11.2018:

THIS.

Unsere Körper fokussieren sich darauf Endorphine auszuschütten, so dass wir hinterher nicht mehr sagen können, ob das Meerwasser im November oder die Luft draußen kälter war.

Wir suchen nach Filmtiteln, deren Plakat wir schmücken könnten. Unser Favorit ist: „Den Krebs zurück ins Meer bringen“.

Die Kinder haben das hauseigene Labyrinth aus verschiedenen Stockwerken und verwinkelten Gängen mittlerweile verinnerlicht und bewegen sich zwischen Schwimmbad, Speisesaal und Zimmer ihrer Spielfreunde zielgerichtet hin und her.

Nach einer guten Woche sind wir innerlich angekommen, kennen die meisten anderen Familien, haben die Umgebung erkundet und überlegen uns abends gemeinsam, was heute besonders schön war und worauf wir uns morgen am meisten freuen.

Manchmal bin ich ängstlich, manchmal genervt und noch viel öfter zufrieden.

#wasimmerDuauchLebennennst

#istSehnsuchtdieimKörperbrennt

#JupiterJones

11.11.2018:

Bevor wir an den Strand gehen, fällt mir beim Blättern in der Lokalzeitung eine bewegende Traueranzeige einer jungen Mutter, welche an Krebs starb und zwei Kinder hinterlässt, ins Auge. Um meinen Brustkorb herum spüre ich eine erdrückende und atemraubende Enge. Albträume werden manchmal wahr, denke ich und bin dankbar, dass meine Kinder just in diesem Moment einen Streit anfangen, der meine volle Aufmerksamkeit benötigt.

Laut Zählung meiner Tochter befinden sich in dem Ferienhaus mit gläserner Vorderfront, an dem wir vorbeigehen, 15 separate Wohnungen. Die meisten sind nicht bewohnt oder zumindest unbeleuchtet. In vier der Wohnungen brennt Licht und wir können die Menschen dort bei dem beobachten, was ihr Leben im jetzigen Moment ausmacht. Ich würde mir am liebsten eine Bank vor diesen Gebäudekomplex stellen, weil Menschen in unbeobachteten Augenblicken wohl größtmögliche Authentizität ausstrahlen und gerade nicht versuchen, sich an Menschen oder Situationen künstlich anzupassen.

Neben diesem großen Gebäude steht ein einzelnes, imposantes Haus. Vor dessen Eingangstür befindet sich ein Sockel, auf dem eine rot-gestreifte Katze mit hoch erhobenen Kopf sitzt und es entsteht der Eindruck, das Haus, samt allem was dazu gehört, wurde eigens für die thronende Katze um diese herum gebaut.

Einige hundert Meter weiter setzen wir uns in eine Bäckerei. Die goldenen Perlen meines Riesendominosteines teile ich - unter Beobachtung zweier kritischer Augenpaare - fair zwischen den Kindern auf.

Wir gehen bei Nieselregen und frühabendlicher Dunkelheit zurück in die Klinik. Der Radweg wird von Straßenlaternen beleuchtet, wodurch die Regentropfen besonders eindrucksvoll aussehen.

Meine Tochter will stehenbleiben, um die Lautstärke des fallenden Regens besser hören zu können. Zuerst bin ich genervt über diese Unterbrechung unseres Weges, dann aber stelle ich fest, wie beruhigend sich die auf den Boden fallenden Tropfen anhören.

Ich halte in jeder Hand eine Kinderhand und wir singen „Eine Tante aus Marokko“, wobei jeder eigene Interpretationen zum Besten gibt.

#fürmichistgesternwertlos

#undmorgenganzegal

#solangedumirversprichst

#dassdumichhaltenkannst

#ToteHosen

12.11.2018:

Im etwa 20qm kleinen Spielzimmer turnen um uns herum unsere Kinder, obwohl schon längst Schlafenszeit sein sollte. Zwischen lauten Freudenschreien, fallenden Bausteinen und einigen Tobsuchtsanfällen einzelner Kinder zeigen wir uns gegenseitig Fotos aus unserer Phase ohne Haare. Und aus der Zeit davor, in der wir noch die Frisur hatten, für die wir uns einmal in einem anderen Leben entschieden hatten und die wir heute nicht mehr haben.

Wir erzählen einander Geschichten, die uns zustimmend nicken lassen und die uns gleichzeitig die Tränen in die Augen treiben. Vor Mitgefühl, Verständnis und immer noch voller Staunen darüber, dass das statistisch Unwahrscheinliche uns tatsächlich getroffen hat. Und vor Dankbarkeit, dass wir nun heute hier lebendig sitzen dürfen.

Jedes Schicksal ist so individuell und jeder persönliche Umgang damit anders. Und trotzdem eint uns nicht nur die Krankheit und die Tatsache, dass wir alle kleine Kinder haben, sondern auch unser Mitgefühl füreinander und die Fähigkeit gemeinsam lachen zu können. Über all das, was eigentlich nicht zum Lachen ist, sich aber so wesentlich leichter ertragen lässt.

#leanonme

#whenyourenotstrong

#andIllbeyourfriend

#Illhelpyoucarryon

#BillWithers

14.11.2018:

Ich habe den Laternenstab meiner Tochter mit Tesafilm geklebt und freue mich, dass das Provisorium zu halten scheint. Wir kommen gerade von ihrem Schwimmkurs und beeilen uns, noch rechtzeitig zum Lagerfeuer zu kommen. Tatsächlich können wir auch noch zwei auf dem Grill viel zu dunkel gewordene Bratwürstchen abstauben, die wir auf die Hand nehmen, da der Laternenumzug bereits beginnt.

Der Umzug, der von einer Blaskapelle begleitet wird, führt am Strand entlang. Mein Sohn singt inbrünstig Laternenlieder und trifft dabei Töne, die ich noch nicht mal im Repertoire meiner Stimme habe.

Es ist dunkel und wir sehen ein beleuchtetes Kreuzfahrtschiff auf dem Meer. Ich frage mich, wohin die Leute wohl fahren, ob sie gerade auch aufs Meer schauen, welche Gedanken sie fesseln und ob sie wohl glücklich sind. Vor einiger Zeit hätte ich Glück vermutlich als einen Zustand, der die Abwesenheit von Problemen bedingt, definiert. Heute denke ich, dass Glück nicht das Nichtvorhandensein von negativen Gefühlen bedeuten muss, sondern das Überwiegen der guten.

Es sind keine Sterne zu sehen, weil der Himmel bewölkt ist, aber es leuchten unzählige Laternen der Kinder, für die dieser Umzug vermutlich noch Jahre später erinnerlich sein wird. Das nehme ich deshalb an, weil auch ich mich an die Laternenumzüge meiner Kindheit erinnere, an deren Ende es immer leckere süße Brezeln gab, die man sich an einer Schnur um den Hals hängen konnte.

Es gelingt mir nicht oft, wirklich im Hier und Jetzt zu sein ohne mir parallel Sorgen um die Zukunft zu machen. Aber trotz dass diese Gedanken mich auch auf diesem Umzug begleiten, ist der dominierende Gedanke „Gott, ist das Leben schön!“

Das Möwenfoto haben wir am Strand gemacht kurz bevor eine der Möwen sich das komplette Brötchen meines Sohnes schnappte und er mit einem lautstarken Wutanfall darauf reagierte.

Meine Kinder und die Möwen halten seitdem einen respektvollen Sicherheitsabstand zueinander.

#Ihavetoturnmyheaduntilmydarknessgoes

#PaintItBlack

#RollingStones

18.11.2018:

Ich werde wie jeden Reha-Morgen vor den Kindern wach und rekapituliere die hinter mir liegende Nacht. Jeder Traum in den vergangenen drei Wochen handelte vom Krebs. Man kann es sicher als Verarbeitungsmechanismus bezeichnen und meistens sind es Träume, in denen ich weiterleben darf.

Unsere Zeit hier wird in einigen Tagen zu Ende gehen und meine Tochter äußert den Wunsch, bald schon wieder verreisen zu wollen. „Diesmal möchte ich zu den Häusern mit den spitzen Dächern, in denen in Toilettenpapier eingewickelte Menschen liegen, die manchmal geklaut wurden“. Ihr Interesse für Ägypten hat sie von meinem Mann übernommen, dessen Augen bei Schilderungen seiner Eindrücke von Pyramiden regelmäßig zu glänzen anfangen und mich dies jedes Mal berührt, aber meine eigene Motivation jemals vor so einem Bauwerk stehen zu wollen, sich dennoch stark in Grenzen hält.

Während ich hier noch liege und über ferne Urlaubswünsche meiner Tochter schreibe, bekomme ich eine Nachricht von einer Freundin, die mir mitteilt, dass es einer lieben Bekannten nicht gut geht. Sie hat metastasierten Brustkrebs und die Behandlungen schlagen nicht mehr an. Ich weiß, was das bedeutet und fange an zu weinen.

Das Foto stammt aus dem gestrigen Trommelseminar. Nach 10 Minuten mussten wir gehen, weil es meinen Kindern zu viel wurde. Stattdessen hielten wir uns in einem Spielzimmer auf und ich saß vor mich hin grummelnd in der Ecke, weil ich das Trommeln bewegend fand und gerne weiter teilgenommen hätte.

Plötzlich höre ich einen grellen Schrei meiner Tochter, der sich von den üblichen Geschwisterstreitgeräuschen unterscheidet und mich sofort aufspringen lässt. Sie ist gestolpert und mit dem Hals auf der Rutsche aufgeschlagen. Ich halte meine wimmernde Tochter im Arm und jedwede Relation ist wieder gerade gerückt. Alles was zählt, ist meine Tochter zu trösten. Sie beruhigt sich und ich danke dem Universum für die vielen Schutzengel, die meine Kinder begleiten und hoffentlich immer weiter begleiten werden.

Als wir anschließend wieder an dem Trommelgruppenraum vorbeikommen, wird dort gerade „Halleluja“ gesungen. Wir bleiben an der Türschwelle stehen und lauschen.

#andeverybreathwedrewwas

#Hallelujah

21.11.2018:

Wir verlassen heute diesen schönen Ort, an dem die Bäume mittlerweile beinahe alle Blätter verloren haben und Bauarbeiter einen mehrere Meter großen Tannenbaum an der Promenade aufstellen.

Ich habe mich an den Wind am Meer gewöhnt und mag den Geruch nach Glühwein, den man hier und da wahrnehmen kann.

Meine Kinder fanden unseren Aufenthalt „sehr gut“ und die täglichen Spaziergänge am Meer „so mittelgut“. Mein Rucksack für die Heimreise ist deshalb so schwer, weil ich viele gesammelte Steine für meine Kinder transportiere.

Gestern Abend bekam meine Tochter am Ende ihres Schwimmkurses ihr Seepferdchen. Zuvor habe ich schon oft Mütter erlebt, die stolz vom Schwimmabzeichen ihrer Kinder berichteten und hielt dies insgeheim manchmal für etwas überzogen. Nun kann ich es nachvollziehen, denn meine noch vor drei Wochen nicht schwimmende Tochter sprang gestern kopfüber vom Beckenrand, tauchte euphorisch nach einem Reifen und schwamm angestrengt, aber mit so viel Stolz in ihren Augen durch das gesamte Becken. Sie bekam nicht nur das Seepferdchen überreicht, sondern auch die Message, dass es sich lohnt sich für etwas anzustrengen, für das man brennt. Und das trifft natürlich nicht immer im Leben zu, aber es entspricht der Vorstellung einer gerechten und harmonischen Welt doch in einem so schönen Maß.

Die Mütter um mich herum schluchzten ebenfalls, als sie ihre Kinder ihr Schwimmabzeichen vor den Körper hielten ließen, um Erinnerungsfotos für die Väter und die Zukunft zu schießen.

Im Resümee betrachtet war das Jahr 2018 das schlimmste Jahr meines Lebens. Und so sehr ich mich auch sträube, einer weiterhin lebensbedrohenden und heimtückischen Krankheit etwas Positives abzugewinnen, so kann ich doch sagen, dass ich in diesem Jahr Gefühle in einer Intensität (in alle Seiten ausschlagend) wahrgenommen habe, die mich so in der Form positiv wie negativ überrascht hat. Die Gleichung ist zu simpel, aber könnte heruntergebrochen etwa so lauten: das Schlechte ist schlecht, aber das Gute plötzlich noch ein wenig besser. Und natürlich ist Krebs scheiße. Aber deswegen ist nicht das ganze Leben scheiße.

#warumhastdusolcheAngstvordemTod

#weilichdasLebensoliebe

28.11.2018:

Vertieft in das Lesen eines Artikels merke ich erst nach einigen Minuten, dass mein Jüngster sich nicht mehr in Sichtweite befindet. Ich entdecke ihn im Zimmer meiner Tochter an ihrem Tisch sitzend und Schokolinsen von dem von ihr verziertem Lebkuchenhaus abnagend. Das Schuldbewusstsein, was ich im Ansatz in seinen Augen zu erkennen glaube, hält sich in Grenzen und wird überlagert von seinem Stolz, mir wild gestikulierend seine Entdeckung zu präsentieren.

Er sieht immer mehr so aus wie mein 4Jähriger vor zwei Jahren und das erinnert mich an die Zeit damals, die auch nicht einfach, aber zumindest nicht lebensbedrohlich war. Unseren Weihnachtsbaum haben wir übrigens bereits aufgestellt, um länger was von ihm zu haben und er wurde bisher (~3 Tage) noch nicht umgeworfen und nur wenige Male vom Jüngsten umdekoriert.

Gestern habe ich meine 17. Infusion mit Antikörpern bekommen, was bedeutet, dass ich noch vor Weihnachten die Therapie abschließen werde. Würde ich intensiver darüber nachdenken, bekäme ich vermutlich Angst, weil ich mit meiner hormon-negativen Tumorart dann keine weitere Therapiemöglichkeit mehr habe. Statt ins Grübeln zu verfallen, telefonierte ich diverse Telefonnummern des Krankenhauses ab, um schon mal einen Termin für die Entfernung des Ports zu machen. Sogar eine Frau mit der Berufsbezeichnung „Koordinatorin des Cancer Centers“ fühlte sich von meinem Anliegen nicht angesprochen und verwies mich an Kollegen, die mich wiederum an weitere nicht zuständige Mitarbeiter verwiesen.

Ich genieße gerade die Weihnachtszeit, die sich gefühlt unmittelbar an den Herbst angeschlossen hat, und freue mich auf den dörflichen Weihnachtsmarkt, auf dem seit Jahren ein sehr junger, mittlerweile vermutlich volljähriger, Weihnachtsmann mit verstellter Stimme Süßigkeiten und Mandarinen an Kinder verteilt, die in ihm das sehen, was sie aus Erzählungen und Bilderbüchern kennen; nämlich einen auf einem Schlitten angereisten Weihnachtsmann, dessen Lebensaufgabe es ist, Kinderaugen zum Funkeln zu bringen. Und ich erinnere mich gerne zurück an die Zeit, in der auch ich noch alles für möglich hielt.

#undnichtverbittert

#aberweise

#undnichttraurig

#aberleise

#mikroboy

30.11.2018:

„Guten Morgen, liebe Leber. Gut siehst du aus“. Meine Hausärztin plaudert fröhlich mit meinen Organen und ich halte ihren Anweisungen folgend zwischendrin ein paar Mal die Luft an, damit meine Innereien sich von ihrer schönsten Seite präsentieren können. Sie findet nichts, was dort nicht hingehört und ich fahre mit dem Ohrwurm der Warteschleife unseres neuen, aber schlecht erreichbaren Internetanbieters wieder nach Hause, um dort selbst für meine heruntergeschraubten Ansprüche deutlich zu wenig für die Uni zu tun. Dafür tobe ich mich an den Kleiderschänken der Kinder aus und sortiere dabei hauptsächlich dem einen Kind nicht mehr passende Sachen weiter in die Schublade des altersmäßig darauf folgenden Kindes.

Abends beim Konzert von Clueso stellen wir fest, dass der Sänger sympathischer zu sein scheint, als wir vermutet hätten und dass die Entwicklung des Musikgeschmacks meines Mannes mittlerweile zumindest so weit fortgeschritten ist, dass man behaupten könnte, er hätte welchen. Auf dem Rückweg döse ich im Auto vor mich hin, habe die noch nachklingende Musik im Kopf und das Eis, welches mein Mann sich beim Tanken kaufte und ich ihn auch einmal davon abbeißen lies, im Bauch.

Im halb-wachen Zustand nehme ich die schwarze Nacht, die roten Rücklichter und das beruhigende Geräusch vorbeifahrender Autos wahr und genieße die Gewissheit, dass ich nicht wach bleiben muss, weil mein Mann es für mich tut.

#ichtanzmitdirgerne

#insBodenloseundLeere

#undichbinesnieleid

#clueso

02.12.2018:

In dem Schälchen mit den Schmalzkuchen befinden sich binnen einer Minute nur noch Reste des Puderzuckers und ich komme mir angesichts der drei vor mir aufgereihten Kinder mit offenen Mündern, denen ich abwechselnd ein Stückchen zuteile, wie eine ambitionierte, aber überforderte Vogelmama vor.

Als sich alle Kinder auf dem Karussell verteilt haben, schauen mein Mann und ich in je ein gelangweiltes, begeistertes und unentschlossenes Gesicht und nach der zweiten Fahrt haben wir Mühe, die Hand unseres 1Jährigem unter dessem erbosten Protest vom Fahrgerät zu lösen.

„Als wir letztes Jahr hier waren, war noch alles gut“, sagt mein Mann für seine Verhältnisse untypisch wehmütig.

„Jetzt gerade ist auch alles gut“, sage ich, weil es zumindest in diesem Moment wahr ist.

Ich verbrenne mir am Glühwein die Zunge, kaufe von Schülern gebackene Kekse und als der 4Jährige seinen Kinderpunsch verschüttet, führt er als Grund hierfür tatsächlich die bloße Existenz seiner Schwester an.

Aufgrund weiterer unüberbrückbarer Geschwisterdifferenzen macht mein Mann sich mit den Jungs früh und genervt auf den Heimweg.

Ich bleibe mit meiner Tochter eine längere Zeit und mittlerweile bei Dunkelheit vor dem Musiker mit der Gitarre stehen, dem ich hier jedes Jahr zuhöre. Er singt „Fairytaile of New York“, was vermutlich das einzige Weihnachtslied ist, welches mir nie überdrüssig werden wird.

Meine Tochter hält mir plötzlich unerwartet und stolz ihren soeben ausgefallenen Wackelzahn hin. Es ist ihr siebter. Wir legen ihn zuhause in ihre Zahndose und ich wäge ab, ob sie auch einen Gutschein, den die Zahnfee ihr unters Kopfkissen legt, akzeptieren würde. Mein Mann fährt schließlich nochmal los, um Schokotaler zu kaufen, damit die Zahnfee ihren Job auch ordentlich ausüben kann.

Ich sitze mittlerweile an der Balkontür und höre eindeutig zu 90er-lastige Musik einer Band, die ein paar Straßen weiter auf dem Weihnachtsfest spielt.

Heute vor 8 Jahren haben mein Mann und ich geheiratet. Den Mann von damals würde ich mittlerweile nicht mehr heiraten, den Mann, der er heute ist, immer wieder.

#Iloveyoubaby

#Icanseeabettertime

#whenallourdreamscometrue

#fairytaleofNewYork

03.12.2018:

Die Lieder auf der Musikbox meiner Tochter habe ich alle mal für sie ausgewählt und an diesem Abend hinterfrage ich bei einigen, mir besonders nervig erscheinenden, meine ursprüngliche Intention.

Sie ist ein AnnenMayKantereit Fan und ich gerate nicht zum ersten Mal in Erklärungsnot, wenn ich ihr eine für sie nicht schlüssige Textzeile erklären soll.

Sie schläft ein und ihr um meinem Hals liegender Arm fühlt sich irgendwie beschützend an, wird aber schnell unbequem und ich schleiche mich aus dem Zimmer.

Mit drei ungewöhnlich früh schlafenden Kindern erscheint die Wohnung zu ruhig und meine Gedanken bleiben an Szenarien haften, die mir das Luft holen erschweren und es sich so anfühlt, als sei meine Sauerstoffsättigung deutlich abgesackt.

20 Minuten zuvor verkündete meine Tochter, dass sie mich zu ihrer Hochzeit einladen wird. Mein Herz formt leise einen tiefen Krater, weil es gerade nicht in der Lage ist, sich vorzustellen, diesen Tag miterleben zu dürfen. Dieses Gefühl ist keine bewusste Entscheidung, die ich treffe und nichts, wofür ich mich freiwillig entschieden hätte, sondern es hat sich einfach den Platz genommen, den ich ihm nicht angeboten habe.

Was mir an manchen Tagen gelingt, scheint an anderen unmöglich. Was oft lange keine Rolle spielt, bricht manchmal über mich herein. Auslöser hierfür können Gespräche, Fetzen in den Medien oder zahlreiche andere Situationen sein, die ich erst im jeweiligen Moment als Trigger ausmachen kann.

Ich kann an der Traurigkeit nichts Schönes entdecken und meine Angst nicht mit sachlichen Argumenten, psychologischen Tricks oder der schlichten Annahme dieses unangenehmen, aber halt vorhandenen, Gefühls entwaffnen. Es ist nicht einfach mir an solchen Tagen vor Augen zu halten, dass auch wieder leichtere Tage kommen, in denen Hoffnung größer geschrieben werden kann und es mir gelingt, unangenehme Gefühle umzulenken bevor sie das Ruder über meine Gedankenwelt übernehmen können.

Foto: freiere Momente, die in der Summe das überwiegen, was sich manchmal so tonnenschwer in der Waagschale anfühlt.

#Manchmaldenkeich

#dieWeltisteinAbgrund

#undwirfallen

#abernichtallenfälltdasauf

#AnnenMayKantereit

05.12.2018:

Nach einem Fünftel meiner Laufstrecke zwingen Seitenstechen und Nierenschmerzen mich zum Aufhören. Es macht mich stutzig, da parallel Blut aus meiner Nase läuft und es der dritte Tag infolge ist, an dem ich mein übliches Sportprogramm bereits zu Beginn abbrechen muss.

Vor der Haustür gestaltet sich das Raussuchen meines Schlüssels aufgrund chemobedingter Neuropathien als schwierig: selbst die milde Dezemberluft lässt meine Finger sich so starr anfühlen, dass ich das Schloss nur mit Mühe öffnen kann.

Es gab eine Zeit, da betrachtete ich meinen Körper als eine Art Freund: er und ich gingen munter beieinander eingehakt gemeinsam unseres Weges, stolperten dabei ab und zu über kleine Hindernisse und zogen uns zusammen lachend und den Staub abklopfend wieder auf die Beine.

Ich mutete ihm regelmäßig zu wenig Schlaf zu und er verzieh mir gelegentlich fettiges Essen.

Jetzt, nachdem die Zellen meines Körpers dieses Selbstmordprogramm gestartet hatten und ich ohne den Fortschritt der heutigen Medizin keine Überlebenschance hätte, beäuge ich jede Abweichung von der Norm kritisch.

Wie soll ich einem Körper Vertrauen entgegenbringen, der versucht hat mich umzubringen?

Auch unter dem Gesichtspunkt, dass unklar ist, ob irgendwelche Schläferzellen darauf lauern, irgendwann mit dem Metastasenwachstum zu beginnen?

Es ist schwer aushaltbar, wenn Vertrauen und der Glaube an Gerechtigkeit plötzlich abhanden gekommen sind. Aber es ist schön zu entdecken, was noch übrig bleibt, wenn all das fehlt und zu erkennen, dass das eine Menge ist.

Fröstelnd stehe ich nun an der Bushaltestelle, um meinen 4Jährigen vom Kindergartenausflug abzuholen. Ich male mir aus, was er auf meine Frage, wie es denn war, antworten wird und glaube die Antwort bereits zu kennen.

Plötzlich denke ich an die Worte einer Freundin von gestern: sicher im Leben ist nur, dass nichts sicher ist. Und das Gefühl, dass das Leben nicht nur negative Überraschungen bereit halten muss, sondern mich auch tagtäglich positiv überrascht, nimmt dem Ganzen gerade etwas Schwere.

PS: Der Ausflug war übrigens „geht so gut, mehr weiß ich nicht.“

#ichwillsoviel

#dubringstmirbei #dasLebenmanchmalreicht

#FynnKliemann

06.12.2018:

Die Kinder haben ihre Schuhe in Präzisionsarbeit außen, unten und von innen (!) geputzt und verkünden, die ganze Nacht wach bleiben zu wollen.

Tatsächlich schlafen um 22:00 erst 2/3 und das verbliebene Kind flüstert mir verschwörerisch ins Ohr, dass eine Kindergartenfreundin die Hypothese aufgestellt hätte, die Eltern würden die geputzten Schuhe befüllen und einen echten Nikolaus gäbe es unter Umständen gar nicht. Nicht vorbereitet auf diese Frage beantworte ich sie schlagfertig mit einem langgezogenen „Ohhhhh“, verfalle einige Sekunden in Schockstarre, sammele mich wieder und treffe die Entscheidung, mich auf die Seite von Weihnachtsmann, Nikolaus & Co. zu schlagen, um eine Entzauberung dieses Mythos noch hinauszögern zu können.

Wir müssen am Morgen schließlich zügelnd in den Schokoladenkonsum eingreifen, der 1Jährige verschluckt sich an einer Mandarine und als ein Schokoweihnachtsmann zerbricht, droht die Stimmung endgültig zu kippen, weswegen mein Mann der Kita-Öffnung entgegenfiebert und ich schließlich kurze Zeit die Wohnung für mich alleine habe, die Ruhe genieße und dabei beschließe, mich über die von mir selbst aufgestellte Schoko-Restriktion hinwegzusetzen.

In dem Weihnachtsfilm gestern Abend, von dem ich den Großteil der Handlung nur halb registrierte, da es parallel einen Geschwisterstreit zu dirigieren galt, sprach mich eine Szene besonders an:

Ein alter Mann (um genau zu sein: 243 Jahre) lag sehr krank im Krankenhaus und eine charismatische Frau bat ihn, noch nicht von dieser Welt zu gehen. „Du musst doch noch Leben!“, redete sie flehend auf ihn ein.

Woraufhin der Mann ihr versöhnt mit dem Universum zurückgab: „Oh, ich habe gelebt!“ .

Diese Sequenz hinterließ bei mir das Gefühl, dass tatsächlich die Möglichkeit bestehen könnte, irgendwann einmal einvernehmlich diese Welt zu verlassen; dass es einen Tod ohne Bedauern, Wut oder Angst geben könnte. Und dass nicht der Tod das Bedeutsame ist, sondern all das Leben davor. So wünsche ich mir das auch in vielen Jahren einmal und würde mich dabei sogar mit einem geringerem Alter als dem der Filmfigur zufrieden geben.

#wennsamschönstenist

#unddunichtsmehrvermisst

#dannmachdieAugenauf

#Joris

12.12.2018:

Was ich mir denn zu Weihnachten wünschen würde, möchte die 5Jährige wissen. Auf meine Antwort „Dass wir alle gesund sind und uns lieb haben“, erwidert meine Tochter eine Augenbraue hochziehend „Boah, Mama. Ich habe gewusst, dass du wieder sowas Merkwürdiges sagst“. Ich muss laut und von Herzen kommend lachen, denn ich scheine nicht nur leicht durchschaubar zu sein, sondern möglicherweise auch etwas festgefahren in meinen Gedankenmustern.

Neulich sprengte ich ein Partygespräch, in dem es um die Anzahl zunehmender Falten mit steigendem Alter ging, indem ich ausführte, dass ich es als Segen betrachte, Falten bekommen zu dürfen und dass dieses Privileg schließlich nicht jedem zuteil wird.

Wahr, aber auch irgendwie ernüchternd. Und unter Druck setzend. Verglichen mit dem großen Ganzen, muss sich wohl viel Alltägliches die Betitelung als unwesentliche Banalität gefallen lassen. Aber besteht das Leben nicht gerade aus einer Aneinanderreihung von einzeln betrachtet profan erscheinender Alltagssequenzen?

Und muss immer alles in die große Waagschale des Lebens geworfen werden?

Ich denke es ist ok, sich über Falten aufzuregen. Oder sich rosa Plüschhandschuhe zu Weihnachten zu wünschen. Weil man in den Momenten vermutlich nicht darüber nachdenkt, dass das Leben auch brutale Zeiten hervorbringen kann, die uns zu anderen Wünschen nötigen würden.

Diese Woche liegen noch zwei Weihnachtsfeiern vor mir und ich gelobe mir selbst, währenddessen nicht die Dankbarkeitskeule hervorzuholen, sondern einfach zu plaudern und zu feiern. Und dabei weder das Geschenk des Lebens noch die Furcht vor dem Tod mahnend auf der Schulter sitzend zu haben.

Foto:

Ausflug in den Tierpark:

Meine Tochter füttert den Waschbären mit einzelnen Erdnüssen. Der 1Jährige kippt eine ganze Tüte Hafer über den Kopf einer Ziege aus und der 4Jährige zeigt keinerlei Ambitionen irgendwen mit Futter versorgen zu wollen und verschwindet auf dem Spielplatz.

#wennsielachtistderKriegvorbei

#abersielachtnicht

#siewachtnoch

#unddenktihrenKopfentzwei

#TEX #tvNoir

13.12.2018

(15:34)

Mama, wie kommt die Farbe in die Ampel da vorne? Oder in den Fernseher? Oder in dein Handy? [I have no idea]

Schau mal, hier ist ein kleiner Planet auf die Erde gestürzt! [oh, ich glaube da hat nur jemand eine bunte Weihnachtsbaumkugel verloren]

Können wir die Menschen auf dem Friedhof einmal ausbuddeln und gucken wie die aussehen? [just no]

Mama, ich hab dich fast so lieb wie den Weihnachtsmann. [und ich dich bis zur Unendlichkeit und zurück. Für immer] (16:25)

#ichdarfsehenwiedugroßwirst

#dasistdasGrößtevonallem

#dassdumichjetztnichtmehrloswirst

#ichhoffdaswirddirgefallen

#vonBrücken

18.12.2018:

Antikörperinfusion 18/18

Meine Ära in der Onkologiepraxis endet mit gemischten Gefühlen.

Die dreiwöchentlichen Infusionen hüllten mich in eine kuschelige Pseudo-Sicherheit und gaben mir das Gefühl, aktiv Einfluss auf einen positiven Krankheitsverlauf nehmen zu können.

Nun fühle ich mich Schwert und Schutzschild beraubt und stehe unbewaffnet eventuell in meinem Körper schlummernden Krebszellen gegenüber.

Auf mich wartet jetzt nicht die Möglichkeit einer Antihormontherapie, deren Nebenwirkungen sicher beeinträchtigend wären, neben die ich mich aber abends im Bett kuscheln und ihr ein vertrauensvolles „du passt aber schon auf mich auf, oder?“ ins Ohr flüstern könnte.

Ich würde mich gerne euphorischer fühlen und das Therapieende als neu gewonnene bzw. wiedererlangte Freiheit sehen können, aber so fühlt es sich zumindest im Moment noch nicht an.

All das, was im letzten Jahr passiert ist, verschwindet nicht einfach aus meinem Kopf, nur weil heute die letzte Nadel aus meinem Port gezogen wurde.

Was aber stärker werden wird, wie ein kleiner Grashalm, der nach und nach zum Bambus heranwachsen möchte, ist meine Hoffnung, dass am Ende vielleicht doch alles gut werden könnte. Soso lange wurden Zukunftsgedanken innerlich blockiert, weil ich Angst hatte, die Realität könnte mich enttäuschen. Jetzt möchte ich mich gerne selbst überraschen, indem ich mich traue, diese Gedanken nach und nach immer mehr zuzulassen.

Es hat nie jemand behauptet, das Leben wäre einfach. Es kann grausam, unberechenbar sowie Pläne und Weltvorstellungen durchkreuzend sein. Aber solange ich auf dem Heimweg von der Arztpraxis vor einem fremden Haus mit einem großen eisernen Tor in der Einfahrt und filigranen roten Kerzen aus Tonkarton im Fenster kurz innehalten kann und die Schönheit und die Wunder des Alltäglichen wahrnehmen und wertschätzen kann, habe ich gewonnen.

Ich verlasse die Arztpraxis mit einer Krankenhausüberweisung zur Portexplantation. Somit ist schon mal sichergestellt, dass mir Anfang des neuen Jahres nicht ungewohnt fad wird beim Blick in meinen jedenfalls etwas leereren Terminkalender.

#haltmichamVornefest #esfühltsichwackligan

#HerzlichWillkommen #Neuanfang

#Clueso

21.12.2018:

„Aber jetzt geht es dir doch wieder gut, oder?“, durch hektisches Kopfnicken versucht mich meine mir im Bus gegenübersitzende Gesprächspartnerin vermutlich zu einer ebensolchen Geste aufzufordern.

Mir liegt die Antwort „Zu etwas weniger als 80% lebe ich in fünf Jahren noch. Diese Zahl gefällt mir mal mehr und mal weniger gut“, auf der Zunge, aber ich stelle Tendenzen an mir fest, die sich der Bequemlichkeit halber den Erwartungen Anderer gerne anpassen möchten.

„Das Gefährliche war ja nicht der Tumor in der Brust, sondern die Tatsache, dass Krebs eine Systemerkrankung ist und aufgrunddessen Metastasen im Körper auftreten können“, ich kann meine eigenen Worte nicht mehr hören und werde müde meinem Gegenüber die medizinischen Grundlagen einer Krebserkrankung näher zu bringen, die oft nicht gehört werden wollen und ich weder den Eindruck einer Belehrenden noch einer negativ Denkenden hinterlassen möchte, dieses aber eher in Kauf nehme, als mich zu verbiegen.

„Aber du musst doch positiv denken“. Meine wieder vorhandenen Nackenhaare kräuseln sich, denn psychische Bewältigungsmuster sind zumindest in einem solchen Maße determiniert oder zumindest nicht willkürlich steuerbar, dass selbst wenn ich wollte, ich meinen Gefühlen wohl kaum Befehle zur Kehrtwende erteilen könnte. Zudem stellt das Wissen über statistische Prognosen für mich kein negatives Denken dar. Es ist meine persönliche Art des Umgangs, die keinen Allgemeingültigkeitkeitsstatus für sich beanspruchen will und über die ich gerne diskutiere, die ich mir aber nicht mit sicher nur nett gemeinten Phrasen ausreden lassen möchte.

Und natürlich gibt es kein Glück, was man nicht durch permanentes Grübeln beschädigen könnte. Aber gedankliche Leichtigkeit findet sich bisher nicht in meinem Repertoire wieder, was auch ich nicht erst einmal bedauert habe.

Foto:

Meine Jacke riecht mehrere Tage später noch nach Lagerfeuer. Das Probierstückchen, was ich vom Stockbrot abbekam, bestand aus einem kleinen Stück verkohlter Teighülle und die Kinder versuchten Schnee mit der Zunge zu fangen. Ich würde kein anderes Leben haben wollen.

#tellmehowthehellcouldyouknow

#howcouldyouknow

#tilithappenstoyou

#LadyGaga

23.12.2018:

Seit über 24 Stunden regnet es durchgehend als ich heute Morgen noch bei Dunkelheit die Wohnung verlasse. Meinen mp3-Player habe ich in einem wasserdichten Beutel verpackt, da ich nicht davon ausgehe, dass nach dem Laufen noch irgendwas an mir nicht regendurchtränkt sein könnte.

Die Häuser, an denen ich vorbei komme, haben noch fast einheitlich geschlossene Rollläden. In manch einer Einfahrt steht kein Auto und es gibt auch sonst keinerlei Anzeichen dafür, dass sich gerade Bewohner in diesem Haus befinden, während anderswo ungewöhnlich viele Fahrzeuge mit nicht ortsansässigen Kennzeichen sich gegenseitig und vermutlich abgesprochen zuparken.

Ich rieche weder Kaffeeduft noch frisch aus dem Ofen kommende Brötchen, als ich an einem Küchenfenster mit halb geöffneten Vorhängen vorbei komme, aber ich stelle mir beides vor und frage mich, ob die von mir nur schemenhaft wahrnehmbaren Personen sich wohl auf die kommenden Tage freuen, sich vor ihnen fürchten oder diese gar als lästige Pflicht betrachten?

Werden sie erleichtert ausatmen, wenn der letzte Weihnachtstag sich dem Ende neigt, um ohne ein Hauch von Bedauern sogleich die Weihnachtspyramide aus dem Fenster zu entfernen und diese für die nächsten round about 350 Tage wieder auf dem Dachboden verstauen zu können?

Oder wird über Gesicht, welchem die angesammelte Freude der vergangenen Tage noch lange anzusehen sein wird, eine Träne kullern bei der letzten Umarmung ihrer Angehörigen bevor diese wieder in ihr Auto steigen, um beim Verlassen der Ausfahrt noch einmal zu hupen und auf dem Rücksitz befindliche Kinder überschwänglich winken bis das Auto endgültig um die Kurve verschwunden ist?

Es ist der 23.12.

Meine beiden ältesten Kinder und ich gehen heute ins Kino, um einen Weihnachtsfilm zu sehen. Für den 4Jährigen und die 5Jährige wird es der allererste Kinobesuch sein; für mich der erste seit Jahren.

Es ist Weihnachten. we will make it a great one.

Foto:

Für fünf Minuten klärte der Himmel gestern auf und man konnte zwei Regenbögen nebeneinander sehen. Dann schloss sich die Wolkendecke wieder und wir fuhren mit dem Pfützenspringen fort.

#sothisischristmas

#andwhathaveyoudone

#JohnLennon

28.12.2018:

Manchmal meine ich, dass man aus schmerzhaften Erfahrungen am meisten über das Leben lernt. Heute nicht. Heute glaube ich, dass ich mir das nur versuche einzureden, um den ganzen absurden Geschehnissen irgendeinen einen Sinn zu geben. Eine psychologische Bewältigungsstrategie, um sich von ungünstigen Situationen nicht in die Knie zwingen zu lassen. Aber irgendwie auch nicht echt, sondern eher der verzweifelte Versuch, Sinn zu finden, wo keiner vorhanden ist. Weil Menschen vielleicht dazu neigen lieber absurde Schlussfolgerungen zu erwägen, als die Möglichkeit eines sinnlosen Zufalls in Betracht zu ziehen.

Dass schlimme Sachen passieren und sich vielleicht kein tieferer Sinn oder geheimer Plan des Universums dahinter verbergen könnte, tut weh. Wie sollte es anders sein?

Heute ist der Tag grauschwarz-meliert und ich wandele ziellos durch die Wohnung.

Zukunftsängste und Überforderungsgefühle ziehen sich über mir zusammen und entladen sich, indem ich tieftraurige Musik höre, die mich in eine Melancholie abgleiten lässt, die vertraut und tröstlich erscheint. Aber auch bitter.

Es dauert eine Weile bis ich Körper und Psyche zur gemeinsamen Kooperation bewegen kann und damit beginne, das Höhlenbau-Abenteuer der Kinder vom letzten Abend wieder soweit zu ordnen, dass ich zum Fenster gelangen kann ohne mir bei dem Bemühen die Füße zu brechen oder den Verstand zu verlieren.

Beim Aufräumen entdecke ich die Lieblingspuppe meiner Tochter. Sie ist fürsorglich auf einem Kopfkissen gebettet und in Decken eingewickelt worden. Dieses profane Szenario lässt mich für einen kurzen Moment das sehen, was ich an diesem Vormittag anderswo nicht finde: Hoffnung. Ich finde sie heute in mir nicht, aber ich sehe es in den Augen meiner Kinder, wenn diese die Welt betrachten: Hoffnung, Zuversicht und Vertrauen. Und das weckt auch bei mir wieder den heute gut verschütteten Optimismus.

Foto:

Das Bild stammt aus unserem Urlaub im Herbst. Ich wanderte morgens alleine auf diesen Berg, war beeindruckt von der Beständigkeit der seit Jahrtausenden bestehenden Felsstrukturen und fühlte mich frei.

#einPlatzistnochfrei #aufderhinterstenBank

#indervollbesetzenKirchederAngst #Kettcar

01.01.2019:

Das empfohlene Lebensalter für das neue Gesellschaftsspiel beträgt mindestens 4 Jahre.

Mit zunehmender Frustration versuche ich angespornt durch zwei ungeduldige und ein hungriges Kind die Spielanleitung zu begreifen. Es könnte sich hierbei ebenso um eine chinesische Bauanleitung für ein IKEA-Regal handeln, welches ich linkshändig mit verbundenen Augen und auf einem Bein balancierend aufbauen müsste, und ich vertröste die Kinder auf das erwartete Eintreffen ihres Vaters. Dieser versteht die Absicht des Spiels zumindest im 1,5ten Anlauf. Beim Gedanken daran, dass die Anforderungen meines Studiums dieses Jahr voraussichtlich Spielanleitungsniveau übersteigen werden, kichere ich dümmlich vor mich hin.

Der 1Jährige boykottiert die ambitionierten Spielabsichten der älteren Kinder durch wahlloses Umplatzieren von Würfel und Spielfiguren.

Da es auch bei diesem Spiel nur einen Gewinner geben kann, und ich dank geplanter strategischer Fehlschritte bereits ausscheide, haben wir am Ende ein triumphierendes, ein wütendes und ein immer noch hungriges Kind.

Es ist Neujahrstag. Manchmal denke ich, es handele sich hierbei um ein zwar schönes, aber dennoch willkürlich festgelegtes bedeutungsloses Datum. Und ab und zu kommt das Gefühl auf, man könnte das erste Blatt auf dem neuen Kalender auch dafür nutzen, einmal den Resetknopf zu betätigen, Altes zu vergeben, Gutes beizubehalten und zu versuchen, der Magie eines noch ungeschriebenen Buches zu vertrauen.

Foto: Silvester. Gestern. Ich.

PS: Falls noch jemand heute gefragt wird, wann endlich Ostern ist: es sind noch 110 Tage.

#ichdauerjetzt

#lebmomentan

#heutemacheichmirkeineSorgen

#ichfasssiemorgenwiederan

#HerbertGrönemeyer

02.01.2019:

Die ältere Frau von nebenan hat vor einem knappen Jahr ihren Mann nach langer Krankheit verloren und wenn ich mal unsere Post bei ihr abholte, hatte ihr verlaufenes Make-up oft schwarze Ringe unter ihren Augen gebildet. Vorgestern sah ich sie zufällig in Begleitung von Menschen, mit denen sie sich wohlzufühlen schien, am Einlass zu einer Silvesterfeier stehen. Sie sah ganz aufgeregt und Lebensfreude ausstrahlend aus. Dieses Bild vermittelte mir etwas nicht näher greifbar Hoffnungsvolles und lies mich zugleich überfordert mit den großen Geheimnissen dieser Welt zurück.

Wie kann die Erde sich weiterdrehen, wenn Personen, ohne deren Dasein man sich die Welt einst so unaushaltbar unvollständig ausmalte, nun tatsächlich nicht mehr auf ihr weilen? Jemand lebt weiter und ein anderer nicht. Und die restliche Welt tut so als wäre hier eben kein ein riesiger Vulkan ausgebrochen, um fortan die Landschaften in Aschewolken zu hüllen. Die Menschen lachen weiter, weinen, zünden Feuerwerke, kaufen Raclette-Käse, bauen Häuser, telefonieren mit Versicherungen, verlieren sich und erleben Wunder. Und ein anderer kann all das nicht mehr.

Während aller drei Schwangerschaften hat mich das in meinem Bauch heranwachsende Leben jeweils total geflasht und ich kann bis heute keine Worte dafür finden, die dem Wunder im eigenen Körper entstehenden Lebens auch nur annähernd gerecht werden könnten. Es schlug ein weiteres Herz in mir, Füße traten von innen gegen meine Organe und ich hätte den ganzen Tag mit vor Staunen offenem Mund dasitzen können.