Unsere verborgene Natur - Tristan Gooley - E-Book
SONDERANGEBOT

Unsere verborgene Natur E-Book

Tristan Gooley

0,0
12,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 17,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wer Tristan Gooley auf seinen packenden Erzählpfaden folgt, erfährt Erstaunliches: Vögel und Blumen, die von nahen Gewässern erzählen, Farne, die den Norden zeigen, Wolkenfarben, die von entfernten Böden berichten – in der Natur wimmelt es von unterschiedlichsten Zeichen, die zeigen, wie alles zusammenhängt. Was unseren Vorfahren noch selbstverständlich war, die sich von den Botschaften der Natur intuitiv leiten ließen, können auch wir wieder lernen. Das Faszinierende: Die Zeichen sind überall, ob Wolken, Sterne, Sonne, Sträucher – Flora und Fauna werden nach der Lektüre nicht mehr nur einfache Umgebung sein, sondern uns Geschichten erzählen: über die Natur und unsere Umwelt, deren Teil wir sind.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 482

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wir leben in einer Welt voller Zeichen, doch zumeist sind wir uns der Signalkraft der Dinge nicht bewusst, die uns umgeben. Wir halten Geschehnisse für zufällig und sind uns über deren tieferen Sinn nicht im Klaren. Dabei war es für die Menschen einst überlebenswichtig, Zusammenhänge in der Natur intuitiv zu erkennen. Dieser sechste Sinn ist noch immer in uns angelegt und kann durch Erfahrung und Übung zum Leben erweckt werden.

Gooley erschließt mit faszinierenden kleinen Hinweisen und der Erläuterung großer Zusammenhänge eine zuvor nie beachtete Vielfalt an Verbindungen zwischen Umweltphänomenen und dem Pflanzen- und Tierreich, die uns die Natur für immer mit anderen Augen sehen lässt. Wer hätte gedacht, wieviel uns der Wind über unsere Umwelt mitteilt, wie verblüffend einfach es ist, sich anhand des Sternenhimmels zu orientieren, was uns die Wuchsrichtung der Bäume erzählt und was die Farben von Pflanzen und Tieren, ihre Bewegungen und Geräusche alles berichten! Unvermittelt entdecken wir eine tief verankerte Erfahrung neu: Dass unsere fünf Sinne, die wir im Alltag so oft nur isoliert nutzen, uns in ihrem Zusammenspiel erleben lassen, was es heißt, wahrhaft Teil der Natur zu sein. Wer Tristan Gooley in dieses Abenteuer folgt, wird mit einem Feuerwerk an neuem Wissen und einer faszinierenden Schärfung des Bewusstseins belohnt!

TRISTANGOOLEY

UNSERE

VERBORGENE

NATUR

Honig hören,

die Himmelsrichtung fühlen,

die Dämmerung riechen

Wie wir unser angeborenes Gespür

für die Natur wiederentdecken

Aus dem Englischen von Jasmine Hofmann

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Wild Signs and Star Paths bei Sceptre, einem Imprint von Hodder & Stoughton.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.

Deutsche Erstausgabe 2020

© by Tristan Gooley 2018

© der deutschsprachigen Ausgabe 2020

by Ludwig Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: lüra – Klemt & Mues GbR

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

unter Verwendung eines Fotos von

Matteo Colombo / DigitalVision / Getty Images

Illustrationen: Neil Gower

Herstellung: Monika Weiher

Satz: Leingärtner, Nabburg

e-ISBN: 978-3-641-24472-9V001

www.Ludwig-Verlag.de

Für die freundlichsten aller Tiere – 

ihr wisst schon, wen ich meine.

Inhalt

Einleitung

Teil I – Alt und Neu

Unsere verborgene Natur I

Der Sonnenamboss

Unsere verborgene Natur II

Der Windanker

Unsere verborgene Natur III

Teil II – Oben und Unten: Himmel und Land

Der Schub

Die Rampe

Der rosafarbene Kompass

Die Himmelskarte

Das unsichtbare Geländer

Die hellen und dunklen Wälder

Der Rand und der Unterschlupf

Das Feuer

Von der Äsung, von Bissspuren und dem Hafen

Das Leuchten und der Schatten

Der Freund, der Gast und der Eindringling

Der Sensenmann

Teil III – Lebewesen voller Bedeutung: Die Tiere

Der Hochsitz und der Wächter

Die Rückkehr

Kopf und Schwanz

Der Punkt

Der wachsame Blick

Erstarren, zusammenkauern, sich tot stellen

Die Flucht

Die Zuflucht

Die Kakofonie

Die Fährte

Das Kreisen

Das Prellspringen

Tiere als Wegweiser

Der Sturm-Radar

Teil IV – Zeichen für Fortgeschrittene

Die Herde und der Schwarm

Der Rückzug und das unsichtbare Gummiband

Das Ausweichmanöver

Die Schwingung

Ignorieren und Fehler machen

Der Wirbel

Die Neigung

Der Mantel der Natur

Zwei Frostkompasse

Die Klepsydra

Teil V – Zeichen für Profis

Lebendige Namen

Drei Leuchtfeuer

Die Jagd

Die Jäger von morgen

Mehr als nur Maschinen

Umwelt

Von Tricks und Täuschungen

Von Traditionen und Überlieferungen

Das Ikus

Teil VI – Epilog

Der Raum

Quellenangaben

Literaturverzeichnis

Danksagung

Weitere Informationen und Abbildungen finden Sie hier: https://www.naturalnavigator.com/books-and-library/wild-signs-and-star-paths

Einleitung

Das instinktive Gespür für die Natur, das früher als selbstverständlich galt, ist mittlerweile so selten geworden, dass viele es als »sechsten Sinn« bezeichnen würden. Doch es ist durchaus möglich, dieses Bewusstsein zurückzuerlangen. Denn im Grunde ist dieser sechste Sinn nichts anderes als die Fähigkeit, die Wahrnehmungen unserer anderen Sinne miteinander in Beziehung zu setzen und ohne lange darüber nachzudenken, die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

In diesem Buch werde ich Ihnen zeigen, wie Sie sich mithilfe von Sternen und Pflanzen orientieren können, wie Sie im Wald mittels der Geräusche das Wetter voraussagen und das Verhalten eines Tiers anhand seiner Körpersprache vorhersehen können.

Wenn man mit all diesen Dingen nicht vertraut ist, fehlen sie einem zumeist auch gar nicht, und man kann sich kaum vorstellen, dass sich auch Zeichen der Natur mit einer Art sechstem Sinn wahrnehmen lassen. In Situationen, die wir vermutlich alle schon einmal erlebt haben, erscheint uns der Gedanke womöglich weniger fremd. Haben Sie zum Beispiel schon mal das Gefühl gehabt, dass Sie beobachtet werden? Und haben Sie später festgestellt, dass Sie richtiglagen, hatten jedoch keine Ahnung, woher Sie das wussten?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit dem Rücken zum Fenster in einem Café. Sie haben das merkwürdige Gefühl, dassjemand hinter Ihnen Sie anschaut. Möglicherweise haben Sie recht. Wenn dort beispielsweise ein Freund im Auto vorbeifährt und Sie durch Winken auf sich aufmerksam machen will, kann sich das in den Gesichtern oder der Körpersprache anderer Menschen im Café widerspiegeln. Vielleicht schaut der Kellner, der Ihnen gerade Kaffee nachgießt, kurz auf. Und wenn Ihr Freund Sie später an diesem Tag anruft, finden Sie Ihr Gefühl bestätigt.

Psychologen haben herausgefunden, dass wir die Stimmung eines Gesprächspartners am Telefon schon an seinem ersten Wort heraushören. Unser Ohr vernimmt nur das Wort, doch unser Gehirn bezieht automatisch unsere gesamte Erfahrung mit ein, unser Wissen über die Persönlichkeit und die Lebenssituation des Anrufers, die Tages- oder Nachtzeit und etliche andere Dinge – und so zeichnet unser Gehirn ein viel detaillierteres Bild, als das simple Wort »Hallo« vermittelt. Auch die Natur flüstert uns zu jeder Tages- und Nachtzeit einzelne einfache »Worte« mit einer tiefergehenden Bedeutung zu. Wir sind nur ein wenig aus der Übung gekommen, diese Bedeutung zu erfassen.

Der sechste Sinn ist kein Mysterium: Er hat vielmehr mit dem Schärfen unserer Sinne und der Fähigkeit zu tun, einzelne Sinneswahrnehmungen in Zusammenhang zu bringen und uns somit ein vollständigeres Bild unserer Umgebung zu verschaffen. Und unsere Sinne nehmen viel mehr wahr, als uns bewusst ist. In der vergangenen Sekunde haben Ihre Sinne etwa elf Millionen Informationsfetzen wahrgenommen. Es würde Jahre dauern, all diese Informationen auszuwerten, sodass das Gehirn einen Großteil davon ausfiltert, ohne dass Sie es merken. Doch sobald Ihr Gehirn etwas Ungewöhnliches, Besonderes oder Bedrohliches wahrnimmt, werden Sie sofort darauf aufmerksam.

Aktuelle Studien und Bücher zu dem Thema legen überzeugend dar, dass wir in der Lage sind, in unserem Alltag bestimmte Situationen intuitiv einzuschätzen.

Dazu ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Straße überqueren. Sie sehen drei Autos, von denen eines näher ist als die anderen. Doch Sie wissen augenblicklich, und zwar ohne irgendetwas zu zählen oder auszumessen, dass Sie auf das letzte achten müssen, bevor Sie sich in Bewegung setzen.

Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, was wir mithilfe dieser naturgegebenen Begabung auch in unserem modernen Umfeld heute noch leisten – und eigentlich ist das verrückt, denn diese Fähigkeit war für unsere Vorfahren notwendig, um zu überleben. Die Menschheit hat diese Art von Wahrnehmung im Verlauf ihrer Evolution die meiste Zeit genutzt, und die Natur hat dafür gesorgt, dass diese Fähigkeit uns nicht abhandenkommt. Die Menschen der Frühzeit waren darauf angewiesen, zu spüren, wenn sich ein Feind, ein Raubtier oder aber eine mögliche Beute in der Nähe befand.

Einmal unternahm ich mit einem Fernsehteam der BBC eine Expedition tief unter die Erde. Im Norden von Wales manövrierten wir uns durch die dunklen, verworrenen Stollen einer stillgelegten Schiefermine. Die Mitarbeiter des Fernsehteams waren der Ansicht, in dieser nasskalten Umgebung gäbe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, in welche Himmelsrichtung wir uns bewegten, und wollten mich wohl testen, indem sie mich danach fragten.

Ich warf einen Blick auf das feuchte Gestein, das nur durch meine Stirnlampe beleuchtet wurde, und antwortete sogleich: »Nach Osten.«

Der Expeditionsleiter, der sich in der Mine bestens auskannte, bestätigte meine Aussage, gab aber zu, dass er über meine rasche Antwort ebenso erstaunt war wie die anderen. Nachdem ich die allgemeine Bewunderung für ein paar Minuten genossen hatte, erklärte ich, dass ich registriert hatte, in welche Richtung die Schieferschicht geneigt war. Das bezeichnet man in der Geologie als »Streichrichtung«. Bei seiner Entstehung bildet Sedimentgestein zunächst horizontale Schichten, doch innerhalb von Millionen von Jahren wirken geologische Kräfte darauf, sodass sich diese Schichten senken und neigen. Oftmals entsteht eine deutliche Neigung, die in eine bestimmte Richtung verläuft. In dem walisischen Dorf hatte ich zuvor gesehen, dass das Schiefergestein ringsum nach Süden geneigt war, und diese Beobachtung hatte mir tief unter der Erde geholfen festzustellen, in welche Richtung wir uns bewegten. Ich hatte also einen durch meine Wahrnehmung gewonnenen Anhaltspunkt bewusst genutzt, um eine einfache Frage zu beantworten.

Diese Herangehensweise nutze ich schon seit Jahren, und die meisten meiner Bücher handeln von logischem, analytischem Denken. Wenn unser Gehirn diesen Prozess übernimmt und gewissermaßen eine Abkürzung nimmt, indem es automatisch eine Verknüpfung herstellt, ist das natürlich noch viel interessanter. Beim Verlassen der Mine waren jedenfalls alle in der Lage, die Himmelsrichtungen anhand der Schieferneigung zu bestimmen.

Diese Fähigkeiten sind tief in uns verankert, und wir haben sie nie vollständig verloren. Stellen Sie sich vor, Sie wachen in einem durch dicke Vorhänge so gut wie vollständig abgedunkelten Raum auf und hören von irgendwoher einen Hahn krähen. Dann müssen gar keine bewussten Gedankengänge ablaufen, um sofort zu wissen, dass draußen langsam die Sonne aufgeht. Und wenn der Hund zur gewohnten Zeit bellt, wissen wir, dass der Postbote da ist.

Doch die Beispiele sind wahrlich simpel gemessen daran, wozu unser Verstand in der Lage ist, wenn wir uns in der freien Natur befinden. Dieses Buch beschäftigt sich mit all unseren großartigen Fähigkeiten, die durch den modernen Lebensstil verkümmert und beinahe in Vergessenheit geraten sind.

Aber woher wissen wir, dass wir diese Fähigkeiten, die Zeichen der Natur zu erfassen und zu deuten, wiedererlangen können? Nun, weil ein paar Menschen an ihnen festgehalten haben. Hauptsächlich diejenigen, die sich mit bestimmten Tierarten oder Landschaften beschäftigen, sei es nun aus Notwendigkeit oder aus Leidenschaft. Viele indigene Völker auf der ganzen Welt, professionelle Jäger und Fischer zeigen uns, was möglich ist.

Zum Beispiel saß ich einmal mit Menschen aus dem Volk der Dayak zusammen, als sie plötzlich sagten, dass gleich auf dem Hügel dort drüben ein Hirsch auftauchen würde. Ich war fasziniert, weil ich nur wenige Augenblicke später tatsächlich auf genau diesem Hügel einen Muntjak-Hirsch entdeckte. Erst nach längerem Hin und Her wurde mir klar, dass die Dayak unbewusst einen Zusammenhang zwischen dem Salzgehalt eines Gesteins, den Bienen, dem Wasser, der Tageszeit und der Lichtung im Wald herstellten – all das brachte sie zu der Schlussfolgerung, dass zu dieser Zeit Hirsche kommen würden, um Salz zu lecken.

Das Volk der Pygmäen im Kongo hingegen ist in der Lage, Honig zu hören. Sie wissen, dass die Laute eines bestimmten Tiers sich geringfügig verändern, wenn Honig verfügbar ist. Außerdem können sie wahrnehmen, wenn sie von einem Leoparden beobachtet werden. Anhaltspunkte dafür sind natürlich die Abdrücke am Boden, aber die Pygmäen haben auch gelernt, bestimmte Spuren mit den typischen Schlafplätzen eines Leoparden in Verbindung zu setzen. Frische Spuren in der Nähe eines möglichen Schlafplatzes bedeuten Gefahr, weil der Leopard sich bewegt. Wenn die Pygmäen spüren, dass ein Leopard um sie herumschleicht, liegen sie also meistens richtig.

Die Jäger der Inuit verwenden ein bestimmtes Wort – »quinuituq« –, um die innere Ruhe und Geduld zu beschreiben, die sie aufbringen müssen, wenn sie auf etwas Bestimmtes warten. Dadurch entwickeln sie eine Beziehung zu ihrer Umgebung, die über simples Analysieren hinausgeht. Wie der Arktisforscher Barry Lopez erklärt, machen die Inuit weitaus mehr, als nur auf die Geräusche der Tiere zu lauschen und ihre Spuren zu lesen. Die Landschaft umgibt sie wie eine zweite Haut, mit der sie sich in einem ständigen, wortlosen Dialog befinden. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich dabei um wissenschaftlich belegbare Fakten handelt und nicht um irgendeinen Aberglauben. Die Inuit nutzen eine naturgegebene Fähigkeit, mit der wir alle geboren werden. Viele Menschen können, ohne zuvor den Wetterbericht gesehen zu haben, selbst vorhersagen, ob der einsetzende Regen nur ein kleiner Schauer ist oder länger andauern wird. Sie erkennen die Veränderungen am Himmel, die Schauer oder andere Niederschläge ankündigen. Unsere Vorfahren haben sogar nicht nur oberflächliche Veränderungen bemerkt, sondern auch differenziertere, kleinere, wie beispielsweise, dass sich die Blätter des Sauerklees vor Beginn des Regens zusammenfalten.

Angler können zwar genau vorhersagen, an welcher Stelle eine Forelle an die Oberfläche schwimmt, aber oftmals können sie zunächst nicht erklären, warum sie das wissen. Bei genauerem Überlegen stellen sie dann vielleicht fest, dass die Augen wahrgenommen und an den Verstand weitergeleitet hatten, dass die Sonne von einer Wolke verdeckt wurde. Weil sie nicht mehr schien, flogen die Mücken nach unten, und die Forelle schwamm an die Oberfläche, um sie sich zu schnappen. Aber auch ohne analytisches Nachdenken hätte ein Angler gespürt, wo die Forelle auftauchen würde.

Nicht die Umgebung an sich ist wichtig, sondern dass man in sie eintaucht. Vor Kurzem verbrachte ich ein wenig Zeit mit David Baskett, einem Guide im Naturreservat in Minsmere in Suffolk. Wir liefen gerade die längste Kies-Nehrung Europas namens Orford Ness entlang, als ein paar Robben im Wasser unsere Aufmerksamkeit auf sich zogen. Sie spielten eine Zeit lang am Ende einer Buhne, die sich bis ins Wasser zog. Dann sagte David: »Gleich kommen sie an Land.«

Einige Zeit später kamen die Robben tatsächlich – wenig elegant – über den Kiesstrand auf uns zu.

»Woher wusstest du, dass sie aus dem Wasser kommen würden?«

David sah mich irritiert an.

Ich versuchte es noch einmal: »Woher war dir klar, dass sie in genau diesem Moment und an genau dieser Stelle aus dem Wasser kommen würden? Machen sie das jeden Tag so?«

»Ähm … nein.« David schaute zu Boden. »Hm, ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, woher ich es weiß.«

Zehn Minuten später sprachen wir über die Vögel und ihr Verhalten in Bezug auf Fahrzeuge. Autos, Vans, nicht einmal Lkw verschreckten die Vögel in Minsmere. Doch sobald eine Autotür geöffnet wurde, flogen sie davon. Als wir über the Scrape, den Nistplatz der Wasservögel hinaus aufs Wasser blickten, fielen mir die Robben wieder ein, und ich fragte David erneut danach.

»Ich glaube, es war der Hund«, sagte er.

»War da ein Hund?« Ich versuchte, mich zu erinnern. »Aber würde ein Hund sie nicht verschrecken?«

»Das könnte man meinen, aber tatsächlich kommen die Seehunde immer an Land, wenn sie einen Hund bemerken, weil sie neugierig sind. Ich glaube, eben war ein Hund dort. Wahrscheinlich habe ich deshalb gewusst, was die Seehunde machen würden. Aber ich bin mir nicht sicher.«

Auch in unserer Beziehung zu Haustieren lassen sich Überbleibsel dieser Fähigkeit finden. Wenn man mit seinem Hund im Stadtpark spazieren geht, ist es recht einfach daran, wohin und wie sich der Hund umdreht, abzulesen, ob der Fußgänger hinter einem auch einen Hund bei sich hat oder nicht.

Je mehr Zeit wir damit verbringen, die Natur auf diese Weise wahrzunehmen, und je mehr wir diese Zeit genießen, desto intensiver erlangen wir unseren verlorenen sechsten Sinn zurück. Und wenn wir das Ganze regelmäßiger tun, merken wir schnell, dass unser Gehirn diese Aufgabe für uns übernimmt, sodass wir bestimmte Mechanismen automatisieren und die richtigen Schlüsse ziehen, ohne dass wir bewusst darüber nachdenken müssen. Wir spüren, dass ein Hund hinter uns ist, und wir ahnen, dass das Wetter morgen schön wird. Von da aus ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis wir auch spüren oder erahnen können, was hinter einer Ecke auf uns wartet und was ein Tier als Nächstes tun wird.

In diesem Buch habe ich meine eigenen Erfahrungen festgehalten, doch mein eigentliches Ziel ist es, Ihnen zu zeigen, wie Sie selbst diesen sechsten Sinn entwickeln können. Grundlegend sind dabei die Schlüssel, eine ganze Reihe von Mustern und Vorkommnissen in der Natur, denen wir unsere Aufmerksamkeit schenken sollten. Ich habe jedem Schlüssel einen Namen gegeben – zum Beispiel »der Schub«, die Sie später kennenlernen werden –, damit Sie ihn sich besser merken können. Im Laufe dieses Buches werden diese Schlüssel immer anspruchsvoller – und Sie somit, beginnend mit einer geschärften Wahrnehmung, schließlich zu Ihrem verlorenen Sinn führen.

So wie alle Naturkundler hatte ich von jeher das Bestreben, ein Bewusstsein für die Natur zu entwickeln, und die Früchte dieser Arbeit finden nun in diesem Buch Ausdruck. Ich erforsche die Bedeutung der Natur wie schon viele andere vor mir. Beispielsweise glaubte Richard Jefferies, ein Natur-Essayist und Romanautor aus dem neunzehnten Jahrhundert, dass die braunen, grünen und roten Flecken auf Finkeneiern uns Botschaften übermitteln. Er betrachtete sie als einen Code, den er ebenso faszinierend und rätselhaft fand wie die assyrische Keilschrift.

Obwohl Naturforscher bisher noch nicht alles endgültig durchdrungen haben, so machen sie sich doch immer wieder an die Arbeit und hoffen geduldig darauf, in unbekanntes Terrain vorzudringen und zu ungeahnten Erkenntnissen zu gelangen. Auf Expeditionen unter freiem Sternenhimmel, über Ozeane, durch Wälder und Wüsten stand ich immer wieder vor der größten Herausforderung: ein tiefes, intuitives Verständnis für meine Umgebung und ein wahrhaftiges Gefühl der Zugehörigkeit zu entwickeln.

Nur sehr wenig in unserer Umgebung geschieht zufällig, und mit ein bisschen Übung können wir lernen, erstaunliche Dinge zu spüren. Wenn wir verstehen, wie und warum diese Dinge passieren, öffnen wir uns damit für eine neue – und gleichermaßen sehr alte – Art und Weise, unsere Umgebung wahrzunehmen. Das macht das Erleben der Natur zu einer umso eindrucksvolleren Erfahrung.

Teil I

Alt und Neu

Unsere verborgene Natur I

Wenn wir uns für einen Moment draußen in der Natur a den Erdboden setzen, bemerken wir ringsum jede Menge Bewegung. Blätter flattern im Wind, Sonnenlicht wandert über das Unterholz, Vögel flattern, Insekten fliegen oder schlängeln sich umher, Ameisen und Käfer krabbeln vorbei. Wenn wir bewusster hinsehen, sehen wir auch das, was sich nicht bewegt: die Form der Bäume, die Farbe der Erde und der Blumen, die Schattierungen der Blätter. Sobald wir aufstehen und zügig ein Stück gehen, nehmen unsere Augen all das kaum noch wahr, sondern konzentrieren sich auf die größeren Lebewesen oder die schönsten Schmetterlinge. Aber unser Gehirn ist eifrig dabei, auch zu bemerken, was wir zu verpassen glauben.

Ich fuhr auf einer Straße in Richtung Westen, deren Asphalt vor Nässe ganz schwarz war. Die Straße war auf beiden Seiten von Hecken gesäumt, die ich nur als verschwommene braune Flächen wahrnahm, dazwischen hier und da weiße Flecken, wo Waldreben wuchsen. Die kahlen Bäume ragten als Silhouetten auf, bevor sie schon wieder außer Sicht waren. Ich war auf mein Ziel fokussiert, ein gewöhnliches Meeting etwa eine Stunde später, das meinen Morgen verschlingen und dann in Vergessenheit geraten würde. Und dann spürte ich es. Plötzlich wusste ich, wo Süden war und in welche Richtung die Strecke gerade verlief.

Vor einigen Jahren haben sich in meinem Kopf das Bild eines Baumes und das eines Sternbilds zusammengefügt – und seitdem sehe ich die Welt mit anderen Augen. Der Süden offenbart sich nämlich durch ganz bestimmte Umrisse und Konturen, die ich auf dieser Fahrt sah und die mir mittlerweile sehr vertraut waren. Ich nenne es den »Häkchen-Effekt«, in der Biologie heißt es »Fototropismus«. Das bezeichnet den Einfluss des Lichts auf das Wachstum von Pflanzen, der dazu führt, dass die Äste auf der dem Süden zugewandten Seite eines Baums eher waagerecht und die Äste auf der nördlichen Seite senkrechter wachsen. Dadurch entsteht, wenn man den Baum von der Seite betrachtet, die Form eines Häkchens.

Genau diese Form war mir bei einem Baum am Straßenrand aufgefallen, obwohl ich eigentlich gar nicht darauf geachtet hatte, als ich mit fünfzig Stundenkilometern daran vorbeifuhr. Doch augenblicklich erkannte ich dieses Muster, und sogleich wurde mir warm ums Herz, so wie immer, wenn man etwas Vertrautes wiedererkennt. Zudem verhalf es mir sofort zur Orientierung.

Ein paar Tage später gab ich für eine recht kleine Gruppe einen Kurs über die South Downs in Südengland. Ich führte die Teilnehmer zu einer Esche – ich hatte diesen Baum unter Hunderten ausgewählt, weil er ein perfektes Beispiel für den »Häkchen-Effekt« war. Ich positionierte die Gruppe so, dass alle gute Sicht auf den Baum hatten, und erklärte ihnen, warum er diesen bestimmten Wuchs hatte. Solche Momente machen mir immer besonders Spaß, weil ich die Freude der anderen teile: Man wird auf etwas in der Natur um uns herum aufmerksam gemacht, das man bisher nicht bemerkt hatte, und freut sich, weil man es fortan auch selbst umso schneller erkennen wird.

Die meisten Teilnehmer der Gruppe sahen sofort, was ich meinte, sie nickten und lächelten. Aber zwei erkannten es nicht. Ich versuchte es noch einmal, erklärte es noch langsamer und verdeutlichte ihnen die Form, indem ich mit Handbewegungen die Konturen der Äste nachzeichnete. Nicht ein Hauch des Erkennens. Beim dritten Versuch wurde ich ein wenig ungeduldig – wie konnten diese beiden denn nicht sehen, was direkt vor ihren Augen war?

Ich schluckte meine Verständnislosigkeit herunter. Als Lehrer sollte man solche Situationen als positive Herausforderung betrachten. Also versuchte ich es noch einmal anders. Ich bat die beiden, die Augen zusammenzukneifen – das kann helfen, kleinere Details herauszufiltern und größere Formen deutlicher zu machen. Und prompt konnten auch die beiden erkennen, was ich meinte. Am Ende des Nachmittags entdeckte einer von ihnen sogar genau diesen Wuchs bei einem anderen Baum – sogar vor mir und allen anderen.

Später an diesem Tag versuchte ich mich bei einer Tasse Tee in diese beiden Menschen hineinzuversetzen. Ich dachte darüber nach, dass auch ich diese Konturen jahrelang nicht wahrgenommen hatte – ich bemerkte sie erst, als ich schon Ende zwanzig war, also mussten sie mir zuvor immer entgangen sein. Und jetzt stachen sie mir geradezu ins Auge, wenn ich nur daran vorbeifuhr. Es war nicht nur der Wuchs der Bäume, der nun so einfach für mich zu erkennen war, sondern auch dessen Bedeutung. Denn daran erkannte ich die Himmelsrichtungen, ohne lange darüber nachdenken zu müssen.

Das Sternbild Orion spannt sich über den Äquator der Erde. Es ist zunächst im Osten und dann im Westen zu sehen. Man sieht es von jedem Ort der Erde aus, deshalb eignet es sich sehr gut als natürlicher Kompass. Ich kenne dieses Sternbild mittlerweile so gut, dass ich schon ohne groß darüber nachzudenken die Himmelsrichtungen daran ablesen kann. Aber viele Jahre lang musste ich es mir immer vor Augen halten. Um Orion so zu verinnerlichen, dass er mir augenblicklich die Himmelsrichtungen verkündet, hatte ich denselben Weg der Erkenntnis zu gehen wie jeder andere auch – bis etwas Ungewöhnliches passierte.

Zu Anfang müssen wir üben, das Muster des Sternbildes wiederzuerkennen. Aus diesem Grund haben unsere Vorfahren die Sternbilder wohl überhaupt erfunden: Um ein Muster sehen zu können, das hilft, ein solch komplexes, großes Bild zu verstehen. Unsere Gehirne haben sich dahingehend entwickelt, dass sie Strukturen finden und wiedererkennen können, wodurch wir in den Tausenden von Sternen am Nachthimmel Ordnung schaffen und uns daran orientieren.

Je vertrauter wir mit den Sternbildern werden, als desto angenehmer empfinden wir den Nachthimmel. Für unser Wohlbefinden sind diese vertrauten Muster sogar unerlässlich. Vor Kurzem besuchte ich in einem Planetarium in Wales den Vortrag des Astronomie-Professors Martin Griffiths. Er sprach über die Muster, die die Kelten zu ihrer Zeit im Nachthimmel gesehen hatten, und die Sternbilder, die sie daraus machten. So faszinierend dieser Vortrag kulturell gesehen auch war, so unangenehm wurde er auf psychologischer Ebene. Mir wurde beinahe übel, als ich dabei zusah, wie der Professor die Sternbilder, die mir vertraut waren, auseinandernahm und zu anderen zusammensetzte. Das Vielsagende daran war, dass sich die Position der Sterne selbst dadurch ja keineswegs veränderte, sondern lediglich neue Muster entstanden. Ein Bär wurde zu einem Pferd, ein Skorpion zu einem Biber. Es mochten nur kleinere Details sein, doch es beeinträchtigte das Wohlbefinden, das ich in Bezug auf den Nachthimmel empfand. Nach dem Vortrag ging ich über Wiesen und Felder zurück und ließ mir den Weg von den mir vertrauten Sternbildern weisen.

Sobald wir ein Sternbild wie Orion wiedererkennen, müssen wir uns im nächsten Schritt mit seiner Bedeutung für die Himmelsrichtungen vertraut machen. Im Fall von Orion ist das gar nicht so schwierig: Dieses Sternbild geht im Osten auf und im Westen unter. Wenn Sie Orion also nahe am Horizont sehen, heißt das, Sie schauen entweder in Richtung Osten oder in Richtung Westen. Wenn das Bild nach einer halben Stunde ein wenig höher am Himmel steht, wissen Sie, dass Sie nach Osten schauen. Steht es ein wenig tiefer, heißt das, Sie schauen nach Westen.

Mit dem Sternbild Orion können Sie auf ganz einfache Weise ein Muster am Nachthimmel nutzen, um die grobe Himmelsrichtung einzuschätzen. Ich selbst habe das zunächst auch regelmäßig gemacht, doch jetzt mache ich etwas anderes, und das ging eigentlich wie von selbst. Wenn ich jetzt Orion sehe, erkenne ich die Richtung. Ich meine damit nicht, dass mir sofort Längen- und Breitengrade oder Begriffe wie »Osten« oder »Westen« durch den Kopf schießen – das sind nur Bezeichnungen für die Richtung. Doch ich kann die Richtung tatsächlich sofort erkennen. Das finden Sie jetzt wahrscheinlich ein wenig merkwürdig. Aber auch Sie werden bald anhand des Nachthimmels die Richtung erkennen können, und das wird nur ein winziger Teil Ihres neuen Bewusstseins sein. Noch viel wichtiger ist, dass Sie die Wahrnehmung dessen, was draußen um Sie herum passiert, zurückgewinnen. Die Grundlagen der Orion-Methode erkläre ich Ihnen später, denn zuerst möchte ich Ihnen zeigen, inwiefern sie in diese kleine Revolution – oder vielleicht besser Renaissance – unserer Wahrnehmung der Natur hineinpasst.

Die San aus der Kalahari-Wüste behaupten, ganz deutlich ein Brennen auf der Haut zu spüren, wenn sie sich einem Tier nähern, das sie jagen. Australische Aborigines sagen, dass sie sich mithilfe eines »Gefühls« orientieren. Der Aborigine Wintinna Mick antwortete 1973 auf die Frage des Seglers und Wissenschaftlers David Lewis, wie er den Weg gefunden habe: »Ich habe ein Gefühl … ein Gefühl in meinem Kopf. Lebe hier, seit ich klein bin. Hier geht’s Richtung Nordwesten.« Lewis dachte, Wintinna Mick hätte dies mithilfe der Sonne herausgefunden, doch der Aborigine blieb dabei: »Ich kenne diesen Weg nicht durch die Sonne, sondern durch die Karte in meinem Kopf.«

Es ist bekannt, dass Menschen, die in indigenen Gemeinschaften in der Wildnis leben, ein Bewusstsein für ihre Umgebung haben, das sich denjenigen, die in einer industrialisierten Gesellschaft leben, entzieht. Ein ausgeprägter Orientierungssinn ist nur ein kleiner Teil dieses Bewusstseins, aber bei Weitem nicht der wichtigste.

In der Zeit der Aufklärung wurde rationales Denken über den religiösen Glauben gestellt, der zuvor jahrhundertelang dominiert hatte. Nachdem der Philosoph René Descartes, der sowohl Erkenntnisgewinn durch die Sinne als auch über das Denkenin Zweifel zog, zum Begründer des modernen Rationalismus wurde und den Grundsatz aufgestellt hatte »ich denke, also bin ich«, waren in der Zeit der wissenschaftlichen Revolution Maßeinheiten und Maschinen vorherrschend. Die Folgen waren intellektueller Hochmut und Skepsis gegenüber der Auffassung, sich auch vom Herzen anstatt nur vom Verstand leiten zu lassen. Das war eine entscheidende Verschiebung, und trotz allen Widerstands, vor allem während der Romantik, ist diese Vorstellung auch heute noch vorherrschend. Der Wilde war nicht edel, sondern unwissend. Das Bauchgefühl wurde verleugnet.

Aber nicht nur indigene Volksstämme besitzen ein ursprüngliches Bewusstsein für die Natur, sondern natürlich auch die Tiere. Das erklärt in gewisser Weise, warum diese Art zu denken im Laufe der Geschichte als minderwertig betrachtet wurde – mit »niederen« Geschöpfen und »Einheimischen« verbunden. Was sprach schon für die Art und Weise, wie die Stämme ihre Umgebung wahrnahmen, wenn man sie einer Zivilisation mit Dampfmaschinen und Impfstoffen gegen Pocken gegenüberstellte? Wie soll man dieses Bewusstsein in einem Zeitalter des Reisens und des Internets wertschätzen? Durch die analytische Sicht auf die Welt haben wir viel gewonnen, doch zu welchem Preis?

Solche Gedanken sind nicht neu. Jahrzehntelang haben wir geglaubt, dass wir Jahr für Jahr klüger wurden, doch unsere Wahrnehmung ist dabei wohl auf der Strecke geblieben. In seinem Gedicht »The Doves«aus dem 18. Jahrhundert bringt der englische Dichter William Cowper genau das zum Ausdruck:

Jeden seiner Schritte wählt der Mensch mit Bedacht,

Und kommt dann doch vom Wege ab,

Ein Geschöpf, das sich den Instinkt zunutze macht,

Kaum je auf Irrwege sich begab.

Cowper war bewusst, dass zwar unsere Landkarten immer besser wurden, wir aber gleichzeitig das tiefe Verständnis für unsere Umgebung verloren.

Nachdem ich jahrelang über den Wuchs von Bäumen und meine Erkenntnisse über Orion sinniert hatte, fing ich an, Bücher und Artikel zu lesen, durch die ich mir mehr Verständnis erhoffte. Dank der Arbeit vieler herausragender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Psychologie wie Gary Klein, Amos Tversky und Daniel Kahneman konnte das Rätsel gelöst werden. Ich sah plötzlich einen Weg, durch den wir unser verlorenes Bewusstsein für die Natur wiederentdecken können.

Wir haben zwei Arten zu denken, und wir brauchen sie beide – denn jede hat in bestimmten Situationen ihre Vor- und Nachteile. Stellen Sie sich einmal das folgende – zugegeben eher unwahrscheinliche – Szenario vor: Sie sitzen entspannt zu Hause auf der Couch und sehen fern, als plötzlich ein Fremder Ihre Tür aufbricht und mit einem Messer auf Sie zu rennt. Zu diesem Zeitpunkt hat Ihr Gehirn die Situation bereits blitzschnell erfasst. Sie haben längst entschieden, ob Sie wegrennen, sich wehren oder sich ergeben wollen. Ihr Puls und Ihr Atem gehen schneller, und Sie schwitzen. All das ist automatisch passiert. In diesem Moment packt Sie der Eindringling, drückt Ihnen das Messer an die Kehle und flüstert Ihnen ins Ohr: »Ein Auto fährt zwei Stunden lang mit 60 Kilometern die Stunde, dann weitere zwei Stunden mit 40 km/h. Wie weit ist es gefahren? Antworten Sie richtig, lasse ich Sie gehen; liegen Sie falsch, sind Sie tot!«

»Ähm … zweihundert Kilometer«, antworten Sie.

Der Eindringling lässt Sie los und verschwindet.

In einem Zeitraum von etwa einer Minute haben Sie sich zweier verschiedener Arten zu denken bedient. Manche Psychologen bezeichnen diese beiden Denkarten als System 1 und System 2. Aber ich finde das zu nichtssagend und auch etwas verwirrend. Daniel Kahneman hat dafür bessere Bezeichnungen: schnell und langsam. So beschreibt er es in seinem Buch »Schnelles Denken, langsames Denken«. Wenn wir etwas berechnen oder vergleichen, eine Wahl treffen oder Regeln befolgen, ist dies »langsames« Denken. Wenn ein Geräusch uns erschreckt, wir Ärger verspüren, Schönheit wahrnehmen oder Angst bekommen, handelt es sich um »schnelles« Denken.

Wie kann man die eine Art zu denken von der anderen unterscheiden? Dafür gibt es keine perfekte Methode, aber wenn wir selbst merken, dass wir über etwas nachdenken, dann ist das bewusstes Denken. Und das geht langsam vonstatten. Wenn wir jedoch auf etwas reagieren, »ohne darüber nachzudenken«, dann haben wir in Wahrheit sehr wohl darüber nachgedacht, und zwar mithilfe des Systems, das wir nicht bewusst wahrnehmen. Das ist schnelles Denken. Wenn indigene Menschen scheinbar ohne darüber nachzudenken ein unmittelbares Bewusstsein für ihre Umgebung zeigen, nutzen sie schnelles Denken. Ich bin davon überzeugt, dass diese Art zu denken vor zehntausend Jahren oder zumindest vor der ersten Landwirtschaftlichen Revolution noch viel ausgeprägter war.

Wenn wir uns eine Skala vorstellen, mit »schnellem, unbewusstem Denken« an einem und »langsamem, bewusstem Denken« am anderen Ende, kann man wohl davon ausgehen, dass unsere Vorfahren näher am »schnellen« Ende waren als die heutigen indigenen Stammesmenschen und dass sich diejenigen von uns, die bei Starbucks ein und aus gehen, eher am »langsamen« Ende befinden. Um eins klarzustellen: Das hat nichts mit Intelligenz zu tun. Innerhalb des gesamten Zeitraums, der zwischen unseren Vorfahren und uns liegt, gab es keine signifikanten Veränderungen in unserem Gehirn. Die Unterschiede sind vielmehr kulturell. Oder, um es mit anderen Worten zu sagen, ein durchschnittlicher Mensch von vor zehntausend Jahren hätte genauso schnell ein Kreuzworträtsel in der Zeitung gelöst wie wir, wenn er denselben Lebensstil gehabt hätte und denselben Einflüssen ausgesetzt gewesen wäre. Komischerweise hatten unsere Vorfahren Historikern wie Yuval Noah Harari zufolge vermutlich mehr Freizeit als wir – sie hätten eine kleine Abwechslung wie ein Kreuzworträtsel wohl sehr genossen.

Zum Glück ist die Grenze zwischen uns und dem Bewusstsein für die Natur noch nicht unüberwindbar. Die Fähigkeit, Hinweise in der Natur für sich zu nutzen, ist nur so sehr geschrumpft, dass sie nur noch einen sehr kleinen Teil unserer Wahrnehmung ausmacht. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich einmal in Saffron Walden in Essex einen Vortrag hielt und danach in einem Hotel übernachtete. Beim Frühstück am nächsten Morgen, als ich gerade über dieses Buch nachdachte, sagte die freundliche ältere Dame, die mir Tee eingoss: »Sieht nach Regen aus.«

Wir saßen drinnen, ohne direkten Ausblick durch die Fenster, und soweit ich wusste, hatte sie schon seit einer Weile nicht das Gebäude verlassen. Nach dem Frühstück fing es tatsächlich an zu regnen. Ich fragte die Bedienung, woher sie gewusst hatte, dass es regnen würde. Sie war ein wenig irritiert über solch eine merkwürdige Frage. Aber nach einer kurzen Pause stellte sich heraus, dass es eine einfache Antwort gab: Der Himmel hatte sich ein wenig verdunkelt, und das war auch in einem kleinen Raum mit künstlichem Licht, in den nur wenig Tageslicht kam, bemerkbar. Das mag niemanden überraschen oder gar beeindrucken, aber genau das ist der Punkt: Wir alle besitzen immer noch diese Fähigkeit. Sie ist nur sehr geschrumpft – sie reicht oft nur noch zu ein paar kurzen Wettervorhersagen.

Doch es gibt nichts, was uns davon abhalten könnte, die tiefergehenden Fähigkeiten, die wir einmal hatten, wieder zu aktivieren. Und wie wir noch sehen werden, lässt sich die Diskrepanz zwischen den Fähigkeiten, die wir einmal hatten, und dem, was davon noch übrig ist, am besten anhand unseres Verständnisses vom Verhalten der Tiere in der Natur verdeutlichen.

Wenn Sie einen Vogel auf einen Baum zufliegen sehen, werden Sie vermutlich erkennen, ob er auf dem Baum landen oder daran vorbeifliegen wird. Dafür müssen Sie nicht die Gedanken des Vogels lesen können, sondern lediglich seine Körpersprache verstehen. Wenn Sie mir das nicht glauben, probieren Sie es einfach aus. Beobachten Sie einen Vogel beim Fliegen, und bestimmen Sie den Moment, in dem Sie denken, dass er irgendwo landen wird. Das werden Sie erkennen, bevor der Vogel den Boden berührt. Fragen Sie sich nun: Woher wussten Sie es?

Kurz vor der Landung fächert ein Vogel seinen Schwanz, ändert seinen Flugwinkel und seine Geschwindigkeit. Das bedeutet, dass sich sein Körper, der sich zuvor in der Horizontalen befand, vorn zunächst leicht und unmittelbar vor der Landung noch weiter nach oben richtet. Auf dieselbe Weise schafft es ein Flugzeug, zunächst schnell durch die Luft zu fliegen und dann langsam und sicher zu landen, ohne abzustürzen.

Unser Gehirn nimmt Hinweise wie diese jederzeit auf und versucht sie so gut wie möglich nachzuvollziehen. Solche Hinweise in unserer Umgebung gibt es zu Tausenden, und zwar zu jeder Zeit, und viele davon werten wir ganz unbewusst aus. Ihr Gehirn weiß, dass der Vogel landen wird, weil es von Ihren Sinnen genügend Informationen bekommen hat, aber jetzt kommt das Interessante an der Sache: Wenn Sie danach gefragt werden, warum Sie das wussten, können Sie es womöglich nicht genau sagen. Ihr Gehirn versteht die Körpersprache des Vogels, ohne Ihren bewussten Verstand mit Details zu behelligen. Ein klassischer Fall des Unterschieds zwischen schnellem und langsamen Denken: Der schnelle Teil weiß Dinge, die der langsame nicht ausdrücken kann.

Dank der Fotografie und ausführlicher Studien wissen wir heutzutage, dass die Landung einer Ente in vier Stufen zu unterteilen ist, bei denen sich unter anderem der Winkel des Kopfes verändert und sich die Füße nach vorn schieben. Aber wir wussten das schon vorher: Wir wissen, wie die Landung einer Ente aussieht, wir hatten bloß keine wissenschaftlichen Bezeichnungen für jede der Stufen.

Stellen Sie sich vor, Sie laufen durch eine Landschaft, in der Sie sich nicht auskennen, und werden dabei von einer Freundin beobachtet, die oben auf einem Hügel steht. Ihre Freundin sieht, wie Sie schnell und zuversichtlich über den nicht allzu steilen Kamm eines Hügels laufen und schließlich langsamer werden, bis Sie an einem gefährlichen Steilhang ankommen. Später fragt Ihre Freundin, woher Sie schon vor dem Hang wussten, dass Sie langsamer werden mussten.

»Na ja, ich habe gesehen, dass da ein steiler Abhang kommt«, antworten Sie.

»Ja, aber wie? Konntest du schon sehen, was auf der anderen Seite des Kamms ist?«, hakt sie nach.

»Ähm, nein. Der Kamm hat sich ungefährlich angefühlt und das Ende nicht. Ich weiß nicht, warum.«

Aber im Grunde wissen Sie es doch. Je nachdem, ob man sich einem steilen Abhang oder einer leichten Senke nähert, verändert sich die Landschaft auf unterschiedliche Weise. Ihr Gehirn ist darauf ausgelegt, diese feinen Unterschiede zu registrieren, auch wenn Sie sich dessen nicht bewusst sind. Es arbeitet dabei nicht immer fehlerfrei. Ich bin mir sicher, dass Sie schon das eine oder andere Mal erlebt haben, wie Sie vorsichtig und langsam auf die Kante eines vermeintlich steilen Abhangs zugegangen sind, nur um dann festzustellen, dass es sich bei dem, was dahinter lag, bloß um eine leichte Senke handelte. Ihr Gehirn hat jedoch die Kante wahrgenommen und Sie dazu gebracht, in dieser Situation besonders auf Ihre Sicherheit zu achten. Es nimmt allerdings nur die Kante wahr und weiß, dass dahinter ein Abhang liegt, verfügt aber nicht über die nötigen Informationen, um Ihnen mitteilen zu können, dass dieser Abhang nicht steil ist.

Bis hierhin war alles recht unkompliziert, was bedeutet, dass wir diese Fähigkeiten beibehalten haben, obwohl wir im Gegensatz zu unseren Vorfahren relativ wenig Zeit im Freien verbringen. Aber ich möchte Ihnen zeigen, dass es möglich ist, solche Fähigkeiten auf ein viel höheres Level zu bringen.

Menschen, die immer noch viel Zeit in der Natur verbringen, vor allem die, die immer in bestimmten Gebieten unterwegs sind, bestätigen diese weitreichendere Fähigkeit. Ihre Erfahrungen sind ähnlich und deuten auf einen ureigenen Sinn und ein außerordentliches Bewusstsein hin. Rob Thurlow zum Beispiel ist Ranger in den Wäldern in meiner Heimat, und wir reden oft über unsere Erfahrungen dort. Er hat Tausende Stunden damit verbracht, das Verhalten von Hirschen zu beobachten.

»Manchmal spürt man einfach nur den Blick eines Hirschs auf sich«, erklärte Rob, als er über eine bei ihm recht häufig vorkommende Erfahrung sprach, nämlich zu wissen, wann ein Hirsch ihn registriert hatte, selbst wenn er selbst woanders hinsah. Ich weiß genau, was er damit meint, denn wie viele andere habe auch ich diese Erfahrung gemacht. Joel Hardin, der jahrelang als professioneller Fährtenleser für die US-Strafverfolgungsbehörden gearbeitet hat, hatte manchmal eine starke Empfindung, wenn er sich in der Nähe eines Flüchtigen befand: »Ich hatte einfach so ein Gefühl.« Und er lag meistens richtig.

Wenn nicht offensichtlich ist, wie solche Gefühle entstehen, werden sie oftmals als »übernatürlich«, »Bauchgefühl« oder »sechster Sinn« bezeichnet. Aber wann immer solche Bezeichnungen benutzt werden, bedeutet das eigentlich, dass schnelles Denken zum Einsatz kam. Es gibt kein Richtig oder Falsch bei diesen Bezeichnungen – immerhin ist es sehr schwierig, etwas in Worte zu fassen, das in unserem Kopf passiert, ohne dass wir es bemerken. Ich selbst werde es im Folgenden als »schnelles Denken« oder »Intuition« beschreiben, wobei Ersteres den aktiven Prozess und Letzteres die grundsätzliche Fähigkeit bezeichnet.

Aus der Annahme, dass unsere Vorfahren mit den entsprechenden kulturellen Rahmenbedingungen imstande gewesen wären, Kreuzworträtsel zu lösen, ergibt sich folglich, dass wir ebenfalls imstande sind, unsere Fähigkeit, die Natur zu spüren, zurückzuerlangen. Das mag beängstigend klingen, aber in Wahrheit sind nur die Rahmenbedingungen das Entscheidende – mal abgesehen davon, dass Sie diese Fähigkeiten bereits täglich bei der Arbeit und zu Hause nutzen. Alles, was wir tun müssen, ist, uns in der Natur auf der zuvor erwähnten Skala zurückzubewegen. Ich nenne Ihnen mal ein paar Beispiele, die zeigen, dass wir das immer noch können.

Wenn Sie gefragt werden, ob gerade Nacht oder Tag ist, ist das keine besonders anspruchsvolle Frage. Wenn ein Insekt in Ihrem Nacken landet, verscheuchen Sie es, ohne zu zögern oder nachzudenken. Wenn Sie vom Fenster aus sehen, dass sich die Bäume bewegen, wissen Sie sofort, dass es windig ist. An einem anderen Tag sehen Sie durch dasselbe Fenster Hitzeflimmern über dem Asphalt, und Ihr Gehirn sagt Ihnen, dass es heiß ist, ohne dass Sie sich das gefragt haben. Wenn Sie auf einem Pfad einen Hügel hinunterspazieren, sehen Sie in der Ferne zwei helle, ovale Dinge in der Farbe des Himmels auf dem Boden. Bevor Sie weiterlesen, überlegen Sie: Was könnte das sein?

Diese letzte Frage ist zugegeben ein wenig gemein. Ich habe versucht, Ihnen eine Falle zu stellen, indem ich Ihr langsames Denken zu etwas aufgefordert habe, was Ihr schnelles Denken eigentlich besser kann. Die Lösung ist: Sie sehen Wasser, zwei Pfützen auf dem Weg vor Ihnen. Vielleicht haben Sie das mithilfe der Hinweise herausgefunden, vor allem aufgrund der Aussage, dass diese »Dinge« die Farbe des Himmels haben – denn aus flachem Winkel betrachtet verhält sich Wasser wie ein Spiegel. Aber ob Sie die Lösung ohne nachzulesen herausgefunden haben oder nicht, ist unwichtig. Das Wichtige ist, wenn Sie tatsächlich diesen Spaziergang gemacht hätten, hätten Sie nicht bewusst über die Hinweise nachdenken müssen – Ihr Gehirn hätte die Form, die Farbe und die Lage der »Dinge« erkannt, automatisch mit anderen vertrauten Dingen in solch einer Umgebung verglichen und Ihnen dann die Lösung genannt. Und das wäre passiert, ob Sie es wollten oder nicht. In der Realität hätten Sie die Pfützen nicht nicht erkennen können.

Nun kommen wir zu Situationen, in denen wir beide Denkarten nutzen. Eines Nachts nahm ich meine beiden Söhne mit zu einer Nachtwanderung. Als wir gerade auf dem Rückweg waren, sahen wir, wie die Wolken plötzlich heller wurden.

»Wow … was war denn das? Ein Blitz?«, fragte Vincent.

»Jep«, antwortete ich.

Für mich war das offensichtlich, aber mein zehn Jahre junger Sohn hatte noch nicht genügend Erfahrung mit Blitzen gemacht, um sie sofort zu erkennen. Er musste darüber nachdenken. Die Zahnrädchen in seinem Kopf machten wahrscheinlich in etwa diesen Prozess durch: Plötzliches, sehr helles Licht an einem bewölkten Himmel … Gedächtnis nach bekannten, ähnlichen Bildern durchsuchen … bisher nur eines … Blitz?

Wir alle erkannten den Blitz, allerdings auf unterschiedliche Weisen.

Es blitzte erneut.

»Der war ja riesig! Ist er sehr nah, Daddy?« fragte Vinnie ein wenig ängstlich.

»Nein, er ist nicht nah. Aber lass uns mal prüfen, wie weit er weg ist. Ein Elefant, zwei Elefanten, drei Elefanten … fünfzehn Elefanten … fünfundzwanzig Elefanten … es ist immer noch sehr weit weg, über acht Kilometer.«

»Wie machst du das noch mal, Dad?« fragte Ben.

»Wenn wir die Elefanten zählen, zählen wir die Sekunden. Die Zahl teilen wir dann durch fünf und bekommen die Entfernung in Meilen. Oder wir teilen sie durch drei und bekommen die Entfernung in Kilometern.«

Ich hatte sofort gewusst, dass wir uns vor diesem Gewitter nicht zu fürchten brauchten, da es nicht sehr windig war, es nicht regnete und der Donner nicht unmittelbar auf den Blitz folgte – ich wusste es intuitiv. Als wir anfingen, mithilfe von Elefanten zu zählen, benutzten wir hingegen unser langsames Denken, um genauer zu erfahren, wo sich das Gewitter befand.

Als Vincent am Anfang fragte, ob das grelle Licht ein Blitz sei, hatte sein schnelles Denken etwas wahrgenommen, das ihn überraschte und gleichzeitig beunruhigte. Wenn uns so etwas passiert, leitet unser schnelles System die Informationen an unser langsames System weiter, damit wir sie analysieren können. Wenn Sie nachts durch die Straßen laufen und Ihnen eine Person entgegenkommt, die sich Ihrem Gespür nach nicht normal verhält, fangen Sie an, die Person und die Situation bewusster zu analysieren. Von schnell zu langsam; von spüren zu analysieren.

Wenn Sie auf einer Party sind und hören, dass Ihr Name bei einer Unterhaltung am anderen Ende des Raums erwähnt wird, verschiebt sich Ihre gesamte Aufmerksamkeit umgehend zu dieser Unterhaltung. Sie hören nun den Kontext, über Ihren Charme und Ihr gutes Aussehen – lassen Sie uns hier mal an das Gute im Menschen glauben. Aber wenn Sie dann versuchten, wiederzugeben, was diese Menschen zuvor gesagt hatten, wären Sie dazu nicht in der Lage, da Sie vor der Erwähnung Ihres Namens nicht genau genug hingehört haben. Die Lautstärke der Unterhaltung hat sich nicht verändert, doch sobald Sie sich durch bewusstes, langsames Denken darauf konzentrierten, konnten Sie verstehen, was gesagt wurde.

Das Merkwürdige dabei ist: Wieso haben Sie Ihren Namen überhaupt vernommen, wenn Sie bis dahin nicht genau hingehört hatten? Es war Ihr schnelles, unbewusstes Denken, das Ihre Umgebung ununterbrochen nach Bedrohungen absucht – und für den modernen Menschen gibt es nichts Bedrohlicheres als Klatsch und Tratsch.

Aber wenn wir bei der Erkenntnis, dass sich unsere Denkarten in schnell und langsam unterteilen lassen, stehen blieben, würden sich unsere Erfahrungen und Fähigkeiten in der Natur nicht verbessern. Im nächsten Schritt gilt es, festzustellen, wie und wann unsere Gehirne schnelles anstelle von langsamem Denken einsetzen. Darüber habe ich in den letzten Jahren sehr viel nachgedacht. Komischerweise war dieses Nachdenken zumeist eher »langsam«, wirklich furchtbar langsam. Aber es gab auch vereinzelte Momente schnellen Denkens. Wir alle erleben sie während der Arbeit oder eines Spiels immer mal wieder. Sie sind selten, aber jedes Mal sehr erfreulich. Wir nennen sie »Eingebung« oder »Aha-Momente«.

»Ja! Genial! So können wir das Problem lösen und die Deadline einhalten!« Oder: »Natürlich! Deshalb hat Helen nicht so reagiert, wie ich dachte. Sie ist verliebt!«

Gary Player, der erfolgreiche Golfer, trainierte einmal schwierige Schläge aus einer Senke heraus. Er schaffte es zweimal hintereinander, den Ball im Loch zu versenken. Ein Texaner, der ihn beobachtet hatte, traute seinen Augen nicht und bot ihm hundert Dollar, wenn er es ein drittes Mal schaffen würde. Der Ball landete im Loch. Der Texaner beglich seine Wettschulden und behauptete, Player habe unglaublich viel Glück gehabt.

»Tja, je mehr ich übe, desto mehr Glück habe ich«, antwortete Player.

Ich bin mir sicher, dass Player nicht der Erste und auch nicht der Letzte ist, der so etwas sagt, denn wir alle wissen, dass wir immer besser in etwas werden, je mehr Zeit wir dafür aufwenden. Und im Grunde bedeutet das, dass unser schnelles Denkvermögen durch Übung immer versierter wird. Unsere Fähigkeiten in der Natur unterscheiden sich in diesem Punkt nicht von solchen im Sport oder anderen Bereichen: Sie brauchen Übung.

Der Sonnenamboss

Unser Ziel war es, vom Meer der Nordküste Kretas aus Richtung Süden zu laufen, bis wir das Meer an der Südküste erreichen würden, ohne dabei irgendwelche Karten oder Navigationsgeräte zu benutzen. Das waren etwa zweiundvierzig Kilometer Luftlinie, und wir würden weder fliegen noch irgendwelchen gradlinigen Strecken folgen. Ich vermutete deshalb, dass wir etwa das Doppelte an Kilometern würden laufen müssen. Zusätzlich lagen noch Gebirge auf unserem Weg.

Unsere größten Herausforderungen waren Hitze, Wasserversorgung und Gewicht. Da September war, würde das Land ausgetrocknet sein. Wir wollten vier Tage laufen können, ohne uns unterwegs etwas zu essen oder trinken kaufen zu müssen. Aber wenn man vier Tage lang bei Temperaturen um die 37 Grad mit Rucksäcken durch bergiges Gebiet läuft, braucht man sehr viel Wasser. Und Wasser ist schwer. Je mehr wir mitnahmen, desto schwerer würden unsere Rucksäcke sein, desto langsamer würden wir wiederum laufen und desto mehr Wasser würden wir brauchen. Es war ein Teufelskreis. Der beste Kompromiss schien mir fünfzehneinhalb Liter für jeden zu sein. Um einen Wassernotstand zu verhindern, war der Plan, die drei Reserveliter Wasser nur dann anzubrechen, wenn wir aufgegeben hatten, unsere Notfallkarte und das GPS-Gerät ausgepackt und auf dem Weg in Richtung Zivilisation waren. Den letzten Liter Wasser durften wir nicht anrühren, bevor das Ende in Sicht war. Das mag für eine Ferienwanderung ein wenig drastisch wirken, aber ich habe Leute gekannt, die an einem Hitzschlag gestorben sind. So etwas kann schnell passieren. Um ehrlich zu sein, war das das Einzige, was mir wirklich Angst machte.

In Panormos, einem kleinen Städtchen an der Nordküste, überprüften mein Freund Ed und ich noch einmal gegenseitig unsere Ausrüstungen. Wir stopften Wasserflaschen in die Rucksäcke und in die Außentaschen, füllten unsere Mägen mit frischem Wasser, berührten an der Küste als »Startsignal« das Meer und wanderten dann los in die heiße Hügellandschaft.

Eines der nervigsten Dinge bei der Orientierung mithilfe der Natur ist es, dass Durchgangsrechte auf Wegen nicht erkennbar sind. Die Natur zeichnet keine Eigentumsrechte in ihre Karten. Es dauerte also nicht lange, bis ein Schäfer aus einer baufälligen Hütte auf uns zukam und sich wild auf Griechisch bei uns beschwerte. Wir verstanden seine Worte nicht, doch seine Körpersprache war klar und leicht zu interpretieren – er wollte, dass wir umkehrten, und zwar auf dem Weg, den wir gekommen waren. Unser Plan ließ allerdings nicht allzu viele Umwege zu, denn aufgrund des begrenzten Wasservorrats hatten wir ein Zeitlimit. Also versuchten wir es mit Charme. Doch er wurde wütend. Dann probierten wir eine andere Taktik.

Ich hatte ein wenig über die Geschichte Kretas gelesen und wusste daher, dass die Menschen in den hügeligen Gegenden immer noch mit den Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg zu kämpfen hatten. Während der Besetzung durch die Nazis gab es hier viele kleinere Widerstandsvereinigungen, die durch ein brutales Vorgehen der Deutschen niedergeschlagen wurden. Besonders in den ländlichen, bergigen Gegenden, durch die wir wandern wollten, besaßen noch viele Menschen Waffen und vor allem ihren Stolz und ihren Sinn für Unabhängigkeit.

»Wir kommen aus London in England.«

Ich weiß nicht, ob dieser Satz geholfen hat oder ob unser Timing zufällig richtig war, aber seine Laune wurde ein wenig besser, und bald bedeutete er uns, dass wir weitergehen sollten.

Alle weiteren Zusammentreffen mit Kretern liefen freundlich ab. Ein Olivenbauer bot uns sogar an, uns ein Stück auf seinem Traktor mitzunehmen, doch das lehnten wir dankend ab. Es war gegen unsere selbst erfundenen Spielregeln. Und so setzten wir einen Fuß vor den anderen und wanderten langsam bergaufwärts.

Eine unserer weniger appetitlichen Gewohnheiten war es, uns gegenseitig über die Farbe unseres Urins auf dem Laufenden zu halten. Wir wussten, dass er dunkler werden würde, je länger und steiler wir wanderten, und da wir es nicht riskieren wollten zu dehydrieren, wollten wir ihn durch trinken zumindest immer bernsteingelb halten.

Der erste Tag ist immer hart. Es war heiß im Vorgebirge, die Rucksäcke waren schwer, und es ging gnadenlos bergauf. Ed unterbrach meine Gedanken, indem er mich fragte, ob wir die Ausrichtung der Gewächshäuser nutzen könnten, um die Richtung zu bestimmen. Ich war mir nicht sicher, nahm mir aber vor, das herauszufinden. Wie sich herausstellte, wurde eine Ausrichtung mit der Längsseite von Norden und Süden bevorzugt, es sei denn, es gab an der entsprechenden Stelle im Sommer nicht genug Sonnenlicht, denn dann waren sie von Osten nach Westen ausgerichtet. Das war also nur halbwegs hilfreich.

Am Ende des ersten verschwitzten Tages rollten wir unsere Isomatten in der Nähe einer kleinen Hütte auf dem Bergrücken aus, den wir gerade überquerten. Wir hatten uns sehr verausgabt, und ich war mir nicht sicher, ob wir bei dieser Hitze unser Tempo auch in den nächsten Tagen würden halten können, aber vielleicht mussten wir das auch nicht. Selbst wenn, würde es immerhin ein wenig bergab gehen, und unsere Rucksäcke wurden jeden Tag fünf Kilo leichter.

Wir aßen ein wenig von unserem mitgebrachten Curry und beobachteten, wie die Sterne aufgingen. Ich merkte mir ein paar Fixpunkte am Himmel – also beispielsweise, in welcher Linie der Polarstern über einem Felsen stand –, damit wir uns am nächsten Morgen daran orientieren konnten, falls die Sonne von einer Wolke verdeckt war. Dann legten wir uns unter dem Sternenhimmel schlafen.

Ed begann als Erster zu fluchen, doch auch ich machte es ihm bald nach. Die Mücken kamen scharenweise. Wir cremten uns großzügig mit Mückenschutz ein und legten uns wieder hin. Nach einem so anstrengenden Tag hätten die Mücken schon so groß wie Ratten sein müssen, um uns die ganze Nacht lang wach zu halten. Dennoch wachten wir hin und wieder auf, hörten ihr Summen und spürten, wie sie uns ins Gesicht stachen. Das passierte so regelmäßig, dass wir ein Muster erkannten: Jedes Mal, wenn wir von den Mücken geweckt wurden, war der Himmel von Wolken bedeckt. War der Himmel klar, kamen keine Mücken. Und so warteten wir jedes Mal, bis die Wolken wegzogen, bevor wir unsere Augen erneut schlossen – und wussten, dass wir bei der nächsten Wolkendecke wieder geweckt wurden.

In meinem Gedächtnis waren sämtliche Orientierungstechniken gespeichert, die ich mir im Laufe der letzten Jahre angeeignet hatte. Dennoch würde wohl meistens die Sonne unser Kompass sein, es sei denn, das Wetter spielte verrückt.

Da es Anfang September war, würde die Sonne im Osten ein paar Grad weiter nördlich aufgehen und im Westen ebenso etwas nördlicher wieder untergehen. Am Mittag würde die Sonne im Süden stehen. Schwieriger war es, den Stand der Sonne zwischen ihrem Auf- und Untergang abzuschätzen, denn der Verlauf der Sonne ist nicht gleichmäßig. Mittags ändert sich der Lauf meist drastischer als morgens und abends. Bei jeder längeren Forschungsreise versuche ich dieses Problem in den Griff zu bekommen, indem ich mir ausrechne, um welche Zeit die Sonne im Südosten und im Südwesten steht, denn dort sind die Abweichungen geringer. Anhand dessen kann man ihren Lauf dazwischen dann abschätzen: Je näher die Zeitpunkte, zu denen sie im Südosten oder Südwesten steht, an der Mittagszeit liegen (wobei der zeitliche Abstand in beide Richtungen gleich ist), desto drastischer sind die Kursabweichungen um die Mittagszeit herum. Für mich persönlich war diese Methode die schnellste, um mich mit der Sonne als Kompass vertraut zu machen.

Zu Beginn muss man sich angewöhnen, die Uhrzeit mit dem Stand der Sonne abzugleichen. Wir hatten Armbanduhren dabei – unser einziges Zugeständnis an die Moderne. Wie spät ist es? Das bedeutet: Hat die Sonne den Südosten schon durchschritten oder nicht? Das wird sie in etwa einer halben Stunde – okay, das heißt, die Sonne ist ein paar Grad östlich des Südostens. Diese Informationen nutzten wir, um uns einen Zielpunkt auszuwählen, idealerweise in mittlerer Entfernung oder noch weiter weg. Diesen Ablauf wiederholten wir etwa ein Dutzend Mal am Tag, wenn wir uns auf offenem Gelände befanden; und noch weit öfter in bewaldetem oder anderweitig schwierigem Gelände.

Dann passierte allmählich etwas viel Interessanteres. Irgendwann, vielleicht am Ende des zweiten Tages, wurden die Zeitabgleiche immer unregelmäßiger. Die eher langsamen Überlegungen waren nicht mehr notwendig: Wir hatten ein Gespür dafür entwickelt, wo die Sonne stand und welche Himmelsrichtung sie uns damit anzeigte. Unsere Gehirne hatten langsam ein neues Denkmuster »eingehämmert« bekommen – mithilfe des Sonnenambosses.

Am nächsten Tag registrierten wir schon nicht mehr regelmäßig, wann wir überhaupt darüber nachdachten – die Sonne war einfach da und führte uns zuverlässig in die Richtung, die wir einschlagen mussten. Auf genau diese Weise nutzen viele indigene Völker die Sonne als Wegweiser, und ebenso taten es unsere Vorfahren.

Manchmal wurde sie von Wolken bedeckt, und einmal regnete es sogar kurz, was uns die schöne Gelegenheit bot, uns mithilfe eines Regenbogens zu orientieren. Am Himmel befanden sich helle und dunkle Wolken, die Sonne war hinter einem Berg versteckt, und genau vor uns erschien ein Regenbogen, der mit seinen Farben einen willkommenen Kontrast zum ausgedörrten Braun der Berge darstellte. Es war außergewöhnlich.

Wenn wir uns einen Regenbogen als Teil eines vollständigen Kreises vorstellen, dann ist das Zentrum dieses Kreises immer genau gegenüber der Sonne. Aus diesem Grund sind Regenbogen zu Beginn oder am Ende eines Tages große Halbkreise. Um sich mithilfe von Regenbogen zu orientieren, müssen wir nur herausfinden, wo sich die Sonne am Himmel befindet, und wissen dann, dass der Regenbogen um genau 180 Grad in der gegenüberliegenden Richtung liegt. Aber man muss es bewusst errechnen – und fühlte sich für uns im Gegensatz zu den vorherigen Stunden, in denen wir die Himmelsrichtungen durch den Stand der Sonne bereits intuitiv gespürt hatten, anders an. Durch Übung war die Nutzung des Sonnenkompasses für uns von langsamem zu schnellem Denken geworden – in Bezug auf den Regenbogen mussten wir nun wieder von vorn anfangen. Wenn der Regenbogen lange genug geblieben wäre, hätten wir zweifelsohne gelernt, ihn ebenfalls intuitiv zu nutzen, doch der Regen ging vorbei und nahm uns diese Chance.

Am Mittag machten wir im Schatten eines Ziegenmelkstands Pause. Mehr aus Spaß legte ich eine Münze ans Ende eines Schattens, den ein rostiges Stück Eisen warf. Nach dem Mittagessen, das aus kaltem Chili con Carne und getrockneten Bananenchips bestand, legte ich eine zweite Münze ans Ende der neuen Position des Schattens. Die unsichtbare Linie, die die beiden Münzen auf dem Boden miteinander verband, stand für die Ost-West-Linie.

Ein paar Stunden später kamen wir an einem Haus vorbei, bei dem Strandausrüstung zum Trocknen draußen hing.

Es freute uns, dass diese Hinweise auf das Meer wohl von der Süd- und nicht von der Nordküste stammten – es sei denn, wir hatten uns grundlegend geirrt.

Der Nachmittag war furchtbar. Wir hatten versucht, auf höherem Gelände zu bleiben, was normalerweise nicht verkehrt ist, doch ein regelrechtes Labyrinth aus zerklüfteten Gebirgsläufern hielt uns auf. Steile Auf- und Abstiege wechselten sich über Stunden auf brutalste Weise ab. Am Ende waren wir müde und entmutigt. Grundsätzlich bewerteten wir unseren Fortschritt daran, wie viel Strecke in Richtung Süden wir in etwa zurückgelegt hatten. Doch an diesem Tag zwangen uns die Gebirgsausläufer zuerst ost- und dann westwärts, was uns viel Energie kostete, ohne dass wir wirklich vorankamen. Eine Stunde bevor es dunkel werden würde, entschieden wir, unser Lager aufzuschlagen – ich habe meinen Schlafplatz und mein Abendessen gern fertig, bevor die Sonne untergeht.

Wir fanden eine Lichtung, die uns geeignet erschien. Es lagen zwar recht viele Tierknochen herum, doch die ließen sich einfacher beseitigen als die Felsbrocken an allen anderen möglichen Lagerplätzen. Dennoch war uns klar, dass wir uns an einem Ort niederließen, an dem sich die Wege verschiedener Tierarten kreuzten, zumal sich im dichten Unterholz die Eingänge zu mehreren Tunneln befanden. Aber da wir wussten, dass es auf Kreta keine Tiere gab, die uns gefährlich werden konnten, dachten wir nicht weiter darüber nach.

Nach dem Abendessen arbeiteten Ed und ich uns durch die verschiedenen Kompasse, die die Sterne uns boten: Der Skorpion und das Sommerdreieck standen im Süden, der Schwan, Kassiopeia und der Große Bär zeigten in Richtung Polarstern im Norden. Wir merkten uns erneut einige Fixpunkte, indem wir sie am Boden markierten.

Der Rest des Abends war wenig entspannend. Als wir uns gerade hingelegt und Gute Nacht gesagt hatten, hörten wir, wie ein Fahrzeug über einen der vielen Schotterwege am Berg fuhr. Eigentlich klang es sehr nah, doch wir entdeckten kein Scheinwerferlicht. Dann hörten wir den ersten Schuss. Das Fluchen aufgrund der Mücken zwei Nächte zuvor war nichts im Vergleich zu den Obszönitäten, die wir in diesem Moment von uns gaben.