Untersuchungshaft - Schlothauer Nobis Voigt Wolf - E-Book

Untersuchungshaft E-Book

Schlothauer Nobis Voigt Wolf

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Beschreibung

Das Standardwerk zur Untersuchungshaft bietet einen aktuellen und umfassenden Überblick über die anwaltlichen Möglichkeiten, die von der Untersuchungshaft ausgehenden Eingriffe entweder ganz zu verhindern oder abzumildern und zu begrenzen. Die umfassendste Darstellung von U-Haft mit all ihren rechtlichen und praktischen Auswirkungen ist ein Muss für jeden forensisch tätigen Verteidiger. Das Werk enthält zahlreiche praktische Verteidigungsansätze mit hilfreichen Checklisten und Mustern u.a. für Haftprüfungs- und Beschwerdeverfahren sowie betreffend den Vollzug von U-Haft. Neu in der der 6. Auflage: - Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung nationaler Gerichte und des EGMR u.a. zum Beschleunigungsgrundsatz und Mindeststandards bei den Haftbedingungen - Auseinandersetzung mit aktuellen Reformen wie der (mangelhaften) Umsetzung der sog. EU-Legal-Aid-Richtlinie durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, insb. bezogen auf den sog. "Verteidiger der ersten Stunde" - Aktualisierte Synopse sämtlicher länderrechtlicher Regelungen zum Vollzug von Untersuchungshaft unter Berücksichtigung neuester BGH- und OLG-Rechtsprechung mit Fokus auf aktuellen praxisrelevanten Themen, wie z.B. Nutzung von Laptops durch Inhaftierte zur Akteneinsicht - Überblick über europäische Vorgaben für den Vollzug von U-Haft.

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Untersuchungshaft

mit Erläuterungen zu den UVollzG der Länder

Begründet von

Prof. Dr. Reinhold SchlothauerRechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Bremen bis zur 5. Auflage

Prof. Dr. Hans-Joachim WeiderRechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Frankfurt am Main bis zur 4. Auflage

Weitergeführt von

Dr. Frank NobisRechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Iserlohn ab der 5. Auflage

Lea VoigtRechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Bremen ab der 6. Auflage

Dr. Lara WolfRechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Berlin ab der 6. Auflage

6., neu bearbeitete Auflage

www.cfmueller.de

Herausgeberin und Herausgeber

Praxis der Strafverteidigung Band 14

Begründet von

Rechtsanwalt Dr. Josef Augstein (†), Hannover (bis 1984) Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Beulke, Passau (bis 2022) Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber (†), Göttingen (bis 2008)

Herausgegeben von

Prof. Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy, Bielefeld Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, Berlin

Schriftleitung

Rechtsanwalt (RAK Berlin und RAK Wien) Dr. Felix Ruhmannseder, Berlin/Wien

Autorinnen und Autor

Dr. Frank Nobis ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Iserlohn.

Kontakt: [email protected]

Lea Voigt ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Bremen.

Kontakt: [email protected]

Dr. Lara Wolf ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Berlin.

Kontakt: [email protected]

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <https://portal.dnb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-8114-8771-0

 

E-Mail: [email protected]

Telefon: +49 6221 1859 599Telefax: +49 6221 1859 598

 

www.cfmueller.de

 

© 2024 C.F. Müller GmbH, Heidelberg

Hinweis des Verlages zum Urheberrecht und Digitalen Rechtemanagement (DRM)

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Der Verlag räumt Ihnen mit dem Kauf des e-Books das Recht ein, die Inhalte im Rahmen des geltenden Urheberrechts zu nutzen.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Der Verlag schützt seine e-Books vor Missbrauch des Urheberrechts durch ein digitales Rechtemanagement. Angaben zu diesem DRM finden Sie auf den Seiten der jeweiligen Anbieter.

Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers

Das vorliegende Buch zählt zu den Klassikern der Gelben Reihe. Es wurde von dem Autorenteam Schlothauer/Weider vor vielen Jahren aus der Taufe gehoben, von Hans-Joachim Weider bis zur 4. Aufl. und von Reinhold Schlothauer bis zur 5. Aufl. betreut, wofür wir beiden noch einmal von Herzen danken möchten. Sie haben mit dem Band ein Standardwerk geschaffen, das einen Zugang zu allen rechtlichen und praktischen Fragen vermittelt, die sich bei der Verteidigung in Untersuchungshaftsachen stellen, und für diese hervorragende Hilfestellungen bereithält. Die Wahrnehmung der Interessen von Mandanten, denen die Inhaftierung droht oder die sich in Untersuchungshaft befinden, verlangt jedem Verteidiger und jeder Verteidigerin besonders viel Engagement und Umsicht ab. In keinem anderen Rechtsbereich wird das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 und Art. 104 GG verankerten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den Belangen einer effektiven Strafverfolgung derart deutlich und für den von einer Verhaftung betroffenen Menschen zur Belastung. Eine besondere Herausforderung für die Verteidigung besteht darin, unter dem Druck dieser Situation alle rechtlichen Möglichkeiten zum – auch langfristigen – Nutzen des Mandanten oder der Mandantin auszuschöpfen.

Die 6. Auflage bringt das Buch auf den neuesten Stand sowohl der Gesetzgebung – berücksichtigt also insbesondere die europarechtlich veranlassten Neuregelungen zur notwendigen Verteidigung – als auch der Rechtsprechung und der Rechtslehre und bietet nicht zuletzt neue Erkenntnisse zu den empirischen Grundlagen der Untersuchungshaft. Es ist ein großes Glück, dass mit Frank Nobis bereits für die 5. Auflage ein würdiger Nachfolger der „Gründungsväter“ gefunden werden konnte, der über langjährige Erfahrungen sowie großes Sachwissen in der Strafverteidigung verfügt und sich um diese verdient macht. Nunmehr sind als weitere Autorinnen Lea Voigt und Lara Wolf hinzugekommen, die sich bereits ebenfalls als Expertinnen einen Namen gemacht haben. Lara Wolf wurde mit einer Dissertation zum Untersuchungshaftrecht promoviert, die u.a. mit dem Nachwuchspreis der Kriminologischen Gesellschaft ausgezeichnet wurde. Sie tritt weiterhin durch Veröffentlichungen und Vorträge gerade auch zum Thema Untersuchungshaft hervor. Lea Voigt ist neben ihrer Tätigkeit als Strafverteidigerin Lehrbeauftragte am Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Bremen und Mitglied der Redaktion der Fachzeitschrift Strafverteidiger/Strafverteidiger Spezial und steht auch insofern in der Nachfolge von Reinhold Schlothauer und Hans-Joachim Weider. Wir freuen uns über die Fortführung des Buchs durch ein wiederum hochkompetentes Autorenteam und wünschen ihm eine große Leserschaft.

Im Oktober 2023

Berlin

Alexander Ignor

Bielefeld

Charlotte Schmitt-Leonardy

Vorwort der Autorinnen und des Autors

Die Zahl der Verfahren, in denen Untersuchungshaft vollzogen wird, nimmt nach einem zwischenzeitlichen Rückgang der U-Haftzahlen bis zum Jahr 2010 seither wieder stetig zu. Fundierte Strategien der Verteidigung mit und gegen die Untersuchungshaft sind daher nötiger denn je. Auch mit der 6. Auflage wird deshalb versucht, diesem Umstand wiederum Rechnung zu tragen indem neben aktualisierter Rechtsprechung und Literatur wo immer möglich auch entsprechende Verteidigungsstrategien erörtert werden. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur sind auf den Stand von September 2023 gebracht.

Seit Erscheinen der 5. Auflage im Jahr 2016 erfolgte inzwischen die (mangelhafte) Umsetzung der sog. EU-Legal-Aid-Richtlinie durch das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ vom 10.12.2019. Die damit verbundenen Neuerungen wirken sich gerade auch im Bereich der Verteidigung in U-Haftfällen aus („Verteidiger der ersten Stunde“) und wurden deshalb umfassend berücksichtigt. Zudem wurde die Synopse sämtlicher landesrechtlicher Regelungen zum Vollzug der Untersuchungshaft aufgrund einiger gesetzlicher Änderungen und Neuregelungen aktualisiert und neueste BGH- und OLG-Rechtsprechung mit Fokus auf die aktuellen praxisrelevanten Themen, wie z.B. die Nutzung von Laptops durch Inhaftierte zur Akteneinsicht, eingearbeitet. Auch neue Untersuchungen zu den empirischen Grundlagen der Untersuchungshaft, neueste Rechtsprechung nationaler Gerichte und des EGMR u. a. zum Beschleunigungsgrundsatz und Mindeststandards bei den Haftbedingungen sowie europäische Vorgaben für den Vollzug von Untersuchungshaft wurden aufgenommen. Durch die in Teilen notwendige ausführliche Neubearbeitung einiger Kapitel haben sich die Randnummern geändert.

Im September 2023

Iserlohn

Frank Nobis

Berlin

Lara Wolf

Bremen

Lea Voigt

Hinweis

Die Texte der Untersuchungshaftvollzugsgesetze der Länder sowie aktuelle Hinweise zum Recht der Untersuchungshaft finden Sie im Internet unter www.cfmueller.de/u-haft unter der Rubrik „Produktservice“

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers

 Vorwort der Autorinnen und des Autors

 Abkürzungsverzeichnis

 Teil 1Einleitung

  I.Konsequenzen der Untersuchungshaft für den Beschuldigten1 – 5

  II.Rechtswirklichkeit und kriminalpolitische Instrumentalisierung der Untersuchungshaft6 – 9

  III.Konsequenzen der Untersuchungshaft für die Verteidigung10 – 20

  IV.Überlegungen zur Mandatsübernahme21 – 44

   1.Besondere Anforderungen an Mandatsführung/Arbeitsbelastung21 – 23

   2.Besonderheiten bei nicht deutschsprachigen Ausländern24 – 30

   3.Weitere allgemeine Hinweise31 – 36

   4.Vergütungsfragen/Pflichtverteidigung37 – 44

    a)Vergütungsvereinbarung, gesetzliche Gebühren und Auslagen37 – 41

    b)Pflichtverteidigung42 – 44

 Teil 2Der Kontakt zwischen Verteidiger und inhaftiertem Mandant

  I.Rechtliche und tatsächliche Probleme bei der Kontaktaufnahme46 – 78

   1.Kontaktaufnahme bei bestehendem Mandatsverhältnis47 – 50

   2.Kontaktaufnahme zur Begründung eines Verteidigungsverhältnisses51 – 78

    a)Kontaktaufnahme zum vorläufig Festgenommenen51 – 72

     aa)Kontaktaufnahme zum Beschuldigten auf dessen Wunsch51 – 60

     bb)Kontaktaufnahme zum Beschuldigten auf Veranlassung Dritter61 – 69

     cc)Der telefonische Erstkontakt mit polizeilichem Sachbearbeiter und Beschuldigtem70 – 72

    b)Kontaktaufnahme zum Untersuchungsgefangenen73 – 78

     aa)Kontaktaufnahme74 – 77

     bb)Anbahnungsgespräch78

  II.Beschränkungen des Verkehrs zwischen Verteidiger und Untersuchungsgefangenen79 – 128

   1.Besuchszeiten80 – 86

   2.Eingangskontrollen87 – 93

   3.Verteidigerbesuche94 – 96

    a)Überwachung95

    b)Mitnahme von Laptops, elektronischen Geräten und sonstigen Gegenständen96

   4.Schriftverkehr zwischen Verteidiger und Mandant97 – 109

   5.Übermittlung von Nachrichten und Informationen110, 111

   6.Übergabe von Gegenständen112, 113

   7.Telefongespräche114

   8.Besuche mit Hilfspersonen und Sachverständigen115, 116

   9.Gemeinsame Besprechungen von mehreren Untersuchungsgefangenen mit ihren Verteidigern117

   10.Überwachung des mündlichen und schriftlichen Verkehrs von Rechtsanwälten und Notaren, Übergabe von Gegenständen118 – 124

    a)Besuchsüberwachung118 – 120

    b)Kontrolle des Schriftverkehrs121, 122

    c)Übergabe von Schriftstücken und Gegenständen123, 124

   11.Beschränkungen des Verkehrs zwischen Verteidiger und Beschuldigtem gem. § 148 Abs. 2125 – 128

 Teil 3Verteidigung gegen (drohende) Inhaftierung

  I.Verteidigung nach vorläufiger Festnahme130 – 304

   1.Voraussetzungen für die vorläufige Festnahme130 – 260

    a)Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO131, 132

    b)Festnahme nach § 127 Abs. 2 StPO133 – 135

    c)Tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen der vorläufigen Festnahme136, 137

    d)Vorläufige Festnahme bei Bagatelldelikten138 – 140

    e)Belehrungspflichten bei vorläufiger Festnahme141 – 150

    f)Vorläufige Festnahme und Hauptverhandlungshaft nach § 127b StPO151 – 231

     aa)Entstehungsgeschichte151, 152

     bb)Anwendungsbereich153 – 158

     cc)Voraussetzungen für die vorläufige Festnahme nach § 127b Abs. 1 StPO159 – 164

     dd)Weiterer Verfahrensgang165 – 167

     ee)Voraussetzungen für den Erlass eines Hauptverhandlungshaftbefehls, § 127b Abs. 2 StPO168 – 172

     ff)Die Voraussetzungen im Einzelnen und Verteidigungsmöglichkeiten173 – 195

     gg)Außervollzugsetzung196

     hh)Rechtsbehelfe197 – 200

     ii)Automatische Beendigung der Hauptverhandlungshaft mit Urteil201 – 204

     jj)Probleme der Verteidigung in Fällen der Hauptverhandlungshaft205 – 210

     kk)Pflichtverteidigung211 – 221

     ll)Kritik an der Vorschrift222 – 231

    g)Verfahren nach vorläufiger Festnahme, Vorführungsfrist232 – 243

    h)Pflichtverteidigung 244 – 259

     aa)Überblick/Kritik an der Neuregelung244

     bb)Kein Pflicht- neben Wahlverteidiger?245

     cc)Notwendige Verteidigung bei vorläufiger Festnahme, § 140 Abs. 1 Nr. 4, § 141 Abs. 2 Nr. 1246

     dd)Zeitpunkt der Beiordnung „unverzüglich“ und Ausnahmen247

     ee)Auswahl des Pflichtverteidigers248 – 259

    i)Rechtsbehelfe nach Freilassung260

   2.Verteidigungsmöglichkeiten zur Aufhebung der vorläufigen Festnahme261 – 270

    a)Allgemeine Vorbemerkungen261, 262

    b)Kontakte zur Polizei263 – 266

    c)Kontakte zur Staatsanwaltschaft267 – 270

   3.Vorführung vor den Richter271 – 284

    a)Anwesenheitsrecht des Verteidigers272

    b)Belehrungen und Informationspflichten273 – 284

     aa)Information über Vorwurf/Akteneinsicht; Verteidigerkonsultation274 – 277

     bb)Verteidigerkonsultation278

     cc)Gang der Vorführungsverhandlung und Verteidigungsmöglichkeiten279 – 284

   4.Formelle Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls285 – 297

    a)Zuständigkeit285 – 287

    b)Antragserfordernis der Staatsanwaltschaft288

    c)Notwendiger Inhalt des Haftbefehls289 – 295

     aa)Personalien; strafrechtlicher Vorwurf289 – 291

     bb)Haftgründe292

     cc)Begründung293 – 295

    d)Haftbefehl während der Hauptverhandlung296

    e)Haftbefehl bei Antragsdelikten297

   5.Verkündung des Haftbefehls298, 299

    a)Bekanntmachung an den Beschuldigten298

    b)Außervollzugsetzung299

   6.Verfahren nach Anordnung des Vollzuges der Untersuchungshaft300 – 304

    a)Belehrungen300 – 302

    b)Benachrichtigungspflichten bei Inhaftierung, §§ 114b Abs. 2 S. 4, 114c StPO303

    c)Information der JVA304

  II.Verteidigung bei Festnahme aufgrund eines erlassenen Haftbefehls305 – 331

   1.Vorbemerkung305, 306

   2.Belehrungspflichten307 – 310

   3.Vorführung vor das zuständige Gericht311 – 319

    a)Vorführungsfrist311

    b)Belehrungen312

    c)Anhörung und Pflichtverteidigerbestellung313 – 315

    d)Verteidigungsmöglichkeiten316 – 318

    e)Belehrungen nach Aufrechterhaltung der Haft319

   4.Vorführung vor das nächste Amtsgericht320 – 331

    a)Subsidiarität der Vorführung nach § 115a StPO320

    b)Vorführungsfrist321

    c)Belehrungen, Anwesenheitsrechte322

    d)Pflichtverteidigerbeiordnung323

    e)Akteneinsicht324, 325

    f)Kompetenz des „nächsten“ Richters326, 327

    g)Verteidigungsmöglichkeiten328 – 331

  III.Die Verteidigungsvorbereitung im Erstgespräch zwischen Verteidiger und inhaftiertem Beschuldigten332 – 354

   1.Erstgespräch nach vorläufiger Festnahme332 – 340

   2.Das erste Gespräch nach Anordnung der Untersuchungshaft341 – 354

  IV.Verteidigung gegen noch nicht vollstreckten Haftbefehl – „Selbststeller“355 – 368

 Teil 4Voraussetzungen für Anordnung und Vollzug der Untersuchungshaft – Verteidigungsmöglichkeiten –

  I.Materielle Voraussetzungen für Erlass, Vollzug und Aufrechterhaltung eines Haftbefehls370 – 374

  II.Verteidigungsmöglichkeiten gegen dringenden Tatverdacht375 – 445

   1.Gesetzliche Voraussetzungen des dringenden Tatverdachts375 – 383

   2.Verteidigung gegen Sachverhaltsfeststellungen384 – 434

    a)Informationsbeschaffung391 – 405

     aa)Tatsächliche Angaben im Haftbefehl393 – 395

     bb)Akteneinsicht396 – 404

     cc)Informelle Gespräche405

    b)Verteidigungsmöglichkeiten nach Aktenlage406 – 411

    c)Verteidigungsmöglichkeiten aufgrund neuer Erkenntnisse412 – 434

     aa)Einlassung des Beschuldigten413 – 418

     bb)Neue Beweismittel und Beweisanträge419 – 434

   3.Verteidigung auf rechtlicher Ebene435 – 445

    a)Materiell-rechtliche Einwände435 – 439

    b)Verfahrenshindernisse440 – 445

  III.Verteidigungsmöglichkeiten bei fehlender Verhältnismäßigkeit446 – 456

  IV.Verteidigung gegen Haftgründe457 – 672

   1.Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO)462 – 478

    a)Unbekannter Aufenthalt464 – 469

    b)Bekannter Aufenthalt im Ausland470 – 475

     aa)Verlassen der Bundesrepublik473, 474

     bb)Aufenthalt im Ausland475

    c)Vorsätzliches Sich-Entziehen476 – 478

   2.Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO)479 – 595

    a)Verteidigung gegen Annahme der Fluchtgefahr479 – 549

     aa)Fluchtvorbereitungen481 – 486

     bb)Soziale Bindungen487 – 529

     cc)Straferwartung530 – 537

     dd)Haftvermeidung durch Strafbefehlsverfahren538 – 547

     ee)Sonstige Verfahrensstörungen548, 549

    b)Außervollzugsetzungsmöglichkeiten bei Fluchtgefahr550 – 595

     aa)Voraussetzungen550 – 556

     bb)Verschonungsauflagen557 – 583

     cc)Haftverschonung bei Beschuldigten aus anderen EU-Mitgliedstaaten584 – 595

   3.Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO)596 – 619

    a)Allgemeine Voraussetzungen596, 597

    b)Verdunkelungshandlungen598 – 603

     aa)Einwirkung auf sächliche Beweismittel599

     bb)Einwirkung auf Mitbeschuldigte, Zeugen und Sachverständige600 – 602

     cc)Anstiftung zu Verdunkelungshandlungen603

    c)Tatsächliche Voraussetzungen für Verdunkelungsgefahr604 – 608

    d)Verteidigungsmöglichkeiten609 – 619

     aa)Verteidigung auf tatsächlicher und rechtlicher Ebene609 – 616

     bb)Außervollzugsetzungsmöglichkeiten bei Verdunkelungsgefahr617 – 619

   4.Haftgrund der Tatschwere (§ 112 Abs. 3 StPO)620 – 624

    a)Verfassungskonforme restriktive Anwendung620 – 622

    b)Umfang der Katalogtaten623, 624

   5.Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO)625 – 641

    a)Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§ 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO)627 – 631

     aa)Dringender Verdacht einer Katalogtat627

     bb)Wiederholungsgefahr628

     cc)Haft als ultima ratio629 – 631

    b)Sonstige schwerwiegende Straftaten gegen die Rechtsordnung (§ 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO)632 – 641

     aa)Dringender Verdacht einer Katalogtat632, 633

     bb)Wiederholte/fortgesetzte Tatbegehung634

     cc)Straferwartung635

     dd)Wiederholungsgefahr636, 637

     ee)Haft als ultima ratio638 – 641

   6.Apokryphe Haftgründe642 – 672

    a)Allgemeine Verteidigungsmöglichkeiten642 – 644

    b)Einzelne apokryphe Haftgründe645 – 672

     aa)Förderung der Geständnisbereitschaft646 – 649

     bb)Förderung der Kooperationsbereitschaft650, 651

     cc)Erleichterung der Ermittlungen und Verfahrensvereinfachung652 – 654

     dd)Förderung der Therapie- und Behandlungsbereitschaft655 – 658

     ee)Krisenintervention und Spezialprävention659 – 662

     ff)Verfahrenssicherung, vorweggenommene Strafe und Akquisition finanzieller Mittel663 – 666

     gg)Druck der öffentlichen Meinung/Beeindruckung der Öffentlichkeit667 – 670

     hh)Konzessionen an die Ermittlungsbehörden671

     ii)Erleichterung ausländerrechtlicher Maßnahmen672

 Teil 5Verteidigung bei Erlass oder Erweiterung eines Haftbefehls in atypischen Verfahrenssituationen

  I.Verhaftung im Ermittlungsverfahren673 – 678

  II.Erweiterung des vollzogenen Haftbefehls im Rahmen des Ermittlungsverfahrens679 – 687

  III.Verhaftung bei Anklageerhebung und Verfahrenseröffnung688 – 690

  IV.Verhaftung in der Hauptverhandlung691 – 695

  V.Verhaftung bei Urteilsverkündung696 – 698

  VI.Verhaftung im Rechtsmittelverfahren699

  VII.Überhaft700 – 707

 Teil 6Haftprüfung, Haftbeschwerde und sonstige Haftanträge und Rechtsschutzmöglichkeiten

  I.Allgemeine Vorbemerkungen709 – 718

  II.Mündliche Haftprüfung (§ 117 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1 StPO)719 – 765

   1.Vorbereitung des Haftprüfungsantrags720 – 727

   2.Der Haftprüfungsantrag728 – 744

    a)Zuständigkeit728 – 731

    b)Antragsform732 – 735

    c)Antragsbegründung736 – 744

   3.Vorbereitung des Haftprüfungstermins745 – 749

   4.Verteidigung im Haftprüfungstermin750 – 765

  III.Schriftliche Haftprüfung (§ 117 Abs. 1 StPO)766 – 771

  IV.Antrag auf Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls772, 773

  V.Haftbeschwerde774 – 791

   1.Zulässigkeit774 – 780

   2.Haftprüfung oder Haftbeschwerde781 – 785

   3.Beschwerdeverfahren786 – 791

  VI.Weitere Beschwerde (§ 310 Abs. 1 StPO)792 – 799

  VII.Verfassungsbeschwerde800 – 802

  VIII.Antrag der Staatsanwaltschaft auf Aufhebung des Haftbefehls (§ 120 Abs. 3 StPO)803 – 810

  IX.Haftprüfung, Haftbeschwerde und sonstige Haftanträge nach Anklageerhebung811 – 840

   1.Zwischenverfahren811 – 818

   2.Hauptverhandlung819 – 830

    a)Anträge auf Aufhebung des Haftbefehls, Haftprüfung und Haftbeschwerde819 – 823

    b)Taktische Überlegungen824 – 826

    c)Haftanträge im Plädoyer827 – 830

   3.Haftprüfung, Haftbeschwerde und sonstige Haftanträge nach erstinstanzlichem Urteil831 – 840

    a)Berufungsverfahren831 – 834

    b)Revisionsverfahren835 – 840

  X.Nachträglicher Rechtsschutz841 – 846

 Teil 7Zeitliche Begrenzung der Untersuchungshaft: Beschleunigungsgebot, OLG-Haftprüfung und Verhältnismäßigkeit

  I.Beschleunigungsgrundsatz850 – 861

   1.Allgemeine Bedeutung850 – 857

   2.Beschleunigungsgrundsatz bei nicht vollzogenem Haftbefehl (Haftverschonung, Überhaft, Flucht)858 – 861

  II.Beschleunigungsgrundsatz bis zur Sechsmonatsprüfung862 – 881

   1.Allgemeine Vorbemerkungen862 – 866

   2.Beschleunigungsgebot im Ermittlungsverfahren867, 868

   3.Beschleunigungsgebot im Zwischenverfahren und bei der Terminierung der Hauptverhandlung869 – 874

   4.Beschleunigungsgebot und Durchführung der Hauptverhandlung875, 876

   5.Terminierung der Hauptverhandlung: Beschleunigungsgebot versus Gewährleistung einer effektiven Verteidigung877 – 881

    a)Die Auffassung der Rechtsprechung878, 879

    b)Kritik und Lösungsmöglichkeiten880, 881

  III.Beschleunigungsgrundsatz und OLG-Haftprüfung882 – 944

   1.Allgemeine Vorbemerkungen882 – 888

   2.Verteidigungsmöglichkeiten bei der OLG-Haftprüfung889 – 932

    a)Sechsmonatsfrist890 – 909

    b)Wichtige Gründe zur Verlängerung der Haft910 – 932

     aa)Besondere Schwierigkeiten der Ermittlungen918 – 920

     bb)Besonderer Umfang der Ermittlungen921

     cc)Andere wichtige Gründe922 – 932

   3.Anhörung des Beschuldigten und der Verteidigung933 – 937

   4.Weiteres Verfahren938 – 940

   5.Verfassungsgerichtliche Überprüfung der OLG-Entscheidung941 – 944

  IV.Beschleunigungsgrundsatz und Verhältnismäßigkeit nach erstinstanzlichem Urteil945 – 957

   1.Beschleunigungsgrundsatz ab Verkündung eines erstinstanzlichen Urteils946 – 952

   2.Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft nach erstinstanzlichem Urteil953 – 957

  V.Zeitliche Begrenzung bei Wiederholungsgefahr (§ 122a StPO)958

 Teil 8Beendigung der Untersuchungshaft bei Verfahrensbeendigung

  I.Aufhebung des Haftbefehls bei Freispruch, Nichteröffnung und Verfahrenseinstellung960 – 965

  II.Folgen der Beendigung der Untersuchungshaft966, 967

  III.Beendigung der Untersuchungshaft bei rechtskräftiger Verurteilung968 – 984

 Teil 9Haftbedingungen

  I.Die Bedeutung der Haftbedingungen für den Gefangenen und den Verteidiger985 – 989

  II.Begriffsbestimmung: Haftzweck, Anstaltssicherheit und -ordnung, Verhältnismäßigkeit990 – 994

   1.Allgemeines990

   2.Haftzweck (Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr)991, 992

   3.Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt993

   4.Verhältnismäßigkeitsgrundsatz994

  III.Rechtsgrundlagen der Haftbedingungen995 – 1003

   1.Regelungen in der StPO und den Ländergesetzen995

   2.Regelungen in der StPO996, 997

   3.Regelungen in den Ländergesetzen998 – 1002

   4.Europäische Vorgaben für den Vollzug von U-Haft1003

  IV.Zuständigkeit für die Anordnung von Beschränkungen; Rechtsbehelfe1004 – 1020

   1.Anordnungskompetenz des Haftgerichts; Rechtsbehelfe1005 – 1007

    a)Rechtsgrundlage1005

    b)Rechtsbehelfe1006, 1007

   2.Übertragungen der Kompetenz des Haftgerichts; Rechtsbehelfe1008 – 1014

    a)Übertragung der Anordnungskompetenz auf das AG am Ort der JVA1008 – 1011

    b)Übertragung der Ausführungskompetenz auf die StA1012 – 1014

   3.Kompetenz der Anstalt zur Auferlegung von Beschränkungen1015 – 1020

    a)Grundsätze: Kompetenz nach Ländergesetzen aus Gründen der Anstaltssicherheit und -ordnung; Kompetenzübertragung nach § 119 Abs. 2 S. 21015 – 1019

    b)Rechtsschutzmöglichkeiten1020

  V.Die Haftbedingungen im Einzelnen1021 – 1211

   1.Rechtsstellung des Untersuchungsgefangenen1022 – 1024

   2.Der Kontakt zur Außenwelt – insbesondere Beschränkungen nach § 119 StPO1025 – 1107

    a)Vorbemerkung1025

    b)Auferlegung von Beschränkungen nach § 119 StPO1026, 1027

    c)Auferlegung von Beschränkungen nach Landesrecht1028

    d)Einzelne Beschränkungen1029 – 1107

     aa)Besuche1029 – 1061

     bb)Telefongespräche1062 – 1067

     cc)Schriftverkehr1068 – 1096

     dd)Paketempfang1097 – 1105

     ee)Ausführungen nach Landesrecht1106, 1107

   3.Aufnahme in die Anstalt1108 – 1120

    a)Zuständige Justizvollzugsanstalt1108, 1109

    b)Verfahren nach Aufnahme in die Anstalt1110 – 1120

     aa)Durchsuchung nach Aufnahme in die Anstalt1110

     bb)Erkennungsdienstliche Behandlung1111 – 1115

     cc)Aufnahmegespräch1116 – 1118

     dd)Soziale Hilfe1119, 1120

   4.Das Leben in der JVA1121 – 1207

    a)Arbeit in der Justizvollzugsanstalt1121 – 1132

    b)Ausstattung des Haftraums1133

    c)Disziplinarmaßnahmen1134 – 1148

     aa)Tatbestände1135

     bb)Disziplinarmaßnahmen1136 – 1143

     cc)Zuständigkeit für die Anordnung1144

     dd)Verfahren1145 – 1148

    d)Drogenkonsum1149, 1150

    e)Durchsuchungen1151, 1152

    f)Ernährung/Anstaltseinkauf1153 – 1158

    g)Fesselung1159 – 1161

    h)Freizeit, Sport1162, 1163

    i)Illegale Kommunikation1164 – 1168

    j)Kleidung1169 – 1171

    k)Medizinische Betreuung1172 – 1180

    l)Persönlicher Gewahrsam1181 – 1183

    m)Radio, Fernseher1184, 1185

    n)Religionsausübung1186 – 1188

    o)Spielekonsolen/CD-Player/Laptop/Computer etc.1189 – 1194

    p)Taschengeld/Sozialhilfe1195 – 1197

    q)Trennungsgrundsatz, Unterbringung1198 – 1205

     aa)Trennung von Gefangenen anderer Haftarten1198 – 1200

     bb)Trennung von anderen Untersuchungsgefangenen1201 – 1205

    r)Zeitungen und Zeitschriften1206

    s)Zellengröße1207

   5.Übermittlung von Erkenntnissen an Gericht und Staatsanwaltschaft1208 – 1211

 Teil 10Verteidigung bei Nichtverhaftung, Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls

  I.Allgemeine Vorbemerkungen1212, 1213

  II.Ablehnung des Haftbefehlsantrags1214 – 1217

   1.Rechtsbehelfe der Staatsanwaltschaft und anderer Verfahrensbeteiligter1214, 1215

   2.Verteidigung bei drohender Beschwerde1216, 1217

  III.Verteidigung nach Aufhebung des Haftbefehls1218 – 1236

   1.Rechtsbehelfe der Staatsanwaltschaft und anderer Verfahrensbeteiligter1218 – 1220

   2.Beschwerdeverfahren1221 – 1226

   3.Erlass eines neuen Haftbefehls1227 – 1235

    a)Wegfall des dringenden Tatverdachts1228, 1229

    b)Wegfall der Voraussetzungen der Untersuchungshaft1230

    c)Fehlen wichtiger Gründe der Untersuchungshaft1231

    d)Mangelnde Voraussetzungen der Untersuchungshaft1232, 1233

    e)Aufhebung des Haftbefehls auf Antrag der Staatsanwaltschaft1234

    f)Erlass eines neuen Haftbefehls1235

   4.Verteidigungsmöglichkeiten1236

  IV.Verteidigung nach Außervollzugsetzung des Haftbefehls1237 – 1261

   1.Rechtsbehelfe der Staatsanwaltschaft und anderer Verfahrensbeteiligter1237

   2.Wiederverhaftung1238 – 1254

    a)Widerrufsgründe und Widerrufsverfahren1238 – 1249

    b)Präventive Verteidigungsaktivitäten1250, 1251

    c)Verteidigung nach Widerruf1252, 1253

    d)Wiederverhaftung auf Grund eines neuen Haftbefehls1254

   3.Änderung von Verschonungsauflagen1255, 1256

   4.Haftverschonung nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss1257

   5.Aufhebung des Haftbefehls nach längerer Haftverschonung1258

   6.Aufhebung der Verschonungsauflagen nach Aufhebung des Haftbefehls1259 – 1261

 Teil 11Auswirkungen der Untersuchungshaft auf Verfahrenseinstellung, Urteil und Strafvollstreckung/Haftentschädigung

  I.Untersuchungshaft und Verfahrenseinstellung1262 – 1269

   1.Einstellung nach §§ 153, 153a StPO1262 – 1265

   2.Einstellung nach § 154 StPO1266, 1267

   3.Einstellung nach § 205 StPO1268

   4.Übergang ins Strafbefehlsverfahren1269

  II.Auswirkungen der Untersuchungshaft auf den Rechtsfolgenausspruch1270 – 1277

  III.Auswirkungen der Untersuchungshaft auf die Strafvollstreckung1278 – 1305

   1.Anrechnung erlittener Haft auf die Strafe, § 51 Abs. 1 S. 1 StGB1278 – 1302

    a)Andere Freiheitsentziehungen1279 – 1289

     aa)Inländische Freiheitsentziehungen1279, 1280

     bb)Ausländische Freiheitsentziehungen1281 – 1289

    b)Freiheitsentziehung „aus Anlass der Tat“1290 – 1297

    c)Nichtanrechnung erlittener Untersuchungshaft nach § 51 Abs. 1 S. 2 StGB1298 – 1302

   2.Anträge auf Reststrafaussetzung1303, 1304

   3.Haftverschonung1305

  IV.Haftentschädigung und Schadensersatz1306 – 1323

   1.Entschädigungsansprüche nach dem StrEG1306 – 1317

    a)Verteidigung im Hinblick auf spätere Haftentschädigung1307 – 1310

    b)Verteidigertätigkeit im Entschädigungsverfahren1311 – 1314

    c)Verteidiger- und Anwaltsgebühren für Entschädigungsverfahren1315 – 1317

   2.Schadensersatz wegen amtspflichtwidriger Inhaftierung (§ 839 BGB, Art. 34 GG)1318, 1319

   3.Wirksamste Waffe: Schadensersatzanspruch wegen konventionswidriger Inhaftierung (Art. 5 Abs. 5 EMRK)1320 – 1323

    a)Allgemeines1321

    b)Voraussetzungen1322

    c)Anspruchsumfang1323

 Teil 12 AnhangAnlagen und Muster für Verteidigungsanträge bzw. sonstige Erklärungen

 Literaturverzeichnis (Auswahl)

 Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A.

Auflage (s. auch Aufl.)

a.A.

anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

abl.

ablehnend

Abs.

Absatz

a.F.

alte Fassung

AG

Amtsgericht

AK-GG

Kommentar zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Reihe Alternativkommentare)

AK-StPO

Kommentar zur Strafprozessordnung (Reihe Alternativkommentare)

AK-StVollzG

Kommentar zum Strafvollzugsgesetz (Reihe Alternativkommentare)

allg.

allgemein

Alt.

Alternative

a.M.

anderer Meinung

Amtsbl.

Amtsblatt

Anm.

Anmerkung

AnwBl.

Anwaltsblatt

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

AsylVG

Gesetz über das Asylverfahren (Asylverfahrensgesetz)

Aufl.

Auflage

AuslG

Ausländergesetz

Bd.

Band

Beschl.

Beschluss

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BGHR

BGH-Rechtsprechung in Strafsachen; herausgegeben von den Richtern des Bundesgerichtshofs

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

Bl.

Blatt

BRAGO

Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte

BRAK-Mitt.

Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer

BRD

Bundesrepublik Deutschland

bspw.

beispielsweise

BT-Drucks.

Drucksachen des Bundestages

Btm.

Betäubungsmittel

BtMG

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz)

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz

bzgl.

bezüglich

bzw.

beziehungsweise

d.A.

der Anlage

DAV

Deutscher Anwaltverein

DAV-Forum

Forum des Deutschen Anwaltvereins

ders.

derselbe

d.h.

das heißt

Die Justiz

Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg

diesbzgl.

diesbezüglich

DM

Deutsche Mark

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

E

Entscheidungssammlung

EGGVG

Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

einschl.

einschließlich

EMRK

Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Erg.

Lfg. Ergänzungslieferung

etc.

et cetera

evtl.

eventuell

f.

für, folgend

ff.

folgende

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

GA

Goltdammer's Archiv für Strafrecht (Zeitschrift)

GRCh

Grundrechtecharta der EU

gem.

gemäß

GG

Grundgesetz

ggf.

gegebenenfalls

GKG

Gerichtskostengesetz

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

Halbs.

Halbsatz

HansOLG

Hanseatisches Oberlandesgericht

HbStrV

Handbuch für das Strafverfahren

Herrmann

Untersuchungshaft

HK-StPO

Heidelberger Kommentar zur Strafprozessordnung

HinterlO

Hinterlegungsordnung

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

HRSS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht. Internetzeitung für Strafrecht – www.hrr-strafrecht.de

ibid.

ibidem

i.d.R.

in der Regel

insbes.

insbesondere

insges.

insgesamt

i.S.

im Sinne

i.S.d.

im Sinne des

i.S.v.

im Sinne von

i.V.m.

in Verbindung mit

i.w.S.

im weiteren Sinne

jew.

jeweils

JGG

Jugendgerichtsgesetz

JMBl.

NRW Justizministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen

JurBüro

Das Juristische Büro (Zeitschrift)

JVA

Justizvollzugsanstalt

JZ

Juristen-Zeitung

Kfz

Kraftfahrzeug

KG

Kammergericht

KK/

Bearbeiter

Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung

KMR/

Bearbeiter

Kleinknecht/Müller/Reitberger Loseblattkommentar zur Strafprozeßordnung

Kripo

Kriminalpolizei

LG

Landgericht

Lit.

Literatur

LR

Löwe/Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz mit Nebengesetzen Großkommentar

LS

Leitsatz

m. abl. Anm.

mit ablehnender Anmerkung

m. Anm.

mit Anmerkung

m.a.W.

mit anderen Worten

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift)

m.E.

meines Erachtens

Meyer-Goßner

Strafprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen; Kurzkommentar

MRK

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Menschenrechtskonvention)

MSchrKrim

Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (Zeitschrift)

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

m. zust. Anm.

mit zustimmender Anmerkung

Nachtragsbd.

Nachtragsband

Nachw.

Nachweise

Nds.

RPfl. Niedersächsische Rechtspflege (Zeitschrift)

n.F.

neue Fassung

NJ

Neue Justiz (Zeitschrift)

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

Nr.

Nummer

NRW

Nordrhein-Westfalen

NStE

Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR

NStZ-Rechtsprechungs-Report Strafrecht

OLG

Oberlandesgericht

OLGSt.

Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- und Strafverfahrensrecht

OWi

Ordnungswidrigkeit

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

Pkw

Personenkraftwagen

RbEuHb

Rahmenbeschluss des Rates vom 13.6.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten

Rn.

Randnummer

Rspr.

Rechtsprechung

R&P

Recht und Psychiatrie (Zeitschrift)

RVG

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz

S.

Satz, Seite

s.

siehe

SchlH

Schleswig-Holstein

SchlHA

Schleswig-Holsteinischer Anzeiger (Zeitschrift)

SDÜ

Schengener Durchführungsübereinkommen

sen.

senior

SK

StPO Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz

s.o.

siehe oben

sog.

sogenannte(r)

StA

Staatsanwaltschaft

StGB

Strafgesetzbuch

StPÄG

Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes

StPO

Strafprozessordnung

str.

streitig

StraFo

Strafverteidiger Forum (Zeitschrift)

StrEG

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen

StREG

Gesetz über ergänzende Maßnahmen zum fünften Strafrechtsreformgesetz (Strafrechtsreform-Ergänzungsgesetz)

StrRG

Gesetz zur Reform des Strafrechts (Strafrechtsreformgesetz)

st. Rspr.

ständige Rechtsprechung

StrVerfR

Die Rechtsprechung zum Strafverfahrensrecht (Entscheidungssammlung)

StV

Strafverteidiger (Zeitschrift)

StVK

Strafvollstreckungskammer

StVollzG

Strafvollzugsgesetz

s.u.

siehe unten

teilw.

teilweise

u.

und

u.a.

unter anderem

U-Gefangener

Untersuchungsgefangener

UHA

Untersuchungshaftanstalt

U-Haft

Untersuchungshaft

Urt.

Urteil

usw.

und so weiter

uv.

unveröffentlicht

UVollzO

Untersuchungshaftvollzugsordnung

v.

von, vom

vgl.

vergleiche

wistra

Zeitschrift für Wirtschaft- und Steuerstrafrecht

z.B.

zum Beispiel

ZfStrVO

Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe

Ziff.

Ziffer

ZIS

Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (Volltextabruf unter www.zis-online.com)

zit.

zitiert

ZPO

Zivilprozessordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStR

Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

z.T.

zum Teil

zust.

zustimmend

z.Z.

zur Zeit

Teil 1Einleitung

I.Konsequenzen der Untersuchungshaft für den Beschuldigten

1

Die Anordnung der Untersuchungshaft ist der massivste Eingriff des Staates in das Leben eines Beschuldigten. Ihre Wirkung geht häufig weit über den mit dem Vollzug der Haft verbundenen Freiheitsverlust und seinen Belastungen hinaus.[1]

2

In aller Regel trifft die Untersuchungshaft den davon betroffenen Beschuldigten völlig unvorbereitet. Dies gilt selbst dann, wenn ihm bekannt ist, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig ist. Im Gegensatz zum Strafvollzug kann er sich nicht auf die Freiheitsentziehung vorbereiten und im Rahmen des Möglichen seine persönlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Belange für die Zeit seiner Inhaftierung ordnen. Vielmehr wird er durch seine Verhaftung aus allen privaten und sozialen Bezügen herausgerissen. Von einem Augenblick auf den anderen wird er fast aller Möglichkeiten autonomer und aktiver Lebensgestaltung beraubt. Er muss erleben, wie über seine Person verfügt wird. Weggeschlossen in teilweise menschenunwürdige Arrest- und Durchgangszellen, transportiert und verschubt von einem Verwahrort zum anderen, häufig ohne Erklärung der Gründe für die einzelnen Maßnahmen und ohne Kenntnis dessen, was weiter auf ihn zukommt, wird insbes. die erste Zeit der Inhaftierung für einen Beschuldigten zum traumatischen Erlebnis.

3

Verbleibt er länger als wenige Stunden oder Tage in Haft, kommt es schnell zu krisenhaften Entwicklungen in allen Lebensbereichen. Ohnmächtig muss er erleben, wie das bisher in seinem Leben Erreichte und seine weitere Lebensplanung nachhaltig gefährdet und häufig genug zerstört werden. In beruflicher Hinsicht geraten Arbeiter, Angestellte und Selbständige in kürzester Zeit in eine Situation, in der der Verlust des Arbeitsplatzes und der wirtschaftlichen Existenzgrundlage zu befürchten ist. Durch das Ausbleiben von Lohn und Gehalt, durch die Nichterzielung von Einkünften und Gewinnen können laufende Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllt werden. Miet- und Hypothekenschulden, Ratenkauf- und Kreditverpflichtungen können nicht mehr befriedigt werden. Je länger die Untersuchungshaft dauert, desto schwerwiegender werden ihre wirtschaftlichen Konsequenzen.

4

Nicht minder gravierend sind die Auswirkungen der Untersuchungshaft im privaten und sozialen Bereich. Distanzierung, Irritation und Ansehensverlust bei Freunden, Bekannten, Nachbarn, Arbeitskollegen und Geschäftspartnern sind häufig die Folge, wenn die Tatsache der Inhaftierung bekannt wird. Auch im familiären Bereich führt die Abwesenheit des inhaftierten Angehörigen zu erheblichen Belastungen. Das gilt nicht nur dann, wenn dadurch der wirtschaftliche Unterhalt der Familie in Gefahr gerät oder völlig wegfällt. Die Abwesenheit des Partners, des Erziehers, eines Elternteils oder des Kindes können häufig genug nicht verkraftet werden und führen zu nachhaltigen emotionalen Störungen.

5

All dies erlebt der inhaftierte Beschuldigte, ohne die Möglichkeit zu haben, auf den Gang der Geschehnisse größeren Einfluss nehmen zu können. Zusätzlich ist er den Belastungen des Strafverfahrens und der Vollzugssituation ausgesetzt. Besonders bedrückend wird dabei der Umstand empfunden, dass die Dauer des Untersuchungshaftvollzuges selten absehbar ist. Hinzu kommt, dass in der Regel auch der Ausgang des Strafverfahrens völlig ungewiss ist. Selbst wenn der Beschuldigte damit rechnen muss, verurteilt zu werden, geht es doch immer noch um die Länge einer etwaigen Freiheitsstrafe und ggf. um die Frage, ob diese zur Bewährung ausgesetzt werden wird. Da der Beschuldigte in der Untersuchungshaft kaum einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen kann und es nur begrenzte Möglichkeiten gibt, sich durch Besuche, „Freizeitangebote“ der Haftanstalt oder Kontakte zu Mitgefangenen Ablenkung zu verschaffen, besteht die Gefahr, dass er sich den größten Teil des Tages selbstgrüblerisch mit seiner Situation und seinem künftigen Schicksal beschäftigt.[2] Dieser seelische Zustand ist nicht nur Grund der erhöhten Morbidität mit psychischen Krankheiten,[3] sondern insbes. auch ein wesentlicher Grund für die große Zahl von Suiziden und Selbstmordversuchen gerade in der ersten Zeit der Inhaftierung.[4] Die Suizidrate in Justizvollzugsanstalten liegt nach verschiedenen Studien bis zu 12-mal höher als in Freiheit. Dies gilt in besonderem Maße für die Untersuchungshaft. Obwohl lediglich rund ein Viertel aller in der BRD Inhaftierten Untersuchungshäftlinge sind, entfallen ca. 58 % aller Suizide von Gefangenen auf solche in Untersuchungshaft.[5] Einer Statistik des Europarats zufolge ist die Suizidrate in deutschen Gefängnissen dabei überdurchschnittlich hoch. Auf 10.000 Insassen kommen hierzulande 11,8 Selbsttötungen, während der Durchschnitt aller Mitgliedstaaten bei 5,5 lag.[6]

Zusätzlich ist der seelische Ausnahmezustand ein idealer Nährboden für Überlegungen aller Art, wie die Inhaftierung beendet werden könnte. Dass die Hoffnung, durch Aussagen und ein kooperatives Verfahrensverhalten gegenüber der Strafjustiz aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, nicht nur zu Geständnissen führt, die in Freiheit nicht abgelegt worden wären,[7] sondern auch immer wieder zu Falschgeständnissen[8] und zu Falschbelastungen dritter Personen, gehört zu den gesicherten Erkenntnissen über die Auswirkungen der Untersuchungshaft auf die davon betroffenen Beschuldigten.

II.Rechtswirklichkeit und kriminalpolitische Instrumentalisierung der Untersuchungshaft

6

Untersuchungshaft ist Freiheitsberaubung an einem Unschuldigen.[9] Diese pointierte Feststellung Hassemers unterstreicht die Bedeutung der Unschuldsvermutung auch bei der Anordnung und dem Vollzug der Untersuchungshaft. Die Entwicklung der Zahl der Untersuchungsgefangenen in den letzten Jahrzehnten zeigt, dass der Unschuldsvermutung und dem ultima ratio Charakter der Haft[10] zur Verfahrenssicherung in sehr unterschiedlichem Maße Rechnung getragen wurde und von einem steten Auf und Ab der Untersuchungshaftzahlen gekennzeichnet ist. Während sich vor mehr als 30 Jahren am 1.1.1987 in den alten Bundesländern noch 11.373 Menschen in Untersuchungshaft befanden, war nach einem bis dato steten Anstieg zum 30.11. des Jahres 1993 der bisherige Rekordstand von 20.440 Untersuchungshäftlingen zu verzeichnen. Seit dem Jahr 1998 bis zur Talsohle im Jahr 2010 war die Zahl der Häftlinge dann längere Zeit kontinuierlich und deutlich auf 10.781 Personen zum Stichtag 30.11.2010 zurückgegangen.[11] Seither ist allerdings wieder eine Trendwende mit einem Anstieg um ca. 30 % zu beobachten auf zuletzt 13.956 U-Häftlinge am 30.11.2018.[12] Aussagekräftige Untersuchungen über die Gründe des erheblichen Rückgangs von 1992 bis 2010 gibt es – soweit ersichtlich – ebenso wenig, wie für den jetzt abermals zu verzeichnenden Anstieg.[13] Von daher verbieten sich Spekulationen über mögliche Ursachen. Festhalten lässt sich indes zumindest, dass das geschriebene Gesetz eine einigermaßen homogene Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Anordnung und den Vollzug der Untersuchungshaft offensichtlich nicht gewährleistet, sondern trotz gleichbleibender Gesetzeslage signifikante Änderungen der Haftzahlen mal in die eine, mal in die andere Richtung zulässt. Die weiten Interpretationsspielräume bei der Auslegung z.B. der Tatbestandsmerkmale des „dringenden Tatverdachts“ und insbes. der „Fluchtgefahr“ eröffnenden kriminalpolitischen Bedürfnissen angepasste Entscheidungen.[14] Dabei besagt die Statistik zunächst einmal nur etwas über die Zahl der tatsächlich Inhaftierten, bei denen also die Untersuchungshaft tatsächlich vollzogen wurde. Die Zahl der Außervollzugsetzungen, die ebenfalls im Hinblick auf die Auflagen erhebliche Belastungen (Kaution, Meldepflichten etc.) mit sich bringen können, sind insoweit noch nicht einmal erfasst.

7

Im Übrigen zeigen die Statistiken über die Anordnung der Untersuchungshaft nach wie vor erschreckende Befunde. Der Haftgrund der Fluchtgefahr wurde in 93,6 % der Fälle angenommen (2020).[15] Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass nur in ca. 51 % der Fälle, in denen Untersuchungshaft angeordnet war, eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhängt wurde, bedenklich hoch. Wenn in ca. 35,5 % der Fälle nur eine Bewährungsstrafe und in ca. 8 % gar nur eine Geldstrafe oder Zuchtmittel nach Jugendrecht ausgesprochen wurde und in knapp 3 % ein Freispruch erfolgte, von Strafe abgesehen oder das Verfahren eingestellt wurde[16], so sind Zweifel angebracht, ob die Anordnung der Untersuchungshaft in diesen Fällen tatsächlich gerechtfertigt war.

8

Besorgniserregend sind auch die Zahlen über die Dauer der Untersuchungshaft. Im Jahre 2020 dauerte die Haft in ca. 25 % der Fälle „nur“ bis zu einem Monat.[17] Zwar besagt die Statistik nichts über die Gründe der nur kurzzeitigen Inhaftierung, sie scheinen jedoch auf der Hand zu liegen. Denn entweder war die Sache einfach gelagert und von geringem Gewicht, so dass eine Aburteilung schnell (etwa im beschleunigten Verfahren) erfolgen konnte, oder der Haftbefehl wurde nach kurzer Zeit aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt. In ersterem Fall fragt sich, warum nicht vermehrt von alternativen Erledigungsformen gerade für den Bereich kleinerer Kriminalität, z.B. dem Strafbefehlsverfahren (vgl. dazu Rn. 538 ff.) Gebrauch gemacht wurde. In Fällen der Aufhebung des Haftbefehls kurze Zeit nach der Inhaftierung ist zu fragen, warum dieser dann überhaupt erlassen wurde und ob eine sorgfältigere Prüfung der Haftbefehlsvoraussetzungen nicht zu einer Ablehnung des Erlasses des Haftbefehls bereits in der Vorführungsverhandlung hätte führen müssen. Entsprechendes gilt für eine Außervollzugsetzung. Im Übrigen widerspricht die kurzfristige Inhaftierung auch der in § 47 StGB zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers. Kurzfristige Freiheitsstrafen sollen u.a. deswegen weitgehend zurückgedrängt werden, da die Vollstreckung den Betroffenen aus seiner sozialen Verflechtung reißt und damit gravierende schädliche Folgen haben kann.[18] Nichts anderes gilt aber für die Verbüßung kurzzeitiger Untersuchungshaft.

9

Dies verdeutlicht noch einmal, dass im Bereich der Anordnung der Untersuchungshaft noch einiges im Argen liegt und es nach wie vor vermehrter Anstrengungen zur Vermeidung der Inhaftierung bedarf. Dabei geht es um den Kampf gegen die Anordnung und den Vollzug der Untersuchungshaft als schärfste strafprozessuale Zwangsmittel in jedem Einzelfall. Durch die ständige Konfrontation mit Recht und Wirklichkeit der Untersuchungshaft bei der Wahrnehmung von Untersuchungshaftmandaten sind gerade die Verteidiger in der Lage, die Bewegungen auf diesem „Seismographen für das rechtspolitische Klima eines Landes“[19] zu registrieren. Die engagierte und effektive Vertretung der Interessen inhaftierter oder von Untersuchungshaft bedrohter Mandanten leistet einen Beitrag dazu, generell der Untersuchungshaft, diesem „verführerischen Instrument staatlicher Macht“[20], rechts- und sozialstaatliche Grenzen zu setzen.

III.Konsequenzen der Untersuchungshaft für die Verteidigung

10

Auch die Verteidigung wird durch die Untersuchungshaft des beschuldigten Mandanten vor ganz erhebliche Schwierigkeiten und vor zusätzliche Aufgaben gestellt.

11

Erhält der Verteidiger das Mandat unmittelbar im Zusammenhang mit der vorläufigen Festnahme oder Inhaftierung aufgrund eines bereits bestehenden Haftbefehls, muss er sofort aktiv werden. Entscheidende Weichenstellungen erfolgen vielfach in den ersten Stunden nach der Festnahme. Die sofortige Kontaktaufnahme zu dem Beschuldigten, zur Polizei, Staatsanwaltschaft und zum Haftrichter ist erforderlich, wenn der Verteidiger Einfluss nehmen will.

12

Der bereits inhaftierte Beschuldigte hat den verständlichen Wunsch, den unerträglichen Zustand der Inhaftierung so schnell wie möglich zu beenden. Er erwartet, dass der Verteidiger alles daran setzt, dieses Ziel zu erreichen. Der Verteidiger muss deshalb die Möglichkeiten einer erfolgreichen Intervention gegen die Inhaftierung prüfen und ggf. die erforderlichen prozessualen Schritte unternehmen. Auch dabei steht er unter erheblichem Zeitdruck, wenn er die von der Festnahme oder Untersuchungshaft ausgehenden Nachteile für den Mandanten so gering wie möglich halten will.

13

Auch aus einem weiteren Grunde muss der Verteidiger daran interessiert sein, die Inhaftierung des Mandanten schnellstmöglich zu beenden. Je länger Untersuchungshaft vollzogen wird, desto geringer wird in der Regel die Chance, dass eine noch zur Bewährung auszusetzende Freiheitsstrafe verhängt wird und desto größer wird die Gefahr, dass bei der Bemessung der Dauer einer Freiheitsstrafe auch der Gedanke Berücksichtigung findet, die erlittene Untersuchungshaft durch eine entsprechend hohe Strafe zu legitimieren („U-Haft schafft Rechtskraft“).

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Auch ansonsten präjudizieren der Erlass oder die Ablehnung bzw. Aufhebung eines Haftbefehls in nicht wenigen Fällen das weitere Verfahren und dessen Ergebnis. Die Bejahung dringenden Tatverdachts bei Erlass des Haftbefehls, in der Haftprüfung oder im Beschwerdeverfahren lassen es fast aussichtslos erscheinen, eine Anklageerhebung, die bekanntlich nur hinreichenden Tatverdacht erfordert, zu verhindern. Auch wird es nur in seltenen Fällen gelingen, das aktenmäßig dokumentierte Ergebnis der Ermittlungen in der Hauptverhandlung mit der Folge zu „kippen“, dass sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Sachverhalt völlig anders darstellt. Die Annahme dringenden Tatverdachts und die Vollstreckung der Untersuchungshaft indizieren häufig die Verurteilung.

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Andererseits verhindert die Ablehnung des dringenden Tatverdachts oftmals bereits die Anklageerhebung. Gerade in „wackligen“ Fällen ist die Staatsanwaltschaft gezwungen, alle Karten auf den Tisch zu legen. Reicht dies für die Annahme dringenden Tatverdachts nicht aus, wird etwa der Haftbefehl abgelehnt oder vom Beschwerdegericht aufgehoben, kommt die Staatsanwaltschaft häufig zum Ergebnis, dass auch eine Prüfung des Sachverhalts in der Hauptverhandlung nach Anklageerhebung zu keinem anderen Ergebnis führen, es also nicht zu einer Verurteilung kommen wird. Das Verfahren wird dann oft nach § 170 Abs. 2[21] eingestellt.

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Diese kurzen Bemerkungen sollen verdeutlichen, dass es bei dem Kampf um die Inhaftierung oder Freilassung des Mandanten nicht nur um dessen Freiheit geht, sondern mit der Haftfrage oftmals auch das Ergebnis des gesamten Strafverfahrens (vor-)entschieden werden kann.

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Die Entscheidung, ob es sinnvoll oder möglicherweise sogar schädlich ist, prozessual gegen die Anordnung der Untersuchungshaft vorzugehen, muss in intensiven, zeitaufwendigen Diskussionen mit dem Mandanten getroffen werden, wenn dieser sich nicht auch von seinem Verteidiger im Stich gelassen fühlen soll.

Verbleibt der Mandant in Untersuchungshaft, ist auch seine Verteidigung in dem zugrunde liegenden Strafverfahren zusätzlichen Erschwernissen ausgesetzt. Durch die Untersuchungshaft werden die Kontaktmöglichkeiten zwischen dem Mandanten und seinem Verteidiger erschwert. Selbst wenn der Mandant in derselben Stadt inhaftiert ist, in der auch sein Verteidiger tätig ist, sind die Besuche gleichwohl mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. Dies gilt erst recht, wenn der Verteidiger noch eine weite Anreise zur Justizvollzugsanstalt hat.

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Mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft lassen erfahrungsgemäß die intellektuellen Leistungen des inhaftierten Mandanten nach. Aufnahme-, Merk- und Konzentrationsvermögen leiden ebenso wie die Fähigkeit, aktiv an der Hauptverhandlung mitzuwirken und die durch die StPO eingeräumten prozessualen Rechte wahrzunehmen.[22] Der Verteidiger muss durch häufige Kontakte zu dem Mandanten und durch eine besonders intensive Vorbereitung der Hauptverhandlung mit dem Mandanten versuchen, derartigen Entwicklungen entgegen zu wirken. Die Verteidigung des inhaftierten Beschuldigten ist weiterhin dadurch beschränkt, dass der Mandant die ihm in Freiheit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Verteidigungsvorbereitung nicht nutzen kann. Dies gilt beispielsweise für eigene Recherchen des Mandanten zur Sachverhaltsermittlung oder für Bemühungen um eine Schadenswiedergutmachung. Auch insoweit ist es Aufgabe des Verteidigers, durch eigene Aktivitäten diese Verteidigungsdefizite soweit wie möglich zu kompensieren.

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Angesichts der nachteiligen psychischen und physischen Wirkungen der Untersuchungshaft auf den Mandanten sowie ihrer Folgen für seine privaten und wirtschaftlichen Belange entstehen für den Verteidiger auch arbeits- und zeitintensive sozialarbeiterische Aufgaben. Ihnen gerecht zu werden, ist nicht nur aus menschlichen Gründen geboten. Bemühungen beispielsweise um die Aufrechterhaltung der persönlichen, sozialen und beruflichen Bindungen des Mandanten können nicht nur bei der Frage der Fluchtgefahr, sondern auch für eine günstige Prognosebeurteilung und damit für den Ausgang des Strafverfahrens selbst von erheblicher Bedeutung sein.

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Schließlich ist die Verteidigung insofern besonderen Belastungen ausgesetzt, als die Inhaftierung des Mandanten in der Regel zu einem Verteidigungskonzept zwingt, das eine längere Verfahrensdauer zu vermeiden trachtet.[23] Die Verteidigung steht hier häufig vor der Schwierigkeit, Pressionsversuchen seitens der Ermittlungsbehörden und der Strafjustiz widerstehen zu müssen, die die schwierige Situation des Beschuldigten im Sinne einer möglichst ökonomischen Verfahrenserledigung auszunutzen suchen. Die dies andeutende richterliche Frage, ob Ziel der Verteidigung „Freiheit oder Freispruch“ sei, zählt noch zu den harmlosen Beispielen dieser Art.

IV.Überlegungen zur Mandatsübernahme

1.Besondere Anforderungen an Mandatsführung/Arbeitsbelastung

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Bereits aus den eben skizzierten Besonderheiten ergibt sich, dass sich der Verteidiger darüber im Klaren sein muss, was auf ihn zukommt, wenn es um die Übernahme eines Mandats geht, in dem die Inhaftierung des Mandanten droht oder der Mandant bereits in Untersuchungshaft sitzt. Neben den üblichen Überlegungen zur Mandatsübernahme (etwa Art des Vorwurfs, Umfang des Verfahrens, Honorar/Pflichtverteidigung) muss der Verteidiger entscheiden, ob er den besonderen Anforderungen eines Haftmandats auch zeitlich gewachsen ist.

Der Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer führt in seinen Thesen zur Strafverteidigung zur Übernahme von Haftmandaten in These 58[24] zutreffend aus:

„Die Verteidigung des inhaftierten Mandanten stellt an den Verteidiger besondere Anforderungen an die zeitliche Verfügbarkeit, insbesondere zum Zweck der sofortigen Kontaktaufnahme mit dem Mandanten. Geboten ist ein dauerhafter persönlicher Einsatz, insbesondere in Haftrichterterminen, bei Vernehmungen und als Beistand während der Dauer der Untersuchungshaft. Bei der Übernahme des Mandates prüft er, ob er diesen Anforderungen gerecht werden kann.“

Ein Haftmandat ist kein OWi-Verfahren wegen Falschparkens. Zusätzlich zu den Aktivitäten in Nichthaftsachen sind Anträge auf Aufhebung der Inhaftierung zu stellen, Haftprüfungsanträge, Beschwerden (auch hinsichtlich der Haftbedingungen), Anträge auf gerichtliche Entscheidung sowie Stellungnahmen zu OLG-Haftprüfungen können anfallen. Alles muss mit dem inhaftierten Mandanten besprochen und sachlich und juristisch erörtert und begründet werden. Zusätzliche Ermittlungstätigkeiten, insbes. hinsichtlich der Haftgründe, sind notwendig (Nachweis von Wohnung, Arbeitsplatz, sozialen Bindungen). Daneben muss sich der Verteidiger auch um die Lebensbedingungen des Mandanten in der Haft, die sog. Haftbedingungen, kümmern, ggf. durch Anträge eine Verbesserung erreichen (vom Fernseher über den Laptop, zusätzlichen Einkauf bis hin zur Lichtverlängerung, vgl. dazu unten insgesamt Teil 9 Rn. 987 ff.). Und schließlich bedarf es eines kontinuierlichen Besuchskontaktes, insbes. in der ersten Zeit der Inhaftierung, in der der Mandant noch unter dem Schock der Inhaftierung steht. Gerade Besuche nehmen viel Zeit in Anspruch. Nur der ständige Kontakt zu dem inhaftierten Mandanten schafft die Voraussetzungen dafür, dass das notwendige Vertrauensverhältnis aufgebaut und die Verteidigung sorgfältig und sachgerecht vorbereitet wird. Lässt sich der Verteidiger lediglich Vollmacht erteilen und kommt vielleicht erst geraume Zeit später wieder, wenn er die Akten (nochmals) erhalten und durchgearbeitet hat, wird sich der Mandant verlassen und vergessen vorkommen, d.h. er wird sich nicht verteidigt fühlen und bald wegen Vertrauensverlustes den Anwalt wechseln. Insoweit kann nicht verschwiegen werden, dass der Verteidiger auch eine Art betreuerische und seelsorgerische Funktion hat. Gerade auch aus psychologischer Sicht brauchen Inhaftierte ihren Verteidiger, um vielen ihrer Defizitbedürfnissen zu begegnen, um die (Haft-)Situation nicht nur juristisch einzuordnen, sondern auch die Hoffnung zu geben, dass es weitergeht.[25] Selbstverständlich ist es möglich, den Mandanten telefonisch oder schriftlich zu informieren, sei es durch Anschreiben oder durch Übersendung von Kopien von Schriftsätzen. Diese unpersönliche Art der Kommunikation ist bei inhaftierten Mandanten jedoch oftmals ungenügend. Der Verteidiger ist die einzige Person, mit der der Gefangene über seine Situation unbeaufsichtigt sprechen kann. Es gehört zur Mandatsführung, in bestimmten Abständen den Mandanten aufzusuchen und ihm die Verfahrenssituation zu erläutern, auch wenn sich „nichts Neues getan hat.“ Der Mandant will wissen, warum. Die lediglich schriftliche Information, dass etwa vollständige oder erneute Akteneinsicht noch nicht gewährt wurde, reicht nicht aus. In nicht wenigen Fällen drängen die Mandanten zu Verteidigungsaktivitäten, etwa zu einer Einlassung, Haftprüfungsantrag oder Beschwerde. Das ohnmächtige Warten zermürbt. Die Verfahrenssituation ist nochmals und immer wieder neu mit dem Mandanten zu erörtern. Anderenfalls läuft der Verteidiger Gefahr, dass der Mandant die Verteidigung selbst übernimmt und ungeachtet aller vorherigen Absprachen ohne Einschaltung des Verteidigers eine (schriftliche) Einlassung abgibt oder aus der Sicht des Verteidigers in dieser Verfahrenssituation unkluge Anträge stellt. Auf die Frage nach dem Grund der absprachewidrigen Aktivitäten heißt die Antwort oft: „Sie haben doch nichts unternommen!“. Abgesehen davon, dass nur durch den kontinuierlichen Kontakt verhindert werden kann, dass der Mandant „aus dem Ruder läuft“, fallen ihm während seines Grübelns in der Haft neue Dinge ein, die mit dem Verteidiger zu erörtern sind. Und schließlich gibt auch die Haftsituation selbst oftmals Anlass, mit dem Verteidiger darüber zu sprechen. Alle Erfahrung zeigt, dass nur regelmäßige Besuche des Verteidigers bei dem inhaftierten Mandanten die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schaffen und dem Mandanten die Gewissheit geben, dass er gut verteidigt wird.

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Dabei sollte sich der Verteidiger ausreichend Zeit für die Besprechungen mit dem Mandanten nehmen. Gefangene berichten immer wieder, ihr Verteidiger habe in kurzer Zeit mit 10, 20 oder mehr Mandanten gesprochen, wobei sich die einzelnen Gespräche auf Begrüßungsfloskeln, „Wie geht's“, „Gibt es bei Ihnen was Neues?“, „Im Verfahren gibt es nichts Neues, ich kümmere mich darum“ beschränken. Die einzelnen Gespräche dauern nach den Berichten der Gefangenen oft weniger als 5 Minuten. Es ist selbstverständlich, dass sich die Mandanten bei einer derartigen Vorgehensweise nicht ernst genommen fühlen und die Tendenz zum Verteidigerwechsel entwickeln. Trotz aller zeitlichen Probleme muss der Verteidiger das Gesprächs- und Mitteilungsbedürfnis des Mandanten ernst nehmen, auch wenn ihm die Gespräche als überflüssig und als Zeitverschwendung erscheinen. Bei der Abwägung zwischen den eigenen zeitlichen Möglichkeiten und dem Interesse des Mandanten am Gespräch mit seinem Verteidiger muss der Verteidiger stets vor Augen haben, dass er den Mandanten durch eine schnelle „Abfertigung“ nicht auch noch selbst zum bloßen Objekt herabwürdigt.

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Ist der Verteidiger etwa im Hinblick auf anderweitige große Arbeitsbelastung nicht in der Lage, diese zusätzlichen Anforderungen zu erfüllen sollte er das Mandat nicht übernehmen und die Sache lieber an einen Kollegen abgeben. Auch finanzieller Druck sollte den Verteidiger nicht dazu verleiten, ein Mandat zu übernehmen, dessen Anforderungen er nicht in vollem Umfange gewachsen ist. Die Abgabe des Mandats an einen Kollegen zahlt sich allemal für den Mandanten und ihn selbst mehr aus. Der Kollege, der das Mandat übernommen hat, wird sich bei Gelegenheit „erkenntlich“ zeigen und dem Verteidiger die Übernahme eines anderen Falles anbieten, so dass der Verteidiger in einer dann vielleicht entspannteren Arbeitssituation die Möglichkeit hat, dieses Mandat mit voller Kraft wahrzunehmen.

2.Besonderheiten bei nicht deutschsprachigen Ausländern

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Besonders arbeitsintensiv sind Mandate mit nicht deutschsprachigen Ausländern.[26] Diese bedürfen zunächst hinsichtlich der Haftbedingungen besonderer Betreuung, da sie mangels Verständigungsmöglichkeiten oft nicht in der Lage sind, selbst Anträge oder Anliegen zu schreiben oder ihre Wünsche und Bedürfnisse auch nur dem Sozialarbeiter oder dem Stationsbeamten mitzuteilen. Auch können sie sich mangels Verständigungsmöglichkeit oft nicht bei anderen Gefangenen informieren oder sich von ihnen bei der Formulierung und Weiterleitung ihrer Anliegen helfen lassen. Gerade hier hat der Verteidiger die Pflicht, den Mandanten über die Möglichkeit der Ausgestaltung der Haftbedingungen zu informieren und sich selbst in besonderem Maße darum zu kümmern. Die Frage der konkreten Haftsituation ist bei den regelmäßigen Besuchen anzusprechen, damit umgehend vom Verteidiger interveniert werden kann.

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Darüber hinaus sind die Besuche auch wegen der notwendigen Übersetzung besonders zeitaufwendig. Jeder Verteidiger sollte sich davor hüten, Akteninhalt und Verteidigungsstrategie mit einem Mandanten zu erörtern, der nicht perfekt deutsch spricht, im Vertrauen darauf, man werde sich schon richtig verstehen. Bei der Besprechung von Akteninhalt, Einlassung und Verteidigungsstrategie kommt es auf Feinheiten, oftmals auf Formulierungen an. Schon die geringsten Missverständnisse können fatale Folgen haben. Im Zweifel muss ein Dolmetscher hinzugezogen werden.

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Muss wegen Verständigungsschwierigkeiten ein Dolmetscher hinzugezogen werden, muss der Verteidiger großen Wert auf die Auswahl des Dolmetschers legen.[27] Nur die Professionalität des Dolmetschers und die Qualität der Übersetzung gewährleisten die optimale Verteidigungsvorbereitung. Nicht zu unterschätzen sind oftmals auch die jenseits der Übersetzung liegenden Hinweise des Dolmetschers. Nicht selten kann er dem Verteidiger die Gepflogenheiten eines fremden Kulturkreises erklären und damit ein für den Verteidiger ansonsten unverständliches Verhalten des Mandanten erläutern.

27

Die Kosten für die Hinzuziehung eines Dolmetschers im Ermittlungsverfahren oder für Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung sind dem Verteidiger zu erstatten und zwar unabhängig davon, ob der Verteidiger als Wahl- oder Pflichtverteidiger tätig wird. §§ 187 Abs. 1-3 GVG, Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK räumen dem der Gerichtssprache nicht kundigen Angeklagten (Beschuldigten) unabhängig von seiner finanziellen Lage für das gesamte Strafverfahren und damit auch für vorbereitende Gespräche mit einem Verteidiger einen Anspruch auf unentgeltliche Zuziehung eines Dolmetschers ein, auch wenn kein Fall der notwendigen Verteidigung i.S.d. § 140 oder des Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK gegeben ist.[28] Einer vorherigen Beiordnung des Dolmetschers für die Hinzuziehung zu Gesprächen mit dem Verteidiger oder eines sonstigen Antragsverfahrens bedarf es nicht,[29] selbst dann nicht, wenn zusätzlich ein Pflichtverteidiger bestellt ist.[30] Allerdings könnte es zur Vermeidung späteren Streits im Kostenfestsetzungsverfahren sinnvoll sein, die Beiordnung des Dolmetschers zu beantragen bzw. die Hinzuziehung des Dolmetschers vom (Haft-)Richter genehmigen zu lassen.

28

Ferner ist bei ausländischen inhaftierten Mandanten in der Regel mit ausländerrechtlichen Folgesachen zu rechnen.[31] Es ist Praxis vieler Ausländerbehörden, nach Erlass des Haftbefehls die Ausweisung und Abschiebung anzudrohen und Abschiebehaft zu erwirken. Damit stehen zusätzliche Termine und Besprechungen an, sei es durch eigene zusätzliche Bearbeitung oder durch interdisziplinäre Einbindung und Besprechungen mit ausländerrechtlich erfahrenen Kollegen. Auch die Frage der Ausweisung ist für den Mandanten oft von existenzieller Bedeutung. Ist Abschiebehaft angeordnet, ist diese als sog. Überhaft notiert, so dass in Fällen der Aufhebung des Haftbefehls der Mandant automatisch in Abschiebehaft genommen wird. Allerdings sollte die Anordnung der Abschiebehaft als Überhaft auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Sie darf nicht auf Vorrat angeordnet werden.[32] Die ausländerrechtliche Problematik kann hier nicht erörtert werden.[33] Nur ein ganz genereller Hinweis auf einen Gesichtspunkt, der in jedem Fall dringend der Überprüfung bedarf: Wird die Ankündigung der Abschiebung und Ausweisung sowie die Abschiebehaft allein mit der im Haftbefehl vorgeworfenen Straftat begründet, besteht in der Regel ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Strafverfahren und ausländerrechtlichem Verfahren. Wird der Mandant freigesprochen oder der Haftbefehl aufgehoben, wird in der Regel auch der Abschiebehaftbefehl nicht mehr vollstreckt. Allerdings geschieht dies nicht automatisch, da die Ausländerbehörde von der Aufhebung des Haftbefehls zunächst nichts erfährt. Hier muss der Verteidiger unverzüglich Kontakt zur Ausländerbehörde aufnehmen und sie von der Aufhebung des Haftbefehls in Kenntnis setzen. Zusätzlich sind Gericht und Staatsanwaltschaft anzugeben, damit die Ausländerbehörde, falls sie dies für erforderlich hält, dort Rücksprache nehmen kann. Gleichzeitig empfiehlt es sich, Gericht und Staatsanwalt zu bitten, die Ausländerbehörde von der Aufhebung des Haftbefehls zu informieren. Es darf nicht angehen, dass der Mandant nur deswegen länger in Haft bleibt, weil die unverzügliche Information der Ausländerbehörde unterbleibt. Hat sie sich von der Aufhebung des Haftbefehls vergewissert, wird der Mandant auf Anweisung der Ausländerbehörde aus der Abschiebehaft entlassen. Probleme entstehen immer dann, wenn der Haftbefehl erst am späten Nachmittag, insbes. freitags, aufgehoben wird. Zu diesen Zeiten ist bei der Ausländerbehörde niemand mehr zu erreichen, so dass davon ausgegangen werden muss, dass der Mandant nicht am Tage der Aufhebung des Haftbefehls auf freien Fuß gesetzt werden kann. Dies kann erst am Folgetag geschehen; liegt ein Wochenende dazwischen, können fast drei Tage bis zur Entlassung des Mandanten vergehen. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, auf dessen Problematik hier nur hingewiesen werden kann.

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Bei der Mandatsführung selbst muss der Verteidiger sich des besonderen kulturellen Hintergrunds und des evtl. anderen Rechtsverständnisses bewusst sein. Fragen nach der Bestechlichkeit von Richtern und Staatsanwälten aber auch von Verteidigern (Bestechung/Bezahlung durch die Polizei, damit sie den Mandanten zum Geständnis veranlassen) sollten den Verteidiger nicht überraschen. Ferner ist zu beachten, dass in bestimmten Kulturkreisen ein Tateingeständnis eine Schmach ist, nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern für die ganze Familie. Ein noch so eindringlicher Hinweis auf die Möglichkeit der Strafmilderung und die Herausarbeitung strafmildernder Gesichtspunkte durch eine geständige Einlassung bewirken nichts. Der Mandant geht lieber erhobenen Hauptes unter. Die Fälle sind nicht selten, in denen der bis ans Ende der Hauptverhandlung trotz erdrückender Beweislage bestreitende Mandant eine mehrjährige Freiheitsstrafe erhält, nach Urteilsverkündung aber auf Rechtsmittel verzichtet. Für lateinamerikanische Drogenkuriere hat Zier[34] die Schwierigkeiten in der Verteidigung wegen des anderen kulturellen Hintergrundes und des anderen Rechtsverständnisses schon vor 30 Jahren anschaulich geschildert. Ein letztes Beispiel dazu. Es wird berichtet, dass in manchen Ländern, obwohl rechtlich anders möglich, in „normalen“ Strafverfahren nur sehr selten Anklage erhoben wird oder gar eine Verurteilung erfolgt, wenn nur die belastende Aussage eines einzigen Zeugen vorliegt. Die Skepsis gegenüber dem Zeugenbeweis soll weit stärker ausgeprägt sein als in Deutschland. Voraussetzung für Anklage und Verurteilung sind daher häufig mindestens zwei belastende Zeugenaussagen und/oder objektive Beweismittel, z.B. Festnahme mit der Beute am Tatort. Vor dem Hintergrund dieser weit verbreiteten Auffassung ist es für aus solchen Ländern stammende Staatsangehörige oft kaum verständlich, wenn der Verteidiger ihm erklärt, eine Verurteilung aufgrund der Aussage eines anonymen V-Mannes, der noch nicht einmal in der Hauptverhandlung als Zeuge erscheint, sei möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich.

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Damit soll verdeutlicht werden, dass der Verteidiger, der das Optimale für den Mandanten „herausholen“ will, bei ausländischen Mandanten manchmal überhaupt nicht „ankommt“ und mit seinen guten Ratschlägen eher das Gegenteil bewirken kann, nämlich Zweifel an der Qualifikation des Verteidigers, Zweifel daran, ob sich der Verteidiger wirklich für den Mandanten einsetzt oder nicht statt dessen ein „einfaches“ und wenig arbeitsaufwendiges Verfahren führen will und schließlich der Argwohn, dass der Verteidiger mit Gericht und Polizei zusammenarbeitet, wenn er dem Mandanten zu einem nach seinem Verständnis schädlichen Geständnis rät. Der andersartige kulturelle Hintergrund und das andersartige Rechtsverständnis sollte dem Verteidiger bewusst sein und ihn veranlassen, mit besonderem Fingerspitzengefühl an die Beratung und Besprechung heranzugehen. Merkt der Verteidiger, dass es im Mandatsverhältnis nicht „läuft“, der Mandant auch dem Verteidiger gegenüber „mauert“, sollte er einen Kollegen fragen oder aber einen Dolmetscher, der oftmals kulturelle Hintergründe und ein anderes Rechtsverständnis ganz allgemein und unabhängig vom jeweiligen Mandatsverhältnis sehr gut erläutern kann. Dies lässt evtl. wichtige Rückschlüsse auf das Verhalten des Mandanten zu und kann den Verteidiger veranlassen, auf mögliche Vorbehalte des Mandanten angemessener zu reagieren.

3.Weitere allgemeine Hinweise

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