Universitätsmamsellen - Eckart Kleßmann - E-Book

Universitätsmamsellen E-Book

Eckart Kleßmann

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Beschreibung

»Mit Schirm, Charme und Verstand«* Die deutsche Romantik ist wieder ein Thema – und mit ihr Leben und Schicksal von fünf ebenso gescheiten wie attraktiven Göttinger Töchtern, die ihre Angelegenheiten mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit und Willenskraft in die eigenen Hände genommen haben. Dorothea Schlözer zum Beispiel, die als erste Frau in Europa den Titel eines Doktors der Philosophie erhielt, ihre Urkunde aber nicht in Empfang nehmen konnte, weil Frauen die heiligen Räume der Universität nicht betreten durften. Oder ihre Freundin Therese Heyne, die noch recht jung den Weltumsegler Georg Forster heiratete, ihn aber später zugunsten des Schriftstellers Ludwig-Ferdinand Huber verließ. Nach dessen Tod leitete sie sieben Jahre lang die Redaktion von Cottas »Morgenblatt«; vermutlich war sie nicht nur in Deutschland die erste Frau, die ein journalistisches Amt von solchem Einfluss versah. Oder Caroline Schlegel, geborene Michaelis, der in der entstehenden jungen Romantik eine bedeutende Aufgabe zufiel. *Dorothea Schlözer, Therese Heyne, Caroline Michaelis, Meta Forkel und Philippine Gatterer: In fünf eindrucksvollen Porträts entwirft Eckart Kleßmann mit Elan und voller Liebe die Bilder einer Galerie der frühen Emanzipation und dokumentiert ein wichtiges, ernstes und zugleich amüsantes Kapitel der Kultur- und Gesellschaftsgeschichte, das erst unsere Zeit ganz zu würdigen vermag.

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Eckart Kleßmann

Universitätsmamsellen

Fünf aufgeklärte Frauen zwischen Rokoko, Revolution und Romantik

Herausgegeben von Klaus Harpprecht und Michael Naumann

ISBN 978-3-8477-5281-3

© für die deutschsprachige Ausgabe:

AB – Die Andere Bibliothek GmbH & Co. KG, Berlin www.die-andere-bibliothek.de

Universitätsmamsellen, Fünf aufgeklärte Frauen zwischen Rokoko, Revolution und Romantik von Eckhart Kleßmann ist April 2008 als zweihunderteinundachtzigster Band der Anderen Bibliothek erschienen und inzwischen vergriffen.

In gedruckter Form erhältlich als Extradruck, Nachauflage in Klappenbroschur, unter:

http://www.die-andere-bibliothek.de/Originalausgaben/Universitaetsmamsellen::359.htmlhttp://www.die-andere-bibliothek.de/Originalausgaben/Zwischen-den-Zeiten::648.html

Um keine limitierte gedruckte Ausgabe zu verpassen, empfehlen wir das Abonnement: ab-abo.de

Covergestaltung: Ute Henkel

Herausgabe: Klaus Harpprecht und Michael Naumann

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

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Inhaltsübersicht

Impressum

DIE ANDERE BIBLIOTHEK

ERSTES KAPITEL

1. Die Stadt

2. Die Universität

3. Die Professoren

4. Die Studenten

5. Die Bürger

6. Die Obrigkeit

7. Die Besatzung

ZWEITES KAPITEL

1. Die junge Dichterin

2. Gottfried August Bürger

3. Caroline Michaelis

4. Therese Heyne

5. Meta Wedekind

6. Dorothea Schlözer

7. Meyer, Forster, Bürgers Ende

DRITTES KAPITEL

1. Eheleben

2. Mainz und die Folgen

3. Frau Senatorin Rodde

4. Die Romantik

5. Therese Huber

6. Der Krieg kommt nach Lübeck

7. Carolines letzte Jahre

VIERTES KAPITEL

1. Der Schatten Napoleons

2. Friedhofsruhe

3. Ein Grab in Avignon

4. Die Redakteurin

5. Die Lyrikerin

6. Die Unstete

7. Spätere Schicksale

BIBLIOGRAPHIE

DIE ANDERE BIBLIOTHEK

Die 1984 von Hans Magnus Enzensberger und dem Verleger und Buchgestalter Franz Greno begründete Buchreihe DIE ANDERE BIBLIOTHEK ist längst zum Bestandteil unserer deutschsprachigen Lesekultur geworden. Monat für Monat ist seit Januar 1985 ein Band erschienen – »Gepriesen und geliebt« (Frankfurter Allgemeine Zeitung). An dem Anspruch, intellektuelles und visuelles Vergnügen zu verbinden, hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert:

DIE ANDERE BIBLIOTHEK ist die »schönste Buchreihe der Welt« (Die Zeit).

Seit Januar 2011 wählt der Herausgeber Christian Döring monatlich sein Buch aus und gibt es im Verlag DIE ANDERE BIBLIOTHEK unter dem Dach des Aufbau Hauses am Berliner Moritzplatz heraus. In Haltung, Gestaltung und Programm hat sich am Anspruch seit drei Jahrzehnten nichts geändert: »Wir drucken nur Bücher, die wir selber lesen möchten.«

Das Programm der ANDEREN BIBLIOTHEK folgt inhaltlich seit Anbeginn nur einem Maßstab: Genre-, epochen- und kulturraumübergreifend wird entdeckt und wiederentdeckt, die branchenübliche Einteilung in Sachbuch und Literatur hat nie interessiert, der Klassiker zählt so viel wie die Neuerscheinung. Es gilt der »Kanon der Kanonlosigkeit«, nur Originalität und Qualität sollen zählen.

– Jeden Monat erscheint ein neuer Band, von den besten Buchkünstlern gestaltet.

– Die Originalausgabe erscheint in einer Auflage von 4.444 Exemplaren – limitiert und nummeriert.

– Werden Sie Abonnent, so erhalten Sie jede Originalausgabe garantiert und zum Vorzugspreis.

Die Mindestlaufzeit des Abos beträgt ein Jahr (zwölf Bände), danach können Sie jederzeit kündigen. Als persönliches Dankeschön erhalten Sie eine exklusive Abo-Prämie.

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DIE ANDERE BIBLIOTHEK

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ERSTES KAPITEL

Die Stadt

GÖTTINGEN WAR WIRKLICH ETWAS BESONDERES. Nie hätte sich der Magistrat des heruntergekommenen Städtchens träumen lassen, so gänzlich unvermutet und gleichsam über Nacht der Stätte einer veritablen Universität vorzustehen, emporgehoben aus den Niederungen eines dürftigen Kleinhandels in die Höhen weithin strahlender Gelehrsamkeit. Das Wunder ereignete sich so:

Nach dem Ende der Dynastie der Stewarts auf dem englischen Thron war die Krone dem Kurfürsten von Hannover zugefallen, der als Georg I. am 1. August 1714 englischer König geworden war. Sein Sohn, Georg II., König seit 1727, regierte in Personalunion sein Kurfürstentum de iure von London aus, de facto aber versah die Amtsgeschäfte ein Geheimes Rats-Kollegium in Hannover. Zwischen dem König und diesem Kollegium stand zwar die »Deutsche Kanzlei« in London, tatsächlich aber wurde die nicht sonderlich viel beschäftigt, denn als heimlicher Regent wirkte der vom König eingesetzte Premierminister Gerlach Adolph von Münchhausen, der dem Geheimen Rats-Kollegium vorstand.

Das Kurfürstentum Hannover besaß damals nur eine Universität, Helmstedt, 1576 gegründet. Eine zweite und vor allem modernere tat not, denn eine Universität war, wie sich noch zeigen wird, ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor. Statt des etwas antiquierten Helmstedt bevorzugten die Landeskinder mehr und mehr das preußische Halle oder das sächsisch-weimarische Jena. Warum sollten sie ihr gutes Geld nicht im Land halten und die neue Universität so ausgestalten, daß man auch über die Grenzen Attraktivität ausstrahlte und fremde Untertanen anzog?

Der erste Planungsentwurf lag 1732 vor, und als Standort entschied man sich sehr rasch für Göttingen. Der erstmals 953 urkundlich erwähnte Ort, der seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts die Stadtrechte besaß, hatte sich früh zu einer florierenden Handelsstadt entwickelt, ehe er vom Dreißigjährigen Krieg ruiniert wurde. Kontributionen und Einquartierungen führten bald zu einer unermeßlichen Verschuldung, Seuchen und Abwanderung dezimierten die Bevölkerung, Handel und Handwerk lagen brach. Die über Jahrhunderte gepflegten Handelsverbindungen (Göttingen war auch Mitglied der Hanse gewesen) waren abgerissen, die Tuchindustrie, die der Stadt Wohlstand gebracht hatte, existierte nicht mehr, Privilegien wie Münz- und Zollrecht hatte man dem Landesherrn zurückgeben müssen. Über ein Drittel aller Häuser standen leer und verfielen. Um 1700 lebten in Göttingen etwa 1500 Einwohner. Eine Universität, an welcher »Sr. Königl. Maj. Unterthanen zu den ordentlichen kirchen- und weltlichen Bedienungen nach Erheischung jetziger Umstände besser als anderswo präpariert werden« könnten, wäre zweifellos geeignet, der Stadt allmählich etwas von ihrem alten Glanz zurückzugeben.

Am 23. April 1733 bekam der Magistrat Göttingens von der Regierung in Hannover die offizielle Mitteilung: »Euch wird ab dem, was bey letzterer Versamlung derer Land= Stände zur proposition gekommen, bereits bekant worden seyn, welchergestalt Se. Königl. Majt. unser allergnädigster Herr gewillet sind, in dortiger Stadt eine Universität einzurichten.« Diese Gründung werde »insbesondere eurer Bürgerschaft Vortheil und Nahrung bringen, folglich der Stadt-Aufnahme mercklich vermehren«.

Göttingens Magistrat ließ es erst einmal ruhig angehen, nach Einschätzung der auf Aktivität bedachten Regierung viel zu ruhig, denn es entging ihr nicht, daß es der Stadt an rechter Arbeitslust mangelte. Aber die Zeit drängte. Am 21. Februar 1733 hatte der Kaiser in Wien der neuen Universität ein kaiserliches Privileg erteilt, das dem der 1694 gegründeten preußischen Universität Halle entsprach, und die neue Hochschule sollte 1737 eröffnet werden. So beauftragte die Regierung eine Kommission zur Überwachung der Koordination der Arbeiten und unterstellte den Göttinger Bürgermeister Georg Friedrich Morrien, ohne ihn zu fragen, dem Northeimer Bürgermeister Friedrich Ferdinand Insinger, der im Januar 1736 seine neue Tätigkeit aufnahm und auch gleich die gewünschte Energie walten ließ. Es war viel zu tun.

Zwar hatte man schon 1702 die Neubebauung vorangetrieben und verfallene Häuser und Grundstücke kurzerhand enteignet, wenn die ursprünglichen Eigentümer nicht mehr zu ermitteln waren, aber das hatte natürlich nicht gereicht, der künftigen Universitätsstadt ein einladendes Aussehen zu geben.

Wasserleitungen mußten verlegt und neue Brunnen gebohrt werden, alle Plätze und die wichtigsten Straßen waren zu pflastern, Straßenlaternen aufzustellen, die Reinigung der Straßen und die Müllabfuhr zu organisieren, die Wälle mit Linden zu bepflanzen und die Hausbesitzer anzuhalten, ihre Häuser verputzen und streichen zu lassen. Auch mangelte es empfindlich an Gasthöfen für bessergestellte Besucher und Durchreisende, aber die meisten Sorgen bereitete die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, zumal die zu erwartende Universität immer mehr Menschen nach Göttingen zog. Zwischen 1736 und 1756 waren es zweitausend, fast schon zuviel für eine Stadt, die selbst ihre bis dahin 3500 Einwohner nicht besonders gut hatte versorgen können. Es mangelte empfindlich an Frischfleisch, die Getreidepreise stiegen, die Bierbrauer konnten der wachsenden Nachfrage nicht mehr gerecht werden, es fehlte ein solider Weinhandel, und das Brennholz wurde immer teurer. Zwar erlebte das Bekleidungs- und Baugewerbe eine Hochkonjunktur, und auch die Handwerker hatten gut zu tun. Doch alle diese kleinen, mit Kapital kaum ausgestatteten Betriebe beschäftigten nur sehr wenige Menschen, und den steigenden Preisen standen konstant gebliebene Löhne gegenüber. Vierzig Prozent der Einwohner Göttingens rechnete man damals zur Unterschicht, die wirklich Armen und Bedürftigen nicht mitgezählt.

Die Universität

UNIVERSITÄTEN VON HOHEM WISSENSCHAFTLICHEM Ansehen gab es längst in Frankreich, Italien und Spanien, ehe sich Kaiser Karl IV. entschloß, 1346 in Prag die erste deutsche Universität zu gründen. Was dem Kaiser recht war, konnte den Landesfürsten nur billig sein, und so folgten denn schon bald die Gründungen der Universitäten Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392), Würzburg (1402), Leipzig (1409), Freiburg (1457), Tübingen (1476), Marburg (1527), Jena (1558), Helmstedt (1576) und Gießen (1607); da jeder Herzog und Kurfürst auch eine Hochschule sein eigen nennen wollte, besaß Deutschland die meisten Universitäten in Europa. Hier sollte die intellektuelle Elite des Landes ausgebildet werden, Juristen und Theologen, deren das Staatswesen bedurfte, und so bestanden die meisten Universitäten aus der Fakultät der Theologie und – in einigem Abstand im Rang – jener der Rechtswissenschaften; die Medizin kam als eigene Fakultät erst im 17. Jahrhundert hinzu und wurde nur an ganz wenigen Universitäten (vor allem in Mainz) gepflegt; ihr ermangelte die gesellschaftliche Reputation, die sie erst im späten 18. Jahrhundert erlangte. Neben den Universitäten gab es als weitere Ausbildungsstätten Forst-, Berg- und Handels-Akademien.

Einen besonderen Fall bildete die als Hochburg der lutherischen Orthodoxie geltende Universität Tübingen, der Herzog Ulrich von Württemberg 1536 noch eine Bildungsanstalt für württembergische Theologen anschloß, genannt »das Stift«. Für dessen Besuch setzte der Herzog Stipendien aus, die »armer, frommer Leut Kinder« zugute kommen sollten. Dort legte man besonderen Wert auf die philosophische und sprachliche Schulung. Zu den berühmten »Stiftlern« zählten der Astronom Johannes Kepler, die Dichter Friedrich Hölderlin, Eduard Mörike und Wilhelm Hauff, die Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und die Theologen Johann Albrecht Bengel und Friedrich Christoph Oetinger.

An den deutschen Universitäten, selten von mehr als 200 bis 400 Studenten besucht, herrschten ein grober Ton und rauhe Sitten. Rüpelhaftes Benehmen und eine zotige Sprache galten als üblich, blutige Ehrenhändel nicht minder. Ein 1617 kursierender Spruch charakterisierte das so:

Wer von Tübingen kommt ohne Weib,

Von Leipzig mit gesundem Leib,

Von Helmstedt ohne Wunden,

Von Jena ohne Schrunden,

Von Marburg ungefallen,

Hat nicht studiert an allen.

Wenn der Freiherr von Münchhausen für seine neue Universität eines nicht wollte, so war es Flegeltum (»Grobianismus«) als Ausweis studentischen Lebens und Strebens. Seine neue Hochschule sollte sich nicht nur durch wissenschaftliche Qualität, sondern auch durch gute Umgangsformen und Wohlanständigkeit empfehlen. Diese Einstellung war dem segensreichen Wirken der Aufklärung zu danken und ihrem neuen Wissenschafts- und Universitätsideal, das die Theologie nun von ihrem bisher unangefochtenen ersten Platz zugunsten der Rechtswissenschaften verdrängte. Beispielhaft für den Einfluß der Aufklärung war die erst 1694 gegründete Universität Halle (Saale), die maßgeblich von dem aus Leipzig vertriebenen Juristen Christian Thomasius, einem der bedeutendsten deutschen Aufklärer, initiiert worden war, dem der Philosoph Christian Wolff zur Seite stand.

Eine solche Reformuniversität wie Halle zu schaffen, eine Hochschule mit einem vielfältigen Angebot in allen wissenschaftlichen Disziplinen, stand Münchhausen vor Augen. Er setzte für Göttingen eine garantierte Lehr-, Druck- und Zensurfreiheit durch und plädierte für religiöse Toleranz. Allerdings wurde Atheismus nicht geduldet. Die Bibliothek sollte eine Forschungsbibliothek sein und Professoren und Studenten unentgeltlich zur Verfügung stehen. Hier fügte es sich günstig, daß der Grundstock großzügig gestiftet wurde von der Familie des »Königlich Großbritannischen und Kurfürstlichen Geheimen Rates und Großvogtes zu Celle, Freiherrn von Bülow« mit etwa zehntausend Bänden. Hinzu kam der Bücherbestand des Göttinger Gymnasiums mit mehreren tausend Bänden und Dubletten aus der königlich-kurfürstlichen Bibliothek in Hannover.

Welche Professoren an die neue Hochschule berufen werden sollten, lag allein bei der Regierung und in ihrer Sachkompetenz. Allerdings bevorzugte Münchhausen die juristische Fakultät, was schon die bessere Besoldung der Professoren zeigte, denn aus ihr sollten ja einmal die künftigen Staatsdiener hervorgehen. Von Anfang an war Münchhausen auch der Kurator der Universität und blieb in diesem Amt bis zu seinem Lebensende 1770; einen besseren hätte es schwerlich geben können.

Die erste Vorlesung an der offiziell noch gar nicht eingeweihten Universität hielt am 14. Oktober 1734 der Physiker Samuel Christian Hollmann. Er war 1696 in Stettin geboren, seit 1726 außerordentlicher Professor der Universität Wittenberg und Anfang Oktober in Göttingen eingetroffen.

Wie wenig die Stadt darauf vorbereitet war, zeigte sich sogleich bei der Wohnungssuche Hollmanns. Dem hatte man zwar zwei Wohnungen bereitgestellt, aber die erste war schon bewohnt, und der zweiten fehlten Türen und Fenster. Die dritte (Johannisstraße 26) bezeichnete der verärgerte Professor als »Mördergrube«, doch hier hielt er seine Vorlesungen ab. Überhaupt fand er Göttingen zunächst wenig einladend (Straßen schmutzig und weitgehend immer noch ungepflastert, Häuser verwahrlost) und klagte allgemein über »den Mangel alles dessen, was zur menschlichen Notdurft und Bequemlichkeit unentbehrlich ist«. Dies und noch viel mehr ließ er die Öffentlichkeit wissen in den von ihm herausgegebenen Wöchentlichen Nachrichten in 46 Exemplaren, die allerdings ihr Erscheinungsjahr 1735 nicht überdauerten, wiewohl sich Hollmann sonst Mühe gab, Göttingen und namentlich seine Universität in günstigem Licht darzustellen und repräsentative Ereignisse ausführlich zu beschreiben. Von diesen stimmte das erste freilich recht düster: Kaum eingetroffen, war der Jurist Johann Salomon Brunnquell auch schon gestorben. Gewiß, der Professor der Universität Jena kam als Todkranker nach Göttingen, aber das ungünstige Omen wurde wenigstens durch eine pompöse Beisetzung am 15. Juni 1735 wettgemacht. Ein riesiger Trauerkondukt zog unter dem Geläut aller Kirchenglocken durch die Stadt, gefolgt von den Professoren, dem Magistrat und wer sich sonst noch zu den Honoratioren zählte, auch die Bürgerschaft und viele Studenten (von ihnen abgesondert die eigens eingeladenen studierenden Grafen); Schulkinder sangen Trauerchoräle, eine Musikkapelle intonierte gedämpft Melodien, die kleine Garnison präsentierte das Gewehr, und vom Turm der Johanniskirche, wo die Trauerfeier mit einer Kantate und lateinischer Rede abgehalten wurde, ließ man feierlich blasen. Göttingen verstand seinen Professoren schon etwas zu bieten.

Doch bald gab es auch eine Feier aus freudigem Anlaß: Am 17. September 1737 wurde die Universität festlich eingeweiht. Viertausend Menschen hatten sich versammelt, die Regierung repräsentierte Freiherr Gerlach Adolph von Münchhausen, Excellenz, und es wurde bekanntgemacht: »Ihro Königl. Maj. haben allergnädigst beliebet, Dero hiesigen Universität den Nahmen GEORGIA AVGVSTA beyzulegen.« Auch zum ersten Rektor der »Königl. Georg August Universität allhier« sich selber zu ernennen hatte Seiner Majestät »allergnädigst gefallen«, was aber nur eine Geste des allerhöchsten Wohlwollens darstellte, denn selbstverständlich lag die praktische Leitung in den bewährten Händen des – wie anders – »Höchstansehnlichen Repraesentanten Excellentz« von Münchhausen.

Der wollte die Anziehungskraft der Universität nicht gänzlich dem Ansehen der Professoren allein überlassen, es sollte den Studenten – denen vom Adel zumal – bewußt werden, wie dienlich es ihrem Renommee sein würde, gerade in Göttingen studieren zu dürfen, denn so würde Geld ins Land kommen. Münchhausen sprach das unumwunden aus: »Hunderttausend Goldlouisdor, die jedes Jahr herbeiströmen, tun gut, und die Regierung ist überzeugt, Samen ausgestreut zu haben, der bei den Söhnen des Landes moralische und von Seiten der Fremden goldene Früchte tragen wird.« Deswegen wünschte sich Münchhausen auch »den Ausbau der Universität zu einer höfischen und eleganten«, und neben den Wissenschaften sollte der Student als ein künftiger Mann von Welt hier auch Reiten, Fechten und Tanzen erlernen und in Sprachen unterwiesen werden. Da nimmt es nicht wunder, wenn das erste Gebäude der Hochschule 1734 die Reitschule war mit einem von der Universität besoldeten Stallmeister. Die Bibliothek im Paulinerkloster hingegen konnte erst im Juni 1736 ihre Räume beziehen.

»Der Hauptzweck einer Universität«, so der Staatsrechtler Johann Stephan Pütter, seit 1746 Professor in Göttingen, »wird billig darinn gesetzt, zur Ehre Gottes und zum gemeinen Nutzen der Menschen die Aufnahme der Religion und Wissenschaften dadurch zu befördern, daß einem jeden hinlängliche Mittel verschafft werden, seine Ansichten und Sitten vollkommener und für die Kirche und das gemeine Wesen brauchbar zu machen.«

Natürlich konnte man es auch so sehen.

Die Professoren

QUALIFIZIERTE LEHRKRÄFTE ZU BEKOMMEN, war für Münchhausen und seine Räte nicht schwierig, denn die neue Universität lockte mit guten Bezügen. Der Schweizer Albrecht von Haller, der am 30. September 1736 in Göttingen eintraf, war ein Gelehrter von hohem Ansehen, in Korrespondenz mit ganz Europa, und seit er 1732 sein philosophisches Lehrgedicht Die Alpen veröffentlicht hatte, stand er auch im Ruf, ein bedeutender Dichter zu sein. In Göttingen wurde er, 28 Jahre alt, Professor der Medizin, Chirurgie, Anatomie und Botanik, bis ihn 1753 das Heimweh nach Bern zurücktrieb. Doch zwei Jahre vorher gründete er noch die Societät der Wissenschaften, die auch die Göttingischen Anzeigen von Gelehrten Sachen herausgab, ein sehr angesehenes Journal.

Haller bekam ein Jahresgehalt von 700 Reichstalern. Gewiß, Johann David Michaelis, Orientalist und Theologe, seit 1745 in Göttingen, übertraf ihn mit 910 Rtlr., aber die bekam er erst fünfzig Jahre später. Deutschlands damals renommiertester Staatsrechtler, Johann Stephan Pütter, ein Jahr nach Michaelis nach Göttingen berufen, brachte es 1797 auf 1000 Rtlr. Hingegen erreichte der Physiker Georg Christoph Lichtenberg nur magere 460 Rtlr., während sein Kollege, der Historiker August Ludwig Schlözer, seit 1769 in Göttingen, 760 Rtlr. bezog.

Aber das waren nur die Grundgehälter. Hinzu kamen die Kolleggelder (zwischen 3 und 10 Rtlr. hatte ein Student pro Semester zu zahlen); die Autorenhonorare für die veröffentlichten Bücher, die das wissenschaftliche Ansehen des Professors mehrten und schon dadurch Studenten anzog, und die von den Studenten aufzubringenden Promotionsgebühren. Pütter, in dessen Vorlesungen bis zu 200 Studenten saßen (auf eine solche Zahl brachte es kaum einer seiner Kollegen), der außerdem als Zubrot gutbezahlte staatsrechtliche Gutachten für Regierungen verfaßte, erreichte mit sämtlichen Einkünften ein jährliches Spitzeneinkommen von 12000 Reichstalern. Pütter war nicht verheiratet und besaß am Ende sogar vier Häuser. In das von ihm bewohnte ließ er sich einen Hörsaal mit zweihundert Plätzen einbauen, weil die Vorlesungen zumeist in den Privaträumen der Professoren stattfanden.

Die nächst Pütter besonders betuchten Michaelis und Schlözer besaßen neben ihren Häusern in der Stadt noch Gärten vor den Toren mit hübschen Sommerhäusern. Michaelis hatte in seinem geräumigen Haus dank eines Anbaus noch ein Dutzend Studentenwohnungen geschaffen, die ihm eine schöne Miete einbrachten. Professoren wie Pütter, Michaelis und Schlözer, die in ganz Deutschland in hohem Ansehen standen, konnten von vornherein mit einem großen Zulauf bei ihren Vorlesungen rechnen. Johann Christoph Gatterer hingegen, Professor der Geschichte und Spezialist für Genealogie, seit 1759 in Göttingen, klagte, er habe es in seinen ersten vier Göttinger Jahren nur auf 50 Rtlr. Kolleggelder gebracht, während Lichtenberg mit etwa tausend Talern im Jahr rechnen konnte.

Diese Angaben gelten aber nur für die Ordinarien, die ordentlichen Professoren; den außerordentlichen ging es nicht annähernd so gut. Als Lichtenberg 1770 auf Vorschlag Münchhausens zum außerordentlichen Professor ernannt wurde, bekam er nur 200 Rtlr. Grundgehalt, sonst erhielten die Extraordinarien oft überhaupt kein Grundgehalt, sondern waren auf Kolleggelder und Autorenhonorare angewiesen. So bezog etwa Gottfried August Bürger – 1789 zum außerordentlichen Professor ernannt – ein Jahr später Kolleggelder von 1200 Rtlr., 5 Rtlr. pro Student und Semester. Angesichts der vorzüglich ausgestatteten Universitätsbibliothek brauchten die Professoren keine besonderen Aufwendungen für Bücher zu machen, dennoch nannten Gatterer, Heyne und Michaelis Privatbibliotheken von jeweils etwa 4000 Bänden ihr eigen.

Verglichen mit den Einkünften der Professoren nahmen sich die der anderen Berufe recht bescheiden aus, vor allem, wenn man berücksichtigt, daß zur Ernährung einer fünfköpfigen Familie (von Kleidung, Miete etc. ist also nicht die Rede) um 1790 etwa 110 Rtlr. pro Jahr veranschlagt wurden. Ein Geselle verdiente 90 Rtlr., ein Landpfarrer 70 Rtlr. (bar; hier kamen aber mietfreies Wohnen und Naturalien hinzu), ein Tagelöhner 60 und Dienstboten nur 12 Rtlr. (alles pro Jahr gerechnet). Beim Dienstpersonal sind jedoch freie Kost und Logis mit einzubeziehen, außerdem hatten sie Anspruch auf Weihnachts- und Jahrmarktsgeld und erhielten von den Gästen ihrer Herrschaft oft ein Trinkgeld.

Dem Freiherrn von Münchhausen lag, wie erwähnt, sehr am Herzen, daß den Studenten neben den Wissenschaften auch höfische Umgangsformen vermittelt wurden. Doch mit einem Grundgehalt von jährlich 100 Rtlr. gehörten die dafür kompetenten Tanzmeister zu den Beschäftigten der unteren Lohnskala. Etwas besser standen sich die Fechtmeister mit jährlich 120 Rtlr., denen die Studenten pro Quartal zusätzlich 5 bis 6 Rtlr. zu bezahlen hatten.

Aber was waren schon Tanz- und Fechtmeister verglichen mit dem Stallmeister der Universität! Mit einem Jahresgehalt von 1000 Rtlr. bekam er weit mehr als etwa Georg Christoph Lichtenberg; er verfügte dazu noch über eine mietfreie Dienstwohnung, durfte den Reitstall unentgeltlich benutzen und die Honorare für sich behalten: Zwischen 6 und 10 Rtlr. zahlte ein Student für die Reitstunden, und reiten zu können war damals so selbstverständlich wie heute der Erwerb eines Führerscheins. Allerdings mußte der Stallmeister seine Pferde, ihr Futter und seine Stallknechte aus eigener Tasche bezahlen. Doch als um 1800 sein Grundgehalt auf 1440 Rtlr. erhöht wurde, bekam er zusätzlich auch noch das Pferdefutter gestellt. Privilegierter war sonst nur ein Minister, dessen jährliches Grundgehalt 4000 Rtlr. betrug, wozu in aller Regel noch – wie die Kolleggelder der Professoren – weitaus höhere Summen als Schmiergelder (douceurs) und andere finanzielle Aufmerksamkeiten hinzugerechnet werden müssen.

Die Studenten

DIE ZAHL DER STUDENTEN WAR VON ANFANGS etwa 400 bei Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756) auf etwa 600 gestiegen und lag zum Ende des 18. Jahrhunderts bei etwa 950. Damit stand Göttingen an vierter Stelle im Reich nach den Universitäten Halle, Jena und Leipzig. Zentrum der Göttinger Universität waren die Rechtswissenschaften (wozu Pütter nicht unwesentlich beitrug), ein Viertel studierte Theologie, je ein Achtel Medizin und Philosophie. Man begann das Studium im Alter zwischen achtzehn und zwanzig Jahren (selbstverständlich nur Männer, Frauen waren zum Studium nicht zugelassen) und rechnete als Studiendauer rund drei Jahre, wobei es keinen vorgeschriebenen Studienaufbau gab. Wer die Höchstdauer von vier Jahren überschritt, galt als »überjährig« und mußte sich scharfe Kontrollen gefallen lassen. Konnte er seine »Überjährigkeit« nicht plausibel begründen, drohte ihm die Relegierung und Ausweisung aus der Stadt, denn Bummelei und zuviel Müßiggang wurden nicht geduldet.

Der Student hatte sich in den ersten zwei Wochen nach seiner Ankunft beim Prorektor immatrikulieren und examinieren zu lassen und dafür eine Gebühr von drei (später vier) Rtlr. zu entrichten. Dieser Betrag konnte einem mittellosen Studenten erlassen werden, dafür zahlten Adlige das Doppelte, Grafen das Vierfache. Auch gab es für Minderbemittelte Stipendien, die sowohl die Regierung als auch private Stifter ausgesetzt hatten. Für ein Jahr Studium in Göttingen rechnete man als Mindestbetrag 200 Rtlr., die Söhne vermögender Eltern erhielten pro Jahr 500 Rtlr., aber es gab auch vom Glück Begünstigte, die einen Wechsel über 2000 Rtlr. geschickt bekamen. Das war jene kleine Schar von Auserwählten, die mit eigener Kutsche, livrierten Dienern und einer Koppel Jagdhunde ihren Einzug in die kleine Stadt hielten. Diener führte man nicht nur der Bequemlichkeit halber mit sich, sondern auch als Statussymbole. Sie hatten die Wohnung und die Kleidung des Studiosus in Ordnung zu halten, Stiefel zu putzen, das Frühstück zu bereiten, Lebensmittel einzukaufen und Bücher aus der Bibliothek zu holen. Dafür bekamen sie ein Jahresgehalt, das zwischen 42 und 205 Rtlr. lag, und wohl auch meist Kostgeld.

Mühsam war in den ersten Jahren der noch jungen Universität die Beschaffung des Quartiers. Es fehlte an geeigneten Zimmern für die Studenten, zumal viele von ihnen auf einer Wohnstube mit zusätzlicher Schlafkammer bestanden. Einschließlich des Geldes für die »Aufwartung«, d.h. die Bedienung der Studenten (Aufwand für Reinigung, Heizung, Licht, Verpflegung etc.), lag die Jahresmiete zwischen 20 und 40 Talern; einen eigenen Diener besaßen die wenigsten. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es ein Überangebot an Wohnungen.

Gegessen wurde in Speisewirtschaften mit besonderen Angeboten für die Studenten. Monatlich waren dafür zwischen 2 und 7 Taler aufzuwenden, das konnte man schwerlich als preiswert bezeichnen. Über die Qualität der Beköstigung wurde fast nur geklagt, wenn auch nicht immer so drastisch wie von dem 1788 immatrikulierten Schweizer Carl Friedrich August Hochheimer, der später in einem Buch behauptete: »… und überhaupt kann man sagen, daß wenn der Göttingische Bürger und sein Schwein einander wechselweise zu Gaste bäthen, beyde Parthien, jede gleich zufrieden mit dem Tractament, von einander scheiden würden.« Sein Urteil über das Göttinger Bier (»das allerwiderwärtigste Getränk, das man sich denken kann«) wurde von den meisten geteilt. Dabei lag Einbeck, dessen Bier im 18. Jahrhundert einen guten Ruf besaß, fast vor der Haustür, aber die Göttinger Brauer schützte das staatliche Monopol, das Importbiere nicht zuließ, und mit dem Wein scheint es auch nicht viel besser bestellt gewesen zu sein. Natürlich sah es in den Restaurants der gehobenen Kategorie anders aus, die aber waren nur für Studenten mit hochdotiertem Wechsel erschwinglich.

Die Mängel der Gastronomie blieben auch der Regierung nicht verborgen, die den Magistrat aufforderte, »diesem hauptsächlichem die Stadt und Universitaet in übeln Ruff bringenden Mangel abzuhelfen«. Für arme Studenten hatte Münchhausen 140 Freitischstellen eingerichtet, die aus Stiftungen finanziert wurden. Diese Freitische befanden sich nicht in den Gastwirtschaften, sondern in Bürgerhäusern und wurden von Inspektoren überprüft.

Über seinen Tageslauf berichtet ein Theologiestudent, der von 1768 bis 1771 in Göttingen studierte:

»Des Morgens um 7 Uhr (damit ich Ihnen ein kleines Tagesregister von meinen Stunden gebe, und meine liebe Mama weiß, wo ich eben bin, wenn sie in dieser oder iener Stunde an mich denkt), um 7 also gehe ich in das Hebräische Collegium nach dem Hofrat Michaelis, von da um 8 nach dem D. Miller in die Dogmatic oder Glaubenslehre. Um 9 Uhr zu Professor Feder in die Vernunftslehre, oder Logic. Um 10 komme ich zu Haus, esse ein bisgen Brod und schreibe gleich soviel ich kann, von dem letzten Collegio ins Reine. Dann gehe ich um 11 Uhr in die Kirchengeschichte nach dem Doct. Walch, um 12 gehe ich zu Tisch, woran ich bis halb ein, meine Tischgenossen aber nicht viel über eine viertelstunde, sitzen. Dan schreibe ich wieder und gehe um 3 ins Colleg. zum Prof. Heyne, der über die Lateinischen Schriftsteller lieset, und von da um 4 zu einem Magister Eberhard, da ich die reine Mathematik höre. Um 5 Uhr gehet denn meine Repetition an, bis es dämmerig wird. Dann esse ich mein Abendbrot, lese in der Bibel, bete und gehe nach 10 zu Bette. Des Morgens stehe ich leider! Erst nach 5 wieder auf, und dann geht meine Arbeit von neuem an. Mittwochens und Sonnabend Nachmittag habe ich frey, die aber doch immer auf die Wiederholung des Versäumten drauf gehen. Sehen Sie, das ist mein Lebenslauf.«

Mag der Bericht auch für die Familie ein wenig geschönt worden sein: Im wesentlichen traf er gewiß zu, wenn man in drei Jahren sein Studium abgeschlossen haben wollte. »Man kann den Fleiß auf einer Hohen Schule nicht höher treiben, als er in Göttingen betrieben ist«, stellte Professor Johann Christian Claproth 1748 zufrieden fest.

Aber wer fleißig war, durfte sich abends durchaus der Geselligkeit erfreuen. Man traf sich in zwangloser Runde in den Wirtshäusern (Sperrstunde um 22 Uhr) oder in den Zusammenkünften der Landsmannschaften und »Orden«, wie damals studentische Verbindungen hießen. Sonntags unternahm man gern Ausflüge in die Umgebung (wer es sich leisten konnte, mietete sich dafür ein Reitpferd), vor allem ins Hessische, in nicht weit entfernte Dörfer wie Bovenden und Eddigehausen, wo man (wegen der niedrigeren Steuern) Wein, Branntwein und Kaffee wesentlich preiswerter und in besserer Qualität bekommen konnte als in Göttingen. In Bovenden sorgte die von der Universität streng verpönte Prostitution für zusätzliche Attraktivität. Immer wieder gab es entrüstete Eingaben Göttingens an die hessischen Ämter mit dem Ersuchen um energisches Durchgreifen, wenn es darum ging, »unzüchtige Weiber« auszuweisen, und meist leistete das Land Hessen dann auch die erbetene Nachbarschaftshilfe.

Die Bürger

IN DEN AUGEN VIELER STUDENTEN WAREN die Göttinger »im Grunde ein rohes, ungehobeltes und unfreundliches Volck«, denen man »tückisches Wesen, Schadenfreude, Rachsucht und Schmähsucht« nachsagte. Der schon zitierte Schweizer Hochheimer wollte selbst die Kinder nicht ausgenommen wissen: »… ehe sie noch das sechste Jahr erreicht haben, so zeigen sie schon alle bösartigen Eigenschaften.« Wechselseitig warfen sich Bürger und Studenten vor, einander zu übervorteilen und zu prellen.

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