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Dieser Band vermittelt in erster Linie Überblickswissen. Ausgehend von einer Darstellung der wichtigsten Etappen der externen Sprachgeschichte wird die Entwicklung des Kastilischen als Standardsprache sowie seine Entwicklung zur nationalen Amtssprache im heutigen Spanien nachgezeichnet. Ale zentrale Parameter für die diachrone Betrachtung des Spanischen werden u.a. Faktoren wir Mündlichkeit/Schriftlichkeit, Sprachkontakt, Sprachnormierung und Sprachgesetzgebung betrachtet.
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Seitenzahl: 324
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Annegret BolléeIngrid Neumann-Holzschuh
Klett Lerntraining
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© Klett Lerntraining, c/o PONS GmbH, Stuttgart 2013Alle Rechte vorbehalten.www.klett-lerntraining.de
E-ISBN 978-3-12-939102-0
Das vorliegende Buch ist aus Vorlesungen hervorgegangen, die wir an den Universitäten Bamberg und Regensburg gehalten haben; es richtet sich, der Reihe UNI-Wissen entsprechend, in erster Linie an Studierende des Faches Hispanistik. Unser Ziel ist es, einen kompakten Überblick über die Geschichte des europäischen Spanisch von den Anfängen bis zur Gegenwart zu geben; dabei liegt der Schwerpunkt auf der externen Sprachgeschichte, die interne Entwicklung der Phonologie, der Morphologie, der Syntax und des Wortschatzes wird nur in Auswahl behandelt. Die Geschichte des lateinamerikanischen Spanisch bleibt bis auf wenige Hinweise ausgeklammert.
Eine spanische Sprachgeschichte in deutscher Sprache fehlt bislang. Natürlich gibt es eine Reihe von auf Spanisch verfassten Sprachgeschichten: Zu nennen sind hier neben dem Standardwerk von Rafael Lapesa, der Historia de la lengua española, z. B. die Werke von Coloma Lleal (1990) und von Cano Aguilar (1992), deren Lektüre unserer Erfahrung nach jedoch vielen Studierenden im Grundstudium schwer fällt. Die Einführung in die Sprachgeschichte der Iberischen Halbinsel von Antonio Tovar (31989) hat lediglich die Herausbildung der Sprachräume auf der Pyrenäenhalbinsel zum Gegenstand, nicht aber die eigentliche Geschichte der spanischen Sprache. Wir haben uns daher entschlossen, den genannten Büchern eine weitere Sprachgeschichte an die Seite zu stellen, die sich sowohl als Begleitlektüre für sprachgeschichtliche Veranstaltungen als auch zum Selbststudium eignet. Dabei waren uns die kurzen sprachgeschichtlichen Überblicke in den Werken Die spanische Sprache (21995) von Berschin / Fernandez / Sevilla, Einführung in die spanische Sprachwissenschaft (21993) von Dietrich / Geckeler und Gesprochene Sprache in der Romania (1990) von Koch / Oesterreicher eine wertvolle Hilfe.
Die Vorgabe, die 2000jährige Geschichte der spanischen Sprache auf weniger als 200 Seiten zu komprimieren, führt zwangläufig dazu, dass wir auf vieles verzichten mussten und einzelne Aspekte nicht in der wünschenswerten Weise vertiefen konnten. Wir möchten jedoch den Studierenden mit diesem Buch vor allem eine erste Orientierung ermöglichen und hoffen, dass die ausführliche Bibliographie zu einer weiterführenden Beschäftigung mit einzelnen Themenbereichen einlädt.
Zu herzlichem Dank verpflichtet sind wir Prof. Dr. Jürgen Lang (Erlangen), Dr. Josef Felixberger (Regensburg), Dr. Julia Mitko (Regensburg) und Dr. Monika Sokol (Bayreuth), die den Text kritisch gelesen und kommentiert haben. Ferner danken wir Karolin Heil M. A. und Dr. Ulrike Scholz, die sich mit großem Engagement der Erstellung und Bearbeitung des Manuskripts gewidmet haben.
Annegret Bollée und Ingrid Neumann-Holzschuh im November 2002
Das Spanische gehört zur Familie der romanischen Sprachen, die sich im ehemaligen Römischen Reich aus dem gesprochenen Latein entwickelt haben. Die sog. Romania wird in folgende Sprachen untergliedert: Rumänisch, Dalmatisch1, Italienisch, Sardisch, Rätoromanisch, Französisch, Okzitanisch, Katalanisch, Spanisch und Portugiesisch. Aufgrund sprachlicher Merkmale lassen sie sich der Ost- oder Westromania zuordnen, deren Grenze über den Apenninen- Kamm verläuft: zur Ostromania gehören das Rumänische, das Dalmatische und das Italienische mit den Dialekten Mittel- und Süditaliens, zur Westromania die Dialekte Oberitaliens, das Rätoromanische, die Sprachen der Galloromania (Französisch, Okzitanisch) und der Iberoromania (Katalanisch, Spanisch, Portugiesisch). Das Katalanische wird bisweilen auch als eine Art Brücke („lengua puente“) zwischen Gallo- und Iberoromania angesehen; das Sardische nimmt eine Sonderstellung ein.
Durch die europäische Expansion in der Kolonialzeit wurden romanische Sprachen nach Amerika, Afrika und Asien getragen: das Französische nach Nordamerika, in die Karibik und in Teile Afrikas, das Portugiesische nach Brasilien, Afrika (Angola, Mosambik) und Asien (Macao, Osttimor). Das Verbreitungsgebiet des Spanischen umfasst außer dem europäischen Mutterland und den Kanarischen Inseln die ehemaligen Kolonien in Mittel- und Südamerika von Mexiko bis Argentinien mit der Ausnahme Brasiliens2. Eine große Rolle spielt das Spanische mittlerweile auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, ferner dient es in Äquatorial-Guinea als Amtssprache. In Israel und einigen Balkanstaaten sowie in den USA gibt es noch Sprecher des Judenspanischen. Spanische bzw. iberoromanische Kreolsprachen werden auf den Philippinen (Chabacano), in Kolumbien (Palenquero) und auf den Inseln Curaçao, Bonaire und Aruba (Papiamentu) gesprochen (Berschin u. a. 1995:16–37).
Die Geschichte der spanischen Sprache im engeren Sinne beginnt im Mittelalter, mit der lateinisch-romanischen Diglossie, dem Beginn der Verschriftung des romance und den ältesten Sprachdenkmälern. In der bisherigen Forschung und in den Sprachgeschichten wird sie unterschiedlich in Epochen eingeteilt; häufig findet sich eine Zweiteilun g, die auf Menéndez Pidal zurückgeht, und zwar in eine alte Epoche bis zum 15. Jh. und in die Neuzeit ab dem 16. Jh. (Marcos Marín 1992).
Bei jeder Periodisierung stellt sich natürlich die Frage nach den Kriterien, die man dafür zugrunde legen will: Jahrhunderte, Daten der politischen Geschichte, die Literaturgeschichte, die interne Sprach- entwicklung oder Eingriffe durch sprachnormierende Instanzen wie die 1713 gegründete Real Academia Española. Für die Periodisierung der italienischen Sprachgeschichte ist in jüngerer Zeit von Thomas Krefeld (1988) ein Vorschlag gemacht worden, der von neueren Forschungen zu Mündlichkeit und Schriftlichkeit ausgeht und der Einteilung die verschiedenen Phasen des Ausbaus von Schriftsprachen und der Überdachung der Dialekte zugrunde legt. Mit Sprachausbau sind die Entwicklung einer Schriftsprache und der allmähliche „Ausbau“ der Syntax und des Wortschatzes gemeint, so dass die ausgebaute Sprache für alle kommunikativen Bedürfnisse gerüstet ist. Von Dachsprache oder Überdachung spricht man, wenn ein Dialekt (im Zuge seines Ausbaus) oder eine Sprache andere Dialekte oder Sprachen als Schriftsprache „überlagert“, ohne sie zu verdrängen.
In der Iberoromania würden sich unter diesem Gesichtspunkt vier Perioden begründen lassen:
1.Eine Vorausbauphase reicht von den ersten Sprachdenkmälern bis zur ersten Hälfte des 12. Jhs.;
2.die Ausbauphase beginnt zunächst polyzentrisch ab der zweiten Hälfte des 12. Jhs. und findet für das Kastilische mit der Kodifizierung des castellano drecho am Hofe Alfons‘ des Weisen ihren Abschluss;
3.im 13. Jh. geht die Ausbauperiode über in eine erste Periode der Überdachung, in der das Kastilische sich im Zuge der Reconquista nach Süden ausbreitet und leonesische, aragonesische und mozarabische Dialekte z. T. überdacht, z. T. ganz verdrängt;
4.in der zweiten Überdachungsphase im 16. Jh. hat sich die heutige Sprachlandschaft auf der Halbinsel herausgebildet, das Kastilische ist zum Spanischen und überall dort, wo im spanischen Staat noch andere als kastilische Mundarten gesprochen wurden, zur Dachsprache geworden. Im gleichen Zeitraum verbreitete sich das Spanische in der Neuen Welt (vgl. Koch/Oesterreicher 1990:199–202).
Die Periodisierung in diesem Buch folgt einem Vorschlag von Rolf Eberenz (1991), der ähnlich wie für das Französische, Englische und Deutsche auch für das Spanische drei Phasen der Sprachgeschichte annimmt: Alt-, Mittel- und Neuspanisch. Der Einteilung von Eberenz liegt die interne Sprachgeschichte, also die Entwicklung des Sprachsystems, zugrunde. Aus dieser Sicht ist das bisher als Einschnitt genommene Jahr 1500, das den Beginn der Neuzeit markiert, ohne jede Bedeutung. Beispielsweise ist keine der großen Veränderungen im lautlichen Bereich bis dahin abgeschlossen, und auch in der Morphosyntax gibt es bis weit ins 16. Jh. hinein eine große Formenvielfalt; die Siglos de Oro sind weit davon entfernt, eine Periode sprachlicher Stabilität zu sein. Vieles konsolidiert sich eigentlich erst im 17. Jh. und seine moderne Form erhält das Spanische erst im 18. Jh.
Auf der Grundlage der internen Sprachgeschichte lassen sich drei Etappen herausarbeiten (Eberenz 1991:105f.):
•1200–1450, die „época antigua“ (Altspanisch), die charakterisiert ist durch „relativa estabilidad de las estructuras esenciales de la lengua escrita, dentro de los moldes creados por la reforma alfonsina“;
•1450–1650, eine „etapa media“ (Mittelspanisch): „una transformación más rápida y perceptible de los parámetros fonológicos y morfosintácticos“3;
•1650 bis heute (Neuspanisch): „un sistema esencialmente estable“. Eberenz klammert bei seiner Einteilung sprachexterne Faktoren nicht ganz aus: wichtig sind z. B.die Kodifizierung und Sprachgesetzgebung im weitesten Sinne, vor allem durch Alfons den Weisen und die Real Academia Española.
Es liegt in der Natur der Sprache, dass sie in mehr oder minder hohem Maße von Variation geprägt ist, denn beim Sprechen entstehen Varianten. Diese können okkasionell sein – Normverstöße, aber auch Versprecher, die man korrigiert –oder sie können üblich werden. Eine Konstellation solcher Varianten, die innerhalb bestimmter geographischer, sozialer und stilistischer Verwendungsgrenzen üblich geworden sind, konstituiert eine Varietät (z. B. einen Dialekt oder einen Soziolekt).
Um die Varietäten einer Sprache zu benennen und zu klassifizieren, werden im Allgemeinen drei Dimensionen der Variation unterschieden: die diatopische, diastratische und diaphasische. Die diatopische Variation bezieht sich auf regionale Unterschiede (z. B. Leonesisch, Andalusisch), die diastratische auf Unterschiede, die mit der Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Schichten oder Gruppen zusammenhängen, und die diaphasische auf stilistische Unterschiede. Die diaphasischen Varietäten, z. B. español coloquial, werden auch als Register bezeichnet. Die Gesamtheit der diatopischen, diastratischen und diaphasischen Varietäten bildet ein sog. ‚Diasystem‘. Im Unterschied zur Struktur der Sprache wird das Gefüge der Varietäten auch Architektur genannt (Koch/Oesterreicher 1990:13).
Zu den drei genannten Dimensionen kommt noch eine weitere hinzu, die für das gesamte Varietätengefüge grundlegend ist: die Unterscheidung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Dabei ist weiter zu unterscheiden zwischen phonischer und graphischer Realisierung (Medium) einerseits und mündlicher und schriftlicher Konzeption andererseits. Viel wichtiger für die Gestalt eines Textes als das Medium ist die Konzeption, „die den sprachlichen Duktus von Äußerungen betrifft“ (Koch/Oesterreicher 1990:5). Zwischen phonischer und graphischer Realisierung besteht eine klare Zweiteilung, es gibt nur die lautliche oder schriftliche Realisierung, nichts dazwischen. Zwischen gesprochener und geschriebener Konzeption ist dagegen nicht scharf zu trennen, d. h. zwischen den Polen Mündlichkeit und Schriftlichkeit besteht ein Kontinuum; es gibt geschriebene Texte, die der Sprechsprache nahestehen, etwa Privatbriefe, und gesprochene, die der Schriftsprache nahestehen, z. B. eine Predigt oder ein Vortrag.
Die unterschiedlichen Merkmale von konzeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit sind bedingt durch unterschiedliche Kommunikationsbedingungen und Versprachlichungsstrategien, die sich aus den außersprachlichen Gegebenheiten des Sprechens oder Schreibens herleiten, z. B. Öffentlichkeit vs. Privatheit, Vertrautheit vs. Fremdheit der Kommunikationspartner, emotionale Beteiligung, physische Nähe vs. Distanz, Spontaneität vs. Reflektiertheit der Kommunikation, geringer vs. hoher Planungsaufwand. Koch/Oesterreicher schlagen vor, ausgehend von den Parametern ‚physische Nähe/Distanz‘, metaphorisch sämtliche Kommunikationsbedingungen und ihre Kombination mit den Termini ‚kommunikative Nähe‘ und ‚kommunikative Distanz‘ zu fassen und entsprechend als ‚Nähesprache‘ und ‚Distanzsprache‘ zu bezeichnen (1990:8–12).
Zu den diatopischen Varietäten rechnet man, bezogen auf das Spanische, einerseits das regional gefärbte Spanisch (español regional), andererseits aber auch Dialekte wie das Leonesische oder Andalusische. Eine Abgrenzung von Sprache und Dialekt allein aufgrund sprachinterner Kriterien ist nicht möglich: systemlinguistisch gesehen haben sich aus dem Latein in der Romania nur Dialekte herausgebildet. Von Sprache im Gegensatz zu Dialekt sprechen Laien und Sprachwissenschaftler unter Rekurs auf soziolinguistische Kriterien. So gesehen kann sich ein Dialekt durch Verschriftung, Ausbau und Kodifizierung, überregionale Verbreitung bzw. Überdachung anderer Dialekte, Entwicklung einer Literatursprache usw. zu einer Sprache entwickeln. Die spanische Staatssprache hat sich aus dem kastilischen Dialekt entwickelt, die italienische aus dem Dialekt der Toskana.
Mit Coseriu (1988) kann man im Hinblick auf die Iberische Halbinsel primäre, sekundäre und tertiäre Dialekte unterscheiden. Primäre Dialekte des Spanischen sind das Asturisch-Leonesische, das Kastilische und das Navarro-Aragonesische, die sich geographisch gesehen nebeneinander aus dem Latein entwickelt und im Mittelalter den Aufstieg zur ‚Sprache‘ begonnen haben. Während das Galicische und Katalanische bereits früh eigene Wege gingen, wurden das Asturisch-Leonesische und das Navarro-Aragonesische seit dem 11./12. Jh. zunehmend vom Kastilischen, das durch die Reconquista an Bedeutung gewann, überdacht. Als sekundäre Dialekte des Spanischen werden die Varietäten bezeichnet, die sich aus dem Kastilischen selbst durch dessen Expansion nach Süden herausgebildet haben: das Andalusische, Kanarische und Judenspanische. Tertiäre Dialekte nennt Coseriu die Varietäten der Staatssprache (españoles regionales), die z. B. in zweisprachigen Regionen wie Katalonien und Galicien gesprochen werden.
Der Terminus Standard kommt aus dem Englischen und ist in der spanischen Linguistik auf gewisse (puristische) Vorbehalte gestoßen; (lengua) estándar, estandarizar, estandarización haben sich aber den- noch weitgehend durchgesetzt. Eine Standardsprache wird überregional gebraucht; sie überdacht die Dialekte, ist ein Produkt der Sprachgeschichte und unterliegt weitgehender Normierung. Als Standard gilt die „mündliche und schriftliche Sprachform der sozialen Mittel- bzw. Oberschicht“ (Bußmann 1990:732). In Spanien gibt es hinsichtlich der Aussprache zumindest zwei regionale Standards: den nord- und mittelspanischen mit dem Zentrum Madrid und den südlichen mit dem Zentrum Sevilla; wichtige Merkmale des südlichen Standards prägen auch das amerikanische Spanisch (daher spricht man auch von español atlántico).
Hinsichtlich der Norm bzw. Normierung gibt es in der Linguistik verschiedene Konzeptionen.
Die statistische Norm oder Gebrauchsnorm: man stellt fest, welche Varianten die häufigsten sind und rechnet diese der Norm zu. Hierbei handelt es sich um eine deskriptive Norm, und eine solche deskriptive Norm kann man jeder Varietät einer Sprache zuordnen: auch die Dialekte, die Soziolekte oder die familiäre Sprechsprache haben ihre Normen.
Der deskriptiven steht die präskriptive Norm gegenüber, die von einer Norminstanz, etwa einer Sprachakademie oder einer Grammatik bzw. einem Wörterbuch, vorgeschrieben wird. Auch eine präskriptive Norm orientiert sich an der sprachlichen Realität, allerdings an einem Sprachgebrauch (uso), der als vorbildlich angesehen wird (z. B. Sprache des Hofes oder Sprache der „guten Autoren“).
Von Zwei- oder Mehrsprachigkeit, Bilinguismus oder Multilinguismus spricht man, wenn ein Individuum über zwei oder mehrere Sprachen verfügt oder wenn in einer Gesellschaft zwei oder mehrere Sprachen gesprochen werden, wie z. B. Katalanisch und Spanisch in Katalonien.Eine Sonderform des Bilinguismus ist die Diglossie, worunter nach Ferguson (1959) das Verhältnis von zwei Varietäten einer Sprache (z. B. Hochdeutsch und Schweizerdeutsch) oder von zwei genetisch verwandten Sprachen (z. B. Französisch und Kreolisch in Haiti) zu verstehen ist, die in einer Gesellschaft in komplementärer Verteilung verwendet werden und zwischen denen ein soziales Gefälle besteht: die „high variety“ wird in formalen Redesituationen und in der Schriftlichkeit verwendet (‚Distanzsprache‘), in der Schule gelernt, besitzt hohes Prestige und eine kodifizierte Norm; die „low variety“ ist informelle Umgangssprache (‚Nähesprache‘), wird als Muttersprache erworben, hat wenig oder gar kein Prestige und ist nicht kodifiziert. Andere Forscher haben den Diglossie-Begriff auch auf Konstellationen von Sprachen ausgeweitet, zwischen denen zwar ein Gefälle, aber keine genetische Verwandtschaft besteht, z. B. Spanisch und Baskisch im Baskenland.
Für die spezifischen Situationen von Zwei- und Mehrsprachigkeit im Laufe der lateinisch-romanischen Sprachgeschichte sind die Termini ‚Substrat‘, ‚Superstrat‘ und ‚Adstrat‘ geprägt worden. Substratsprachen sind solche, die in Italien und im späteren Imperium Romanum vor der Romanisierung gesprochen und durch das Latein verdrängt wurden. Analog dazu bezeichnete Wartburg als Superstratsprachen die Idiome von späteren Eroberern, vor allem Germanen zur Zeit der Völkerwanderung, die in der Romania einige Jahrhunderte mit dem Latein bzw. dem Protoromanischen koexistierten, sich aber nicht durchsetzen konnten. Die Bezeichnung Adstratsprachen dient für Sprachen, die in geographischer Nachbarschaft mit dem Latein gesprochen und nicht verdrängt wurden, wie z. B. das Griechische und Baskische.4
Die Pyrenäenhalbinsel war vor der römischen Eroberung vor allem von vier Volksgruppen besiedelt: den nichtindogermanischen Iberern und Basken sowie den indogermanischen Kelten und Lusitanern. Die geographische Verbreitung lässt sich u. a. aufgrund von Orts- und Personennamen rekonstruieren (Untermann 1961, 1980).
Herodot bezeugt als Bewohner der Pyrenäenhalbinsel Tartessier, Iberer und Kelten. Mit dem Namen Iberer, der sich von Iberus, dem antiken Namen des Ebro, herleitet, wurde ein Verbund von Stämmen mit gemeinsamer Kultur bezeichnet, deren Herkunft bisher nicht geklärt werden konnte. Sie bewohnten zwischen dem 6. und 2./1. Jh. v. Chr. verschiedene Regionen in Andalusien, an der Mittelmeerküste und im Nordosten bis in den Süden Frankreichs. Ihre Kultur, gekennzeichnet durch städtische Lebensformen, steinerne Monumentalarchitektur und die Entwicklung einer eigenen Schrift, gründete auf der tartessischen und erlebte im Kontakt mit Phöniziern und Griechen ab dem 7. Jh. v. Chr. einen gewaltigen Aufschwung ( 1998).
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