Und nehmen was kommt - Ludwig Laher - E-Book

Und nehmen was kommt E-Book

Ludwig Laher

4,8

Beschreibung

Monika weiß von Kindheit an, dass sie völlig auf sich gestellt sein wird. Ausgenützt, hintergangen und gedemütigt scheint ihr Weg als Prostituierte am Strich und in Clubs an der tschechischen Grenze vorgezeichnet. Aus Zuneigung und der Herausforderung wegen bietet ein Kunde dieser kaputten, extrem misstrauischen Frau eine neue Perspektive. Sie möchte die Chance nutzen, doch zeigt sich, dass eine Kindheit und Jugend wie ihre nicht so leicht wiedergutzumachen sind. Ludwig Laher schildert in seinem Roman die Entwicklung dieser Frau ebenso präzise wie beklemmend. Gleichzeitig ist das Buch ein messerscharfer Befund über gesellschaftliche Zustände mitten in Europa, jenseits jeder moralisierenden Anklage.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 287

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Titel

Ludwig Laher

Und nehmen

was kommt

Roman

I

Heruntergekommener Maschendraht stützt sich auf rostige Pfosten. Irgendwo im Gestrüpp fängt der Zaun an, irgendwo im Gestrüpp verläuft er sich. Irgendwann hat er irgendetwas umfriedet. Ein brauner Teppich mit grünem Ahornblattmuster hängt schwer an ihm, davor, oder ist es dahinter, duckt sich das Skelett eines Kinderwagens.

Die Wolken hängen tief, soviel ist sicher, die Jahreszeit läßt sich nur mit Einschränkungen bestimmen, es ist nicht mehr kalt und noch nicht heiß, vielleicht aber auch umgekehrt, Frühling oder Herbst also. Auch das Jahr ist nicht mehr mit letzter Gewißheit zu rekonstruieren, weil die meisten hier die Vergangenheit, die jetzt ihre Gegenwart ist, nicht so genau nehmen. Täglich ist heute, morgen zu weit entfernt und gestern lange vorbei. Heute ist immerhin der Tag, an dem Monikas Erinnerung einsetzt.

Die Hütten heißen Häuser, vier mal vier Meter im Schnitt, sie stehen auf Lehmgrund, das ist der Fußboden. Die wenigsten sind verputzt, Betonziegel, rote Ziegel aller Größen, zuweilen Steine sind aufeinandergefügt, von Mörtel findet sich auf den ersten Blick keine Spur. Eine flache Holzplankendecke in kaum zwei Meter Höhe, ihr aufgesetzt abenteuerliche, kreuz und quer vernagelte Bretterverschläge, die auf der wetterabgewandten Seite einen Meter aufragen. Wellblechdächer über schrägen Balken, darunter Stauraum für ein paar Habseligkeiten.

Eine Tür und ein Fenster, ein einziges Zimmer. Ein Doppelbett, ein Einzelbett, ein Tisch, wackelige Stühle, ein Regal, eine Kochstelle. An der Wand von der Mutter selbst gemalte Bilder, Blumen, immer wieder Blumen. Auf dem festgestampften Boden tanzt Monika mit der Großmutter. Sie singen, halten sich an den Händen dabei, so fängt es an in ihrem Kopf, und alles stimmt.

Monika tanzt eins mit sich und der Welt. Nein, es kann unmöglich Schneezeit sein. Sie sieht ihre nackten Füße unter sich hopsen, und im Winter stecken die in klumpigen Stofflappen, an Tanzen ist da nicht zu denken.

Der kleine Bruder schläft ganz ruhig im großen Bett, wo er auch die Nacht verbringt, bei Vater, Mutter und der großen Schwester, die nicht richtig tanzen kann und sprechen. Die Mutter ist unterwegs, die große Schwester hat sie bei sich. Der Vater, ach, der Vater.

Monika kuschelt sich nachts an die Großmutter im kleinen Bett. Einschlafen kann sie erst, wenn die Oma ihr mit dem Rücken des blauen Plastikkamms das Kreuzzeichen auf die Stirn drückt und auf romanes Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes amen murmelt. Nicht immer gibt es am Morgen ein richtiges Frühstück, nur frische Milch, die gibt es verläßlich. Gleich außerhalb der Romasiedlung, um die Ecke praktisch, befindet sich eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, Kolchose genannt, ein Bauern- und Landarbeiterkollektiv, wo auch Roma arbeiten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!