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Eveline und Walter Eselböck führten mit dem Taubenkobel viele Jahre lang eines der besten Restaurants Europas. Nach der Übergabe ihres Lebenswerks an die nächste Generation erfüllten die beiden sich einen Traum und eröffneten zwei Unterkünfte in ihrem persönlichen Paradies. Wie niemand sonst kennen sie die Geheimnisse und verborgenen Schätze der kroatischen Halbinsel. Wo gibt es den besten Wein? Welcher Bauer hat das exquisiteste Olivenöl? Welche Restaurants werden Ihr Leben verändern? Zwei Genussmenschen mit einem Buch für alle, die mehr als einen Reiseführer suchen.
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Seitenzahl: 101
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Eveline & Walter Eselböck:
Unser Istrien
Alle Rechte vorbehalten
© 2025 edition a, Wien
www.edition-a.at
Cover: Bastian Welzer
Satz: Bastian Welzer
Fotos: Lukas Beck
Gesetzt in der Premiera
Gedruckt in Europa
1 2 3 4 5 — 28 27 26 25
ISBN: 978-3-99001-800-2
eISBN: 978-3-99001-801-9
EVELINE & WALTER ESELBÖCK
DER OSTEN
Lovran
Wo selbst Thomas Bernhard glücklich war
Lungo Mare
An der Franz-Josef-Promenade in die Vergangenheit spazieren
Mošćenička Draga und Mošćenice
Wo Berg und Meer nebeneinander leben
DER NORDEN
Hum
Die kleinste Stadt der Welt
Buzet
Die Stadt der Trüffel
Motovun
Die stolze Königin
Grožnjan
Die Künstlerstadt
DER WESTEN
Novigrad
Die Stadt der Schlemmer
Poreč
Das Erbe von Byzanz
Rovinj
Das Venedig Istriens
Bale
Die Stadt aus Stein
DER SÜDEN
Brijuni
Das verlorene Paradies
Pula
Die Schönheit auf den zweiten Blick
Es blinzelt die Sonne ins kristallklare Meer Du wanderst vorbei an historisch Verwandtem Die Lunge wird frei, die Gedanken sind klar Es ist ein Sommer, wie früher er war
Walter Eselböck
Kroatien hat eine wunderschöne, dramatische Landschaft. Der Kunsthistoriker Vladimir Goss beschreibt sie so: »Über Jahrtausende hinweg hat der Mensch auf diese wunderbare Stimme der Natur gehört und dabei Träume und Visionen entdeckt, die in die Landschaft eingraviert sind.«
Diese »wunderbare Stimme der Natur« hat beeinflusst, wie und was wir essen, und hat uns ein reiches kulturelles Erbe hinterlassen, das mich als Künstler inspiriert. Es erinnert mich daran, was schön und gut ist. Das gilt besonders für Brseč, eine Bergfestung auf dem Učka-Gebirge mit Blick auf die Insel Cres.
Brseč ist meine emotionale und geistige Heimat. Wenn ich nicht hier leben würde, wäre ich verloren. Von meiner Terrasse aus bietet das Meer täglich ein wahres Schauspiel. Ich kann Thunfische sehen, die Schwärme von Fischen jagen. Gänsegeier nisten in den Klippen. Und das Licht wechselt endlos über den Bergen und dem Meer. Manchmal versinkt Cres in einem Bett aus Quecksilber. Oder es schwebt in bleichem Dunst. Wenn die Bora an einem sonnigen Wintertag weht, ist es am schönsten. Dann muss ich nichts anderes als die mineralhaltige Luft einatmen oder das heilende Blau des Himmels betrachten, um mich wohlzufühlen.
Diese gesundheitsfördernden Faktoren machten die Kvarner-Bucht im 19. Jahrhundert zu einem Magneten für die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Brseč liegt nicht weit entfernt von Opatijas Riviera und ihren wunderschönen Villen im Sezessionsstil, den von Wien inspirierten Cafés und den Grand Hotels. Diese Mischung aus Natur und Geschichte zieht immer wieder Besucher an, die den Zauber spüren – einen Zauber, den Eveline und Walter Eselböck in diesem Buch einfangen wollen. Ich hoffe, dass ich diesen Zauber hier ein wenig einordnen kann.
Als ich aufwuchs, hatte ich keine Ahnung, dass ich einmal Bildhauer werden würde. Aber diese Landschaft aus Steinen, die eine einzige große Skulptur ist, hat mich damals schon geformt. Der Stein hat im Leben der Istrier schon immer eine Rolle gespielt. Er wurde zur Anbetung von Göttern, zum Bau von Häusern und von Tierunterkünften verwendet. All dies spricht etwas Archaisches in mir an, etwas, dessen ich mir bewusst bin, wenn ich einen Stein bearbeite, der Millionen von Jahren alt sein könnte.
Mein Heimatort Brseč wurde um 1100 im frühen Mittelalter zur gleichen Zeit wie Mošćenička, Veprinac und Kastav zum Schutz der Küste errichtet. Die meisten der heutigen Häuser stammen aus dem 17. Jahrhundert, aber der Glockenturm, den ich von meinem Haus aus sehe, ist mittelalterlich. Er wurde nach den höchsten Standards der damaligen Zeit gebaut und steht heute immer noch.
Von meinem Haus aus sehe ich auch den Berg Perun. Das Tal hinter Mošćenička Draga, das zu ihm hinaufführt, war für die frühen slawischen Siedler ein heiliges Gebiet. Perun ist der höchste slawische Gott, der unter anderem für den Himmel, Blitze, Stürme und Fruchtbarkeit verantwortlich ist. Er befindet sich in ständigem Kampf um die Gunst der Sonne mit Veles, dem slawischen Gott der Erde, des Wassers und der Unterwelt. Ich habe einen Weg zu meiner Haustür angelegt, der diesem Kampf gewidmet ist. In direkter Linie zum Berg Perun beginnt er mit der Sonne und schlängelt sich dann in Form einer langen gepflasterten Schlange, dem Symbol für Veles, zu meiner Tür.
Auf einem Hügel unweit von Brseč befinden sich die Überreste einer alten liburnischen Siedlung. Die Liburner, die vor etwa zehntausend Jahren aus dem Osten kamen, ließen sich in Zadar nieder und breiteten sich nach Norden und Osten, bis nach Raša in Istrien aus. Vom neunten Jahrhundert v. Chr. an waren sie die wichtigste Seemacht mit Festungen, die sich bis nach Korfu und Italien erstreckten, bis sie ihre Vorherrschaft im vierten Jahrhundert v. Chr. an die Griechen verloren. Danach zogen sie sich in Bergfestungen zurück und wurden zu Piraten.
Die liburnischen Frauen wurden während der Beutezüge oft allein gelassen, um das Land zu bewirtschaften. Ihre Zähigkeit (und DNA) findet sich in unseren Großmüttern wieder, deren Ehemänner meist Seeleute waren. Viele verloren ihre Männer auf dem Meer oder in den Kriegen. So mussten sie sich selbst um die Olivenhaine, Weizenfelder, Gemüse, Weinreben und Tiere kümmern. Viele Familien hatten auch Felder auf der anderen Seite des Učka-Gebirges, wo der Boden fruchtbar ist. Und die Frauen brachten den Männern, die dort arbeiteten, das Essen – ein täglicher zwölf Kilometer langer Fußweg. Auf dem Rückweg mussten sie Holz und Heu sammeln. Dann gab es noch die Hausarbeit, das Kochen, die Herstellung von Wein, das Trocknen von Feigen und das Backen. Die Frauen kannten sich auch mit Naturheilmitteln und Heilkräutern aus. Bei Husten wurde zum Beispiel ein Laken mit Schweinefett auf die Brust gelegt. Und die Hufe der Schweine wurden mit gekochter Brennnessel behandelt. Meine Tante war eine Travar, eine Kräuterfrau, wie es sie in vielen Dörfern gab.
All das klingt romantisch, aber es war ein hartes Leben. Als Kinder haben wir mitgeholfen. Die ganze Gegend sah damals anders aus, mit Bergen voller Wiesen und Olivenhainen, die bis zum Meer reichten. Jetzt ist sie wild und überwuchert. Viele unserer Traditionen sind leider im Begriff, zu verschwinden. Die jüngere Generation hat das Interesse daran verloren. Aber sie spiegeln sich immer noch in unseren Werten wider – im Zusammenhalt der Gemeinschaft, in der Konzentration auf natürliche Heilmittel und durch den enormen Zustrom von Ausländern im Laufe der Zeit, in unserem Einfallsreichtum, unserer Zähigkeit und Toleranz gegenüber Neuankömmlingen.
Das kulinarische Erbe Kroatiens, um das sich dieses Buch dreht, seine Weine, Fleisch- und Wurstwaren, sein Olivenöl und seine Fischgerichte, sind streng geschützt, und viele von uns beziehen ihre Lebensmittel noch immer aus eigener Produktion oder aus der Familie. Dazu gehören das beste Olivenöl, Honig, Pršut (italienisch: prosciutto), Lammfleisch und natürlich Fisch. Mein Fisch kommt von einem Nachbarn in Brseč. Mein Olivenöl und mein Honig von guten Freunden. Und mein Bruder, der ganz in der Nähe wohnt, hat einen Garten, in dem ich frischen Salat, Petersilie oder anderes Obst und Gemüse ernten kann.
Wir Kroaten suchen noch immer, wie unsere Vorfahren, nach wildem Spargel, Kräutern, Pilzen, Trüffeln und dem salzigen Meerfenchel, den wir zwischen den Felsen in Meeresnähe finden. Brseč war einst für seinen Rotwein berühmt, vor allem für den roten Teran, aber heute stellen nur noch wenige Einheimische ihren eigenen Wein her. Viele machen dafür noch immer ihren eigenen Essig, Schnaps und Rakija (eine Destillation aus vergorenen Früchten, Pflanzen oder Nüssen). Noch vor wenigen Jahren hätten nur wenige diese Produkte im Supermarkt gekauft, aber selbst ich kaufe jetzt einen guten Malvasija oder Graševina (Welschriesling) im Laden.
Während viele Restaurants die kroatische Küche heute mit ausländischen Einflüssen kombinieren, ist sie traditionell eigentlich einfach gestrickt. Wenn man frische Produkte mit einem starken Geschmack hat, braucht man nicht viel zu würzen. Ein wenig Olivenöl, viel Knoblauch, gutes Meersalz, Tomaten und ein paar Kräuter, das reicht. In meiner Kindheit gab es Fisch im Überfluss, darunter Garnelen und Calamari. Es mag Touristen überraschen, dass viele Einheimische hier nicht schwammen oder gar fischten, weil die Bewirtschaftung ihres Landes eine Vollzeitbeschäftigung war. Wenn sie das Meer schmecken wollten, schnitten sie Muscheln von den Felsen.
Unsere täglichen Mahlzeiten in der Kindheit? Zum Mittagessen gab es oft Minestrone mit viel Gemüse und getrockneten Schweinerippchen. Manchmal gab es Fisch, aber nicht jeder war verrückt nach Fisch, weil er nicht die Kalorien lieferte, die man für schwere Arbeit brauchte. Kartoffelpüree mit Sardellen, die sanft in Olivenöl gebraten wurden, war ein typisches Abendessen. Sonntags aßen wir Huhn. Rotes Fleisch war selten. Viele Familien hielten Schafe, Ziegen oder Schweine.
Etwas, das ich mit meinem lieben Freund Walter teile: Ich liebe es zu kochen. Meistens kaufe ich Fisch, je nach Fang des Tages. Ich koche gerne Sardinen in Wasser, nehme sie aus und serviere sie dann warm oder kalt mit Sardellen, Olivenöl und Salz. Eine einfache, aber gesunde Mahlzeit. Ich verwende das Wasser für eine Fischsuppe. Ich backe auch oft Fisch mit Salz und Olivenöl. Dazu serviere ich einen guten Salat mit viel frischem Knoblauch und Kartoffeln – entweder in Scheiben im Ofen gebacken oder mit Kraut gestampft. Minestra (Minestrone), im Ofen gebratenes Lamm, Fischeintopf oder -suppe, Gulasch und Nudeln mit Pilzen, wenn sie Saison haben, gehören zu meinen Standardgerichten, wenn ich Gäste habe. Wie für die meisten Kroaten gehört das Kochen zu meinem täglichen Ritual. In der Tat ist es fast die erste Frage, die man mir stellt: »Was kochst du heute?«, gefolgt von einer Diskussion darüber, wie diese Mahlzeit zubereitet werden sollte.
Solche Diskussionen werden Sie in diesem Buch zuhauf finden. Es enthält Geschichten über romantische Bergdörfer und einstmals mächtige Städte, über traditionelle Konobas, über Wein, Olivenöl, Fisch, auch über die istrische Kunst. Über alle schönen Dinge des Lebens. Vor allem aber über die Magie Istriens. Lassen Sie sich von ihr verzaubern.
Dober Tek!
Ljubo de Karina
Brseč, Dezember 2024
De Karina ist ein vielseitiger und produktiver Künstler, der mit einer erstaunlich breiten Palette von Materialien arbeitet – von verschiedenen Steinsorten unterschiedlicher Härte, Farbe und Textur bis hin zu ebenso vielfältigem Holz und verschiedenen Metallen und Blechen. Während de Karina oft als Bildhauer bezeichnet wird, ist er eigentlich ein bildender Künstler.
Vladimir Peter Goss,
Kunsthistoriker und emeritierter Professor an der Universität von Rijeka
Mehr zu Ljubo de Karina finden Sie auf S. 50.
Jeder Mensch, unbewusst oder nicht, sucht das Paradies. Aber was ist das genau, ein Paradies? Ein Ort, an dem es keine Probleme gibt? An dem die Sonne immer scheint? Oder an dem Milch und Honig fließen?
Das wäre vielleicht etwas viel verlangt. Wie wäre es mit einer anderen Definition: Paradies ist ein Ort, an den wir stets denken, wenn wir nicht dort sind. Und an dem wir, wenn wir ihn einmal erreicht haben, an keinen anderen Ort mehr denken. Weil sich alles, seine Luft, sein Geruch, das Licht der untergehenden Sonne, richtig anfühlt. Als hätte er auf uns gewartet, hätte sich all seine Wunder nur für uns aufgehoben.
Definieren wir Paradies so, dann haben wir, Eveline und Walter Eselböck, unser Paradies vor dreißig Jahren gefunden. Die Geschichte geht so: Zu dieser Zeit verwandelte sich unser Restaurant Taubenkobel von einem Wirtshaus und Künstlertreff in die kulinarische Institution, die es heute ist. 1984 brachten wir ein altes Gehöft in der Nähe des Neusiedler Sees auf Vordermann. Lange wussten wir nicht genau, was wir machen wollten, nur das wir etwas machen wollten, das wussten wir. Einen Ort zu schaffen, der uns und anderen Freude bereiten würde. So entstand ein Ausflugsgasthaus, das bald schon zu einem Treffpunkt der österreichischen Künstlerszene wurde. Wir waren und sind glücklich und dankbar, zahlreiche Künstler als Gäste gehabt zu haben. Schauspieler und Kabarettisten wie Helmut Qualtinger, Werner Schneyder, Mavie Hörbiger, Thomas Maurer, Heinz Marecek, Erwin Steinhauer und Peter Alexander, Autoren und Theatermacher wie Daniel Kehlmann, Michael Horowitz und Claus Peymann, die Maler und bildenden Künstler Rudi Holdhaus, Markus Prachensky, Oswald Oberhuber, Herbert Brandl, Erwin Wurm, Eduard Angeli, Franz West und Alfred Hrdlicka oder der Komponist und Geiger Toni Stricker gehörten zu den ersten Besuchern des Taubenkobels. Es war ein Treffpunkt im ursprünglichsten Sinne. Wenn die Menschen weg wollten vom Trubel der Stadt und nach sinnhaften, tiefen Gesprächen suchten, so boten wir ihnen den Raum dafür. Bis spät in die Nacht saßen wir gemeinsam am Haustisch, leerten eine Flasche Wein nach der anderen und sinnierten über Gott und die Welt.