... und es ist doch nicht aussichtslos - Patricia Vandenberg - E-Book

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Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Gold Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Katja, möchtest du mir nicht endlich sagen, was das bedeuten soll?« fragte Monika Freiberg ihre um zwei Jahre ältere Schwester. Sie standen sich gegenüber und sahen sich so ähnlich, daß man sie fast für Zwillinge halten konnte, blondes leichtgelocktes Haar, blaue Augen, sie hatten es nicht aufeinander abgestimmt, sie waren so aufgewachsen und hatten nicht den Drang gehabt, sich zu verändern. »Ich werde es dir später erklären, Moni. Ich habe jetzt noch einen Termin bei Dr. Norden. Mach es dir bequem, und fühl dich hier wie zu Hause. Du brauchst dir keine Wohnung zu suchen, du kannst hier wohnen.« Dann war sie draußen, und die Jüngere blieb verblüfft zurück. Als sich Moni halbwegs gefangen hatte und zur Tür eilte, um Katja noch einmal zurückzurufen, saß diese schon in ihrem Wagen und fuhr davon. Dr. Norden sollte sich an diesem Tage auch noch über Katja wundern. Er mochte diese junge Frau, die so zielstrebig ihr Leben eingerichtet hatte, die sich als Visagistin beim Fernsehen einen Ruf verschafft hatte und nun auch als Malerin Erfolge verzeichnen konnte. Vor zwei Jahren war sie zum ersten Mal in der Praxis von Dr. Norden erschienen, und da hatte kaum jemand den Namen Katja Freiberg gekannt. Ein junges Mädchen aus gutem Hause, selbstbewußt und intelligent, das war sein erster Eindruck gewesen. Dann hatte er auch erfahren, wie vielseitig sie war und es auch verstand, ihre Talente teuer zu verkaufen. Eine junge Frau, die in diese Welt paßte, in der man sich durchsetzen mußte, wollte man es zu etwas bringen. Doch an diesem Tag wirkte sie nervös und unkonzentriert. Zu Dr.

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Dr. Norden Gold – 3 –

... und es ist doch nicht aussichtslos

Patricia Vandenberg

»Katja, möchtest du mir nicht endlich sagen, was das bedeuten soll?« fragte Monika Freiberg ihre um zwei Jahre ältere Schwester.

Sie standen sich gegenüber und sahen sich so ähnlich, daß man sie fast für Zwillinge halten konnte, blondes leichtgelocktes Haar, blaue Augen, sie hatten es nicht aufeinander abgestimmt, sie waren so aufgewachsen und hatten nicht den Drang gehabt, sich zu verändern.

»Ich werde es dir später erklären, Moni. Ich habe jetzt noch einen Termin bei Dr. Norden. Mach es dir bequem, und fühl dich hier wie zu Hause. Du brauchst dir keine Wohnung zu suchen, du kannst hier wohnen.«

Dann war sie draußen, und die Jüngere blieb verblüfft zurück. Als sich Moni halbwegs gefangen hatte und zur Tür eilte, um Katja noch einmal zurückzurufen, saß diese schon in ihrem Wagen und fuhr davon.

Dr. Norden sollte sich an diesem Tage auch noch über Katja wundern. Er mochte diese junge Frau, die so zielstrebig ihr Leben eingerichtet hatte, die sich als Visagistin beim Fernsehen einen Ruf verschafft hatte und nun auch als Malerin Erfolge verzeichnen konnte.

Vor zwei Jahren war sie zum ersten Mal in der Praxis von Dr. Norden erschienen, und da hatte kaum jemand den Namen Katja Freiberg gekannt.

Ein junges Mädchen aus gutem Hause, selbstbewußt und intelligent, das war sein erster Eindruck gewesen. Dann hatte er auch erfahren, wie vielseitig sie war und es auch verstand, ihre Talente teuer zu verkaufen. Eine junge Frau, die in diese Welt paßte, in der man sich durchsetzen mußte, wollte man es zu etwas bringen.

Doch an diesem Tag wirkte sie nervös und unkonzentriert.

Zu Dr. Nordens maßloser Überraschung fragte sie ihn ohne lange Vorrede, ob er ihr bestätigen könne, daß sie schwanger sei. Sie wolle zu keinem anderen Arzt gehen.

Nun, er konnte es ihr bestätigen, daß sie im zweiten Monat schwanger war. Keine Regung zeigte sich in ihrem Gesicht.

»Wollen Sie das Kind nicht haben?« fragte er behutsam.

»Oh, doch«, erwiderte sie sofort. »Ich will es, und ich werde es bekommen. Aber Sie müssen mir versprechen, es niemandem zu sagen, auch meiner Schwester nicht, falls sie zu Ihnen kommen sollte.«

»Es unterliegt der Schweigepflicht, Frau Freiberg«, erwiderte er.

Da lächelte sie. »Ein Fräulein Mutter«, meinte sie ironisch. »Manche Menschen haben dafür immer noch kein Verständnis.«

»Man ist nicht mehr so prüde wie früher«, meinte Dr. Norden lächelnd.

»Mir ist das ziemlich egal«, sagte Katja, »ich kann gut allein zurechtkommen. Aber ich habe eine ganz große Bitte.«

»Ich höre.«

»Ich muß jetzt verreisen und kann das Ziel nicht nennen. Es kann durchaus möglich sein, daß verschiedene Leute sich an Sie wenden, da sie wissen, daß Sie für mich der Mensch sind, dem ich bedingungslos vertraue. Sie wissen gar nichts, wenn Sie gefragt werden. Ich habe Ihnen auch nicht gesagt, daß ich verreisen werde. Ist das zuviel verlangt?« fragte sie leise.

»Nein, das ist es nicht, aber warum vertrauen Sie mir doch nicht bedingungslos?«

»Um Sie nicht in eine sehr delikate Angelegenheit hineinzuziehen.«

»Betrifft diese auch das Kind?« fragte er zögernd.

»In gewisser Weise schon. Meine Schwester Monika wird sich bestimmt an Sie wenden. Moni muß da auch herausgehalten werden. Es ist eine Sache, in die ich hineinmanövriert wurde. Nur so viel sollen Sie wissen. Ich habe mich für zu schlau gehalten, und nun muß ich sehen, wie ich damit fertig werde.«

Dr. Norden sah sie nachdenklich an. »Ich kann nur sagen, daß ich jederzeit für Sie zu sprechen bin, wenn Sie Hilfe brauchen, Katja.«

»Ich danke Ihnen, lieber Dr. Norden«, sagte sie leise. »Und ich hoffe, daß es ein gesundes Kind werden wird.«

Ihm lagen viele Fragen auf der Zunge, aber er konnte keine mehr stellen. Sie verabschiedete sich schnell.

Eine halbe Stunde später bekam Monika Freiberg einen Anruf von ihrer Schwester Katja.

»Moni, ich werde einige Zeit nicht zurückkommen. Ich habe dir schon gesagt, daß du die Wohnung als deine betrachten kannst. Aber ich bitte dich, äußerst vorsichtig zu sein, wenn man dich belästigt und etwas verlangt, was du nicht gutheißen kannst. Und merke dir, daß ich niemandem einen Auftrag gebe, etwas für mich zu tun. Merke es dir gut.«

»Katja, sag mir doch wenigstens, warum du fortgehst.«

»Um die Menschen, die ich liebe, nicht in Gefahr zu bringen, Moni. Mehr kann ich nicht sagen. Je weniger du weißt, desto besser ist es für dich.«

»Aber ich habe Angst um dich, Katja«, stieß Monika hervor.

»Die brauchst du nicht zu haben. Ich werde mich von Zeit zu Zeit bei dir melden, als deine Freundin Tammy.«

»Katja, bitte«, aber Katja hörte, daß am anderen Ende ein Gong anschlug. »Wer immer auch kommt, Moni, du hast mich seit heute morgen nicht mehr gesprochen und gesehen.«

Dann legte sie den Hörer auf. Monis Hand zitterte, als sie das auch tat, denn der Gong schlug zum dritten Mal an.

Sie ging zur Tür und öffnete sie. Später ärgerte sie sich darüber und war entschlossen, vorsichtiger zu sein, denn der Mann, der vor ihr stand, gefiel ihr gar nicht.

»Hallo«, sagte er, »hat sich Katja ein Double zugelegt?«

Er war gut gekleidet und sah auch nicht übel aus, aber seine zynische Art gefiel Monika ganz und gar nicht.

»Katja ist nicht da«, sagte sie unwillig.

»Und wer sind Sie?« fragte er.

Monika hatte sich gefangen. »Ist es nicht üblich, daß sich der Besucher zuerst vorstellt?« meinte sie aggressiv.

»Ach, ich dachte, Sie wissen, daß ich Cliff bin.«

»Woher sollte ich das wissen?« fragte sie schnippisch.

»Katja wird Sie doch informiert haben.«

»Ich wüßte nicht weshalb. Ich bin Katjas Schwester und gestern erst in München angekommen.«

»Das ist ja interessant. Sie hat

mir nichts von einer Schwester erzählt.«

»Dann wird die Bekanntschaft wohl auch nicht sehr eng sein«, sagte Monika. »Würden Sie jetzt bitte wieder gehen. Ich habe zu tun.«

»Aber wir könnten uns doch besser kennenlernen«, sagte er in einem Ton, der sie warnte. »Ich wollte hier etwas abholen, was Katja für mich besorgt hat.«

»Davon hat sie mir nichts gesagt. Kommen Sie wieder, wenn Katja zurück ist.«

»Und wann ist damit zu rechnen?«

»Das weiß ich leider auch nicht genau.«

Er kniff die Augen zusammen. »Ich werde anrufen«, sagte er. »Katja ist eine sehr liebe Freundin von mir, damit Sie Bescheid wissen, meine Hübsche. Bleiben Sie länger in München?«

Monika hatte sich entschlossen, nicht zu abweisend zu sein. Es kam ihr alles merkwürdig vor, aber da sie von Katja über diese Bekanntschaft kaum etwas erfahren würde, wollte sie von diesem Mann einiges herauslocken.

»Ich studiere in München«, erwiderte sie, »ja, ich bleibe länger und werde hier wohnen.«

»Und was studieren Sie?« fragte er.

»Ich werde die Musikhochschule besuchen.«

Er schnalzte mit der Zunge, was Monika ordinär fand, aber sie zeigte keine Regung.

»Also Musikerin, und welches Fach?«

»Geige.«

»Und das hat mir Katja vorenthalten! Ich denke, wir werden uns bestimmt ganz gut verstehen, und darf ich auch Ihren Vornamen erfahren?«

»Monika.«

»Sehr hübsch. Übrigens sind Sie Katja sehr ähnlich, das kann nützlich sein. Aber jetzt will ich Sie nicht länger belästigen. Wir sehen uns bestimmt bald wieder.«

Ein kurzes Adieu, dann war er gegangen, und Monika konnte sich ihren Gedanken hingeben.

Sie mußte sich erst beruhigen. Sie überlegte, ob Katja vor diesem Mann geflohen war.

Das konnte sie nicht glauben. Katja war nie feige gewesen, und Monika schien es auch undenkbar, daß sich ihre Schwester mit diesem Cliff ernsthaft eingelassen hätte. Aber eine Beziehung mußte es geben, doch welche?

Monika wußte nur den Namen eines Mannes, der in Katjas Leben eine Rolle spielte oder zumindest gespielt haben mußte, und dieser Mann hieß Benedict Breuer.

Monika wußte nicht viel über Katja. Sie hatten sich lange nicht gesehen. Ihre Eltern hatten sie verloren, als sie siebzehn und vierzehn gewesen waren. Ein tragisches Unglück hatte sie mitten aus einem fröhlichen und sorglosen Leben gerissen, als sie auf der Heimfahrt aus einem Kurzurlaub waren und ein Erdrutsch ihren Wagen in einen Abgrund geschleudert hatte.

Katja und Monika hatten es nicht begreifen wollen. Es gab auch keine Großeltern mehr, bei denen sie Trost finden konnten, nur eine Tante, die aber in England verheiratet war. Und dort waren sie dann auch zur Schule gegangen.

Der Drang nach Selbständigkeit hatte sich bei Katja schnell bemerkbar gemacht. Sie wollte sich auch nicht den strengen Gepflogenheiten der vornehmen Adelsgesellschaft anpassen, in der Tante Margaret sich einen beachtlichen Einfluß erobert hatte, den sie durch nichts gefährdet wissen wollte. Freilich wäre es ihr recht gewesen, ihre Nichten gut zu verheiraten, aber sie war auch halbwegs erleichtert, als beide sich für ein eigenständiges Leben entschieden, denn sie hatte drei Kinder, die noch bedeutend jünger waren als Katja und Monika. Und Sir Calderon meinte auch, daß sie sich mit den eigenen Kindern noch genug plagen müßten.

Finanziell waren Katja und Monika durch die beträchtliche Lebensversicherung vorerst abgesichert, aber sie waren vernünftig genug, um sich auszurechnen, daß das Geld zusammenschmelzen würde, wenn nichts hinzukam.

Katja kam auch zu der Überlegung, daß sie mit der Malerei, zu der es sie hinzog, nicht gleich Lorbeeren ernten würde, und daß sie sich einen Beruf suchen mußte, in dem sie selbständig arbeiten konnte und dazu etwas, was ihr Spaß machte.

So ließ sie sich als Visagistin ausbilden, mit dem Hinblick darauf, so auch schnell in Künstlerkreisen bekannt zu werden.

Die sehr musikalische Monika ging nach der Schulzeit für zwei Jahre nach Amerika, um sich schlüssig zu werden, ob sie die Musik wirklich zu ihrem Beruf machen solle, aber im Hause eines bekannten Dirigenten, dessen Kinder sie betreute, reifte der Entschluß, das Studium fortzuführen. Mit Empfehlungen ihrer früheren Lehrer ausgestattet, war man bereit, sie zur Probe an der Hochschule aufzunehmen.

Nun hatte Katja diesen Termin nicht einmal abgewartet, und auch das paßte nicht zu ihr, wie so vieles der jungen Monika ungereimt erschien, was sie hier in München erwartete.

Katja hatte sie gestern vom Flughafen abgeholt; und sie war ganz ver-gnügt gewesen und hatte sich herzlich bei dem Wiedersehen gefreut.

Aber jetzt wurde es Monika bewußt, daß sie sich immer wieder nervös umgeschaut hatte und richtig erleichtert aufatmete, als sie in der Wohnung angekommen waren.

Das bilde ich mir doch nicht nur ein, weil Katja jetzt weg ist, ging es Monika durch den Sinn, und dann wanderte sie in der Wohnung umher, die sehr geschmackvoll eingerichtet war. Billig war das alles bestimmt nicht, und Monika schätzte auch, daß die Miete ziemlich hoch sein mußte.

Plötzlich kam es ihr auch in den Sinn, daß Katja auch ihre Stellung aufgegeben haben mußte, wenn sie jetzt für längere Zeit fernblieb. Warum hatte sie dafür keine Erklärung gegeben?

Monikas Herz begann ängstlich zu hämmern, bis in den Hals hinauf. Sie wird doch nicht mit den Gesetzen in Konflikt geraten sein, ging es ihr dabei durch den Sinn, aber gab es sonst eine andere Erklärung für ein so plötzliches und rätselhaftes Verschwinden?

Als jetzt das Telefon läutete, zuckte Monika angstvoll zusammen. Sie wagte nicht, das Telefon aufzunehmen. Sie stand davor und starrte es an, aber es läutete und läutete.

Dann nahm sie den Hörer auf. »Ja, hallo«, sagte sie leise. Die Stimme wollte ihr nicht gehorchen.

»Katja, was soll dieser Schmarr’n bedeuten«, dröhnte eine tiefe Männerstimme an ihr Ohr. »Glaubst du, daß ich das so einfach hinnehmen werde? Bist du von allen guten Geistern verlassen?«

»Entschuldigen Sie«, stammelte Monika, »ich bin nicht Katja. Mit wem spreche ich?«

»Verstell dich doch nicht auch noch! So was von albern. Ich kenne doch deine Stimme.«

»Ich bin aber Monika Freiberg, Katjas Schwester«, sagte Monika nun mutig, »und Katja ist nicht hier.«

»Das ist verrückt, ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll. Ich bin Benedict Breuer, und ich bin mit Katja verlobt. Ich werde jetzt kommen. Katja soll mir gefälligst nicht ausweichen. Mit einem dummen Brief lasse ich mich nicht abspeisen.«

»Ich weiß doch selbst nichts«, flüsterte Monika. »Mir kann es nur recht sein, mit Ihnen zu sprechen.«

»Ich bin in zwanzig Minuten da.«

Monika starrte vor sich hin. Sie konnte sich kein Bild von diesem Mann machen. Sie sah auch keine Fotografie eines Mannes in dieser Wohnung. Sie hatte seine Stimme gehört und gespürt, wie erregt und wütend er war. Und er hatte einen Brief von Katja bekommen.

Sie wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als es läutete. Sie hatte nicht auf die Uhr geblickt und war überzeugt, daß es nur Benedict Breuer sein konnte, der nun kam.

In ihrem Kopf herrschte solch ein Wirrwarr, daß sie überhaupt nicht klar denken konnte. Sie wußte auch nicht gleich, wie die Sprechanlage funktionierte.

Als sie die Tür öffnete, erblickte sie ein vermummtes Gesicht, aber bevor der Schreckensschrei sich aus ihrer Kehle löste, wurde sie auch schon mit einem gewaltigen Schlag jedweder Überlegung beraubt. Sie stürzte zu Boden und blieb besinnungslos liegen.

*

Als Benedict Breuer vor dem Haus ankam, war es bereits halb neun Uhr. Er war noch durch einen Anruf von seiner Mutter aufgehalten worden. Sie war nicht zu bremsen, wenn sie etwas zu berichten oder zu fragen hatte.

Und auch diesmal hatte es mehr als eine Viertelstunde gedauert, bis er sie abwimmeln konnte.

Nun aber war er vor Katjas Wohnung angekommen. Das Treppenhaus war erleuchtet, und er sah eine schlanke, dunkel gekleidete Gestalt aus dem Lift kommen, konnte aber nicht unterscheiden, ob es ein Mann oder eine Frau war. Er hatte schon auf die Glocke gedrückt gehabt, aber die Haustür ging nicht auf. Da kam diese dunkle Gestalt heraus, und er mußte sich später gewaltig ärgern, daß er sie nicht genauer betrachtet hatte. Aber es war tatsächlich wie ein Spuk, und er nahm dann nur noch flüchtig wahr, daß dieses Wesen in einen roten Wagen stieg und davonfuhr. Alles war blitzschnell gegangen, und für ihn gab es nur den einen Vorteil, daß er nun wenigstens ins Haus kam, da die Tür nicht ganz zugefallen war. Gesummt hatte der Türöffner jedenfalls nicht, und Benedict fragte sich jetzt schon, ob er nicht doch mit Katja gesprochen hätte, sie weiterhin ein Spiel mit ihm treiben wolle und jetzt verschwunden war.

Aber nun stand er vor der Wohnungstür, und sie war geschlossen. Benedict besaß einen Schlüssel, aber er mußte ihn erst aus seiner Tasche herauskramen, nachdem auf ein weiteres Läuten wieder nicht geöffnet wurde. Aber dann vernahm er ein Stöhnen, einen heiseren, kläglichen Hilferuf.

Zitternd vor Erregung und Angst schloß er auf, und da sah er Monika am Boden liegen. Er wußte sofort, daß es nicht Katja war, denn sie verabscheute es, Faltenröcke zu tragen. Er kniete bei ihr nieder und blickte in ein Gesicht, das Katja sehr ähnlich war.

Er fühlte den Puls, lauschte auf den Herzschlag und atmete auf. Nichts anderes vermochte er momentan zu denken, als daß Monika lebte, denn jetzt war er überzeugt, Monika vor sich zu haben. Katja hatte von ihrer Schwester erzählt, sehr liebevoll und mit wahrer Schwesternliebe.

»Moni«, rief er, da Katja immer nur Moni gesagt hatte, wenn sie von ihr sprach.

Wieder kam ein Stöhnen über Monis Lippen, und dann schlug sie mühsam die Augen auf, um sie aber gleich wieder zu schließen. Sie begann fürchterlich zu zittern.

»Nein, nein«, schluchzte sie.

»Hab’ doch keine Angst. Ich bin es, Benedict. Was ist passiert, Moni?«

Sie hörte die tiefe Stimme, die gleiche, die sie am Telefon gehört hatte. Er hatte seine Hand unter ihren Kopf geschoben, und dann hatte er sich rasch entschlossen, sie hochzuheben und in den Wohnraum zu tragen. Er kannte sich in der Wohnung ja bestens aus.

»Es geht schon, mir ist nur noch schwindelig«, sagte Moni. »Wer war das, wer hat mich niedergeschlagen?«

»Wenn ich das nur wüßte«, murmelte Benedict, doch er ahnte, daß er diesen Täter gesehen hatte, wenn auch nur kurz und zu arglos, und von dem Gesicht hatte er kaum etwas gesehen.

Dunkler Schlapphut, hochgestellter Mantelkragen, an mehr konnte er sich momentan nicht erinnern. Aber Moni war auch wichtiger.

Er sah die Unordnung in dem Wohnraum, herausgezogene Schubladen, am Boden verstreute Papiere.

Moni starrte das Chaos geistesabwesend an. »Es hat geläutet, und ich dachte, Sie wären es«, sagte sie schleppend. »Dann bekam ich einen Schlag und weiß nichts mehr.«

»Haben Sie den Mann erkannt?« fragte Benedict.

Moni schüttelte den Kopf. »Er war vermummt, aber vielleicht war es auch eine Frau, ich hatte so den Eindruck. Nicht groß, schmal, aber kräftig«, fügte sie dann hinzu.

Nach ein paar Minuten konnte sie schon etwas klarer denken, und dann sahen sie auch, daß es im Schlafraum noch schlimmer aussah.

»Was könnte man gesucht haben?« murmelte sie.

»Das frage ich mich auch, und ebenso frage ich mich, was in Katja gefahren ist, was sie zu verbergen hat. Zum Teufel noch mal, es muß schon ein triftiger Grund sein, daß sie mir den Laufpaß gegeben hat.«

Monika sank in einen Sessel. »Den Laufpaß«, wiederholte sie tonlos.

»Man kann auch sagen den Abschied, aber so ohne weiteres nehme ich das nicht hin. Ich liebe Katja nämlich.«