Ungeschickt verhandelt? - Norbert Kanitzky - E-Book

Ungeschickt verhandelt? E-Book

Norbert Kanitzky

4,8

Beschreibung

Verträge sind zum Vertragen da! Doch wie oft müssen Sie feststellen, dass Verträge ausgehandelt werden, in denen am Schluss wenig oder rein gar nichts geregelt ist. Auch das kennen Sie: Ihr Vertragspartner hält sich nicht an das schriftlich Vereinbarte – und Sie haben den Schaden. Wie Sie geschickt auf Nachforderungen im Vertragswerk reagieren, juristisch auf der sicheren Seite bleiben und mit der psychologisch schwierigen Situation elegant umgehen, zeigt Norbert Kanitzky. Seine langjährige Erfahrung im internationalen Claim Management hilft Ihnen, die Nerven, den Anwalt und Ihrem Unternehmen die Kosten zu sparen. Nicht durch theoretische Abhandlungen, sondern mit vielen aus der Praxis belegten Beispielen. Wie – das lernen Sie in diesem Buch.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 285

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Norbert H. Kanitzky

Ungeschickt verhandelt?

Norbert H. Kanitzky

Ungeschickt verhandelt?

Professionelles Vertragsmanagement

Wie man kluge Verträge schließt

und gegnerische Ansprüche abwehrt

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek –

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbiografie; detailliertere bibliografische

Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Norbert H. Kanitzky

Ungeschickt verhandelt?

Professionelles Vertragsmanagement

Wie man kluge Verträge schließt

und gegnerische Ansprüche abwehrt

F.A.Z.-Institut für Management-,

Markt- und Medieninformationen GmbH,

Frankfurt am Main 2005

ISBN 978-3-89981-415-6

Bookshop und weitere Leseproben unter:

www.fazbuch.de

Copyright:

F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH

Mainzer Landstraße 199

60326 Frankfurt am Main

Gestaltung /Satz:

F.A.Z., Verlagsgrafik

Satz Innen:

Ernst Bernsmann

Inhalt

Vorwort

I Grundlagen für professionelles Claim Management

1 Was ist „Claim Management“?

2 Ziele und Aufgaben des Vertragsmanagements

3 Die wichtigsten vertraglichen Aspekte

4 Technologische und technische Aspekte

5 Besondere Risiken in der Auftragsabwicklung

II Wegleitung zum aktiven Claimen

1 Einheitliches Claim Management

2 Die Installation von Claim Management

III Der Aufbau von Claims

1 Aktives Claimen

2 Ansprüche durchsetzen

3 Ansprüche abwehren

4 Beispiele

IV Methodik und Systematik des Claim Management

1 Der Aufbau einer Claim-Systematik

2 Tipps und Tricks für die Verhandlungsvorbereitung

3 Rhetorik in Verhandlungen

V Die häufigsten „Argumente“ für und gegen das Claim Management

VI Fazit

VII Anhang

1 Formblatt

2 Risikocheckliste

Der Autor

Vorwort

Steigender Termindruck, wachsende Ansprüche an die Produkt- und Mitarbeiterqualität, Personalunterbesetzung und sinkende Deckungsbeiträge sind heute der Normalfall – Sie kennen das. Doch besser wird es nicht. Umso wichtiger ist es, ohne Not kein Geld zu verschenken.

Verträge sind zum Vertragen da. Doch wie oft müssen Sie feststellen, dass Verträge ausgehandelt werden, in denen bei Änderungen gegenüber dem Ursprungsvertrag wenig oder gar nichts geregelt ist. Auch das kennen Sie: Ihr Vertragspartner ändert nach Vertragsunterschrift – und will Sie für Ihren Mehraufwand finanziell nicht kompensieren. Ihr Lieferant spart an der zugesagten Qualität, ist nicht liefertreu – und kommt trotz drohender Vertragsstrafe damit durch. Machen Sie Schluss damit. Konsequent.

Ein professionelles Änderungs- und Nachforderungswesen, sprich Claim Management, hilft Ihnen, sofort mehr Wertschöpfung zu erzielen. Mit einfachen Mitteln, aber enorm effektiv. Dafür benötigen Sie drei Dinge: eine kluge Vertragsgestaltung, eine wirkungsvolle Systematik und Methodik, eigene berechtigte Ansprüche gegenüber Ihren Vertragspartnern durchzusetzen und unberechtigte Ansprüche Ihrer Vertragspartner mit geeigneten Mitteln abzuwehren sowie: Verhandlungsgeschick.

Kluge Verträge haben nicht zwingend etwas mit juristischen Formulierungen zu tun, sondern entstehen durch eine weit reichende Erfahrung der Vertragsgestalter verbunden mit einem realistischen und gesunden Menschenverstand. Vor Vertragsunterschrift schon zu wissen, welche Probleme vielleicht in einem Jahr aus den dann folgenden Auftragsabwicklungen auf Sie zukommen könnten – und den Vertrag dann entsprechend vorausschauend zu gestalten –, das ist klug.

Kaum ein Vertrag bleibt von Änderungen verschont. Aber anstatt mit Änderungen Geld zu verdienen, wird dieses Potenzial kaum genutzt. Warum nicht?

Eigene Ansprüche durchzusetzen und unberechtigte Ansprüche abzuwehren heißt in der Regel: Konfliktmanagement. Die deutsche Mentalität in der Beziehung zwischen Kunden und Lieferanten ist jedoch von einem Harmoniebedürfnis geprägt – da möchte man sich Konflikte ersparen, vor allem dann, wenn dadurch eventuelle Folgeaufträge scheinbar in Gefahr geraten. Doch ein professionelles Claim Management ist ein klarer Ausdruck von Professionalität, denn es zeigt auf: Achtung, hier wird aufgepasst! Eine nachvollziehbare Systematik und Methodik sorgen zudem dafür, dass Sachthemen auch sachlich behandelt werden. Doch im internationalen Geschäft kann der Tonfall und der Umgang untereinander ungewohnte Dynamiken annehmen, statt sachlich wird dann oftmals überwiegend emotional argumentiert. Es gibt keine starren Regeln, außer der, dass es oft keine Regeln zu scheinen gibt.

Dann ist Verhandlungsgeschick gefragt. Claim Management ist etwas für Macher – nicht für Zögerer und Zauderer. Für Menschen, die wissen was sie wollen, weil sie sich auf kluge Verträge beziehen können. Weil sie Änderungen nicht nur dokumentieren, sondern unterscheiden können, ob sie berechtigt oder unberechtigt sind.

Natürlich gibt es unterschiedliche Branchen und unterschiedlich große Unternehmen. Aber große Unternehmen oder Konzerne funktionieren sehr ähnlich wie kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), weil die Geschäftsbereiche beziehungsweise Abteilungen innerhalb großer Unternehmen meist wie eigenständige KMUs geführt werden. Daher ist die Methodik und Systematik des Claim Management für alle gleich.

Dieses Buch soll für Sie eine Wegleitung sein, die drei Aspekte der klugen Vertragsgestaltung, dem Änderungsmanagement und verschiedenen Verhandlungstechniken mit einfachen Mitteln sicherer und vor allen Dingen erfolgreicher zu machen. Nicht durch theoretische Abhandlungen, sondern mit vielen aus der Praxis belegten Beispielen.

Sie müssen es nur umsetzen. Wie – das lernen Sie in diesem Buch.

I

Grundlagen für professionelles Claim Management

1 Was ist „Claim Management“?

Claim Management ist nicht wirklich neu. Die deutsche Bezeichnung heißt: „Änderungs- und Nachforderungswesen“. Das existiert schon seit Jahrzehnten – allerdings meistens nur halbherzig und unprofessionell. „Claim Management“ will eine weitaus höhere Professionalität und Qualität des Änderungs- und Nachforderungswesens erreichen, denn es beinhaltet sowohl strategisches als auch taktisches Geschick und setzt ein ganzheitliches Denken voraus. Damit wird das Claim Management auch zu einem Veränderungsprozess innerhalb eines Unternehmens, denn es verändert die Unternehmenskultur.

Claim Management beschäftigt sich hauptsächlich mit:

• dem Durchsetzen berechtigter Ansprüche gegenüber Lieferanten und Kunden sowie

• der Abwehr unberechtigter Ansprüche gegenüber Lieferanten und Kunden.

Das Wort „Claim“ bezeichnet somit einen „Anspruch“ und das Wort „Management“, wie man mit diesen Ansprüchen umgeht.

Na schön, werden Sie sagen, letztlich läuft wieder alles auf das liebe Geld heraus. Richtig. Egal, was wir im Unternehmen tun: Es muss wertschöpfend sein, und das muss sich in einer Zahl ausdrücken lassen. Demnach ist Claim Management eine reine kaufmännische Angelegenheit? Falsch. Der kaufmännische Teil ist nur ein Mosaikstein, meistens der letzte, der beim Entwurf eines Claims noch fehlt.

Es reicht also bei weitem nicht aus zu meinen, mit einem effizienten Mahnsystem unbezahlte Rechnungen einzutreiben, sei auch schon ein effizientes Claim Management. Es ist ebenso ein fataler Trugschluss zu denken, dass die vielleicht kleinen finanziellen Volumina, die innerhalb des normalen Tagesgeschäftes abgewickelt werden, so einen „Aufriss“ durch Claim Management nicht rechtfertigen würden.

Betrachten Sie es einfach wie einen undichten Wasserhahn: Man denkt ständig daran, dass die Dichtung gewechselt werden müsste, sich aber wegen der paar Tropfen der Aufwand nicht lohnt. Stellen Sie aber ein Gefäß unter den tropfenden Wasserhahn, sind Sie möglicherweise erschrocken, in welcher Zeit es gefüllt ist, und vor allem: wie viel Wasser (Geld) Sie schon verloren haben. Wissen Sie, wie viele tropfende Wasserhähne Sie in Ihrem Unternehmen haben? Wissen Sie es wirklich? Wissen Sie, um welchen Betrag Ihr Unternehmen „reicher“ sein könnte, wenn Sie die Dichtungen reparieren würden? Können Sie sich das Defizit wirklich leisten?

Claim Management ist kein Allheilmittel gegen uneffiziente Wertschöpfungsketten, aber es diszipliniert Geschäftsprozesse in Richtung Genauigkeit. Es sorgt dafür, dass weitaus weniger vergessen oder unter den Teppich gekehrt wird als vorher, und das kann sich zu einem Mehrgewinn von 5 bis 15 Prozent des Gesamtgewinns eines Unternehmens summieren.

Ineffiziente Wertschöpfungsketten sind in den meisten Fällen hausgemachte Probleme, weil zuviel „geschludert“ wird. Eine weitgehend optimierte Wertschöpfungskette erreicht man aber nur durch zwei Verhaltensweisen: durch Professionalität und durch Disziplin. Darauf zielt das Claim Management ab.

Im Vertragsmanagement muss präzise gearbeitet werden. Doch was höre ich? Genau dafür habe man im hektischen Tagesgeschäft keine Zeit. Oder in der verschärften Form: durch den permanenten Wandel wird ein präzises Arbeiten unmöglich, daher werden ineffiziente Wertschöpfungsketten in Kauf genommen, sofern sie noch nicht unmittelbar die Existenz des Unternehmens bedrohen. Und so ein neumodischer Kram wie Claim Management schaffe da nur noch mehr Unruhe im Unternehmen und vor allen Dingen in den Kundenbeziehungen. Das ist, mit Verlaub gesagt, ein völlig falscher Ansatz. Denn: Je rasanter sich der permanente Wandel vollzieht, desto mehr tritt das Claim Management in den Vordergrund.

Claim Management hat den Vorteil, dass es keine Branche ausnimmt. Egal, ob Sie ein Dienstleistungsunternehmen haben oder aus dem produzierenden Gewerbe kommen, ob Sie ein Hotel betreiben oder Industrieanlagen, Eisenbahnen oder Flugzeuge bauen – die Methodik und Systematik gilt für alle gleichermaßen. Das Potenzial für Claim Management ist enorm hoch, aber es wird kaum genutzt.

Beispiel:

Ein größeres Unternehmen hat ein Problem. Es muss innerhalb der nächsten drei Tage den Prototyp einer Maschine auf eine Messe nach Berlin liefern. Der Grundrahmen der Maschine wird normalerweise von einem Lieferanten aus Tschechien geliefert, aber der hat das Unternehmen sitzen gelassen. Anfrage an ein Kleinunternehmen in der Nähe, dass sich mit Spezialmaschinenbau beschäftigt, ob sie schnell und unbürokratisch helfen können. Sie können.

Am zweiten Tag wurden entsprechende Zeichnungen übermittelt, die in einigen Details ungenau oder fehlerhaft waren. Die offizielle Bestellung an den Auftragnehmer war eine Faxseite mit einem Zweizeiler: Hiermit bestellen wir einen Grundrahmen gemäß Zeichnung zum Preis von 0,00 Euro.

Am dritten Tag wurde der Grundrahmen nachts um 23.00 Uhr ausgeliefert, nachdem man rund um die Uhr daran gearbeitet hatte. Kurz darauf wurde die Maschine auf den Weg nach Berlin gebracht.

Als ich den Auftragnehmer am vierten Tag besuchte, erzählte er mir von dem oben genannten Auftrag. Als ich ihn fragte, was ihn diese Aktion gekostet hat, erläuterte er, dass Ding habe so viel Arbeit gekostet, dass er zum Kalkulieren noch gar nicht gekommen sei.

Lassen Sie diese Situation auf sich wirken. Dann überlegen Sie, wie der Auftragnehmer an sein Geld kommt. Welche Möglichkeiten hat er? Halten wir fest:

• Der Auftragnehmer konnte den Aufwand nicht abschätzen.

• Die offizielle Bestellung weist einen Auftragswert von 0,00 Euro aus.

• Eine Auftragsbestätigung wurde nicht geschrieben.

• Der Grundrahmen wurde auf Treu und Glauben ausgeliefert, ohne jegliche Sicherheiten.

Vier Tage nach Auslieferung ergab sich für den Auftragnehmer folgende Kostensituation:

Materialkosten: 1.250,– Euro

Lohnkosten: 3.750,– Euro (inkl. Überstundenzuschlag)

Gesamtforderung: 5.750,– Euro netto zzgl. 16 Prozent USt.

Der Auftragnehmer schrieb eine Rechnung, Zahlungsziel: innerhalb von 15 Tagen. Der Auftraggeber wies die Rechnung postwendend zurück und verlangte eine „Auftragsverhandlung“. Während dieser Verhandlung behauptete der Auftraggeber, dass er für diesen Grundrahmen an die Tschechen maximal 2.500,- Euro bezahlt, und zu mehr wäre er auch in diesem Fall nicht bereit. Der Auftragnehmer rechnete den tatsächlichen Stundenaufwand detailliert vor, doch der Auftraggeber zuckte bedauernd die Schulter: Deswegen lasse man ja in Tschechien fertigen, und er sei davon ausgegangen, dass der Auftragnehmer den Auftrag zu den tschechischen Konditionen angenommen habe. Der Auftragnehmer verwies auf seine Allgemeinen Geschäftsbeziehungen und drohte mit seinem Anwalt.

Eine Ausnahmesituation? Sie meinen, so krass käme das im wirklichen Geschäftsleben nicht vor? Weit gefehlt. Das ist eine reale Situation, und sie kommt in ähnlicher Weise jeden Tag aufs Neue 100 Prozent zu oft vor. Natürlich kann der Auftragnehmer claimen, aber auf welcher Grundlage? Was hat er denn zur Verfügung? Worauf kann er sich beziehen, um seinen Anspruch zu rechtfertigen? Nichts hat er! Selbst wenn er sich auf seine Allgemeinen Geschäftsbeziehungen oder das BGB beruft, hat er vor allem eines: einen Haufen Ärger, um zu seinem Geld zu kommen, und das auch noch mit zweifelhaftem Erfolg.

Also bleibt nur die Erkenntnis, solche Aufträge gar nicht erst anzunehmen? Falsch. Die Erkenntnis ist, während der Auftragsabwicklung nicht das Gehirn auszuschalten. Der Auftragnehmer, der ja auch noch einige Mitarbeiter hat, hätte nur eine Stunde nachdenken und handeln müssen, um den größten Ärger zu vermeiden. Wie?

• Aufgrund der Faxbestellung hätte er eine Auftragsbestätigung formulieren können, in der er die Rahmenbedingungen, wie dieser Auftrag abgewickelt wird, frei wählen konnte.

• Er hätte Ausschlusstexte verwenden können, zum Beispiel: „Zeichnungskorrekturen, Überstundenzuschläge etc. werden gesondert berechnet“.

• Er hätte seine Stundensätze festschreiben können mit dem Zusatz, dass dieser Auftrag nach tatsächlich geleistetem Aufwand berechnet wird.

Dass der Auftragnehmer den Aufwand anfänglich nicht vollständig abschätzen konnte, ist glaubhaft. Nicht glaubhaft ist dagegen, dass er es nicht annähernd gekonnt hätte. Da er wusste, dass der Auftraggeber unter hohem Druck stand, hätte er in seiner Auftragsbestätigung eine Abschlagszahlung verlangen können mit der Bedingung, dass der Grundrahmen erst nach Zahlungseingang das Grundstück verlässt.

Wie ständen die Chancen für den Auftragnehmer jetzt? Wenn er seine Auftragsbestätigung Mitte des zweiten Tages dem Auftraggeber gefaxt hätte, dann hätte er gute Chancen gehabt, mit der Abschlagszahlung zumindest seine Selbstkosten abzudecken, denn Zeit für lange Verhandlungen blieb ja nicht. Arbeiten Sie auch unter Druck präzise, denken Sie nach. Das ist Claim Management. Fragen Sie einige der 40.000 insolventen Unternehmen pro Jahr, wie gut ihr Claim Management funktioniert hatte. Überlegen Sie, wie viele Insolvenzen vermieden werden könnten, wenn das Claim Management effizient und professionell betrieben wird.

2 Ziele und Aufgaben des Vertragsmanagements

Das Ziel des Vertragsmanagements ist die

• Gestaltung

• der Abschluss und

• die Abwicklung von Verträgen.

Daraus leiten sich die Aufgaben des Vertragsmanagements ab.

In der Angebotsphase sind die Aufgaben:

• Erstellung der juristischen Vertragsteile

• Prüfung auf Vollständigkeit

• Prüfung auf Risiken

Die Aufgaben in der Vertragsabschlussphase sind:

• Prüfung auf Vollständigkeit

• Prüfung auf Unstimmigkeit

• Prüfung auf Widersprüchlichkeit

Die Aufgaben in der Abwicklungsphase sind:

• Vertragsanalyse

• Aufbereitung der Vertragsdaten

• Verfolgung von Änderungen

• Verfolgung von Abweichungen

• Beweissicherung im Schadensfall

Je nach Umfang der Aufträge hat das Vertragsmanagement also eine äuéerst hohe Priorität. Der Umfang von Aufträgen richtet sich übrigens nicht nur nach der Auftragssumme, sondern in den meisten Fällen nach der Komplexität. Ich habe Aufträge erlebt, deren Auftragssummen deutlich über 50 Millionen Euro lagen, bei denen aber bereits nach der Auftragsanalyse feststand, dass sie am Ende mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen werden. Leider lassen sich noch zu viele Unternehmer von hohen Auftragssummen blenden, nach dem Motto: Eventuelle Unwägbarkeiten während der Abwicklung lassen sich doch locker kompensieren. Lassen sie sich eben nicht. Denken Sie immer daran: Fast 90 Prozent aller an die Wand gefahrenen Aufträge werden am Anfang an die Wand gefahren, alles Nachfolgende während der Auftragsabwicklung sind bereits Wirkungen, die meistens nicht mehr korrigierbar sind. Deshalb ist es am Anfang so wichtig, präzise und diszipliniert zu arbeiten (auch wenn Sie glauben, dafür bei einem hektischen Auftragsstart keine Zeit zu haben).

Um für das Claim Management gerüstet zu sein, benötigen wir beim Auftragsstart eine so genannte „Referenzkonfiguration“. Diese besteht aus:

• dem Vertrag (und/oder Auftragsbestätigung) mit allen Beilagen und namhaft aufgeführten Protokollen, Besprechungsberichten, Notizen, Korrespondenzen, einfach alles, dessen Sie in schriftlicher Form habhaft werden können,

• der technischen Dokumentation zum Vertrag,

• Normen, Standards, Richtlinien und sonstigen Regelwerken sowie ggf.

• gesetzlichen Vorschriften.

Um Sie so weit wie möglich vor eventuellen bösen Überraschungen bei der Auftragsabwicklung zu schützen, werden wir uns jetzt mit der Vertragsund Risikoanalyse beschäftigen. Hierbei kommt es mir darauf an, Ihnen nicht nur aufzuzählen, an was Sie alles denken sollten, sondern hauptsächlich, warum Sie daran denken sollten, denn hier ist das volle Potenzial des Claim Management konzentriert.

Vertrags- und Risikoanalyse

Durch die Vertrags- und Risikoanalyse werden nicht nur die gegenseitigen Verpflichtungen, sondern auch die Risiken und Chancen herausgearbeitet.

Die vier Hauptinhalte der Vertrags- und Risikoanalyse sind:

• die vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien,

• die Mitwirkungspflichten insbesondere des Auftraggebers (zum Beispiel Auflistung des Auftraggebers oder Ausschlussliste des Auftragnehmers),

• die Ausarbeitung und In-Beziehung-setzen der vertraglichen Regelungen zu Einzelfragen wie Änderungen, Verzögerungen, Vertragsstrafen etc.,

• die Beurteilung der besonderen vertraglichen Risiken.

Die durchgeführte Vertragsanalyse bietet Ihnen die Möglichkeit, auch Ihrem Kunden zu zeigen, dass Sie seinen Auftrag und seine Erwartungen verstanden haben, weil Sie danach den Auftrag im Detail kennen. Halten Sie sich bei der Analyse an folgende drei Schritte:

1. Lesen, Denken, Analysieren.

2. Herausforderungen erkennen, die Probleme auf den Tisch legen (auch die nicht ganz einfachen).

3. Maénahmen erarbeiten, handeln.

Schon beim ersten Schritt geht das Drama los: Lesen! Wie oft höre ich, dass die Informationsflut am Anfang eines Projektes kaum noch zu bewältigen ist. Handgeschriebene Merkzettel vermischen sich mit Dutzenden, sich widersprechenden E-Mails, Telefonnotizen, so sie denn noch gültig sind oder überhaupt gemacht wurden, widersprechen sich mit Besprechungsprotokollen und so weiter. Und, wie immer, keine Zeit.

Man muss erst mal Ordnung in dieses Chaos kriegen, und, Hand aufs Herz, das fällt uns allen schwer. Und dabei auch noch denken. Tun Sie mir einen Gefallen: Hören Sie um Gottes Willen nie mit dem Denken auf und widersetzen Sie sich mit Nachdruck jedem, der Sie am Denken hindern will. Auch wenn der Druck im neuen Auftrag schier unerträglich erscheint: Keine Panik, es ist alles eine Frage der Nerven.

Beispiel:

Der Auftrag startet mit dem Wissen, dass einige Termine bereits jetzt schon nicht mehr erfüllt werden können. Die normale Reaktion ist, aufgrund leicht aufkommender Panik, sich genau auf diese nicht mehr erreichbaren Termine zu konzentrieren in der Hoffnung, doch noch was retten zu können.

Lassen Sie das. Verschwenden Sie keine wertvolle Zeit auf Dinge, die schon geschehen sind. Konzentrieren Sie sich auf die Dinge, die sich aus dieser Situation ergeben könnten. Bleiben Sie ruhig und denken Sie nach.

Das nächste Problem ist das Analysieren. Jeder hat ein anderes Denkmuster, und das heiét, nicht jeder zieht aus dem Gelesenen auch die richtigen Schlüsse für die richtigen Maénahmen. Berufserfahrung ist hierbei ein nicht zu unterschätzendes Element. Nutzen Sie, wann immer es Ihnen möglich ist, das Wissenspotenzial erfahrener Mitarbeiter. Versuchen Sie, beim Ziehen von Schlüssen emotionslos, sachlich und ruhig zu bleiben. In der Ruhe liegt die Kraft.

Beispiel:

Die Auswertung des Flugschreibers eines abgestürzten Privatflugzeuges, bei dem der Pilot nebst Insassen ums Leben kamen, ergab, dass in einer Höhe von 500 Metern der Motor ausgegangen war. Bevor das Flugzeug eine Minute später auf den Boden schlug, versuchte der Pilot sage und schreibe 31 Anlassversuche – ohne Erfolg.

Das Untersuchungsergebnis besagte, dass, wenn sich der Pilot 40 Sekunden Zeit genommen hätte zum Denken und Analysieren, er in der 41. Sekunde durch einen einzigen Wiederanlassversuch den Motor hätte erfolgreich starten und damit den Absturz vermeiden können.

Der zweite Schritt, die Herausforderungen zu erkennen und die nicht ganz einfachen Probleme auf den Tisch zu legen, hat eine gewisse Brisanz. Das liegt zum Beispiel daran, dass manche Vorgesetzte gewisse Dinge eben einfach nicht hören wollen. Wenn sich das kalkulierte Reinergebnis des Projektes unauslöschlich in die Festplatte des Geschäftsführers eingebrannt hat, dann beiéen Sie möglicherweise bei ihm auf Granit, wenn Sie mit Problemen kommen, die eben dieses Reinergebnis schmälern würden. Machen Sie trotzdem nicht den Fehler, die anstehenden Probleme unter den Tisch zu kehren. Wählen Sie einen anderen Zeitpunkt und/oder weichere Argumente, aber verschweigen Sie nichts.

Maénahmen erarbeiten und Handeln ist die Konsequenz aus den beiden vorherigen Schritten. Auch hier gilt: Der Mensch ist in der Regel bequem und schiebt zudem unangenehme Dinge vor sich her.

Beispiel:

Der Projektleiter erkennt die Maénahme, mit dem Kaufmann bezüglich eines vergessenen Teils beim Lieferumfang ein Gespräch für eine Nachkalkulation zu führen. Er weié: Der Kaufmann wird das persönlich nehmen und ein Heidentheater veranstalten. Nachdem er sich drei Tage dieses Gespräch nicht antun wollte, eskalierte es inzwischen bei der Geschäftsführung – und die Situation wurde wesentlich unangenehmer, als wenn er die Maénahme sofort erledigt hätte.

Erledigen Sie unangenehme Dinge sofort oder schnellstmöglich. Überwinden Sie dabei den inneren Schweinehund. Handeln Sie diszipliniert. Fangen Sie mit dem unangenehmsten Vorgang an – Sie werden sich danach besser fühlen und die weniger unangenehmen Vorgänge noch leichter und schneller erledigen.

Machen Sie sich eines zum Grundsatz: Nehmen Sie sich die Zeit, um die Kernfragen der Auftragsanalyse sofort und sorgfältig zu beantworten. Lieber heute das Was, Wann, Wie beantworten, als morgen das Warum, Wer und Was nun.

Wenden wir uns jetzt einer Vielzahl von Aspekten zu, die bei der Vertragsgestaltung eine Rolle spielen können und die dem Claim Management Hunderte von Möglichkeiten eröffnen.

3 Die wichtigsten vertraglichen Aspekte

Bei größeren Aufträgen ist es sinnvoll, sich eine Liste mit den Vertragsund Ansprechpartnern anzufertigen. Erstellen Sie sich am besten ein Formblatt, das Sie für alle Aufträge verwenden können.

Sinnvoll ist es, dieses Formblatt dem im Unternehmen üblicherweise verwendeten Auftragsdeckblatt anzuheften. Gliedern Sie die Liste der Vertrags- und Ansprechpartner in drei Teile:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!